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REPORT | Strategien und Visionen
294 M&A REVIEW 6/2010
Post Merger Integration: Herausforderun-
gen für die nächste Integrationswelle
Thierry Hamon & Martin Hagedorn, Droege & Comp. GmbH, Düsseldorf*
1.	Einleitung
1.1	Verändertes Profil des M&A-Marktes
u   Der europäische M&A-Markt hat seinen Höhepunkt –
entgegen landläufiger Meinung – deutlich vor dem Zusam-
menbruch von Lehmann Brothers im September 2008
erreicht. So lag die Spitze des Transaktionsgeschehens
in Europa im zweiten Quartal 20071
bei 1.600 erfassten
Transaktionen mit einem Gesamtwert in Höhe von 440
Mrd. US-$. Der Tiefpunkt wurde im dritten Quartal 2009
durchschritten bei 800 Transaktionen mit einem Gesamt-
volumen in Höhe von 50 Mrd. US-$. Während also die
Anzahl der Transaktionen um ca. 50% zurückging, sank
der zugehörige Wert um 89%, was einer Reduktion des
Wertes der Einzeltransaktion um 77% entspricht.
Bei der Betrachtung des Mid Markets zeigt sich ein ande-
res Bild: In diesem Segment sanken Anzahl und Umsätze
der Transaktionen fast parallel um 64% bzw. 67%, die
Preise blieben mit einem Abschlag von 7% jedoch fast
stabil. Auch scheint der Zyklus in diesem Segment im
Vergleich zum Gesamtmarkt um ein halbes Jahr nach
vorne verschoben: Das (weniger ausgeprägte) Maximum
lag im vierten Quartal 2006, das Minimum im zweiten
Quartal 2009.
Diese Zahlen stützen die verbreitete These, dass sich
finanz­orientierte, auf Wiederverkauf zielende Übernah-
men mit hohem Fremdkapitalanteil zugunsten strategi-
scher Käufe verschoben haben. Während bei finanzorien-
tierten Käufen der erwartete Wiederverkaufswert preisbe-
stimmend ist, ist dies beim strategischen Kauf der Beitrag
des Kaufobjekts zum eigenen Geschäftsmodell – hierfür
sind die Konditionen des Finanzmarktes eher Nebenbe-
dingungen als Treiber. Folglich wird die Frage entschei-
dend, wie der Wertbeitrag des gekauften Unternehmens
über die längere Sicht optimiert werden kann.
1.2	Erfolgsfaktoren der Post Merger
Integration
In der diesem Beitrag zugrundeliegenden Befragung
war es das Ziel, die Erfolgsfaktoren und Erfolgshemm-
* 	 Autorenkontakt: Thierry_Hamon@droege.de, Martin_Hagedorn@droege.de.
	 Thierry Hamon ist Partner und Martin Hagedorn ist Principal bei der Unternehmer-Bera-
tung Droege & Comp. GmbH. Die Unternehmer-Beratung Droege & Comp. befragt
in regelmäßigen Abständen integrationserfahrene Manager.
1	 Monthly M&A Insider April 2010, S. 39; www.mergermarket.com.
nisse bei Post Merger Integrationen (PMI) möglichst
genau zu identifizieren. Aus den Ergebnissen der Befra-
gung lassen sich folgende Kernaussagen ableiten:
	¢¢ Die Zufriedenheit mit den Erfolgen der Integration
ist überraschend hoch im Vergleich zur Selbst-
einschätzung in der Zielerreichung.
	¢¢ Regelmäßig wiederkehrender Schwachpunkt
in der Integration ist die Organisation, die hier
im weiteren Sinne verstanden wird als Füh-
rung, Aufbauorganisation, Kultur und Schlüssel-
personen.
	¢¢ Die befragten Unternehmen nehmen für sich in
Anspruch, das klassische Handwerkszeug des PMI
zu beherrschen.
Die Hauptthesen dieses Beitrags lauten, dass die wich-
tigen Stellhebel in der PMI gut verstanden werden, und
dass die langfristig wichtigen Fragen der Führung und
der Kultur zwar als Erfolgshemmnis erkannt werden,
jedoch bei der Erarbeitung des Integrationsplans nicht
hinreichend berücksichtigt werden.
Dieser Beitrag ist wie folgt gegliedert: Im nachfolgen-
den Abschnitt werden die Selbsteinschätzungen der
Teilnehmer zu Zielerreichung und Zufriedenheit darge-
stellt. Zudem werden die von den Befragten erkannten
Erfolgshemmnisse skizziert. Im dritten Abschnitt wird
die Bedeutung der einzelnen Erfolgsfaktoren detail-
liert erläutert. Im vierten Abschnitt werden die Les-
sons Learned zusammengefasst. Anschließend werden
mögliche Rollen externer Unterstützung vor dem Hin-
tergrund der Studienergebnisse aufgezeigt. Zum leich-
teren Verständnis werden ausgewählte Antworten zu
den einzelnen Themenbereichen der Studie grafisch
dargestellt.
295M&A REVIEW 6/2010
Strategien und Visionen | REPORT
2.	Integrationserfolg und Erfolgshemmnisse
2.1	Überraschend hohe Zufriedenheit mit
Integrationserfolgen
Gefragt nach der eigenen Einschätzung des Integrations-
erfolgs geben 52% der Befragten an, sie seien zufrieden.
Dies ist ein höherer Wert als einzeln für die Effizienz der
Integration oder für die Erreichung der Ziele genannt wird.
Für einen distanzierten Beobachter sollte Zufriedenheit
sowohl Zielerreichung als auch Effizienz abbilden, so dass
der Grad der Zufriedenheit hoch erscheint. Dies kann mög-
licherweise damit erklärt werden, dass es sich bei der PMI
um eine recht junge und sich entwickelnde Disziplin han-
delt; es muss noch gelernt werden, die hohe Komplexität
und die hohen Risiken noch besser zu beherrschen.
Dabei wurden in deutlich weniger als der Hälfte der Fälle
die Integration als wirklich effizient beschrieben. Auch die
Erreichung der materiellen Ziele erscheint moderat, fast
die Hälfte beschreiben sie als „knapp erreicht“.
2.2	Erfolgshemmnisse in fehlender
Verankerung der Organisation
Woran drohen Integrationen zu scheitern? Das mit eini-
gem Abstand wichtigste Erfolgshemmnis sind „kulturelle
Divergenzen“ zwischen den Unter-
nehmensteilen. Der zweitwichtigste
Punkt, Widerstände der Mitarbeiter,
liegt zu einem wesentlichen Teil an
den weiter bestehenden Kulturun-
terschieden.
„Kultur“ zählt im Management-
handwerk zu den „weichen“ Fak-
toren. Doch Kultur lässt sich „hart“
gestalten. Ihre wesentlichen Ele-
mente sind die Gestaltung von Ent-
scheidungen (z.B. zentral/dezen-
tral, konsensual/singulär), die Här-
tegrade der Verantwortung (Pla-
nungsgenauigkeit und Sanktio-
nierungen bei Nichterreichung),
Konflikthandhabung (Vermeidung,
offen direkt, offen über Vorge-
setzte, …) und die Umgangsfor-
men (z.B. erwartete Antwortzeiten,
Präsenzerwartungen). Werden die
hinter den Kulturen der Unterneh-
mensteile liegenden Wertvorstel-
lungen verletzt, so bilden sich die
zu beobachtenden Widerstände.
