SlideShare una empresa de Scribd logo
1 de 4
Descargar para leer sin conexión
Best Practice                                                                                J 1.4

                                                                    Beispiele aus den Kultursparten




Der Kulturwirtschaftsbericht
der Internationalen
Kurzfilmtage Oberhausen



                                                        U. Erbslöh, L. H. Gass, M. Vorbeck1


2001 wurde erstmals ein Kulturwirtschaftsbericht für das Festival erstellt, der 2007 überarbeitet
wurde. Im Mittelpunkt der Studie stehen die Mittelverwendung, die Image-Relevanz und die öko-
nomische Relevanz als Antwort auf die Fragen: „Welche Impulse, auch wirtschaftlicher Art, gehen
von den Kurzfilmtagen aus? Kann im Zusammenhang mit einem Festival überhaupt von einem
kulturwirtschaftlichem Nutzen gesprochen werden?“ Damit leistet der Bericht einen wichtigen
Beitrag zur aktuellen Debatte und leistet konkrete Hilfe bei Anfragen zu Mittelverwendung sowie
Wirtschaftlichkeit.

Gliederung                                                                                  Seite

1.     Der Zusammenhang des Filmfestivals                                                        2
2.     Die Systematik des Kulturwirtschaftsberichts                                              5
3.     Erste Ebene – Der wirtschaftliche Einfluss                                                7
4.     Zweite Ebene – Kulturwirtschaftliche Aktivitäten                                         10
5.     Dritte Ebene – Vermittlungsleistungen                                                    14
6.     Vierte Ebene – Image-Impulse                                                             16
7.     Fazit                                                                                    19




                                                                                                 1
J 1.4                                                                                   Best Practice

Beispiele aus den Kultursparten




                                  1.    Der Zusammenhang des Filmfestivals
                                  Seit über 50 Jahren agieren die Internationalen Kurzfilmtage Oberhau-
                                  sen als Filmfestival, Archiv und Verleih. Im Jahr 1999 wurde die Ge-
                                  sellschaft von einer städtischen Verwaltungseinheit zu einer gemein-
                                  nützigen GmbH umstrukturiert. Der Wechsel der Gesellschaftsform
                                  brachte eine neue Autonomie mit sich, vor allem im Bereich der Be-
                                  schäftigungsverhältnisse und der Materialbeschaffung. Auch eine fi-
                                  nanzielle Entlastung durch die erlangte Gemeinnützigkeit und den
                                  privatrechtlichen Status der Kurzfilmtage ist zu beobachten.

Leistungsbarometer                In allen vier zentralen Leistungsbarometern des Festivals sind seitdem
                                  auffällige Steigerungen erkennbar.
                                  1. Die Filmeinreichungen zum Festival haben sich innerhalb der letz-
                                     ten zehn Jahre nahezu verdreifacht.
                                  2. Die gGmbH erzielte 2007 fast fünfmal so viele Brutto-Medienkon-
                                     takte wie in 1999.
                                  3. Die Besucherzahlen haben ein deutliches Wachstum zu verzeich-
                                     nen; 2007 besuchten dreieinhalb mal so viele Menschen das Festi-
                                     val wie noch vor zehn Jahren.
                                  4. Die Betrachtung der Personalkostenentwicklung und Umsatzerlöse
                                     der Kurzfilmtage seit Gründung der gGmbH dokumentiert die Ef-
                                     fizienz der Umstrukturierung.

                                  Die Entwicklung der Personalkosten scheint auf den ersten Blick nicht
                                  sehr auffällig zu sein, da sie nur eine Senkung von etwa einem Prozent
                                  im Vergleich 1997-2007 aufweist. Berechnet man die Personalkosten
                                  für 2007 allerdings unter der Annahme, der Betrieb würde unter Bei-
                                  behaltung des Stellenplans und der Vergütungsstruktur als eine städti-
                                  schen Verwaltungseinheit der Stadt Oberhausen weiter geführt, so
                                  ergäben sich für 2007 weitaus höhere Personalkosten für die Stadt
                                  Oberhausen. Die Einsparungen belaufen sich durch die aktuelle Orga-
                                  nisationsform der Kurzfilmtage und deren neue Vergütungsstruktur
                                  auf über 13 Prozent.

                                  Die Gründung der Gesellschaft wirkt sich demzufolge überaus positiv
                                  auf das wirtschaftliche Handeln der Kurzfilmtage aus. Darüber hinaus
                                  werden erhebliche Einsparungen im Bereich der Umsatzwertsteuer
                                  erzielt.

