Stuttgarter Logistikmarkt: Angebotsverknappung setzt sich fort
• Wirtschaftliche Erholung bewirkt Nachfrageschub
• Restriktive Flächenausweisung der Kommunen und hohe Grundstückspreise lassen Mieten steigen
• Fraunhofer Arbeitsgruppe warnt vor Auswirkungen auf Wirtschaftsentwicklung
Bankhaus Ellwanger & Geiger KG, Stuttgart
Stuttgart, im März 2012
2. Die Wirtschaftsregion im überblick.
Ditzingen
Weilimdorf
Esslingen
Cluster Industrie und Logistik*
* Logistikflächen > 50.000 m²
Industrieflächen > 100.000 m²
3. 2
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Trends und Tendenzen.
Industrie und Logistik wachsen im
Gleichklang
Die Wirtschaftsregion Stuttgart boomt. Die Automobil (südwestlich) von Stuttgart ihre führende Position in der
branche wie auch der Maschinenbau in der Wirtschafts Wirtschaftsregion weiter ausbauen können. In beiden
region Stuttgart haben sich von der Krise 2008 nachhaltig egionen wurde mit Abstand das größte Logistikflächen-
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erholt und schauen auf eine überaus positive Entwicklung wachstum beobachtet. Dieses Wachstum wurde sowohl
zurück. durch Erweiterungen von bereits ansässigen Unternehmen
als auch durch Neuansiedlungen generiert. Die Gründe
Dieser Aufschwung schlägt sich nicht nur in besonders für diese Entwicklungen sind vielfältig und müssen genau-
hohen Bonuszahlungen für die Mitarbeiter der Automobil- er beleuchtet werden. Zum einen kommt beiden Regionen
hersteller nieder, sondern ist nun auch mit voller Kraft auf die Nähe zu wichtigen Industrieansiedlungen der Region
dem Markt von Industrie- und Logistikimmobilien in der zugute. Kombiniert mit einer exzellenten Anbindung an
Region Stuttgart zu spüren. den überregionalen Verkehrsträger Autobahn, ergeben
sich Standortvorteile. Über den infrastrukturellen Vorteil
Logistik im Windschatten der Industrie hinaus wird in diesen Regionen auch eine ansiedlungs-
Die starke industrielle Basis der Region führt zu einer hohen
und logistikfreundliche Wirtschaftspolitik betrieben, die
Verdichtung in der Logistik. Zusätzlich intensiviert wird sich in einer ausreichenden Bereitstellung von geeigneten
dieser Bedarf nach Logistikflächen durch die Trends der Grundstücken zu wirtschaftlichen Preisen niederschlägt.
letzten Jahre. Einerseits streben die ansässigen Industrie-
unternehmen nach reibungslosen Logistik-/Prozessketten, Trotz gleicher Voraussetzungen und hoher regionaler und
andererseits ist eine fortschreitende Arbeitsteilung in überregionaler Nachfrage nach geeigneten Grundstücken
den Produktionsprozessen (Trend im Outsourcing) zu sowie flexiblen Bestandsobjekten fällt das Wachstum an
beobachten. modernen Logistikflächen entlang der A 8 München – Karls-
ruhe unterdurchschnittlich gering aus. Diese Entwicklung
Diese Verzahnung zwischen Industrie und Logistik ist in ist zum einen einer restriktiven Ausweisung von geeigneten
der Wirtschaftsregion Stuttgart besonders ausgeprägt. Flächen und zum anderen den überdurchschnittlich hohen
Hierzu hat die Arbeitsgruppe für Supply Chain Services Grundstückspreisen geschuldet. Alle größeren Ansiedlun-
vom Fraunhofer Institut einen Beitrag verfasst, den Sie gen konnten daher nicht entlang der A 8 platziert werden,
auf Seite 6 unseres Berichtes finden. sondern wurden entweder außerhalb der Wirtschaftsregion
(Ulm, Augsburg, Karlsruhe) oder entlang der A 81 realisiert.
