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Die Regelungen zur Produktplatzierung im
      Rundfunkstaatsvertrag und in den
Gemeinsamen Werberichtlinien der Landesme-
  dienanstalten und ihre Umsetzung im TV.




Eine Bestandsaufnahme und erste Einordnung




    Institut für Medienforschung • Göttingen & Köln
                    Mai 2011
Auftraggeber       Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM)
                   Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedien-
                   anstalten (ZAK)




Durchführung       Institut für Medienforschung IM•GÖ
                   Düstere Str. 20, 37073 Göttingen
                   Spichernstraße 36, 50672 Köln



Projektleitung     Prof. Dr. Helmut Volpers




Projektmitarbeit   Uli Bernhard, M.A.

                   Dr. Elisabeth Clausen-Muradian




Bericht            Helmut Volpers, Uli Bernhard, Elisabeth Clausen-Muradian

                   Göttingen, 23.05.2011
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Inhaltsverzeichnis


Inhalt

1      Einleitung .............................................................................................................. 2

1.1 Problemstellung und Zielsetzung ........................................................................2
1.2 Vorgehensweise .................................................................................................3
1.3 Begriffsklärungen zum Regelgerüst ....................................................................6
1.4 Produktdarstellungen in TV-Sendungen, die nicht durch die neue Regelung
    erfasst sind........................................................................................................12


2      Die Entwicklung von Produktplatzierungen im Deutschen Fernsehen im
       ersten Jahr nach der Liberalisierung................................................................ 14


3      Ergebnisse der Programmbeobachtung.......................................................... 17

3.1 Produktplatzierungen in der Programmpraxis – Überblick ................................17
3.2 Die inhaltlich-dramaturgische Einbindung der Produktplatzierung in die
    Sendung ...........................................................................................................20
3.3 Kennzeichnung von Produktplatzierungen........................................................26
3.4 Kennzeichnung von Gewinnspielpartnern.........................................................32
3.5 Kennzeichnung von Produktplatzierungen bei Fremdproduktionen ..................33
3.6 Kennzeichnung von Produktionshilfen ..............................................................40
3.7 Ausstatterhinweise............................................................................................50
3.8 „Grenzfälle“ .......................................................................................................55


4      Die Programmpraxis im Kontext der rechtlichen Rahmenbedingungen –
       eine Einschätzung des gegenwärtigen Regelungskonzepts ........................... 64


5      Zusammenfassung und Fazit ............................................................................ 68


6      Literatur.............................................................................................................. 72

Anhang:

•   Leitfragen der ZAK zur Durchführung der Bestandsaufnahme und deren Beantwortung
    (synoptische Darstellung)
•   Liste der visionierten Fernsehsender



                                                                                                                                1
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung



1          Einleitung
1.1        Problemstellung und Zielsetzung
Der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) in der Fassung des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages
(RÄStV) ist zum 1. April 2010 in Kraft getreten. Er setzt die Regelungen der Richtlinie
2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (Richtlinie
über Audiovisuelle Mediendienste) zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur
Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Ausübung der Fernsehtätigkeit (Fernsehrichtlinie) in nationales Recht um. Eine der wesent-
lichsten Änderungen der Novelle besteht darin, dass nunmehr im Programm privater Fernseh-
veranstalter unter bestimmten Bedingungen Produktplatzierungen zulässig sind. In den §§ 2,
7, 15 und 44 enthält der 13. RÄStV erstmals Regelungen zur Produktplatzierung, die ihrer-
seits – soweit sie die Programmangebote der privaten Rundfunkveranstalter betreffen – in den
von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) am 23. Februar 2010 be-
schlossenen Gemeinsamen Werberichtlinien der Landesmedienanstalten in den Ziffern 1 und
4 konkretisiert worden sind.

Erkennbare Markenprodukte waren bereits vor der letzten Novelle des RStV in deutschen
Fernsehprogrammen in verschiedenen Sendungskontexten vorhanden. Zum großen Teil han-
delte es sich hierbei um zulässige, da unvermeidbare Darstellungen von Produkten, Marken
und Dienstleistungen. Bezahlte Produktplatzierungen waren hingegen bis zum 13. RÄStV
unzulässig. Die nunmehr vorgenommene Liberalisierung dieser Regelung bedeutet für das
deutsche Rundfunkrecht einen Paradigmenwechsel:

► Deutlich erkennbare Produkte, die gegen Entgelt mit der Absicht, werbliche Wirkung zu
  entfalten, implementiert werden, sind jetzt – unter bestimmten Voraussetzungen – zuläs-
  sig.

Allerdings formulierte der Gesetzgeber für diese zulässigen Fälle von Produktplatzierungen
Grenzen bzw. knüpft Bedingungen daran. Die wesentlichen Regelungen betreffen zum einen
eine Begrenzung auf bestimmte Programmformate und zum anderen eine explizite Kenn-
zeichnung der Sendungen, in denen Produktplatzierungen enthalten sind.

Die vorliegende Expertise liefert eine Bestandsaufnahme der Programmpraxis im ersten Jahr
seit Bestehen des 13. RÄStV und eine Überprüfung, ob und inwieweit die Normkonkretisie-
rung durch die Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten (WerbeRL) die gebo-
tene Berücksichtigung findet. Hierfür wurde vom Oktober 2010 bis zum April 2011 eine in-
tensive Visionierung ausgewählter Fernsehsender und Programmstrecken vorgenommen, um
Produktplatzierungen zu identifizieren.1

Die aus der Programmbeobachtung resultierenden Funde wurden vor dem Hintergrund der
bestehenden Werberichtlinien analysiert. Im Kern ging es hierbei darum zu prüfen, ob und
inwieweit die im 13. RÄStV genannten Regelungen für die Zulässigkeit von Produktplatzie-


1
      Die Vorgehensweise bei der Programmbeobachtung wird im Kapitel 1.2 detailliert dargelegt.



                                                                                                  2
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung


rungen eingehalten werden, wo dies (möglicherweise systematisch) nicht geschieht und wo
sich ggf. Grauzonen zeigen. Die Regelungsdichte, die sich aus den Bestimmungen des 13.
RÄStV und den entsprechenden Normkonkretisierungen der Landesmedienanstalten und öf-
fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ergibt, stellt für die Veranstalter relativ hohe Anforde-
rungen in Bezug auf die Fallkonstellationen, in denen Produktplatzierungen möglich sind und
wie sie dramaturgisch zu behandeln sind. Ob ein Produkt redaktionell gerechtfertigt oder
nicht gerechtfertigt ist und ob einem Produkt im Sendungsverlauf eine (zu) auffällige Stellung
eingeräumt wird, wirft definitorische Fragen auf. Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Exper-
tise, die Produktionspraxis – vor dem Hintergrund der Werberichtlinien – kritisch zu durch-
leuchten. Des Weiteren wird die Einhaltung der unterschiedlichen Kennzeichnungspflichten
überprüft. Anhand von Fallbeispielen erfolgt eine Problematisierung der Sendepraxis bzw.
des Regelungsgerüsts.

1.2        Vorgehensweise
Um die einleitend dargelegte Forschungsfrage der vorliegenden Expertise beantworten zu
können, war es zunächst notwendig, Programmsequenzen mit Produktplatzierungen zu ermit-
teln und aus dem Gesamtprogramm zu extrahieren. Aus forschungsökonomischen Gründen
war eine komplette Visionierung aller in Deutschland lizenzierten privaten und öffentlich-
rechtlichen Fernsehprogramme über den gesamten Erhebungszeitraum nicht realisierbar. Den-
noch sollte die Expertise auf einer breiten Erhebungsbasis „aufsetzen“, die es ermöglicht, die
Formvarianten der im Beobachtungszeitraum im deutschen Fernsehen eingesetzten Produkt-
platzierungen umfänglich zu erfassen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden für das Visionie-
rungskonzept der TV-Programme methodisch zwei Zugänge gewählt:

1. Die komplette Aufzeichnung und Visionierung von zwei künstlichen Programmwochen
   ausgewählter Fernsehprogramme innerhalb des Erhebungszeitraums.
2. Eine systematische Suche nach Fallbeispielen aufgrund von Vorinformationen über Sen-
   dungen und Formate, die aus einer umfangreichen Exploration resultierten.
Die beiden beschriebenen Zugänge zu Programmangeboten mit Produktplatzierungen ge-
währleisteten jeweils unterschiedliche Funde, so dass durch die Kombination ein verlässliches
Abbild der Produktionspraxis in Bezug auf Produktplatzierungen und Produktionshilfen si-
chergestellt war:

Im ersten Fall wurde anhand eines Programmvolumens von rund 5.000 Stunden grundsätzlich
das Vorhandensein von Produktplatzierungen und Produktionshilfen in allen Formaten ge-
prüft. Hierbei konnten ggf. auch solche Produktplatzierungen identifiziert werden, die unzu-
lässig sind (z.B. in Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen) oder unzulässige
Themenplatzierungen im Sinne des § 7 Abs. 7 Satz 1 RStV. Die Stichprobe wurde innerhalb
zweier Untersuchungszeiträume gezogen. Für jeden ausgewählten Fernsehsender2 wurde eine
erste künstliche Woche aus dem Zeitraum zwischen dem 1. November 2010 und dem 15. Ja-
nuar 2011 aufgezeichnet und visioniert. Da sich abzeichnete, dass die Möglichkeit legaler
Produktplatzierungen von der Branche zunächst zögerlich angenommen wurde3, fand die Er-

2
      Vgl. die Liste der ausgewählten Fernsehsender im Anhang.
3
      Vgl. dazu auch Kapitel 2.



                                                                                              3
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung


hebung einer zweiten künstlichen Woche in einem späteren Zeitraum zwischen dem 1. März
und dem 15. April 2011 statt. Bei der Sichtung dieser kompletten Aufzeichnung der gesamten
Programmstrecke zweier künstlicher Wochen ging es zunächst darum, diejenigen Programm-
bestandteile, die im Sinne der Fragestellung nicht relevant sind, herauszufiltern. Zu den nicht
visionierten Programmstrecken zählen z.B. Spielfilme mit dem Produktionsjahr vor 2009,
Sport-Live-Übertragungen und Werbeblöcke. Diejenigen Programmstrecken, die im Sinne der
Leitfragen des Ausschreibungstextes von Bedeutung waren, wurden zunächst auf das Vor-
handensein von Produktplatzierungen geprüft. Lagen solche vor, wurden die entsprechenden
Sequenzen aus dem Gesamtuntersuchungsmaterial extrahiert und für die anschließenden Ana-
lyseschritte (Systematisierung, Bewertung etc.) bereitgestellt.

Im zweiten Fall erfolgte eine anlassbezogene Visionierung derjenigen Formate und Sendun-
gen, die besonders affin für Produktplatzierungen und Produktionshilfen erschienen. Um sol-
che Sendungen, in denen Platzierungen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren,
zu bestimmen, erfolgte bereits vor dem Zeitraum der eigentlichen Bestandsaufnahme eine
explorativ angelegte Recherche und Auswertung der Literatur zur Produktplatzierung im
Fernsehen nach der Liberalisierung durch den 13. RÄStV.4 Diese „Desktop Research“ begann
bereits vor der Phase der eigentlichen Bestandsaufnahme und wurde während der gesamten
Laufzeit des Forschungsprojektes fortgesetzt, so dass eine effektive Lenkung der systemati-
schen Programmbeobachtung kontinuierlich gewährleistet war. Auf der Grundlage der festge-
stellten Indikatoren für Produktplatzierungen in spezifischen Sendungen und Formaten erfolg-
te eine gezielte Aufzeichnung und Visionierung entsprechender Programmstrecken. Dabei
entfiel der o.g. Prozess der Abstrahierung und der umfassenden Visionierung und es wurde
sofort gezielt nach bestimmten bzw. aufgrund der Kontextinformationen zu erwartenden Pro-
duktplatzierungen gesucht. Für die „verdächtigen“ Sendungen wurden zudem Teletext und
Websites in Bezug auf Kontextinformationen zu Produktplatzierungen gesichtet. Die systema-
tische Suche nach Fallbeispielen umfasste – im Gegensatz zum ersten Feldzugang der voll-
ständigen Beobachtung zweier künstlicher Wochen bei ausgewählten Fernsehsendern – alle
Programme im deutschen Fernsehen, soweit sie im Sinne der Fragestellung von Bedeutung
sind.5

Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Stichprobenkonzeption:




4
    Dies umfasste u.a. Statements, Diskussionen, Ankündigungen, Brancheninterna sowie Marktbeobachtung in
    der Fachpresse (z.B. HORIZONT und W&V) sowie diverse Websites aus dem Umfeld der Werbebranche
    (z.B. www.brandedentertainmentonline.de und www.productplacement.de) bzw. der Werbevermarkter (z.B.
    www.sevenonemedia.de und www.elcartelmedia.de).
5
    Dies gilt nicht für Bürger- bzw. Hochschulfernsehen und Teleshopping-Kanäle. Ausgeschlossen wurden
    auch Programmangebote des Pay-TV.



                                                                                                       4
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung



                                           Stichprobenkonzeption



                                                          P1          Mo    Di      Mi   Do   Fr    Sa    So       Mo      Di       Mi    Do   Fr      Sa        So
        Stichprobe I
    komplette Aufzeichnung                                P2          Mo    Di      Mi   Do   Fr    Sa    So       Mo      Di       Mi    Do   Fr      Sa        So
   ausgewählter Programme:
   je zwei künstliche Wochen
 (ca. 5.000 Programmstunden)
                                                          P20         Mo    Di      Mi   Do   Fr    Sa    So       Mo      Di       Mi    Do   Fr      Sa        So


                                                                      1. November                  15. Dezember    1. März                               15. April




                                                                                 P1           Sendung 1        Sendung 2        …        Sendung n

        Stichprobe II               Exploration
                                       liefert                                   P2           Sendung 1        Sendung 2        …        Sendung n
 anlassbezogene Aufzeichnung
                                  Indikatoren für
    (hier auch Sichtung von
                                      Produkt-
     Teletext und Websites)
                                   platzierungen
                                                                                 Pn           Sendung 1        Sendung 2        …        Sendung n

                               Juli 2010    April 2011   1. Oktober                                                                                  15. April




                                                                                                                                          P = Programm




Das Ergebnis der oben skizzierten Arbeitsschritte war eine Sammlung von Fallbeispielen mit
Programmsegmenten, die Produktplatzierungen enthalten. Im nächsten Analyseschritt ging es
darum, diese Fallbeispiele zu kategorisieren, zu systematisieren und zu typologisieren. Hier-
bei wurde insbesondere der Umfang von Produktplatzierungen bezogen auf Programme,
Formate und Sendungen ermittelt. Dabei wurde zunächst nicht unterschieden zwischen zuläs-
sigen und ggf. unzulässigen, gekennzeichneten und ggf. nicht gekennzeichneten Produktplat-
zierungen.

Vor dem Hintergrund der empirischen Erfassung und Deskription der Fernsehpraxis erfolgte
schließlich eine Überprüfung der Normkonformität und Bewertung, inwieweit die Regelungs-
konzeptionen in der Praxis „greifen“.




                                                                                                                                                                 5
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung


1.3       Begriffsklärungen zum Regelgerüst
Im Kapitel 3 werden die Funde aus der Programmpraxis, bei denen es sich tatsächlich oder
vermeintlich um Produktplatzierungen handelt, systematisch vorgestellt und im Hinblick auf
ihre Konformität zum Regelungsgerüst überprüft. Da hierbei stets auf den rechtlichen Rah-
men rekurriert werden muss, wird nachfolgend eine kurze Bestandsaufnahme der für Pro-
duktplatzierungen maßgeblichen Regelungen vorgenommen.

Schematische Regelungsübersicht

    Das Darstellen von gewerblichen Waren oder deren Herstellern, von Dienstleistungen oder deren
    Anbietern außerhalb von Werbesendungen ist zulässig, wenn es aus überwiegend programmlich-
    dramaturgischen Gründen, insbesondere zur Darstellung der realen Umwelt, sowie zur Wahr-
    nehmung von Informationspflichten erfolgt (Ziff. 4 Nr. 1 WerbeRL Fernsehen; ähnlich lautend
    Ziff. 8.3 WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF). Dieser Grundsatz folgt aus dem Recht der Programm-
    freiheit als Kerngehalt der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG).6
    Demgegenüber sind Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende
    Praktiken unzulässig (§ 7 Abs. 7 Satz 1 RStV).
    • Schleichwerbung ist die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen,
      Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistun-
      gen in Sendungen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist
      und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser
      Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbeson-
      dere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Ge-
      genleistung erfolgt (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV).
    • Produktplatzierung ist die gekennzeichnete Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienst-
      leistungen, Namen, Marken, Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers
      von Dienstleistungen in Sendungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem
      Ziel der Absatzförderung. Die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen ist
      Produktplatzierung, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert
      ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV).
    • Themenplatzierung definiert der Rundfunkstaatsvertrag nicht. Nach Ziff. 1 Abs. 3 WerbeRL
      Fernsehen ist Themenplatzierung die Programmintegration werblicher Aussagen bezüglich be-
      stimmter Produkt- oder Dienstleistungsgattungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleis-
      tung mit dem Ziel der Absatzförderung.
    Während Schleichwerbung und Themenplatzierung generell unzulässig sind, erlaubt der Rund-
    funkstaatsvertrag für Produktplatzierung Ausnahmen (§ 7 Abs. 7, §§ 15, 44 RStV7).




6
      Vgl. BVerfGE 59, 231 (258); 87, 181 (201); 89, 144.
7
      Der § 7 Abs. 7 und die §§ 15 und 44 gelten nicht für Sendungen, die vor dem 19. Dezember 2009 produ-
      ziert wurden (§ 63 RStV).




                                                                                                        6
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung




                  A) Für öffentlich-rechtliche und private Programme
                                     § 7 Abs. 7 RStV
Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzuläs-
sig. Soweit in den §§ 15 und 44 Ausnahmen zugelassen sind, muss Produktplatzierung folgende
Voraussetzungen erfüllen:
1. Die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz müs-
   sen unbeeinträchtigt bleiben,
2. die Produktplatzierung darf nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder
   Dienstleistungen auffordern, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise
   auf diese Waren oder Dienstleistungen, und
3. das Produkt darf nicht zu stark herausgestellt werden; dies gilt auch für kostenlos zur Verfü-
   gung gestellte geringwertige Güter.
Auf eine Produktplatzierung ist eindeutig hinzuweisen. Sie ist zu Beginn und zum Ende einer
Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung oder im Hörfunk durch ei-
nen gleichwertigen Hinweis angemessen zu kennzeichnen. Die Kennzeichnungspflicht entfällt für
Sendungen, die nicht vom Veranstalter selbst oder von einem mit dem Veranstalter verbundenen
Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben worden sind, wenn nicht mit zumutbarem Auf-
wand ermittelbar ist, ob Produktplatzierung enthalten ist; hierauf ist hinzuweisen. Die in der ARD
zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und die Landesmedienanstalten le-
gen eine einheitliche Kennzeichnung fest.




                                                                                                     7
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung




B) Für öffentlich-rechtliche Programme                      C) Für private Programme
                § 15 RStV                                           § 44 RStV
Abweichend von § 7 Abs. 7 Satz 1 ist Produkt-       Abweichend von § 7 Abs. 7 Satz 1 ist Pro-
platzierung im Rundfunk zulässig                    duktplatzierung im Rundfunk zulässig
1. in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sport-         1. in Kinofilmen, Filmen und Serien,
   sendungen und Sendungen der leichten Un-            Sportsendungen und Sendungen der leich-
   terhaltung, die nicht vom Veranstalter selbst       ten Unterhaltung, sofern es sich nicht um
   oder von einem mit dem Veranstalter ver-            Sendungen für Kinder handelt, oder
   bundenen Unternehmen produziert oder in
                                                    2. wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern
   Auftrag gegeben wurden, sofern es sich
                                                       lediglich bestimmte Waren oder Dienst-
   nicht um Sendungen für Kinder handelt,
                                                       leistungen, wie Produktionshilfen und
   oder
                                                       Preise, im Hinblick auf ihre Einbeziehung
2. wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern           in eine Sendung kostenlos bereitgestellt
   lediglich bestimmte Waren oder Dienstleis-          werden, sofern es sich nicht um Nachrich-
   tungen, wie Produktionshilfen und Preise,           ten, Sendungen zum politischen Zeitge-
   im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine           schehen, Ratgeber- und Verbrauchersen-
   Sendung kostenlos bereitgestellt werden, so-        dungen, Sendungen für Kinder oder Über-
   fern es sich nicht um Nachrichten, Sendun-          tragungen von Gottesdiensten handelt.
   gen zum politischen Zeitgeschehen, Ratge-
                                                    Keine Sendungen der leichten Unterhaltung
   ber- und Verbrauchersendungen, Sendungen
                                                    sind insbesondere Sendungen, die neben un-
   für Kinder oder Übertragungen von Gottes-
                                                    terhaltenden Elementen im Wesentlichen in-
   diensten handelt.
                                                    formierenden Charakter haben, Verbraucher-
Keine Sendungen der leichten Unterhaltung           sendungen und Ratgebersendungen mit Un-
sind insbesondere Sendungen, die neben unter-       terhaltungselementen sowie Sendungen in
haltenden Elementen im Wesentlichen infor-          Regionalfensterprogrammen und Fensterpro-
mierenden Charakter haben, Verbrauchersen-          grammen nach § 31.
dungen und Ratgebersendungen mit Unterhal-
tungselementen.




                                                                                             8
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung


Themenplatzierung
Themenplatzierung definieren die WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten8 in Ziff. 1
Abs. 3 als „Programmintegration werblicher Aussagen bezüglich bestimmter Produkt- oder
Dienstleistungsgattungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der
Absatzförderung“. Sie umschreiben damit das, was in der Werbebranche allgemein unter
„Generic Placement“ verstanden wird.

Im Vergleich dazu beschreibt der Deutsche Journalisten-Verband9 Themenplatzierung als
einen „Unterfall der Produktplatzierung“, bei der „durch Einsatz von Entgelt, noch häufiger
aber durch den Einsatz anderer Mittel versucht“ werde, „eine für bestimmte Waren, Dienst-
leistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten günstige Berichterstattung zu erreichen und die
lancierten Themen durch Medien zu transportieren“. Auch diese Definition könnte ein „Gene-
ric Placement“ meinen, lässt sich aber auch so deuten, dass hierunter vornehmlich verbale
thematische Platzierungen verstanden werden, die auf konkrete Produkte, Dienstleistungen
etc. Bezug nehmen oder Rückschlüsse auf Einzelanbieter/-angebote zulassen (im Unterschied
zu den WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten wird hier nicht von „-gattungen“ ge-
sprochen). Insofern wäre die hier vorgenommene Einordnung der Themenplatzierung als Un-
terfall der Produktplatzierung verständlich. „Themenplatzierung“ im Sinne des Rundfunk-
staatsvertrages ist dies aber nicht, da der RStV die optische („Darstellung“) und verbale („Er-
wähnung“) Herausstellung unter den Begriff der „Produktplatzierung“ fasst, wenn sie sich auf
Produkte, Dienstleistungen etc. eines bestimmten Anbieters bezieht bzw. auf einen solchen
schließen lässt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV).

In eine generellere Richtung geht der Versuch einer Begriffsbestimmung, die J. Müller-Rüster
aus einer Zusammenschau unterschiedlicher Quellen als „die im Interesse und Auftrag eines
Dritten gegen eine Leistung erfolgende, zielgerichtete Implementierung von handlungsbe-
stimmenden Themen in den dramaturgischen Verlauf eines Fernsehprogramms“ beschreibt.10
Themenplatzierung sei von Produktplatzierung zu unterscheiden, da bei ersterer nur allgemei-
ne Aussagen getroffen würden. In der Literatur würden Themenplatzierungen „in der rund-
funkrechtlichen ‚Grauzone‘ zwischen unzulässiger Schleichwerbung, erlaubtem Sponsoring
und teilweise zulässiger ideeller Werbung verortet“. Diese Umschreibung ist sehr allgemein,
weshalb sie sich noch weniger für eine klare Abgrenzung zwischen Produktplatzierung auf
der einen und Themenplatzierung auf der anderen Seite eignet, wonach der RStV aber eindeu-
tig unterscheidet, wenn er Produktplatzierung unter bestimmten Voraussetzungen zulässt,
Themenplatzierung aber generell nicht.

