SlideShare una empresa de Scribd logo
1 de 11
Descargar para leer sin conexión
Leistungsschutzrecht



           Ökonomische Folgen eines
           Leistungsschutzrechts für
                 Presseverlage

                                                      Berlin, 26. Juni 2012

                                           Prof. Dr. Justus Haucap
           Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                            Heinrich-Heine Universität Düsseldorf


                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                              1
Leistungsschutzrecht

                 Worum es mir heute geht

1. Hintergrund: Struktur und Wandel von Pressemärkten

2. Geschäftsmodelle im Internet

3. Funktion geistiger Eigentumsrechte

4. Leistungsschutzrecht

5. Fazit



                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                              2
Leistungsschutzrecht

      Struktur und Wandel von Pressemärkten
 •   Informationen und Meinungen sind heute im Internet verfügbar.
 •   Das Mediennutzungsverhalten der Verbraucher ändert sich.
 •   Folge: Der Verkauf gebündelten Inhalten wird schwieriger, da es
     einfacher wird, Informationen aus unterschiedlichen Quellen
     zusammenzutragen.
 •   Anders ausgedrückt: Der Mehrwert der Bündelung und der Vorauswahl
     von Inhalten nimmt ab.
 •   Verbraucher stellen sich ihre Inhalte selbst aus verschiedenen Quellen
     zusammen: Politik vom Spiegel/FAZ, Sport von kicker.de, Wirtschaft
     vom Handelsblatt, Musikrezensionen vom Amazon.
 •   Folge: Der Mehrwert der „Komposition“ nimmt ab, Entbündelung der
     Inhalte.

                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                              3
Leistungsschutzrecht

      Struktur und Wandel von Pressemärkten
 •   Anders ausgedrückt: Die „Kompositionen“ sind in einem viel intensiveren
     Wettbewerb, vor allem, wenn sie sehr ähnlich sind,
 •   Das Alleinstellungsmerkmal für viele Zeitungen sind vor allem die
     regionalen Inhalte.
 •   Früher Kauf von NOZ, RP etc. wegen regionaler Inhalte, der Rest kam
     gleich mit.
 •   Für viele Presseerzeugnisse wird das Geschäft auf dem Lesermarkt
     daher zunehmend schwieriger (Auflagen seit 10 Jahren rückläufig),
 •   Dasselbe gilt für den Anzeigenmarkt: Viele Anzeigen sind ins Internet
     abgewandert.
 •   Und: öffentlich-rechtliche Telemedienangebote.


                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                               4
Leistungsschutzrecht

                          Geschäftsmodelle
 • Allgemein: Bezahlinhalte (für Geld) oder „Gratisinhalte“ (für
   Aufmerksamkeit).
 • Informationsprodukte sind „grenzkostenlos“ mehrnutzbar – je
   weniger differenziert/einzigartig ein Inhalt ist, desto eher geht der
   Preis gegen null.
 • Bezahlmodelle durchsetzbar für Presse mit einzigartigen Inhalten,
   aber nicht zwangsläufig das profitabelste Modell.
 • Viele Inhalte sind aus Sicht der Leser „austauschbar“. (S. 13)
 • Rezipienten zahlen jedoch mit ihrer Aufmerksamkeit (Werbung) –
   je mehr Besucher, desto besser.


                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                              5
Leistungsschutzrecht

          Funktion geistiger Eigentumsrechte
 • Urheberrecht: Anreize zur Erstellung geistiger Werke – Dritte dürfen von
   der Nutzung ausgeschlossen werden.
 • Verwertungsgesellschaften: Wenn Urheberrechtsverletzungen nur schwer
   kontrollierbar sind, so können Verwertungsgesellschaften in
   Transaktionskosten sparender Weise für eine „indirekte“ Durchsetzung
   sorgen mittels Heuristiken (auch für Online-Inhalte und elektronische
   Pressespiegel).
 • Leistungsschutzrecht: Kann sinnvoll sein, wenn kostenintensive
   Interpretation, Neugestaltung bzw. Komposition einzelner Leistung erst
   das Werk ausmacht (Beispiel: Film, Musik, anders: Presse). Leistung
   besteht in der Schaffung des Werkes in seiner Gesamtheit.
 • Und: Verlage können sich umfangreiche Urheberrechte zur Verwertung
   einräumen lassen.