Die Überwindung gelernten Ver-
haltens und die Anpassung an
neue Vorgaben gelingen, wenn den
betroffenen Mitarbeitern Hinter-
gründe und Motive erklärt werden.
Grundlage für die Entwicklung
einer neuen Unternehmenskultur ist die Analyse und
offene Darstellung der Kulturen beider Unternehmen,
etwa durch ein Kultur-Audit. Aus den Unterschieden
lassen sich so zunächst Konfliktpotenziale erkennen
und dann im nächsten Schritt auch Lösungsansätze
herleiten.
Die Faktoren, die stärker im täglichen Managementfo-
kus liegen, erzeugen weniger Probleme. Hierzu zählen
Probleme bei der Verzahnung der Marken oder der
Supply Chain. Auch die Steuerungsinstrumente, fach-
spezifische Fähigkeiten oder mögliche Barrieren zwi-
schen den Managementinstrumenten gehören zu den
weniger wichtigen Hemmnissen des Integrationserfolgs.
Einzig die IT bildet unter den operativen Themenblöc-
ken ein großes Hemmnis für die Integration, etwa 50%
sehen diesbezüglich hohe oder sehr hohe Hürden.
3.	Bedeutung der Erfolgsfaktoren für das
Integrationsergebnis
3.1	Erfolgsfaktor „Vision“
Auf Basis der Erfahrung der Studienteilnehmer zeigt
sich, dass eine frühzeitige Planung der Integration,
also bereits vor Abschluss der Vertragsverhandlun-
gen, die Erfolgswahrscheinlichkeit deutlich erhöht.
Abb. 1	 |	 Bewertung Integrationserfolg
			 Quelle: Eigene Befragung
Abb. 2	 |	 Kritische Erfolgsgeheimnisse
			 Quelle: Eigene Befragung
nicht
erreicht
teilweise
erreicht
knapp
erreicht
deutlich
erreicht
über-
troffen
Wurden die materiellen/
quantitativen Ziele
erreicht?
War das Management mit
der Integration
zufrieden?
War die Integration
effizient?
32% 13%45%7%
22%31%40% 7%
46%30%7% 15%
3%
2%
Kulturelle Divergenzen 7%8%27%36%22%
Mitarbeiterwiderstände
Barrieren zwischen den
Managementsystemen
8%15%26%32%19%
keinewenigmittelhochsehr hoch
7% 34% 34% 17% 8%
REPORT | Strategien und Visionen
296 M&A REVIEW 6/2010
Abb. 3	 |	 Erfolgsfaktor „Vision“
			 Quelle: Eigene Befragung
Abb. 4	 |	 Erfolgsfaktor „Führung und Organisation“
			 Quelle: Eigene Befragung
Klare, nachvollziehbare
Rationale für Zukauf
Quantitative Ziele für zu
integrierendes Geschäft
Klare Vorstellungen über
gemeinsame Strategie
15%33%52%
12%56%32%
45%46% 7%
unwichtig
weniger
wichtig
neutralwichtig
erfolgsent-
scheidend
erfolgsent-
scheidend
2%
Konsistentes
Organisationskonzept
für gekauftes Unternehmen
Kenntnis der
F&O-Prinzipien des
kaufenden Unternehmens
Verbindlichkeit der
F&O-Prinzipien des Käufers
65%25% 8%
20%55%22%
5%15%66%14%
2%
3%
unwichtig
weniger
wichtig
neutralwichtig
Klare, nachvollziehbare
Rationale für Zukauf
Quantitative Ziele für zu
integrierendes Geschäft
Klare Vorstellungen über
gemeinsame Strategie
15%33%52%
12%56%32%
45%46% 7%
unwichtig
weniger
wichtig
neutralwichtig
erfolgsent-
scheidend
erfolgsent-
scheidend
2%
Konsistentes
Organisationskonzept
für gekauftes Unternehmen
Kenntnis der
F&O-Prinzipien des
kaufenden Unternehmens
Verbindlichkeit der
F&O-Prinzipien des Käufers
65%25% 8%
20%55%22%
5%15%66%14%
2%
3%
unwichtig
weniger
wichtig
neutralwichtig
Basis für jede Integrationsplanung ist Klarheit über die
Motive für den Zukauf.
Der strategische Fokus darf über den gesamten M&A-
Prozess nicht aus den Augen verloren werden. Klar-
heit über die Ziele des neu geschaffenen Unternehmens
möglichst schnell zu vermitteln, d.h. welche Normen,
Werte und Prinzipien neu gelten und wie diese in der
täglichen Arbeit umzusetzen sind, wird von 91% der
Befragten als wichtig oder gar erfolgsentscheidend ein-
geschätzt. Ein konkretes Zielbild an den Anfang des Inte-
grationsprozesses zu stellen, ist eines der wirksamsten
Steuerungsinstrumente des Topmanagements.
3.2	Erfolgsfaktor „Führung &
Organisation“
Im Vergleich zum strategisch orientierten Faktor „Ziel-
setzung und Vision“ fallen bei den Prinzipien zur Füh-
rung und Organisation auf, dass sie signifikant weni-
ger als erfolgsentscheidend angesehen werden. Dies
überrascht aus zwei Perspektiven: Aus der analyti-
schen Perspektive bilden Führung und Organisation
das Regelwerk und das Spielfeld, auf dem die Strate-
gien in konkrete Managemententscheidungen umge-
setzt werden. In Führung und Organisation liegen Kern-
aufgabe und Daseinsberechtigung von Führungskräften
im Verhältnis zu den Fachkräften. Verbindliche Regel-
werke und Strukturen für das integrierte Unternehmen
müssten daher im ureigenen Interesse des Managements
liegen.
Die zweite Perspektive, aus der heraus das Ergebnis
etwas überrascht, ist, dass die Teilnehmer in den weite-
ren Fragen den beiden Faktoren „Personalauswahl für
die Integrationsprojekte“ und „Klare Verantwortung für
die Umsetzung“ die höchsten Werte für „erfolgsentschei-
dend“ in der gesamten Studie vergeben (jeweils 73%)
– beides Faktoren mit starkem Bezug zu Führung und
Funktionieren der Organisation.
3.3	Erfolgsfaktor „Transparenz“
Ein Problem in der präzisen Zielformulierung und Orga-
nisationsentwicklung stellt gerade zu Beginn die Intrans-
parenz über das gekaufte Unternehmen dar. Gerade in
den Pre-Day-1-Phasen ist der Zugang zu den Informa-
tionen des Zielunternehmens juristisch noch erheblich
eingeschränkt. Umso detaillierter müssen zugängliche
Quellen oder Interviews mit Gesprächspartnern des Ziel-
unternehmens ausgewertet und die erhaltenen Infor-
mationen strukturiert und überprüft werden. Hierfür
müssen genügend Ressourcen zur Verfügung gestellt
werden, um noch während der Due Diligence-Phase
ein Maximum an entscheidungs-
relevanter Basistransparenz zutage
zu fördern. Erst auf dieser Basis
kann die Einschätzung der ange-
strebten Synergieeffekte validiert
und die Integration solide geplant
werden. Dennoch wird dem Ein-
satz von „Clean Teams“, in denen
anwaltlich überwacht zusätzliche
Informationen über das Kaufob-
jekt erhoben werden, eine eher
geringe Bedeutung beigemessen:
65% halten ihn für neutral bis
unwichtig.
