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Was ist Geld?
Bei allem 'Selbstverständlichen'
wird auf das Verstehen
einfach verzichtet.
Bertolt Brecht
Geschichte
Nr. 1
„Es war einmal eine Zeit, da gab es Tauschhandel.
Das war schwierig.
[…] Deswegen griff sich also einfach jemand das Nächstbeste,
was da auf dem Boden so herumlag. Das war zufällig eine
Muschel.
Und dann sagte der: „Eine Muschel ist ab sofort wie drei
Handvoll Beeren.“
Worauf ein anderer sagte: „Ganz toll. Vor allem, weil es im
Landesinneren so viele Muscheln gibt.“
So erfanden die Menschen das Geld.
Und nach dem Geld kamen Banken und Kredite.“
David Graeber und HG Butzkow
Der Tauschmittel-Mythos des Geldes
Warum aber sollte ich darauf vertrauen, dass ein gebrauchtes
Gebüsch, eine Muschel oder ein Steinklumpen als
„Tauschmittel“ funktionieren?
Woher weiß ich, dass auch der Nächste „Tauschpartner“ das
akzeptiert und mich nicht lieber auslacht?
Wodurch oder durch wen bekommt dieses „Tauschmittel“
seine Wertzuschreibung, seine Beglaubigung?
Dem Geld wurde bereits vertraut,
bevor es zum wirtschaftlichen
Zahlungsmittel wurde
These:
[…] Wir haben zu wenig beachtet, worin die
theologischen und religiösen Wurzeln unseres
Umgangs mit Geld, Schuld, Steuern und so
weiter bestehen.
Thomas Macho in: Sloterdijk/Macho: Gespräche über Gott, Geist und Geld
Geschichte
Nr. 2
Die Götter sind erzürnt.
Juno
Moneta
Modern money is mainly an act of faith;
an act of credit, of belief.
John Lanchester, How to speak Money
Durch die Opfergaben der Priester und
später durch die Verwendung in der Tempelwirtschaft,
wurde das notwendige Vertrauen, in die Münzen geprägt.
Das Vertrauen und der Glaube, die es brauchte,
damit das Geld als Tauschmittel akzeptiert wurde.
3.000 Jahre monotheistische Kulturgeschichte
gehen nicht spurlos an unseren sozialen Strukturen,
Denkweisen und Weltsichten vorbei
oder
„2000 Jahre Christentum wollen adäquat ersetzt werden.“
C.G. Jung
Hölle
Himmel
Erlösung - Erlös
Kredit abgeleitet vom lateinischen credere „glauben“- Credo – das Glaubensbekenntnis
Der Schuldner – Der Schuldige
Der Gläubiger – ein Gläubiger
Offenbarungseid - Offenbarung
Messe
Geld – ahd. gelt – Opfer an die Götter
Business Angel
Preis – Lobpreisung
Haushaltssünder
Wertschöpfung
Sigmund Freud, Das Unbehagen in der Kultur
Die Religionen wenigstens haben die Rolle des
Schuldgefühls in der Kultur nie verkannt.
Sie treten ja auch mit dem Anspruch auf,
die Menschheit von diesem Schuldgefühl,
dass sie Sünde heißen, zu erlösen.
Der Kapitalismus ist
vermutlich der erste Fall
eines nicht
entsühnenden, sondern
verschuldenden Kultus.
Walter Benjamin, Kapitalismus als Religion, 1921
[…] ist der Kapitalismus eine Kultreligion, vielleicht die
extremste, die es je gegeben hat.
[…] Mit dieser Konkretion des Kultus hängt ein zweiter Zug
des Kapitalismus zusammen: die permanente Dauer des
Kultus. Der Kapitalismus ist die Zelebrierung eines Kultes
sans [t]rêve et sans merci.
Es gibt da keinen „Wochentag“, keinen Tag der nicht
Festtag in dem fürchterlichen Sinne der Entfaltung allen
sakralen Pompes, der äußersten Anspannung des
Verehrenden wäre.