Aus der Gesamtschau dieser Versuche einer Begriffsdeutung lässt sich aber entnehmen, dass
Themenplatzierung nicht als ein Unterfall der Produktplatzierung angesehen werden kann,
sondern dass Produkt- und Themenplatzierung beide einen Unterfall von Schleichwerbung
darstellen, wobei die Platzierung von Themen weiter reichend in die redaktionelle Gestal-


8
     Die WerbRL von ARD und ZDF enthalten keine Begriffsbestimmung.
9
     DJV-Stellungnahme zur Umsetzung der Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und Rates
     vom 11.12.2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG – Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste
     (AVMD-RL); veröffentlicht unter www.djv.de
10
     Müller-Rüster (2010), S. 25 (mit weiteren Nachweisen).



                                                                                                      9
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung


tungsfreiheit der Programmveranstalter eingreift als die Platzierung von Produkten (Waren,
Dienstleistungen etc.), nämlich soweit, dass sie Auswahl und Inhalte nicht nur beeinflusst,
sondern weitgehend bestimmt. Zugleich kommen thematische Platzierungen unterschwelliger
daher als Platzierungen von konkreten Einzelangeboten, da sie innerhalb des redaktionellen
Programms von den Zuschauern noch schwieriger als werblich veranlasst wahrgenommen
werden können.

Insoweit ist die Regelung des RStV, Themenplatzierung im Unterscheid zur Produktplatzie-
rung generell zu verbieten, logisch und konsequent.

Formal lassen sich Themenplatzierung und Produktplatzierung unter Berücksichtigung der
vorgenannten Deutungen nach dem Verständnis des Rundfunkstaatsvertrages im Wesentli-
chen wie folgt abgrenzen:

•   Handelt es sich um die gezielte (optische und/oder verbale) Vermittlung eines positiven
    Images für Produkt- oder Dienstleistungsgattungen, fällt dies unter den Begriff der The-
    menplatzierung.
•   Handelt es sich um die gezielte (optische und/oder verbale) Vermittlung eines positiven
    Images für bestimmte oder bestimmbare konkrete Produkte, Dienstleistungen etc., fällt
    dies unter den Begriff der Produktplatzierung.
Fallen Produkt- und Themenplatzierung zusammen (d.h. wird beispielsweise eine bestimmte
Produktgattung besonders thematisiert und gleichzeitig ein konkretes Produkt dieser Gattung
oder dessen Hersteller herausgestellt), wird die Präsentation in ihrer Gesamtheit als Produkt-
platzierung zu werten sein, da in diesem Falle die gattungsbezogene Thematisierung lediglich
die Herausstellung des platzierten Produktes unterstreicht bzw. verstärkt, ihr hier aber neben
der Produktplatzierung keine eigenständige Bedeutung zukommt. Allerdings kann die zusätz-
liche gattungsbezogene Thematisierung und die damit verbundene Erhöhung der Werbewir-
kung dazu führen, dass die Präsentation des Produktes auch dann, wenn sie entsprechend den
Vorgaben für die (zulässige) Produktplatzierung gekennzeichnet ist, wegen der besonderen
werblichen Herausstellung unzulässig ist. Bei nicht gekennzeichneter Präsentation wird das
Zusammentreffen von Produkt- und Themenplatzierung, wenn sie sich auf dieselben oder
verbundene Produkte/Produktgattungen bzw. Dienstleistungen/Dienst-leistungsgattungen
beziehen, im Regelfall als ein klares Indiz für Schleichwerbung auszumachen sein.

Produktplatzierung in öffentlich-rechtlichen Programmen
Öffentlich-rechtliche Programme dürfen Produktplatzierung nur enthalten in Kinofilmen,
Filmen und Serien, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung, die nicht von
der Rundfunkanstalt selbst oder von einem mit ihr verbundenen Unternehmen produziert oder
in Auftrag gegeben wurden. Es muss sich also um reine Fremdproduktionen handeln, auf die
der öffentlich-rechtliche Veranstalter keinen Einfluss hat. Generell ausgenommen sind Kin-
dersendungen. Hier ist also Produktplatzierung auch nicht erlaubt, wenn es sich um eine
Fremdproduktion handeln würde (§ 15 Nr. 1 RStV).

Bei Eigen- und Auftragsproduktionen ist Produktplatzierung für öffentlich-rechtliche Pro-
grammanbieter nur bei unentgeltlicher Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen
erlaubt, sofern es sich nicht um Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Rat-
geber- und Verbrauchersendungen, Sendungen für Kinder oder Übertragungen von Gottes-
                                                                                           10
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung


diensten handelt (§ 15 Nr. 2 RStV). Wobei hier zu beachten ist, dass die unentgeltliche Be-
reitstellung von Produkten und Dienstleistungen überhaupt erst dann Produktplatzierung i.S.
des RStV ist, wenn die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist (§ 2
Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV). Dies ist sie nach den WerbeRL ARD/ZDF (jeweils Ziff. 9.1.),
wenn sie 1% der Programmaufwendungen und den Betrag von 1.000,- Euro überschreitet.
Mit anderen Worten: Unentgeltliche Produktionshilfen, die unterhalb dieser Werte liegen,
sind keine Produktplatzierung und im Rahmen der redaktionellen Verantwortung unbe-
schränkt zulässig. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen somit das Vorhan-
densein kostenloser Beistellungen nur kennzeichnen, wenn sie erheblichen Wert haben (über
1.000,- Euro und 1% der Produktionskosten). Eine Kennzeichnungspflicht besteht zudem bei
Fremdproduktionen, die Produktplatzierungen enthalten.

Produktplatzierung in Fremdproduktionen
Gemäß § 7 Abs. 7 Satz 3 RStV ist auf eine Produktplatzierung eindeutig hinzuweisen. Dies
gilt für Eigen- und Auftragsproduktionen sowie grundsätzlich auch für Fremdproduktionen
(vgl. § 7 Abs. 7 Satz 5 RStV). Auch in Fremdproduktionen ist daher grundsätzlich das Vor-
handensein von Produktplatzierungen zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung muss zu Beginn
und zum Ende der Sendung sowie bei ihrer Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung er-
folgen und angemessen sein (§ 7 Abs. 7 Satz 4 RStV). „Angemessen“ ist die Kennzeichnung,
wenn sie für die Dauer von mindestens 3 Sekunden die Abkürzung „P“ und die Einblendung
eines erläuternden Hinweises (z.B. „enthält Produktplatzierung“, „unterstützt durch Produkt-
platzierung“; bei unentgeltlicher Produktplatzierung, d.h. Produktionshilfe „von bedeutendem
Wert“ auch „unterstützt durch Produktionshilfe“) enthält (vgl. Ziff. 9.4. WerbeRL
ARD/WerbeRL ZDF; Ziff. 4 Nr. 7 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten).

Allerdings ist es für die Veranstalter bei Fremdproduktionen nicht unbedingt ohne Weiteres
erkennbar, ob die Produktion Produktplatzierungen enthält. Für diesen Fall sieht der RStV in
§ 7 Abs. 7 Satz 5 ebenfalls Regelungen vor, die in Kap. 3.5 näher erläutert werden.

Sendungen, die vor dem 19.12.2009 produziert wurden
Auf Sendungen, die vor dem 19.12.2009 produziert worden sind, finden die Regelungen zur
Produktplatzierung gemäß der Übergangsbestimmung des § 63 RStV keine Anwendung. Dies
betrifft sowohl die grundsätzliche Zulässigkeit von Produktplatzierungen als auch die Ver-
pflichtung zur Kennzeichnung.11 Das heißt, diese Sendungen sind allein nach der Rechtslage
zu beurteilen, die vor dem Inkrafttreten des 13. RÄStV bestand. Hiernach galt das Verbot von
Schleichwerbung uneingeschränkt.12 Ausnahmeregelungen zur Produktplatzierung gab es
nicht. Das bedeutet, eine Produktplatzierung, die nach der alten Rechtslage den Tatbestand
der Schleichwerbung erfüllt, ist bei Produktionen, die vor dem 19.12.2009 entstanden sind,

11
     So die Amtliche Begründung zu § 63 RStV, die sich hier auch auf die entsprechende Übergangsregelung in
     Art. 3g Abs. 4 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) beruft.
12
     Nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV (alte Fassung) ist Schleichwerbung „die Erwähnung oder Darstellung von
     Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbrin-
     gers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorge-
     sehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung
     irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsich-
     tigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt“.



                                                                                                        11
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung


auch heute allein nach diesen Kriterien zu beurteilen. Sie kann nicht durch eine Kennzeich-
nung nach den neuen Regelungen zur Produktplatzierung nachträglich „zulässig“ gemacht
werden. In diesem Fall kann der Veranstalter eine Altproduktion nur in einer um die unzuläs-
sigen Platzierungen bereinigten Fassung erneut ausstrahlen.

Kennzeichnung von Produktionshilfen mit geringfügigem Wert
Auch Produktionshilfen mit geringfügigem Wert sind zu kennzeichnen, wenn sie gegen Ent-
gelt oder eine ähnliche Gegenleistung zur Verfügung gestellt wurden. Allein bei der unent-
geltlichen Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen entfällt die Kennzeichnungs-
pflicht, wenn die betreffende Ware oder Dienstleistung nur von geringfügigem Wert ist (wenn
sie also 1% der Produktionsaufwendungen und den Betrag von 1.000,- Euro nicht überschrei-
tet; vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV i.V.m. Ziff. 1 Abs. 2 Nr. 2 WerbeRL Fernsehen/Ziff.
9.1. WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF). In diesem Fall handelt es sich dann nämlich nicht um
Produktplatzierung, dementsprechend besteht auch keine Kennzeichnungspflicht.

1.4        Produktdarstellungen in TV-Sendungen, die nicht durch die neue Rege-
           lung erfasst sind
Im deutschen Fernsehen gehören Produktplatzierungen zu den ältesten werblichen Erschei-
nungsformen. Bereits im Jahr 1956 – noch vor der Einführung des Werbefernsehens (1955) –
wurden Produktplatzierungen in Sportsendungen beobachtet.13 Im deutschen Rundfunkrecht
existierte bis zum 13. RÄStV keine Legaldefinition für „Product Placement“ bzw. „Produkt-
platzierung“. Die mannigfachen Erscheinungsformen von Produkten, Firmenlogos, Marken-
namen und Dienstleistungsunternehmen, die im Kontext von Fernsehsendungen erkennbar
sind, wurden überwiegend als unvermeidbar angesehen. Fälle von gezielter und bezahlter
Produktplatzierung innerhalb von Fernsehsendungen wurden hingegen als Schleichwerbung
gewertet. Eine dritte Gruppe von Produktplatzierungen – die vermeidbare, aber unbezahlte –
wurde in der Regel toleriert. Die Regelungen des 13. RÄStV beziehen sich nur auf vermeid-
bare und bezahlte Produktplatzierungen sowie Produktionsbeihilfen von besonderem Wert.
Im letzteren Fall entsteht aufgrund des geldwerten Vorteils ebenfalls eine „Bezahlung“, so
dass vereinfacht gefolgert werden kann:

► Der RStV definiert Produktplatzierungen als vermeidbare und bezahlte Implementierung
  von Produkten, Marken und Firmendarstellungen in Fernsehsendungen.

Mit dieser Definition wird allerdings ein Großteil der im Fernsehen sichtbaren Produkte,
Marken und Firmen nicht erfasst. Hierbei handelt es sich um
1. unvermeidbares und unbezahltes Placement sowie
2. vermeidbare und unbezahlte Produktplatzierung.

Der Typ 1, die unvermeidbare und unbezahlte Darstellung von Produkten, liegt auf den ersten
Blick außerhalb der Einflussnahme der Rundfunkveranstalter. In der gesellschaftlichen Reali-
tät nehmen Konsumgüter einen immer größeren Stellenwert ein, so dass eine realitätsnahe


13
      Vgl. Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 96.



                                                                                         12
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung


Darstellung der „Wirklichkeit“ ohne die Darstellung von Produkten in vielen Formaten kaum
möglich sein dürfte. Hiervon sind gerade solche Formate betroffen, in denen bezahlte Pro-
duktplatzierungen auch nach der neuen Rechtslage unzulässig sind, wie Informations- und
Verbrauchersendungen.

Der Typ 2, die vermeidbare und unbezahlte Platzierung von Produkten, ist ebenfalls Reflex
auf die Bedeutung von Produkten für das Berichterstattungsgeschehen. So ist z.B. der Hin-
weis auf und die optische Präsenz des neuen Buchs oder der neuen CD eines Künstlers grund-
sätzlich vermeidbar, ist aber im Kontext einer Kultursendung plausibel und trotz der werbli-
chen Wirksamkeit, die sie entfalten mag, zulässig.

Nur die vermeidbare und bezahlte Produktplatzierung fällt vordergründig betrachtet in den
Regelungsbereich der neuen Bestimmungen und ist somit unter bestimmten Bedingungen
ebenfalls zulässig. Im Falle der Zulässigkeit wäre dann eine Kennzeichnung notwendig. Fak-
tisch liegt die Vermeidbarkeit von Produktplatzierung zunächst in den Händen der Produzen-
ten und nicht beim Veranstalter. Hierdurch entsteht zwangsläufig bei Fremdproduktionen eine
Problemzone – können sie doch eine Fülle von Produktplatzierungen enthalten, auf die der
Veranstalter keinen Einfluss hat. Zwar muss er auf die Tatsache oder Möglichkeit des Vor-
handenseins von Produktplatzierungen hinweisen, allerdings kann dies an „versteckter Stelle“
im Teletext oder Webauftritt erfolgen. Zudem besteht über passives Sponsoring im Sport ein
breites Einfallstor für Produktplatzierungen in Fernsehsendungen, allerdings erfolgt die Be-
zahlung hier „am Veranstalter vorbei“.

Die Beispiele zeigen, dass es eine Fülle von erkennbaren Produkten im Fernsehprogramm
gibt, auf welche die neue Regelung nicht anwendbar ist. Für den durchschnittlichen Zuschau-
er dürfte in der Flüchtigkeit der normalen Rezeptionssituation der Unterschied zwischen zu-
lässiger, aber vermeidbarer bezahlter Produktplatzierung sowie unvermeidbarer oder ver-
meidbarer unbezahlter kaum eine Rolle spielen. Für die Veranstalter hingegen eröffnen sich
durch die Vielzahl der Kontexte, in denen Produkte im Programm auftauchen können, Grau-
zonen bzw. es bilden sich Hybridformen aus. Die Medienaufsicht wird hierdurch verstärkt
gefordert, da es nun zu entscheiden gilt, ob eine Darstellung von Produkten in zulässiger oder
unzulässiger Weise erfolgt. Im Prinzip war diese Situation bereits vor der Novelle des 13.
RÄStV gegeben, sie tritt nunmehr nur schärfer hervor. Im Kapitel 3.8 erfolgt daher anhand
von Fallbeispielen eine Problematisierung der entsprechenden Sendepraxis.




                                                                                           13
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Eie Entwicklung von Produktplatzierungen …



2          Die Entwicklung von Produktplatzierungen im Deutschen
           Fernsehen im ersten Jahr nach der Liberalisierung
Im Kontext der vorliegenden Expertise wurde neben der Programmbeobachtung eine Auswer-
tung der aktuellen Publikationen zur brancheninternen Diskussion über die Liberalisierung
von Produktplatzierungen im Fernsehen durchgeführt. Im Ergebnis zeigt sich, dass bisher
sowohl bei den Werbetreibenden als auch bei den Produzenten und Programmverantwortli-
chen eine gewisse Zurückhaltung im Hinblick auf die Platzierung von Produkten in Fernseh-
sendungen vorherrscht. Hierfür sind mehrere Gründe zu nennen:

Die Frage, wie die durch Produktplatzierungen erlösten Einnahmen zwischen Produzenten
und Sendern verteilt werden, ist bisher nicht beantwortet.14 Ungeklärt ist in diesem Zusam-
menhang insbesondere, nach welchen Kriterien der erhöhte Aufwand für die Produzenten
abgerechnet werden soll.15 Folglich konstatierte im April 2010 ein anonymer Branchenin-
sider: „Die Produzenten zieren sich, solange nicht klar ist, wie viel Geld sie bekommen.“16

Zum anderen scheint der erhebliche Aufwand, der für Produktplatzierungen betrieben werden
muss, ein bedeutsamer Hemmschuh. Vor allem die Produzenten gehen von einem großen
Mehraufwand aus, da die Vertreter des jeweiligen Werbekundens am Set betreut werden müs-
sen und eine intensivere juristische Beratung notwendig ist.17 Zudem müssen die Platzierun-
gen bereits frühzeitig in das Drehbuch eingearbeitet werden.18 Sabine Eckhardt, Geschäftsfüh-
rerin der ProSieben-Sat.1-Werbetochter „Seven One AdFactory“ konstatiert:
     „Das Potenzial [von Product Placement] wird in der öffentlichen Diskussion bei weitem
     höher eingeschätzt, als es in der Realität sein wird. Product Placement ist eine sehr auf-
     wendige Form der Werbung, die bei allen Beteiligten einen nicht unerheblichen organi-
     satorischen Aufwand verursacht.“19

Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung auf Seiten der Veranstalter erklärt sich mit der Be-
fürchtung, dass Produktplatzierungen „klassische“ Werbeformen, insbesondere die Spots,
verdrängen könnten und somit ein Abwandern der Etats in den Bereich der Produktion statt-
findet.20 Nicht zuletzt aus diesem Grund weisen die Werbevermarkter der Sender darauf hin,
„dass ein Placement einen klassischen Spot nicht ersetzen kann. Beide Maßnahmen müssen
Hand in Hand gehen. Ein Placement sollte immer Teil einer Kampagne sein“21.

Die ARD-Anstalten verzichten nach eigenen Angaben häufig auf kennzeichnungspflichtige
Produktionshilfen, da sie negative Reaktionen der Zuschauer auf das „P“-Logo befürchten.



14
      Vgl. beispielsweise Paperlein (2010); Tieschky (2011); Voß (2010b).
15
      Vgl. Voß (2010b), S. 1f.
16
      Zitiert nach Paperlein (2010), S. 27.
17
      Vgl. Voß (2010b), S. 1.
18
      Vgl. Bialek/Siebenhaar (2010), S. 1.
19
      Sabine Eckhardt, zitiert nach Bialek/Siebenhaar (2010), S. 1.
20
      Vgl. Bell (2010).
21
      Sabine Eckhardt, Geschäftsführerin des ProSiebenSat1-Werbevermarkters „SevenOne“, zitiert nach Gan-
      gloff (2010), S. 1f. Ähnliche Zitate finden sich beispielsweise in Voß (2010a).



                                                                                                       14
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Eie Entwicklung von Produktplatzierungen …


Der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Boudgoust, äußert sich beispielsweise wie
folgt: Es gebe zwar weiterhin entsprechende Angebote,
     „da mich allerdings stört, dass wir gegebenenfalls wegen einer verhältnismäßig kleinen
     Leistung das jeweilige Programm mit dem Kürzel ‚P‘ kennzeichnen müssen, habe ich
     intern mit den Kollegen vereinbart, dass wir diese Autos [für die Krimiserie ‚Tatort’]
     künftig für die Dauer der Dreharbeiten anmieten. Das verteuert zwar die Produktions-
     kosten ein wenig, aber mit Blick auf die Gesamtkosten fällt es nicht groß ins Ge-
     wicht“22.

Aus Sicht werbetreibender Unternehmen und der Media-Agenturen schließlich erscheinen
Produktplatzierungen häufig als überteuert. So kommt ein Geschäftsführer einer PR- und Pla-
cementagentur zu der Einschätzung: „Die Anforderungen der Vermarkter sind extrem hoch,
man verlangt für ein Placement das Zwei- bis Dreifache eines Werbespots, bewegt sich also
im sechsstelligen Bereich.“23 Zur Unsicherheit in Bezug auf die Preise trägt auch bei, dass ein
einheitlicher Tarif-Maßstab – wie er für die Spotwerbung im Tausender-Kontaktpreis existiert
– für die Platzierung von Produkten bisher fehlt.24 Dazu kommt, dass die Werbewirkung von
Placements bzw. deren Effizienz fraglich ist. Eine Befragung von über 400 werbetreibenden
Unternehmen und Werbeagenturen durch den RTL2-Vermarkter „El Cartel Media“ kommt zu
dem Ergebnis, dass für rund 50 Prozent der Unternehmen und Agenturen die unsichere Wer-
bewirkung und der problematische Imagetransfer Hinderungsgründe darstellen, bisher keine
Produktplatzierungen durchgeführt zu haben.25 Zudem meiden viele Unternehmen die Werbe-
form „Product Placement“, da sie fürchten, ihre Marke könne durch eine falsche Inszenierung
beschädigt werden bzw. in Verbindung mit „Schleichwerbeskandalen“ gebracht werden.26
Auch die Bestimmung, dass Platzierungen ausschließlich in Sendungen der „leichten Unter-
haltung“ legal sind, sofern es redaktionell gerechtfertigt ist, schränkt die Möglichkeiten ein,
Produkte in ein passendes Programmumfeld möglichst glaubhaft einzubinden. Mathias M.
Alefeld, Geschäftsführer einer Placement-Agentur konstatiert: „Das Angebot ist sehr klein
und unbefriedigend. […] RTL bietet ausgewählten Kunden sehr wenig zu stark überhöhten
Preisen und ProSiebenSat.1 nur bestimmte, zum Teil wenig interessante Umfelder.“27

Vor diesem Hintergrund versuchen die Vermarkter zunehmend, die Bedenken der potenziel-
len Werbekunden zu zerstreuen und betreiben gezielte PR für das Werbeinstrument „Product
Placement“, indem sie beispielsweise Befunde vorlegen, denen zufolge Produktplatzierungen
positive Effekte für die Markenbekanntheit und das Image des Werbenden haben.28 Dennoch
ist mit dem „großen Durchbruch“ von Produktplatzierungen im deutschen Fernsehen in ab-
sehbarer Zeit eher nicht zu rechnen: „Nach wie vor herrscht bei Marketingverantwortlichen
eine große Unsicherheit über Möglichkeiten und Grenzen, vor allem aber auch über die opera-
tive Umsetzung.“29 Um diese Unsicherheiten abzuschwächen und einheitliche Richtlinien zu

22
      Peter Boudgoust, zitiert nach o.V. (2010b), S. 1.
23
      Matthias M. Alefeld, Geschäftsführer der Agentur „MA Media“, zitiert nach Gangloff (2010), S. 1.
24
      Vgl. Tieschky (2011).
25
      Vgl. El Cartel Media (2010), S. 16.
26
      Vgl. Paperlein (2010).
27
      Matthias M. Alefeld, Geschäftsführer der Agentur „MA Media“, zitiert nach o.V. (2010a), S. 1.
28
      Vgl. Paperlein (2011a).
29
      Kettmann (2011), S. 1.



                                                                                                         15
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Eie Entwicklung von Produktplatzierungen …


vereinbaren, verhandeln derzeit u.a. der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT)
mit der Produzentenallianz sowie Vertretern der werbetreibenden Wirtschaft über einen ge-
meinsamen Verhaltenskodex für Produktplatzierungen. In einer unverbindlichen Protokoller-
klärung zum 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag forderten die Ministerpräsidenten eine ent-
sprechende Selbstverpflichtung. Darin sollen insbesondere Grundregeln festgelegt werden,
die die redaktionelle Unabhängigkeit sichern.30 Bis zum Redaktionsschluss der vorliegenden
Expertise konnten sich die Beteiligten allerdings nicht auf ein gemeinsames Ergebnis einigen.
Allerdings bot die ProSiebenSat.1 Media AG den Produzenten im Februar 2011 an, pauschal
22 Prozent des Erlöses von Produktplatzierungen zu überlassen.31 Dagegen will die RTL-
Gruppe die Vergütung für die Produzenten von Fall zu Fall regeln.32




30
     Vgl. Paperlein (2011b).
31
     Vgl. Produzentenallianz (2011).
32
     Vgl. Schader (2011c).




                                                                                                       16
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung



3          Ergebnisse der Programmbeobachtung
3.1        Produktplatzierungen in der Programmpraxis – Überblick
Im vorhergehenden Kapitel wurde dargelegt, dass sich aus Branchensicht das Werbeinstru-
ment „Produktplatzierung“ im deutschen Fernsehmarkt bislang noch nicht entscheidend
durchsetzen konnte. Diese Einschätzung der Akteure aus dem Werbemarkt wird durch die
durchgeführte Programmbeobachtung bestätigt:

► Als erster zentraler Befund dieser Studie lässt sich festhalten, dass eine flächendeckende
  Durchdringung des deutschen Fernsehprogramms mit Produktplatzierungen im Sinne
  der Definition des Rundfunkstaatsvertrages derzeit nicht gegeben ist.

