1. Herzlich Willkommen
zum Vortrag
Pflegerische Entscheidungen
ethisch begründen
1 Thomas Kirpal MScN
2. Ihr Referent:
Thomas Kirpal
Fachkrankenpfleger für Psychiatrie
Interner Prozessberater (IPB)
Pflegewissenschaftler (MScN)
Fachautor und Dozent
Teamleiter der Standard Systeme Unternehmensberatung
2 Thomas Kirpal MScN
4. Begriffserläuterungen
Moral (lat. die Sitten betreffend)
➢
könnte man als eine Einrichtung der Gesellschaft bezeichnen,
zur kontinuierlichen Gewährleistung eines gelingenden
Zusammenlebens (Eid 1994)
➢
Berufe haben oftmals eine speziell entwickelte Berufsmoral,
ein sogenanntes Berufsethos. Z. B.
ICN-Ethik-Kodex für Pflegende
(http://www.dbfk.de/bv/ICNethikkodex.htm)
➢
Ethik gibt die theoretische Seite der Sittlichkeit an, Moral
hingegen die praktische. (Lay 2004)
4 Thomas Kirpal MScN
5. Begriffserläuterungen
Moralität oder Moralprinzip
➢
meint das letztgültige Prinzip eines jeden Moralsystems.
➢
Dies könnte z. B. die Ehrfurcht vor dem Leben sein
(philosophische Ethik),
➢
oder der Bezug auf Gott (theologische Ethik) als dem
letztendlichen Urheber
5 Thomas Kirpal MScN
6. Begriffserläuterungen
Güter und Übel
➢
Die Werte, die dem menschlichen Handeln zu Grunde liegen
(deskriptiver Zugang),
bzw. zu Grunde liegen sollten (normativer Zugang)
➢
Güter sind positiv eingeschätzte Sachverhalte und
Gegenstände, Übel dagegen negative.
➢
Es sind subjektive Bewertungen, die einen Sachverhalt oder
einen Gegenstand als Gut oder als Übel bewerten!
6 Thomas Kirpal MScN
7. Begriffserläuterungen
Ethik
➢
Ethik (altgriechisch „das sittliche (Verständnis)“, von ēthos
„Charakter, Sinnesart“ ist eines der großen Teilgebiete der
Philosophie und befasst sich mit Moral, insbesondere
hinsichtlich ihrer Begründbarkeit.
➢
Die Ethik – und die von ihr abgeleiteten Disziplinen (z. B.
Rechts-, Staats- und Sozialphilosophie) – bezeichnet man
auch als „praktische Philosophie“, da sie sich mit dem
menschlichen Handeln befasst.
7 Thomas Kirpal MScN
8. Begriffserläuterungen
Ethik
Ethik versteht sich heute als Wissenschaft vom
moralischen Handeln, ist jedoch nicht selbst Moral
sondern redet über Moral.
Ethik soll den Menschen dienen, indem sie über die
Bedingungen moralischen Handelns aufklärt.
(Lay 2004)
8 Thomas Kirpal MScN
9. Begriffserläuterungen
Warum überhaupt Ethik?
➢
Es geht nicht um ein Wissen um seiner selbst willen
(theoria), sondern um eine verantwortbare Praxis.
➢
Hilfen für sittliche Entscheidungen
➢
Allgemeine Prinzipien werden zur Verfügung gestellt
➢
Die Anwendung dieser Prinzipien auf den einzelnen Fall ist
Aufgabe der praktischen Urteilskraft. Aristoteles vergleicht
sie mit der Kunst des Arztes und des Steuermanns
➢
Damit spielt für die richtige sittliche Entscheidung neben der
Kenntnis der allgemeinen Prinzipien die persönliche
Lebenserfahrung eine große Rolle.
9 Thomas Kirpal MScN
10. Ethische Entscheidungen
„Pflegefachkräfte geraten nicht selten in eine Situation, in der
sie ethische Prinzipien nicht mehr zu einer zentralen Grundlage
ihres Handelns machen können … wenn psychisch hoch
anspruchsvolle Anforderungen bewältigt werden müssen
a) ohne darauf vorbereitet zu sein
b) ohne über ausreichende zeitliche Ressourcen zu verfügen
c) ohne Gelegenheit zur Reflexion mit Mitarbeitern“
nach Andreas Kruse, Gerontologe
10 Thomas Kirpal MScN
11. Konfliktsituationen
Ethisches Dilemma
➢
Unter einem ethischen Dilemma versteht man eine ethisch-
moralische Entscheidungssituation, in der mehrere
Handlungen gleichzeitig geboten sind, sich gegenseitig aber
ausschließen. Die Befolgung des einen Gebots führt zum
Verstoß gegen das andere, in anderen Worten: die Befolgung
des Richtigen führt gleichzeitig zum Verstoß gegen das
Richtige.
