Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Brune, Schmitz-Scholemann: Arbeitsverhältnisse der Künstler – Teil 2
1. D Arbeits- und Personalrecht
D3 Arbeitsverhältnisse
Arbeitsverhältnisse der Künstler – Teil 2
Dr. Ulrike Brune
Richterin am Arbeitsgericht und Autorin für juristische Themen, Lehrbeauftragte
für das Fach Arbeitsrecht an der Universität Erfurt
Christoph Schmitz-Scholemann
Richter am Bundesarbeitsgericht, Autor für literarisch-juristische Grenzfragen im
Rundfunk und in Fachzeitschriften
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Inhalt Seite 3.2
S. 1
10. Krankheit 3
11. Sonn- und Feiertage 4
11.1 Verbot der Arbeit an Sonn- und Feiertagen 5
11.2 Entgeltzahlung an Feiertagen 6
11.3 Entgeltzahlung für Sonn- und Feiertagsarbeit 7
12. Urlaub 7
13. Mutterschutz, Elternzeit, Erziehungsgeld 11
14. Schwerbehinderte 14
15. Jugendarbeitsschutz 15
15.1 Kinderarbeit 15
15.2 Beschäftigung von Jugendlichen 16
16. Sonderproblem: Urheberrechte von Arbeitnehmern 17
17. Beendigung des Arbeitsverhältnisses 18
17.1 Beendigung durch Fristablauf 18
17.2 Beendigung durch Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit,
Altersgrenze 20
17.3 Beendigung durch Aufhebungsvertrag 21
17.4 Wegfall der Geschäftsgrundlage 23
17.5 Beendigung durch Kündigung 24
17.6 Exkurs: Steuerrechtliche und sozialrechtliche Folgen der
Beendigung von Arbeitsverhältnissen 29
18. Die ordentliche Kündigung nach dem Kündigungschutzgesetz 31
18.1 Anwendbarkeit des KSchG 31
18.2 Sozialwidrigkeit der Kündigung 31
19. Die außerordentliche Kündigung 38
30 Kultur & Recht September 2005
2. D Arbeits- und Personalrecht
D3 Arbeitsverhältnisse
20. Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch gerichtliche
Entscheidung 39
21. Ansprüche bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses 40
21.1 Pflichten des Arbeitnehmers 40
21.2 Pflichten des Arbeitgebers 40
21.3 Zeugnis 41
An dieser Stelle wird der Beitrag über Arbeitsverhältnisse der Künstler – Teil 1
fortgesetzt. Neben den Fragen, die sich u. a. aus dem Mutterschutz einer Arbeit-
nehmerin ergeben, werden außerdem die verschiedenen Möglichkeiten zur Been-
digung eines Arbeitsverhältnisses erörtert.
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3.2
S. 2
30 Kultur & Recht September 2005
3. D Arbeits- und Personalrecht
D3 Arbeitsverhältnisse
10. Krankheit
Nach § 3 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) hat der Arbeitnehmer
Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitsentgelts für die Dauer von sechs Wochen
(ohne Überstunden), wenn er aufgrund einer Erkrankung unverschuldet arbeits-
unfähig ist. Die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt
in der Regel als Beweis für das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit (zur Unterrich-
tungspflicht des Arbeitnehmers bei Arbeitsunfähigkeit siehe Teil 1, Kapitel 7.2).
Grundsätzlich sind auch ärztliche Atteste aus den anderen EU-Staaten anzuerken-
nen.1. Im Falle einer Erkrankung im Ausland muss der Arbeitnehmer dem Arbeit-
geber unter Angabe der Adresse am Aufenthaltsort auf dem schnellstmöglichen
Weg Mitteilung machen; § 5 Abs. 2 EFZG. Auch über die Rückkehr ins Inland ist
der Arbeitgeber unverzüglich zu unterrichten. Wurde die Arbeitsunfähigkeitsbe-
scheinigung nicht in einem Mitgliedstaat der EU ausgestellt, gilt allgemein: Die D
Bescheinigung des Arztes muss erkennen lassen, dass dieser zwischen bloßer Er- 3.2
krankung und krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit unterscheidet und damit eine S. 3
den Begriffen des deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts entsprechende
Beurteilung vorgenommen und attestiert hat.2 Von den Vorschriften des EFZG darf
weder einzelvertraglich noch im Tarifvertrag zuungunsten des Arbeitnehmers ab-
gewichen werden (§ 12 EFZG).
Die Künstler-Tarifverträge enthalten bezüglich der Rechte und Pflichten des
Arbeitnehmers bei Arbeitsunfähigkeit einige Sonderregelungen:
Bühnenkünstler
Nach §§ 27 Abs. 3 NV Bühne steht den Bühnenkünstlern nach Ablauf der 6.