                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                              6
Leistungsschutzrecht

                       Leistungsschutzrecht
 • Zahlt Google an die Verlage oder die Verlage an Google?
 • Modell à la Google AdWords?
 • Ohne/mit Verwertungsgesellschaft?
 • Suchmaschinenmarketing / Suchmaschinenoptimierung.
 • Anreize, in Qualitätsjournalismus zu investieren: Bei Verwertungs-
   gesellschaft ganz schlecht (Produktion vieler Inhalte, nicht guter), bei
   individuellen Vereinbarungen besser.
 • Notwendigkeit, tragfähige Modelle für die Vermarktung von
   Bezahlinhalten (Kioske) zu entwickeln, werden geschwächt.
 • Bürokratiekosten (was ist gewerbliche Nutzung? – scheint hinreichend
   unklar)

                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                              7
Leistungsschutzrecht

                  Verwertungsgesellschaften
 • Kartellbildung – Vor- und Nachteile
 • Vorteil: One-Stop-Shopping, Nachteil: Monopolitische Praktiken, fehlende
   Wahlmöglichkeit.
 • Freiwillige Verwertungsgesellschaften oder auch Clearing-Stellen:
   Werden alle teilnehmen oder einzelne bewusst auf Abmahnmodell
   setzen? Folge Rechtsunsicherheit, Folge: Innovationshemmend.
 • Verpflichtende Verwertungsgesellschaften:
     • Anreize zur Produktion vieler Beiträge, statt guter,
     • Monopolistisches Verhalten,
     • Konzentrationstendenzen? Hängt vom Ausschüttungsmodus ab.
 • Nota bene: Schutzrechtsverletzungen im Internet einfacher zu erkennen.

                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                              8
Leistungsschutzrecht

                                        Fazit
 • Pressemärkte befinden sich in einem Strukturwandel,
 • die Wettbewerbsintensität hat durch das Internet zugenommen,
 • Strukturwandel und zunehmender Wettbewerb sind sicher keine Begründung für
   ein LSR,
 • Entscheidung zur entgeltfreien Bereitstellung ist eine freiwillige individuelle
   Entscheidung,
 • Verwertungsgesellschaften sind Kartelle – es muss dargelegt werden, dass ihre
   Vorteile die offensichtlichen Nachteile mehr als kompensieren,
 • Umverteilung ist wenig wahrscheinlich, Qualitätsjournalismus zu befördern,
 • Umverteilung kann konzentrationssteigernd wirken,
 • Unklarheiten über Begriff der „gewerblichen Nutzung“ – Rechtsunsicherheit,
 • das LSR birgt mehr Probleme, als es löst.


                        Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                        Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                                     9
Leistungsschutzrecht



        Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
                 Professor Dr. Justus Haucap
                 Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
                 Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                 Universitätsstr. 1
                 D-40225 Düsseldorf

                 Fax: 0211 81-15499
                 email: haucap@dice.hhu.de

                 http://www.dice.hhu.de




                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                              10
Leistungsschutzrecht



     Ein Mensch malt, von Begeisterung wild,
               Drei Jahre lang an einem Bild.
             Dann legt er stolz den Pinsel hin
          Und sagt: "Da steckt viel Arbeit drin."
            Doch damit war’s auch leider aus:
            Die Arbeit kam nicht mehr heraus.


                       Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf
                       Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE)
                                                                              11

Más contenido relacionado

Destacado

Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)contently
 
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024Albert Qian
 
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie InsightsSocial Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie InsightsKurio // The Social Media Age(ncy)
 
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024Search Engine Journal
 
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
5 Public speaking tips from TED - Visualized summarySpeakerHub
 
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd Clark Boyd
 
Getting into the tech field. what next
Getting into the tech field. what next Getting into the tech field. what next
Getting into the tech field. what next Tessa Mero
 
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search IntentGoogle's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search IntentLily Ray
 
Time Management & Productivity - Best Practices
Time Management & Productivity -  Best PracticesTime Management & Productivity -  Best Practices
Time Management & Productivity - Best PracticesVit Horky
 
The six step guide to practical project management
The six step guide to practical project managementThe six step guide to practical project management
The six step guide to practical project managementMindGenius
 
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...RachelPearson36
 
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...Applitools
 
12 Ways to Increase Your Influence at Work
12 Ways to Increase Your Influence at Work12 Ways to Increase Your Influence at Work
12 Ways to Increase Your Influence at WorkGetSmarter
 
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...DevGAMM Conference
 
Barbie - Brand Strategy Presentation
Barbie - Brand Strategy PresentationBarbie - Brand Strategy Presentation
Barbie - Brand Strategy PresentationErica Santiago
 
