NPK2012 - Thomas Künzel: Von der Pflege für die Pflege - Lymphologie
NPK2012 - Katharina Liepe: Gewalt erkennen
1. Gewalt erkennen – eine Aufgabe für
ambulante Pflege und
Pflegeberatung
Vortrag: Niederrheinischer Pflegekongress
Datum: 13.09.2012
Referentin: Katharina Liepe
2. Inhalt
• Gewalt und das Gesundheitswesen
• Hintergrundinformationen zu Gewalt im Alter und
Pflegebedürftigkeit
• Charakteristika der Problematik
• Handlungsoptionen und Handlungshilfen
• Safer Care Projektinformationen
• Zentrale Botschaften
Seite 1
3. Was ist Gewalt?
Gewalt
auf sich selbst gerichtete interpersonelle kollektive
Suizidales Selbst- Familiäre- / Öffentliche
sozial politisch ökonomisch
Verhalten verletzung Partnergewalt Gewalt
(Ex-)
Kind Ältere Bekannte Fremde
Partner
Körperlich
Sexualisiert
Psychisch
Gewaltformen
Vernachlässigung/ Diskriminierung
(WHO 2003)
Seite 2
4. Was ist Gewalt?
Ebenen von Gewalt
Personelle
Gewalt
Strukturelle Kulturelle
(Galtung 1990)
Seite 3
5. Inhalt
• Gewalt und das Gesundheitswesen
• Hintergrundinformationen zu Gewalt im Alter und
Pflegebedürftigkeit
• Charakteristika der Problematik
• Handlungsoptionen und Handlungshilfen
• Safer Care Projektinformationen
• Zentrale Botschaften
Seite 4
6. Gewalt gegen Ältere
• Ältere Menschen (60+) sind von polizeilich
registrierten Straftaten selten betroffen
• Ausnahmen: Trickdiebstähle, Raubmord, fahrlässige
Tötung, etc.
(Görgen et al. 2009)
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8. Gewalt gegen Ältere
Vorsätzliche Handlung
+ --
Psychische Gewalt
4. 2.
Körperliche Gewalt
Situationsübergreifend
vorsätzlich nicht vorsätzlich
+
situationsüber- situationsüber-
Sexualisierte Gewalt greifend greifend
Materielle Ausbeutung
Vernachlässigung 3. 1.
vorsätzlich nicht vorsätzlich
Freiheitsentzug situativ situativ
(Krug et al. 2002, Perel-Levin 2008) --
(Görgen et al. 2009)
Seite 7
9. Häufigkeit von Gewalt
Vier deutsche Studien :
• Gewalterfahrungen insgesamt: 3,1 %
• psychische Gewalt: 0,8 – 27,1 %
• körperliche Gewalt: 3,4 %
• sexualisierte Gewalt: 0,9 %
• finanzielle Ausbeutung: 1,3 - 3,6 %
• Vernachlässigung: 2,7 % (Sethi et al. 2011: 20)
Seite 8
10. Häufigkeit von Gewalt
• „Dunkelfeldstudien“ sind schwer durchzuführen (Görgen et al. 2009)
• Gerade kognitiv Beeinträchtigte können kaum erfasst werden
• Die WHO schätzt, dass 4 - 6 % aller älteren Pflegebedürftigen
von Gewalt betroffen sind
• Nimmt man die Schätzung der WHO als Grundlage wären in
Deutschland ca. 80.000 Pflegebedürftige von Gewalt betroffen
Die Datenlage führt tendenziell zu einer
Unterschätzung der Gewalterlebnisse.
(Krug et al. 2002; Sethi et al. 2011: 20)
Seite 9
11. Inhalt
• Gewalt und das Gesundheitswesen
• Hintergrundinformationen zu Gewalt im Alter und
Pflegebedürftigkeit
• Charakteristika der Problematik
• Handlungsoptionen und Handlungshilfen
• Safer Care Projektinformationen
• Zentrale Botschaften
Seite 10
12. Risikofaktoren für Gewalt
in der häuslichen Pflege
• Schwerstpflegebedürftigkeit
• (finanzielle) Abhängigkeit
• Demenzerkrankung der pflegebedürftigen Person
• psychische Erkrankungen sowie Suchterkrankungen
der pflegenden Angehörigen
• Wohnsituation
• soziale Isolation, etc. (Sethi et al. 2011)
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13. Besondere Problematik
• Pflegebedürftige befinden sich in einer starken
Abhängigkeit
• Körperliche oder geistige Einschränkungen erschweren
es Hilfe zu suchen bzw. machen es unmöglich
• Der Hilfesektor ist nicht auf ältere, pflegebedürftige
Menschen eingestellt
?
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14. Wer kann helfen?
• Polizei ?
• Hilfe- und Beratungsstellen / welche ?
• Ärztinnen und Ärzte ?
• Professionelle Pflegekräfte ?
• Pflegeberaterinnen und Pflegeberater ?
• Pflegekassen / MDK ?
