2. | Live Communication und Social Media – die perfekte Symbiose |
georg 2009a, S. 17). Hierzu zählen insbesondere Messen und Nutzer bereit, selbst eigene Inhalte (User Generated Content) für
Events, aber auch Promotion- und Sponsoring-Aktivitäten. Nach das Netz zu produzieren und zu verbreiten (Hettler 2010, S. 3).
einer kurzen Einführung zum Wandel der Kommunikation deckt Damit wandelt sich die Rolle des Internetnutzers: vom passiven
der Beitrag die Unterschiede und die Wechselwirkungen der bei- Konsumenten hin zum aktiven Prosumenten (= Produzent + Kon-
den Dialoginstrumente auf und liefert Anwendungsszenarien, sument). Durch die „kollektive Intelligenz“ (Wisdom of the Crowds)
wie sich Live Communication und Social Media wirkungsvoll der Nutzer entstehen viele attraktive Webplattformen (wie z.B.
integrieren lassen. Der Beitrag versteht sich als erste Standort- Wikipedia), die einen hohen Mehrwert für das gesamte Internet
bestimmung und versucht, die nächste Evolutionsstufe der Live aufweisen.
Communication zu skizzieren.
Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf der Uniplan Live
Trends Studie 2009/10, die in Kooperation mit dem Lehrstuhl Mar- Verlust der Kommunikationshoheit
ketingmanagement an der HHL Leipzig durchgeführt wurde Mit dem Social Web steigt die Macht der Konsumenten: denn jeder
(Kirchgeorg 2009b). Für die repräsentative Untersuchung standen kann heute problemlos eigene Inhalte produzieren und verbreiten.
über 400 Marketingentscheider aus den umsatzstärksten Unter- Die Unternehmen hingegen verlieren langsam aber sicher ihr
nehmen Deutschlands Rede und Antwort. Die Befragungsergeb- gefühltes Kommunikationsmonopol. Viele Marketingmanager wol-
nisse von 2009 sind als Tendenzaussagen zu verstehen, wohl wis- len sich nicht auf den drohenden Kontrollverlust einlassen. Sie
send, dass diese aufgrund der hohen Dynamik der Social Media fürchten, dass sich negative Meinungen „aufschaukeln“ und das
eigentlich einer laufenden Aktualisierung bedürfen. Markenimage beschädigen könnten. So haben etliche Unterneh-
men durch halbherziges Engagement zu spät auf die Kritik der Kon-
sumenten reagiert und ein wahres PR-Desaster erlebt. Doch ohne
Entwicklung und Prinzipien des Web 2.0 eigene Social-Media-Aktivitäten laufen sie Gefahr, jegliche Kon-
Während das Web 1.0 vor allem eine Ansammlung statischer Web- trolle über die Gespräche im Internet zu verlieren. Zudem vergeben
sites ist und zum passiven Konsum von Texten und Bildern genutzt sie die Chance, den Konsumenten und seine Bedürfnisse besser zu
wird, hat sich das Web 2.0 zu einem interaktiven und kollaborati- verstehen. Mit dem Aufkommen des Social Web wandelt sich unser
ven Medium entwickelt. Treibender Faktor der Veränderung Kommunikationsmodell grundlegend. Während es beim tradi-
waren die zunehmende Verbreitung von Breitbandanschlüssen tionellen Paradigma einen Sender gibt, der eine Botschaft an viele
und die enorme Senkung der Internetkosten (Flatrates). Dadurch Empfänger richtet („one to many“), ist beim neuen Modell jeder
wurde das Internet der breiten Bevölkerung zugänglich gemacht Empfänger zugleich auch ein Sender. In Zukunft werden also viele
und hat sich als neues Alltags- und Massenmedium etabliert. Mit Sender mit vielen Empfängern („many to many“) kommunizieren.
