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Die Ermordung des Jesse James
durch den Feigling Robert Ford
Film(&)Philosophie
Akademiefür
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„Willst du so sein wie ich? Oder willst du ich sein?“
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
angewandte Philosophie
Akademiefürangewandte Philosophie
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Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling
Robert Ford
Andrew Dominik, 2007 (USA)
• Mit: Brad Pitt, Casey Affleck, Zooey Deschanel, Sam
Rockwell
• Buch:Andrew Dominik
• Kamera: Roger Deakins (GB, u.a.: „Fargo“, „The Big
Lebowski“, „O Brother,Where Art Thou?“, „A
Beautiful Mind“, „DerVorleser“, „True Grit“,
„Skyfall“)
• Musik: Nick Cave und Warren Ellis
• Kamera und Ton erzeugen gemeinsam einen „Sog-
Effekt“, der den Zuschauer quasi in die Erzählung
zieht
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
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Jesse James (1847-1882) war zunächst Soldat der
Konföderierten Armee, fand danach nicht mehr in ein
ziviles Leben zurück und wurde Bandit.Weil er keine
Unbeteiligten verletzte, dichtete man ihm das Image
eines Robin Hood an, seine Bande wurde zur
Legende. Nachdem diese Bande stärker dezimiert
wurde, traute er nur noch Robert und Charley Ford.
Die jedoch wollten bei seiner Gefangennahme helfen,
tatsächlich hat Bob Jesse James mit Duldung der
Behörden aber hinterrücks erschossen.
Auf Jesse James’ Grabstein steht: „Murdered by a
Traitor and Coward Whose Name is not Worthy to
Appear here.“
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Was oder wer aber war Jesse James?
Ein Held? EinVerbrecher? Ein Mörder?
Und was oder wer war Robert Ford? Ein Feigling? Ein
Gesetzeshüter? Ein Gerechter? Ein Freund?
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
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Identität.Was ist das eigentlich? Konstruktion oder
Gegebenheit?
• Gegebenheit: Die (zugewiesene) Rolle im Leben.
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• Konstruktion:Ab dem 19. Jahrhundert eine Rolle, in
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Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
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Identität.Was ist das eigentlich? Konstruktion oder
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Es gibt einen Unterschied zwischen der Welt der Dinge
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Begriffe wie Lebenswelt (Husserl),
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Identität.Was ist das eigentlich? Konstruktion oder
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Die vorgelagerte Frage ist: Gibt es überhaupt eine
unabhängige Welt? Nein:
Nelson Goodman (1906-1998):Welten werden
erzeugt, nicht entdeckt.
➞ „Weisen der Welterzeugung“ (1978)
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
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„Dieses Buch gehört zur Hauptströmung der
Philosophie, die damit begann, daß Kant die Struktur
der Welt durch die Struktur des Geistes ersetzte, in
deren Fortführung C. I. Lewis die Struktur der Begriffe
an die Stelle der Struktur des Geistes treten ließ und
die nun schließlich dahin gekommen ist, die Struktur
der Begriffe durch die Strukturen der verschiedenen
Symbolsysteme der Wissenschaften, der Philosophie,
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Rede zu ersetzen. Die Bewegung verläuft von der
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vorgefundenen Welt zum Erzeugungsprozeß einer
Vielfalt von richtigen oder sogar konfligierenden
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Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
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Wie ist dann die soziale Welt gemacht?
John Searle: Narration ist eine komplexe
Sprachhandlung, die auf die Behauptung abzielt, etwas
habe sich so, wie erzählt, ereignet. Dadurch werden
Realitäten erzeugt.
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
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Paul Ricœur (1913-2005)
„Narrative Identität“ (1987)
•Identität: idem und ipse; das numerisch Identische
und das identische Selbst (Identität über
Ähnlichkeit?)
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Paul Ricœur (1913-2005)
„Narrative Identität“ (1987)
•Eine Erzählung hat einen Anfang, eine Mitte, ein Ende
(Aristoteles, Poetik), die vom Künstler festgelegt
werden. Dadurch entsteht die Abgegrenztheit der
Erzählung, ihre Einheit. Kriterium ist Konkordanz.
•Kontingenz und Überraschung sorgen für den
Umschlag in einer Geschichte, aus dem die Spannung
erwächst. Im Leben passiert das zufällig, in der
Geschichte ist es notwendig für den Fortschritt.
•Kontingenz und Konkordanz stehen in einem
fruchtbaren Spannungsverhältnis
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
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Paul Ricœur (1913-2005)
„Narrative Identität“ (1987)
•Der Held einer Erzählung gewinnt seine Identität vor
dem Hintergrund der konkordanten Erzählung.
•Die narrative Identität des Helden ist ein
„einheitlicher Stil von subjektiven Transformationen“.