Überraschend ist erneut, dass
im Rahmen der Transparenz die
„Bewertung des kulturellen Fits
vor dem Kauf“ nur von 29% als
erfolgskritisch angesehen wird.
Dabei bilden, wie oben gezeigt,
kulturelle Divergenzen das größte
Erfolgshemmnis.
3.4	 Erfolgsfaktor
„Mitarbeiter“
Im Bereich der handelnden Perso-
nen werden die wichtigsten Ent-
scheidungen für den Erfolg des
Merger gesehen. Keine andere
Frage hat eine höhere Nennung
297M&A REVIEW 6/2010
Strategien und Visionen | REPORT
für „erfolgsentscheidend“ als die Personalauswahl für
die Integrationsprojekte (73%). Auch die Bindung der
Leistungsträger gehört mit 63% für „erfolgsentschei-
dend“ zu den wichtigsten Faktoren.
So wichtig diese Faktoren auch gesehen werden: In
der Praxis sind sie schwer umzusetzen, bedeutet die
Entscheidung für den Besseren doch gelegentlich die
Entscheidung gegen den eigenen Kollegen oder nahen
Mitarbeiter. Bewährt haben sich Verfahren, wie sie bei
der Neuschaffung von Stellen eingesetzt werden: Erstel-
lung eines Profils, das an die neuen Anforderungen des
größeren Unternehmens angepasst ist; Eröffnung eines
Bewerbungsverfahrens für diese Stelle und Bewertung
der Kandidaten in einem Gremium, in dem beide Unter-
nehmensteile vertreten sind.
Die Bindung der Schlüsselmitarbeiter ist aus anderen
Gründen schwierig: Zunächst müssen sie hinreichend
zuverlässig identifiziert werden, wobei das Organigramm
nur ein Anhaltspunkt sein kann. Wertvolle Mitarbeiter
üben ihre Funktionen oft in ihren Teams aus, beispiels-
weise in der Entwicklung oder im Vertrieb. Nach ihrer
Identifizierung müssen sie für eine weitere Zusammenar-
beit gewonnen werden, um so auch eine Signalwirkung
auf die anderen Mitarbeiter auszuüben. Es zeigt sich
immer wieder, dass diese Mitarbeiter schnell gewonnen
werden müssen, da sich für sie oft früh andere Türen
(auch der Wettbewerber) öffnen.
Typischerweise gilt es, die Mitar-
beiter über „Retention“-Pakete zu
binden, die eine Kombination aus
einer Karriereperspektive, Jobsicher-
heit und Geld enthalten.
Im Kontrast hierzu sehen deutlich
weniger Unternehmen die Notwen-
digkeit, Topmanager zwischen den
Unternehmensteilen auszutauschen,
um so die Integration zu fördern.
Dahinter lässt sich vermuten, dass
Ideen von „Merger of Equals“ oder
Hochzeiten „Made in Heaven“ von
pragmatischeren Modellen abgelöst
wurden, bei denen die Rollen von
Käufer und Gekauftem klar gelebt
werden. Auch dürften regelmäßige
Käufer von Unternehmen davon
absehen, bei jedem Kauf einen Teil
ihres Managements auszutauschen,
den es für den nächsten Kauf drin-
gend braucht.
3.5	 Erfolgsfaktor
„Kommunikation“
Die kontinuierliche und intensive
Kommunikation von Beweggrün-
den und Zielen der Integration ist
von Anfang an wichtig. Im Mittelpunkt stehen vor
allem die internen Zielgruppen, um bei den Mitar-
beitern Akzeptanz für die neue Situation zu schaffen
und Unsicherheiten und Ängste abzubauen. Als Top-
Erfolgsfaktor wird von den Befragten die aktive Kom-
munikationsrolle des oberen Managements angese-
hen: 71% halten sie für erfolgsentscheidend. Damit
ist die reine Informationsübermittlung allerdings nicht
gemeint, sondern vielmehr der offene und persönli-
che Austausch über den Zusammenschluss und seine
Folgen. Die Mitarbeiter und Führungskräfte wollen
wissen, welche Auswirkungen auf ihren Arbeitsplatz zu
erwarten sind, und sie brauchen Gelegenheiten, ihre
Fragen, Anregungen und Kritik zu äußern. Interaktion
und Dialog bereits in Form von Großveranstaltungen
beispielsweise für alle Führungskräfte sind gerade zu
Beginn ein wesentlicher Erfolgsfaktor für eine erfolgs-
reiche Integration. Aber auch gegenüber allen übrigen
Stakeholdern wie Investoren, Kunden und Zulieferern
muss ein klares und kohärentes Bild des neu zu schaf-
fenden Unternehmens vermittelt werden.
In der operativen Umsetzung müssen die Integrati-
onsteams allerdings regelmäßig damit kämpfen, dass
die wichtigsten Führungskräfte zu ihrer ohnehin hohen
Tagesbelastung in zweifacher Hinsicht zusätzliche Auf-
gaben erhalten: Sie müssen die Integration verant-
wortlich steuern und dazu noch reise- und zeitinten-
Abb. 5	 |	 Erfolgsfaktor „Mitarbeiter“
			 Quelle: Eigene Befragung
Abb. 6	 |	 Erfolgsfaktor „Synergien“
			 Quelle: Eigene Befragung
Personalauswahl für die
Integrationsprojekte
Bindung von Leistungsträgern
& Schlüsselmitarbeitern
Transfer von Topmanagern
zwischen Unternehmen
Anpassung des Bewertungs-
und Entlohnungsmodells beim
zugekauften Unternehmen
36%41%19%
24%73% 3%
31%66% 3%
22%37%32%7%
unwichtig
weniger
wichtig
neutralwichtig
2%
2%
erfolgsent-
scheidend
Klare
Verantwortlichkeiten für
Umsetzung
Strukturierte
Dokumentation der
Synergiepläne
27%73%
22%56%22%
unwichtig
weniger
wichtig
neutralwichtig
Enges Nachhalten der
Implementierung
10%55%35%
erfolgsent-
scheidend
REPORT | Strategien und Visionen
298 M&A REVIEW 6/2010
sive „Road Shows“ abhalten, bei denen sie sich nicht
vertreten lassen können.
3.6	Erfolgsfaktor „Synergien“
Synergien sind bei jeder Integration ein wichtiges
Thema, auch wenn sie in der Kommunikation manch-
mal weniger betont werden. Den Führungskräften ist
klar, dass die Verantwortung für die Umsetzung ein-
deutig sein muss. Dieser Faktor wird (gemeinsam mit
der Besetzung der Integrationsteams) als der wichtig-
ste überhaupt angesehen, 73% halten ihn für erfolgs-
entscheidend. Auch in der Auswahl der Synergiefelder
sind die Manager pragmatisch und fokussieren den
80/20-Ansatz. Im Kontrast hierzu werden das enge
Nachhalten (35% sehen es als erfolgskritisch) und die
strukturierte Dokumentation (22%) als deutlich weni-
ger entscheidend eingeschätzt. Unter dem hohen Zeit-
druck der Integration, die in der Regel zusätzlich zum
Tagesgeschäft läuft, lassen sich die Projekte nur durch
enges Controlling und strukturierte Dokumentation
steuern. Hier könnte eine Ursache darin liegen, dass
nur eine Minderheit die materiellen Ziele der Integra-
tion wirklich erreicht hat.
