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36 Detecon Management Report blue • 2015
Mission possible: Dr. Markus Müller, CIO der
Deutschen ­Telekom, muss bis 2015 gleich­zeitig
die IT-Qualität steigern, die Kosten um eine
Milliarde Euro senken und IT-Projekte auf den
Punkt abliefern. Und er ist auf einem guten
Weg dahin.
Interview mit
Dr. Markus Müller, CIO,
Deutsche Telekom AG
Telekom IT:
Mehr als nur ein
IT-Dienstleister
D	 ie IT der Deutschen Telekom war ursprünglich auf drei
­Bereiche aufgeteilt. Im Jahr 2012 änderte sich das: Der Konzern
richtete eine zentrale IT ein – mit einer Verantwortung und ­einer
Führung, mit einheitlichen Zielen, einem konsistenten Portfo-
lio und einer kostengünstigen Produktion. Eine ­Maßnahme,
die die Qualität verbessert und die IT-Kosten nachhaltig senkt.
Die Telekom IT beschäftigt heute 7.300 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter. Unter Leitung von CIO Dr. Markus Müller ver-
antwortet sie ein IT-Budget von zwei Milliarden Euro. Bei der
Telekom IT liegt die Verantwortung für CRM- und Billing-
Systeme, die 250 Millionen Rechnungen im Jahr und elf Mil-
lionen Kundenanfragen im Monat abwickeln, sie betreibt die
gemeinsamen Plattformen der europäischen Telekom-Töchter
und realisiert erhebliche Skaleneffekte. Und die Telekom IT hat
ein herausforderndes Ziel: Die IT-Kosten von 2012 bis 2015
um eine Milliarde Euro zu senken, die IT-Qualität zu verbessern
und IT-Projekte auf den Punkt abzuliefern.
Gleichzeitig muss sie eine wichtige Mission erfüllen, denn sie
soll das Fundament für die Umsetzung der Strategie des Kon-
zerns legen. Um die Telekom zur „Leading Telco“ zu machen,
stellt sie mit dem Broadband Network Gateway deshalb die „IP
Produktionsplattform“ für die Abbildung neuer IP-Produkte
in der Architektur bereit. Mit ihrer Architektur stellt sie die
Bündelung von Festnetz und Mobilfunk sicher. Sie baut eine
standardisierte „Steckerleiste“, die die Einbindung attraktiver
Partner-Angebote in das Produktportfolio der Deutschen Tele-
kom erlaubt, und ermöglicht mit ihrer Architektur integrierte
Angebote für Geschäftskunden. Die Gründung der Telekom IT
war dringend nötig – und doch war sie ein Kraftakt. Dr. Markus
Müller sprach mit Detecon über das bislang Erreichte und die
Ziele für die nahe Zukunft.
37 Detecon Management Report blue • 2015
DMR: Seit Ihrem Antritt als CIO haben Sie bereits viel verändert.
Seit Gründung der Telekom IT wurden mehr als 800 Millionen
Euro eingespart, die Zahl der schweren Systemausfälle sank um
rund 80 Prozent seit 2012. Hierzu waren tiefgreifende Verände­
rungen notwendig – strukturell, technisch und in den Köpfen der
Mitarbeiter. Wieso haben Sie diese Aufgabe angenommen?
Dr. Müller: Diese Herausforderung hat mich sehr gereizt.
Schließlich ist die Deutsche Telekom ein DAX-Konzern. Ein
Gigant mit dem größten IT-Bereich seiner Branche. Bevor wir
die Telekom IT gründeten, gab es drei unterschiedliche IT-
Mannschaften, jede für sich mit eigenen Liefer- und Leistungs-
beziehungen, mit völlig unterschiedlichen IT-Systemen, die
nicht zusammenarbeiten konnten. Das blieb nicht ohne Aus-
wirkungen auf die Kunden. Man kann sagen: Die IT war da-
mals bereits ein Team mit großer Perspektive, aber dieses Team
arbeitete unter schlechten Voraussetzungen. Dies zu ändern war
eine Aufgabe, wie ich sie bislang noch nicht übernehmen durfte.