Dieser Umstand relativiert die nachfolgend vorgenommene Typologisierung, die aufgrund der
geringen Fallzahl an Platzierungen lediglich grundlegende Muster herausarbeiten kann.

Nachstehend werden zunächst diejenigen Fallbeispiele vorgestellt, bei denen es sich eindeutig
um eine Platzierung von Produkten in Fernsehsendungen handelt, die im Untersuchungszeit-
raum zwischen dem 1. November 2010 und dem 15. April 2011 ausgestrahlt wurden. Hierbei
wird zunächst nicht zwischen zulässigen und ggf. unzulässigen, gekennzeichneten und ggf.
nicht gekennzeichneten Produktplatzierungen unterschieden.

Insgesamt wurden im Untersuchungszeitraum lediglich 13 Serien/Reihen und 3 Einzelsen-
dungen beobachtet, in denen eindeutig Produktplatzierungen identifizierbar waren (vgl. die
nachfolgende Übersicht)33 bzw. in denen entsprechende Kennzeichnungen vorhanden wa-
ren.34 Nicht in der Übersicht enthalten sind diejenigen Fälle, in denen „Produktionshilfen“
gekennzeichnet wurden; auf sie wird in Kap. 3.6 eingegangen.

Es zeigt sich erwartungsgemäß, dass – mit einer Ausnahme – sämtliche Platzierungen im pri-
vaten Fernsehen stattgefunden haben. Es fällt auf, dass insbesondere die Sender der ProSie-
benSat.1 Media AG auf diese Form der Refinanzierung zurückgreifen: So wurden für die
Sender ProSieben, Sat.1, kabeleins und sixx zehn Reihen und eine Einzelsendung ausfindig
gemacht. Für die RTL-Gruppe ließen sich lediglich drei Reihen und eine Einzelsendung mit
Platzierungen ermitteln. Für RTL (den Hauptsender) wurde im Untersuchungszeitraum ledig-
lich eine Produktplatzierung – nämlich im Finale der Castingshow „Das Supertalent“ – beo-
bachtet.35 Dies lässt auf eine deutlich größere Zurückhaltung der RTL-Gruppe schließen, die
zudem derzeit nicht bereit ist, die Produzenten an Placement-Erlösen zu beteiligen.36



33
      Dabei handelt es sich wohlgemerkt um Reihen/Sendungen mit Produktplatzierungen, nicht um eine Aufzäh-
      lung der einzelnen Placements. So enthalten manche Formate, wie etwa „Germany’s next Topmodel“ oder
      „Zuhause im Glück“, Platzierungen mehrerer Markenprodukte, die nicht immer in jeder Folge auftreten.
34
      Es ist nicht in jedem Fall möglich, bei einer gekennzeichneten Sendung auch alle platzierten Produkte ein-
      deutig zu identifizieren.
35
      Vgl. dazu auch Schader (2011a); Schader (2011b).
36
      Vgl. Schader (2011c). Ein Indikator für die bislang vorherrschende Zurückhaltung der RTL-Gruppe kann
      auch darin gesehen werden, dass der RTL-Werbevermarkter IP-Deutschland erst seit Frühjahr 2011 in sei-
      nem Webauftritt explizit für Product Placement wirbt. Dagegen pries die Website des ProSieben-Sat.1-



                                                                                                             17
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


Übersicht – Im Untersuchungszeitraum festgestellte Produktplatzierungen in Serien und
Einzelsendungen
       Sendungstitel             Sender           Genre             Produkt/Produktgattung
                                        Serien/ Reihen/ Formate
 „Anna und die Liebe“           Sat.1          Daily Soap     C&A-Mode / McCafé
 „Deutschlands Meister-         Sat.1          Kochsen-       Siemens-Küchenausstattung / Real-
 koch“                                         dung/ Reihe    Supermarkt
 „Hand aufs Herz“               Sat.1          Daily Soap     Musical „Sister Act“


 „The Mentalist“                Sat.1          Krimiserie     Automarke Chevrolet
 „Schlag den Raab“              ProSieben      Spielshow      Automodell Opel Astra
 „Germany’s next Topmo-         ProSieben      Castingshow    Diverse (u.a. mehrere Modelabel, Evi-
 del“                                                         an-Wasser, Mentos-Bonbons, Samso-
                                                              nite-Koffer etc.)
 „Die Model-WG“                 ProSieben      Castingshow    Otto-Mode
 „Fashion & Fame – Design       ProSieben      Designer       Otto-Mode
 your dream!“                                  Castingshow
 „Jumbos Würstchen-             kabeleins      Castingshow/ Obi-Baumarkt
 millionär“                                    Doku Soap
 „Das Supertalent“              RTL            Castingshow    „Xbox 360“-Spielekonsole
 „Zuhause im Glück“             RTL2           Doku Soap      Baubedarf (Velux-Fenster) Einrich-
                                                              tungsgegenstände (Küchen-Nolte, Ikea
                                                              etc.), Hertz-Autovermietung
 „Die Wollnys – Eine            RTL2           Doku Soap      Campingplatz
 schrecklich große Familie“
 „Zacherl – Einfach kochen“     sixx           Kochsen-       Lebensmittel (v.a. Iglo-Produkte)
                                               dung/ Reihe
                                            Einzelsendungen
 „Neujahrskonzert“              ZDF            Konzertüber-   Kreuzfahrtschiff („Mein Schiff“) der
                                               tragung        Reederei Tui Cruises
 „Glückstreffer – Anne und Sat.1               Spielfilm       – Nicht zu identifizieren –
 der Boxer“
 „The Dome“                     RTL2           Musik-         Computerspiel „Just Dance 2“
                                               sendung




    Vermarkters SevenOne Media schon sehr bald nach der Legalisierung im April 2010 Produktplatzierungen
    als Werbeinstrument an.



                                                                                                     18
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


Bezüglich der Sendeformate ist zu konstatieren, dass sich keine Programmformate herauskris-
tallisiert haben, die besonders geeignet oder affin für Produktplatzierungen erscheinen. Auf-
grund der geringen Fallzahl lassen sich auch hier lediglich Tendenzen referieren:
•    Im Untersuchungszeitraum ließen sich u.a. Placements in zwei Daily Soaps („Anna und
     die Liebe“ sowie „Hand aufs Herz“, beide Sat.1), zwei Doku Soaps („Zuhause im Glück“
     sowie „Die Wollnys – Eine schrecklich große Familie“, beide RTL2) und zwei Kochsen-
     dungen (Reihen) („Deutschlands Meisterkoch“, Sat.1, sowie „Zacherl – Einfach kochen“,
     sixx) nachweisen.
•    Die meisten Produktplatzierungen fanden sich allerdings in Castingshows („Die Model
     WG“, „Germany’s next Topmodel“, „Fashion & Fame“, alle ProSieben, „Jumbos Würst-
     chenmillionär“, kabeleins, sowie „Das Supertalent“, RTL).
Womöglich ist letztgenanntes Format bezüglich der Einbindung von Markenprodukten in den
Sendungs- bzw. Handlungsablauf am flexibelsten und unkompliziertesten. So lassen sich hier
Produktplatzierungen vergleichsweise spontan vornehmen, da die Abstimmung mit Dreh-
buchautoren, Regisseuren oder Künstlern relativ unaufwändig und die Rücksichtnahme auf
Dramaturgie bzw. Handlung kaum nötig ist. Dies belegt beispielsweise die Platzierung der
Microsoft-Spielekonsole „Xbox 360“ in der RTL-Castingshow „Das Supertalent“. Dieses
Placement war ursprünglich für die Übertragung eines Boxkampfes geplant. Da dieser kurz-
fristig abgesagt wurde, mussten die Verantwortlichen innerhalb kurzer Zeit umdisponieren
und entschieden sich für die genannte Castingshow als Alternativformat.37 Dagegen erfordern
Produktplatzierungen in Spielfilmen deutlich mehr Planungs- und Koordinationsaufwand so-
wie zeitlichen Vorlauf.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Produktplatzierungen im Untersuchungszeitraum aus-
schließlich in Formaten der „leichten Unterhaltung“, Seifenopern, Spielfilmen, Musiksendun-
gen und Konzertübertragungen ausfindig gemacht wurden. Dies entspricht den Vorgaben des
Rundfunkstaatsvertrages.

► Placements in Formaten mit Informationscharakter – wie insbesondere Nachrichten,
  Sendungen zum politischen Zeitgeschehen sowie Ratgeber- und Verbrauchersendungen
  –, in Programmstrecken für Kinder oder in Übertragungen von Gottesdiensten konnten
  nicht identifiziert werden. Mit anderen Worten: Die Veranstalter haben sich in diesem
  Punkt regelkonform verhalten.

Was vorstehend für die Sendeformate konstatiert wurde, hat auch Gültigkeit für die platzier-
ten Gegenstände:

► Es lassen sich keine Produkte oder Produktgruppen benennen, die signifikant häufiger
  als andere in das Fernsehprogramm integriert wurden.

Die Bandbreite der Waren ist sehr vielfältig und reicht von Küchengeräten (Siemens-Herde),
Lebensmitteln (Evian-Mineralwasser, Iglo-Tiefkühlkost) über Baubedarf (Velux-Fenster)
sowie verschiedene Modelabels, Fahrzeuge (Opel, Chevrolet) und Unterhaltungselektronik

37
     Vgl. Schader (2011a).



                                                                                               19
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


(„Xbox 360“-Spielekonsole, Computerspiel „Just Dance 2“) bis hin zu ausgefallenen „Ge-
genständen“ wie einen Campingplatz oder Kreuzfahrtschiffe beziehungsweise Reiseveranstal-
ter. Es ist zu beobachten, dass nicht ausschließlich konkrete Produkte platziert werden. Viel-
mehr finden auch Markennamen wie das Bekleidungsgeschäft „C&A“, die Café-Kette
„McCafé“, die „Real“-Supermärkte oder „Obi“-Baugeschäfte Eingang in das Programm, ohne
dass spezifische Produkte dieser Firmen dargestellt werden.

3.2        Die inhaltlich-dramaturgische Einbindung der Produktplatzierung in die
           Sendung
Wie eingangs erläutert, gelten für zulässige Produktplatzierungen bestimmte Anforderungen
an die Gestaltung bzw. die inhaltlich-dramaturgische Einbindung der platzierten Produkte. So
sind laut § 7 Abs. 7 RStV Produktplatzierungen nur dann zulässig, wenn
•     die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz
      unbeeinträchtigt bleiben,
•     die Platzierung nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleis-
      tungen auffordert (insbesondere verkaufsfördernde Hinweise sind nicht gestattet) und
•     die Produkte nicht zu stark herausgestellt werden.

Redaktionelle Unabhängigkeit
Für die im Kontext der vorliegenden Expertise analysierten Produktplatzierungen ist Folgen-
des festzuhalten:

► Die Sichtung und Bewertung ergab in den meisten Fällen keine Hinweise darauf, dass
  die redaktionelle Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz durch Produktplat-
  zierungen beeinträchtigt wurde.

Lediglich in der ProSieben-Designer-Casting-Show „Fashion & Fame – Design your dream!“
ist diese Beeinträchtigung gegeben. Diese Sendung wurde von ProSieben in enger Abstim-
mung mit dem Modeversandhaus „Otto“ konzipiert und realisiert.38 Sie kann daher exempla-
risch für eine entsprechende „Grenzüberschreitung“ der Werberichtlinien gelten und wird
daher nachfolgend ausführlich bewertet. In der Show kreiert ein etablierter Modedesigner mit
Nachwuchsdesignern ein neues Modelabel namens „GoldCut“, wobei die besten Kleidungs-
stücke exklusiv auf der Homepage www.otto.de verkauft werden. Das Logo des Labels ist in
vielen Einstellungen deutlich sichtbar, ebenso der Schriftzug „Otto“ auf diversen Requisiten.
Zudem tritt „Otto“ als Sponsor der Show auf, worauf ein entsprechender Hinweis vor der
Sendung aufmerksam macht. Die enge Verbindung von „Otto“ und ProSieben geht über eine
schlichte Produktplatzierung deutlich hinaus. Vielmehr liegt hier ein Beispiel für eine Pro-
gramming-Sendung vor. Darunter wird eine TV-Produktion verstanden, die in Zusammenar-
beit zwischen Sender und Werbekunde realisiert wird.39
     „Der Werbetreibende tritt hier nicht nur in einer passiven Rolle auf, die sich darauf be-
     schränkt, seine Botschaft in einem Programmumfeld zu platzieren, das von einer Redak-

38
      Vgl. die Pressemitteilung des Werbevermarkters SevenOne: SevenOne (2011).
39
      Vgl. dazu Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 137-141. Auch Wengenroth (2006), S. 69.



                                                                                                 20
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


     tion gestaltet wird und auf das er keinen weiteren Einfluss hat. Vielmehr tritt das Unter-
     nehmen bei Formen des Programmings als aktiver Co-Produzent auf, der Inhalte des re-
     daktionellen Programms mitbestimmt. Der Werbetreibende wird in aller Regel bereits in
     die Planungs- und Konzeptionsphase der Sendung einbezogen.“40

In der Werbebranche werden solche Werbeformen auch als „Branded Entertainment“ disku-
tiert, da die Präsentation von Marken oder Produkten innerhalb eines unterhaltenden Kontex-
tes im Vordergrund steht.

Auch wenn man im vorliegenden Fall sicher unterstellen kann, dass auf Seiten des Veranstal-
ters programmlich-konzeptionelle Interessen und Erwägungen eine Rolle spielen (Etablierung
einer neuen Variante des Unterhaltungsformates „Casting Show“), ist die Sendung „Fashion
& Fame“, wie sich aus der Pressemitteilung des Werbevermarkters des Veranstalters ganz
klar ergibt, am wirtschaftlichen Interesse (Produktentwicklung und Produktabsatz) des Mode-
versandunternehmens „Otto“ ausgerichtet.41 Die Sendung ist Teil eines Gesamtvermarktungs-
konzepts („Kombination aus Sponsoring, Product Placement und Kollektion“42), und diese
Ausrichtung schlägt sich in der programmlichen Umsetzung auch erkennbar nieder. Dass in
einer solchen Konstellation redaktionelle Unabhängigkeit nicht mehr gegeben ist, liegt auf der
Hand. Dabei handelt es sich hier jedoch nicht um einen Fall von Themenplatzierung, sondern
um einen unzulässigen Fall von Produktplatzierung. Zwar wird durch das Sendungskonzept
auch ein Werbeeffekt für die Designerzunft im Allgemeinen vermittelt; in erster Linie dient
die Verflechtung von Themensetzung und Produktplatzierung hier aber der gezielten Absatz-
förderung konkreter Dienstleistungs- und Produktangebote des Otto-Konzerns.

Insofern ist die Kennzeichnung „unterstützt durch Produktplatzierung“ auch nicht korrekt
bzw. nicht ausreichend. Da der Werbecharakter hier erkennbar im Vordergrund steht und ei-
nen wesentlichen Bestandteil der Sendung ausmacht, handelt es sich um eine Dauerwerbesen-
dung, die entsprechend zu kennzeichnen wäre. Problematisch ist hier auch die Kombination
der „Produktplatzierung“ mit einem „Sponsoring“43 desselben Partners. Sponsoring ist grund-
sätzlich ausgeschlossen, wenn sich die Sendung inhaltlich mit Produkten oder Dienstleistun-
gen befasst, die der Sponsor selbst anbietet und vertreibt, insbesondere, wenn sie auf Absatz-
förderung von Produkten und Dienstleistungen des Sponsors ausgerichtet sind.44 Hiernach
schließen sich Sponsoring und Produktplatzierung wechselseitig aus. Ebenso wenig möglich
ist das Sponsern von Werbung – auch dann nicht, wenn die Werbung redaktionell gestaltet
und von bestimmter Dauer ist.45




40
      Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 137.
41
      Vgl. SevenOne (2011). So heißt es bereits in der Überschrift: „SevenOne AdFactory entwickelt ein integ-
      riertes Kommunikationskonzept für Otto.“
42
      SevenOne (2011).
43
      Die Sendung beginnt bzw. endet mit einem Sponsorhinweis „Viel Spaß mit Fashion & Fame wünscht Otto“
      bzw. „Fashion & Fame wurde Ihnen präsentiert von Otto“, wobei jeweils auch die Website des Unterneh-
      mens eingeblendet wird.
44
      Vgl. § 8 Abs. 2 und 3 RStV sowie Ziff 7 Abs. 4 und 7 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten.
45
      Vgl. dazu auch Ziff. 7 Abs. 2 Satz 2 WerbeRL Fernsehen: „Das Sponsern von Werbung, wie z.B. Spotwer-
      bung, Dauerwerbesendungen oder Teleshoppingfenstern, ist unzulässig.“



                                                                                                          21
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


Aufruf zum Kauf und zu starke Herausstellung
Für die anderen o.g. Anforderungen des RStV lässt sich konstatieren:

► Es wurden keine Platzierungen festgestellt, in denen unmittelbar und explizit zum Kauf
  der jeweiligen Produkte aufgefordert wird. Allerdings wurden drei Einzelfälle beobach-
  tet, die als „verkaufsfördernd“ einzustufen sind und in denen die Produkte zu stark her-
  ausgestellt wurden.

Fall 1
Bei diesem Fall handelt es sich um die Platzierung der Spielekonsole „Xbox 360“ in der RTL-
Castingshow „Das Supertalent“. Das Produkt war nicht nur mehrfach gut im Bild sichtbar,
sondern Sprecher und Kandidat priesen es darüber hinaus auch verbal an:
   Sprecher: „Daniel ist fleißig. Er übt jeden Tag mit Kinect für die Xbox 360.“
   Kandidat: „Wir spielen manchmal ‚Dance Central‘ auf der Xbox. Das ist irgendwie
   Hip-Hop-mäßig. Man lernt was draus und es macht Spaß.“
   Moderator: „Mit Kinect für die Xbox im Gepäck kann doch jetzt nichts mehr schief ge-
   hen.“




 „Das Supertalent“ (RTL) vom 18.12.2010



Fall 2
Beim zweiten Fall geht es um die Platzierung von Iglo-Tiefkühlprodukten in der Kochsen-
dung „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx). Die Lebensmittel werden hier nicht nur platziert,
sondern ihre Vorzüge auch verbal hervorgehoben, wie nachfolgende Zitate aus der Sendung
vom 17.11.2010 belegen:
   Koch: „Heute haben wir ein grünes Thema. Aber keine Angst, wir sprechen nicht über
   Politik, sondern über Spinat. Wie Popeye schon sagte: Spinat macht stark. Warum ei-
   gentlich? Spinat hat eine hohe Konzentration an Vitamin A, C und Folsäure und ‘ne
   richtig dicke Portion Eisen. Warum ich Tiefkühlspinat nehme? Weil der Spinat direkt
   nach der Ernte weiterverarbeitet wurde und so einen höheren Vitamin C-Gehalt hat als
   der Spinat, der vorne schon zwei Tage in der Auslage liegt.“

Später in derselben Sendung greift der Koch das Stichwort seines Gastes auf:
   Koch: „So. Wir haben jetzt hier den Spinat – ganz wichtig. Ich habe jetzt TK-Spinat
   heute gekauft, weil es gibt im Moment noch keinen frischen. Und da ist dann TK-Spinat
   auch eigentlich praktischer wie anderer.“
                                                                                             22
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


   Gast: „Aber ist der nicht auch frischer, als wenn du jetzt welchen kaufen würdest, den
   es frisch geben würde?“
   Koch: „Das ist genau der Punkt. Also, wenn ich im Sommer oder im Frühjahr, wenn’s
   den ersten deutschen auch gibt, dann nehme ich lieber den TK-Spinat. Weil da hast du
   auch mehr Vitamine drin als wenn der Spinat schon aus Südafrika herüberfliegt, weil
   dann ist er schon meistens vier, fünf Tage alt, bevor du ihn irgendwo kaufen kannst.
   Und deswegen ist in dem Fall der [TK-Spinat] besser.“ (Warum der deutsche Spinat aus
   Südafrika „herüberfliegt“, behält der Koch allerdings für sich.)




 „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) vom 17.11.2010

In der Ausgabe vom 21.11.2010 hebt Zacherl die Besonderheiten von Tiefkühl-Erbsen aus-
führlich hervor. Auch hier reagiert er, während das entsprechende Produkt der Marke „Iglo“
deutlich sichtbar ist, auf ein Stichwort seines Gastes:
   Gast: „Tiefkühlkost braucht man ja nicht mehr vorher kochen. Das geht ja gleich so.“
   Koch: „Nee. Deswegen sind die [Erbsen] auch so wunderschön grün, weil die direkt
   nach der Ernte kurz abgekocht werden, d.h. blanchiert und das Schöne ist, dass durch
   das Blanchieren, durch das Salz, bleibt das Chlorophyll, das ist der grüne Farbstoff in
   den Erbsen, voll erhalten. Deswegen haben die so eine richtig schöne, perfekte Farbe.“

Unterstützt wird dieser einstudiert wirkende Dialog durch die Einblendung „Tiefkühlerbsen
enthalten mehr Vitamine als Dosenerbsen“.




                                                                                              23
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung




 „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) vom 21.11.2010

Auffällig ist, dass der Koch zwar nicht den speziellen Markennamen erwähnt, sondern ledig-
lich Tiefkühlkost im Allgemeinen lobt. Durch die visuelle Einblendung des jeweiligen Pro-
duktes wird allerdings deutlich, dass er Iglo-Gemüse bevorzugt. In der Literatur werden sol-
che Fälle, bei denen ein Markenname in einen scheinbar neutralen Informationsbeitrag über
eine Produktgruppe integriert wird, als „trojanische Pferde“ bezeichnet.46 Auf diese Weise
wirkt eine Doppelstrategie: a) Zunächst wird der Zuschauer vom Koch über die Vorteile der
Produktgruppe „Tiefkühlkost“ im Allgemeinen informiert. b) Gleichzeitig greift ein zweiter
Mechanismus, indem ein spezieller Markenname mit der Produktgruppe in Verbindung ge-
bracht wird.

Im konkreten Beispiel ist die Präsentation in ihrer Gesamtheit als unzulässige Produktplatzie-
rung zu werten. Da die visionierten Sendungen von „Zacherl – Einfach kochen“ keine Kenn-
zeichnung in Form des „P“-Logos oder sonstiger Hinweise enthält, liegt überdies ein klarer
Fall von Schleichwerbung vor! Die gattungsbezogene Thematisierung (Gesundheit und Vita-
mingehalt von Spinat und Gartengemüse; Frischegehalt und leichte Verwendbarkeit von Tief-
kühlware) unterstreicht bzw. verstärkt die Herausstellung der platzierten Produkte. Die damit
verbundene Erhöhung der Werbewirkung führt dazu, dass die Präsentation der Produkte auch
dann, wenn sie entsprechend den Vorgaben für die (zulässige) Produktplatzierung gekenn-
zeichnet wäre, wegen der besonderen werblichen Herausstellung unzulässig ist.47

Fall 3
Die bereits beschriebene ProSieben-Designer-Casting-Show „Fashion & Fame – Design your
dream!“ stellt den dritten Fall von Produktplatzierungen dar, bei dem verbale Hinweise gege-
ben wurden, die sich u.U. als verkaufsfördernd auffassen lassen. Neben den optischen Platzie-
rungen des Labels „GoldCut“ und des „Otto“-Schriftzugs wird verbal mehrfach hervorgeho-
ben, dass die gezeigte Kleidung im Web zu erwerben ist – so auch in der Folge vom 27. Janu-
ar 2011: „Darüber hinaus wird es das Gewinnerstück dann auch im Anschluss gleich auf ot-


46
     Vgl. Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 55-58.
47
     Vgl. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nrn. 2 und 3 RStV.



