Die Akteur-Netzwerk-Theorie - Eine Techniktheorie für das Lernen und Lehren m...
Geschichte des Fernunterrichts - Vom brieflichen Unterricht zum gemeinsamen Lernen im Web 2.0
1. Olaf
Zawacki-‐Richter
Geschichte des Fernunterrichts
Vom brieflichen Unterricht zum gemeinsamen Lernen im Web 2.0
Die
Geschichte
des
technologiebasierten
Lernens
und
Lehrens
soll
entlang
der
Entwicklung
und
Genera-‐
Bonen
technologischer
InnovaBonen
im
Fernunterricht,
der
damit
verbundenen
MediencharakterisBka
als
eine
FunkBon
von
InterakBon
sowie
räumlicher
und
zeitlicher
Flexibilität
und
der
ermöglichten
didakB-‐
schen
Szenarien
beschrieben
werden.
Bei
der
historischen
Entwicklung
des
technikgestützten
Lernens
und
Lehrens
werden
drei
GeneraBonen
unterschieden:
die
Korrespondenz-‐GeneraBon
(ab
ca.
1850),
die
Tele-‐
kommunikaBons-‐
oder
Open-‐University-‐GeneraBon
(ab
ca.
1960)
und
die
Computer-‐
und
Internet-‐Gene-‐
raBon
(ab
ca.
1990).
Schließlich
wird
die
Entwicklung
des
Online-‐Lernens
bis
heute
beschrieben
und
auf
neuere
Entwicklungen
des
mobilen
und
gemeinsamen
Lernens
im
Web
2.0
eingegangen.
Quelle:
Niederländisches
NaBonalarchiv,
Spaarnestad
Photo,
SFA002010354
NaBonaal
Archief,
URL:
hDp://www.flickr.com/photos/naBonaalarchief/3895374225
[2011-‐01-‐01]
#fernunterricht
#einfuehrung
#geschichte
Version
vom
1.
Februar
2011
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dieses
Kapitel
wird
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2. 2
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
und Lehrende räumlich (und zeitlich) voneinander
1. Einführung:
Mediengestützes
Lernen
und
Fernlernen
getrennt sind. Lernprozesse werden daher durch
Technologiegestütztes Lernen ist medienvermitteltes Medien überhaupt erst ermöglicht.
Lernen. Medien ermöglichen die Erschließung von
Inhalten, zum Beispiel über Selbstlernmaterialien in Die
Entwicklung
des
technologiegestützen
Lernens
gedruckter Form oder über multimedial aufbereitete
Einheiten. Lernen ist ein sozialer Prozess und kommt
! kann
als
Abfolge
medientechnologischer
InnovaBonen
beschrieben
werden.
Eine
neue
GeneraBon
des
tech-‐
daher nicht aus ohne Kommunikation und Feedback nikgestützten
Lernens
wurde
durch
neue
Medien
ein-‐
zwischen Lernenden und Lehrenden und auch nicht geläutet,
die
neue
Formen
der
InterakBon
und
raum-‐
zeitlichen
Flexibilität
ermöglicht
haben.
ohne Kontakt zwischen den Lernenden. Diese Inter-
aktion kann heute sehr effektiv durch die modernen 2. Genera:onen
technologischer
Innova:onen
Informations- und Kommunikationstechnologien
(IKT) in Unabhängigkeit von Raum und Zeit, syn- Viele Erfindungen und Entwicklungen im Bereich
chron und asynchron unterstützt werden. der Medientechnologie eröffneten neue Wege der
Viele weitere Kapitel in diesem Buch handeln von Kommunikation und Betreuung zum Beispiel durch
dem Einsatz solcher Medien in Lehr- und Lern-Pro- die Möglichkeit, einen Tutor anzurufen, um eine in-
zessen aus didaktischer, organisatorischer und techni- haltliche Frage zu klären oder die Möglichkeit, bei
scher Perspektive. Man kann sagen, dass die Ent- einer Bibliothek einen Aufsatz über die Online Fern-
wicklung des Internets und die sich daraus ergebenen leihe zu bestellen (Zawacki-Richter, 2004).