Es war eine neue Herausforderung. Und ich muss sagen: Ich
habe noch keinen Tag bereut, mich ihr gestellt zu haben.
DMR: Bis Ende 2015 müssen Sie insgesamt eine Milliarde Euro
einsparen – und Sie sind bereits auf einem sehr guten Weg. Wie
haben Sie das geschafft?
Dr. Müller: Es gab mehrere Hebel, an denen wir ansetzen
konnten. Zu den wichtigsten zählten die Reduzierung externer
Arbeitskräfte, strenge Priorisierung der IT-Projekte, die Opti-
mierung des Applikationsmanagements, die Reduzierung der
Lizenzkosten und des Betreuungsaufwands bei Bestandsanwen-
dungen sowie verstärktes Near- und Offshoring.
DMR: Sie hatten die Aufgabe, aus unterschiedlichen Bereichen des
Telekom-Konzerns eine Einheit zu formen. Wurden Sie dabei mit
kulturellen Unterschieden konfrontiert?
Dr. Müller: Wie gesagt, handelte es sich um drei IT-Teams mit
unterschiedlichen Zielgruppen und Zielsetzungen. Auf De-
mand-Seite gab es Teams der Telekom Deutschland und der in-
ternationalen Organisation, die das IT-Team der T-Systems auf
Supplier-Seite nutzte. Nun kann man sich fragen, wie eine sol-
che Organisation überhaupt entstehen konnte. Alle drei Teams
haben lange und verschiedenartige Historien im Konzern. Ein-
mal lag der Fokus auf Deutschland, einmal auf der internatio-
nalen Zusammenarbeit. Einmal lag er auf dem Demand, einmal
auf Supply. Die verschiedenen Ausrichtungen gegen eine ein-
heitliche Zielsetzung auszutauschen, verlangte von den Mitar-
beiterinnen und Mitarbeitern Mut zur Veränderung. Aber ich
würde sagen, dass wir es in den letzten zwei Jahren geschafft
haben, ein echtes Team auf die Beine zu stellen.
DMR: Bleiben wir beim Thema Kultur. Was ist Ihrer Meinung
nach entscheidend bei der Schaffung einer neuen Kultur? Und im
konkreten Fall bei der Schaffung der einen „Telekom IT“-Kultur?
Dr. Müller: Ich glaube, was unter anderem geholfen hat, war die
Art, wie wir die Organisation der Telekom IT gestaltet haben:
mit voller Ende-zu-Ende-Verantwortung für die IT des Kon-
zerns. Wir haben die einzelnen Solution-Bereiche auf unsere in-
ternen Kunden ausgerichtet. Kollegen, die bislang in Demand
und Supply aufgeteilt waren, arbeiten nun Hand in Hand. Da-
rüber hinaus haben wir ein umfangreiches Veränderungs- und
Kommunikationsprogramm ins Leben gerufen. Hier konnten
sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter äußern, sich aus-
tauschen, Kritik üben und Feedback einholen. In diesem Pro-
gramm haben wir strukturelle Veränderungen gebündelt und
im fünfmonatigen Rhythmus als Pakete ausgerollt. So haben
wir den Wandel für die Mitarbeiter nachvollziehbarer gestaltet
und die Menschen ‚mitgenommen’. Schließlich haben wir den
offenen Dialog gesucht, etwa mit Hilfe von Calls und Sounding
Boards sowie im Rahmen unserer jährlichen Roadshow durch
die Bundesländer. Die Erfolge unserer Mannschaft zeigen: Wir
sind auf einem guten Weg.
