Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Prof. Dr. Raphaela Henze: "Personalmanagement im Kulturbetrieb Eine Handreichung für Praktiker"
1. E 3.8
Personalmanagement im Kulturbetrieb
Eine Handreichung für Praktiker
Prof. Dr. Raphaela Henze
Personalmanager in Kultureinrichtungen sind häufig in diese Funktion „hereingerutscht“ – besten-
falls aus Interesse, meistens aber aus Einsicht in die zwingende Notwendigkeit, sich diesem Be-
reich zu widmen. Der Beitrag möchte einige der zahlreichen Themen des Personalmanagements im
Kulturbereich anreißen und Ideen zur Personalgewinnung, -entwicklung und -führung aufzeigen.
Gliederung Seite
1. Einleitung 2
2. Personalauswahl 3
2.1 Stellenbeschreibung 4
2.2 Stellenausschreibung 5
2.3 Bewerberauswahl 6
2.4 Einarbeitungsprogramm 9
3. Personalentwicklung 11
3.1 Fort- und Weiterbildung 11
3.2 Laufbahnplanung außerhalb der eigenen Einrichtung 12
3.3 Ausbildung 13
3.4 Anreize für künstlerisch Beschäftigte 13
4. Personalführung 15
4.1 Motivation 15
4.2 Training und Coaching für Führungskräfte 16
4.3 Kommunikation 17
1
2. E 3.8 Organisation und Personal
Mitarbeiterführung
1. Einleitung
Personalmanagement Kultureinrichtungen sind personalintensiv. Logisch würde man daraus
„nebenbei“ folgern, dass es dann auch Personen mit Verantwortung für die Aus-
wahl, Beurteilung, Entwicklung und Vergütung eben dieses Personals
gibt. Diese Personen gibt es auch. Nur gibt es sie eher nicht in den
klassischen Personalabteilungen, wie wir sie aus Unternehmen ken-
nen, sondern es gibt sie meist in Personalunion mit einer Vielzahl von
weiteren, anderen, größtenteils sogar künstlerischen Aufgaben. Teil-
weise sitzen diese Personen sogar gar nicht in der Kultureinrichtung
für dessen Personal sie verantwortlich zeichnen, sondern in Behörden
und Ministerien, wo sie ebenfalls noch vielfältige andere Aufgaben zu
bewältigen haben. Was man im Businessjargon wohl als Herausforde-
rung bezeichnen könnte, ist im Alltag der Kultureinrichtung mit Über-
forderung häufig besser umschrieben. Warum ist das so?
Von Unternehmen Die einfachste Antwort wäre, weil kein Geld für einen Personalman-
lernen? ger oder gar eine ganze Personalabteilung da ist. Auch das ist sicher in
vielen Fällen richtig. Trotz finanzieller Engpässe und kontinuierlich
rückläufiger Förderung leisten die Kulturschaffenden in Deutschland
jedoch Hervorragendes. Auch im Bereich Personal? Was zeichnet
einen Personaler im Kulturbetrieb aus? Dieser Beitrag wendet sich an
alle diejenigen, die in Kultureinrichtungen Verantwortung überneh-
men. Häufig sind Menschen sich ihrer Verantwortung – insbesondere
der Verantwortung für Personal – nicht bewusst oder möchten es nicht
sein. Dies muss insbesondere verwundern, da die Erkenntnis, dass
gerade die Menschen im Kulturbetrieb den wichtigsten Stellenwert im
Entstehungsprozess von Kunst und Kultur einnehmen1, ein Allge-
meinplatz ist. Dieser Beitrag soll eine Handreichung für Praktiker
darstellen, Ideen vorstellen, Mut machen. Er befasst sich mit den
Themen der Personalauswahl, der Personalentwicklung und der Per-
sonalführung und scheut den Versuch nicht, Parallelen zur Welt der
Unternehmen aufzuzeigen. Denn wenn auch viele im Kulturbetrieb
dies bezweifeln: Es gibt sie und es gibt Möglichkeiten für Kulturein-
richtungen, aus diesem Vergleich zu lernen.