didaktischen Möglichkeiten für das Online-Lernen Garrison (1985) unterscheidet drei Generationen
einen Paradigmenwechsel ausgelöst haben (Peters, technologischer Innovation, die einen Paradigmen-
2004). Diese Veränderungen betreffen nicht nur etwa wechsel des Lernens und Lehrens im Fernstudium
die traditionellen Fernunterrichtsanbieter oder Fernu- ausgelöst und somit die Qualität des Lernprozesses
niversitäten. Das technologiegestützte Lernen und nachhaltig verändert haben. Aus historischer Per-
Lehren ist im Mainstream der Bildungsangebote auf spektive sind die drei Meilensteine technologischer
allen Niveaus angekommen. Viele Universitäten Innovation nach Garrison die Printmedien, die Te-
bieten zum Beispiel heute auch Online-Studiengänge lekommunikationsmedien und der Computer. Im
für berufstätige Zielgruppen im Bereich der wissen- Fernstudium sind Medien, die eine zweikanalige
schaftlichen Weiterbildung an, und auch das Präsenz- Kommunikation ermöglichen, von besonderer Wich-
studium wird durch internetgestützte Angebote er- tigkeit. Unidirektionale Medien, zum Beispiel das
gänzt. Es gibt E-Learning an Grundschulen, an Radio, Fernsehen oder DVD, werden von Garrison
Volkshochschulen und natürlich in der betrieblichen daher auch als begleitende oder ergänzende Medien
Qualifizierung. Das medienvermittelte Lernen muss (engl. „ancillary media“) bezeichnet: „[...] other media
heute keine isolierte Form des Lernens mehr sein. are not considered to have significantly altered the
Die Grenzen zwischen konventionellem Fern- und delivery of distance education. The main reason is
Präsenzlernen verschwimmen durch den Einsatz und the non-interactiveness of media such as radio and
die weite Verbreitung der IKT: „The secret garden of television broadcasts, audio and video cassettes, laser
open and distance learning has become public, and videodiscs, and audiographics. For this reason, these
many institutions are moving from single conven- media are viewed as being in a separate category,
tional mode activity to dual mode activity“ (Mills & since they are incapable of providing two-way com-
Tait, 1999). „Dual mode activity“ bedeutet hier, dass munication“ (S. 239). Garrison beschreibt die Medien
Bildungsinstitutionen sowohl Präsenzlernen als auch als eine Funktion von Interaktion der Beteiligten
Fernlernen anbieten. Dies war jedoch nicht immer so. sowie der räumlichen und zeitlichen Unabhängigkeit
In diesem Kapitel soll so ein Überblick über die Ent- (S. 240). Auch wenn Garrison in den 1980er Jahren
wicklung und Geschichte von technologischen Inno- die enorme Entwicklung des Internets nicht vorher-
vationen und ihrem Einsatz in Lehr- und Lernpro- sehen konnte, so erscheint sein Modell trotz des
zessen gegeben werden. Dabei ist zu berücksichtigen, frühen Entstehungsjahres noch passend, da auch das
dass Institutionen des Fernunterrichts und des Fern- heutige technikgestützte Lernen wesentlich durch die
studiums schon immer sehr früh neu aufkommende computervermittelte Kommunikation geprägt ist. Im
Kommunikationstechnologien genutzt haben. Für Folgenden wird die Abfolge medientechnologischer
das Fernlernen ist charakteristisch, dass Lernende Innovationen in Anlehnung an Garrison (1985) be-
schrieben.
3. Geschichte
des
Fernunterrichts.
Vom
brieflichen
Unterricht
zum
gemeinsamen
Lernen
im
Web
2.0
—
3
Es
lassen
sich
drei
GeneraBonen
unterscheiden:
die
! KorrespondenzgeneraBon
(ab
ca.
1850),
die
Telekom-‐
munikaBons-‐
oder
FernuniversitätengeneraBon
(ab
ca.
1960)
und
die
Computer-‐
und
Internet-‐GeneraBon
(ab
ca.
1990).
Die
Anfänge:
Korrespondenzgenera:on
Die erste Generation war der printbasierte Fernunter-
richt, in der für das Selbststudium aufbereitete Stu-
dienbriefe verschickt wurden und die Teilnehmer per
Briefwechsel von einem Tutor betreut wurden. Die
Wurzeln des Fernunterrichts und des Fernstudiums
gehen über 250 Jahre in die Vergangenheit zurück.