                                                                                               24
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


to.de zu erwerben geben.“ Auch der Textilchef von „Otto“ kommt in seiner Funktion als Jury-
Mitglied zu Wort: „Ich freue mich sehr auf die Kollektion, die ich heute sehen werde und ich
freue mich natürlich ganz besonders, dass wir diese Kollektion dann später auf otto.de haben
werden.“ Dies unterstreicht, dass es sich bei diesem Format weniger um eine redaktionell ver-
antwortete, sondern vielmehr um eine Dauerwerbesendung handelt, wie oben bereits ausge-
führt wurde.




 „Fashion & Fame“ (ProSieben) vom 27.02.2011

Die anderen identifizierten Produktplatzierungen sind jedoch nicht als „verkaufsfördernd“
bzw. als zu stark herausgestellt zu bewerten. Dort sind die Produkte bzw. Markennamen le-
diglich in vergleichsweise kurzen Einstellungen zu erkennen oder werden nur beiläufig er-
wähnt. Ein Beispiel dafür sind die ausschließlich verbalen Placements der Modekette „C&A“
in der Daily Soap „Anna und die Liebe“ (Sat.1). Dort wurde gezeigt, wie eine fiktive Werbe-
agentur als Teil der Handlung über mehrere Folgen hinweg die reale Werbekampagne des
Unternehmens konzipierte. Dabei wurde der Firmenname mehrfach wie in folgendem Dialog,
der zur Entstehung des Werbeslogans führt, erwähnt:
     „Wir machen jetzt echt Werbung für C&A?“ „Wenn’s klappt, ja.“ „Sag mir was du
     trägst, und ich sag dir, wer du bist.“ [… ] „Bisschen lang der Spruch, oder?“ „Sei was
     du trägst, sei C&A?“ „Mia! Ich glaube, wir haben es!“ („Anna und die Liebe“, Sat.1,
     vom 10.09.2010)

Eher dezent ist auch das optische Placement von Siemens-Küchengeräten in der Sat.1-Show
„Deutschlands Meisterkoch“. So sind die verwendeten Kochherde vor allem deswegen als
Siemens-Produkte zu identifizieren, da die identischen Geräte in einer Dauerwerbesendung
unmittelbar vor dem Beginn der Show ausführlich vorgestellt wurden.

Redaktionell gerechtfertigte Produktplatzierungen
Neben den genannten Anforderungen müssen Produktplatzierungen nach Ziffer 4 Nr. 6 der
Werberichtlinien redaktionell gerechtfertigt sein. Dies ist dann der Fall, „wenn das Produkt
aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen in die Handlung oder den Ablauf
integriert wird oder die Verwendung oder Darstellung des Produkts als Information zur Ver-
deutlichung des Inhalts der Sendung notwendig ist“48.

Bezüglich der redaktionellen Rechtfertigung von Produktplatzierungen lässt sich zunächst
festhalten, dass Produkte in keinem Fall überwiegend aus programmlich-dramaturgischen,

48
      Ziffer 4 Nr. 6 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten.



                                                                                               25
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


sondern stets in erster Linie aus kommerziellen Gründen in das Programm integriert werden.
Darüber hinaus dürften auch alle bezahlten Placements grundsätzlich vermeidbar sein, da
kaum ein Fall vorstellbar ist, in dem innerhalb von Filmen, Serien oder sonstigen Sendungen
der „leichten Unterhaltung“ Markennamen und Markenprodukte zwingend als solche erkenn-
bar sein müssen. So besteht in der Regel die Möglichkeit, entweder vollständig auf Place-
ments zu verzichten oder – wenn es sich nicht vermeiden lässt, konkrete Produkte einzusetzen
– die Marke unkenntlich zu machen bzw. durch eine geeignete Kameraführung auszublenden,
ohne die Dramaturgie der jeweiligen Produktion zu verändern. Deshalb kann im Kontext der
vorliegenden Expertise lediglich untersucht werden, inwieweit sich die Placements sinnvoll in
den Handlungsablauf integrieren. Mit anderen Worten:
•     Wird ein Produkt so in die Handlung integriert, dass es inhaltlich-dramaturgisch passend
      bzw. ungezwungen wirkt und sich ästhetisch an den Kontext anpasst?
•     Oder stellt das Placement einen ästhetischen bzw. dramaturgischen „Bruch“ dar, wirkt
      beliebig, „künstlich“ oder erzwungen?
Für beide Szenarien konnten innerhalb des Untersuchungszeitraums Fallbeispiele ausfindig
gemacht werden. So haben beispielsweise die Siemens-Küchengeräte in der Show „Deutsch-
lands Meisterkoch“ (Sat.1) eine gewisse inhaltliche Begründung und fügen sich gut ein. Ähn-
liches gilt für den Baubedarf und die Einrichtungsgegenstände in „Zuhause im Glück“ (kabel-
eins) oder die „Otto“-Mode in „Die Model-WG“ (ProSieben).

Warum es hingegen inhaltlich sinnvoll bzw. gar notwendig ist, die Würstchenbude in „Jum-
bos Würstchenmillionär“ ausgerechnet vor einem Obi-Markt aufzustellen oder den angehen-
den Mannequins in „Germany’s next Topmodel“ fortwährend Evian-Mineralwasser zuzufüh-
ren, ist nicht ersichtlich. Auch die Placements der Unterhaltungselektronik in „Das Superta-
lent“ (RTL) und „The Dome“ (RTL2) wirken erzwungen und beliebig.

Insofern ist zu konstatieren, dass es sowohl Fälle gibt, bei denen das jeweilige Placement ver-
gleichsweise zwanglos in den redaktionellen Kontext eingegliedert ist, als auch Beispiele für
eine weniger gelungene Integration. Dass sich der Handlungsablauf mehr oder weniger voll-
ständig den Produkten unterwirft, ist lediglich bei der bereits beschriebenen Programming-
Sendung „Fashion & Fame“ gegeben.

3.3       Kennzeichnung von Produktplatzierungen
Nach § 7 Abs. 7 Satz 3 RStV ist auf Produktplatzierungen eindeutig hinzuweisen, und zwar
zu Beginn und am Ende der entsprechenden Sendung sowie nach Werbeunterbrechungen.
Wie diese Kennzeichnung konkret auszusehen hat, spezifizieren die WerbeRL Fernsehen der
Landesmedienanstalten in Ziffer 4 Nr. 7: „Die Produktplatzierung ist jedenfalls dann ange-
messen gekennzeichnet und für den Zuschauer erkennbar, wenn die Kennzeichnung zu Be-
ginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbre-
chung für die Dauer von mindestens 3 Sekunden die Abkürzung ‚P‘ als senderübergreifendes
Logo für Produktplatzierungen enthält. Die Kennzeichnung der Produktplatzierung durch ein
senderübergreifendes Logo ist durch Einblendung eines erläuternden Hinweises zu ergänzen
(wie z.B. ‚Unterstützt durch Produktplatzierungen‘).“ Im Hinblick auf die Kennzeich-
nungpflicht für entsprechende Fälle des hier untersuchten Sendematerials gilt es festzuhalten:



                                                                                              26
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


► Die rechtlichen Vorgaben zur Kennzeichnung wurden von den Programmverantwortli-
  chen im Untersuchungszeitraum weitestgehend eingehalten.

Allerdings wurde bei zwei Sendungen, die offensichtlich bezahlte Produktplatzierungen ent-
halten, überhaupt nicht darauf hingewiesen. Dabei handelt es sich zum einen um die Fremd-
produktion „The Mentalist“ (Sat.1), auf die in Kapitel 3.5 ausführlicher eingegangen wird.
Zum anderen ist die bereits beschriebene Kochshow „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) be-
troffen. Dort fanden sich – wie bereits beschrieben – in mehreren Folgen offenkundig absicht-
lich platzierte Lebensmittel, vorwiegend der Marke „Iglo“, ohne dass ein Hinweis auf diese
Placements erfolgt wäre. Hierbei handelt es sich eindeutig um Schleichwerbung.

Ansonsten konnten keine weiteren Fälle von ungekennzeichneten Produktplatzierungen iden-
tifiziert werden, bei denen mehr oder weniger eindeutig von einer werblichen Intention aus-
zugehen ist. Alle oben aufgelisteten Placements waren – von den genannten Ausnahmen ab-
gesehen – als solche kenntlich gemacht. Die Kennzeichnung erfolgte in aller Regel wie in den
Werberichtlinien vorgeschrieben: zu Beginn und am Ende der entsprechenden Sendung sowie
ggf. nach Werbeunterbrechungen durch Einblendung des besagten „P“-Logos samt eines er-
läuternden Textes. Der Wortlaut dieses Textes variierte dabei leicht. Insgesamt konnten fol-
gende Erläuterungsvarianten beobachtet werden:

•   „unterstützt durch Produktplatzierungen“ (verwendet von den Sendern kabeleins, ProSie-
    ben, RTL sowie Sat.1: z.B. „Jumbos Würstchenmillionär“, kabeleins; „Germany’s next
    Topmodel“, ProSieben; „Anna und die Liebe“, Sat.1)
•   „UNTERSTÜTZT DURCH PRODUKTPLATZIERUNGEN“ (verwendet von RTL in
    „Das Supertalent“)
•   „Unterstützt durch Produktplatzierung“ (verwendet von RTL2 z.B. in „The Dome“)
•   „enthält Produktplatzierung“ (verwendet vom ZDF im „Neujahrskonzert“)




„Jumbos Würstchenmillionär“ (kabeleins) vom 23.11.2010




„The Dome“ (RTL 2) vom 18.12.2010



                                                                                              27
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung




„Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker“ (ZDF) vom 01.01.2011

Bei gekennzeichneten Produktplatzierungen wurde das „P“-Logo stets von diesen Erläuterun-
gen begleitet. Lediglich bei der Castingshow „Das Supertalent“ (RTL) wurde das Logo nach
den Werbeunterbrechungen ohne Text eingeblendet. Dagegen wies RTL zu Beginn und am
Ende der Sendung durch die Kombination aus Logo und Text auf das enthaltene Placement
hin.




„Das Supertalent“ (RTL) vom 18.12.2010

Ausnahmslos in allen beobachteten Fällen ist das „P“-Logo – wie vorgeschrieben – rund 3
Sekunden eingeblendet. ProSieben kündigt die Einblendung zudem mit einem kurzen akusti-
schen Signal an.

Unabhängig von den oben beschriebenen Kennzeichnungen wird bisweilen auf den Namen
des platzierenden Unternehmens hingewiesen. Dies erfolgt in aller Regel am Ende der Sen-
dung im Abspann. Dabei sind zwei Varianten zu unterscheiden: Im einen Fall wird lediglich
der Name des unterstützenden Unternehmens eingeblendet, im anderen Fall ist der Unterneh-
mensname in Form des Markenlogos gestaltet. Beispiele für die bloße Namensnennung sind
etwa „Germany’s next Topmodel“ (ProSieben), „Fashion & Fame“ (ProSieben) oder „Jumbos
Würstchenmillionär“ (kabeleins).




                                                                                              28
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung




„Germany’s next Topmodel“ (ProSieben) vom          „Jumbos Würstchenmillionär“ (kabeleins) vom
11.03.2011                                         16.11.2010

Der Firmenname in Gestalt des Markenlogos ist dagegen beispielsweise bei „Zuhause im
Glück“ (RTL 2) eingeblendet, wobei partiell der Werbeslogan des Unternehmens als Insert
erscheint („Nolte Küchen. Die Kompetenz in Sachen Qualität“). Dieser Fall stellt allerdings
eine Ausnahme dar.




„Zuhause im Glück“ (RTL 2) vom 09.11.2010

Entsprechende Einblendungen im Vorspann einer Sendung konnten nicht beobachtet werden.
In zwei Fällen machte der Produktplatzierer allerdings unmittelbar vor Sendungsbeginn auf
sich aufmerksam: In der Programming-Sendung „Fashion & Fame“ (ProSieben) war ein
Sponsorhinweis des Werbepartners „Otto“ zu sehen; in der Kochsendung „Deutschlands Mei-
sterkoch“ (Sat.1) wurde eine mehrminütige Dauerwerbesendung ausgestrahlt, in der ausführ-
lich die Küchengeräte von Siemens vorgestellt wurden, die anschließend auch in der Show
selbst zu sehen waren.

                                                                                                 29
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


Daneben gibt es Fälle, in denen ein Hinweis auf den produktplatzierenden Werbepartner im
Vor- oder Abspann einer Sendung gänzlich ausbleibt. Dies ist etwa bei „Schlag den Raab“
(ProSieben), „Hand aufs Herz“ (Sat.1) oder „The Dome“ (RTL2) gegeben.

In den Webauftritten der Sender ließen sich nur zu den Sendungen „Fashion & Fame“ sowie
„Die Model-WG“ (beide ProSieben) deutliche Verweise auf den Werbepartner finden, wie die
entsprechenden Screenshots belegen. Zudem waren hier direkte Links zu „otto.de“ eingebun-
den, über die die in den Sendungen zu sehenden Kleidungsstücke erworben werden können.
Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen ProSieben und „Otto“
zumindest im Fall von „Fashion & Fame“ deutlich über eine bloße Produktplatzierung hi-
nausging, wie bereits ausgeführt wurde.




http://www.prosieben.de/tv/fashion-and-fame/show/ [Stand: 01.03.2011]; Markierungen nicht im Original




                                                                                                        30
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung




http://www.prosieben.de/tv/die-model-wg/ [Stand: 03.03.2011]; Markierung nicht im Original

Ansonsten waren auf den sendereigenen Websites allenfalls dezente Hinweise auf den jewei-
ligen Produktplatzierer zu finden. So wird bei „Deutschlands Meisterkoch“ auf Siemens als
Sponsor der Sendung aufmerksam gemacht. Ob dieses Unternehmen auch Platzierungen vor-
genommen hat, geht allein aus der Website nicht hervor.




http://www.sat1.de/deutschlands-meisterkoch/ [Stand: 03.03.2011]




                                                                                              31
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


Im Fall der Sendung „Jumbos Würstchenmillionär“ wird der Werbepartner „Obi“ lediglich
kurz in einem Text im Webauftritt erwähnt, ohne auf die Produktplatzierung einzugehen.




http://www.kabeleins.de/doku_reportage/jumbos-wuerstchenmillionaer/show/ [Stand: 12.12.2010]; Markierung
nicht im Original

Bei allen anderen Fallbeispielen ließen sich keinerlei Hinweise auf die Produktplatzierer fin-
den. Auch machten die Sender in keinem Fall im Teletext auf ihre Werbepartner aufmerk-
sam.49

3.4        Kennzeichnung von Gewinnspielpartnern
Gewinnspiele sind nach § 8a RStV zulässig. Im Rahmen der Auslobung der Sachpreise ist
eine zweimalige Nennung der jeweiligen Firma sowie eine zweimalige kurze visuelle Darstel-
lung erlaubt.50 Wie die Bereitstellung von Produktionshilfen gilt allerdings nach § 15 Satz 1
Nr. 2 und § 44 Satz 1 Nr. 2 RStV ausdrücklich auch die (unentgeltliche) Bereitstellung von
Preisen als Produktplatzierung, wenn es sich dabei um Waren oder Dienstleistungen von be-
deutendem Wert handelt.51 Dies hat zur Folge, dass derartige Preisauslobungen auch gemäß §
7 Abs. 7 RStV zu kennzeichnen sind. Die Kennzeichnung „Unterstützt durch Gewinnspiel-
partner“ – wie sie in der Programmpraxis partiell festzustellen ist – erfolgt dabei in Anleh-
nung an die Kennzeichnung von Produktionshilfen. Die WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF ge-
ben in Ziff. 9.4. bei unentgeltlicher Bereitstellung von Produkten von bedeutendem Wert aus-
drücklich die Kennzeichnung „Unterstützt durch Produktionshilfe“ vor. Die Werberichtlinien
der Landesmedienanstalten machen keine derartig explizite Vorgabe, sondern regen eine
Formulierung („z.B. unterstützt durch …“) lediglich an.52 Für die unentgeltliche Bereitstel-
lung von Preisen unterhalb des bedeutenden Wertes finden die Regelungen zur Produktplat-
zierung keine Anwendung. Hier richtet sich die Präsentation des Preises weiterhin nach Ziff.
8 der WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten bzw. nach Ziff. 11.1 bis 11.3 der Wer-
beRL ARD/WerbeRL ZDF.


49
      Das Teletext-Angebot der Sender wurde stichprobenartig auf Hinweise auf Produktplatzierer gesichtet.
50
      Vgl. Ziffer 8 Werberichtlinien.
51
      Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV.
52
      Vgl. dort Ziff. 4 Nr. 7.



                                                                                                             32
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


Gemäß dieser Regelungen ist es bei einer Reihe von Sendungen (beispielsweise „Die perfekte
Minute“, Sat.1; „Abenteuer Leben“, kabeleins; „Galileo“, ProSieben) der Fall, dass – analog
zur beschriebenen Kennzeichnung von Produktplatzierungen – vor und nach der Sendung
sowie nach Werbeunterbrechungen das „P“-Logo mit dem Text „unterstützt durch Gewinn-
spielpartner“ eingeblendet wird. Diese Kennzeichnung ließ sich ausschließlich bei Sendern
der ProSiebenSat.1-Gruppe nachweisen. Die Öffentlich-Rechtlichen sowie die Sender der
RTL-Gruppe verzichten auf diesen Hinweis.




„Die perfekte Minute“ (Sat.1) vom 11.03.2011

3.5        Kennzeichnung von Produktplatzierungen bei Fremdproduktionen
Gemäß § 7 Abs. 7 Satz 5 RStV sind Sendungen, die nicht vom Veranstalter selbst oder von
einem mit ihm verbundenen Unternehmen produziert bzw. in Auftrag gegeben wurden, von
der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Bedingung dafür ist, dass nicht mit „zumutbarem
Aufwand“ ermittelbar ist, ob Produktplatzierungen in solchen Fremdproduktionen enthalten
sind. Die WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten konkretisieren diese Bedingung in
Ziffer 4 Nr. 10: „Als zumutbarer Aufwand gilt jedenfalls, wenn der Veranstalter den Verkäu-
fer in vertraglicher oder sonstiger Weise zur Vorlage einer Erklärung auffordert, ob die Sen-
dung Produktplatzierungen enthält.“ Kann keine Sicherheit darüber erlangt werden, haben die
Programmverantwortlichen im Videotext oder anderen Medien im Zusammenhang mit der
jeweiligen Sendung darauf hinzuweisen, dass eine Aufklärung über mögliche Placements
nicht möglich war.53

Aus dieser Rechtslage ergeben sich somit mehrere Szenarien für nach dem 19. Dezember
2009 produzierte Fremdproduktionen, die in der Praxis auftreten können:

      1. In einer Fremdproduktion sind Placements enthalten, von denen der Sender weiß.
         Konsequenz: Kennzeichnungspflicht greift, Hinweis im Programm mit „P“-Logo.
         Dies ist der eindeutige Fall des § 7 Abs. 7 Satz 3 RStV, wonach auch bei Fremdpro-
         duktionen grundsätzlich eine „angemessene“ Kennzeichnungspflicht besteht.


53
      Vgl. Ziffer 4 Nr. 10 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten.



                                                                                               33
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


     2. In einer Fremdproduktion sind Placements enthalten, die der Sender nicht ermitteln
        konnte. Konsequenz: Kennzeichnungspflicht entfällt, kein Hinweis im Programm mit
        „P“-Logo. Dies ist der Fall des § 7 Abs. 7 Satz 5 RStV. Die Entbindung von der
        Kennzeichnungspflicht setzt hier aber voraus, dass der Veranstalter einen zumutbaren
        Aufwand getrieben hat, zu ermitteln, ob Placements in der Fremdproduktion enthalten
        sind. Als zumutbarer Aufwand gilt, wenn der Veranstalter den Verkäufer in vertragli-
        cher oder sonstiger Weise zur Vorlage einer Erklärung auffordert, ob die Sendung
        Produktplatzierung enthält.54 Kann der Veranstalter auf diese Weise nicht ermitteln,
        ob die Produktion Placements enthält, muss er die Sendung auch nicht kennzeichnen.
        In diesem Fall hat der Veranstalter im programmbegleitenden Videotext oder Teleme-
        dienangebot oder in sonstiger Weise darauf hinzuweisen, dass die Aufklärung nicht
        möglich war.55

     3. In einer Fremdproduktion sind keine Placements enthalten und der Sender konnte dies
        klären. Konsequenz: kein Hinweis im Programm mit „P“-Logo, kein Hinweis im Vi-
        deotext oder anderen Medien. In diesem Fall gibt es keine Produktplatzierung, daher
        auch keine Hinweispflicht.

     4. In einer Fremdproduktion sind keine Placements enthalten, der Sender konnte dies
        aber nicht sicher klären. Konsequenz: kein Hinweis im Programm mit „P“-Logo. Die-
        ses Szenario wird in der Praxis voraussichtlich keine Rolle spielen. Es wäre auch nicht
        justiziabel. Die Prüfungs- bzw. Aufklärungspflicht kann für einen Veranstalter über-
        haupt erst dann entstehen, wenn sich nach Sichtung des Sendematerials begründete
        Anhaltspunkte ergeben, dass die Produktion Placements enthalten könnte. Bei einer
        Produktion, die tatsächlich aber keine Placements enthält, werden hinreichende, eine
        Prüfungspflicht auslösende Indizien auch nicht auszumachen sein (insoweit ist auch
        Szenario 3 ein eher theoretisches Modell). Wenn aber keine Prüfungs- bzw. Aufklä-
        rungspflicht vorliegt, besteht auch keine Hinweispflicht, dass eine Aufklärung nicht
        möglich war. Im Gegenteil: Mit einem solchen Hinweis ohne begründeten „Anfangs-
        verdacht“ würde der Zuschauer ebenso in die Irre geführt wie bei nicht gekennzeich-
        neten Platzierungen, indem ihm nämlich (nicht vorhandene) Einflussnahmen Dritter
        suggeriert werden.

Im Rahmen der vorliegenden Expertise werden drei Fragen zu Produktplatzierungen in
Fremdproduktionen beantwortet, die sich unmittelbar aus der skizzierten Rechtslage ableiten
lassen:
     1. Wurden im Untersuchungszeitraum Fremdproduktionen ausgestrahlt, die mit dem
        „P“-Logo gekennzeichnet sind?


54
     So gleichlautend Ziff. 9.5 WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF und Ziff. 4 Nr. 10 WerbeRL Fernsehen der Lan-
     desmedienanstalten.
55
     Beispielsweise: „Diese Sendung könnte Produktplatzierung enthalten.“ Vgl. Ziff. 9.5 WerbeRL
     ARD/WerbeRL ZDF. In Ziff. 4 Nr. 10 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten ist diese Hinweis-
     pflicht demgegenüber nur allgemein formuliert: „Der Hinweis hat im Zusammenhang mit der Sendung
     und/oder mit Programmankündigungen zur Sendung im Videotext oder anderen Medien zu erfolgen.“




                                                                                                   34
Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung


     2. Gibt es Fälle von Produktplatzierungen in Fremdproduktionen, die nicht gekennzeich-
        net sind?

     3. Gibt es im Zusammenhang mit möglichen Produktplatzierungen in Fremdproduktio-
        nen Hinweise im Videotext der Sender oder anderen Medien?

Um diese Fragestellung beantworten zu können, wurden im März 2011 neben den fremdpro-
duzierten Sendungen, die in den beiden künstlichen Wochen der Stichprobe der generellen
Programmsichtung ausgestrahlt wurden, zusätzlich je zwei Folgen ausgewählter Fremdpro-
duktionen visioniert, die nach dem 19. Dezember 2009 produziert wurden.56

Mit dem „P“-Logo gekennzeichnete Fremdproduktionen
Im Rahmen der Programmbeobachtung wurde lediglich eine mit dem „P“-Logo gekennzeich-
nete Fremdproduktion identifiziert. Dabei handelt es sich um die Live-Übertragung des Neu-
jahrskonzerts der Wiener Philharmoniker am 1. Januar 2011 im ZDF.