➢
Es ist geboten, a zu tun,
➢
Es ist geboten, b zu tun,
➢
Ich kann aber nicht zugleich a und b tun
11 Thomas Kirpal MScN
13. Fallbeispiel: Abwägung Güter und Übel
1. Autonomie und Selbstbestimmung
Hat der Mensch das Recht, über sich selbst zu bestimmen? Ist diese
Frau im Stande, zu bestimmen, was sie will und was sie nicht will?
Sind damit die Pflegekräfte der Pflicht enthoben, die Frau
ausreichend zu ernähren?
Wie könnte man begründen, dieser Frau das Recht auf
Selbstbestimmung abzuerkennen und über ihren Kopf hinweg
Entscheidungen zu treffen? (z. B. PEG)
2. Schaden abwenden
Dekubitus, Hungerleiden, Infektionen, baldiger Tod drohen evtl.
Muss das Leben so lange wie möglich erhalten bleiben?
Muss die Frau gegen ihren Willen ernährt werden?
13 Thomas Kirpal MScN
14. Fallbeispiel: Abwägung Güter und Übel
3. Gutes Tun
Nach unseren gesellschaftlichen Wertnormen ist Leben erhalten
gleichzusetzen mit Gutes Tun.
Könnte es sein, dass die ältere Dame dies völlig anders - vielleicht
sogar gegensätzlich interpretiert?
Sollten die Angehörigen auch unbedingt das Leben so lange wie
möglich erhalten wollen, gibt es dann eine Mehrheitsentscheidung?
4. Gerechtigkeit
Wird bei allen Bewohnern der Einrichtung nach den gleichen
Maßstäben entschieden, oder gibt es Unterschiede, je nach Status
oder Erkrankung?
14 Thomas Kirpal MScN
15. Ethisch relevante Situationen
➢
mangelhafte Pflege wegen finanzieller oder personeller Engpässe
➢
Fixieren, Anbinden, Einsperren, elektronische Überwachung
➢
Sammlung von zu viel irrelevanter Information
➢
Sauberkeit und Hygiene – Maßstab Institution – Individuum
➢
Medikamente – Verabreichung unter Zwang / unwissentlich
➢
Reanimation ohne Kenntnis des Willens
➢
Umgang mit herausforderndem Verhalten (z. B. bei Demenz)
➢
Pflegerische Maßnahmen bei Inkontinenz
➢
Umgang mit Versäumnissen anderer Berufsgruppen
➢
...
15 Thomas Kirpal MScN
16. Maßstäbe der Pflegeethik
Grundsätze für die pflegerische Berufsausübung
➢
Wohltätigkeit (Gutes tun, Leiden verhüten)
➢
Gerechtigkeit (bedürfnisentsprechende und faire Verteilung
der Pflegeleistungen)
➢
Autonomie (persönliche Freiheit zur Selbstbestimmung)
➢
Aufrichtigkeit (wahrhaftes, respektvolles und
vertrauensvolles Handeln)
➢
Loyalität (Pflicht, seinen eigenen Verpflichtungen treu zu
bleiben)
16 Thomas Kirpal MScN
17. Maßstäbe der Pflegeethik
ICN Ethik Kodex für Pflegende
Pflegende und ihre Mitmenschen
➢
Hauptverantwortung gilt dem pflegebedürftigen Menschen
➢
Respekt vor Menschenrechten, Gewohnheiten und Glaube des
Pflegebedürftigen der Familie und der sozialen Gemeinschaft
➢
Informed Consent - „informierte Zustimmung“
➢
Vertraulichkeit
➢
Veranlassung und Unterstützung von Maßnahmen zugunsten
der gesundheitlichen und sozialen Bedürfnisse der
Bevölkerung, insbesondere von benachteiligten Gruppen
➢
Schutz der Umwelt vor Ausbeutung, Verschmutzung,
Abwertung und Zerstörung
17 Thomas Kirpal MScN
18. Maßstäbe der Pflegeethik
ICN Ethik Kodex für Pflegende
Pflegende und die Berufsausübung
➢
Pflegende sind persönlich verantwortlich und
rechenschaftspflichtig. Wahrung fachlicher Kompetenz und
kontinuierlicher Fortbildung.