3.7	Erfolgsfaktor „Geschwindigkeit“
Für die Fragestellung, mit welcher Geschwindigkeit die
Integration vollzogen werden soll, sind zwei Aspekte
entscheidend: „Wie hoch sind die Kosten des War-
tens?“ und „Wie hoch sind die Kosten zu schnellen
Handelns?“. Es zeigt sich, dass die Unternehmen dies
für sich pragmatisch beantworten. Bei der Auswahl des
künftigen Topmanagements sind die Kosten des War-
tens sehr hoch, da der Weggang von Führungskräften
der ersten Ebene nicht nur einen Verlust an Know-how
bedeutet, sondern regelmäßig auch den Weggang wei-
terer Mitarbeiter nach sich zieht. Hingegen kann eine
zu schnelle Integration etwa der IT-Systeme viel Nachar-
beit erfordern, wenn dies nicht im Detail analysiert und
geplant wurde. In der Summe sehen die Unternehmen
eine insgesamt hohe Integrationsgeschwindigkeit nicht
als absolut erforderlich für einen Erfolg an, solange die
richtigen Dinge schnell getan werden.
Zeitaufwand und Komplexität einer
Integration werden häufig unter-
schätzt. Daher werden die Mitarbei-
ter nicht ausreichend von ihren Lini-
enfunktionsaufgaben freigestellt,
so dass die Integrationsgeschwin-
digkeit vom langsamsten Glied
der Kette bestimmt wird. Es emp-
fiehlt sich daher, eine Projektorga-
nisation aufzusetzen, in der zumin-
dest die Projektleitung zu 100% von
operativen Tätigkeiten freigestellt
wird.
4.	Lessons Learned
In der Praxis kann häufig beobachtet werden, dass
trotz Integrationserfahrung in zahlreichen Unterneh-
men das Know-how bei der nächsten Gelegenheit nicht
verfügbar ist. Es werden beispielsweise immer wieder
andere Teams für die Integrationsprojekte innerhalb
desselben Unternehmens eingesetzt, und eine syste-
matische Verwertung der Erfahrungen aus zurücklie-
genden Projekten findet nicht statt. So empfiehlt es
sich, sofern die Unternehmensgröße und die Häufig-
keit solcher Vorhaben dies zulassen, einen unterneh-
mensbezogenen Kompetenzpool aus erfahrenen M&A-
und Integrationsexperten aufzubauen, die bei der kom-
menden Gelegenheit reaktiviert werden können, und
sei es nur zu Zwecken des Erfahrungsaustauschs.
Abschließend sei ein Überblick über die wesentlichen
Handlungsempfehlungen für die Aufgaben vor dem
Zusammenschluss gegeben:
	¢¢ Schaffung von Transparenz über strategischen Fit
und Ausarbeitung der Integrationslogik.
	¢¢ Präzise Schätzung von Synergieeffekten und Ablei-
tung der Projektmaßnahmen.
	¢¢ Umfassende Planung des gesamten Integrations-
prozesses (Fahrplan).
	¢¢ Frühzeitiges Aufsetzen des Integrationsprojekts und
Benennung des Teams.
Vorbereitung umfassendes Kommunikationskonzept.¢¢
Darüber hinaus können nachfolgend weitere praxi-
sorientierte Handlungsempfehlungen für die Auf-
gaben während des Zusammenschlusses abgeleitet
werden:
	¢¢ Analyse und Integration von weichen Faktoren
(Unternehmenskultur und -werte).
	¢¢ Zeitnahe Einbindung eines Projektmanagement-
tools.
Abb. 7	 |	 Erfolgsfaktor „Geschwindigkeit“
			 Quelle: Eigene Befragung
Zeitnahe Auswahl des
Topmanagements
Zeitnahe Verzahnung
von IT-Systemen 12%20%39%27%
7%32%59%
Hohe Integrations-
geschwindigkeit gesamt 18%35%27%20%
unwichtig
weniger
wichtig
neutralwichtig
2%
2%
erfolgsent-
scheidend
299M&A REVIEW 6/2010
Strategien und Visionen | REPORT
	¢¢ Kontinuierliche Fortschrittskontrolle und Reporting
durch das Projektmanagement.
	¢¢ Zeitnahe und glaubhafte Kommunikation über Inte-
grationsfortschritt und Maßnahmen.
5.	Rollen externer Unterstützung in der
Post Merger Integration
Kauf und Integration von Unternehmen oder von Teilen
anderer Unternehmen ist heute Teil des operativen
Geschäfts vieler Unternehmen geworden, insbeson-
dere bei großen Konzernunternehmen. Die zugrundelie-
gende Studie spiegelt auch die Erfahrung aus der Bera-
tungspraxis wider: Das Handwerkszeug zur Integration
ist bekannt und wird auch weitgehend eingesetzt.
Beraterteams arbeiten typischerweise in einem von
zwei Bereichen bei der Post Merger Integration: Ent-
weder sie agieren in der operativen Integration, vor
allem der IT und der IT-nahen Prozesse. In diesem
Bereich erfüllen sie die Rolle des Spezialisten für kom-
plexe Prozess- und IT-Integrationen und stellen ihren
Kunden Kapazitäten zur Verfügung, die diese nicht
vorhalten können oder wollen.
Oder sie unterstützen das Topmanagement bei der
Steuerung der Integration. In diesem Bereich lassen
sich drei wertschöpfende Rollen unterscheiden:
(1)	 Unterstützung in der Planung und Konzeption
der Integration:
Neutrales Bewerten des Integrationskonzepts¢¢
auf Machbarkeit und Konsistenz
Erkennen der Schlüsselthemen und Risiken,¢¢
die sich in der Umsetzung ergeben
Aufstellen des Integrationsmasterplans, der¢¢
alle Einzelprojekte zusammenführt
Aufsetzen einer effektiven Projektsteuerung¢¢
mit Reporting
Erstellen des hinreichend breiten und tiefen¢¢
Kommunikationsprogramms, inklusive der
notwendigen Zusagen des Topmanage-
ments
(2)	 Unterstützung bei der Umsetzung:
Steuern der Fortschritte und Nachhalten gege-¢¢
bener Zusagen
Aktives Aufgreifen von Konflikten und Zufüh-¢¢
rung zu einer Lösung ohne Sieger oder Ver-
lierer
Unterstützen bei der Erarbeitung der Organi-¢¢
sation und damit verbundener Neuzuschnitte
der Verantwortungsbereiche
Quantifizieren der Ergebnisse¢¢
(3)	 Sicherung der Synergieerzielung:
Erarbeiten von Synergievorschläge auch auf¢¢
Basis von Benchmarks
Entwickeln und Anpassen von Analyseme-¢¢
thoden
Sichern der Erreichung der Ziele („Härte-¢¢
grade“)
6.	Zusammenfassung
Auf Basis einer umfassenden Studie lassen sich die
wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Integration eines
Unternehmens identifizieren. Dabei zeigt sich, dass
die wesentlichen Hebel in den Unternehmen weithin
bekannt sind und genutzt werden. Auffällig ist dabei,
dass wichtige Themenblöcke einerseits als deutliche
Erfolgshemmnisse bekannt sind, andererseits jedoch
in den Rangfolgen der wichtigsten Hebel an unteren
Stellen sitzen, mithin als deutlich weniger entschei-
dend gelten.