Reformerfolg durch                Gleichwohl hat der Konsolidierungsdruck der öffentlichen Zuschuss-
Konsolidierung sichern            geber in diesem Zeitraum nicht nachgelassen, im Gegenteil. Die Kurz-
                                  filmtage mussten innerhalb von zehn Jahren den Ausfall von rund
                                  60.000 Euro an Zuschüssen auf anderen Wegen kompensieren. Dies
                                  ist gelungen durch die oben genannten Einsparungen, die Akquisition
                                  von Sponsoren, eine Belebung des Anzeigengeschäfts sowie die Ver-
                                  besserung der Erlöse bei Eintrittskarten und Verleih.




2                                                                                          KMP 1 07 08 03
Best Practice                                                                                       J 1.4

                                                                           Beispiele aus den Kultursparten




„Konsolidierung“ ist das Gebot der Stunde, weniger geht immer noch,
so scheint es. Dabei wurden einige Institutionen und Veranstaltungen
zu Tode konsolidiert. Dabei wurden aber auch verbindliche Qualitäts-
kriterien der Evaluierung, die das handwerkliche und künstlerische
Niveau einer Veranstaltung oder die Schwelle, unter der eine Veran-
staltung nicht mehr seriös durchgeführt werden kann, zunehmend
zerrüttet.

Eine Verständigung über künstlerische und handwerkliche Maßstäbe                  Konsolidierung nicht
ist oftmals kaum noch möglich. Konsolidierungsdruck steht heute in                 über Inhalte stellen
einem gesellschaftlichen Zusammenhang von „Reformen“, die leider
in den seltenen Fällen zum Vorteil der Betroffenen sind. Gleichzeitig
hat, verstärkt durch diese Entwicklung, der Konkurrenzdruck unter
den immer zahlreicher werdenden Veranstaltungen zugenommen. Der
Kampf um die Zuschüsse hat in zunehmendem Maße ein Klima von
Opportunismus, Misstrauen und künstlerischer Kompromissbereit-
schaft hervorgerufen.

Die Vergabe öffentlicher Mittel wird überdies nach und nach von der
Ministerialbürokratie weg auf mutmaßlich „effiziente“ Gesellschaften,
die das Geschäft übernehmen sollen, „outgesourct“. Diese sind jedoch
auf Grund ihrer Gesellschaftsform weniger transparent, als es eine
öffentliche Verwaltungseinheit sein muss, – ob sie auch „effizienter“
sind, sei dahin gestellt. Und sie sind anfälliger gegen eine neue Form
von Förderungs-Bonapartismus und Förderintendanten, die nach dem
Prinzip „teile und herrsche“ agieren.2 Leider ist über diese – innerhalb
einer föderalistischen Verfassung einer Mehrparteien-Demokratie
mehr als problematische – Entwicklung derzeit noch keine öffentliche
Auseinandersetzung abzusehen.

In diesem Zusammenhang betrachtet muss „Kulturmanagement“ – ein                 Kulturwirtschaftliches
sehr modischer Begriff für jedes kulturwirtschaftliche Handeln – sich         Handeln als Legitimation
der Frage stellen, mit welchen legitimatorischen Strategien dem Kon-
solidierungsdruck – der dem Grunde nach nur eine Durchleitung von
politischem Druck darstellt – begegnet werden kann. Der künstleri-
sche Mittelweg ist ohne Zweifel immer eine Sackgasse, die in letzter
Zeit jedoch häufiger beschritten wird, da viele Veranstaltungen in ih-
ren Mitteln weitgehend ausgeblutet sind.

Das alte Sprichwort, Konkurrenz belebe das Geschäft, trifft bei rapide
angewachsenen Veranstaltungen vor allem im Bereich Filmfestival –
allein in Deutschland sollen es rund 100 sein – keineswegs zu. Größe-
re kulturelle Betriebe konnten in jüngster Zeit mit neuen, auch techno-
logisch gestützten Strategien und Marketinginstrumenten zwar erheb-
liche Effizienzsteigerungen und Verbesserungen der Einnahmesituati-
on erzielen,3 dennoch bleibt die Anforderung bestehen, auch bestimm-
te kulturwirtschaftliche Effekte zu systematisieren und vor allem zu
quantifizieren.