Good Stuff Happens in 1:1 Meetings: Why you need them and how to do them well
Good Stuff Happens in 1:1 Meetings: Why you need them and how to do them wellGood Stuff Happens in 1:1 Meetings: Why you need them and how to do them well
Good Stuff Happens in 1:1 Meetings: Why you need them and how to do them wellSaba Software
 

Destacado (20)

Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
 
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
 
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie InsightsSocial Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
 
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
 
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
 
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
 
Getting into the tech field. what next
Getting into the tech field. what next Getting into the tech field. what next
Getting into the tech field. what next
 
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search IntentGoogle's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
 
How to have difficult conversations
How to have difficult conversations How to have difficult conversations
How to have difficult conversations
 
Introduction to Data Science
Introduction to Data ScienceIntroduction to Data Science
Introduction to Data Science
 
Time Management & Productivity - Best Practices
Time Management & Productivity -  Best PracticesTime Management & Productivity -  Best Practices
Time Management & Productivity - Best Practices
 
The six step guide to practical project management
The six step guide to practical project managementThe six step guide to practical project management
The six step guide to practical project management
 
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
 
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
 
12 Ways to Increase Your Influence at Work
12 Ways to Increase Your Influence at Work12 Ways to Increase Your Influence at Work
12 Ways to Increase Your Influence at Work
 
ChatGPT webinar slides
ChatGPT webinar slidesChatGPT webinar slides
ChatGPT webinar slides
 
More than Just Lines on a Map: Best Practices for U.S Bike Routes
More than Just Lines on a Map: Best Practices for U.S Bike RoutesMore than Just Lines on a Map: Best Practices for U.S Bike Routes
More than Just Lines on a Map: Best Practices for U.S Bike Routes
 
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
 
Barbie - Brand Strategy Presentation
Barbie - Brand Strategy PresentationBarbie - Brand Strategy Presentation
Barbie - Brand Strategy Presentation
 
Good Stuff Happens in 1:1 Meetings: Why you need them and how to do them well
Good Stuff Happens in 1:1 Meetings: Why you need them and how to do them wellGood Stuff Happens in 1:1 Meetings: Why you need them and how to do them well
Good Stuff Happens in 1:1 Meetings: Why you need them and how to do them well
 

Justus Haucap: Ökonomische Folgen eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage

  • 1. Leistungsschutzrecht Ökonomische Folgen eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage Berlin, 26. Juni 2012 Prof. Dr. Justus Haucap Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) Heinrich-Heine Universität Düsseldorf Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 1
  • 2. Leistungsschutzrecht Worum es mir heute geht 1. Hintergrund: Struktur und Wandel von Pressemärkten 2. Geschäftsmodelle im Internet 3. Funktion geistiger Eigentumsrechte 4. Leistungsschutzrecht 5. Fazit Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 2
  • 3. Leistungsschutzrecht Struktur und Wandel von Pressemärkten • Informationen und Meinungen sind heute im Internet verfügbar. • Das Mediennutzungsverhalten der Verbraucher ändert sich. • Folge: Der Verkauf gebündelten Inhalten wird schwieriger, da es einfacher wird, Informationen aus unterschiedlichen Quellen zusammenzutragen. • Anders ausgedrückt: Der Mehrwert der Bündelung und der Vorauswahl von Inhalten nimmt ab. • Verbraucher stellen sich ihre Inhalte selbst aus verschiedenen Quellen zusammen: Politik vom Spiegel/FAZ, Sport von kicker.de, Wirtschaft vom Handelsblatt, Musikrezensionen vom Amazon. • Folge: Der Mehrwert der „Komposition“ nimmt ab, Entbündelung der Inhalte. Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 3
  • 4. Leistungsschutzrecht Struktur und Wandel von Pressemärkten • Anders ausgedrückt: Die „Kompositionen“ sind in einem viel intensiveren Wettbewerb, vor allem, wenn sie sehr ähnlich sind, • Das Alleinstellungsmerkmal für viele Zeitungen sind vor allem die regionalen Inhalte. • Früher Kauf von NOZ, RP etc. wegen regionaler Inhalte, der Rest kam gleich mit. • Für viele Presseerzeugnisse wird das Geschäft auf dem Lesermarkt daher zunehmend schwieriger (Auflagen seit 10 Jahren rückläufig), • Dasselbe gilt für den Anzeigenmarkt: Viele Anzeigen sind ins Internet abgewandert. • Und: öffentlich-rechtliche Telemedienangebote. Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 4
  • 5. Leistungsschutzrecht Geschäftsmodelle • Allgemein: Bezahlinhalte (für Geld) oder „Gratisinhalte“ (für Aufmerksamkeit). • Informationsprodukte sind „grenzkostenlos“ mehrnutzbar – je weniger differenziert/einzigartig ein Inhalt ist, desto eher geht der Preis gegen null. • Bezahlmodelle durchsetzbar für Presse mit einzigartigen Inhalten, aber nicht zwangsläufig das profitabelste Modell. • Viele Inhalte sind aus Sicht der Leser „austauschbar“. (S. 13) • Rezipienten zahlen jedoch mit ihrer Aufmerksamkeit (Werbung) – je mehr Besucher, desto besser. Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 5
  • 6. Leistungsschutzrecht Funktion geistiger Eigentumsrechte • Urheberrecht: Anreize zur Erstellung geistiger Werke – Dritte dürfen von der Nutzung ausgeschlossen werden. • Verwertungsgesellschaften: Wenn Urheberrechtsverletzungen nur schwer kontrollierbar sind, so können Verwertungsgesellschaften in Transaktionskosten sparender Weise für eine „indirekte“ Durchsetzung sorgen mittels Heuristiken (auch für Online-Inhalte und elektronische Pressespiegel). • Leistungsschutzrecht: Kann sinnvoll sein, wenn kostenintensive Interpretation, Neugestaltung bzw. Komposition einzelner Leistung erst das Werk ausmacht (Beispiel: Film, Musik, anders: Presse). Leistung besteht in der Schaffung des Werkes in seiner Gesamtheit. • Und: Verlage können sich umfangreiche Urheberrechte zur Verwertung einräumen lassen. Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 6
  • 7. Leistungsschutzrecht Leistungsschutzrecht • Zahlt Google an die Verlage oder die Verlage an Google? • Modell à la Google AdWords? • Ohne/mit Verwertungsgesellschaft? • Suchmaschinenmarketing / Suchmaschinenoptimierung. • Anreize, in Qualitätsjournalismus zu investieren: Bei Verwertungs- gesellschaft ganz schlecht (Produktion vieler Inhalte, nicht guter), bei individuellen Vereinbarungen besser. • Notwendigkeit, tragfähige Modelle für die Vermarktung von Bezahlinhalten (Kioske) zu entwickeln, werden geschwächt. • Bürokratiekosten (was ist gewerbliche Nutzung? – scheint hinreichend unklar) Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 7
  • 8. Leistungsschutzrecht Verwertungsgesellschaften • Kartellbildung – Vor- und Nachteile • Vorteil: One-Stop-Shopping, Nachteil: Monopolitische Praktiken, fehlende Wahlmöglichkeit. • Freiwillige Verwertungsgesellschaften oder auch Clearing-Stellen: Werden alle teilnehmen oder einzelne bewusst auf Abmahnmodell setzen? Folge Rechtsunsicherheit, Folge: Innovationshemmend. • Verpflichtende Verwertungsgesellschaften: • Anreize zur Produktion vieler Beiträge, statt guter, • Monopolistisches Verhalten, • Konzentrationstendenzen? Hängt vom Ausschüttungsmodus ab. • Nota bene: Schutzrechtsverletzungen im Internet einfacher zu erkennen. Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 8
  • 9. Leistungsschutzrecht Fazit • Pressemärkte befinden sich in einem Strukturwandel, • die Wettbewerbsintensität hat durch das Internet zugenommen, • Strukturwandel und zunehmender Wettbewerb sind sicher keine Begründung für ein LSR, • Entscheidung zur entgeltfreien Bereitstellung ist eine freiwillige individuelle Entscheidung, • Verwertungsgesellschaften sind Kartelle – es muss dargelegt werden, dass ihre Vorteile die offensichtlichen Nachteile mehr als kompensieren, • Umverteilung ist wenig wahrscheinlich, Qualitätsjournalismus zu befördern, • Umverteilung kann konzentrationssteigernd wirken, • Unklarheiten über Begriff der „gewerblichen Nutzung“ – Rechtsunsicherheit, • das LSR birgt mehr Probleme, als es löst. Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 9
  • 10. Leistungsschutzrecht Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Professor Dr. Justus Haucap Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) Universitätsstr. 1 D-40225 Düsseldorf Fax: 0211 81-15499 email: haucap@dice.hhu.de http://www.dice.hhu.de Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 10
  • 11. Leistungsschutzrecht Ein Mensch malt, von Begeisterung wild, Drei Jahre lang an einem Bild. Dann legt er stolz den Pinsel hin Und sagt: "Da steckt viel Arbeit drin." Doch damit war’s auch leider aus: Die Arbeit kam nicht mehr heraus. Prof. Dr. Justus Haucap, Universität Düsseldorf Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) 11