➢
Pflegende achten auf ihre persönliche Gesundheit
➢
Das persönliche Verhalten dient dem Ansehen der Profession
➢
Anwendung von Technologie in Vereinbarkeit mit Sicherheit,
Würde und Rechten der Menschen
18 Thomas Kirpal MScN
19. Maßstäbe der Pflegeethik
ICN Ethik Kodex für Pflegende
Pflegende und die Profession
➢
Hauptrolle bei Festlegung und Umsetzung von Standards
➢
Aktive Mitarbeit an der Weiterentwicklung der
wissenschaftlichen Grundlagen der Profession
➢
Mitgliedschaft im Berufsverband mit Einsatz für gerechte
soziale und wirtschaftliche Arbeitsbedingungen
19 Thomas Kirpal MScN
20. Maßstäbe der Pflegeethik
ICN Ethik Kodex für Pflegende
Pflegende und ihre Kollegen
➢
Aktive Förderung einer guten Zusammenarbeit mit Kollegen
aus Pflege und den anderen Professionen
➢
Aktives Eingreifen zum Schutz des Patienten, wenn sein Wohl
durch Kollegen oder eine andere Person gefährdet ist
20 Thomas Kirpal MScN
21. Ethische Argumentation
Argumentation mit dem Menschen- und Weltbild
Das materialistische Menschenbild
➢
Grundprinzip ist die Materie
➢
Gedanken und Ideen sind lediglich Epiphänomene der Materie
➢
Es gibt keine geistigen, immateriellen Werte
➢
Der Sterbende ist lediglich ein stoffliches Objekt, das keinen
Beitrag zur Gesellschaft mehr leisten kann
→ Der Sterbende wird in das Mehrbettzimmer geschoben
21 Thomas Kirpal MScN
22. Ethische Argumentation
Argumentation mit dem Menschen- und Weltbild
Biologistisches Menschenbild – Evolutionäre Ethik
➢
Der Mensch ist ein physisch-biologisches Wesen
➢
Der Mensch inklusive aller seiner geistigen Fähigkeiten ist durch
Darwinsche Evolution entstanden, und daher ist auch das
moralische Verhalten einem evolutionären Selektionsprozess
unterworfen.
➢
Die Erkrankung des Privatpatienten ist behandelbar und heilbar
→ Der Sterbende wird aus dem Kreis der Behandelbaren
ausgeschlossen und in das Mehrbettzimmer geschoben
22 Thomas Kirpal MScN
23. Ethische Argumentation
Argumentation mit dem Menschen- und Weltbild
Christliches Menschenbild
➢
Jeder Mensch ist ein von Gott geschaffenes, von ihm gewolltes
und geliebtes, einmaliges und unverwechselbares Wesen. Er hat
sich nicht entwickelt sondern wurde geschaffen als Gottes Ebenbild
und als Gottes Gegenüber
➢
Keine Unterscheidung zwischen Mensch-Sein und Person-Sein
➢
Das Lebensrecht eines Ungeborenen oder eines Schwerst-
behinderten oder auch eines dementen Menschen kann nicht in
Frage gestellt werden
→ Der Sterbende hat das Recht, in Ruhe und Würde zu sterben
und wird nicht aus dem Zimmer geschoben
23 Thomas Kirpal MScN
24. Ethische Argumentation
Argumentation mit dem Menschen- und Weltbild
Humanistisches Menschenbild
➢
Der Wert des individuellen Lebens ist ein hohes Gut
➢
Allein die Tatsache seiner Existenz verleiht dem Menschen Würde
und einen unantastbaren Wert
➢
Die Solidarität mit sterbenden Mitmenschen ist eine elementare
menschliche Pflicht
➢
Alle Menschen haben gleichermaßen eine unverbrüchliche Würde
→ Der Sterbende bleibt im Einzelzimmer
24 Thomas Kirpal MScN
25. Ethische Argumentation
Weitere Grundlagen zur Argumentation
Natur- und Sachgerechtigkeit / Sachzwang
➢
Es wurde schon immer so gehandhabt – Vorgehensweise ist üblich
➢
Der Arzt hat angeordnet
➢
Folglich entsteht kein ethisches Dilemma
Konsequentialismus - Teleologie
Utilitarismus vs. Hedonismus
Kategorischer Imperativ
Ethikkodex für Pflegende
Situationsethik ...
25 Thomas Kirpal MScN
26. Ethische Fallbesprechung
Teilnehmer:
Ärzte/Pflegende/Angehörige/Betreuer
Grundlage:
Pflegeanamnese, Biografie, Pflegeplanung
gemeinsame ethische Prinzipien
Strukturiertes Vorgehen:
z. B. Nimwegener Methode
Moderation:
Extern
26 Thomas Kirpal MScN
27. Nimwegener Methode
• Beschreibung des ethischen Problems
• Sammlung aller Fakten des konkreten Falles, dabei sind vor allem
die medizinische, pflegerische Dimension und die
organisatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
sowie die Lebensanschauung des Patienten zu berücksichtigen
• Bewertung anhand ethischer Prinzipien
z. B. Materiale ethische Prinzipen für die Pflege nach Lay
→ Wie lautet nun das ethische Problem?
→ Sind alle wichtigen Fakten bekannt?
• Gemeinsame Beschlussfassung.
(Steinkamp, Gordijn 2003)
27 Thomas Kirpal MScN
28. Herzlichen Dank
für
Ihre Aufmerksamkeit
28 Thomas Kirpal MScN