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Prof. Dr. Andrea Hausmann: Erfolgreiches Innovationsmanagement in Kulturbetrieben
1. Planung und Steuerung D 1.4
Strategie und Entwicklung
Erfolgreiches Innovationsmanagement
in Kulturbetrieben
Prof. Dr. Andrea Hausmann
Der Implementierung von Innovationen werden häufig (erhebliche) Widerstände von Seiten der
Mitarbeiter entgegengesetzt. Diese Widerstände lassen sich auf die mit Innovationen einhergehen-
den Veränderungen im Kulturbetrieb zurückführen: Bekannte Abläufe und Verfahrensweisen wer-
den gegen das unbekannte Neue abgewogen. Dabei ist sowohl der Wille, den Wandel zu fördern,
als auch die Fähigkeit, problemlösende Beiträge beizusteuern, im Falle der Innovation meist nur
gering ausgeprägt; Personen, die den Innovationsprozess behindern bzw. verzögern, werden als
Opponenten bezeichnet. Um einen Innovationsprozess zu einem erfolgreichen Ende führen zu kön-
nen, müssen die Willens- und Wissensbarrieren dieser Opponenten überwunden werden; diese
komplexe Aufgabe wird von so genannten Promotoren übernommen, d. h. von Personen, die einen
Innovationsprozess aktiv und intensiv fördern.
Gliederung Seite
1. Aller Anfang ist schwer 2
2. Innovationsmanagement im Kulturbetrieb 3
2.1 Widerstände gegen Innovationen 4
2.2 Akteure der Innovationen 6
2.3 Innovationsmanagement als Projektmanagement 9
3. Fazit 11
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2. D 1.4 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
1. Aller Anfang ist schwer
Kulturbetriebe unterliegen wie andere Organisationen auch der trei-
benden Dynamik der Marktkräfte und müssen sich kontinuierlich
wandeln, wenn sie langfristig am Markt bestehen wollen. Diese Not-
wendigkeit zur fortgesetzten Veränderung ergibt sich sowohl aufgrund
von Kundenerwartungen und -bedürfnissen („demand push“) als auch
aufgrund technologischer Weiterentwicklungen („technology push“).
Beide Stimuli zwingen die Kulturbetriebe zum einen, bewährte Prak-
tiken infrage zu stellen sowie an aktuelle Entwicklungen anzupassen
(„unechte Innovationen„), und zum anderen, neue Ideen und Metho-
den für den Kulturmarkt bzw. für einen bestimmten Kulturbetrieb zu
entwickeln („echte Innovationen“).
Nachfolgend seien einige Beispiele für solche – zumindest für den
jeweiligen Kulturbetrieb – innovativen Projekte aufgeführt:
• Die Direktorin eines Landesmuseums möchte die wenig flexible
Organisationsstruktur ihres Hauses aufbrechen und neue, innovati-
ve Formen der Zusammenarbeit etablieren.
• Der neue Intendant eines Stadttheaters möchte die Beziehungen zu
den Besuchern festigen und ein auf die spezifischen Bedürfnisse
seines Hauses zugeschnittenes Audience Development-Programm
einführen.
• Die Vertriebsleiterin eines Orchesters will ein aus der Luftfahrts-
branche bekanntes „Etix“-Buchungssystem implementieren, das
die künftige Abwicklung von Ticketkäufen erleichtert und profes-
sionalisiert.
• Die Geschäftsführerin eines Museumsverbundes möchte einen
Personal Digital Assistant-Museumsführer (PDA) einführen, der
mit Informationen aus den Datenbanken der Museen und weiteren
Serviceinformationen aus der Kooperation mit Touristikern ge-
speist wird.
• Der Verwaltungsrat einer Bibliothek will das kameralistische Bu-
chungssystem abschaffen und die Einführung der Doppik in sei-
nem Haus vorantreiben.
• Der Geschäftsführer einer Schloss- und Gartenanlage will das der-
zeitige Produktangebot erweitern und die Attraktivität des Standor-
tes durch die Einführung eines professionellen Locationmanage-
ment stärker nutzen.