Bereits 1728 inserierte Caleb Phillipps („Teacher
of the New Method of Short Hand“) in der Boston
Gazette Anzeigen für seine Stenographie-Fernkurse:
„[Any] persons in the country desirous to learn this
art, may by having the several Lessons sent weekly to
them, be as perfectly instructed as those that live in
Boston“ (Battenberg, 1971, 44).
In Europa brachte Gustav Langenscheidt zu-
sammen mit Charles Toussaint Selbstunterrichts- Abbildung
2:
Tutorielle
Betreuung
im
brieflichen
briefe für Französisch-Sprachkurse heraus. Die Unterricht
im
Jahr
1901.
Quelle:
Delling,
1992
beiden entwickelten die „Methode Toussaint-Langen-
scheidt“ mit der die französische Aussprache in Stu-
dienbriefen vermittelt werden konnte. Die Lautschrift richts streng genommen noch nicht als Fernunter-
ist also eine Entwicklung des Fernunterrichts. Die richt zu bezeichnen. Bidirektionale Kommunikation
Durchsetzung der Lautschrift war auch die ist aus dem Institut für brieflichen Unterricht von
Grundlage für die erfolgreiche Gründung des Ver- Simon Müller in Berlin (1897) überliefert (Delling,
lages von Gustav Langenscheidt im Jahr 1856. 1992).
Eine tutorielle Begleitung durch ständigen Brief- Die University of London war die erste Univer-
wechsel war allerdings in beiden Fällen noch nicht sität, die 1858 Korrespondenzkurse für Auswanderer-
vorgesehen. So sind diese Formen des Selbstunter- /innen in den Kolonien in Australien, Kanada,
Indien, Neuseeland und Südafrika in ihr Angebot
aufnahm. Eine Studienbetreuung war nicht vor-
handen. Mit einem Postschiff wurden Studienmate-
rialien zusammen mit einem Syllabus, Musterklau-
suren und einer Liste mit Prüfungsorten und -ter-
minen verschickt: Eine persönliche Betreuung der
Studierenden gab es nicht (Ryan, 2001). Die ersten
Korrespondenzkurse wurden nicht von Fernstudien-
spezialisten/innen geschrieben, sondern von Leh-
renden traditioneller Universitäten – sie waren also
Vorlesungen in schriftlicher Form. Großbritannien
gründete 1875 in Pretoria (Südafrika) die University
of South Africa (UNISA) als erste dezidierte Fernu-
niversität der Welt. Sie ist auch heute noch, mit über
200.000 Studierenden, die größte Fernuniversität
Abbildung
1:
Selbstlernmaterialien
um
die
Jahrhun-‐
Afrikas ( http://unisa.sa.za).
dertwende
aus
dem
Archiv
der
Deutschen
Fernstudi-‐
Das Korrespondenzstudium eröffnet die Mög-
endokumentation
an
der
FernUniversität
in
Hagen
lichkeit, unabhängig von Raum und Zeit zu lernen.
(Französischkurs
mit
Lautschrift
von
Langenscheidt
Es wurde bald erkannt, dass mehr Selbstständigkeit
und
Schallplatten
zur
"Anwendung
für
Sprechma-‐
der Studierenden nicht einfach daraus resultiert, dass
schinen");
http://dfsd.fernuni-‐hagen.de
4. 4
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
man sie sich selbst überlässt. So wurde die vorherr- OUUK haben viele Fernuniversitäten Studienzentren
schende unidirektionale Kommunikation, das heißt eingerichtet. Sie eröffnen den Zugang zu Technologie
der Versand von vorgefertigten Studienmaterialien (zum Beispiel Computer, Videokonferenzanlagen),
von der Institution zu den Studierenden, durch bidi- Studienmaterialien und Bibliotheksdiensten, sie
rektionale Kommunikation ergänzt, zum Beispiel bieten Studienberatung durch Fachkräfte, hier
durch Präsenzveranstaltungen, briefliche Tutorien können die Studierenden ihre Kommilitonen treffen
oder telefonischen Kontakt. Die Möglichkeiten waren und an tutoriellen Präsenzveranstaltungen teilnehmen
jedoch aufgrund der geringen technischen Ent- und schließlich auch ihre Prüfungen ablegen. An der
wicklung sehr begrenzt. Die Antwortzeiten waren in FernUniversität in Hagen werden die Studierenden
der Regel lang, da die Kommunikation von der Post über ein Netz von 13 Regionalzentren betreut.
per Eisenbahn oder Schiff abhängig war. Heute
werden die Studierenden allerdings durch einen Mix
von Betreuungsangeboten unterstützt, die im wei-
teren Verlauf der Entwicklung eingeführt wurden.