In den klassischen Managementfunktionen fühlen
sich die befragten Manager sicher: Strategie, Beset-
zung der Managementpositionen, Kommunikation
und Synergien. Als schwierig und fehleranfällig erwei-
sen sich dagegen vor allem die Bereiche Organisa-
tion, Führung und das schwer zu greifende Thema
Kultur. Auch in der Stringenz des Nachhaltens und
der Erreichung der quantitativen Ziele zeigt sich das
Handwerk der Post Merger Integration noch in einer
Lernphase. 

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  • 1. REPORT | Strategien und Visionen 294 M&A REVIEW 6/2010 Post Merger Integration: Herausforderun- gen für die nächste Integrationswelle Thierry Hamon & Martin Hagedorn, Droege & Comp. GmbH, Düsseldorf* 1. Einleitung 1.1 Verändertes Profil des M&A-Marktes u   Der europäische M&A-Markt hat seinen Höhepunkt – entgegen landläufiger Meinung – deutlich vor dem Zusam- menbruch von Lehmann Brothers im September 2008 erreicht. So lag die Spitze des Transaktionsgeschehens in Europa im zweiten Quartal 20071 bei 1.600 erfassten Transaktionen mit einem Gesamtwert in Höhe von 440 Mrd. US-$. Der Tiefpunkt wurde im dritten Quartal 2009 durchschritten bei 800 Transaktionen mit einem Gesamt- volumen in Höhe von 50 Mrd. US-$. Während also die Anzahl der Transaktionen um ca. 50% zurückging, sank der zugehörige Wert um 89%, was einer Reduktion des Wertes der Einzeltransaktion um 77% entspricht. Bei der Betrachtung des Mid Markets zeigt sich ein ande- res Bild: In diesem Segment sanken Anzahl und Umsätze der Transaktionen fast parallel um 64% bzw. 67%, die Preise blieben mit einem Abschlag von 7% jedoch fast stabil. Auch scheint der Zyklus in diesem Segment im Vergleich zum Gesamtmarkt um ein halbes Jahr nach vorne verschoben: Das (weniger ausgeprägte) Maximum lag im vierten Quartal 2006, das Minimum im zweiten Quartal 2009. Diese Zahlen stützen die verbreitete These, dass sich finanz­orientierte, auf Wiederverkauf zielende Übernah- men mit hohem Fremdkapitalanteil zugunsten strategi- scher Käufe verschoben haben. Während bei finanzorien- tierten Käufen der erwartete Wiederverkaufswert preisbe- stimmend ist, ist dies beim strategischen Kauf der Beitrag des Kaufobjekts zum eigenen Geschäftsmodell – hierfür sind die Konditionen des Finanzmarktes eher Nebenbe- dingungen als Treiber. Folglich wird die Frage entschei- dend, wie der Wertbeitrag des gekauften Unternehmens über die längere Sicht optimiert werden kann. 1.2 Erfolgsfaktoren der Post Merger Integration In der diesem Beitrag zugrundeliegenden Befragung war es das Ziel, die Erfolgsfaktoren und Erfolgshemm- * Autorenkontakt: Thierry_Hamon@droege.de, Martin_Hagedorn@droege.de. Thierry Hamon ist Partner und Martin Hagedorn ist Principal bei der Unternehmer-Bera- tung Droege & Comp. GmbH. Die Unternehmer-Beratung Droege & Comp. befragt in regelmäßigen Abständen integrationserfahrene Manager. 1 Monthly M&A Insider April 2010, S. 39; www.mergermarket.com. nisse bei Post Merger Integrationen (PMI) möglichst genau zu identifizieren. Aus den Ergebnissen der Befra- gung lassen sich folgende Kernaussagen ableiten: ¢¢ Die Zufriedenheit mit den Erfolgen der Integration ist überraschend hoch im Vergleich zur Selbst- einschätzung in der Zielerreichung. ¢¢ Regelmäßig wiederkehrender Schwachpunkt in der Integration ist die Organisation, die hier im weiteren Sinne verstanden wird als Füh- rung, Aufbauorganisation, Kultur und Schlüssel- personen. ¢¢ Die befragten Unternehmen nehmen für sich in Anspruch, das klassische Handwerkszeug des PMI zu beherrschen. Die Hauptthesen dieses Beitrags lauten, dass die wich- tigen Stellhebel in der PMI gut verstanden werden, und dass die langfristig wichtigen Fragen der Führung und der Kultur zwar als Erfolgshemmnis erkannt werden, jedoch bei der Erarbeitung des Integrationsplans nicht hinreichend berücksichtigt werden. Dieser Beitrag ist wie folgt gegliedert: Im nachfolgen- den Abschnitt werden die Selbsteinschätzungen der Teilnehmer zu Zielerreichung und Zufriedenheit darge- stellt. Zudem werden die von den Befragten erkannten Erfolgshemmnisse skizziert. Im dritten Abschnitt wird die Bedeutung der einzelnen Erfolgsfaktoren detail- liert erläutert. Im vierten Abschnitt werden die Les- sons Learned zusammengefasst. Anschließend werden mögliche Rollen externer Unterstützung vor dem Hin- tergrund der Studienergebnisse aufgezeigt. Zum leich- teren Verständnis werden ausgewählte Antworten zu den einzelnen Themenbereichen der Studie grafisch dargestellt.