KMP 1 07 08 03                                                                                          3
J 1.4                                                                                    Best Practice

Beispiele aus den Kultursparten




Erstmals 2001 Analyse             Dies ist eine nicht nur legitimatorische, sondern auch legitime Anfor-
kulturwirtschaftlicher            derung an modernes Kulturmanagement. Die Kurzfilmtage haben sich
Effekte der Kurzfilmtage          dieser Aufgabe erstmals im Jahr 2001 gestellt, damals noch relativ
                                  frisch in die gGmbH als neuer Gesellschaftsform entlassen. Damals
                                  wie heute gab und gibt es kein uns bekanntes Beispiel, das für ein
                                  Filmfestival exemplarisch kulturwirtschaftliche Effekte systematisiert
                                  und quantifiziert hätte. Das mag auch durch eine gewisse Zurückhal-
                                  tung, Zahlen zu veröffentlichen, begründet sein.

                                  Der in 2002 erarbeitete 4. Kulturwirtschaftsbericht NRW4 erhellte
                                  zwar die Vernetzung der Kulturwirtschaft zu anderen Branchen, die
                                  Beziehungen der Kulturwirtschaft zur Tourismusbranche und zur Im-
                                  mobilienwirtschaft, die Impulse und Innovationen bezogen auf die
                                  europäische Informationsgesellschaft usw., all dies aber war nur von
                                  sehr eingeschränkter Aussagekraft für ein Filmfestival und die Kurz-
                                  filmtage im Besonderen. Einzig der Versuch, kulturwirtschaftliche
                                  Effekte der Filmkultur in Nordrhein-Westfalen zu untersuchen, brach-
                                  te recht erstaunliche Ergebnisse hervor. So konnte u. a. dargestellt
                                  werden, dass die Filmkultur in NRW im Vergleich zu hochsubventio-
                                  nierten Großereignissen der Region mit weitaus weniger Mitteln mehr
                                  Eintritte und Brutto-Medienkontakte erzielt.5

                                  Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen sind das älteste und
                                  wahrscheinlich auch bekannteste Kurzfilmfestival der Welt. Sie sind
                                  Brennpunkt filmpolitischer und ästhetischer Neuerungen und prägen
                                  seit ihrem Bestehen die Entwicklung des Kurzfilms. Sie bieten Fil-
                                  memachern aus aller Welt eine Plattform. So waren Regisseure wie
                                  Martin Scorsese, George Lucas, Werner Herzog, Alexander Kluge und
                                  Roman Polanski lange vor ihrem internationalen Durchbruch bereits
                                  im Programm des ältesten Kurzfilmfestivals vertreten. Neben den
                                  zahlreichen Kontakten der Kurzfilmtage zu Machern und Meinungs-
                                  führern aus Film, Kunst, Kultur, Politik und Medien liegt die einzigar-
                                  tige Qualität des Festivals darin, gesellschaftliche Veränderungen
                                  wahrzunehmen und in Programme umzusetzen, sowie Trends frühzei-
                                  tig zu erkennen und so stets neue Maßstäbe zu setzen.

Tradition und Moderne             Die Kurzfilmtage führten den weltweit ersten Festivalpreis für Musik-
                                  videos ein, initiierten das international noch immer einzigartige Info-
                                  portal „shortfilm.de“ und riefen die Filmeinreichplattform „reel-
                                  port.com“ ins Leben. Weiter veranstalten die Kurzfilmtage jährlich
                                  den ältesten deutschen Kurzfilmwettbewerb sowie den ältesten inter-
                                  nationalen Kinder- und Jugendfilmwettbewerb. In 2006 etablierten sie
                                  mit der Einführung des „Podiums“ ein Forum außerhalb des Kinos,
                                  welches einen internationalen Ort für Diskussion kulturpolitischer und
                                  technologischer Themen bietet. Mit zuletzt rund 6.500 Filmeinrei-
                                  chungen aus über 90 Ländern sowie 500 Beiträgen aus über 100 Vor-
                                  stellungen sind die Kurzfilmtage das größte Festival seiner Art. Auch
                                  das Kurzfilmarchiv mit rund 1.600 Titeln ist weltweit einzigartig.