DMR: Der Markt und die Anforderungen ändern sich kaum
­irgendwo so schnell wie in der Telekommunikationsindustrie und
dem ICT-Bereich. Sie haben die schwere Aufgabe, stets auf dem
aktuellsten Stand zu bleiben. Eine agile und sehr flexible Kultur
und Organisation sind ein Muss. Wie lässt sich das mit so vielen
Mitarbeitern gestalten?
Dr. Müller: Die Anzahl der Mitarbeiter ist aus meiner Sicht
nicht ausschlaggebend für das Maß an Agilität. Viel wichtiger
ist, die Menschen ihren Fähigkeiten entsprechend einzusetzen.
Um das sicherzustellen, haben wir ein umfangreiches Qualifi-
zierungsprogramm aufgesetzt, das an den Marktanforderungen
und der Strategie der Telekom IT ausgerichtet ist: ein Programm
mit einem Budget von 7,9 Millionen Euro für die Qualifizie-
rung von mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
allein in 2014. Wichtig ist: Wir setzen auf unsere Mannschaft,
nicht auf externe Kräfte.
DMR: Wie haben Sie es geschafft, die Qualität für den Kunden zu
steigern und gleichzeitig die Kosten zu senken? Steht beides nicht
im Widerspruch?
Dr. Müller: Nein, überhaupt nicht. Ich vergleiche das immer
mit dem Kochen: Wer gut kochen will, braucht gute Zutaten.
Doch die alleine ergeben noch kein gutes Essen. Ich brauche das
Know-how und die richtige Ausrüstung. Auf uns übertragen be-
deutet das: Wir haben in Qualität investiert. In neue Hardware
38 Detecon Management Report blue • 2015
Dr. Markus Müller, Jahrgang 1962, promovierte an der Universität Passau im Fach Informatik. Danach be-
gann er seine Karriere bei McKinsey & Co., wo er in Deutschland und den USA hauptsächlich in der Finanz­
industrie tätig war. Im Jahr 2000 wechselte Markus Müller zur Allianz und verantwortete dort zunächst die
E-Business-Strategie der Allianz-Gruppe. Anschließend war er für den Aufbau der Group IT zuständig, bevor
er bei der Dresdner Bank als Chief Operating Officer IT die Leitung der IT-Restrukturierung und des Direct
­Bankings übernahm. Schwerpunkt seiner Aufgaben war unter anderem die Kostenoptimierung bei gleich­
zeitiger Qualitäts- und Performancesteigerung. Nach seiner Rückkehr verantwortete er als Head of Group IT
die Entwicklung eines internationalen IT Shared-Service-Ansatzes im operativen Versicherungs­betrieb. Als
Chief Excecutive Officer des europäischen Rechenzentrums steuerte er erfolgreich die europaweite Konso-
lidierung. 2010 übernahm Müller die Aufgabe als Chief Information Officer der Allianz Holding. Seit dem
1. Juni 2012 ist Markus Müller CIO der Deutschen Telekom. Als Geschäftsführer der Telekom IT, dem
internen Dienstleister der Deutschen Telekom, ist er für einen der größten IT-Dienstleister in Europa mit ca.
7.300 Mitarbeitern und einem Budget von 2,05 Milliarden Euro verantwortlich.
39 Detecon Management Report blue • 2015
und eine akribische Software-Analyse, um die bereits früher
angesprochenen, schwerwiegenden Ausfälle deutlich zu redu-
zieren. Auch haben wir die Abstimmungsprozesse entschlackt
und Redundanzen abgebaut. Wir haben zudem auf den Ein-
satz von externen Kräften verzichtet. Unter anderem haben wir
dadurch bereits im ersten Jahr 200 Millionen Euro eingespart,
ohne Qualität einzubüßen. Ein weiterer, großer Posten waren
die Softwarelizenzen: Nicht mehr benötigte Lizenzen wurden
konsequent gekündigt und die Konditionen für noch benötigte
Lizenzen neu verhandelt.
DMR: Heute ist die Telekom IT organisatorisch gut aufgestellt.
Dennoch gibt es immer wieder Transformations- und Restrukturie­
rungsbedarfe. Warum?