  • 2. 295M&A REVIEW 6/2010 Strategien und Visionen | REPORT 2. Integrationserfolg und Erfolgshemmnisse 2.1 Überraschend hohe Zufriedenheit mit Integrationserfolgen Gefragt nach der eigenen Einschätzung des Integrations- erfolgs geben 52% der Befragten an, sie seien zufrieden. Dies ist ein höherer Wert als einzeln für die Effizienz der Integration oder für die Erreichung der Ziele genannt wird. Für einen distanzierten Beobachter sollte Zufriedenheit sowohl Zielerreichung als auch Effizienz abbilden, so dass der Grad der Zufriedenheit hoch erscheint. Dies kann mög- licherweise damit erklärt werden, dass es sich bei der PMI um eine recht junge und sich entwickelnde Disziplin han- delt; es muss noch gelernt werden, die hohe Komplexität und die hohen Risiken noch besser zu beherrschen. Dabei wurden in deutlich weniger als der Hälfte der Fälle die Integration als wirklich effizient beschrieben. Auch die Erreichung der materiellen Ziele erscheint moderat, fast die Hälfte beschreiben sie als „knapp erreicht“. 2.2 Erfolgshemmnisse in fehlender Verankerung der Organisation Woran drohen Integrationen zu scheitern? Das mit eini- gem Abstand wichtigste Erfolgshemmnis sind „kulturelle Divergenzen“ zwischen den Unter- nehmensteilen. Der zweitwichtigste Punkt, Widerstände der Mitarbeiter, liegt zu einem wesentlichen Teil an den weiter bestehenden Kulturun- terschieden. „Kultur“ zählt im Management- handwerk zu den „weichen“ Fak- toren. Doch Kultur lässt sich „hart“ gestalten. Ihre wesentlichen Ele- mente sind die Gestaltung von Ent- scheidungen (z.B. zentral/dezen- tral, konsensual/singulär), die Här- tegrade der Verantwortung (Pla- nungsgenauigkeit und Sanktio- nierungen bei Nichterreichung), Konflikthandhabung (Vermeidung, offen direkt, offen über Vorge- setzte, …) und die Umgangsfor- men (z.B. erwartete Antwortzeiten, Präsenzerwartungen). Werden die hinter den Kulturen der Unterneh- mensteile liegenden Wertvorstel- lungen verletzt, so bilden sich die zu beobachtenden Widerstände. Die Überwindung gelernten Ver- haltens und die Anpassung an neue Vorgaben gelingen, wenn den betroffenen Mitarbeitern Hinter- gründe und Motive erklärt werden. Grundlage für die Entwicklung einer neuen Unternehmenskultur ist die Analyse und offene Darstellung der Kulturen beider Unternehmen, etwa durch ein Kultur-Audit. Aus den Unterschieden lassen sich so zunächst Konfliktpotenziale erkennen und dann im nächsten Schritt auch Lösungsansätze herleiten. Die Faktoren, die stärker im täglichen Managementfo- kus liegen, erzeugen weniger Probleme. Hierzu zählen Probleme bei der Verzahnung der Marken oder der Supply Chain. Auch die Steuerungsinstrumente, fach- spezifische Fähigkeiten oder mögliche Barrieren zwi- schen den Managementinstrumenten gehören zu den weniger wichtigen Hemmnissen des Integrationserfolgs. Einzig die IT bildet unter den operativen Themenblöc- ken ein großes Hemmnis für die Integration, etwa 50% sehen diesbezüglich hohe oder sehr hohe Hürden. 3. Bedeutung der Erfolgsfaktoren für das Integrationsergebnis 3.1 Erfolgsfaktor „Vision“ Auf Basis der Erfahrung der Studienteilnehmer zeigt sich, dass eine frühzeitige Planung der Integration, also bereits vor Abschluss der Vertragsverhandlun- gen, die Erfolgswahrscheinlichkeit deutlich erhöht. Abb. 1 | Bewertung Integrationserfolg Quelle: Eigene Befragung Abb. 2 | Kritische Erfolgsgeheimnisse Quelle: Eigene Befragung nicht erreicht teilweise erreicht knapp erreicht deutlich erreicht über- troffen Wurden die materiellen/ quantitativen Ziele erreicht? War das Management mit der Integration zufrieden? War die Integration effizient? 32% 13%45%7% 22%31%40% 7% 46%30%7% 15% 3% 2% Kulturelle Divergenzen 7%8%27%36%22% Mitarbeiterwiderstände Barrieren zwischen den Managementsystemen 8%15%26%32%19% keinewenigmittelhochsehr hoch 7% 34% 34% 17% 8%
  • 3. REPORT | Strategien und Visionen 296 M&A REVIEW 6/2010 Abb. 3 | Erfolgsfaktor „Vision“ Quelle: Eigene Befragung Abb. 4 | Erfolgsfaktor „Führung und Organisation“ Quelle: Eigene Befragung Klare, nachvollziehbare Rationale für Zukauf Quantitative Ziele für zu integrierendes Geschäft Klare Vorstellungen über gemeinsame Strategie 15%33%52% 12%56%32% 45%46% 7% unwichtig weniger wichtig neutralwichtig erfolgsent- scheidend erfolgsent- scheidend 2% Konsistentes Organisationskonzept für gekauftes Unternehmen Kenntnis der F&O-Prinzipien des kaufenden Unternehmens Verbindlichkeit der F&O-Prinzipien des Käufers 65%25% 8% 20%55%22% 5%15%66%14% 2% 3% unwichtig weniger wichtig neutralwichtig Klare, nachvollziehbare Rationale für Zukauf Quantitative Ziele für zu integrierendes Geschäft Klare Vorstellungen über gemeinsame Strategie 15%33%52% 12%56%32% 45%46% 7% unwichtig weniger wichtig neutralwichtig erfolgsent- scheidend erfolgsent- scheidend 2% Konsistentes Organisationskonzept für gekauftes Unternehmen Kenntnis der F&O-Prinzipien des kaufenden Unternehmens Verbindlichkeit der F&O-Prinzipien des Käufers 65%25% 8% 20%55%22% 5%15%66%14% 2% 3% unwichtig weniger wichtig neutralwichtig Basis für jede Integrationsplanung ist Klarheit über die Motive für den Zukauf. Der strategische Fokus darf über den gesamten M&A- Prozess nicht aus den Augen verloren werden. Klar- heit über die Ziele des neu geschaffenen Unternehmens möglichst schnell zu vermitteln, d.h. welche Normen, Werte und Prinzipien neu gelten und wie diese in der täglichen Arbeit umzusetzen sind, wird von 91% der Befragten als wichtig oder gar erfolgsentscheidend ein- geschätzt. Ein konkretes Zielbild an den Anfang des Inte- grationsprozesses zu stellen, ist eines der wirksamsten Steuerungsinstrumente des Topmanagements. 3.2 Erfolgsfaktor „Führung & Organisation“ Im Vergleich zum strategisch orientierten Faktor „Ziel- setzung und Vision“ fallen bei den Prinzipien zur Füh- rung und Organisation auf, dass sie signifikant weni- ger als erfolgsentscheidend angesehen werden. Dies überrascht aus zwei Perspektiven: Aus der analyti- schen Perspektive bilden Führung und Organisation das Regelwerk und das Spielfeld, auf dem die Strate- gien in konkrete Managemententscheidungen umge- setzt werden. In Führung und Organisation liegen Kern- aufgabe und Daseinsberechtigung von Führungskräften im Verhältnis zu den Fachkräften. Verbindliche Regel- werke und Strukturen für das integrierte Unternehmen müssten daher im ureigenen Interesse des Managements liegen. Die zweite Perspektive, aus der heraus das Ergebnis etwas überrascht, ist, dass die Teilnehmer in den weite- ren Fragen den beiden Faktoren „Personalauswahl für die Integrationsprojekte“ und „Klare Verantwortung für die Umsetzung“ die höchsten Werte für „erfolgsentschei- dend“ in der gesamten Studie vergeben (jeweils 73%) – beides Faktoren mit starkem Bezug zu Führung und Funktionieren der Organisation. 