Nicht alle Gemeinden profitieren
Trotz dieser überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Wirtschaftliche Attraktivität –
Entwicklung profitieren nicht alle Gemeinden gleicher kein Selbstläufer
maßen von diesem Boom in der Industrie. Vielmehr geht die Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das erfolg
Schere zwischen den unterschiedlichen Landkreisen in der reiche Zusammenspiel im Cluster zwischen Industrie und
Wirtschaftsregion Stuttgart immer weiter auseinander. Dies Logistik ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in der
ergibt eine Studie des Bankhauses Ellwanger & Geiger, R
egion generiert. Um diesem Gleichklang Raum zu geben
in welcher die Entwicklung des Bestandes von modernen und ihn weiterhin zu gewährleisten, müssen alle Beteiligten,
Logistikimmobilien zwischen 2009 bis 2012 untersucht wie Behörden, Gemeinden, Anwohner, Unternehmen und
wurde. Allen voran haben die an die A 81 angrenzenden Investoren, in Zukunft noch enger zusammenarbeiten.
Landkreise Ludwigsburg (nördlich) und Böblingen Süd
6. Geringe Verfügbarkeit von Logistikflächen kann zum
Flaschenhals für die lokale Industrie werden.
Die Region Stuttgart ist eine der Top-Logistikregionen in bau. Der hohe Transportanteil von Zulieferteilen und
Deutschland. Sowohl die lokale Attraktivität für Logistik V
orprodukten macht attraktive Logistikstrukturen vor
ansiedlungen als auch die tatsächlich in der Region vor- Ort zu einem entscheidenden Ansiedlungsfaktor für diese
handene Logistikansiedlungsintensität seitens der ver Branchen. Gerade in der Region Stuttgart gehören die
ladenen Wirtschaft aus Industrie und Handel sowie der Automobilbranche und der Maschinenbau zu den Kern-
Logistikbranche selbst sind auf einem überdurchschnitt branchen mit hohem Wertschöpfungs- und Beschäftigungs-
lichen Niveau. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle anteil. Eine leistungsfähige Infrastruktur und ausreichende
Studie „Logistikimmobilien – Markt und Standorte 2011“ Ansiedlungsflächen für Logistiknutzungen werden also in
der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services zunehmendem Maße ein Faktor für den Erfolg der Region
SCS. Zu den herausragenden Stärken der Region zählen im Standortwettbewerb sein.
die hohe Industriedichte vor Ort und der kaufkräftige
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allungsraum. Dadurch wird ein sehr hohes Absatz Dabei steht die Region Stuttgart keineswegs in Konkurrenz
potenzial für logistische (Dienst-)Leistungen generiert. zu allen 20 bedeutenden Logistikregionen in Deutsch-
Demgegenüber tehen auf der Seite der Schwächen eine
s land, die in der Studie »Logistikimmobilien – Markt und
hohe Auslastung der Straßeninfrastruktur, vergleichsweise Standorte 2011« der Fraunhofer SCS identifiziert wurden.
hohe Flächen- und Mietpreise für Logistikobjekte und Ihr spezifisches Standortprofil macht die Region für be-
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nsbesondere die geringe Flächenverfügbarkeit für zu stimmte Logistikaufgaben besonders interessant. Zentrale
sätzliche Logistikansiedlungen. Distributionszentren oder Gateways beziehungsweise
Hubs für internationale Transportströme finden hier nur
Dabei ist die Verfügbarkeit von freien Gewerbeflächen für in Ausnahmefällen geeignete Rahmenbedingungen vor
logistische Nutzungen keineswegs nur in und um Stuttgart und siedeln sich üblicherweise an anderen Standorten an.
ein Problem. Grundsätzlich – und durchaus nachvollzieh- Die hohen Kosten und vergleichsweise schwierigen An-
bar – möchte die Bevölkerung zusätzlichen Lärm und siedlungsverhandlungen nehmen hingegen vor allem
erkehr in ihrer direkten Wohnumgebung vermeiden.
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iejenigen Unternehmen in Kauf, die einen konkreten
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olitik und Wirtschaftsförderungen sind folglich häufig Auftrag im Raum Stuttgart zu erfüllen haben. Im Gegen-
an »attraktiveren« Ansiedlungen, die gleichzeitig weniger satz zu anderen Regionen entsteht die Nachfrage nach
Ungemach mit sich bringen und zur Arbeitsplatz- und Logistikflächen also nahezu ausschließlich zur Ver- und
Wertschöpfungssicherung beitragen, interessiert. Entsorgung des lokalen Bedarfs.