Walter Benjamin, Kapitalismus als Religion, 1921
Jean-Pierre Baudet, Opfern ohne Ende
„Die bis ins Mikroskopische erfolgende Gängelung der
Großunternehmen (und deren Mitarbeiter) durch
internationale Maßregeln (siehe Basel 2 oder Solvency 2),
durch zahlreiche Gesetzgebungen zur Beobachtung ebenso
zahlreicher Formalprinzipien, durch Compliance-
Versprechungen als Frondienste für Aktionäre, durch
massiven Einsatz von weltweit agierenden Consultants,
durch die Diktatur eines völlig leerlaufenden Credit Ratings,
das sich anlässlich jeder neuen Krise als schlechter Witz
entpuppt, aber unentwegt weiter Glauben findet,
stellt jede Dogmatik [religiöse Glaubens- und Lehrsätze]
der Vergangenheit in den Schatten.“
David R. Loy, Zen Buddhist:
Unser derzeitiges wirtschaftliches System
sollte man auch als unsere Religion
verstehen.
Walter Benjamin, Kapitalismus als Religion, 1921
„Ihr vierter Zug [der kapitalistischen
Religion] ist, dass ihr Gott verheimlicht
werden muss, erst im Zenith seiner
Verschuldung angesprochen werden darf.“
Tomáš Sedláček/David Orrell, Bescheidenheit
„[…] Eben deshalb leben wir meiner Ansicht nach im
Dunkeln. Möglicherweise in einem noch größeren Dunkel
als die Menschen in alter Zeit. Und zwar genau deshalb,
weil wir unseren Glauben nicht zugeben. […]
Wenn aber der Glaube beginnt, sich als Wahrheit zu
präsentieren, wird er gefährlich. Das ist im Übrigen das Ziel
jeder Ideologie: So zu tun, als gäbe es sie nicht, als sei sie
gleichsam „natürlich“. Genau das müssen wir meiner
Ansicht nach ändern. Weil unser Glaube an die
Ökonomie heute stark, uneingestanden,
unbewusst und gerade deswegen irreführend ist.“
Papst Franziskus, Evangelii Gaudium 24. November 2013
„ […] Wir haben neue Götter geschaffen. Die Anbetung
des antiken goldenes Kalbs (vgl. Ex 32,1-35) hat eine
neue und erbarmungslose Form gefunden im
Fetischismus des Geldes.“
Taler Unser
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Moop Mama
Die äußerste ethische Aufgabe besteht im Erwachen.
Jacques Lacan
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  • 3. Bei allem 'Selbstverständlichen' wird auf das Verstehen einfach verzichtet. Bertolt Brecht
  • 5. „Es war einmal eine Zeit, da gab es Tauschhandel. Das war schwierig. […] Deswegen griff sich also einfach jemand das Nächstbeste, was da auf dem Boden so herumlag. Das war zufällig eine Muschel. Und dann sagte der: „Eine Muschel ist ab sofort wie drei Handvoll Beeren.“ Worauf ein anderer sagte: „Ganz toll. Vor allem, weil es im Landesinneren so viele Muscheln gibt.“ So erfanden die Menschen das Geld. Und nach dem Geld kamen Banken und Kredite.“ David Graeber und HG Butzkow
  • 7. Warum aber sollte ich darauf vertrauen, dass ein gebrauchtes Gebüsch, eine Muschel oder ein Steinklumpen als „Tauschmittel“ funktionieren? Woher weiß ich, dass auch der Nächste „Tauschpartner“ das akzeptiert und mich nicht lieber auslacht? Wodurch oder durch wen bekommt dieses „Tauschmittel“ seine Wertzuschreibung, seine Beglaubigung?
  • 8. Dem Geld wurde bereits vertraut, bevor es zum wirtschaftlichen Zahlungsmittel wurde These:
  • 9. […] Wir haben zu wenig beachtet, worin die theologischen und religiösen Wurzeln unseres Umgangs mit Geld, Schuld, Steuern und so weiter bestehen. Thomas Macho in: Sloterdijk/Macho: Gespräche über Gott, Geist und Geld
  • 11. Die Götter sind erzürnt.
  • 12.
  • 13.
  • 14.
  • 16. Modern money is mainly an act of faith; an act of credit, of belief. John Lanchester, How to speak Money Durch die Opfergaben der Priester und später durch die Verwendung in der Tempelwirtschaft, wurde das notwendige Vertrauen, in die Münzen geprägt. Das Vertrauen und der Glaube, die es brauchte, damit das Geld als Tauschmittel akzeptiert wurde.