Dr. Müller: Das hat zwei Gründe. Zum einen trägt die Telekom
IT immer mehr Verantwortung, in jüngster Zeit beispielsweise
für die so genannte Steckerleiste, die internationale Standard-
Schnittstelle zur Einbindung von Drittdienstleistern. Darüber
hinaus finde ich es wichtig, immer wieder zu reflektieren, ob
man mit seiner Mannschaft gut aufgestellt ist. Wenn ich noch
einmal auf die Ende-zu-Ende-Verantwortung der Telekom IT
für die interne IT des Konzerns zurückkommen darf: Es gibt
immer wieder Bedarf, Schnittstellen noch ein Stück deutlicher
zu definieren, Kolleginnen und Kollegen aus anderen Einheiten
zu uns zu holen oder anderen Einheiten zuzuordnen. Das sind
aber keine großen Umorganisationsmaßnahmen und für die
Mitarbeiter in der Regel leicht zu verkraften.
DMR: Restrukturierungen und Effizienzprogramme haben im­
mer den Beigeschmack, dass Menschen ihren Job verlieren können
oder sich auf neue Aufgaben einlassen müssen. Man trifft geradezu
zwangsläufig auf Skepsis und Unsicherheit. Wie konnten Sie Ihre
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dennoch motivieren?
Dr. Müller: Das ist generell keine leichte Aufgabe. Und sie wird
mit jeder Herausforderung, der sich ein Team stellen muss,
schwerer. Zudem ist bekannt, dass die Telekom IT Personal
abbauen muss, um sich schlanker und effizienter aufzustellen.
Meine Führungsmannschaft und ich versuchen zu motivieren,
indem wir ein Zielbild aufzeigen. Die IT ist in einem Telekom-
munikationsunternehmen elementarer Bestandteil des Kernge-
schäftes. Wir gestalten die Zukunft unseres Unternehmens mit
– und zwar als Innovator und Business-Unterstützer, nicht ‚nur’
als IT-Lieferant. Für viele, die sich verändern müssen, bieten
wir interessante Tätigkeiten im Konzern und in der Wirtschaft
oder beim Bund an und sichern die gegebenenfalls notwendigen
Qualifizierungsbedarfe ab.
DMR: Eine abschließende Frage: Wo liegen für die Telekom IT
in den kommenden fünf Jahren die größten Herausforderungen?
Wohin möchten Sie die Telekom IT steuern?
Dr. Müller: Die größte Herausforderung ist, die Business Trans-
formation der Deutschen Telekom bestmöglich zu unterstützen.
In unserer neuen IP-Welt verfolgen wir eine klare Vision: Zu-
künftig kann der Kunde mit uns über eine Kunden-ID kom-
munizieren, mit der er unsere Dienste und Services bestellt und
bezahlt. Wir sorgen dafür, dass Standardprodukte der Deut-
schen Telekom – Sprache, Daten, TV – oder Drittprodukte wie
Spotify flexibel als Produktbündel abgebildet und mit passender
Tarifierung angeboten und auf einer Rechnung abgerechnet
werden können. Und weil wir Leitung und Dienste trennen,
kann unser Kunde unsere Leistungen unkompliziert an jeden
Ort mitnehmen. Prozesse, die heute noch extrem komplex sind,
werden deutlich einfacher – etwa ein Umzug. Und für unsere
Kunden wird der Umgang mit uns spürbar bequemer. Mög-
lich wird all das durch ein gigantisches Umbauprogramm: Wir
durchbrechen alte, historisch gewachsene Strukturen, die von
Produkt- und Kundengruppen bestimmt und auf Festnetz und
Mobilfunk verteilt sind, und gestalten stattdessen eine IT für
alle Produkte und Kunden, die einfache Prozesse ermöglicht.
Hierzu muss eine IT-Landschaft von rund 930 Applikationen
und Plattformen grundlegend aufgeräumt und neue Technolo-
gien eingeführt werden.