Zuständigkeiten sind in Deutschland nicht geklärt
Zusammenarbeit ist wichtig und erfolgsversprechend
Seite 13
15. Inhalt
• Gewalt und das Gesundheitswesen
• Hintergrundinformationen zu Gewalt im Alter und
Pflegebedürftigkeit
• Charakteristika der Problematik
• Handlungsoptionen und Handlungshilfen
• Safer Care Projektinformationen
• Zentrale Botschaften
Seite 14
16. Handlungsoptionen
In Anlehnung an RADAR (1996) und
das S.I.G.N.A.L.-Projekt (Brzank et al. 2005) Seite 15
19. Handlungsoption Assessment
PURFAM-Assessment
• Befragung von Pflegenden +
Fremdeinschätzung Pflegebedürftiger
• 3 Teile:
– BIZA-D-PV/ PURFAM http://www.saba.com/images/services/assessment.jpg
Ermitteln der Pflegebelastung
– Checkliste: Pflegekraft
Erkennen von Gewalt
– Checkliste: Team
Einschätzen der Pflegesituation
(Zank/ Schacke 2011)
Seite 18
20. Handlungsoption
Dokumentation
Dokumentations-
bogen bei
häuslicher/
körperlicher
Gewalt (HSM 2003)
Dokumentations-
bogen bei
sexualisierter
Gewalt (HSM 2008)
Dokumentations-
bogen bei
Kindesmisshand-
lung (Herrmann et al.
2011)
Dokumentations-
bogen für die
zahnärztliche
Versorgung
(Hahn et. al. 2010)
Seite 19
21. Handlungsoptionen
der Pflege (amb.)
• Ambulante Pflegedienste, Pflegeberater/-innen und MDK
haben Zugang
• Pflegedienste erbringen professionelle Pflege- und
Sachleistungen nach §§ 36-38 SGB XI
• Vertrauensbeziehung zu den Pflegebedürftigen und den
Laienpfleger/-innen
• Sie bilden eine Schnittstelle zu Hausärzten und
Sozialdiensten
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22. Inhalt
• Gewalt und das Gesundheitswesen
• Hintergrundinformationen zu Gewalt im Alter und
Pflegebedürftigkeit
• Charakteristika der Problematik
• Handlungsoptionen und Handlungshilfen
• Safer Care Projektinformationen
• Zentrale Botschaften
Seite 21
23. Eckdaten
• Projektleitung: Prof. Dr. Beate Blättner
Prof. Dr. Henny A. Grewe
• Mitarbeiterinnen: Anna Grundel
Katharina Liepe
• Hilfskräfte: Rebekka Schuler
• Laufzeit: 07/2011-06/2014
• gefördert vom: Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF)
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24. Safer Care Projektinformationen
Hauptziele
1. Handlungssicherheit von Pflegekräften und
Pflegeberaterinnen und –beratern im Umgang mit
gewaltbetroffenen, älteren Menschen erhöhen und somit
deren Versorgung verbessern.
2. Identifizieren von Versorgungsstrukturen, die eine nachhaltige
Implementierung unterstützen oder behindern.
Seite 23
25. Safer Care Projektinformationen
Zeitplan
Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4
07/2011 02/2012 10/2012 06/2013 06/2014
Öffentlichkeitsarbeit
systematische Experteninterviews Erstellen eines
Literatur- Handbuchs
recherche Anpassung der Schulungen Empfehlungen zur
Handlungshilfen Implementation Strukturanpassung
mithilfe von Evaluation
Fokusgruppen
Seite 24
26. Inhalt
• Gewalt und das Gesundheitswesen
• Hintergrundinformationen zu Gewalt im Alter und
Pflegebedürftigkeit
• Charakteristika der Problematik
• Handlungsoptionen und Handlungshilfen
• Safer Care Projektinformationen
• Zentrale Botschaften
Seite 25
27. Zentrale Botschaften
1. Ältere Menschen erfahren insgesamt weniger Gewalt als
jüngere. Es gibt verschiedene Risikofaktoren, die das Risiko
Gewalt zu erfahren, bei alten Menschen erhöhen.
2. Schätzungen zufolge sind 4 % aller Pflegebedürftigen von
Gewalt betroffen. Das Ausmaß der Problematik ist uns
jedoch nicht umfassend bekannt.
3. Gewalt gegen Pflegebedürftige ist nach wie vor tabuisiert.
Zuständigkeiten für Prävention und Intervention sind in
Deutschland nicht offiziell geregelt (v.a. im ambulanten
Bereich).
Seite 26
28. Zentrale Botschaften
4. Gesundheits- und Sozialberufe haben die Möglichkeit
Gewalt zu erkennen, anzusprechen, zu dokumentieren,
Betroffene zu schützen und angemessen weiterzuleiten.
5. Handlungshilfen liegen vor, das Handeln selbst ist aber
stark von der Eigeninitiative und dem individuellen
Verständnis von Pflege-, Behandlungs- oder
Beratungsqualität der Praxisakteure abhängig.
6. In dem Projekt Safer Care sollen ambulante Pflegedienste
im Umgang mit gewaltgeprägten Pflegesituationen
handlungssicher und strukturelle Defizite für eine
erfolgreiche Prävention und Intervention identifiziert
werden.