Das Fernstudium der ersten Generation war also
gekennzeichnet durch eingeschränkte bidirektionale
Kommunikation zwischen Lernenden und Leh-
renden. Der Kontakt zu anderen Lernenden war al-
lenfalls im Rahmen von Präsenzveranstaltungen
möglich und somit extrem eingeschränkt.
InsBtuBonen
des
Fernunterrichts
und
des
Fernstu-‐
! diums
haben
schon
sehr
früh
Bildungstechnologien
eingesetzt,
da
das
Lernen
und
Lehren
hier
durch
Medien
überhaupt
erst
ermöglich
wird.
Erste
Fernun-‐
terrichtsanbieter
gab
es
im
deutschsprachigen
Raum Abbildung
3:
Telekolleg
in
den
1970er
Jahren.
MiDe
des
19.
Jahrhunderts
(Sprachkurse
von
Gustav Quelle:
Eberhard
Weiß
im
Telekolleg
(Bildschirmfoto)
Langenscheidt),
die
erste
Fernuniversität
wurde
1875
in
Südafrika
gegründet.
Telekommunika:ons-‐
oder
Fernuniversitätengenera:on Die Telekommunikationsmedien ermöglichen die
Die zweite Generation in der Entwicklung des Fern- elektronische Übertragung von Kommunikation in
studiums ist eng mit der fortschreitenden Institutio- Form von Ton, Bild und Text über Telefon und Fax,
nalisierung und der Gründung der Open Universities Fernsehen, Video und Radio sowie über Audio-,
Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre ver- Video- und auch schon Computerkonferenzen. Die
knüpft. Eine Vorreiterrolle nahm die im Jahre 1969 Telekommunikations-Generation wird daher auch als
gegründete britische Open University (OUUK) ein. „Multimedia Distance Teaching“ bezeichnet (Nipper,
1974 wurde im deutschsprachigen Raum die Fern- 1989). Die Bildungstechnologien spielen nicht nur in
Universität in Hagen gegründet, die heute nach Stu- den Fernuniversitäten, sondern auch bei der Be-
dierendenzahlen (ca. 70.000) die größte Universität treuung von Schulkindern in großen Flächenländern
Deutschlands ist. In den neuen Fernuniversitäten wie Australien in den so genannten „Busch-Schulen“,
wurde ein systemischer Ansatz angewandt, das heißt in denen früher zum Beispiel CB-Funk in Ver-
die Prozesse der Kurskonzeption, der mediendidakti- bindung mit Präsenzphasen und Selbstlernmaterialien
schen Aufbereitung, der Produktion und Distribution eingesetzt wurden, eine wichtige Rolle (Marginson,
und schließlich die fachliche und organisatorische Be- 1993).
treuung der Lernenden, unterliegen einem arbeitstei- In einer Audiokonferenz können mehrere Teil-
ligen Prozess des didaktischen Designs (Morrison et nehmer/innen synchron miteinander kommuni-
al., 2007). zieren. Die langsame Antwortzeit wie beim Korre-
Eine neue Entwicklung der zweiten Generation spondenzstudium wird drastisch verkürzt. Gleiches
des Fernstudiums war die Eröffnung von Studien- gilt für Videokonferenzen mit dem Unterschied, dass
zentren, die ein wichtiges Element des Support- hier zusätzlich Bilddaten übertragen werden. Dieses
System darstellen. In Großbritannien werden die Stu- Mehr an synchroner Interaktion wird allerdings mit
dierenden durch ein Netz regionaler und lokaler Studi- reduzierter Skalierbarkeit erkauft. Ein Dilemma, denn
enzentren betreut (Tait, 2000). Nach dem Vorbild der hier nehmen wir Abschied von der gleichgearteten
5. Geschichte
des
Fernunterrichts.