3.3 Erfolgsfaktor „Transparenz“ Ein Problem in der präzisen Zielformulierung und Orga- nisationsentwicklung stellt gerade zu Beginn die Intrans- parenz über das gekaufte Unternehmen dar. Gerade in den Pre-Day-1-Phasen ist der Zugang zu den Informa- tionen des Zielunternehmens juristisch noch erheblich eingeschränkt. Umso detaillierter müssen zugängliche Quellen oder Interviews mit Gesprächspartnern des Ziel- unternehmens ausgewertet und die erhaltenen Infor- mationen strukturiert und überprüft werden. Hierfür müssen genügend Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um noch während der Due Diligence-Phase ein Maximum an entscheidungs- relevanter Basistransparenz zutage zu fördern. Erst auf dieser Basis kann die Einschätzung der ange- strebten Synergieeffekte validiert und die Integration solide geplant werden. Dennoch wird dem Ein- satz von „Clean Teams“, in denen anwaltlich überwacht zusätzliche Informationen über das Kaufob- jekt erhoben werden, eine eher geringe Bedeutung beigemessen: 65% halten ihn für neutral bis unwichtig. Überraschend ist erneut, dass im Rahmen der Transparenz die „Bewertung des kulturellen Fits vor dem Kauf“ nur von 29% als erfolgskritisch angesehen wird. Dabei bilden, wie oben gezeigt, kulturelle Divergenzen das größte Erfolgshemmnis. 3.4 Erfolgsfaktor „Mitarbeiter“ Im Bereich der handelnden Perso- nen werden die wichtigsten Ent- scheidungen für den Erfolg des Merger gesehen. Keine andere Frage hat eine höhere Nennung
  • 4. 297M&A REVIEW 6/2010 Strategien und Visionen | REPORT für „erfolgsentscheidend“ als die Personalauswahl für die Integrationsprojekte (73%). Auch die Bindung der Leistungsträger gehört mit 63% für „erfolgsentschei- dend“ zu den wichtigsten Faktoren. So wichtig diese Faktoren auch gesehen werden: In der Praxis sind sie schwer umzusetzen, bedeutet die Entscheidung für den Besseren doch gelegentlich die Entscheidung gegen den eigenen Kollegen oder nahen Mitarbeiter. Bewährt haben sich Verfahren, wie sie bei der Neuschaffung von Stellen eingesetzt werden: Erstel- lung eines Profils, das an die neuen Anforderungen des größeren Unternehmens angepasst ist; Eröffnung eines Bewerbungsverfahrens für diese Stelle und Bewertung der Kandidaten in einem Gremium, in dem beide Unter- nehmensteile vertreten sind. Die Bindung der Schlüsselmitarbeiter ist aus anderen Gründen schwierig: Zunächst müssen sie hinreichend zuverlässig identifiziert werden, wobei das Organigramm nur ein Anhaltspunkt sein kann. Wertvolle Mitarbeiter üben ihre Funktionen oft in ihren Teams aus, beispiels- weise in der Entwicklung oder im Vertrieb. Nach ihrer Identifizierung müssen sie für eine weitere Zusammenar- beit gewonnen werden, um so auch eine Signalwirkung auf die anderen Mitarbeiter auszuüben. Es zeigt sich immer wieder, dass diese Mitarbeiter schnell gewonnen werden müssen, da sich für sie oft früh andere Türen (auch der Wettbewerber) öffnen. Typischerweise gilt es, die Mitar- beiter über „Retention“-Pakete zu binden, die eine Kombination aus einer Karriereperspektive, Jobsicher- heit und Geld enthalten. Im Kontrast hierzu sehen deutlich weniger Unternehmen die Notwen- digkeit, Topmanager zwischen den Unternehmensteilen auszutauschen, um so die Integration zu fördern. Dahinter lässt sich vermuten, dass Ideen von „Merger of Equals“ oder Hochzeiten „Made in Heaven“ von pragmatischeren Modellen abgelöst wurden, bei denen die Rollen von Käufer und Gekauftem klar gelebt werden. Auch dürften regelmäßige Käufer von Unternehmen davon absehen, bei jedem Kauf einen Teil ihres Managements auszutauschen, den es für den nächsten Kauf drin- gend braucht. 3.5 Erfolgsfaktor „Kommunikation“ Die kontinuierliche und intensive Kommunikation von Beweggrün- den und Zielen der Integration ist von Anfang an wichtig. Im Mittelpunkt stehen vor allem die internen Zielgruppen, um bei den Mitar- beitern Akzeptanz für die neue Situation zu schaffen und Unsicherheiten und Ängste abzubauen. Als Top- Erfolgsfaktor wird von den Befragten die aktive Kom- munikationsrolle des oberen Managements angese- hen: 71% halten sie für erfolgsentscheidend. Damit ist die reine Informationsübermittlung allerdings nicht gemeint, sondern vielmehr der offene und persönli- che Austausch über den Zusammenschluss und seine Folgen. Die Mitarbeiter und Führungskräfte wollen wissen, welche Auswirkungen auf ihren Arbeitsplatz zu erwarten sind, und sie brauchen Gelegenheiten, ihre Fragen, Anregungen und Kritik zu äußern. Interaktion und Dialog bereits in Form von Großveranstaltungen beispielsweise für alle Führungskräfte sind gerade zu Beginn ein wesentlicher Erfolgsfaktor für eine erfolgs- reiche Integration. Aber auch gegenüber allen übrigen Stakeholdern wie Investoren, Kunden und Zulieferern muss ein klares und kohärentes Bild des neu zu schaf- fenden Unternehmens vermittelt werden. In der operativen Umsetzung müssen die Integrati- onsteams allerdings regelmäßig damit kämpfen, dass die wichtigsten Führungskräfte zu ihrer ohnehin hohen Tagesbelastung in zweifacher Hinsicht zusätzliche Auf- gaben erhalten: Sie müssen die Integration verant- wortlich steuern und dazu noch reise- und zeitinten- Abb. 5 | Erfolgsfaktor „Mitarbeiter“ Quelle: Eigene Befragung Abb. 6 | Erfolgsfaktor „Synergien“ Quelle: Eigene Befragung Personalauswahl für die Integrationsprojekte Bindung von Leistungsträgern & Schlüsselmitarbeitern Transfer von Topmanagern zwischen Unternehmen Anpassung des Bewertungs- und Entlohnungsmodells beim zugekauften Unternehmen 36%41%19% 24%73% 3% 31%66% 3% 22%37%32%7% unwichtig weniger wichtig neutralwichtig 2% 2% erfolgsent- scheidend Klare Verantwortlichkeiten für Umsetzung Strukturierte Dokumentation der Synergiepläne 27%73% 22%56%22% unwichtig weniger wichtig neutralwichtig Enges Nachhalten der Implementierung 10%55%35% erfolgsent- scheidend