Seite 27
29. Weitere Informationen
zu unserer Arbeitsgruppe und zu
dem Projekt Safer Care finden Sie:
Unter: www.hs-fulda.de/stopp-violence
Kontakt: anna.grundel@pg.hs-fulda.de (0661/ 9640-619)
katharina.liepe@pg.hs-fulda.de (0661/ 9640-6324)
Seite 28
30. Anlaufstellen
Bundesarbeitsgemeinschaft der Krisentelefone, Beratungs- und
Beschwerdestelle für alte Menschen: www.beschwerdestellen-
pflege.de
HsM – Handeln statt Misshandeln: www.hsm-bonn.de
Pflege in Not Berlin: www.pflege-in-not-berlin.de
Seite 29
31. Literatur
• Brzank P, Hellbernd H, Maschewsky-Schneider U (2005): Häusliche Gewalt gegen Frauen: Gesundheitsfolgen
und Versorgungsbedarf –Ergebnisse einer Befragung von Erste-Hilfe-Patientinnen im Rahmen der
S.I.G.N.A.L.-Begleitforschung. Gesundheitswesen 2004; 66: 164-169.
• DHPol (o. J.): "Translation and Dissemination of the Elder Abuse Suspicion Index in Germany“.
http://www.dhpol.de/de/hochschule/Fachgebiete/easi.php (Zugriff am 15.02.2012).
• DHPol (2009): VIMA (Verdachts-Index Misshandlung im Alter).
http://www.dhpol.de/de/medien/downloads/hochschule/13/VIMA_Fragebogen.pdf (Zugriff am
18.01.2012).
• DHPol (2012): Aktionsprogramm „Sicher leben im Alter“ (SiliA).
http://www.dhpol.de/de/hochschule/Fachgebiete/silia.php (Zugriff am 14.02.2012).
• Galtung J. (1990): Cultural Violence. Journal of Peace Research 27 (3): 291-305.
• Görgen T., Bauer R., Fritsch N., Greve W., Herbst S., Kotlenga S., Mauder B., Mild N., Nachtmann J., Nägele B.,
Nowak S., Pfeiffer C., Rabold S., Rauchert K., Schröder M., Tesch-Römer C., Winkelsett B. (2009): „Sicherer
Hafen“ oder „gefahrvolle Zone“? Kriminalitäts- und Gewalterfahrungen im Leben alter Menschen.
Ergebnisse einer multimethodalen Studie zu Gefährdungen älterer und pflegebedürftiger Menschen.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Berlin.
• Görgen T., Rauchert K., Birkenstock L., Fisch S., Kämmer K. (2011): Sicher leben im Alter. Prävention von
Misshandlung und Vernachlässigung älterer Menschen in der häuslichen Pflege. Materialien für die
Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ambulanter Pflegedienste. Entwurf. Unveröffentlicht.
• KHSB Berlin (2012): Herzlich willkommen beim Projekt PURFAM: „Potenziale und Risiken in der familialen
Pflege alter Menschen“. http://www.khsb-berlin.de/forschung/aktuelle-projekte/purfam/ (Zugriff am
14.02.2012).
Seite 30
32. Literatur
• Krug E. G., Dahlberg L. L., Mercy J. A., Zwi A. B., Lozano R. (2002): World report on violence and health. World
Health Organization, Genf.
• Perel-Levin S. (2008): Discussing Screening for Elder Abuse at Primary Health Care Level. World Health
Organization. Genf.
• RADAR (1996): Massachusetts Medical Society – A Domestic Violence Intervention.
http://www.pamedsoc.org/MainMenuCategories/PatientCare/PublicHealth/DomesticViolence/RADAR.html
(Zugriff am 25.01.2012).
• Sethi D., Wood S., Mitis F., Bellis M., Penhale B., Iborra Marmolejo I., Lowenstein A., Manthorpe G., Ulvestad
Kärki F. (2011): European report on preventing elder maltreatment. World Health Organization Regional
Office for Europe, Kopenhagen.
• WHO (2003): Weltbericht Gewalt und Gesundheit. Zusammenfassung.
http://www.who.int/violence_injury_prevention/violence/world_report/en/summary_ge.pdf (Zugriff am
27.08.20129
• Yaffe M. J., Wolfson C., Lithwick M., Weiss D. (2008): Development and validation of a tool to improve
physician identification of elder abuse: The elder abuse suspicion index (EASI). Journal of Elder Abuse &
Neglect, 20 (3), 276-300.
• Zank S., Schacke C. (2011): Aktualisierte Unterlagen zum Assessment und zur Evaluation des Projektes
„Potentiale und Risiken in der familialen Pflege alter Menschen“. Stand: November 2011. Unveröffentlicht.
• Zoom e.V. (2012): SiliA-Aktionsprogramm „Sicher leben im Alter“. http://www.prospektive-
entwicklungen.de/projekte/aktuelle-projekte/sicher-leben-im-alter (Zugriff am 14.02.2012).
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