  • 17.
  • 18. 3.000 Jahre monotheistische Kulturgeschichte gehen nicht spurlos an unseren sozialen Strukturen, Denkweisen und Weltsichten vorbei oder „2000 Jahre Christentum wollen adäquat ersetzt werden.“ C.G. Jung
  • 20. Erlösung - Erlös Kredit abgeleitet vom lateinischen credere „glauben“- Credo – das Glaubensbekenntnis Der Schuldner – Der Schuldige Der Gläubiger – ein Gläubiger Offenbarungseid - Offenbarung Messe Geld – ahd. gelt – Opfer an die Götter Business Angel Preis – Lobpreisung Haushaltssünder Wertschöpfung
  • 21. Sigmund Freud, Das Unbehagen in der Kultur Die Religionen wenigstens haben die Rolle des Schuldgefühls in der Kultur nie verkannt. Sie treten ja auch mit dem Anspruch auf, die Menschheit von diesem Schuldgefühl, dass sie Sünde heißen, zu erlösen.
  • 22.
  • 23. Der Kapitalismus ist vermutlich der erste Fall eines nicht entsühnenden, sondern verschuldenden Kultus. Walter Benjamin, Kapitalismus als Religion, 1921
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  • 26. […] ist der Kapitalismus eine Kultreligion, vielleicht die extremste, die es je gegeben hat. […] Mit dieser Konkretion des Kultus hängt ein zweiter Zug des Kapitalismus zusammen: die permanente Dauer des Kultus. Der Kapitalismus ist die Zelebrierung eines Kultes sans [t]rêve et sans merci. Es gibt da keinen „Wochentag“, keinen Tag der nicht Festtag in dem fürchterlichen Sinne der Entfaltung allen sakralen Pompes, der äußersten Anspannung des Verehrenden wäre. Walter Benjamin, Kapitalismus als Religion, 1921
  • 27.
  • 28. Jean-Pierre Baudet, Opfern ohne Ende „Die bis ins Mikroskopische erfolgende Gängelung der Großunternehmen (und deren Mitarbeiter) durch internationale Maßregeln (siehe Basel 2 oder Solvency 2), durch zahlreiche Gesetzgebungen zur Beobachtung ebenso zahlreicher Formalprinzipien, durch Compliance- Versprechungen als Frondienste für Aktionäre, durch massiven Einsatz von weltweit agierenden Consultants, durch die Diktatur eines völlig leerlaufenden Credit Ratings, das sich anlässlich jeder neuen Krise als schlechter Witz entpuppt, aber unentwegt weiter Glauben findet, stellt jede Dogmatik [religiöse Glaubens- und Lehrsätze] der Vergangenheit in den Schatten.“
  • 29. David R. Loy, Zen Buddhist: Unser derzeitiges wirtschaftliches System sollte man auch als unsere Religion verstehen.
  • 30.
  • 31. Walter Benjamin, Kapitalismus als Religion, 1921 „Ihr vierter Zug [der kapitalistischen Religion] ist, dass ihr Gott verheimlicht werden muss, erst im Zenith seiner Verschuldung angesprochen werden darf.“
  • 32. Tomáš Sedláček/David Orrell, Bescheidenheit „[…] Eben deshalb leben wir meiner Ansicht nach im Dunkeln. Möglicherweise in einem noch größeren Dunkel als die Menschen in alter Zeit. Und zwar genau deshalb, weil wir unseren Glauben nicht zugeben. […] Wenn aber der Glaube beginnt, sich als Wahrheit zu präsentieren, wird er gefährlich. Das ist im Übrigen das Ziel jeder Ideologie: So zu tun, als gäbe es sie nicht, als sei sie gleichsam „natürlich“. Genau das müssen wir meiner Ansicht nach ändern. Weil unser Glaube an die Ökonomie heute stark, uneingestanden, unbewusst und gerade deswegen irreführend ist.“
  • 33. Papst Franziskus, Evangelii Gaudium 24. November 2013 „ […] Wir haben neue Götter geschaffen. Die Anbetung des antiken goldenes Kalbs (vgl. Ex 32,1-35) hat eine neue und erbarmungslose Form gefunden im Fetischismus des Geldes.“
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