4                                                                                          KMP 1 07 08 03

Más contenido relacionado

Más de Raabe Verlag

Stephanie Koopmann: Großspenden-Fundraising
Stephanie Koopmann: Großspenden-FundraisingStephanie Koopmann: Großspenden-Fundraising
Stephanie Koopmann: Großspenden-Fundraising
Raabe Verlag
 
Antonella Tanca: „Lebenslanges Lernen“ - Das Museum als Lernort
Antonella Tanca:  „Lebenslanges Lernen“ - Das Museum als LernortAntonella Tanca:  „Lebenslanges Lernen“ - Das Museum als Lernort
Antonella Tanca: „Lebenslanges Lernen“ - Das Museum als Lernort
Raabe Verlag
 
Peter Loock: Beispiele für Mediations-Güteverfahren
Peter Loock: Beispiele für Mediations-GüteverfahrenPeter Loock: Beispiele für Mediations-Güteverfahren
Peter Loock: Beispiele für Mediations-Güteverfahren
Raabe Verlag
 
Gordon K. Strahl: Marketing in der Freien Kulturszene
Gordon K. Strahl: Marketing in der Freien KulturszeneGordon K. Strahl: Marketing in der Freien Kulturszene
Gordon K. Strahl: Marketing in der Freien Kulturszene
Raabe Verlag
 
Oliver Daniel Sopalla: Werben in Echtzeit
Oliver Daniel Sopalla: Werben in EchtzeitOliver Daniel Sopalla: Werben in Echtzeit
Oliver Daniel Sopalla: Werben in Echtzeit
Raabe Verlag
 
Markus Edlefsen: Was machen die eigentlich? Transparenz in der Zivilgesellschaft
Markus Edlefsen: Was machen die eigentlich? Transparenz in der ZivilgesellschaftMarkus Edlefsen: Was machen die eigentlich? Transparenz in der Zivilgesellschaft
Markus Edlefsen: Was machen die eigentlich? Transparenz in der Zivilgesellschaft
Raabe Verlag
 
Mandy Risch, Andreas Kerst: Die steuerbegünstigte Vermögensverwaltung gemeinn...
Mandy Risch, Andreas Kerst: Die steuerbegünstigte Vermögensverwaltung gemeinn...Mandy Risch, Andreas Kerst: Die steuerbegünstigte Vermögensverwaltung gemeinn...
Mandy Risch, Andreas Kerst: Die steuerbegünstigte Vermögensverwaltung gemeinn...
Raabe Verlag
 
Gereon Röckrath: Leistungsstörungen bei der Abwicklung von Verträgen im Kultu...
Gereon Röckrath: Leistungsstörungen bei der Abwicklung von Verträgen im Kultu...Gereon Röckrath: Leistungsstörungen bei der Abwicklung von Verträgen im Kultu...
Gereon Röckrath: Leistungsstörungen bei der Abwicklung von Verträgen im Kultu...
Raabe Verlag
 
Ulrich Poser: Die beschränkte Steuerpflicht ausländischer Künstler
Ulrich Poser: Die beschränkte Steuerpflicht ausländischer KünstlerUlrich Poser: Die beschränkte Steuerpflicht ausländischer Künstler
Ulrich Poser: Die beschränkte Steuerpflicht ausländischer Künstler
Raabe Verlag
 
Prof. Dr. Gernot Wolfram: Die Bedeutung der Creative Industries für internati...
Prof. Dr. Gernot Wolfram: Die Bedeutung der Creative Industries für internati...Prof. Dr. Gernot Wolfram: Die Bedeutung der Creative Industries für internati...
Prof. Dr. Gernot Wolfram: Die Bedeutung der Creative Industries für internati...
Raabe Verlag
 
Lansnicker, Schwirtzek: Private Arbeitsvermittlung durch Künstleragenturen – ...
Lansnicker, Schwirtzek: Private Arbeitsvermittlung durch Künstleragenturen – ...Lansnicker, Schwirtzek: Private Arbeitsvermittlung durch Künstleragenturen – ...
Lansnicker, Schwirtzek: Private Arbeitsvermittlung durch Künstleragenturen – ...
Raabe Verlag
 
Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1 Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Raabe Verlag
 

Más de Raabe Verlag (20)

Martina Herring: Besucherorientierung im Museum. Qualifizierung von Mitarbeit...
Martina Herring: Besucherorientierung im Museum. Qualifizierung von Mitarbeit...Martina Herring: Besucherorientierung im Museum. Qualifizierung von Mitarbeit...
Martina Herring: Besucherorientierung im Museum. Qualifizierung von Mitarbeit...
 