Während der Pause des Konzerts wurde ein mit dem Titel „The Vienna Philharmonics on
Tour“ bezeichneter Beitrag ausgestrahlt, der bildlich und musikalisch Eindrücke einer Kon-
zertreise des Orchesters vermittelt, die dieses auf einem deutschen Kreuzfahrtschiff (TUI
Cruises „Mein Schiff“) auf der Ostsee zu verschiedenen europäischen Großstädten unter-
nommen hat. Dabei vermitteln nicht nur die Szenen, welche die Philharmoniker bei ihren un-
terschiedlichen Auftritten zeigen, die Anmutung eines Imagefilms. Auffällig wird auch das
Kreuzfahrtschiff mit seinem Ambiente und seinen Angeboten bildlich und atmosphärisch in
Szene gesetzt, ebenso die angefahrenen Hafenstädte, wodurch insgesamt ein nicht unerhebli-
cher Werbeeffekt für die von dem Betreiber angebotene Baltikum-Kreuzfahrt erzeugt wird.
Dementsprechend kommt die Süddeutsche Zeitung zu dem Schluss: „Was das ZDF da am
Neujahrsmittag zeigte, wirkte wie ein knapp halbstündiger Werbefilm, ein Spot mit riesigen
Eisskulpturen, prächtigen Buffets, untermalt von ein bisschen klassischer Musik.“57 Die Form
der Darstellung liefert ein Indiz für das die Produktplatzierung kennzeichnende Ziel der Ab-
satzförderung (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV).

Da es sich bei der Konzertübertragung um eine Produktion des ORF und damit aus Sicht des
ZDF um eine Fremdproduktion handelt und somit keine Sendungsform vorliegt, für die – be-
zogen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – Produktplatzierung ausgeschlossen ist (§ 15
Satz 1 Nr. 1 RStV), durfte das ZDF die Sendung dennoch übernehmen, sofern die Anforde-
rungen an eine zulässige Produktplatzierung ansonsten eingehalten werden. Hierzu gehören
insbesondere die Beachtung der erforderlichen Kennzeichnungspflichten (§ 7 Abs. 7 Satz 3
RStV) und das Verbot des werblichen Übermaßes (§ 7 Abs. 7 Satz 1 Nrn. 2 und 3 RStV).

Die Kennzeichnung der Sendung mit Produktplatzierung – sie erfolgt am Anfang und am En-
de der Live-Übertragung des Neujahrskonzerts – ist korrekt. Die Szenen, in denen das Kreuz-

56
     Dabei handelt es sich um die Sendungen „CSI Miami“, „Law & Order“, „CSI – Den Tätern auf der Spur”
     (alle RTL), „Navy CIS“, „The Mentalist“ (beide Sat.1), „Fringe – Grenzfälle des FBI“, „Desperate House-
     wifes“, „Vampire Diaries“, „Private Practice“, „Two and a Half Men“, „Grey’s Anatomy“ (alle ProSieben),
     „Stargate Universe“ (RTL2), „Good Wife“ (kabeleins), „The Closer“ (VOX).
57
     Riehl (2011), S. 15.



