Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Haupt: Bildende Kunst und Urheberrecht
1. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
Bildende Kunst und Urheberrecht
Dr. Stefan Haupt
seit 1990 Rechtsanwalt in Berlin, Schwerpunkt Urheber- und Medien- sowie
B
Presse- und Verlagsrecht
1.2
S. 1
Inhalt Seite
1. Die Grenzen der Kunstfreiheit 3
1.1 Einschränkungen der Kunstfreiheit durch strafrechtliche
Regelungen 4
1.2 Einzelfälle 5
2. Kunstfreiheit und Persönlichkeitsschutz 6
2.1 Das Recht am eigenen Bild 6
2.2 Der postmortale Persönlichkeitsschutz 10
3. Bildende Kunst und Urheberrechtsschutz 11
3.1 Das Werk 11
3.2 Der Urheber 14
3.3 Die Schutzfrist 14
3.4 Die nichtvermögensrechtlichen Befugnisse 15
3.5 Die vermögensrechtlichen Befugnisse 19
3.6 Bearbeitung, freie Benutzung oder Plagiat 20
3.7 Das Urhebervertragsrecht 22
4. Grenzen des Urheberrechtsschutzes 25
4.1 Unwesentliches Beiwerk 25
4.2 Aktuelle Berichterstattung 26
4.3 Die Katalogbildfreiheit 26
4.4 Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch 27
4.5 Das Zitatrecht 27
4.6 Werke an öffentlichen Plätzen 28
4.7 Vervielfältigung zum privaten Gebrauch 29
5. Rechtsverletzungen 29
5.1 Zivilrechtliche Folgen 30
5.2 Gerichtliche Geltendmachung 32
5.3 Strafrechtliche Folgen 32
6. Die Verwertungsgesellschaften 32
6.1 Das Folgerecht 33
23 Kultur & Recht Februar 2004
2. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
7. Die Rechte ausländischer Urheber in Deutschland 35
7.1 Internationale Regelungen 35
7.2 Europäische Regelungen 36
B Rechtsfragen aus dem Bereich der bildenden Kunst stehen im Mittelpunkt dieses
1.2 Abschnittes. Diese tangieren nicht nur die Urheber selbst, sondern auch die Ver-
S. 2 werter von Werken der bildenden Kunst wie Galeristen, Kunstbuchverlage und
Sammler. Es werden die Fragen erörtert, die im Zusammenhang mit dem künstle-
rischen Schaffensprozess von rechtlicher Relevanz sind. Den Kern bilden dabei
einzuhaltende Rechtsvorschriften sowie zu beachtende Rechte Dritter.
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3. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
1. Die Grenzen der Kunstfreiheit
Mit Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG) wird die Kunstfreiheit garantiert. Diese
Freiheit ist jedoch nicht grenzenlos. Sie findet ihre Grenzen in den Grundrechten
Dritter und in anderen verfassungsrechtlich geschützten Gütern (BVerfGE 81,
278,2892; BVerfG, ZUM 2001, 320,ff.). Dazu gehören der Persönlichkeitsschutz,
der Jugendschutz sowie sonstige Güter, die mit dem Persönlichkeitsschutz oder
dem Jugendschutz gleichartig und gleichwertig sind und in allgemeinen Gesetzen B
ihren Niederschlag gefunden haben. Auch die nach Art. 10 Menschenrechtskon- 1.2
vention (MRK) garantierte Freiheit der künstlerischen Äußerung wirkt nicht S. 3
unbegrenzt (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, NJW 1989, 379).
Einschränkungen ergeben sich aus Regelungen in unterschiedlichsten Bereichen
(vgl. dazu auch Beitrag G 1, Kap. 2.2 in diesem Handbuch).