DMR: Herr Müller, vielen Dank für dieses Interview!
Das Gespräch führte Dr. Christoph Lymbersky, Senior Consultant,
aus dem Bereich Transformation & Peoplemanagement.

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  • 1. 36 Detecon Management Report blue • 2015 Mission possible: Dr. Markus Müller, CIO der Deutschen ­Telekom, muss bis 2015 gleich­zeitig die IT-Qualität steigern, die Kosten um eine Milliarde Euro senken und IT-Projekte auf den Punkt abliefern. Und er ist auf einem guten Weg dahin. Interview mit Dr. Markus Müller, CIO, Deutsche Telekom AG Telekom IT: Mehr als nur ein IT-Dienstleister D ie IT der Deutschen Telekom war ursprünglich auf drei ­Bereiche aufgeteilt. Im Jahr 2012 änderte sich das: Der Konzern richtete eine zentrale IT ein – mit einer Verantwortung und ­einer Führung, mit einheitlichen Zielen, einem konsistenten Portfo- lio und einer kostengünstigen Produktion. Eine ­Maßnahme, die die Qualität verbessert und die IT-Kosten nachhaltig senkt. Die Telekom IT beschäftigt heute 7.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unter Leitung von CIO Dr. Markus Müller ver- antwortet sie ein IT-Budget von zwei Milliarden Euro. Bei der Telekom IT liegt die Verantwortung für CRM- und Billing- Systeme, die 250 Millionen Rechnungen im Jahr und elf Mil- lionen Kundenanfragen im Monat abwickeln, sie betreibt die gemeinsamen Plattformen der europäischen Telekom-Töchter und realisiert erhebliche Skaleneffekte. Und die Telekom IT hat ein herausforderndes Ziel: Die IT-Kosten von 2012 bis 2015 um eine Milliarde Euro zu senken, die IT-Qualität zu verbessern und IT-Projekte auf den Punkt abzuliefern. Gleichzeitig muss sie eine wichtige Mission erfüllen, denn sie soll das Fundament für die Umsetzung der Strategie des Kon- zerns legen. Um die Telekom zur „Leading Telco“ zu machen, stellt sie mit dem Broadband Network Gateway deshalb die „IP Produktionsplattform“ für die Abbildung neuer IP-Produkte in der Architektur bereit. Mit ihrer Architektur stellt sie die Bündelung von Festnetz und Mobilfunk sicher. Sie baut eine standardisierte „Steckerleiste“, die die Einbindung attraktiver Partner-Angebote in das Produktportfolio der Deutschen Tele- kom erlaubt, und ermöglicht mit ihrer Architektur integrierte Angebote für Geschäftskunden. Die Gründung der Telekom IT war dringend nötig – und doch war sie ein Kraftakt. Dr. Markus Müller sprach mit Detecon über das bislang Erreichte und die Ziele für die nahe Zukunft.