                                                                                                         35
Gutachten Product Placement 2011
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  • 1. Die Regelungen zur Produktplatzierung im Rundfunkstaatsvertrag und in den Gemeinsamen Werberichtlinien der Landesme- dienanstalten und ihre Umsetzung im TV. Eine Bestandsaufnahme und erste Einordnung Institut für Medienforschung • Göttingen & Köln Mai 2011
  • 2. Auftraggeber Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedien- anstalten (ZAK) Durchführung Institut für Medienforschung IM•GÖ Düstere Str. 20, 37073 Göttingen Spichernstraße 36, 50672 Köln Projektleitung Prof. Dr. Helmut Volpers Projektmitarbeit Uli Bernhard, M.A. Dr. Elisabeth Clausen-Muradian Bericht Helmut Volpers, Uli Bernhard, Elisabeth Clausen-Muradian Göttingen, 23.05.2011
  • 3. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Inhaltsverzeichnis Inhalt 1 Einleitung .............................................................................................................. 2 1.1 Problemstellung und Zielsetzung ........................................................................2 1.2 Vorgehensweise .................................................................................................3 1.3 Begriffsklärungen zum Regelgerüst ....................................................................6 1.4 Produktdarstellungen in TV-Sendungen, die nicht durch die neue Regelung erfasst sind........................................................................................................12 2 Die Entwicklung von Produktplatzierungen im Deutschen Fernsehen im ersten Jahr nach der Liberalisierung................................................................ 14 3 Ergebnisse der Programmbeobachtung.......................................................... 17 3.1 Produktplatzierungen in der Programmpraxis – Überblick ................................17 3.2 Die inhaltlich-dramaturgische Einbindung der Produktplatzierung in die Sendung ...........................................................................................................20 3.3 Kennzeichnung von Produktplatzierungen........................................................26 3.4 Kennzeichnung von Gewinnspielpartnern.........................................................32 3.5 Kennzeichnung von Produktplatzierungen bei Fremdproduktionen ..................33 3.6 Kennzeichnung von Produktionshilfen ..............................................................40 3.7 Ausstatterhinweise............................................................................................50 3.8 „Grenzfälle“ .......................................................................................................55 4 Die Programmpraxis im Kontext der rechtlichen Rahmenbedingungen – eine Einschätzung des gegenwärtigen Regelungskonzepts ........................... 64 5 Zusammenfassung und Fazit ............................................................................ 68 6 Literatur.............................................................................................................. 72 Anhang: • Leitfragen der ZAK zur Durchführung der Bestandsaufnahme und deren Beantwortung (synoptische Darstellung) • Liste der visionierten Fernsehsender 1
  • 4. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung 1 Einleitung 1.1 Problemstellung und Zielsetzung Der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) in der Fassung des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages (RÄStV) ist zum 1. April 2010 in Kraft getreten. Er setzt die Regelungen der Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste) zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (Fernsehrichtlinie) in nationales Recht um. Eine der wesent- lichsten Änderungen der Novelle besteht darin, dass nunmehr im Programm privater Fernseh- veranstalter unter bestimmten Bedingungen Produktplatzierungen zulässig sind. In den §§ 2, 7, 15 und 44 enthält der 13. RÄStV erstmals Regelungen zur Produktplatzierung, die ihrer- seits – soweit sie die Programmangebote der privaten Rundfunkveranstalter betreffen – in den von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) am 23. Februar 2010 be- schlossenen Gemeinsamen Werberichtlinien der Landesmedienanstalten in den Ziffern 1 und 4 konkretisiert worden sind. Erkennbare Markenprodukte waren bereits vor der letzten Novelle des RStV in deutschen Fernsehprogrammen in verschiedenen Sendungskontexten vorhanden. Zum großen Teil han- delte es sich hierbei um zulässige, da unvermeidbare Darstellungen von Produkten, Marken und Dienstleistungen. Bezahlte Produktplatzierungen waren hingegen bis zum 13. RÄStV unzulässig. Die nunmehr vorgenommene Liberalisierung dieser Regelung bedeutet für das deutsche Rundfunkrecht einen Paradigmenwechsel: ► Deutlich erkennbare Produkte, die gegen Entgelt mit der Absicht, werbliche Wirkung zu entfalten, implementiert werden, sind jetzt – unter bestimmten Voraussetzungen – zuläs- sig. Allerdings formulierte der Gesetzgeber für diese zulässigen Fälle von Produktplatzierungen Grenzen bzw. knüpft Bedingungen daran. Die wesentlichen Regelungen betreffen zum einen eine Begrenzung auf bestimmte Programmformate und zum anderen eine explizite Kenn- zeichnung der Sendungen, in denen Produktplatzierungen enthalten sind. Die vorliegende Expertise liefert eine Bestandsaufnahme der Programmpraxis im ersten Jahr seit Bestehen des 13. RÄStV und eine Überprüfung, ob und inwieweit die Normkonkretisie- rung durch die Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten (WerbeRL) die gebo- tene Berücksichtigung findet. Hierfür wurde vom Oktober 2010 bis zum April 2011 eine in- tensive Visionierung ausgewählter Fernsehsender und Programmstrecken vorgenommen, um Produktplatzierungen zu identifizieren.1 Die aus der Programmbeobachtung resultierenden Funde wurden vor dem Hintergrund der bestehenden Werberichtlinien analysiert. Im Kern ging es hierbei darum zu prüfen, ob und inwieweit die im 13. RÄStV genannten Regelungen für die Zulässigkeit von Produktplatzie- 1 Die Vorgehensweise bei der Programmbeobachtung wird im Kapitel 1.2 detailliert dargelegt. 2
  • 5. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung rungen eingehalten werden, wo dies (möglicherweise systematisch) nicht geschieht und wo sich ggf. Grauzonen zeigen. Die Regelungsdichte, die sich aus den Bestimmungen des 13. RÄStV und den entsprechenden Normkonkretisierungen der Landesmedienanstalten und öf- fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ergibt, stellt für die Veranstalter relativ hohe Anforde- rungen in Bezug auf die Fallkonstellationen, in denen Produktplatzierungen möglich sind und wie sie dramaturgisch zu behandeln sind. Ob ein Produkt redaktionell gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt ist und ob einem Produkt im Sendungsverlauf eine (zu) auffällige Stellung eingeräumt wird, wirft definitorische Fragen auf. Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Exper- tise, die Produktionspraxis – vor dem Hintergrund der Werberichtlinien – kritisch zu durch- leuchten. Des Weiteren wird die Einhaltung der unterschiedlichen Kennzeichnungspflichten überprüft. Anhand von Fallbeispielen erfolgt eine Problematisierung der Sendepraxis bzw. des Regelungsgerüsts. 1.2 Vorgehensweise Um die einleitend dargelegte Forschungsfrage der vorliegenden Expertise beantworten zu können, war es zunächst notwendig, Programmsequenzen mit Produktplatzierungen zu ermit- teln und aus dem Gesamtprogramm zu extrahieren. Aus forschungsökonomischen Gründen war eine komplette Visionierung aller in Deutschland lizenzierten privaten und öffentlich- rechtlichen Fernsehprogramme über den gesamten Erhebungszeitraum nicht realisierbar. Den- noch sollte die Expertise auf einer breiten Erhebungsbasis „aufsetzen“, die es ermöglicht, die Formvarianten der im Beobachtungszeitraum im deutschen Fernsehen eingesetzten Produkt- platzierungen umfänglich zu erfassen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden für das Visionie- rungskonzept der TV-Programme methodisch zwei Zugänge gewählt: 1. Die komplette Aufzeichnung und Visionierung von zwei künstlichen Programmwochen ausgewählter Fernsehprogramme innerhalb des Erhebungszeitraums. 2. Eine systematische Suche nach Fallbeispielen aufgrund von Vorinformationen über Sen- dungen und Formate, die aus einer umfangreichen Exploration resultierten. Die beiden beschriebenen Zugänge zu Programmangeboten mit Produktplatzierungen ge- währleisteten jeweils unterschiedliche Funde, so dass durch die Kombination ein verlässliches Abbild der Produktionspraxis in Bezug auf Produktplatzierungen und Produktionshilfen si- chergestellt war: Im ersten Fall wurde anhand eines Programmvolumens von rund 5.000 Stunden grundsätzlich das Vorhandensein von Produktplatzierungen und Produktionshilfen in allen Formaten ge- prüft. Hierbei konnten ggf. auch solche Produktplatzierungen identifiziert werden, die unzu- lässig sind (z.B. in Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen) oder unzulässige Themenplatzierungen im Sinne des § 7 Abs. 7 Satz 1 RStV. Die Stichprobe wurde innerhalb zweier Untersuchungszeiträume gezogen. Für jeden ausgewählten Fernsehsender2 wurde eine erste künstliche Woche aus dem Zeitraum zwischen dem 1. November 2010 und dem 15. Ja- nuar 2011 aufgezeichnet und visioniert. Da sich abzeichnete, dass die Möglichkeit legaler Produktplatzierungen von der Branche zunächst zögerlich angenommen wurde3, fand die Er- 2 Vgl. die Liste der ausgewählten Fernsehsender im Anhang. 3 Vgl. dazu auch Kapitel 2. 3
  • 6. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung hebung einer zweiten künstlichen Woche in einem späteren Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 15. April 2011 statt. Bei der Sichtung dieser kompletten Aufzeichnung der gesamten Programmstrecke zweier künstlicher Wochen ging es zunächst darum, diejenigen Programm- bestandteile, die im Sinne der Fragestellung nicht relevant sind, herauszufiltern. Zu den nicht visionierten Programmstrecken zählen z.B. Spielfilme mit dem Produktionsjahr vor 2009, Sport-Live-Übertragungen und Werbeblöcke. Diejenigen Programmstrecken, die im Sinne der Leitfragen des Ausschreibungstextes von Bedeutung waren, wurden zunächst auf das Vor- handensein von Produktplatzierungen geprüft. Lagen solche vor, wurden die entsprechenden Sequenzen aus dem Gesamtuntersuchungsmaterial extrahiert und für die anschließenden Ana- lyseschritte (Systematisierung, Bewertung etc.) bereitgestellt. Im zweiten Fall erfolgte eine anlassbezogene Visionierung derjenigen Formate und Sendun- gen, die besonders affin für Produktplatzierungen und Produktionshilfen erschienen. Um sol- che Sendungen, in denen Platzierungen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren, zu bestimmen, erfolgte bereits vor dem Zeitraum der eigentlichen Bestandsaufnahme eine explorativ angelegte Recherche und Auswertung der Literatur zur Produktplatzierung im Fernsehen nach der Liberalisierung durch den 13. RÄStV.4 Diese „Desktop Research“ begann bereits vor der Phase der eigentlichen Bestandsaufnahme und wurde während der gesamten Laufzeit des Forschungsprojektes fortgesetzt, so dass eine effektive Lenkung der systemati- schen Programmbeobachtung kontinuierlich gewährleistet war. Auf der Grundlage der festge- stellten Indikatoren für Produktplatzierungen in spezifischen Sendungen und Formaten erfolg- te eine gezielte Aufzeichnung und Visionierung entsprechender Programmstrecken. Dabei entfiel der o.g. Prozess der Abstrahierung und der umfassenden Visionierung und es wurde sofort gezielt nach bestimmten bzw. aufgrund der Kontextinformationen zu erwartenden Pro- duktplatzierungen gesucht. Für die „verdächtigen“ Sendungen wurden zudem Teletext und Websites in Bezug auf Kontextinformationen zu Produktplatzierungen gesichtet. Die systema- tische Suche nach Fallbeispielen umfasste – im Gegensatz zum ersten Feldzugang der voll- ständigen Beobachtung zweier künstlicher Wochen bei ausgewählten Fernsehsendern – alle Programme im deutschen Fernsehen, soweit sie im Sinne der Fragestellung von Bedeutung sind.5 Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Stichprobenkonzeption: 4 Dies umfasste u.a. Statements, Diskussionen, Ankündigungen, Brancheninterna sowie Marktbeobachtung in der Fachpresse (z.B. HORIZONT und W&V) sowie diverse Websites aus dem Umfeld der Werbebranche (z.B. www.brandedentertainmentonline.de und www.productplacement.de) bzw. der Werbevermarkter (z.B. www.sevenonemedia.de und www.elcartelmedia.de). 5 Dies gilt nicht für Bürger- bzw. Hochschulfernsehen und Teleshopping-Kanäle. Ausgeschlossen wurden auch Programmangebote des Pay-TV. 4
  • 7. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung Stichprobenkonzeption P1 Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Stichprobe I komplette Aufzeichnung P2 Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So ausgewählter Programme: je zwei künstliche Wochen (ca. 5.000 Programmstunden) P20 Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So 1. November 15. Dezember 1. März 15. April P1 Sendung 1 Sendung 2 … Sendung n Stichprobe II Exploration liefert P2 Sendung 1 Sendung 2 … Sendung n anlassbezogene Aufzeichnung Indikatoren für (hier auch Sichtung von Produkt- Teletext und Websites) platzierungen Pn Sendung 1 Sendung 2 … Sendung n Juli 2010 April 2011 1. Oktober 15. April P = Programm Das Ergebnis der oben skizzierten Arbeitsschritte war eine Sammlung von Fallbeispielen mit Programmsegmenten, die Produktplatzierungen enthalten. Im nächsten Analyseschritt ging es darum, diese Fallbeispiele zu kategorisieren, zu systematisieren und zu typologisieren. Hier- bei wurde insbesondere der Umfang von Produktplatzierungen bezogen auf Programme, Formate und Sendungen ermittelt. Dabei wurde zunächst nicht unterschieden zwischen zuläs- sigen und ggf. unzulässigen, gekennzeichneten und ggf. nicht gekennzeichneten Produktplat- zierungen. Vor dem Hintergrund der empirischen Erfassung und Deskription der Fernsehpraxis erfolgte schließlich eine Überprüfung der Normkonformität und Bewertung, inwieweit die Regelungs- konzeptionen in der Praxis „greifen“. 5
  • 8. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung 1.3 Begriffsklärungen zum Regelgerüst Im Kapitel 3 werden die Funde aus der Programmpraxis, bei denen es sich tatsächlich oder vermeintlich um Produktplatzierungen handelt, systematisch vorgestellt und im Hinblick auf ihre Konformität zum Regelungsgerüst überprüft. Da hierbei stets auf den rechtlichen Rah- men rekurriert werden muss, wird nachfolgend eine kurze Bestandsaufnahme der für Pro- duktplatzierungen maßgeblichen Regelungen vorgenommen. Schematische Regelungsübersicht Das Darstellen von gewerblichen Waren oder deren Herstellern, von Dienstleistungen oder deren Anbietern außerhalb von Werbesendungen ist zulässig, wenn es aus überwiegend programmlich- dramaturgischen Gründen, insbesondere zur Darstellung der realen Umwelt, sowie zur Wahr- nehmung von Informationspflichten erfolgt (Ziff. 4 Nr. 1 WerbeRL Fernsehen; ähnlich lautend Ziff. 8.3 WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF). Dieser Grundsatz folgt aus dem Recht der Programm- freiheit als Kerngehalt der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG).6 Demgegenüber sind Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken unzulässig (§ 7 Abs. 7 Satz 1 RStV). • Schleichwerbung ist die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistun- gen in Sendungen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbeson- dere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Ge- genleistung erfolgt (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV). • Produktplatzierung ist die gekennzeichnete Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienst- leistungen, Namen, Marken, Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der Absatzförderung. Die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen ist Produktplatzierung, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV). • Themenplatzierung definiert der Rundfunkstaatsvertrag nicht. Nach Ziff. 1 Abs. 3 WerbeRL Fernsehen ist Themenplatzierung die Programmintegration werblicher Aussagen bezüglich be- stimmter Produkt- oder Dienstleistungsgattungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleis- tung mit dem Ziel der Absatzförderung. Während Schleichwerbung und Themenplatzierung generell unzulässig sind, erlaubt der Rund- funkstaatsvertrag für Produktplatzierung Ausnahmen (§ 7 Abs. 7, §§ 15, 44 RStV7). 6 Vgl. BVerfGE 59, 231 (258); 87, 181 (201); 89, 144. 7 Der § 7 Abs. 7 und die §§ 15 und 44 gelten nicht für Sendungen, die vor dem 19. Dezember 2009 produ- ziert wurden (§ 63 RStV). 6
  • 9. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung A) Für öffentlich-rechtliche und private Programme § 7 Abs. 7 RStV Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzuläs- sig. Soweit in den §§ 15 und 44 Ausnahmen zugelassen sind, muss Produktplatzierung folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz müs- sen unbeeinträchtigt bleiben, 2. die Produktplatzierung darf nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleistungen auffordern, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise auf diese Waren oder Dienstleistungen, und 3. das Produkt darf nicht zu stark herausgestellt werden; dies gilt auch für kostenlos zur Verfü- gung gestellte geringwertige Güter. Auf eine Produktplatzierung ist eindeutig hinzuweisen. Sie ist zu Beginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung oder im Hörfunk durch ei- nen gleichwertigen Hinweis angemessen zu kennzeichnen. Die Kennzeichnungspflicht entfällt für Sendungen, die nicht vom Veranstalter selbst oder von einem mit dem Veranstalter verbundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben worden sind, wenn nicht mit zumutbarem Auf- wand ermittelbar ist, ob Produktplatzierung enthalten ist; hierauf ist hinzuweisen. Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und die Landesmedienanstalten le- gen eine einheitliche Kennzeichnung fest. 7
  • 10. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung B) Für öffentlich-rechtliche Programme C) Für private Programme § 15 RStV § 44 RStV Abweichend von § 7 Abs. 7 Satz 1 ist Produkt- Abweichend von § 7 Abs. 7 Satz 1 ist Pro- platzierung im Rundfunk zulässig duktplatzierung im Rundfunk zulässig 1. in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sport- 1. in Kinofilmen, Filmen und Serien, sendungen und Sendungen der leichten Un- Sportsendungen und Sendungen der leich- terhaltung, die nicht vom Veranstalter selbst ten Unterhaltung, sofern es sich nicht um oder von einem mit dem Veranstalter ver- Sendungen für Kinder handelt, oder bundenen Unternehmen produziert oder in 2. wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern Auftrag gegeben wurden, sofern es sich lediglich bestimmte Waren oder Dienst- nicht um Sendungen für Kinder handelt, leistungen, wie Produktionshilfen und oder Preise, im Hinblick auf ihre Einbeziehung 2. wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern in eine Sendung kostenlos bereitgestellt lediglich bestimmte Waren oder Dienstleis- werden, sofern es sich nicht um Nachrich- tungen, wie Produktionshilfen und Preise, ten, Sendungen zum politischen Zeitge- im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine schehen, Ratgeber- und Verbrauchersen- Sendung kostenlos bereitgestellt werden, so- dungen, Sendungen für Kinder oder Über- fern es sich nicht um Nachrichten, Sendun- tragungen von Gottesdiensten handelt. gen zum politischen Zeitgeschehen, Ratge- Keine Sendungen der leichten Unterhaltung ber- und Verbrauchersendungen, Sendungen sind insbesondere Sendungen, die neben un- für Kinder oder Übertragungen von Gottes- terhaltenden Elementen im Wesentlichen in- diensten handelt. formierenden Charakter haben, Verbraucher- Keine Sendungen der leichten Unterhaltung sendungen und Ratgebersendungen mit Un- sind insbesondere Sendungen, die neben unter- terhaltungselementen sowie Sendungen in haltenden Elementen im Wesentlichen infor- Regionalfensterprogrammen und Fensterpro- mierenden Charakter haben, Verbrauchersen- grammen nach § 31. dungen und Ratgebersendungen mit Unterhal- tungselementen. 8
  • 11. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung Themenplatzierung Themenplatzierung definieren die WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten8 in Ziff. 1 Abs. 3 als „Programmintegration werblicher Aussagen bezüglich bestimmter Produkt- oder Dienstleistungsgattungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der Absatzförderung“. Sie umschreiben damit das, was in der Werbebranche allgemein unter „Generic Placement“ verstanden wird. Im Vergleich dazu beschreibt der Deutsche Journalisten-Verband9 Themenplatzierung als einen „Unterfall der Produktplatzierung“, bei der „durch Einsatz von Entgelt, noch häufiger aber durch den Einsatz anderer Mittel versucht“ werde, „eine für bestimmte Waren, Dienst- leistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten günstige Berichterstattung zu erreichen und die lancierten Themen durch Medien zu transportieren“. Auch diese Definition könnte ein „Gene- ric Placement“ meinen, lässt sich aber auch so deuten, dass hierunter vornehmlich verbale thematische Platzierungen verstanden werden, die auf konkrete Produkte, Dienstleistungen etc. Bezug nehmen oder Rückschlüsse auf Einzelanbieter/-angebote zulassen (im Unterschied zu den WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten wird hier nicht von „-gattungen“ ge- sprochen). Insofern wäre die hier vorgenommene Einordnung der Themenplatzierung als Un- terfall der Produktplatzierung verständlich. „Themenplatzierung“ im Sinne des Rundfunk- staatsvertrages ist dies aber nicht, da der RStV die optische („Darstellung“) und verbale („Er- wähnung“) Herausstellung unter den Begriff der „Produktplatzierung“ fasst, wenn sie sich auf Produkte, Dienstleistungen etc. eines bestimmten Anbieters bezieht bzw. auf einen solchen schließen lässt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV). In eine generellere Richtung geht der Versuch einer Begriffsbestimmung, die J. Müller-Rüster aus einer Zusammenschau unterschiedlicher Quellen als „die im Interesse und Auftrag eines Dritten gegen eine Leistung erfolgende, zielgerichtete Implementierung von handlungsbe- stimmenden Themen in den dramaturgischen Verlauf eines Fernsehprogramms“ beschreibt.10 Themenplatzierung sei von Produktplatzierung zu unterscheiden, da bei ersterer nur allgemei- ne Aussagen getroffen würden. In der Literatur würden Themenplatzierungen „in der rund- funkrechtlichen ‚Grauzone‘ zwischen unzulässiger Schleichwerbung, erlaubtem Sponsoring und teilweise zulässiger ideeller Werbung verortet“. Diese Umschreibung ist sehr allgemein, weshalb sie sich noch weniger für eine klare Abgrenzung zwischen Produktplatzierung auf der einen und Themenplatzierung auf der anderen Seite eignet, wonach der RStV aber eindeu- tig unterscheidet, wenn er Produktplatzierung unter bestimmten Voraussetzungen zulässt, Themenplatzierung aber generell nicht. Aus der Gesamtschau dieser Versuche einer Begriffsdeutung lässt sich aber entnehmen, dass Themenplatzierung nicht als ein Unterfall der Produktplatzierung angesehen werden kann, sondern dass Produkt- und Themenplatzierung beide einen Unterfall von Schleichwerbung darstellen, wobei die Platzierung von Themen weiter reichend in die redaktionelle Gestal- 8 Die WerbRL von ARD und ZDF enthalten keine Begriffsbestimmung. 9 DJV-Stellungnahme zur Umsetzung der Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 11.12.2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG – Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL); veröffentlicht unter www.djv.de 10 Müller-Rüster (2010), S. 25 (mit weiteren Nachweisen). 9
  • 12. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung tungsfreiheit der Programmveranstalter eingreift als die Platzierung von Produkten (Waren, Dienstleistungen etc.), nämlich soweit, dass sie Auswahl und Inhalte nicht nur beeinflusst, sondern weitgehend bestimmt. Zugleich kommen thematische Platzierungen unterschwelliger daher als Platzierungen von konkreten Einzelangeboten, da sie innerhalb des redaktionellen Programms von den Zuschauern noch schwieriger als werblich veranlasst wahrgenommen werden können. Insoweit ist die Regelung des RStV, Themenplatzierung im Unterscheid zur Produktplatzie- rung generell zu verbieten, logisch und konsequent. Formal lassen sich Themenplatzierung und Produktplatzierung unter Berücksichtigung der vorgenannten Deutungen nach dem Verständnis des Rundfunkstaatsvertrages im Wesentli- chen wie folgt abgrenzen: • Handelt es sich um die gezielte (optische und/oder verbale) Vermittlung eines positiven Images für Produkt- oder Dienstleistungsgattungen, fällt dies unter den Begriff der The- menplatzierung. • Handelt es sich um die gezielte (optische und/oder verbale) Vermittlung eines positiven Images für bestimmte oder bestimmbare konkrete Produkte, Dienstleistungen etc., fällt dies unter den Begriff der Produktplatzierung. Fallen Produkt- und Themenplatzierung zusammen (d.h. wird beispielsweise eine bestimmte Produktgattung besonders thematisiert und gleichzeitig ein konkretes Produkt dieser Gattung oder dessen Hersteller herausgestellt), wird die Präsentation in ihrer Gesamtheit als Produkt- platzierung zu werten sein, da in diesem Falle die gattungsbezogene Thematisierung lediglich die Herausstellung des platzierten Produktes unterstreicht bzw. verstärkt, ihr hier aber neben der Produktplatzierung keine eigenständige Bedeutung zukommt. Allerdings kann die zusätz- liche gattungsbezogene Thematisierung und die damit verbundene Erhöhung der Werbewir- kung dazu führen, dass die Präsentation des Produktes auch dann, wenn sie entsprechend den Vorgaben für die (zulässige) Produktplatzierung gekennzeichnet ist, wegen der besonderen werblichen Herausstellung unzulässig ist. Bei nicht gekennzeichneter Präsentation wird das Zusammentreffen von Produkt- und Themenplatzierung, wenn sie sich auf dieselben oder verbundene Produkte/Produktgattungen bzw. Dienstleistungen/Dienst-leistungsgattungen beziehen, im Regelfall als ein klares Indiz für Schleichwerbung auszumachen sein. Produktplatzierung in öffentlich-rechtlichen Programmen Öffentlich-rechtliche Programme dürfen Produktplatzierung nur enthalten in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung, die nicht von der Rundfunkanstalt selbst oder von einem mit ihr verbundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben wurden. Es muss sich also um reine Fremdproduktionen handeln, auf die der öffentlich-rechtliche Veranstalter keinen Einfluss hat. Generell ausgenommen sind Kin- dersendungen. Hier ist also Produktplatzierung auch nicht erlaubt, wenn es sich um eine Fremdproduktion handeln würde (§ 15 Nr. 1 RStV). Bei Eigen- und Auftragsproduktionen ist Produktplatzierung für öffentlich-rechtliche Pro- grammanbieter nur bei unentgeltlicher Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen erlaubt, sofern es sich nicht um Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Rat- geber- und Verbrauchersendungen, Sendungen für Kinder oder Übertragungen von Gottes- 10
  • 13. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung diensten handelt (§ 15 Nr. 2 RStV). Wobei hier zu beachten ist, dass die unentgeltliche Be- reitstellung von Produkten und Dienstleistungen überhaupt erst dann Produktplatzierung i.S. des RStV ist, wenn die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV). Dies ist sie nach den WerbeRL ARD/ZDF (jeweils Ziff. 9.1.), wenn sie 1% der Programmaufwendungen und den Betrag von 1.000,- Euro überschreitet. Mit anderen Worten: Unentgeltliche Produktionshilfen, die unterhalb dieser Werte liegen, sind keine Produktplatzierung und im Rahmen der redaktionellen Verantwortung unbe- schränkt zulässig. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen somit das Vorhan- densein kostenloser Beistellungen nur kennzeichnen, wenn sie erheblichen Wert haben (über 1.000,- Euro und 1% der Produktionskosten). Eine Kennzeichnungspflicht besteht zudem bei Fremdproduktionen, die Produktplatzierungen enthalten. Produktplatzierung in Fremdproduktionen Gemäß § 7 Abs. 7 Satz 3 RStV ist auf eine Produktplatzierung eindeutig hinzuweisen. Dies gilt für Eigen- und Auftragsproduktionen sowie grundsätzlich auch für Fremdproduktionen (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 5 RStV). Auch in Fremdproduktionen ist daher grundsätzlich das Vor- handensein von Produktplatzierungen zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung muss zu Beginn und zum Ende der Sendung sowie bei ihrer Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung er- folgen und angemessen sein (§ 7 Abs. 7 Satz 4 RStV). „Angemessen“ ist die Kennzeichnung, wenn sie für die Dauer von mindestens 3 Sekunden die Abkürzung „P“ und die Einblendung eines erläuternden Hinweises (z.B. „enthält Produktplatzierung“, „unterstützt durch Produkt- platzierung“; bei unentgeltlicher Produktplatzierung, d.h. Produktionshilfe „von bedeutendem Wert“ auch „unterstützt durch Produktionshilfe“) enthält (vgl. Ziff. 9.4. WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF; Ziff. 4 Nr. 7 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten). Allerdings ist es für die Veranstalter bei Fremdproduktionen nicht unbedingt ohne Weiteres erkennbar, ob die Produktion Produktplatzierungen enthält. Für diesen Fall sieht der RStV in § 7 Abs. 7 Satz 5 ebenfalls Regelungen vor, die in Kap. 3.5 näher erläutert werden. Sendungen, die vor dem 19.12.2009 produziert wurden Auf Sendungen, die vor dem 19.12.2009 produziert worden sind, finden die Regelungen zur Produktplatzierung gemäß der Übergangsbestimmung des § 63 RStV keine Anwendung. Dies betrifft sowohl die grundsätzliche Zulässigkeit von Produktplatzierungen als auch die Ver- pflichtung zur Kennzeichnung.11 Das heißt, diese Sendungen sind allein nach der Rechtslage zu beurteilen, die vor dem Inkrafttreten des 13. RÄStV bestand. Hiernach galt das Verbot von Schleichwerbung uneingeschränkt.12 Ausnahmeregelungen zur Produktplatzierung gab es nicht. Das bedeutet, eine Produktplatzierung, die nach der alten Rechtslage den Tatbestand der Schleichwerbung erfüllt, ist bei Produktionen, die vor dem 19.12.2009 entstanden sind, 11 So die Amtliche Begründung zu § 63 RStV, die sich hier auch auf die entsprechende Übergangsregelung in Art. 3g Abs. 4 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) beruft. 12 Nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV (alte Fassung) ist Schleichwerbung „die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbrin- gers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorge- sehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsich- tigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt“. 11