Vom
brieflichen
Unterricht
zum
gemeinsamen
Lernen
im
Web
2.0
—
5
Betreuung einer sehr großen Anzahl von Lernenden, später als „World Wide Web“ (WWW) auch au-
dem Prinzip der Massenhochschulbildung (Peters, ßerhalb von Forschungseinrichtungen populär wurde,
1997, 24). Die Technik war aufwändig und musste basierte auf Darstellungsservern (Webservern), die
von lokalen Studienzentren bereitgestellt werden, so Informationen speichern und verknüpfen sowie Dar-
dass die Studierenden nicht von zu Hause aus teil- stellungsclients (Webbrowsern), welche die gespei-
nehmen konnten, sondern sich zu einem festen Zeit- cherten Informationen über das „Hypertext Transfer
punkt an einem bestimmten Ort einfinden mussten. Protocol“ (HTTP) von Servern über das Internet ab-
Die Synchronität der Telekonferenzmedien steht dem rufen und auf unterschiedlichen Endgeräten dar-
Gedanken, einer möglichst großen Zahl von Per- stellen konnten. Unter „Hypertext“ versteht man
sonen einen flexiblen Zugang zum Studium zu er- nicht-linearen Text, der durch Knoten und Links
möglichen, entgegen. Dies unterstreicht Daniel netzwerkartig verknüpft ist. Erweitert man „Hy-
(1998) in einer glühenden Rede vor pertext“ mit zeitdiskreten Medientypen (Bild, Grafik,
Teilnehmer/innen eines Kongresses von Videokon- usw.) und zeitkontinuierlichen Medientypen (Video,
ferenzanbietern, in der er von einer Krise des Zu- Audio, Animation, usw.) entsteht „Hypermedia“
gangs, der Kosten und der Flexibilität spricht: (siehe Kapitel #hypertext).
„Group teaching in front of remote TV screens? Murray Turoff vom New Jersey Institute of Tech-
This is not only an awful way to undertake distance nology ist der Erfinder der Computerkonferenzme-
learning, but flies in the face of everything that we thode (Computer-Mediated Communication, CMC)
have learned while conducing successful open and und Entwickler der CMC-Plattform „Virtual
supported learning on a massive scale for the past 27 Classroom“ (Turoff, 1995; Harasim et al., 1995). An
years. Our lessons are the key to addressing the triple der Open University UK wurde bereits 1988 „CoSy“
crisis of access, cost and flexibility now facing higher (conferencing system) für Online Tutorien mit 1300
education world-wide“ (Daniel, 1998, 1). Studierenden eingeführt (Mason, 1989; Harasim et
Um keine Lernenden von der Betreuung mit Tele- al., 1995). Aus den einfachen Computerkonferenzsys-
kommunikationsmedien auszuschließen, muss vor temen haben sich die heutigen Lern- und Campus-
dem Hintergrund der Ansprüche und Möglichkeiten Management-Systeme entwickelt. Abbildung 5
der jeweiligen Zielgruppe eine entsprechende Medi- zeigt eines der ersten Systeme, mit denen die Funk-
enauswahl getroffen werden. In der Regel sind asyn- tionen eines virtuellen Campus abgebildet werden
chrone Technologien für die Betreuung räumlich ver- konnten. Unter der Leitung von Linda Harasim
teilter Lernender mit unterschiedlichen zeitlichen wurde Virtual-U 1994 bis 1995 an der Simon Fraser
Verpflichtungen am besten geeignet. Hier bieten University in Canada entwickelt.