  • 2. 37 Detecon Management Report blue • 2015 DMR: Seit Ihrem Antritt als CIO haben Sie bereits viel verändert. Seit Gründung der Telekom IT wurden mehr als 800 Millionen Euro eingespart, die Zahl der schweren Systemausfälle sank um rund 80 Prozent seit 2012. Hierzu waren tiefgreifende Verände­ rungen notwendig – strukturell, technisch und in den Köpfen der Mitarbeiter. Wieso haben Sie diese Aufgabe angenommen? Dr. Müller: Diese Herausforderung hat mich sehr gereizt. Schließlich ist die Deutsche Telekom ein DAX-Konzern. Ein Gigant mit dem größten IT-Bereich seiner Branche. Bevor wir die Telekom IT gründeten, gab es drei unterschiedliche IT- Mannschaften, jede für sich mit eigenen Liefer- und Leistungs- beziehungen, mit völlig unterschiedlichen IT-Systemen, die nicht zusammenarbeiten konnten. Das blieb nicht ohne Aus- wirkungen auf die Kunden. Man kann sagen: Die IT war da- mals bereits ein Team mit großer Perspektive, aber dieses Team arbeitete unter schlechten Voraussetzungen. Dies zu ändern war eine Aufgabe, wie ich sie bislang noch nicht übernehmen durfte. Es war eine neue Herausforderung. Und ich muss sagen: Ich habe noch keinen Tag bereut, mich ihr gestellt zu haben. DMR: Bis Ende 2015 müssen Sie insgesamt eine Milliarde Euro einsparen – und Sie sind bereits auf einem sehr guten Weg. Wie haben Sie das geschafft? Dr. Müller: Es gab mehrere Hebel, an denen wir ansetzen konnten. Zu den wichtigsten zählten die Reduzierung externer Arbeitskräfte, strenge Priorisierung der IT-Projekte, die Opti- mierung des Applikationsmanagements, die Reduzierung der Lizenzkosten und des Betreuungsaufwands bei Bestandsanwen- dungen sowie verstärktes Near- und Offshoring. DMR: Sie hatten die Aufgabe, aus unterschiedlichen Bereichen des Telekom-Konzerns eine Einheit zu formen. Wurden Sie dabei mit kulturellen Unterschieden konfrontiert? Dr. Müller: Wie gesagt, handelte es sich um drei IT-Teams mit unterschiedlichen Zielgruppen und Zielsetzungen. Auf De- mand-Seite gab es Teams der Telekom Deutschland und der in- ternationalen Organisation, die das IT-Team der T-Systems auf Supplier-Seite nutzte. Nun kann man sich fragen, wie eine sol- che Organisation überhaupt entstehen konnte. Alle drei Teams haben lange und verschiedenartige Historien im Konzern. Ein- mal lag der Fokus auf Deutschland, einmal auf der internatio- nalen Zusammenarbeit. Einmal lag er auf dem Demand, einmal auf Supply. Die verschiedenen Ausrichtungen gegen eine ein- heitliche Zielsetzung auszutauschen, verlangte von den Mitar- beiterinnen und Mitarbeitern Mut zur Veränderung. Aber ich würde sagen, dass wir es in den letzten zwei Jahren geschafft haben, ein echtes Team auf die Beine zu stellen. DMR: Bleiben wir beim Thema Kultur. Was ist Ihrer Meinung nach entscheidend bei der Schaffung einer neuen Kultur? Und im konkreten Fall bei der Schaffung der einen „Telekom IT“-Kultur? Dr. Müller: Ich glaube, was unter anderem geholfen hat, war die Art, wie wir die Organisation der Telekom IT gestaltet haben: mit voller Ende-zu-Ende-Verantwortung für die IT des Kon- zerns. Wir haben die einzelnen Solution-Bereiche auf unsere in- ternen Kunden ausgerichtet. Kollegen, die bislang in Demand und Supply aufgeteilt waren, arbeiten nun Hand in Hand. Da- rüber hinaus haben wir ein umfangreiches Veränderungs- und Kommunikationsprogramm ins Leben gerufen. Hier