  • 5. REPORT | Strategien und Visionen 298 M&A REVIEW 6/2010 sive „Road Shows“ abhalten, bei denen sie sich nicht vertreten lassen können. 3.6 Erfolgsfaktor „Synergien“ Synergien sind bei jeder Integration ein wichtiges Thema, auch wenn sie in der Kommunikation manch- mal weniger betont werden. Den Führungskräften ist klar, dass die Verantwortung für die Umsetzung ein- deutig sein muss. Dieser Faktor wird (gemeinsam mit der Besetzung der Integrationsteams) als der wichtig- ste überhaupt angesehen, 73% halten ihn für erfolgs- entscheidend. Auch in der Auswahl der Synergiefelder sind die Manager pragmatisch und fokussieren den 80/20-Ansatz. Im Kontrast hierzu werden das enge Nachhalten (35% sehen es als erfolgskritisch) und die strukturierte Dokumentation (22%) als deutlich weni- ger entscheidend eingeschätzt. Unter dem hohen Zeit- druck der Integration, die in der Regel zusätzlich zum Tagesgeschäft läuft, lassen sich die Projekte nur durch enges Controlling und strukturierte Dokumentation steuern. Hier könnte eine Ursache darin liegen, dass nur eine Minderheit die materiellen Ziele der Integra- tion wirklich erreicht hat. 3.7 Erfolgsfaktor „Geschwindigkeit“ Für die Fragestellung, mit welcher Geschwindigkeit die Integration vollzogen werden soll, sind zwei Aspekte entscheidend: „Wie hoch sind die Kosten des War- tens?“ und „Wie hoch sind die Kosten zu schnellen Handelns?“. Es zeigt sich, dass die Unternehmen dies für sich pragmatisch beantworten. Bei der Auswahl des künftigen Topmanagements sind die Kosten des War- tens sehr hoch, da der Weggang von Führungskräften der ersten Ebene nicht nur einen Verlust an Know-how bedeutet, sondern regelmäßig auch den Weggang wei- terer Mitarbeiter nach sich zieht. Hingegen kann eine zu schnelle Integration etwa der IT-Systeme viel Nachar- beit erfordern, wenn dies nicht im Detail analysiert und geplant wurde. In der Summe sehen die Unternehmen eine insgesamt hohe Integrationsgeschwindigkeit nicht als absolut erforderlich für einen Erfolg an, solange die richtigen Dinge schnell getan werden. Zeitaufwand und Komplexität einer Integration werden häufig unter- schätzt. Daher werden die Mitarbei- ter nicht ausreichend von ihren Lini- enfunktionsaufgaben freigestellt, so dass die Integrationsgeschwin- digkeit vom langsamsten Glied der Kette bestimmt wird. Es emp- fiehlt sich daher, eine Projektorga- nisation aufzusetzen, in der zumin- dest die Projektleitung zu 100% von operativen Tätigkeiten freigestellt wird. 4. Lessons Learned In der Praxis kann häufig beobachtet werden, dass trotz Integrationserfahrung in zahlreichen Unterneh- men das Know-how bei der nächsten Gelegenheit nicht verfügbar ist. Es werden beispielsweise immer wieder andere Teams für die Integrationsprojekte innerhalb desselben Unternehmens eingesetzt, und eine syste- matische Verwertung der Erfahrungen aus zurücklie- genden Projekten findet nicht statt. So empfiehlt es sich, sofern die Unternehmensgröße und die Häufig- keit solcher Vorhaben dies zulassen, einen unterneh- mensbezogenen Kompetenzpool aus erfahrenen M&A- und Integrationsexperten aufzubauen, die bei der kom- menden Gelegenheit reaktiviert werden können, und sei es nur zu Zwecken des Erfahrungsaustauschs. Abschließend sei ein Überblick über die wesentlichen Handlungsempfehlungen für die Aufgaben vor dem Zusammenschluss gegeben: ¢¢ Schaffung von Transparenz über strategischen Fit und Ausarbeitung der Integrationslogik. ¢¢ Präzise Schätzung von Synergieeffekten und Ablei- tung der Projektmaßnahmen. ¢¢ Umfassende Planung des gesamten Integrations- prozesses (Fahrplan). ¢¢ Frühzeitiges Aufsetzen des Integrationsprojekts und Benennung des Teams. Vorbereitung umfassendes Kommunikationskonzept.¢¢ Darüber hinaus können nachfolgend weitere praxi- sorientierte Handlungsempfehlungen für die Auf- gaben während des Zusammenschlusses abgeleitet werden: ¢¢ Analyse und Integration von weichen Faktoren (Unternehmenskultur und -werte). ¢¢ Zeitnahe Einbindung eines Projektmanagement- tools. Abb. 7 | Erfolgsfaktor „Geschwindigkeit“ Quelle: Eigene Befragung Zeitnahe Auswahl des Topmanagements Zeitnahe Verzahnung von IT-Systemen 12%20%39%27% 7%32%59% Hohe Integrations- geschwindigkeit gesamt 18%35%27%20% unwichtig weniger wichtig neutralwichtig 2% 2% erfolgsent- scheidend
  • 6. 299M&A REVIEW 6/2010 Strategien und Visionen | REPORT ¢¢ Kontinuierliche Fortschrittskontrolle und Reporting durch das Projektmanagement. ¢¢ Zeitnahe und glaubhafte Kommunikation über Inte- grationsfortschritt und Maßnahmen. 5. Rollen externer Unterstützung in der Post Merger Integration Kauf und Integration von Unternehmen oder von Teilen anderer Unternehmen ist heute Teil des operativen Geschäfts vieler Unternehmen geworden, insbeson- dere bei großen Konzernunternehmen. Die zugrundelie- gende Studie spiegelt auch die Erfahrung aus der Bera- tungspraxis wider: Das Handwerkszeug zur Integration ist bekannt und wird auch weitgehend eingesetzt. Beraterteams arbeiten typischerweise in einem von zwei Bereichen bei der Post Merger Integration: Ent- weder sie agieren in der operativen Integration, vor allem der IT und der IT-nahen Prozesse. In diesem Bereich erfüllen sie die Rolle des Spezialisten für kom- plexe Prozess- und IT-Integrationen und stellen ihren Kunden Kapazitäten zur Verfügung, die diese nicht vorhalten können oder wollen. Oder sie unterstützen das Topmanagement bei der Steuerung der Integration. In diesem Bereich lassen sich drei wertschöpfende Rollen unterscheiden: (1) Unterstützung in der Planung und Konzeption der Integration: Neutrales Bewerten des Integrationskonzepts¢¢ auf Machbarkeit und Konsistenz Erkennen der Schlüsselthemen und Risiken,¢¢ die sich in der Umsetzung ergeben Aufstellen des Integrationsmasterplans, der¢¢ alle Einzelprojekte zusammenführt Aufsetzen einer effektiven Projektsteuerung¢¢ mit Reporting Erstellen des hinreichend breiten und tiefen¢¢ Kommunikationsprogramms, inklusive der notwendigen Zusagen des Topmanage- ments (2) Unterstützung bei der Umsetzung: Steuern der Fortschritte und Nachhalten gege-¢¢ bener Zusagen Aktives Aufgreifen von Konflikten und Zufüh-¢¢ rung zu einer Lösung ohne Sieger oder Ver- lierer Unterstützen bei der Erarbeitung der Organi-¢¢ sation und damit verbundener Neuzuschnitte der Verantwortungsbereiche Quantifizieren der Ergebnisse¢¢ (3) Sicherung der Synergieerzielung: Erarbeiten von Synergievorschläge auch auf¢¢ Basis von Benchmarks Entwickeln und Anpassen von Analyseme-¢¢ thoden Sichern der Erreichung der Ziele („Härte-¢¢ grade“) 6. Zusammenfassung Auf Basis einer umfassenden Studie lassen sich die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Integration eines Unternehmens identifizieren. Dabei zeigt sich, dass die wesentlichen Hebel in den Unternehmen weithin bekannt sind und genutzt werden. Auffällig ist dabei, dass wichtige Themenblöcke einerseits als deutliche Erfolgshemmnisse bekannt sind, andererseits jedoch in den Rangfolgen der wichtigsten Hebel an unteren Stellen sitzen, mithin als deutlich weniger entschei- dend gelten. In den klassischen Managementfunktionen fühlen sich die befragten Manager sicher: Strategie, Beset- zung der Managementpositionen, Kommunikation und Synergien. Als schwierig und fehleranfällig erwei- sen sich dagegen vor allem die Bereiche Organisa- tion, Führung und das schwer zu greifende Thema Kultur. Auch in der Stringenz des Nachhaltens und der Erreichung der quantitativen Ziele zeigt sich das Handwerk der Post Merger Integration noch in einer Lernphase. 