asynchrone Computerkonferenzen die beste Lösung Das isolierte Lernen wird im Fernstudium oft als
(siehe Kapitel #videokonferenz). ein Problem für den Studienerfolg genannt: „Di-
stance learning can be very isolating, and inadequate
Computer-‐
und
Internet-‐Genera:on
attention to course design, student counselling and
Große Bedeutung misst Garrison dem computer- support can yield poor completion rates and the
gestützten Lernen (Computer Assisted Learning, worst aspects of one-way knowledge transmission“
CAL) bei. CAL-Programme sind Selbstlerneinheiten,
die die Interaktion sowie räumliche und zeitliche Fle-
xibilität maximieren sollen. Unter Interaktion wird
hier die Interaktion des Lernenden mit dem Compu-
terprogramm verstanden (Garrison, 1985, 238). Es
hat sich jedoch gezeigt, dass der Programmierte
Unterricht ohne soziale Interaktion und ohne
Dialog zwischen Lernenden und Lehrenden sowie
den Lernenden untereinander wenig erfolgreich ist
(Schulmeister, 1999). CAL-Programme können allen-
falls eine Ergänzung sein. 1989 veröffentlichte der
britische Wissenschaftler Tim Berners-Lee von der
„European Organization for Nuclear Research“
(CERN) ein Proposal, in dem er ein dezentral ver- Abbildung
4:
Computerunterstützer
Unterricht,
teiltes, hypermediales, netzwerkbasiertes System vor- Projekt
„MUPID“,
TU
Graz,
1985
stellte (Berners-Lee, 1989). Das System, welches Quelle:
http://ftp.iicm.tugraz.at/much/projects/
6. 6
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
(Brindley & Paul, 1996, 43). Nach Kirkwood (1998) Online-Kurs mit 110 Studierenden durchgeführt.
ist der wertvollste Beitrag, den vernetzte Computer Seitdem hat sich die Anzahl der Online-Kurs-Bele-
und die neuen Informations- und Kommunikations- gungen auf annähernd 200.000 im Jahr 2009 ge-
technologien für das Fernstudium leisten können, der steigert. Die Zahl der Studierenden hat sich seitdem
persönliche Dialog und Tools für gemeinsames auf über 90.000 mehr als verdreifacht (Zawacki-
Lernen und Arbeiten: „The availability of learners to Richter et al. 2010).
each other and to the tutor asynchronously as well as
Zum
großen
Durchbruch
der
computervermiDelten
! KommunikaBon
verhalfen
die
massenhaGe
Ver-‐
breitung
der
Personalcomputer
und
die
explosions-‐
arBge
Entwicklung
des
Internet
mit
dem
World
Wide
Web
in
den
1990er
Jahren.
Durch
die
weltweite
Ver-‐
netzung
und
Verfügbarkeit
der
Computer
sind
Kon-‐
takte
und
der
Zugang
zu
InformaBonen
unabhängig
von
Raum
und
Zeit
möglich.
Garrison
(1985)
hat
die
Entwicklung
des
medienver-‐
? miDelten
Lernens
und
Lehrens
entlang
von
Genera-‐
Bonen
technologischer
InnovaBonen,
die
sich
ein-‐
Abbildung
5:
Virtual-‐U. ander
ablösen,
beschrieben.
DiskuBeren
Sie,
ob
der
Quelle:
Mason,
1998 Begriff
der
GeneraBon
hier
wirklich
passend
ist.
Hier ist eine sehr interessante Entwicklung zu be-
synchronously, has the potential to overturn the em- obachten: Immer mehr jüngere Personen entscheiden
phasis on distance education as an individualised sich nach der Schule für ein Online-Studium. Sie ge-
form of learning“ (Thorpe, 2002, 114). Hierin liegt hören nicht zum traditionellen Klientel der Fernuni-
der Grund für die große Bedeutung des Online- versitäten, deren Zielgruppe schwerpunktmäßig die
Lernens, da es die Vorteile der Flexibilität und der sogenannten „nicht-traditionellen Studierenden“
Zugangsmöglichkeiten des Fernstudiums mit den in- (Teichler & Wolter, 2004) sind. So schreibt Nick
teraktiven Möglichkeiten der Zusammenarbeit in Prä- Allen (2004, 224), damals Präsident von UMUC:
senzgruppen verbindet. „Unsere Studierendenschaft ist recht heterogen.
Die größte Gruppe ist die der 25 bis 44jährigen, aber
3. Zur
Entwicklung
des
technologiegestützen
Lernens
die Gruppe der unter 25jährigen wächst immer
heute
stärker. Das sind eigentlich traditionelle Studierende,
Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich das Online- die normalerweise zu einer Präsenzuniversität gehen.
Lernen oder E-Learning rasant entwickelt. Im Jahr In den USA werden jedoch die Universitäten immer
2007 haben in den USA 2,9 Millionen Studierende teurer, so dass viele Studierende arbeiten müssen und
Online-Kurse belegt, was einer Steigerung zum in Teilzeit studieren müssen. So kommen immer
Vorjahr von 12,9 Prozent im Vergleich zu 1,2 mehr zu uns“ (S. 274, Übersetzung durch den Autor).