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
Akademiefürangewandte Philosophie
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Mit Goodman und Ricœur zurück zur Frage: Identität.
Was ist das eigentlich? Konstruktion oder
Gegebenheit?
•Der Mensch interpretiert und erzeugt dadurch eine
konkordante Welt, zu der er sich insVerhältnis setzt.
Durch die Wahl seiner Transformation (die aus dem
Ins-Verhältnis-setzen folgen) erschafft er seine
Erzählung, die sich an jemanden richten muss. (→ vgl.
Searle: Narration als Sprachhandlung).
•Das machen die andern über den einzelnen aber
auch!
•Die Er-Erzählung hat größeres Gewicht.
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
Akademiefürangewandte Philosophie
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Die Wirkmächtigkeit der Narration
Michel Foucault (1926-1984): Dispositiv und Diskurs
Dispositiv: begrifflich fassbareVorentscheidungen, in
deren Rahmen Diskurse stattfinden
Diskurs: das in der Sprache aufscheinendeVerständnis
von Wirklichkeit auf der Basis des Dispositivs
➡In Dispositiv und Diskurs spiegelt sich dasVerhältnis
von Konkordanz und Kontingenz (subjektiver
Transformation/Sprachhandlung).
➡Ein wichtigesVerhältnis besteht zwischen Dispositiv
und Macht
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
Akademiefürangewandte Philosophie
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Literatur
•Michel Foucault: Sexualität undWahrheit, Bd. 1: DerWille
zumWissen, 1987 (20.Auflage); Bd. 2: Der Gebrauch der
Lüste, 1989 (12.Auflage); Bd. 3: Die Sorge um sich, 1989 (12.
Auflage), Frankfurt/Main
•Michel Foucault: Analytik der Macht, Frankfurt/Main 2005
(5.Auflage)
•Nelson Goodman: Weisen derWelterzeugung, Frankfurt/
Main 2001 (5.Auflage)
•Paul Ricœur: „Narrative Identität“, in: ders.: VomText zur
Person, Hamburg 2005
•John Searle: Sprechakte, Frankfurt/Main 1983 (12.
Auflage)
•John Searle: Wie wir die sozialeWelt machen, Frankfurt/
Main 2012
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
Die Ermordung des Jesse James
durch den Feigling Robert Ford
Film(&)Philosophie
Akademiefür
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„Willst du so sein wie ich? Oder willst du ich sein?“
Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
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  • 2. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford Andrew Dominik, 2007 (USA) • Mit: Brad Pitt, Casey Affleck, Zooey Deschanel, Sam Rockwell • Buch:Andrew Dominik • Kamera: Roger Deakins (GB, u.a.: „Fargo“, „The Big Lebowski“, „O Brother,Where Art Thou?“, „A Beautiful Mind“, „DerVorleser“, „True Grit“, „Skyfall“) • Musik: Nick Cave und Warren Ellis • Kamera und Ton erzeugen gemeinsam einen „Sog- Effekt“, der den Zuschauer quasi in die Erzählung zieht Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 3. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Jesse James (1847-1882) war zunächst Soldat der Konföderierten Armee, fand danach nicht mehr in ein ziviles Leben zurück und wurde Bandit.Weil er keine Unbeteiligten verletzte, dichtete man ihm das Image eines Robin Hood an, seine Bande wurde zur Legende. Nachdem diese Bande stärker dezimiert wurde, traute er nur noch Robert und Charley Ford. Die jedoch wollten bei seiner Gefangennahme helfen, tatsächlich hat Bob Jesse James mit Duldung der Behörden aber hinterrücks erschossen. Auf Jesse James’ Grabstein steht: „Murdered by a Traitor and Coward Whose Name is not Worthy to Appear here.“ Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 4. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Was oder wer aber war Jesse James? Ein Held? EinVerbrecher? Ein Mörder? Und was oder wer war Robert Ford? Ein Feigling? Ein Gesetzeshüter? Ein Gerechter? Ein Freund? Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 5. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Identität.Was ist das eigentlich? Konstruktion oder Gegebenheit? • Gegebenheit: Die (zugewiesene) Rolle im Leben. Bestimmt durch: Gott oder Gesellschaft. • Konstruktion:Ab dem 19. Jahrhundert eine Rolle, in die man gerät oder die man annimmt. (Auguste Comte, Sören Kierkegaard, Historismus) Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 6. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Identität.Was ist das eigentlich? Konstruktion oder Gegebenheit? Es gibt einen Unterschied zwischen der Welt der Dinge und der Welt der Menschen, für die in der Folge Begriffe wie Lebenswelt (Husserl), Lebenszusammenhang (Dilthey), Lebensform (Wittgenstein), sozialeWelt (Searle) geprägt werden. Unterschied:Wer (Was) bist du? vs.Wie wirst du genannt? Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 7. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Identität.Was ist das eigentlich? Konstruktion oder Gegebenheit? Die vorgelagerte Frage ist: Gibt es überhaupt eine unabhängige Welt? Nein: Nelson Goodman (1906-1998):Welten werden erzeugt, nicht entdeckt. ➞ „Weisen der Welterzeugung“ (1978) Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 8. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de „Dieses Buch gehört zur Hauptströmung der Philosophie, die damit begann, daß Kant die Struktur der Welt durch die Struktur des Geistes ersetzte, in deren Fortführung C. I. Lewis die Struktur der Begriffe an die Stelle der Struktur des Geistes treten ließ und die nun schließlich dahin gekommen ist, die Struktur der Begriffe durch die Strukturen der verschiedenen Symbolsysteme der Wissenschaften, der Philosophie, der Künste, der Wahrnehmung und der alltäglichen Rede zu ersetzen. Die Bewegung verläuft von der einen und einzigen Wahrheit und einer fertig vorgefundenen Welt zum Erzeugungsprozeß einer Vielfalt von richtigen oder sogar konfligierenden Versionen oder Welten.“ (Goodman, Welterzeugung) Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 9. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Identität.Was ist das eigentlich? Konstruktion oder Gegebenheit? Wie ist dann die soziale Welt gemacht? John Searle: Narration ist eine komplexe Sprachhandlung, die auf die Behauptung abzielt, etwas habe sich so, wie erzählt, ereignet. Dadurch werden Realitäten erzeugt. Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 10. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Paul Ricœur (1913-2005) „Narrative Identität“ (1987) •Identität: idem und ipse; das numerisch Identische und das identische Selbst (Identität über Ähnlichkeit?) Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 11. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Paul Ricœur (1913-2005) „Narrative Identität“ (1987) •Eine Erzählung hat einen Anfang, eine Mitte, ein Ende (Aristoteles, Poetik), die vom Künstler festgelegt werden. Dadurch entsteht die Abgegrenztheit der Erzählung, ihre Einheit. Kriterium ist Konkordanz. •Kontingenz und Überraschung sorgen für den Umschlag in einer Geschichte, aus dem die Spannung erwächst. Im Leben passiert das zufällig, in der Geschichte ist es notwendig für den Fortschritt. •Kontingenz und Konkordanz stehen in einem fruchtbaren Spannungsverhältnis Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 12. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Paul Ricœur (1913-2005) „Narrative Identität“ (1987) •Der Held einer Erzählung gewinnt seine Identität vor dem Hintergrund der konkordanten Erzählung. •Die narrative Identität des Helden ist ein „einheitlicher Stil von subjektiven Transformationen“. Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 13. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Mit Goodman und Ricœur zurück zur Frage: Identität. Was ist das eigentlich? Konstruktion oder Gegebenheit? •Der Mensch interpretiert und erzeugt dadurch eine konkordante Welt, zu der er sich insVerhältnis setzt. Durch die Wahl seiner Transformation (die aus dem Ins-Verhältnis-setzen folgen) erschafft er seine Erzählung, die sich an jemanden richten muss. (→ vgl. Searle: Narration als Sprachhandlung). •Das machen die andern über den einzelnen aber auch! •Die Er-Erzählung hat größeres Gewicht. Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 14. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Die Wirkmächtigkeit der Narration Michel Foucault (1926-1984): Dispositiv und Diskurs Dispositiv: begrifflich fassbareVorentscheidungen, in deren Rahmen Diskurse stattfinden Diskurs: das in der Sprache aufscheinendeVerständnis von Wirklichkeit auf der Basis des Dispositivs ➡In Dispositiv und Diskurs spiegelt sich dasVerhältnis von Konkordanz und Kontingenz (subjektiver Transformation/Sprachhandlung). ➡Ein wichtigesVerhältnis besteht zwischen Dispositiv und Macht Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 15. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Literatur •Michel Foucault: Sexualität undWahrheit, Bd. 1: DerWille zumWissen, 1987 (20.Auflage); Bd. 2: Der Gebrauch der Lüste, 1989 (12.Auflage); Bd. 3: Die Sorge um sich, 1989 (12. Auflage), Frankfurt/Main •Michel Foucault: Analytik der Macht, Frankfurt/Main 2005 (5.Auflage) •Nelson Goodman: Weisen derWelterzeugung, Frankfurt/ Main 2001 (5.Auflage) •Paul Ricœur: „Narrative Identität“, in: ders.: VomText zur Person, Hamburg 2005 •John Searle: Sprechakte, Frankfurt/Main 1983 (12. Auflage) •John Searle: Wie wir die sozialeWelt machen, Frankfurt/ Main 2012 Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf
  • 16. Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford Film(&)Philosophie Akademiefür http://akademiephilosophie.de „Willst du so sein wie ich? Oder willst du ich sein?“ Nele Röttger M.A. und Dr. Thomas Wachtendorf angewandte Philosophie