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3. Planung und Steuerung D 1.4
Strategie und Entwicklung
Sechs Projekte, die ganz unterschiedliche Ausgangsbedingungen ha- Innovationen treffen
ben und ganz unterschiedliche Ziele verfolgen. Was diese Projekte auf Skepsis
jedoch verbindet ist ihr Innovationsgehalt für den jeweiligen Kulturbe-
trieb und damit verbunden die Wahrscheinlichkeit, dass einige der von
den Neuerungen betroffenen Mitarbeiter mit Skepsis und Widerstand
auf die Pläne reagieren werden. Denn innovative Ideen und Projekte
implizieren eine – unter Umständen sogar erhebliche – Veränderung
traditioneller Arbeitsweisen, die von den Mitarbeitern nicht nur als
Chance verstanden wird und bei ihnen positiven Widerhall findet,
sondern zuweilen auch als radikaler Umbruch und damit als Bedro-
hung für den eigenen Arbeitsalltag empfunden wird. Wo Innovationen
im Kulturbetrieb statt finden, muss daher immer auch mit Widerstän-
den gerechnet werden. Diese äußern sich zunächst darin, dass oppo-
nierende Mitarbeiter eine Vielzahl von Gegenargumenten sammeln
und weitere Mitstreiter zu mobilisieren versuchen. Wenn dies nicht
ausreicht, um die Innovation zu verhindern, wird in einem nächsten
Schritt oftmals zu einer Verzögerungstaktik gegriffen: Termine werden
„vergessen“ oder nicht eingehalten, erforderliche Zuarbeiten unter-
bleiben, zusätzliche Gutachten zur Bewertung der Notwendigkeit und
zur Eignung der Innovation werden eingeholt1. Ist das neue Projekt
dennoch nicht aufzuhalten, so bleibt den veränderungsunwilligen Mit-
arbeitern noch die Möglichkeit zum Widerstand durch Veränderung.
Hierbei wird der Neuigkeitsgrad der Innovation bei der Umsetzung so
weit reduziert, dass möglichst geringe Auswirkungen für den gewohn-
ten Arbeitsablauf entstehen. Welche Methode auch immer gewählt
wird, Ziel der Veränderungsunwilligen ist es immer, die Innovation
möglichst weitgehend zu verhindern und alles beim Alten zu belassen.
Welche Maßnahmen können nun ergriffen werden, um Innovationen
im Kulturbetrieb möglichst erfolgreich umzusetzen? Im Folgenden
werden Erkenntnisse aus dem Innovationsmanagement vorgestellt, die
auch für die Implementierung von innovativen Ideen und Methoden
im Kulturbetrieb relevant sind.
2. Innovationsmanagement im Kulturbetrieb
Zunächst geht es darum, die Widerstände und ihre Hintergründe zu
analysieren, um die möglichen Barrieren richtig einschätzen zu kön-
nen. Sodann wird ein Akteurssystem erläutert, das dem Innovations-
management zum Erfolg verhelfen kann. Schließlich wird gezeigt, wie
Methoden und Verfahren des Projektmanagements eingesetzt werden
können.
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4. D 1.4 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
2.1 Widerstände gegen Innovationen
Die Widerstände, mit denen Mitarbeiter auf Veränderungen im Kul-
turbetrieb reagieren, können sich sowohl
• aktiv (durch Handeln) oder passiv (durch Unterlassen),
• offen (durch artikulierten Widerstand) oder verdeckt (durch ver-
schwiegen praktizierten Widerstand) als auch
• destruktiv (Innovation soll verhindert werden) oder konstruktiv
(Innovation soll verbessert werden) äußern.
Dabei ist der Widerstand gegen die geplante Innovation in der Regel
kein eindimensionales Phänomen, sondern es wird eine Vielzahl von –
häufig vordergründigen – Argumenten vorgetragen; in Tab. D 1.4-1
sind exemplarisch jene aufgeführt, die so oder so ähnlich in der Praxis
häufig vorgebracht werden2.
Technologische Argumente • „Die Innovation kommt zu früh“
• „Die Innovation leistet nicht, was sie behauptet“
Absatzwirtschaftliche Argumente • „Es gibt keine hinreichende Nachfrage für das neue Ange-
bot“
• „Wir finden keine geeigneten Kooperationspartner“
• „Wir geraten mit der Einführung in neue, unbekannte Kon-
kurrenzsituationen“
Finanz- und erfolgswirtschaftliche • „Innovationen sind zu riskante Investitionen“
Argumente
• „Die Innovation ist nicht finanzierbar“
• „Der bestehende Zustand ist doch gar nicht so schlecht;
das haben wir doch schon immer so gemacht“
Tab. D 1.4-1 Typische Argumente zur Verhinderung von Innovationen
Innovationen Wie aber lassen sich diese, in einer gewissen Weise standardisierten
erfordern geistige und über verschiedene Wirtschaftsbranchen hinweg recht ähnlich aus-
Auseinandersetzung fallenden Widerstände gegen die Einführung von Innovationen erklä-
ren? Eine vereinfachende Typologie3 kann hier Aufschluss geben, die
Barrieren des „Nicht-Wissens“ und Barrieren des „Nicht-Wollens“
unterscheidet (vgl. Tab. D 1.4-2). So erfordern Innovationen von den
hiervon betroffenen Mitarbeitern die grundsätzliche Bereitschaft, sich
mit dem neuen Produkt oder Programm, der neuen Software oder den
neuen Prozessen intensiv auseinander zu setzen. Es wird unumgäng-
lich, neue Begriffe zu lernen, bislang unbekannte Ursachen-Wirkungs-
ketten zu verstehen, neue Denkbahnen aufzubauen und/oder neuartige
Reaktionsmuster zu lernen. Jede Innovation verlangt damit eine geis-
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