Prozent im allgemeinen Hochschulsektor entspricht Die Grenzen zwischen traditionellen Fern- und
(Allen & Seaman, 2008). Die steigende Nachfrage Präsenzuniversitäten verschwimmen also immer
nach technologiegestützen, räumlich und zeitlich fle- mehr: nicht nur bezüglich des Medieneinsatzes,
xiblen Bildungsangeboten, lässt sich am Beispiel des sondern auch im Hinblick des Profils ihrer Ziel-
amerikanischen University of Maryland University gruppen (Alheit et al., 2008). Auch die medientech-
College (UMUC) gut illustrieren, heute einer der nische Hard- und Software entwickelt sich immer
größten Anbieter von Online Studiengängen weiter. Im folgenden sollen neue Anwendungen des
weltweit. UMUC wurde 1947 als Weiterbildungs- mobilen Lernens und Web 2.0 (Social Software) vor-
einheit an der University of Maryland College Park gestellt werden, jedoch auch eher aus historischer
gegründet und wurde 1972 zur unabhängigen Uni- Perspektive. Weitere Kapitel in diesem Lehrbuch be-
versität (Allen, 2004). Noch 1995 waren nur 1.000 schäftigen sich tiefer gehend mit diesen Themen.
von 30.000 Studierenden dieser Universität Fernstu-
dierende, die hauptsächlich mit gedruckten Studien-
materialien lernten. Im Jahr 1997 wurde der erste
7. Geschichte
des
Fernunterrichts.
Vom
brieflichen
Unterricht
zum
gemeinsamen
Lernen
im
Web
2.0
—
7
Mobiles
Lernen tiven Technologien auch für das Online-Lernen liegt
Mobile Endgeräte wie Handys und Tablet-Computer auf der Hand, denn das „Social Web“ und „Social
ermöglichen eine noch stärkere räumliche Flexibilität Software“ bieten sich in besonderer Weise für das ko-
als das E-Learning am PC. Das Lernen wird mobil operative Lernen an (Erpenbeck & Sauter, 2007).
(„mobile Learning“, Ally, 2009; siehe Kapitel Es entsteht eine Vielzahl von Web-Angeboten, die
#mobil). In einer Umfrage zur Entwicklung des mo- über keinen eigenen Datenbestand verfügen, sondern
bilen Lernens im Jahr 2005, auf die Experten/innen lediglich Daten von Dritten zu neuen Diensten kom-
aus 27 verschiedenen Ländern geantwortet haben, binieren („Mash-Up“; siehe Kapitel #webtech). Vor
glaubten 78 Prozent der Befragten, dass das Lernen allem die Kreativität der Nutzer/innen ist ein tra-
mit mobilen Endgeräten innerhalb von drei bis fünf gendes Element der Web-2.0-Kultur (Surowiecki,
Jahren zum Standard gehören wird. Von den betei- 2005). Dienste wie zum Beispiel FlickR oder Wiki-
ligten Fernstudieninstitutionen waren bereits 55 pedia leben von der aktiven Inhaltsgenerierung ihrer
Prozent dabei, Inhalte für das mobile Lernen zu ent- Nutzer/innen. Die Grenzen zwischen Produzenten
wickeln beziehungsweise planten dies in Kürze um- und Konsumenten aus der Web-1.0-Phase ver-
zusetzen (Zawacki-Richter et al., 2009). schwinden zunehmend. Nachdem das Internet Com-
Die Flexibilität mobiler Technologien eröffnet ins- puter verband und das WWW Informationen ver-
besondere für die didaktische Gestaltung von Lern- knüpft, verbindet nun das Web 2.0 Menschen mitein-
prozessen neue Möglichkeiten für forschendes ander. Angebote „sozialer Netzwerke“ wie Xing, Fa-
Lernen und just-in-time Zugang zu Wissen und In- cebook, StudiVZ und YouTube aber auch neue
formationen (Kukulska-Hulme & Traxler, 2005). Kommunikationsmedien wie Blogs schaffen ausdiffe-
Die weltweite Verbreitung mobiler Endgeräte er- renzierte Räume der (teil-) öffentlichen Kommuni-
möglicht gerade für die Menschen in Entwicklungs- kation im Internet, die eine zunehmende individuali-
ländern den Zugang zu Bildung. Die Entwicklungs- sierte Nutzung des Mediums Internets begünstigen
länder sind gerade dabei, die Entwicklungsstufe des (Wolling, 2009). Vor allem die intuitive Bedienung
verkabelten Internets zu überspringen (Brown, 2004; und einfache Vernetzungsmöglichkeit der verschie-
siehe Kapitel #entwicklungszusammenarbeit). In denen Web-2.0-Dienste untereinander sind die we-
einem Fernstudienprojekt an der University of Pre- sentlichen Gründe für den Erfolg des „Mitmach-
toria zur Fortbildung von über 20.000 Lehrern und Netzes“.