Das Thema gewinnt Warum wurde das Thema Personal im Kulturbereich so lange ver-
an Aufmerksamkeit nachlässigt?2 Vor dem oben erwähnten Hintergrund der Personalinten-
sität der meisten Kulturbetriebe3 ist dies unverständlich. Liegt es dar-
an, dass dem Bereich Personal – gerne auch unschön als Human Re-
sources Management bezeichnet – das Geschmäckle des BWLerhaften
anhängt? Oder daran, dass Personalmanagement als eine Aufgabe für
Bürokraten angesehen wird und man diesen in einer Kultureinrichtung
immer eher skeptisch begegnet? Oder vielleicht daran, dass die recht-
lichen Rahmenbedingungen denkbar schlecht sind und häufig einfach
die Zeit fehlt, sich mit einer seiner wichtigsten Ressourcen zu befas-
sen? Wichtig ist, dass in letzter Zeit Bewegung in das Thema gekom-
men ist. Im November 2010 fand die erste Tagung zu diesem Thema
in Weimar statt.4 Die Teilnahme war rege, das Lamento ob des stief-
2
3. Organisation und Personal E 3.8
Mitarbeiterführung
mütterlichen Daseins des Themas groß. Erkenntnis ist der erste Weg
zur Besserung. Es wurden viele Ansätze präsentiert. Allein was noch
fehlt, ist eine systematische Auseinandersetzung mit diesem Thema,
das offensichtlich beginnt, eine Lobby zu haben.
Was bedeutet Personalmanagement im Kulturbetrieb? Was wird, was
darf von Menschen mit Personalverantwortung erwartet werden?
2. Personalauswahl
Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass die Personalauswahl die Überangebot an
Hauptaufgabe derjenigen ist, die sich mit Personal beschäftigen.5 Nun potenziellen Bewerbern
wird man sagen, dass dürfte im Kulturbetrieb nicht schwierig sein.
Tausende von hochqualifizierten Geisteswissenschaftlern können sich
erfreulicherweise nichts Schöneres vorstellen als „etwas mit Kultur“
zu machen. Konkurrenz bekommen sie von denjenigen, die als Kul-
turmanager auf den Arbeitsmarkt drängen.6 Aber auch im künstleri-
schen Bereich müssten Personaler ein wahres Eldorado vorfinden.
Noch immer werden die öffentlichen und privaten Schauspielschulen
bei ihren Vorsprechterminen überrannt und können nur eine Handvoll
der hoffnungsfrohen Nachwuchsmimen für ein Studium – das bei Ab-
schluss noch lange keine Garantie für gute oder überhaupt für Enga-
gements bietet – aufnehmen.7 Deutschland hat nach wie vor die größte
Dichte an Musikhochschulen weltweit und bildet auf hohem Niveau
Nachwuchsmusiker aus. Aber auch von ihnen finden nur die wenigs-
ten den Weg in renommierte Orchester und damit in die großen Kon-
zerthäuser der Welt.8
Also Personalauswahl in Zeiten, wo hochqualifizierter Nachwuchs
sich sogar um unbezahlte Praktika reißt9 (was das Arts Council Eng-
land, ACE, bereits dazu veranlasst hat, dieser Selbstausbeutung durch
die Entfernung von Stellenanzeigen, die keine Bezahlung für die Kan-
didaten erwarten ließen, von ihrer Webseite den Riegel vorzuschieben) –
gar kein Problem?