Dr. Annett Baumast: Nachhaltigkeit im Kulturbetrieb
Dr. Annett Baumast: Nachhaltigkeit im KulturbetriebDr. Annett Baumast: Nachhaltigkeit im Kulturbetrieb
Dr. Annett Baumast: Nachhaltigkeit im Kulturbetrieb
 
David Scherer: Crowdfunding im Social Web
David Scherer: Crowdfunding im Social WebDavid Scherer: Crowdfunding im Social Web
David Scherer: Crowdfunding im Social Web
 
Birgit Walter: Ökonomische Rechtfertigung öffentlicher Kulturförderung
Birgit Walter: Ökonomische Rechtfertigung öffentlicher KulturförderungBirgit Walter: Ökonomische Rechtfertigung öffentlicher Kulturförderung
Birgit Walter: Ökonomische Rechtfertigung öffentlicher Kulturförderung
 
Dr. Burkhard Bastuck: Der Intendantenvertrag
Dr. Burkhard Bastuck: Der IntendantenvertragDr. Burkhard Bastuck: Der Intendantenvertrag
Dr. Burkhard Bastuck: Der Intendantenvertrag
 
Prof. Dr. Gerhard Pfennig: Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst
Prof. Dr. Gerhard Pfennig: Verwertungsgesellschaft Bild-KunstProf. Dr. Gerhard Pfennig: Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst
Prof. Dr. Gerhard Pfennig: Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst
 
Robert Kirchmaier: Kulturgüteraustausch und Staatsgarantien
Robert Kirchmaier: Kulturgüteraustausch und StaatsgarantienRobert Kirchmaier: Kulturgüteraustausch und Staatsgarantien
Robert Kirchmaier: Kulturgüteraustausch und Staatsgarantien
 
Stephanie Koopmann: Großspenden-Fundraising
Stephanie Koopmann: Großspenden-FundraisingStephanie Koopmann: Großspenden-Fundraising
Stephanie Koopmann: Großspenden-Fundraising
 
Antonella Tanca: „Lebenslanges Lernen“ - Das Museum als Lernort
Antonella Tanca:  „Lebenslanges Lernen“ - Das Museum als LernortAntonella Tanca:  „Lebenslanges Lernen“ - Das Museum als Lernort
Antonella Tanca: „Lebenslanges Lernen“ - Das Museum als Lernort
 
Peter Loock: Beispiele für Mediations-Güteverfahren
Peter Loock: Beispiele für Mediations-GüteverfahrenPeter Loock: Beispiele für Mediations-Güteverfahren
Peter Loock: Beispiele für Mediations-Güteverfahren
 
Gordon K. Strahl: Marketing in der Freien Kulturszene
Gordon K. Strahl: Marketing in der Freien KulturszeneGordon K. Strahl: Marketing in der Freien Kulturszene
Gordon K. Strahl: Marketing in der Freien Kulturszene
 
Oliver Daniel Sopalla: Werben in Echtzeit
Oliver Daniel Sopalla: Werben in EchtzeitOliver Daniel Sopalla: Werben in Echtzeit
Oliver Daniel Sopalla: Werben in Echtzeit
 
Markus Edlefsen: Was machen die eigentlich? Transparenz in der Zivilgesellschaft
Markus Edlefsen: Was machen die eigentlich? Transparenz in der ZivilgesellschaftMarkus Edlefsen: Was machen die eigentlich? Transparenz in der Zivilgesellschaft
Markus Edlefsen: Was machen die eigentlich? Transparenz in der Zivilgesellschaft
 
Mandy Risch, Andreas Kerst: Die steuerbegünstigte Vermögensverwaltung gemeinn...
Mandy Risch, Andreas Kerst: Die steuerbegünstigte Vermögensverwaltung gemeinn...Mandy Risch, Andreas Kerst: Die steuerbegünstigte Vermögensverwaltung gemeinn...
Mandy Risch, Andreas Kerst: Die steuerbegünstigte Vermögensverwaltung gemeinn...
 
Gereon Röckrath: Leistungsstörungen bei der Abwicklung von Verträgen im Kultu...
Gereon Röckrath: Leistungsstörungen bei der Abwicklung von Verträgen im Kultu...Gereon Röckrath: Leistungsstörungen bei der Abwicklung von Verträgen im Kultu...
Gereon Röckrath: Leistungsstörungen bei der Abwicklung von Verträgen im Kultu...
 