konnten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter äußern, sich aus- tauschen, Kritik üben und Feedback einholen. In diesem Pro- gramm haben wir strukturelle Veränderungen gebündelt und im fünfmonatigen Rhythmus als Pakete ausgerollt. So haben wir den Wandel für die Mitarbeiter nachvollziehbarer gestaltet und die Menschen ‚mitgenommen’. Schließlich haben wir den offenen Dialog gesucht, etwa mit Hilfe von Calls und Sounding Boards sowie im Rahmen unserer jährlichen Roadshow durch die Bundesländer. Die Erfolge unserer Mannschaft zeigen: Wir sind auf einem guten Weg. DMR: Der Markt und die Anforderungen ändern sich kaum ­irgendwo so schnell wie in der Telekommunikationsindustrie und dem ICT-Bereich. Sie haben die schwere Aufgabe, stets auf dem aktuellsten Stand zu bleiben. Eine agile und sehr flexible Kultur und Organisation sind ein Muss. Wie lässt sich das mit so vielen Mitarbeitern gestalten? Dr. Müller: Die Anzahl der Mitarbeiter ist aus meiner Sicht nicht ausschlaggebend für das Maß an Agilität. Viel wichtiger ist, die Menschen ihren Fähigkeiten entsprechend einzusetzen. Um das sicherzustellen, haben wir ein umfangreiches Qualifi- zierungsprogramm aufgesetzt, das an den Marktanforderungen und der Strategie der Telekom IT ausgerichtet ist: ein Programm mit einem Budget von 7,9 Millionen Euro für die Qualifizie- rung von mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern allein in 2014. Wichtig ist: Wir setzen auf unsere Mannschaft, nicht auf externe Kräfte. DMR: Wie haben Sie es geschafft, die Qualität für den Kunden zu steigern und gleichzeitig die Kosten zu senken? Steht beides nicht im Widerspruch? Dr. Müller: Nein, überhaupt nicht. Ich vergleiche das immer mit dem Kochen: Wer gut kochen will, braucht gute Zutaten. Doch die alleine ergeben noch kein gutes Essen. Ich brauche das Know-how und die richtige Ausrüstung. Auf uns übertragen be- deutet das: Wir haben in Qualität investiert. In neue Hardware
  • 3. 38 Detecon Management Report blue • 2015 Dr. Markus Müller, Jahrgang 1962, promovierte an der Universität Passau im Fach Informatik. Danach be- gann er seine Karriere bei McKinsey & Co., wo er in Deutschland und den USA hauptsächlich in der Finanz­ industrie tätig war. Im Jahr 2000 wechselte Markus Müller zur Allianz und verantwortete dort zunächst die E-Business-Strategie der Allianz-Gruppe. Anschließend war er für den Aufbau der Group IT zuständig, bevor er bei der Dresdner Bank als Chief Operating Officer IT die Leitung der IT-Restrukturierung und des Direct ­Bankings übernahm. Schwerpunkt seiner Aufgaben war unter anderem die Kostenoptimierung bei gleich­ zeitiger Qualitäts- und Performancesteigerung. Nach seiner Rückkehr verantwortete er als Head of Group IT die Entwicklung eines internationalen IT Shared-Service-Ansatzes im operativen Versicherungs­betrieb. Als Chief Excecutive Officer des europäischen Rechenzentrums steuerte er erfolgreich die europaweite Konso- lidierung. 2010 übernahm Müller die Aufgabe als Chief Information Officer der Allianz Holding. Seit dem 1. Juni 2012 ist Markus Müller CIO der Deutschen Telekom. Als Geschäftsführer der Telekom IT, dem internen Dienstleister der Deutschen Telekom, ist er für einen der größten IT-Dienstleister in Europa mit ca. 7.300 Mitarbeitern und einem Budget von 2,05 Milliarden Euro verantwortlich.