Woche bis zum Ende der 20. Woche ein Krankengeldzuschuss in Höhe des Unter-
schiedsbetrages zwischen den tatsächlichen Barleistungen der Krankenversiche-
rung und den Nettobezügen zu, was eine erhebliche Besserstellung gegenüber
dem EFZG bedeutet.
Nach der Protokollnotiz zu § 28 Abs. 2 NV Bühne kann der Arbeitgeber für So-
lomitglieder und für alle Mitglieder „vor Abstechern“ generell die Verpflichtung
zur Vorlage eines Attests bereits ab dem ersten Krankheitstag anordnen.
Musiker
§ 5 TV Kurkapellen und § 11 Abs. 2 BMTV Musiker enthalten Sonderregelungen
zugunsten der Musiker: Sie haben schon vor Erfüllung der in § 3 Abs. 3 EFZG
vorgesehenen Wartezeit von vier Wochen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Soweit nach diesen Regelungen jedoch die gesetzliche Anspruchsdauer von sechs
Wochen (nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses) in
den ersten Beschäftigungsmonaten verkürzt wird, dürften sie wegen Verstoßes
gegen § 12 EFZG nichtig sein.3
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4. D Arbeits- und Personalrecht
D3 Arbeitsverhältnisse
Für Musiker in Kulturorchestern gelten die Regelungen in §§ 29 ff TVK. Ihnen
steht nach einjähriger Beschäftigungszeit ein Krankengeldzuschuss längstens bis
zum Ende der 13. Woche zu, nach einer Beschäftigungszeit von mehr als drei
Jahren bis zum Ende der 26. Woche. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TVK kann der Ar-
beitgeber bei gegebener Veranlassung durch einen Vertrauensarzt oder das Ge-
sundheitsamt feststellen lassen, ob der Musiker arbeitsfähig und frei von anste-
ckenden oder Ekel erregenden Krankheiten ist. Voraussetzung für eine solche
Feststellung ist, dass entweder Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des Musikers
bestehen oder der Verdacht vorliegt, dass der Arbeitnehmer nicht frei von anste-
ckenden oder Ekel erregenden Krankheiten ist.4
Filmschaffende
Ein Filmschaffender im Angestelltenverhältnis hat sich auf Verlangen des Film-
herstellers im Krankheitsfall vertrauensärztlich und ggf. auch von dem Vertrau-
D ensarzt der Ausfallversicherung des Filmherstellers untersuchen zu lassen (Ziffer
3.2 13.1 MTV Film- und Fernsehschaffende). Der Filmschaffende muss die Krank-
heitszeit nachholen, d.h. der Filmhersteller hat das Recht, ihn dementsprechend
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länger zu den vertraglichen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (Ziffer 13.2
MTV Film- und Fernsehschaffende).
Artisten/Unterhaltungskünstler
Kann ein Artist/Unterhaltungskünstler wegen einer Erkrankung nicht auftreten,
richtet sich die Entgeltfortzahlung nach § 20 des TV: Er behält den Anspruch auf
die Gage für einen bestimmten Zeitraum, der tariflich gestaffelt ist von drei Tagen
bei einer Beschäftigungsdauer von einem halben Monat bis zu 36 Tagen bei einer
Beschäftigungsdauer von mehr als fünf Monaten. Auch diese Regelung dürfte
wegen Verstoßes gegen das EFZG insoweit nichtig sein, als der nach einer War-
tezeit von vier Wochen dem Arbeitnehmer zustehende Entgeltfortzahlungsan-
spruch für die Dauer von 6 Wochen unterschritten wird.
Der Unternehmer hat die übrigen Mitglieder der Truppe weiter arbeiten zu lassen,
sofern sie ihre Darbietung ohne wesentliche Wertminderung - trotz Erkrankung
eines oder mehrerer Mitglieder - bringen können. Ist eine vertragsgemäße Be-
schäftigung wegen der Erkrankung eines Mitglieds nicht möglich, hat der Unter-
nehmer ihnen eine zumutbare andere Tätigkeit anzubieten; anderenfalls hat er die
vertraglich vereinbarte Vergütung zu zahlen, § 20 Ziffer 4 bis 7 TV Unterhal-
tungskünstler/Artisten.
11. Sonn- und Feiertage
Sonn- und Feiertagsarbeit ist gesetzlich verboten. Für die wegen eines gesetzli-
chen (nicht: nur kirchlichen) Feiertages ausgefallene Arbeit ist dem Arbeitnehmer
das Entgelt fortzuzahlen. Welche Tage gesetzliche Feiertage sind, bestimmen die
Länderparlamente; nur der 3. Oktober ist ein „Bundesfeiertag“. Welches Feier-
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