Für den Nachfragenden ist es gut, wenn er aus einem vollen Angebot Arbeitsplatzsicherheit
schöpfen und somit die besten Mitarbeiter für sich gewinnen kann. In und Beständigkeit
der Kultur, die meistens auch noch knapp bei Kasse ist, umso besser, häufig missachtet
wenn man gute Leute für kleines oder gar kein Geld bekommt. Und so
werden Praktikanten und Volontäre, die weniger für Lohn als für die
Ehre, das Renommee, das interessante Projekt und insbesondere den
Lebenslauf arbeiten, beschäftigt. So einsichtig dies auf den ersten
Blick ist, so zu kurz gesprungen ist es auf den zweiten – zumindest für
Personaler, die ihre Aufgabe und auch ihre Verantwortung ernst neh-
men. Auch wenn Beständigkeit und Arbeitsplatzsicherheit in der Kul-
tur aus der Natur der Sache heraus in weiten Teilen nicht vorhanden
3
4. E 3.8 Organisation und Personal
Mitarbeiterführung
und auch nicht zwingend erstrebenswert sind, so bedeutet dies nicht,
dass nicht auch hier Rahmenbedingungen Auswirkungen auf Arbeits-
ergebnisse, die wiederum im ganz Wesentlichen Resultate der Arbeits-
zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter sind, zeitigen.10
Unsicherheit kann Wer das große Geld machen will, der macht sich nicht auf in den Kul-
demotivieren tursektor – das ist sicher so. Trotzdem können sich auch intrinsisch
motivierte Menschen im Kulturbetrieb nicht frei davon machen, dass
sie eine angemessene Entlohnung auch als Wertschätzung ihrer Leis-
tung und für viele – gerade im künstlerischen Bereich – gleichbedeu-
tend ihrer Person sehen.11 Das Gefühl, hinsichtlich des Gehaltes, der
Höhergruppierung, der besseren und größeren Rollen, der spannende-
ren Aufgaben, der Unbefristung der Stelle kontinuierlich vertröstet
oder im schlimmsten Fall sogar mit Verlust der Stelle – denn es stehen
schon genug andere parat – direkt oder indirekt bedroht zu werden,
steigert weder die Motivation noch die Leistung.
„If you pay peanuts, Fairness in der Bezahlung, die den Leistungen und den gesetzlichen
you get monkeys“ Vorgaben entspricht, und Transparenz bei der Stellenbesetzung (ob
extern oder intern) sind von großer Bedeutung. Alles andere ist Au-
genwischerei. „If you pay peanuts, you get monkeys“ – so ist es auch
in Zeiten der Übernachfrage.12 Zumindest auf lange Sicht werden Sie
sehr gute Leute auf 400-€-Jobs nicht halten können. Die Liebe für
Kunst und Kultur und die intrinsische Motivation ist bei vielen in die-
sem Sektor groß 13, aber die Liebe zur Familie, die ernährt werden
will, auch. Darüber hinaus haben Sie es gerade im Kulturbereich mit
Menschen zu tun, die ein hohes Maß an Flexibilität mitbringen, die
gewillt sind, weiterzuziehen, wenn sich bessere Möglichkeiten an-
derswo ergeben. Die Loyalität zu einem Haus ist vergleichsweise ge-
ring und das gilt nicht nur für das künstlerische Personal, für das Still-
stand möglicherweise sogar das Ende des kreativen Weges bedeuten
würde.
2.1 Stellenbeschreibung
Stellenbeschreibung als Ein guter Personaler in der Kultur wird sich sehr intensiv mit dem
Basis des Prozesses Prozess der Personalbeschaffung befassen. Zuvörderst wird er eine
Stellenbeschreibung anfertigen, die nicht nur Grundlage der Stellen-
ausschreibung und des anschließenden Bewerbungsverfahrens ist,
sondern auch Teil der Personalakte wird. So einfach dies klingt und so
enthusiastisch man ist, da der Stellenausschreibung vielleicht ein gar
monatelanges Gerangel mit übergeordneten Behörden um die Stellen-
besetzung vorangegangen ist, so sehr muss man im Auge behalten,
dass diese vermeintlich leichte Übung ein ganz wesentlicher Bestand-
teil des Gelingens des Bewerbungsverfahrens ist und auch später, bei
etwaigen Streitigkeiten um die Aufgabenerfüllung, Bedeutung erlan-
gen kann.
4