Das Strafgesetzbuch (StGB) und seine Nebengesetze schützen
- den Bürger vor gewaltverherrlichenden Darstellungen (§ 131 StGB),
- Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsvereinigungen vor Beschimp-
fungen (§ 166 StGB),
- den Bürger vor Verbreitung von Pornographie (§ 184 StGB),
- den Bürger vor Beleidigungen (§ 185 StGB),
- Verstorbene vor Verunglimpfungen (§ 189 StGB),
- das Eigentum vor Beschädigung oder Zerstörung (§ 303 StGB),
- die Vertraulichkeit nichtöffentlich gesprochener Worte (§ 201 StGB),
- Symbole des Staates vor Verunglimpfung (§ 90 a StGB) oder unbefugter
Benutzung (§ 124 OWiG) und
- Kinder und Jugendliche vor Schriften, von denen eine sittliche Gefahr aus-
geht (Anreiz zu Gewalttätigkeit, Verbrechen, Rassenhass und/oder Kriegsver-
herrlichung § 1 GjS),
d.h. vor Eingriffen, die eventuell mit der Ausübung des Grundrechts auf Kunst-
freiheit begründet werden könnten.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) schützt
- den Namen (§ 12 BGB) und
- die sonstigen Rechte der Persönlichkeit (§ 823 BGB).
Das Kunst- und Urhebergesetz (KUG) schützt
- das Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG).
Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) schützt
- die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst, die persön-
lich- geistige Schöpfungen sind (§ 2 Abs. 2 UrhG).
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4. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
1.1 Einschränkungen der Kunstfreiheit durch
strafrechtliche Regelungen
Verunglimpfung der Symbole des Staates
Die Kunstfreiheit endet dort, wo eine Verunglimpfung des Staates stattfindet (§ 90 a
B StGB). Symbole des Staates dürfen nicht mit der Begründung der Ausübung des
Rechts der Kunstfreiheit verunglimpft werden. Es muss stets einzelfallbezogen eine
1.2
Güterabwägung zwischen der Kunstfreiheit und dem Schutz der Symbole des Staa-
S. 4 tes vor einer eventuellen Verunglimpfung stattfinden. Das betrifft z.B:
- das Aufdrucken des Bundesadlers auf Flugblätter (§ 124 OWiG; OLG Köln,
NJW 1980, 71),
- das Verwenden des Wappenschildes (§ 90 a StGB; OLG Frankfurt, NJW
1984, 1128 sowie LG Frankfurt, NJW 1989, 598),
- die Verunglimpfung der Bundesflagge (§ 90 a StGB; BGH, NJW 1986, 1271,
dieses Urteil ist nicht verfassungsgemäß, da eine Güterabwägung nicht statt-
gefunden hat; OLG Frankfurt, NJW 1986, 1272, BVerfG, NJW 1990, 1982 =
ZUM 1990, 471)
- die Verunglimpfung der Hymne (BVerfG, NJW 1990, 1985) sowie
- das Abspielen eines Liedes mit dem Titel „Deutschland muss sterben“ bei
einer Veranstaltung mit 50 Teilnehmern, wobei fraglich war, ob hierdurch die
demokratische Grundordnung der Bundesrepublik ernstlich gefährdet wurde
(BVerfG, ZUM 2001, 320).
Pornographie und Kunst
Die Kunstfreiheit findet ihre Schranken bei der Verbreitung pornographischer
Schriften sowie dem Jugendschutz. Gemäß § 184 StGB ist es verboten, porno-
graphische Schriften zu vervielfältigen und zu verbreiten. Unter Schriften werden
dabei gem. § 11 Abs. 3 StGB Bild- und Tonträger, Datenspeicher, Abbildungen
und andere Darstellungen verstanden. Der Jugendschutz setzt dort ein, wo es um
die Frage geht, ob Ergebnisse künstlerischer Tätigkeit, wie Romane, Bilder oder
Filme, Kindern oder Jugendlichen erst mit Erreichen eines bestimmten Alters
zugänglich gemacht werden dürfen. Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob
Pornographie auch Kunst sein kann. Sollte diese Frage bejaht werden, hätte das
zur Folge, dass im Einzelfall eine Abwägung zwischen den Rechtsgütern Kunst-
freiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) und Pornographieverbot (§ 184 StGB) stattfinden
müsste. Der BGH hat zwei Entscheidungen getroffen, aus denen sich ergibt, dass
Pornographie im Einzelfall Kunst sein kann. Diese betreffen:
- das Buch „Opus Pistorum“ von Henry Miller (BGH, NJW 1990, 3026 = ZUM
1991, 83) und
- die Lebensgeschichte von „Josefine Mutzenbacher“ (BGH, ZUM 1991, 310).
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