  • 14. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung auch heute allein nach diesen Kriterien zu beurteilen. Sie kann nicht durch eine Kennzeich- nung nach den neuen Regelungen zur Produktplatzierung nachträglich „zulässig“ gemacht werden. In diesem Fall kann der Veranstalter eine Altproduktion nur in einer um die unzuläs- sigen Platzierungen bereinigten Fassung erneut ausstrahlen. Kennzeichnung von Produktionshilfen mit geringfügigem Wert Auch Produktionshilfen mit geringfügigem Wert sind zu kennzeichnen, wenn sie gegen Ent- gelt oder eine ähnliche Gegenleistung zur Verfügung gestellt wurden. Allein bei der unent- geltlichen Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen entfällt die Kennzeichnungs- pflicht, wenn die betreffende Ware oder Dienstleistung nur von geringfügigem Wert ist (wenn sie also 1% der Produktionsaufwendungen und den Betrag von 1.000,- Euro nicht überschrei- tet; vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV i.V.m. Ziff. 1 Abs. 2 Nr. 2 WerbeRL Fernsehen/Ziff. 9.1. WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF). In diesem Fall handelt es sich dann nämlich nicht um Produktplatzierung, dementsprechend besteht auch keine Kennzeichnungspflicht. 1.4 Produktdarstellungen in TV-Sendungen, die nicht durch die neue Rege- lung erfasst sind Im deutschen Fernsehen gehören Produktplatzierungen zu den ältesten werblichen Erschei- nungsformen. Bereits im Jahr 1956 – noch vor der Einführung des Werbefernsehens (1955) – wurden Produktplatzierungen in Sportsendungen beobachtet.13 Im deutschen Rundfunkrecht existierte bis zum 13. RÄStV keine Legaldefinition für „Product Placement“ bzw. „Produkt- platzierung“. Die mannigfachen Erscheinungsformen von Produkten, Firmenlogos, Marken- namen und Dienstleistungsunternehmen, die im Kontext von Fernsehsendungen erkennbar sind, wurden überwiegend als unvermeidbar angesehen. Fälle von gezielter und bezahlter Produktplatzierung innerhalb von Fernsehsendungen wurden hingegen als Schleichwerbung gewertet. Eine dritte Gruppe von Produktplatzierungen – die vermeidbare, aber unbezahlte – wurde in der Regel toleriert. Die Regelungen des 13. RÄStV beziehen sich nur auf vermeid- bare und bezahlte Produktplatzierungen sowie Produktionsbeihilfen von besonderem Wert. Im letzteren Fall entsteht aufgrund des geldwerten Vorteils ebenfalls eine „Bezahlung“, so dass vereinfacht gefolgert werden kann: ► Der RStV definiert Produktplatzierungen als vermeidbare und bezahlte Implementierung von Produkten, Marken und Firmendarstellungen in Fernsehsendungen. Mit dieser Definition wird allerdings ein Großteil der im Fernsehen sichtbaren Produkte, Marken und Firmen nicht erfasst. Hierbei handelt es sich um 1. unvermeidbares und unbezahltes Placement sowie 2. vermeidbare und unbezahlte Produktplatzierung. Der Typ 1, die unvermeidbare und unbezahlte Darstellung von Produkten, liegt auf den ersten Blick außerhalb der Einflussnahme der Rundfunkveranstalter. In der gesellschaftlichen Reali- tät nehmen Konsumgüter einen immer größeren Stellenwert ein, so dass eine realitätsnahe 13 Vgl. Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 96. 12
  • 15. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung Darstellung der „Wirklichkeit“ ohne die Darstellung von Produkten in vielen Formaten kaum möglich sein dürfte. Hiervon sind gerade solche Formate betroffen, in denen bezahlte Pro- duktplatzierungen auch nach der neuen Rechtslage unzulässig sind, wie Informations- und Verbrauchersendungen. Der Typ 2, die vermeidbare und unbezahlte Platzierung von Produkten, ist ebenfalls Reflex auf die Bedeutung von Produkten für das Berichterstattungsgeschehen. So ist z.B. der Hin- weis auf und die optische Präsenz des neuen Buchs oder der neuen CD eines Künstlers grund- sätzlich vermeidbar, ist aber im Kontext einer Kultursendung plausibel und trotz der werbli- chen Wirksamkeit, die sie entfalten mag, zulässig. Nur die vermeidbare und bezahlte Produktplatzierung fällt vordergründig betrachtet in den Regelungsbereich der neuen Bestimmungen und ist somit unter bestimmten Bedingungen ebenfalls zulässig. Im Falle der Zulässigkeit wäre dann eine Kennzeichnung notwendig. Fak- tisch liegt die Vermeidbarkeit von Produktplatzierung zunächst in den Händen der Produzen- ten und nicht beim Veranstalter. Hierdurch entsteht zwangsläufig bei Fremdproduktionen eine Problemzone – können sie doch eine Fülle von Produktplatzierungen enthalten, auf die der Veranstalter keinen Einfluss hat. Zwar muss er auf die Tatsache oder Möglichkeit des Vor- handenseins von Produktplatzierungen hinweisen, allerdings kann dies an „versteckter Stelle“ im Teletext oder Webauftritt erfolgen. Zudem besteht über passives Sponsoring im Sport ein breites Einfallstor für Produktplatzierungen in Fernsehsendungen, allerdings erfolgt die Be- zahlung hier „am Veranstalter vorbei“. Die Beispiele zeigen, dass es eine Fülle von erkennbaren Produkten im Fernsehprogramm gibt, auf welche die neue Regelung nicht anwendbar ist. Für den durchschnittlichen Zuschau- er dürfte in der Flüchtigkeit der normalen Rezeptionssituation der Unterschied zwischen zu- lässiger, aber vermeidbarer bezahlter Produktplatzierung sowie unvermeidbarer oder ver- meidbarer unbezahlter kaum eine Rolle spielen. Für die Veranstalter hingegen eröffnen sich durch die Vielzahl der Kontexte, in denen Produkte im Programm auftauchen können, Grau- zonen bzw. es bilden sich Hybridformen aus. Die Medienaufsicht wird hierdurch verstärkt gefordert, da es nun zu entscheiden gilt, ob eine Darstellung von Produkten in zulässiger oder unzulässiger Weise erfolgt. Im Prinzip war diese Situation bereits vor der Novelle des 13. RÄStV gegeben, sie tritt nunmehr nur schärfer hervor. Im Kapitel 3.8 erfolgt daher anhand von Fallbeispielen eine Problematisierung der entsprechenden Sendepraxis. 13
  • 16. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Eie Entwicklung von Produktplatzierungen … 2 Die Entwicklung von Produktplatzierungen im Deutschen Fernsehen im ersten Jahr nach der Liberalisierung Im Kontext der vorliegenden Expertise wurde neben der Programmbeobachtung eine Auswer- tung der aktuellen Publikationen zur brancheninternen Diskussion über die Liberalisierung von Produktplatzierungen im Fernsehen durchgeführt. Im Ergebnis zeigt sich, dass bisher sowohl bei den Werbetreibenden als auch bei den Produzenten und Programmverantwortli- chen eine gewisse Zurückhaltung im Hinblick auf die Platzierung von Produkten in Fernseh- sendungen vorherrscht. Hierfür sind mehrere Gründe zu nennen: Die Frage, wie die durch Produktplatzierungen erlösten Einnahmen zwischen Produzenten und Sendern verteilt werden, ist bisher nicht beantwortet.14 Ungeklärt ist in diesem Zusam- menhang insbesondere, nach welchen Kriterien der erhöhte Aufwand für die Produzenten abgerechnet werden soll.15 Folglich konstatierte im April 2010 ein anonymer Branchenin- sider: „Die Produzenten zieren sich, solange nicht klar ist, wie viel Geld sie bekommen.“16 Zum anderen scheint der erhebliche Aufwand, der für Produktplatzierungen betrieben werden muss, ein bedeutsamer Hemmschuh. Vor allem die Produzenten gehen von einem großen Mehraufwand aus, da die Vertreter des jeweiligen Werbekundens am Set betreut werden müs- sen und eine intensivere juristische Beratung notwendig ist.17 Zudem müssen die Platzierun- gen bereits frühzeitig in das Drehbuch eingearbeitet werden.18 Sabine Eckhardt, Geschäftsfüh- rerin der ProSieben-Sat.1-Werbetochter „Seven One AdFactory“ konstatiert: „Das Potenzial [von Product Placement] wird in der öffentlichen Diskussion bei weitem höher eingeschätzt, als es in der Realität sein wird. Product Placement ist eine sehr auf- wendige Form der Werbung, die bei allen Beteiligten einen nicht unerheblichen organi- satorischen Aufwand verursacht.“19 Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung auf Seiten der Veranstalter erklärt sich mit der Be- fürchtung, dass Produktplatzierungen „klassische“ Werbeformen, insbesondere die Spots, verdrängen könnten und somit ein Abwandern der Etats in den Bereich der Produktion statt- findet.20 Nicht zuletzt aus diesem Grund weisen die Werbevermarkter der Sender darauf hin, „dass ein Placement einen klassischen Spot nicht ersetzen kann. Beide Maßnahmen müssen Hand in Hand gehen. Ein Placement sollte immer Teil einer Kampagne sein“21. Die ARD-Anstalten verzichten nach eigenen Angaben häufig auf kennzeichnungspflichtige Produktionshilfen, da sie negative Reaktionen der Zuschauer auf das „P“-Logo befürchten. 14 Vgl. beispielsweise Paperlein (2010); Tieschky (2011); Voß (2010b). 15 Vgl. Voß (2010b), S. 1f. 16 Zitiert nach Paperlein (2010), S. 27. 17 Vgl. Voß (2010b), S. 1. 18 Vgl. Bialek/Siebenhaar (2010), S. 1. 19 Sabine Eckhardt, zitiert nach Bialek/Siebenhaar (2010), S. 1. 20 Vgl. Bell (2010). 21 Sabine Eckhardt, Geschäftsführerin des ProSiebenSat1-Werbevermarkters „SevenOne“, zitiert nach Gan- gloff (2010), S. 1f. Ähnliche Zitate finden sich beispielsweise in Voß (2010a). 14
  • 17. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Eie Entwicklung von Produktplatzierungen … Der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Boudgoust, äußert sich beispielsweise wie folgt: Es gebe zwar weiterhin entsprechende Angebote, „da mich allerdings stört, dass wir gegebenenfalls wegen einer verhältnismäßig kleinen Leistung das jeweilige Programm mit dem Kürzel ‚P‘ kennzeichnen müssen, habe ich intern mit den Kollegen vereinbart, dass wir diese Autos [für die Krimiserie ‚Tatort’] künftig für die Dauer der Dreharbeiten anmieten. Das verteuert zwar die Produktions- kosten ein wenig, aber mit Blick auf die Gesamtkosten fällt es nicht groß ins Ge- wicht“22. Aus Sicht werbetreibender Unternehmen und der Media-Agenturen schließlich erscheinen Produktplatzierungen häufig als überteuert. So kommt ein Geschäftsführer einer PR- und Pla- cementagentur zu der Einschätzung: „Die Anforderungen der Vermarkter sind extrem hoch, man verlangt für ein Placement das Zwei- bis Dreifache eines Werbespots, bewegt sich also im sechsstelligen Bereich.“23 Zur Unsicherheit in Bezug auf die Preise trägt auch bei, dass ein einheitlicher Tarif-Maßstab – wie er für die Spotwerbung im Tausender-Kontaktpreis existiert – für die Platzierung von Produkten bisher fehlt.24 Dazu kommt, dass die Werbewirkung von Placements bzw. deren Effizienz fraglich ist. Eine Befragung von über 400 werbetreibenden Unternehmen und Werbeagenturen durch den RTL2-Vermarkter „El Cartel Media“ kommt zu dem Ergebnis, dass für rund 50 Prozent der Unternehmen und Agenturen die unsichere Wer- bewirkung und der problematische Imagetransfer Hinderungsgründe darstellen, bisher keine Produktplatzierungen durchgeführt zu haben.25 Zudem meiden viele Unternehmen die Werbe- form „Product Placement“, da sie fürchten, ihre Marke könne durch eine falsche Inszenierung beschädigt werden bzw. in Verbindung mit „Schleichwerbeskandalen“ gebracht werden.26 Auch die Bestimmung, dass Platzierungen ausschließlich in Sendungen der „leichten Unter- haltung“ legal sind, sofern es redaktionell gerechtfertigt ist, schränkt die Möglichkeiten ein, Produkte in ein passendes Programmumfeld möglichst glaubhaft einzubinden. Mathias M. Alefeld, Geschäftsführer einer Placement-Agentur konstatiert: „Das Angebot ist sehr klein und unbefriedigend. […] RTL bietet ausgewählten Kunden sehr wenig zu stark überhöhten Preisen und ProSiebenSat.1 nur bestimmte, zum Teil wenig interessante Umfelder.“27 Vor diesem Hintergrund versuchen die Vermarkter zunehmend, die Bedenken der potenziel- len Werbekunden zu zerstreuen und betreiben gezielte PR für das Werbeinstrument „Product Placement“, indem sie beispielsweise Befunde vorlegen, denen zufolge Produktplatzierungen positive Effekte für die Markenbekanntheit und das Image des Werbenden haben.28 Dennoch ist mit dem „großen Durchbruch“ von Produktplatzierungen im deutschen Fernsehen in ab- sehbarer Zeit eher nicht zu rechnen: „Nach wie vor herrscht bei Marketingverantwortlichen eine große Unsicherheit über Möglichkeiten und Grenzen, vor allem aber auch über die opera- tive Umsetzung.“29 Um diese Unsicherheiten abzuschwächen und einheitliche Richtlinien zu 22 Peter Boudgoust, zitiert nach o.V. (2010b), S. 1. 23 Matthias M. Alefeld, Geschäftsführer der Agentur „MA Media“, zitiert nach Gangloff (2010), S. 1. 24 Vgl. Tieschky (2011). 25 Vgl. El Cartel Media (2010), S. 16. 26 Vgl. Paperlein (2010). 27 Matthias M. Alefeld, Geschäftsführer der Agentur „MA Media“, zitiert nach o.V. (2010a), S. 1. 28 Vgl. Paperlein (2011a). 29 Kettmann (2011), S. 1. 15
  • 18. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Eie Entwicklung von Produktplatzierungen … vereinbaren, verhandeln derzeit u.a. der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) mit der Produzentenallianz sowie Vertretern der werbetreibenden Wirtschaft über einen ge- meinsamen Verhaltenskodex für Produktplatzierungen. In einer unverbindlichen Protokoller- klärung zum 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag forderten die Ministerpräsidenten eine ent- sprechende Selbstverpflichtung. Darin sollen insbesondere Grundregeln festgelegt werden, die die redaktionelle Unabhängigkeit sichern.30 Bis zum Redaktionsschluss der vorliegenden Expertise konnten sich die Beteiligten allerdings nicht auf ein gemeinsames Ergebnis einigen. Allerdings bot die ProSiebenSat.1 Media AG den Produzenten im Februar 2011 an, pauschal 22 Prozent des Erlöses von Produktplatzierungen zu überlassen.31 Dagegen will die RTL- Gruppe die Vergütung für die Produzenten von Fall zu Fall regeln.32 30 Vgl. Paperlein (2011b). 31 Vgl. Produzentenallianz (2011). 32 Vgl. Schader (2011c). 16
  • 19. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung 3 Ergebnisse der Programmbeobachtung 3.1 Produktplatzierungen in der Programmpraxis – Überblick Im vorhergehenden Kapitel wurde dargelegt, dass sich aus Branchensicht das Werbeinstru- ment „Produktplatzierung“ im deutschen Fernsehmarkt bislang noch nicht entscheidend durchsetzen konnte. Diese Einschätzung der Akteure aus dem Werbemarkt wird durch die durchgeführte Programmbeobachtung bestätigt: ► Als erster zentraler Befund dieser Studie lässt sich festhalten, dass eine flächendeckende Durchdringung des deutschen Fernsehprogramms mit Produktplatzierungen im Sinne der Definition des Rundfunkstaatsvertrages derzeit nicht gegeben ist. Dieser Umstand relativiert die nachfolgend vorgenommene Typologisierung, die aufgrund der geringen Fallzahl an Platzierungen lediglich grundlegende Muster herausarbeiten kann. Nachstehend werden zunächst diejenigen Fallbeispiele vorgestellt, bei denen es sich eindeutig um eine Platzierung von Produkten in Fernsehsendungen handelt, die im Untersuchungszeit- raum zwischen dem 1. November 2010 und dem 15. April 2011 ausgestrahlt wurden. Hierbei wird zunächst nicht zwischen zulässigen und ggf. unzulässigen, gekennzeichneten und ggf. nicht gekennzeichneten Produktplatzierungen unterschieden. Insgesamt wurden im Untersuchungszeitraum lediglich 13 Serien/Reihen und 3 Einzelsen- dungen beobachtet, in denen eindeutig Produktplatzierungen identifizierbar waren (vgl. die nachfolgende Übersicht)33 bzw. in denen entsprechende Kennzeichnungen vorhanden wa- ren.34 Nicht in der Übersicht enthalten sind diejenigen Fälle, in denen „Produktionshilfen“ gekennzeichnet wurden; auf sie wird in Kap. 3.6 eingegangen. Es zeigt sich erwartungsgemäß, dass – mit einer Ausnahme – sämtliche Platzierungen im pri- vaten Fernsehen stattgefunden haben. Es fällt auf, dass insbesondere die Sender der ProSie- benSat.1 Media AG auf diese Form der Refinanzierung zurückgreifen: So wurden für die Sender ProSieben, Sat.1, kabeleins und sixx zehn Reihen und eine Einzelsendung ausfindig gemacht. Für die RTL-Gruppe ließen sich lediglich drei Reihen und eine Einzelsendung mit Platzierungen ermitteln. Für RTL (den Hauptsender) wurde im Untersuchungszeitraum ledig- lich eine Produktplatzierung – nämlich im Finale der Castingshow „Das Supertalent“ – beo- bachtet.35 Dies lässt auf eine deutlich größere Zurückhaltung der RTL-Gruppe schließen, die zudem derzeit nicht bereit ist, die Produzenten an Placement-Erlösen zu beteiligen.36 33 Dabei handelt es sich wohlgemerkt um Reihen/Sendungen mit Produktplatzierungen, nicht um eine Aufzäh- lung der einzelnen Placements. So enthalten manche Formate, wie etwa „Germany’s next Topmodel“ oder „Zuhause im Glück“, Platzierungen mehrerer Markenprodukte, die nicht immer in jeder Folge auftreten. 34 Es ist nicht in jedem Fall möglich, bei einer gekennzeichneten Sendung auch alle platzierten Produkte ein- deutig zu identifizieren. 35 Vgl. dazu auch Schader (2011a); Schader (2011b). 36 Vgl. Schader (2011c). Ein Indikator für die bislang vorherrschende Zurückhaltung der RTL-Gruppe kann auch darin gesehen werden, dass der RTL-Werbevermarkter IP-Deutschland erst seit Frühjahr 2011 in sei- nem Webauftritt explizit für Product Placement wirbt. Dagegen pries die Website des ProSieben-Sat.1- 17
  • 20. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung Übersicht – Im Untersuchungszeitraum festgestellte Produktplatzierungen in Serien und Einzelsendungen Sendungstitel Sender Genre Produkt/Produktgattung Serien/ Reihen/ Formate „Anna und die Liebe“ Sat.1 Daily Soap C&A-Mode / McCafé „Deutschlands Meister- Sat.1 Kochsen- Siemens-Küchenausstattung / Real- koch“ dung/ Reihe Supermarkt „Hand aufs Herz“ Sat.1 Daily Soap Musical „Sister Act“ „The Mentalist“ Sat.1 Krimiserie Automarke Chevrolet „Schlag den Raab“ ProSieben Spielshow Automodell Opel Astra „Germany’s next Topmo- ProSieben Castingshow Diverse (u.a. mehrere Modelabel, Evi- del“ an-Wasser, Mentos-Bonbons, Samso- nite-Koffer etc.) „Die Model-WG“ ProSieben Castingshow Otto-Mode „Fashion & Fame – Design ProSieben Designer Otto-Mode your dream!“ Castingshow „Jumbos Würstchen- kabeleins Castingshow/ Obi-Baumarkt millionär“ Doku Soap „Das Supertalent“ RTL Castingshow „Xbox 360“-Spielekonsole „Zuhause im Glück“ RTL2 Doku Soap Baubedarf (Velux-Fenster) Einrich- tungsgegenstände (Küchen-Nolte, Ikea etc.), Hertz-Autovermietung „Die Wollnys – Eine RTL2 Doku Soap Campingplatz schrecklich große Familie“ „Zacherl – Einfach kochen“ sixx Kochsen- Lebensmittel (v.a. Iglo-Produkte) dung/ Reihe Einzelsendungen „Neujahrskonzert“ ZDF Konzertüber- Kreuzfahrtschiff („Mein Schiff“) der tragung Reederei Tui Cruises „Glückstreffer – Anne und Sat.1 Spielfilm – Nicht zu identifizieren – der Boxer“ „The Dome“ RTL2 Musik- Computerspiel „Just Dance 2“ sendung Vermarkters SevenOne Media schon sehr bald nach der Legalisierung im April 2010 Produktplatzierungen als Werbeinstrument an. 18
  • 21. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung Bezüglich der Sendeformate ist zu konstatieren, dass sich keine Programmformate herauskris- tallisiert haben, die besonders geeignet oder affin für Produktplatzierungen erscheinen. Auf- grund der geringen Fallzahl lassen sich auch hier lediglich Tendenzen referieren: • Im Untersuchungszeitraum ließen sich u.a. Placements in zwei Daily Soaps („Anna und die Liebe“ sowie „Hand aufs Herz“, beide Sat.1), zwei Doku Soaps („Zuhause im Glück“ sowie „Die Wollnys – Eine schrecklich große Familie“, beide RTL2) und zwei Kochsen- dungen (Reihen) („Deutschlands Meisterkoch“, Sat.1, sowie „Zacherl – Einfach kochen“, sixx) nachweisen. • Die meisten Produktplatzierungen fanden sich allerdings in Castingshows („Die Model WG“, „Germany’s next Topmodel“, „Fashion & Fame“, alle ProSieben, „Jumbos Würst- chenmillionär“, kabeleins, sowie „Das Supertalent“, RTL). Womöglich ist letztgenanntes Format bezüglich der Einbindung von Markenprodukten in den Sendungs- bzw. Handlungsablauf am flexibelsten und unkompliziertesten. So lassen sich hier Produktplatzierungen vergleichsweise spontan vornehmen, da die Abstimmung mit Dreh- buchautoren, Regisseuren oder Künstlern relativ unaufwändig und die Rücksichtnahme auf Dramaturgie bzw. Handlung kaum nötig ist. Dies belegt beispielsweise die Platzierung der Microsoft-Spielekonsole „Xbox 360“ in der RTL-Castingshow „Das Supertalent“. Dieses Placement war ursprünglich für die Übertragung eines Boxkampfes geplant. Da dieser kurz- fristig abgesagt wurde, mussten die Verantwortlichen innerhalb kurzer Zeit umdisponieren und entschieden sich für die genannte Castingshow als Alternativformat.37 Dagegen erfordern Produktplatzierungen in Spielfilmen deutlich mehr Planungs- und Koordinationsaufwand so- wie zeitlichen Vorlauf. Insgesamt lässt sich festhalten, dass Produktplatzierungen im Untersuchungszeitraum aus- schließlich in Formaten der „leichten Unterhaltung“, Seifenopern, Spielfilmen, Musiksendun- gen und Konzertübertragungen ausfindig gemacht wurden. Dies entspricht den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages. ► Placements in Formaten mit Informationscharakter – wie insbesondere Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen sowie Ratgeber- und Verbrauchersendungen –, in Programmstrecken für Kinder oder in Übertragungen von Gottesdiensten konnten nicht identifiziert werden. Mit anderen Worten: Die Veranstalter haben sich in diesem Punkt regelkonform verhalten. Was vorstehend für die Sendeformate konstatiert wurde, hat auch Gültigkeit für die platzier- ten Gegenstände: ► Es lassen sich keine Produkte oder Produktgruppen benennen, die signifikant häufiger als andere in das Fernsehprogramm integriert wurden. Die Bandbreite der Waren ist sehr vielfältig und reicht von Küchengeräten (Siemens-Herde), Lebensmitteln (Evian-Mineralwasser, Iglo-Tiefkühlkost) über Baubedarf (Velux-Fenster) sowie verschiedene Modelabels, Fahrzeuge (Opel, Chevrolet) und Unterhaltungselektronik 37 Vgl. Schader (2011a). 19
  • 22. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung („Xbox 360“-Spielekonsole, Computerspiel „Just Dance 2“) bis hin zu ausgefallenen „Ge- genständen“ wie einen Campingplatz oder Kreuzfahrtschiffe beziehungsweise Reiseveranstal- ter. Es ist zu beobachten, dass nicht ausschließlich konkrete Produkte platziert werden. Viel- mehr finden auch Markennamen wie das Bekleidungsgeschäft „C&A“, die Café-Kette „McCafé“, die „Real“-Supermärkte oder „Obi“-Baugeschäfte Eingang in das Programm, ohne dass spezifische Produkte dieser Firmen dargestellt werden. 3.2 Die inhaltlich-dramaturgische Einbindung der Produktplatzierung in die Sendung Wie eingangs erläutert, gelten für zulässige Produktplatzierungen bestimmte Anforderungen an die Gestaltung bzw. die inhaltlich-dramaturgische Einbindung der platzierten Produkte. So sind laut § 7 Abs. 7 RStV Produktplatzierungen nur dann zulässig, wenn • die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz unbeeinträchtigt bleiben, • die Platzierung nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleis- tungen auffordert (insbesondere verkaufsfördernde Hinweise sind nicht gestattet) und • die Produkte nicht zu stark herausgestellt werden. Redaktionelle Unabhängigkeit Für die im Kontext der vorliegenden Expertise analysierten Produktplatzierungen ist Folgen- des festzuhalten: ► Die Sichtung und Bewertung ergab in den meisten Fällen keine Hinweise darauf, dass die redaktionelle Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz durch Produktplat- zierungen beeinträchtigt wurde. Lediglich in der ProSieben-Designer-Casting-Show „Fashion & Fame – Design your dream!“ ist diese Beeinträchtigung gegeben. Diese Sendung wurde von ProSieben in enger Abstim- mung mit dem Modeversandhaus „Otto“ konzipiert und realisiert.38 Sie kann daher exempla- risch für eine entsprechende „Grenzüberschreitung“ der Werberichtlinien gelten und wird daher nachfolgend ausführlich bewertet. In der Show kreiert ein etablierter Modedesigner mit Nachwuchsdesignern ein neues Modelabel namens „GoldCut“, wobei die besten Kleidungs- stücke exklusiv auf der Homepage www.otto.de verkauft werden. Das Logo des Labels ist in vielen Einstellungen deutlich sichtbar, ebenso der Schriftzug „Otto“ auf diversen Requisiten. Zudem tritt „Otto“ als Sponsor der Show auf, worauf ein entsprechender Hinweis vor der Sendung aufmerksam macht. Die enge Verbindung von „Otto“ und ProSieben geht über eine schlichte Produktplatzierung deutlich hinaus. Vielmehr liegt hier ein Beispiel für eine Pro- gramming-Sendung vor. Darunter wird eine TV-Produktion verstanden, die in Zusammenar- beit zwischen Sender und Werbekunde realisiert wird.39 „Der Werbetreibende tritt hier nicht nur in einer passiven Rolle auf, die sich darauf be- schränkt, seine Botschaft in einem Programmumfeld zu platzieren, das von einer Redak- 38 Vgl. die Pressemitteilung des Werbevermarkters SevenOne: SevenOne (2011). 39 Vgl. dazu Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 137-141. Auch Wengenroth (2006), S. 69. 20
  • 23. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung tion gestaltet wird und auf das er keinen weiteren Einfluss hat. Vielmehr tritt das Unter- nehmen bei Formen des Programmings als aktiver Co-Produzent auf, der Inhalte des re- daktionellen Programms mitbestimmt. Der Werbetreibende wird in aller Regel bereits in die Planungs- und Konzeptionsphase der Sendung einbezogen.“40 In der Werbebranche werden solche Werbeformen auch als „Branded Entertainment“ disku- tiert, da die Präsentation von Marken oder Produkten innerhalb eines unterhaltenden Kontex- tes im Vordergrund steht. Auch wenn man im vorliegenden Fall sicher unterstellen kann, dass auf Seiten des Veranstal- ters programmlich-konzeptionelle Interessen und Erwägungen eine Rolle spielen (Etablierung einer neuen Variante des Unterhaltungsformates „Casting Show“), ist die Sendung „Fashion & Fame“, wie sich aus der Pressemitteilung des Werbevermarkters des Veranstalters ganz klar ergibt, am wirtschaftlichen Interesse (Produktentwicklung und Produktabsatz) des Mode- versandunternehmens „Otto“ ausgerichtet.41 Die Sendung ist Teil eines Gesamtvermarktungs- konzepts („Kombination aus Sponsoring, Product Placement und Kollektion“42), und diese Ausrichtung schlägt sich in der programmlichen Umsetzung auch erkennbar nieder. Dass in einer solchen Konstellation redaktionelle Unabhängigkeit nicht mehr gegeben ist, liegt auf der Hand. Dabei handelt es sich hier jedoch nicht um einen Fall von Themenplatzierung, sondern um einen unzulässigen Fall von Produktplatzierung. Zwar wird durch das Sendungskonzept auch ein Werbeeffekt für die Designerzunft im Allgemeinen vermittelt; in erster Linie dient die Verflechtung von Themensetzung und Produktplatzierung hier aber der gezielten Absatz- förderung konkreter Dienstleistungs- und Produktangebote des Otto-Konzerns. Insofern ist die Kennzeichnung „unterstützt durch Produktplatzierung“ auch nicht korrekt bzw. nicht ausreichend. Da der Werbecharakter hier erkennbar im Vordergrund steht und ei- nen wesentlichen Bestandteil der Sendung ausmacht, handelt es sich um eine Dauerwerbesen- dung, die entsprechend zu kennzeichnen wäre. Problematisch ist hier auch die Kombination der „Produktplatzierung“ mit einem „Sponsoring“43 desselben Partners. Sponsoring ist grund- sätzlich ausgeschlossen, wenn sich die Sendung inhaltlich mit Produkten oder Dienstleistun- gen befasst, die der Sponsor selbst anbietet und vertreibt, insbesondere, wenn sie auf Absatz- förderung von Produkten und Dienstleistungen des Sponsors ausgerichtet sind.44 Hiernach schließen sich Sponsoring und Produktplatzierung wechselseitig aus. Ebenso wenig möglich ist das Sponsern von Werbung – auch dann nicht, wenn die Werbung redaktionell gestaltet und von bestimmter Dauer ist.45 40 Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 137. 41 Vgl. SevenOne (2011). So heißt es bereits in der Überschrift: „SevenOne AdFactory entwickelt ein integ- riertes Kommunikationskonzept für Otto.“ 42 SevenOne (2011). 43 Die Sendung beginnt bzw. endet mit einem Sponsorhinweis „Viel Spaß mit Fashion & Fame wünscht Otto“ bzw. „Fashion & Fame wurde Ihnen präsentiert von Otto“, wobei jeweils auch die Website des Unterneh- mens eingeblendet wird. 44 Vgl. § 8 Abs. 2 und 3 RStV sowie Ziff 7 Abs. 4 und 7 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten. 45 Vgl. dazu auch Ziff. 7 Abs. 2 Satz 2 WerbeRL Fernsehen: „Das Sponsern von Werbung, wie z.B. Spotwer- bung, Dauerwerbesendungen oder Teleshoppingfenstern, ist unzulässig.“ 21