  • 4. 39 Detecon Management Report blue • 2015 und eine akribische Software-Analyse, um die bereits früher angesprochenen, schwerwiegenden Ausfälle deutlich zu redu- zieren. Auch haben wir die Abstimmungsprozesse entschlackt und Redundanzen abgebaut. Wir haben zudem auf den Ein- satz von externen Kräften verzichtet. Unter anderem haben wir dadurch bereits im ersten Jahr 200 Millionen Euro eingespart, ohne Qualität einzubüßen. Ein weiterer, großer Posten waren die Softwarelizenzen: Nicht mehr benötigte Lizenzen wurden konsequent gekündigt und die Konditionen für noch benötigte Lizenzen neu verhandelt. DMR: Heute ist die Telekom IT organisatorisch gut aufgestellt. Dennoch gibt es immer wieder Transformations- und Restrukturie­ rungsbedarfe. Warum? Dr. Müller: Das hat zwei Gründe. Zum einen trägt die Telekom IT immer mehr Verantwortung, in jüngster Zeit beispielsweise für die so genannte Steckerleiste, die internationale Standard- Schnittstelle zur Einbindung von Drittdienstleistern. Darüber hinaus finde ich es wichtig, immer wieder zu reflektieren, ob man mit seiner Mannschaft gut aufgestellt ist. Wenn ich noch einmal auf die Ende-zu-Ende-Verantwortung der Telekom IT für die interne IT des Konzerns zurückkommen darf: Es gibt immer wieder Bedarf, Schnittstellen noch ein Stück deutlicher zu definieren, Kolleginnen und Kollegen aus anderen Einheiten zu uns zu holen oder anderen Einheiten zuzuordnen. Das sind aber keine großen Umorganisationsmaßnahmen und für die Mitarbeiter in der Regel leicht zu verkraften. DMR: Restrukturierungen und Effizienzprogramme haben im­ mer den Beigeschmack, dass Menschen ihren Job verlieren können oder sich auf neue Aufgaben einlassen müssen. Man trifft geradezu zwangsläufig auf Skepsis und Unsicherheit. Wie konnten Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dennoch motivieren? Dr. Müller: Das ist generell keine leichte Aufgabe. Und sie wird mit jeder Herausforderung, der sich ein Team stellen muss, schwerer. Zudem ist bekannt, dass die Telekom IT Personal abbauen muss, um sich schlanker und effizienter aufzustellen. Meine Führungsmannschaft und ich versuchen zu motivieren, indem wir ein Zielbild aufzeigen. Die IT ist in einem Telekom- munikationsunternehmen elementarer Bestandteil des Kernge- schäftes. Wir gestalten die Zukunft unseres Unternehmens mit – und zwar als Innovator und Business-Unterstützer, nicht ‚nur’ als IT-Lieferant. Für viele, die sich verändern müssen, bieten wir interessante Tätigkeiten im Konzern und in der Wirtschaft oder beim Bund an und sichern die gegebenenfalls notwendigen Qualifizierungsbedarfe ab. DMR: Eine abschließende Frage: Wo liegen für die Telekom IT in den kommenden fünf Jahren die größten Herausforderungen? Wohin möchten Sie die Telekom IT steuern? Dr. Müller: Die größte Herausforderung ist, die Business Trans- formation der Deutschen Telekom bestmöglich zu unterstützen. In unserer neuen IP-Welt verfolgen wir eine klare Vision: Zu- künftig kann der Kunde mit uns über eine Kunden-ID kom- munizieren, mit der er unsere Dienste und Services bestellt und bezahlt. Wir sorgen dafür, dass Standardprodukte der Deut- schen Telekom – Sprache, Daten, TV – oder Drittprodukte wie Spotify flexibel als Produktbündel abgebildet und mit passender Tarifierung angeboten und auf einer Rechnung abgerechnet werden können. Und weil wir Leitung und Dienste trennen, kann unser Kunde unsere Leistungen unkompliziert an jeden Ort mitnehmen. Prozesse, die heute noch extrem komplex sind, werden deutlich einfacher – etwa ein Umzug. Und für unsere Kunden wird der Umgang mit uns spürbar bequemer. Mög- lich wird all das durch ein gigantisches Umbauprogramm: Wir durchbrechen alte, historisch gewachsene Strukturen, die von Produkt- und Kundengruppen bestimmt und auf Festnetz und Mobilfunk verteilt sind, und gestalten stattdessen eine IT für alle Produkte und Kunden, die einfache Prozesse ermöglicht. Hierzu muss eine IT-Landschaft von rund 930 Applikationen und Plattformen grundlegend aufgeräumt und neue Technolo- gien eingeführt werden. DMR: Herr Müller, vielen Dank für dieses Interview! Das Gespräch führte Dr. Christoph Lymbersky, Senior Consultant, aus dem Bereich Transformation & Peoplemanagement.