Lehrerinnen im ländlichen Raum von Südafrika Zudem können verschiedene Anwendungen von
wurde festgestellt, dass nur 0,4 Prozent der Teilneh- Lernenden individuell zu einer personalisierten Ler-
menden Zugang zu E-Mail hatten, aber 99,4 Prozent nu m g e b u n g ko m b i n i e r t we r d e n . „Personal
ein Mobiltelefon besaßen. Bereits 2003 wurde daher Learning Environments“ (PLE) sind webbasierte
in der Lehrerfortbildung mit mobilem Lernen be- Mashups, die den Lernenden als individuelle Lernum-
gonnen (Keegan, 2005). gebungen dienen (Attwell, 2007). Sie basieren auf der
individuellen Selektion und Aggregation von ver-
Gemeinsames
Lernen
im
Web
2.0
schiedenen Diensten aus dem Internet durch die
Web 2.0 ist eine Bezeichnung zur Beschreibung von Nutzer/innen selbst. Mit den sozialen Netzen im
neuen interaktiven Anwendungen des Internet und Web 2.0 und den PLE rückt das selbstgesteuerte und
WWW. Unter dem Begriff verstand Tim O'Reilly aktive Lernen der Studierenden mehr in den Fokus
„design patterns and business models for the next ge- (Schaffert & Kalz, 2009; siehe Kapitel #systeme):
neration of software“ (O'Reilly, 2005). Der Begriff „Given the amount of attention that communication
steht insbesondere für eine geänderte Wahrnehmung features and learning from peers (not just instructors)
des Internet. Im Laufe der Zeit entwickelten sich have received even in the traditional eLearning
Content-Management-Systeme und datenbankba- context over the past few years, it is easy to see that
sierte Systeme, die dynamisch aktuelle Inhalte er- this strong social streak in the Web 2.0 movement di-
zeugen. Der Hauptaspekt beim Web 2.0 ist, dass die rectly plays into the hands of any effort to increase
Webseiten nicht mehr wie beim Web 1.0 aus stati- knowledge sharing and transfer“ (Rollett et al.,
schen HTML-Seiten bestehen, sondern die Nutzer 2007, 97).
selbst Inhalte erstellen können. Die Philosophie des
Web 2.0 befreit aus der Konsumentenrolle. Typische Die
Nutzung
mobiler
Endgeräte
und
Anwendungen
Beispiele hierfür sind Wikis, Weblogs, Social Tagging
(gemeinschaftliches Indexieren) sowie Bild- und
! des
Web
2.0
(Social
SoGware)
eröffnen
neue
Möglich-‐
keiten
des
ubiquitären,
gemeinsamen
Lernens.
Video-Sharing-Portale. Die Nutzung dieser interak-
8. 8
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
▸ Delling, R. M. (1992). Zur Geschichte des Fernstudiums - Eine
Betrachten
Sie
die
Entwicklung
des
Fernunterrichts
? aus
PerspekBve
der
Lernenden:
Was
waren
und
sind
wohl
ihre
MoBve
und
Anlässe,
keinen
Präsenzunter-‐
Ausstellung des Deutschen Instituts für Fernstudien an der
Universität Tübingen vom 15. Juni bis 11. Juli 1992. Tübingen:
richt
zu
besuchen?
Wie
hat
sich
dies
im
Lauf
der
Zeit DIFF.
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Sie
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Entwicklung
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? aus
PerspekBve
der
Lehrenden:
Wie
wandelte
sich
ihre
Aufgaben
und
unterrichtlichen
Möglichkeiten
im
235-241.
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