  • 24. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung Aufruf zum Kauf und zu starke Herausstellung Für die anderen o.g. Anforderungen des RStV lässt sich konstatieren: ► Es wurden keine Platzierungen festgestellt, in denen unmittelbar und explizit zum Kauf der jeweiligen Produkte aufgefordert wird. Allerdings wurden drei Einzelfälle beobach- tet, die als „verkaufsfördernd“ einzustufen sind und in denen die Produkte zu stark her- ausgestellt wurden. Fall 1 Bei diesem Fall handelt es sich um die Platzierung der Spielekonsole „Xbox 360“ in der RTL- Castingshow „Das Supertalent“. Das Produkt war nicht nur mehrfach gut im Bild sichtbar, sondern Sprecher und Kandidat priesen es darüber hinaus auch verbal an: Sprecher: „Daniel ist fleißig. Er übt jeden Tag mit Kinect für die Xbox 360.“ Kandidat: „Wir spielen manchmal ‚Dance Central‘ auf der Xbox. Das ist irgendwie Hip-Hop-mäßig. Man lernt was draus und es macht Spaß.“ Moderator: „Mit Kinect für die Xbox im Gepäck kann doch jetzt nichts mehr schief ge- hen.“ „Das Supertalent“ (RTL) vom 18.12.2010 Fall 2 Beim zweiten Fall geht es um die Platzierung von Iglo-Tiefkühlprodukten in der Kochsen- dung „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx). Die Lebensmittel werden hier nicht nur platziert, sondern ihre Vorzüge auch verbal hervorgehoben, wie nachfolgende Zitate aus der Sendung vom 17.11.2010 belegen: Koch: „Heute haben wir ein grünes Thema. Aber keine Angst, wir sprechen nicht über Politik, sondern über Spinat. Wie Popeye schon sagte: Spinat macht stark. Warum ei- gentlich? Spinat hat eine hohe Konzentration an Vitamin A, C und Folsäure und ‘ne richtig dicke Portion Eisen. Warum ich Tiefkühlspinat nehme? Weil der Spinat direkt nach der Ernte weiterverarbeitet wurde und so einen höheren Vitamin C-Gehalt hat als der Spinat, der vorne schon zwei Tage in der Auslage liegt.“ Später in derselben Sendung greift der Koch das Stichwort seines Gastes auf: Koch: „So. Wir haben jetzt hier den Spinat – ganz wichtig. Ich habe jetzt TK-Spinat heute gekauft, weil es gibt im Moment noch keinen frischen. Und da ist dann TK-Spinat auch eigentlich praktischer wie anderer.“ 22
  • 25. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung Gast: „Aber ist der nicht auch frischer, als wenn du jetzt welchen kaufen würdest, den es frisch geben würde?“ Koch: „Das ist genau der Punkt. Also, wenn ich im Sommer oder im Frühjahr, wenn’s den ersten deutschen auch gibt, dann nehme ich lieber den TK-Spinat. Weil da hast du auch mehr Vitamine drin als wenn der Spinat schon aus Südafrika herüberfliegt, weil dann ist er schon meistens vier, fünf Tage alt, bevor du ihn irgendwo kaufen kannst. Und deswegen ist in dem Fall der [TK-Spinat] besser.“ (Warum der deutsche Spinat aus Südafrika „herüberfliegt“, behält der Koch allerdings für sich.) „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) vom 17.11.2010 In der Ausgabe vom 21.11.2010 hebt Zacherl die Besonderheiten von Tiefkühl-Erbsen aus- führlich hervor. Auch hier reagiert er, während das entsprechende Produkt der Marke „Iglo“ deutlich sichtbar ist, auf ein Stichwort seines Gastes: Gast: „Tiefkühlkost braucht man ja nicht mehr vorher kochen. Das geht ja gleich so.“ Koch: „Nee. Deswegen sind die [Erbsen] auch so wunderschön grün, weil die direkt nach der Ernte kurz abgekocht werden, d.h. blanchiert und das Schöne ist, dass durch das Blanchieren, durch das Salz, bleibt das Chlorophyll, das ist der grüne Farbstoff in den Erbsen, voll erhalten. Deswegen haben die so eine richtig schöne, perfekte Farbe.“ Unterstützt wird dieser einstudiert wirkende Dialog durch die Einblendung „Tiefkühlerbsen enthalten mehr Vitamine als Dosenerbsen“. 23
  • 26. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) vom 21.11.2010 Auffällig ist, dass der Koch zwar nicht den speziellen Markennamen erwähnt, sondern ledig- lich Tiefkühlkost im Allgemeinen lobt. Durch die visuelle Einblendung des jeweiligen Pro- duktes wird allerdings deutlich, dass er Iglo-Gemüse bevorzugt. In der Literatur werden sol- che Fälle, bei denen ein Markenname in einen scheinbar neutralen Informationsbeitrag über eine Produktgruppe integriert wird, als „trojanische Pferde“ bezeichnet.46 Auf diese Weise wirkt eine Doppelstrategie: a) Zunächst wird der Zuschauer vom Koch über die Vorteile der Produktgruppe „Tiefkühlkost“ im Allgemeinen informiert. b) Gleichzeitig greift ein zweiter Mechanismus, indem ein spezieller Markenname mit der Produktgruppe in Verbindung ge- bracht wird. Im konkreten Beispiel ist die Präsentation in ihrer Gesamtheit als unzulässige Produktplatzie- rung zu werten. Da die visionierten Sendungen von „Zacherl – Einfach kochen“ keine Kenn- zeichnung in Form des „P“-Logos oder sonstiger Hinweise enthält, liegt überdies ein klarer Fall von Schleichwerbung vor! Die gattungsbezogene Thematisierung (Gesundheit und Vita- mingehalt von Spinat und Gartengemüse; Frischegehalt und leichte Verwendbarkeit von Tief- kühlware) unterstreicht bzw. verstärkt die Herausstellung der platzierten Produkte. Die damit verbundene Erhöhung der Werbewirkung führt dazu, dass die Präsentation der Produkte auch dann, wenn sie entsprechend den Vorgaben für die (zulässige) Produktplatzierung gekenn- zeichnet wäre, wegen der besonderen werblichen Herausstellung unzulässig ist.47 Fall 3 Die bereits beschriebene ProSieben-Designer-Casting-Show „Fashion & Fame – Design your dream!“ stellt den dritten Fall von Produktplatzierungen dar, bei dem verbale Hinweise gege- ben wurden, die sich u.U. als verkaufsfördernd auffassen lassen. Neben den optischen Platzie- rungen des Labels „GoldCut“ und des „Otto“-Schriftzugs wird verbal mehrfach hervorgeho- ben, dass die gezeigte Kleidung im Web zu erwerben ist – so auch in der Folge vom 27. Janu- ar 2011: „Darüber hinaus wird es das Gewinnerstück dann auch im Anschluss gleich auf ot- 46 Vgl. Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 55-58. 47 Vgl. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nrn. 2 und 3 RStV. 24
  • 27. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung to.de zu erwerben geben.“ Auch der Textilchef von „Otto“ kommt in seiner Funktion als Jury- Mitglied zu Wort: „Ich freue mich sehr auf die Kollektion, die ich heute sehen werde und ich freue mich natürlich ganz besonders, dass wir diese Kollektion dann später auf otto.de haben werden.“ Dies unterstreicht, dass es sich bei diesem Format weniger um eine redaktionell ver- antwortete, sondern vielmehr um eine Dauerwerbesendung handelt, wie oben bereits ausge- führt wurde. „Fashion & Fame“ (ProSieben) vom 27.02.2011 Die anderen identifizierten Produktplatzierungen sind jedoch nicht als „verkaufsfördernd“ bzw. als zu stark herausgestellt zu bewerten. Dort sind die Produkte bzw. Markennamen le- diglich in vergleichsweise kurzen Einstellungen zu erkennen oder werden nur beiläufig er- wähnt. Ein Beispiel dafür sind die ausschließlich verbalen Placements der Modekette „C&A“ in der Daily Soap „Anna und die Liebe“ (Sat.1). Dort wurde gezeigt, wie eine fiktive Werbe- agentur als Teil der Handlung über mehrere Folgen hinweg die reale Werbekampagne des Unternehmens konzipierte. Dabei wurde der Firmenname mehrfach wie in folgendem Dialog, der zur Entstehung des Werbeslogans führt, erwähnt: „Wir machen jetzt echt Werbung für C&A?“ „Wenn’s klappt, ja.“ „Sag mir was du trägst, und ich sag dir, wer du bist.“ [… ] „Bisschen lang der Spruch, oder?“ „Sei was du trägst, sei C&A?“ „Mia! Ich glaube, wir haben es!“ („Anna und die Liebe“, Sat.1, vom 10.09.2010) Eher dezent ist auch das optische Placement von Siemens-Küchengeräten in der Sat.1-Show „Deutschlands Meisterkoch“. So sind die verwendeten Kochherde vor allem deswegen als Siemens-Produkte zu identifizieren, da die identischen Geräte in einer Dauerwerbesendung unmittelbar vor dem Beginn der Show ausführlich vorgestellt wurden. Redaktionell gerechtfertigte Produktplatzierungen Neben den genannten Anforderungen müssen Produktplatzierungen nach Ziffer 4 Nr. 6 der Werberichtlinien redaktionell gerechtfertigt sein. Dies ist dann der Fall, „wenn das Produkt aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen in die Handlung oder den Ablauf integriert wird oder die Verwendung oder Darstellung des Produkts als Information zur Ver- deutlichung des Inhalts der Sendung notwendig ist“48. Bezüglich der redaktionellen Rechtfertigung von Produktplatzierungen lässt sich zunächst festhalten, dass Produkte in keinem Fall überwiegend aus programmlich-dramaturgischen, 48 Ziffer 4 Nr. 6 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten. 25
  • 28. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung sondern stets in erster Linie aus kommerziellen Gründen in das Programm integriert werden. Darüber hinaus dürften auch alle bezahlten Placements grundsätzlich vermeidbar sein, da kaum ein Fall vorstellbar ist, in dem innerhalb von Filmen, Serien oder sonstigen Sendungen der „leichten Unterhaltung“ Markennamen und Markenprodukte zwingend als solche erkenn- bar sein müssen. So besteht in der Regel die Möglichkeit, entweder vollständig auf Place- ments zu verzichten oder – wenn es sich nicht vermeiden lässt, konkrete Produkte einzusetzen – die Marke unkenntlich zu machen bzw. durch eine geeignete Kameraführung auszublenden, ohne die Dramaturgie der jeweiligen Produktion zu verändern. Deshalb kann im Kontext der vorliegenden Expertise lediglich untersucht werden, inwieweit sich die Placements sinnvoll in den Handlungsablauf integrieren. Mit anderen Worten: • Wird ein Produkt so in die Handlung integriert, dass es inhaltlich-dramaturgisch passend bzw. ungezwungen wirkt und sich ästhetisch an den Kontext anpasst? • Oder stellt das Placement einen ästhetischen bzw. dramaturgischen „Bruch“ dar, wirkt beliebig, „künstlich“ oder erzwungen? Für beide Szenarien konnten innerhalb des Untersuchungszeitraums Fallbeispiele ausfindig gemacht werden. So haben beispielsweise die Siemens-Küchengeräte in der Show „Deutsch- lands Meisterkoch“ (Sat.1) eine gewisse inhaltliche Begründung und fügen sich gut ein. Ähn- liches gilt für den Baubedarf und die Einrichtungsgegenstände in „Zuhause im Glück“ (kabel- eins) oder die „Otto“-Mode in „Die Model-WG“ (ProSieben). Warum es hingegen inhaltlich sinnvoll bzw. gar notwendig ist, die Würstchenbude in „Jum- bos Würstchenmillionär“ ausgerechnet vor einem Obi-Markt aufzustellen oder den angehen- den Mannequins in „Germany’s next Topmodel“ fortwährend Evian-Mineralwasser zuzufüh- ren, ist nicht ersichtlich. Auch die Placements der Unterhaltungselektronik in „Das Superta- lent“ (RTL) und „The Dome“ (RTL2) wirken erzwungen und beliebig. Insofern ist zu konstatieren, dass es sowohl Fälle gibt, bei denen das jeweilige Placement ver- gleichsweise zwanglos in den redaktionellen Kontext eingegliedert ist, als auch Beispiele für eine weniger gelungene Integration. Dass sich der Handlungsablauf mehr oder weniger voll- ständig den Produkten unterwirft, ist lediglich bei der bereits beschriebenen Programming- Sendung „Fashion & Fame“ gegeben. 3.3 Kennzeichnung von Produktplatzierungen Nach § 7 Abs. 7 Satz 3 RStV ist auf Produktplatzierungen eindeutig hinzuweisen, und zwar zu Beginn und am Ende der entsprechenden Sendung sowie nach Werbeunterbrechungen. Wie diese Kennzeichnung konkret auszusehen hat, spezifizieren die WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten in Ziffer 4 Nr. 7: „Die Produktplatzierung ist jedenfalls dann ange- messen gekennzeichnet und für den Zuschauer erkennbar, wenn die Kennzeichnung zu Be- ginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbre- chung für die Dauer von mindestens 3 Sekunden die Abkürzung ‚P‘ als senderübergreifendes Logo für Produktplatzierungen enthält. Die Kennzeichnung der Produktplatzierung durch ein senderübergreifendes Logo ist durch Einblendung eines erläuternden Hinweises zu ergänzen (wie z.B. ‚Unterstützt durch Produktplatzierungen‘).“ Im Hinblick auf die Kennzeich- nungpflicht für entsprechende Fälle des hier untersuchten Sendematerials gilt es festzuhalten: 26
  • 29. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung ► Die rechtlichen Vorgaben zur Kennzeichnung wurden von den Programmverantwortli- chen im Untersuchungszeitraum weitestgehend eingehalten. Allerdings wurde bei zwei Sendungen, die offensichtlich bezahlte Produktplatzierungen ent- halten, überhaupt nicht darauf hingewiesen. Dabei handelt es sich zum einen um die Fremd- produktion „The Mentalist“ (Sat.1), auf die in Kapitel 3.5 ausführlicher eingegangen wird. Zum anderen ist die bereits beschriebene Kochshow „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) be- troffen. Dort fanden sich – wie bereits beschrieben – in mehreren Folgen offenkundig absicht- lich platzierte Lebensmittel, vorwiegend der Marke „Iglo“, ohne dass ein Hinweis auf diese Placements erfolgt wäre. Hierbei handelt es sich eindeutig um Schleichwerbung. Ansonsten konnten keine weiteren Fälle von ungekennzeichneten Produktplatzierungen iden- tifiziert werden, bei denen mehr oder weniger eindeutig von einer werblichen Intention aus- zugehen ist. Alle oben aufgelisteten Placements waren – von den genannten Ausnahmen ab- gesehen – als solche kenntlich gemacht. Die Kennzeichnung erfolgte in aller Regel wie in den Werberichtlinien vorgeschrieben: zu Beginn und am Ende der entsprechenden Sendung sowie ggf. nach Werbeunterbrechungen durch Einblendung des besagten „P“-Logos samt eines er- läuternden Textes. Der Wortlaut dieses Textes variierte dabei leicht. Insgesamt konnten fol- gende Erläuterungsvarianten beobachtet werden: • „unterstützt durch Produktplatzierungen“ (verwendet von den Sendern kabeleins, ProSie- ben, RTL sowie Sat.1: z.B. „Jumbos Würstchenmillionär“, kabeleins; „Germany’s next Topmodel“, ProSieben; „Anna und die Liebe“, Sat.1) • „UNTERSTÜTZT DURCH PRODUKTPLATZIERUNGEN“ (verwendet von RTL in „Das Supertalent“) • „Unterstützt durch Produktplatzierung“ (verwendet von RTL2 z.B. in „The Dome“) • „enthält Produktplatzierung“ (verwendet vom ZDF im „Neujahrskonzert“) „Jumbos Würstchenmillionär“ (kabeleins) vom 23.11.2010 „The Dome“ (RTL 2) vom 18.12.2010 27
  • 30. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung „Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker“ (ZDF) vom 01.01.2011 Bei gekennzeichneten Produktplatzierungen wurde das „P“-Logo stets von diesen Erläuterun- gen begleitet. Lediglich bei der Castingshow „Das Supertalent“ (RTL) wurde das Logo nach den Werbeunterbrechungen ohne Text eingeblendet. Dagegen wies RTL zu Beginn und am Ende der Sendung durch die Kombination aus Logo und Text auf das enthaltene Placement hin. „Das Supertalent“ (RTL) vom 18.12.2010 Ausnahmslos in allen beobachteten Fällen ist das „P“-Logo – wie vorgeschrieben – rund 3 Sekunden eingeblendet. ProSieben kündigt die Einblendung zudem mit einem kurzen akusti- schen Signal an. Unabhängig von den oben beschriebenen Kennzeichnungen wird bisweilen auf den Namen des platzierenden Unternehmens hingewiesen. Dies erfolgt in aller Regel am Ende der Sen- dung im Abspann. Dabei sind zwei Varianten zu unterscheiden: Im einen Fall wird lediglich der Name des unterstützenden Unternehmens eingeblendet, im anderen Fall ist der Unterneh- mensname in Form des Markenlogos gestaltet. Beispiele für die bloße Namensnennung sind etwa „Germany’s next Topmodel“ (ProSieben), „Fashion & Fame“ (ProSieben) oder „Jumbos Würstchenmillionär“ (kabeleins). 28
  • 31. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung „Germany’s next Topmodel“ (ProSieben) vom „Jumbos Würstchenmillionär“ (kabeleins) vom 11.03.2011 16.11.2010 Der Firmenname in Gestalt des Markenlogos ist dagegen beispielsweise bei „Zuhause im Glück“ (RTL 2) eingeblendet, wobei partiell der Werbeslogan des Unternehmens als Insert erscheint („Nolte Küchen. Die Kompetenz in Sachen Qualität“). Dieser Fall stellt allerdings eine Ausnahme dar. „Zuhause im Glück“ (RTL 2) vom 09.11.2010 Entsprechende Einblendungen im Vorspann einer Sendung konnten nicht beobachtet werden. In zwei Fällen machte der Produktplatzierer allerdings unmittelbar vor Sendungsbeginn auf sich aufmerksam: In der Programming-Sendung „Fashion & Fame“ (ProSieben) war ein Sponsorhinweis des Werbepartners „Otto“ zu sehen; in der Kochsendung „Deutschlands Mei- sterkoch“ (Sat.1) wurde eine mehrminütige Dauerwerbesendung ausgestrahlt, in der ausführ- lich die Küchengeräte von Siemens vorgestellt wurden, die anschließend auch in der Show selbst zu sehen waren. 29
  • 32. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung Daneben gibt es Fälle, in denen ein Hinweis auf den produktplatzierenden Werbepartner im Vor- oder Abspann einer Sendung gänzlich ausbleibt. Dies ist etwa bei „Schlag den Raab“ (ProSieben), „Hand aufs Herz“ (Sat.1) oder „The Dome“ (RTL2) gegeben. In den Webauftritten der Sender ließen sich nur zu den Sendungen „Fashion & Fame“ sowie „Die Model-WG“ (beide ProSieben) deutliche Verweise auf den Werbepartner finden, wie die entsprechenden Screenshots belegen. Zudem waren hier direkte Links zu „otto.de“ eingebun- den, über die die in den Sendungen zu sehenden Kleidungsstücke erworben werden können. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen ProSieben und „Otto“ zumindest im Fall von „Fashion & Fame“ deutlich über eine bloße Produktplatzierung hi- nausging, wie bereits ausgeführt wurde. http://www.prosieben.de/tv/fashion-and-fame/show/ [Stand: 01.03.2011]; Markierungen nicht im Original 30
  • 33. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung http://www.prosieben.de/tv/die-model-wg/ [Stand: 03.03.2011]; Markierung nicht im Original Ansonsten waren auf den sendereigenen Websites allenfalls dezente Hinweise auf den jewei- ligen Produktplatzierer zu finden. So wird bei „Deutschlands Meisterkoch“ auf Siemens als Sponsor der Sendung aufmerksam gemacht. Ob dieses Unternehmen auch Platzierungen vor- genommen hat, geht allein aus der Website nicht hervor. http://www.sat1.de/deutschlands-meisterkoch/ [Stand: 03.03.2011] 31
  • 34. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung Im Fall der Sendung „Jumbos Würstchenmillionär“ wird der Werbepartner „Obi“ lediglich kurz in einem Text im Webauftritt erwähnt, ohne auf die Produktplatzierung einzugehen. http://www.kabeleins.de/doku_reportage/jumbos-wuerstchenmillionaer/show/ [Stand: 12.12.2010]; Markierung nicht im Original Bei allen anderen Fallbeispielen ließen sich keinerlei Hinweise auf die Produktplatzierer fin- den. Auch machten die Sender in keinem Fall im Teletext auf ihre Werbepartner aufmerk- sam.49 3.4 Kennzeichnung von Gewinnspielpartnern Gewinnspiele sind nach § 8a RStV zulässig. Im Rahmen der Auslobung der Sachpreise ist eine zweimalige Nennung der jeweiligen Firma sowie eine zweimalige kurze visuelle Darstel- lung erlaubt.50 Wie die Bereitstellung von Produktionshilfen gilt allerdings nach § 15 Satz 1 Nr. 2 und § 44 Satz 1 Nr. 2 RStV ausdrücklich auch die (unentgeltliche) Bereitstellung von Preisen als Produktplatzierung, wenn es sich dabei um Waren oder Dienstleistungen von be- deutendem Wert handelt.51 Dies hat zur Folge, dass derartige Preisauslobungen auch gemäß § 7 Abs. 7 RStV zu kennzeichnen sind. Die Kennzeichnung „Unterstützt durch Gewinnspiel- partner“ – wie sie in der Programmpraxis partiell festzustellen ist – erfolgt dabei in Anleh- nung an die Kennzeichnung von Produktionshilfen. Die WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF ge- ben in Ziff. 9.4. bei unentgeltlicher Bereitstellung von Produkten von bedeutendem Wert aus- drücklich die Kennzeichnung „Unterstützt durch Produktionshilfe“ vor. Die Werberichtlinien der Landesmedienanstalten machen keine derartig explizite Vorgabe, sondern regen eine Formulierung („z.B. unterstützt durch …“) lediglich an.52 Für die unentgeltliche Bereitstel- lung von Preisen unterhalb des bedeutenden Wertes finden die Regelungen zur Produktplat- zierung keine Anwendung. Hier richtet sich die Präsentation des Preises weiterhin nach Ziff. 8 der WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten bzw. nach Ziff. 11.1 bis 11.3 der Wer- beRL ARD/WerbeRL ZDF. 49 Das Teletext-Angebot der Sender wurde stichprobenartig auf Hinweise auf Produktplatzierer gesichtet. 50 Vgl. Ziffer 8 Werberichtlinien. 51 Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV. 52 Vgl. dort Ziff. 4 Nr. 7. 32
  • 35. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung Gemäß dieser Regelungen ist es bei einer Reihe von Sendungen (beispielsweise „Die perfekte Minute“, Sat.1; „Abenteuer Leben“, kabeleins; „Galileo“, ProSieben) der Fall, dass – analog zur beschriebenen Kennzeichnung von Produktplatzierungen – vor und nach der Sendung sowie nach Werbeunterbrechungen das „P“-Logo mit dem Text „unterstützt durch Gewinn- spielpartner“ eingeblendet wird. Diese Kennzeichnung ließ sich ausschließlich bei Sendern der ProSiebenSat.1-Gruppe nachweisen. Die Öffentlich-Rechtlichen sowie die Sender der RTL-Gruppe verzichten auf diesen Hinweis. „Die perfekte Minute“ (Sat.1) vom 11.03.2011 3.5 Kennzeichnung von Produktplatzierungen bei Fremdproduktionen Gemäß § 7 Abs. 7 Satz 5 RStV sind Sendungen, die nicht vom Veranstalter selbst oder von einem mit ihm verbundenen Unternehmen produziert bzw. in Auftrag gegeben wurden, von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Bedingung dafür ist, dass nicht mit „zumutbarem Aufwand“ ermittelbar ist, ob Produktplatzierungen in solchen Fremdproduktionen enthalten sind. Die WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten konkretisieren diese Bedingung in Ziffer 4 Nr. 10: „Als zumutbarer Aufwand gilt jedenfalls, wenn der Veranstalter den Verkäu- fer in vertraglicher oder sonstiger Weise zur Vorlage einer Erklärung auffordert, ob die Sen- dung Produktplatzierungen enthält.“ Kann keine Sicherheit darüber erlangt werden, haben die Programmverantwortlichen im Videotext oder anderen Medien im Zusammenhang mit der jeweiligen Sendung darauf hinzuweisen, dass eine Aufklärung über mögliche Placements nicht möglich war.53 Aus dieser Rechtslage ergeben sich somit mehrere Szenarien für nach dem 19. Dezember 2009 produzierte Fremdproduktionen, die in der Praxis auftreten können: 1. In einer Fremdproduktion sind Placements enthalten, von denen der Sender weiß. Konsequenz: Kennzeichnungspflicht greift, Hinweis im Programm mit „P“-Logo. Dies ist der eindeutige Fall des § 7 Abs. 7 Satz 3 RStV, wonach auch bei Fremdpro- duktionen grundsätzlich eine „angemessene“ Kennzeichnungspflicht besteht. 53 Vgl. Ziffer 4 Nr. 10 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten. 33
  • 36. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung 2. In einer Fremdproduktion sind Placements enthalten, die der Sender nicht ermitteln konnte. Konsequenz: Kennzeichnungspflicht entfällt, kein Hinweis im Programm mit „P“-Logo. Dies ist der Fall des § 7 Abs. 7 Satz 5 RStV. Die Entbindung von der Kennzeichnungspflicht setzt hier aber voraus, dass der Veranstalter einen zumutbaren Aufwand getrieben hat, zu ermitteln, ob Placements in der Fremdproduktion enthalten sind. Als zumutbarer Aufwand gilt, wenn der Veranstalter den Verkäufer in vertragli- cher oder sonstiger Weise zur Vorlage einer Erklärung auffordert, ob die Sendung Produktplatzierung enthält.54 Kann der Veranstalter auf diese Weise nicht ermitteln, ob die Produktion Placements enthält, muss er die Sendung auch nicht kennzeichnen. In diesem Fall hat der Veranstalter im programmbegleitenden Videotext oder Teleme- dienangebot oder in sonstiger Weise darauf hinzuweisen, dass die Aufklärung nicht möglich war.55 3. In einer Fremdproduktion sind keine Placements enthalten und der Sender konnte dies klären. Konsequenz: kein Hinweis im Programm mit „P“-Logo, kein Hinweis im Vi- deotext oder anderen Medien. In diesem Fall gibt es keine Produktplatzierung, daher auch keine Hinweispflicht. 4. In einer Fremdproduktion sind keine Placements enthalten, der Sender konnte dies aber nicht sicher klären. Konsequenz: kein Hinweis im Programm mit „P“-Logo. Die- ses Szenario wird in der Praxis voraussichtlich keine Rolle spielen. Es wäre auch nicht justiziabel. Die Prüfungs- bzw. Aufklärungspflicht kann für einen Veranstalter über- haupt erst dann entstehen, wenn sich nach Sichtung des Sendematerials begründete Anhaltspunkte ergeben, dass die Produktion Placements enthalten könnte. Bei einer Produktion, die tatsächlich aber keine Placements enthält, werden hinreichende, eine Prüfungspflicht auslösende Indizien auch nicht auszumachen sein (insoweit ist auch Szenario 3 ein eher theoretisches Modell). Wenn aber keine Prüfungs- bzw. Aufklä- rungspflicht vorliegt, besteht auch keine Hinweispflicht, dass eine Aufklärung nicht möglich war. Im Gegenteil: Mit einem solchen Hinweis ohne begründeten „Anfangs- verdacht“ würde der Zuschauer ebenso in die Irre geführt wie bei nicht gekennzeich- neten Platzierungen, indem ihm nämlich (nicht vorhandene) Einflussnahmen Dritter suggeriert werden. Im Rahmen der vorliegenden Expertise werden drei Fragen zu Produktplatzierungen in Fremdproduktionen beantwortet, die sich unmittelbar aus der skizzierten Rechtslage ableiten lassen: 1. Wurden im Untersuchungszeitraum Fremdproduktionen ausgestrahlt, die mit dem „P“-Logo gekennzeichnet sind? 54 So gleichlautend Ziff. 9.5 WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF und Ziff. 4 Nr. 10 WerbeRL Fernsehen der Lan- desmedienanstalten. 55 Beispielsweise: „Diese Sendung könnte Produktplatzierung enthalten.“ Vgl. Ziff. 9.5 WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF. In Ziff. 4 Nr. 10 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten ist diese Hinweis- pflicht demgegenüber nur allgemein formuliert: „Der Hinweis hat im Zusammenhang mit der Sendung und/oder mit Programmankündigungen zur Sendung im Videotext oder anderen Medien zu erfolgen.“ 34
  • 37. Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung 2. Gibt es Fälle von Produktplatzierungen in Fremdproduktionen, die nicht gekennzeich- net sind? 3. Gibt es im Zusammenhang mit möglichen Produktplatzierungen in Fremdproduktio- nen Hinweise im Videotext der Sender oder anderen Medien? Um diese Fragestellung beantworten zu können, wurden im März 2011 neben den fremdpro- duzierten Sendungen, die in den beiden künstlichen Wochen der Stichprobe der generellen Programmsichtung ausgestrahlt wurden, zusätzlich je zwei Folgen ausgewählter Fremdpro- duktionen visioniert, die nach dem 19. Dezember 2009 produziert wurden.56 Mit dem „P“-Logo gekennzeichnete Fremdproduktionen Im Rahmen der Programmbeobachtung wurde lediglich eine mit dem „P“-Logo gekennzeich- nete Fremdproduktion identifiziert. Dabei handelt es sich um die Live-Übertragung des Neu- jahrskonzerts der Wiener Philharmoniker am 1. Januar 2011 im ZDF. Während der Pause des Konzerts wurde ein mit dem Titel „The Vienna Philharmonics on Tour“ bezeichneter Beitrag ausgestrahlt, der bildlich und musikalisch Eindrücke einer Kon- zertreise des Orchesters vermittelt, die dieses auf einem deutschen Kreuzfahrtschiff (TUI Cruises „Mein Schiff“) auf der Ostsee zu verschiedenen europäischen Großstädten unter- nommen hat. Dabei vermitteln nicht nur die Szenen, welche die Philharmoniker bei ihren un- terschiedlichen Auftritten zeigen, die Anmutung eines Imagefilms. Auffällig wird auch das Kreuzfahrtschiff mit seinem Ambiente und seinen Angeboten bildlich und atmosphärisch in Szene gesetzt, ebenso die angefahrenen Hafenstädte, wodurch insgesamt ein nicht unerhebli- cher Werbeeffekt für die von dem Betreiber angebotene Baltikum-Kreuzfahrt erzeugt wird. Dementsprechend kommt die Süddeutsche Zeitung zu dem Schluss: „Was das ZDF da am Neujahrsmittag zeigte, wirkte wie ein knapp halbstündiger Werbefilm, ein Spot mit riesigen Eisskulpturen, prächtigen Buffets, untermalt von ein bisschen klassischer Musik.“57 Die Form der Darstellung liefert ein Indiz für das die Produktplatzierung kennzeichnende Ziel der Ab- satzförderung (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV). Da es sich bei der Konzertübertragung um eine Produktion des ORF und damit aus Sicht des ZDF um eine Fremdproduktion handelt und somit keine Sendungsform vorliegt, für die – be- zogen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – Produktplatzierung ausgeschlossen ist (§ 15 Satz 1 Nr. 1 RStV), durfte das ZDF die Sendung dennoch übernehmen, sofern die Anforde- rungen an eine zulässige Produktplatzierung ansonsten eingehalten werden. Hierzu gehören insbesondere die Beachtung der erforderlichen Kennzeichnungspflichten (§ 7 Abs. 7 Satz 3 RStV) und das Verbot des werblichen Übermaßes (§ 7 Abs. 7 Satz 1 Nrn. 2 und 3 RStV). Die Kennzeichnung der Sendung mit Produktplatzierung – sie erfolgt am Anfang und am En- de der Live-Übertragung des Neujahrskonzerts – ist korrekt. Die Szenen, in denen das Kreuz- 56 Dabei handelt es sich um die Sendungen „CSI Miami“, „Law & Order“, „CSI – Den Tätern auf der Spur” (alle RTL), „Navy CIS“, „The Mentalist“ (beide Sat.1), „Fringe – Grenzfälle des FBI“, „Desperate House- wifes“, „Vampire Diaries“, „Private Practice“, „Two and a Half Men“, „Grey’s Anatomy“ (alle ProSieben), „Stargate Universe“ (RTL2), „Good Wife“ (kabeleins), „The Closer“ (VOX). 57 Riehl (2011), S. 15. 35