Demgegenüber stehen die Bedürfnisse und Ziele von Der momentane Mangel an logistikspezifischen Ansied-
ndustrie- und Handelsunternehmen, die ihre Produktions-
I lungsmöglichkeiten führt zu einem Ausweichen der
stätten und Verkaufsfilialen pünktlich und zuverlässig im ogistikzentren in periphere Gebiete oder gar andere
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Wareneingang und Warenausgang bedienen müssen. L
ogistikregionen. Eine optimale Abwicklung von Logistik-
hne nahegelegene Logistikzentren, in denen die Güter
O prozessen im Raum Stuttgart wird dadurch erschwert
bedarfsgerecht umgeschlagen und kombiniert werden, oder nur unter erhöhtem Zeit-, Transport- und Kosten
ist diese Aufgabe kaum zu erfüllen – die Logistik wird zum aufwand erreicht. Die eingeschränkten logistischen Mög-
Katalysator für effiziente Unternehmensprozesse. lichkeiten werden so zum „Flaschenhals“ für die wirt-
schaftliche Entwicklung. Die besondere Herausforderung
Angesichts der zunehmenden Arbeitsteiligkeit und Inter- der Logistikregion Stuttgart liegt somit in der Bereitstel-
nationalisierung von Wertschöpfungsketten ist vor allem lung geeigneter Logistikflächen zur Unterstützung der
das produzierende Gewerbe auf eine reibungslose Logistik e folgreichen örtlichen Industrie- und Handelslandschaft.
r
angewiesen – allen voran der Fahrzeug- und Maschinen-
7. 6
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Diese Flächen sollten dort ausgewiesen werden, wo die Wahl. Vielmehr wird in Zukunft das Thema Revitalisierung
Ansiedler gute Infrastrukturanbindungen vorfinden und von Bestandsobjekten beziehungsweise -flächen an
gleichzeitig die Bevölkerung wenig betroffen ist. Der B
edeutung gewinnen. Gerade Industriebrachen können
Schutz naturbelassener Flächen vor großräumiger Versie- a
ufgrund ihrer meist guten Infrastrukturanbindung eine
gelung macht jedoch die im letzten Jahrzehnt so häufigen ideale Ansiedlungsoption darstellen. Die langen Planungs-
Projekte auf der „Grünen Wiese“ zur Alternative zweiter prozesse für die Entwicklung beziehungsweise Bereit
8. stellung dieser Flächen müssen von öffentlicher Seite tern kann. Beispielsweise kann ein Bieterverfahren genutzt
rechtzeitig berücksichtigt werden, um Abwanderungs werden, um gemeinsam mit der Bevölkerung das am besten
tendenzen auch auf Seiten der verladenden Wirtschaft geeignete Konzept zu identifizieren. Die Anwohner können
zu verhindern. aber auch in die Erstellung der Bebauungspläne mit ein-
bezogen werden.
Viele Kritikpunkte der Öffentlichkeit gegenüber Logistik
ansiedlungen sind richtig und nachvollziehbar, allerdings Für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts-
hat sich die Logistikbranche in den letzten Jahren auch standorts ist es weniger die Frage, ob, sondern vielmehr
stark verändert. Viele Vorurteile könnten durch intensivere wann, sich diese ganzheitliche Herangehensweise mit
Kommunikation beseitigt werden. Die große Bedeutung möglichst früher Einbeziehung aller relevanten Interessen-
einer funktionierenden Logistik für den Wirtschaftsstand- gruppen durchsetzt.
ort Stuttgart ist jedoch in den meisten Fällen zu abstrakt.
Vielmehr sind es konkrete Zahlen zu den erwarteten Ver-
kehrsmengen, der tatsächlichen Beschäftigungswirkung
und eventuellen Ausgleichsmaßnahmen, die den Anwoh-
Kontakt zum Thema Logistik
nern das Gefühl geben, als gleichberechtigter Verhand- immobilien und -standorte bei
lungspartner auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden. der Fraunhofer-Arbeitsgruppe
Unternehmen und Politik sind gleichermaßen gefragt, um für Supply Chain Services SCS:
für Aufklärung zu sorgen und transparent zu informieren.
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keit bei Projekten, was eine mögliche Ansiedlung erleich- uwe.veres-homm@scs.fraunhofer.de
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