Ulrich Poser: Die beschränkte Steuerpflicht ausländischer Künstler
Ulrich Poser: Die beschränkte Steuerpflicht ausländischer KünstlerUlrich Poser: Die beschränkte Steuerpflicht ausländischer Künstler
Ulrich Poser: Die beschränkte Steuerpflicht ausländischer Künstler
 
Dr. Tobias Holzmüller: Die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Kultur...
Dr. Tobias Holzmüller: Die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Kultur...Dr. Tobias Holzmüller: Die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Kultur...
Dr. Tobias Holzmüller: Die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Kultur...
 
Prof. Dr. Gernot Wolfram: Die Bedeutung der Creative Industries für internati...
Prof. Dr. Gernot Wolfram: Die Bedeutung der Creative Industries für internati...Prof. Dr. Gernot Wolfram: Die Bedeutung der Creative Industries für internati...
Prof. Dr. Gernot Wolfram: Die Bedeutung der Creative Industries für internati...
 
Lansnicker, Schwirtzek: Private Arbeitsvermittlung durch Künstleragenturen – ...
Lansnicker, Schwirtzek: Private Arbeitsvermittlung durch Künstleragenturen – ...Lansnicker, Schwirtzek: Private Arbeitsvermittlung durch Künstleragenturen – ...
Lansnicker, Schwirtzek: Private Arbeitsvermittlung durch Künstleragenturen – ...
 
Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1 Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
 

Ulrike Erbslöh, Dr. Lars H. Gass, Mareike Vorbeck: Der Kulturwirtschaftsbericht der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen

  • 1. Best Practice J 1.4 Beispiele aus den Kultursparten Der Kulturwirtschaftsbericht der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen U. Erbslöh, L. H. Gass, M. Vorbeck1 2001 wurde erstmals ein Kulturwirtschaftsbericht für das Festival erstellt, der 2007 überarbeitet wurde. Im Mittelpunkt der Studie stehen die Mittelverwendung, die Image-Relevanz und die öko- nomische Relevanz als Antwort auf die Fragen: „Welche Impulse, auch wirtschaftlicher Art, gehen von den Kurzfilmtagen aus? Kann im Zusammenhang mit einem Festival überhaupt von einem kulturwirtschaftlichem Nutzen gesprochen werden?“ Damit leistet der Bericht einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Debatte und leistet konkrete Hilfe bei Anfragen zu Mittelverwendung sowie Wirtschaftlichkeit. Gliederung Seite 1. Der Zusammenhang des Filmfestivals 2 2. Die Systematik des Kulturwirtschaftsberichts 5 3. Erste Ebene – Der wirtschaftliche Einfluss 7 4. Zweite Ebene – Kulturwirtschaftliche Aktivitäten 10 5. Dritte Ebene – Vermittlungsleistungen 14 6. Vierte Ebene – Image-Impulse 16 7. Fazit 19 1
  • 2. J 1.4 Best Practice Beispiele aus den Kultursparten 1. Der Zusammenhang des Filmfestivals Seit über 50 Jahren agieren die Internationalen Kurzfilmtage Oberhau- sen als Filmfestival, Archiv und Verleih. Im Jahr 1999 wurde die Ge- sellschaft von einer städtischen Verwaltungseinheit zu einer gemein- nützigen GmbH umstrukturiert. Der Wechsel der Gesellschaftsform brachte eine neue Autonomie mit sich, vor allem im Bereich der Be- schäftigungsverhältnisse und der Materialbeschaffung. Auch eine fi- nanzielle Entlastung durch die erlangte Gemeinnützigkeit und den privatrechtlichen Status der Kurzfilmtage ist zu beobachten. Leistungsbarometer In allen vier zentralen Leistungsbarometern des Festivals sind seitdem auffällige Steigerungen erkennbar. 1. Die Filmeinreichungen zum Festival haben sich innerhalb der letz- ten zehn Jahre nahezu verdreifacht. 2. Die gGmbH erzielte 2007 fast fünfmal so viele Brutto-Medienkon- takte wie in 1999. 3. Die Besucherzahlen haben ein deutliches Wachstum zu verzeich- nen; 2007 besuchten dreieinhalb mal so viele Menschen das Festi- val wie noch vor zehn Jahren. 4. Die Betrachtung der Personalkostenentwicklung und Umsatzerlöse der Kurzfilmtage seit Gründung der gGmbH dokumentiert die Ef- fizienz der Umstrukturierung. Die Entwicklung der Personalkosten scheint auf den ersten Blick nicht sehr auffällig zu sein, da sie nur eine Senkung von etwa einem Prozent im Vergleich 1997-2007 aufweist. Berechnet man die Personalkosten für 2007 allerdings unter der Annahme, der Betrieb würde unter Bei- behaltung des Stellenplans und der Vergütungsstruktur als eine städti- schen Verwaltungseinheit der Stadt Oberhausen weiter geführt, so ergäben sich für 2007 weitaus höhere Personalkosten für die Stadt Oberhausen. Die Einsparungen belaufen sich durch die aktuelle Orga- nisationsform der Kurzfilmtage und deren neue Vergütungsstruktur auf über 13 Prozent. Die Gründung der Gesellschaft wirkt sich demzufolge überaus positiv auf das wirtschaftliche Handeln der Kurzfilmtage aus. Darüber hinaus werden erhebliche Einsparungen im Bereich der Umsatzwertsteuer erzielt. Reformerfolg durch Gleichwohl hat der Konsolidierungsdruck der öffentlichen Zuschuss- Konsolidierung sichern geber in diesem Zeitraum nicht nachgelassen, im Gegenteil. Die Kurz- filmtage mussten innerhalb von zehn Jahren den Ausfall von rund 60.000 Euro an Zuschüssen auf anderen Wegen kompensieren. Dies ist gelungen durch die oben genannten Einsparungen, die Akquisition von Sponsoren, eine Belebung des Anzeigengeschäfts sowie die Ver- besserung der Erlöse bei Eintrittskarten und Verleih. 2 KMP 1 07 08 03
  • 3. Best Practice J 1.4 Beispiele aus den Kultursparten „Konsolidierung“ ist das Gebot der Stunde, weniger geht immer noch, so scheint es. Dabei wurden einige Institutionen und Veranstaltungen zu Tode konsolidiert. Dabei wurden aber auch verbindliche Qualitäts- kriterien der Evaluierung, die das handwerkliche und künstlerische Niveau einer Veranstaltung oder die Schwelle, unter der eine Veran- staltung nicht mehr seriös durchgeführt werden kann, zunehmend zerrüttet. Eine Verständigung über künstlerische und handwerkliche Maßstäbe Konsolidierung nicht ist oftmals kaum noch möglich. Konsolidierungsdruck steht heute in über Inhalte stellen einem gesellschaftlichen Zusammenhang von „Reformen“, die leider in den seltenen Fällen zum Vorteil der Betroffenen sind. Gleichzeitig hat, verstärkt durch diese Entwicklung, der Konkurrenzdruck unter den immer zahlreicher werdenden Veranstaltungen zugenommen. Der Kampf um die Zuschüsse hat in zunehmendem Maße ein Klima von Opportunismus, Misstrauen und künstlerischer Kompromissbereit- schaft hervorgerufen. Die Vergabe öffentlicher Mittel wird überdies nach und nach von der Ministerialbürokratie weg auf mutmaßlich „effiziente“ Gesellschaften, die das Geschäft übernehmen sollen, „outgesourct“. Diese sind jedoch auf Grund ihrer Gesellschaftsform weniger transparent, als es eine öffentliche Verwaltungseinheit sein muss, – ob sie auch „effizienter“ sind, sei dahin gestellt. Und sie sind anfälliger gegen eine neue Form von Förderungs-Bonapartismus und Förderintendanten, die nach dem Prinzip „teile und herrsche“ agieren.2 Leider ist über diese – innerhalb einer föderalistischen Verfassung einer Mehrparteien-Demokratie mehr als problematische – Entwicklung derzeit noch keine öffentliche Auseinandersetzung abzusehen. In diesem Zusammenhang betrachtet muss „Kulturmanagement“ – ein Kulturwirtschaftliches sehr modischer Begriff für jedes kulturwirtschaftliche Handeln – sich Handeln als Legitimation der Frage stellen, mit welchen legitimatorischen Strategien dem Kon- solidierungsdruck – der dem Grunde nach nur eine Durchleitung von politischem Druck darstellt – begegnet werden kann. Der künstleri- sche Mittelweg ist ohne Zweifel immer eine Sackgasse, die in letzter Zeit jedoch häufiger beschritten wird, da viele Veranstaltungen in ih- ren Mitteln weitgehend ausgeblutet sind. Das alte Sprichwort, Konkurrenz belebe das Geschäft, trifft bei rapide angewachsenen Veranstaltungen vor allem im Bereich Filmfestival – allein in Deutschland sollen es rund 100 sein – keineswegs zu. Größe- re kulturelle Betriebe konnten in jüngster Zeit mit neuen, auch techno- logisch gestützten Strategien und Marketinginstrumenten zwar erheb- liche Effizienzsteigerungen und Verbesserungen der Einnahmesituati- on erzielen,3 dennoch bleibt die Anforderung bestehen, auch bestimm- te kulturwirtschaftliche Effekte zu systematisieren und vor allem zu quantifizieren. KMP 1 07 08 03 3
  • 4. J 1.4 Best Practice Beispiele aus den Kultursparten Erstmals 2001 Analyse Dies ist eine nicht nur legitimatorische, sondern auch legitime Anfor- kulturwirtschaftlicher derung an modernes Kulturmanagement. Die Kurzfilmtage haben sich Effekte der Kurzfilmtage dieser Aufgabe erstmals im Jahr 2001 gestellt, damals noch relativ frisch in die gGmbH als neuer Gesellschaftsform entlassen. Damals wie heute gab und gibt es kein uns bekanntes Beispiel, das für ein Filmfestival exemplarisch kulturwirtschaftliche Effekte systematisiert und quantifiziert hätte. Das mag auch durch eine gewisse Zurückhal- tung, Zahlen zu veröffentlichen, begründet sein. Der in 2002 erarbeitete 4. Kulturwirtschaftsbericht NRW4 erhellte zwar die Vernetzung der Kulturwirtschaft zu anderen Branchen, die Beziehungen der Kulturwirtschaft zur Tourismusbranche und zur Im- mobilienwirtschaft, die Impulse und Innovationen bezogen auf die europäische Informationsgesellschaft usw., all dies aber war nur von sehr eingeschränkter Aussagekraft für ein Filmfestival und die Kurz- filmtage im Besonderen. Einzig der Versuch, kulturwirtschaftliche Effekte der Filmkultur in Nordrhein-Westfalen zu untersuchen, brach- te recht erstaunliche Ergebnisse hervor. So konnte u. a. dargestellt werden, dass die Filmkultur in NRW im Vergleich zu hochsubventio- nierten Großereignissen der Region mit weitaus weniger Mitteln mehr Eintritte und Brutto-Medienkontakte erzielt.5 Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen sind das älteste und wahrscheinlich auch bekannteste Kurzfilmfestival der Welt. Sie sind Brennpunkt filmpolitischer und ästhetischer Neuerungen und prägen seit ihrem Bestehen die Entwicklung des Kurzfilms. Sie bieten Fil- memachern aus aller Welt eine Plattform. So waren Regisseure wie Martin Scorsese, George Lucas, Werner Herzog, Alexander Kluge und Roman Polanski lange vor ihrem internationalen Durchbruch bereits im Programm des ältesten Kurzfilmfestivals vertreten. Neben den zahlreichen Kontakten der Kurzfilmtage zu Machern und Meinungs- führern aus Film, Kunst, Kultur, Politik und Medien liegt die einzigar- tige Qualität des Festivals darin, gesellschaftliche Veränderungen wahrzunehmen und in Programme umzusetzen, sowie Trends frühzei- tig zu erkennen und so stets neue Maßstäbe zu setzen. Tradition und Moderne Die Kurzfilmtage führten den weltweit ersten Festivalpreis für Musik- videos ein, initiierten das international noch immer einzigartige Info- portal „shortfilm.de“ und riefen die Filmeinreichplattform „reel- port.com“ ins Leben. Weiter veranstalten die Kurzfilmtage jährlich den ältesten deutschen Kurzfilmwettbewerb sowie den ältesten inter- nationalen Kinder- und Jugendfilmwettbewerb. In 2006 etablierten sie mit der Einführung des „Podiums“ ein Forum außerhalb des Kinos, welches einen internationalen Ort für Diskussion kulturpolitischer und technologischer Themen bietet. Mit zuletzt rund 6.500 Filmeinrei- chungen aus über 90 Ländern sowie 500 Beiträgen aus über 100 Vor- stellungen sind die Kurzfilmtage das größte Festival seiner Art. Auch das Kurzfilmarchiv mit rund 1.600 Titeln ist weltweit einzigartig. 4 KMP 1 07 08 03