dem technologischen Fortschritt einhergehend hat sich auch das Unternehmen sind dann nur noch ein Sender unter vielen und ver-
Nutzungsverhalten stark geändert. So ist das anonyme Internet zu lieren die Hoheit über die Markenführung. Die neuen Autoritäten
einer Plattform der Selbstinszenierung mutiert, bei der die Nutzer und Multiplikatoren sind die Kunden und die Mitarbeiter. Diesen
bereitwillig ihre Online-Identität preisgeben. Gleichzeitig sind die Machtwechsel im Kommunikationsmarkt zu verstehen und die
Abb. 1 Nutzung von Social Media in Unternehmen
Videoclips 61,9 %
Blogs und Foren 47,5 %
Social Networking-Plattformen 42,4 %
Podcasts 40,8 %
Virtuelle Welten 18,2 %
Photo Sharing 17,0 %
Mobile Media 14,8 %
Gaming 13,2 %
„Welche der folgenden Instrumente würden Sie im nächsten Jahr für Ihr Unternehmen bzw. Ihren Geschäftsbereich einsetzen?“
(Top-2-Box auf 5-er-Skala) Basis: nmax = 368
Quelle: Uniplan
Marketing Review St. Gallen 2 | 2011 35
3. | SOCIAL MEDIA |
Gefahren und Chancen zu managen, gehört zu den größten Her- ■ Multimedia: Foto- und Videosharing, Musicsharing
ausforderungen für die gesamte Marketingkommunikation. ■ Entertainment: Virtuelle Welten, Online-Spiele
Die Grenzen zwischen den einzelnen Kategorien sind fließend. Die
Nutzung der einzelnen Kanäle und deren Vernetzung schreitet mit
Social Media als Dachbegriff hohem Tempo voran.
Obwohl Social Media seit 2009 das „Buzzword“ der Kommunika-
tionsbranche ist, hat sich bislang noch kein allgemeingültiges
Begriffsverständnis durchgesetzt. Ebenso wie Live Communica- Nutzung von Social Media in Unternehmen
tion ist auch Social Media als ein Dachkonzept zu verstehen. Dies Seit knapp zwei Jahren boomt Social Media auch in Deutschland.
kommt in der Definition des Branchenverbandes BVDW zum Vor allem die jüngere Generation, die sogenannten „Digital Nati-
Ausdruck, der hier gefolgt werden soll (BVDW 2009, S. 5): ves“, die mit dem Internet aufgewachsen sind, nutzen das Social
„Social Media sind eine Vielzahl von digitalen Medien und Web intensiv. So sahen im Jahr 2009 laut Social Media Tracker
Technologien, die es den Nutzern ermöglichen, sich untereinan- (Universal McCann 2009, S. 31) 74 % (zum Vergleich: 44 % in
der auszutauschen und mediale Inhalte einzeln oder in Gemein- 2007) der aktiven Internetuser Videos im Netz , 57 % lasen Blogs
schaft zu gestalten. Die Nutzer nehmen durch Kommentare, (15 % in 2007) und 47 % erstellten ein eigenes Profil in einem sozi-
Bewertungen und Empfehlungen aktiv auf die Inhalte Bezug und alen Netzwerk (19 % in 2007).
bauen auf diese Weise eine soziale Beziehung untereinander auf.
Als Kommunikationsmittel setzt Social Media einzeln oder in
Kombination auf Text, Bild, Audio oder Video und kann plattform-
unabhängig verwendet werden.“ » Viele Unternehmen streben
In der Praxis findet sich ein breites Spektrum von Social-Media- möglichst schnell ins Social Web,
Anwendungen, mit deren Hilfe die Nutzer eigene Inhalte (User
Generated Content) erstellen und in virtuellen Communities ver- ohne über eine passende Social-
breiten. Es würde den Umfang dieses Beitrages sprengen, diese im Media-Strategie zu verfügen. «
Detail zu erläutern. Daher sollen hier nur überblickartig die zent-
ralen Medien aufgeführt werden, die bereits heute für Unterneh-
men und Marken eine hohe Relevanz haben. Laut BVDW lassen
sich die Social-Media-Instrumente in die folgenden vier Gruppen Uniplan Live Trends wollte nun wissen, inwieweit auch die
einteilen (BVDW 2009, S. 5). Unternehmen Social Media entdeckt haben und in ihrer Kom-
■ Communication: Blogs, Microblogs, Social Networks, Podcasts, munikationsstrategie berücksichtigen. Die Ergebnisse sind über-
Newsgroups, Social-Network-Aggregatoren, Instant Messaging raschend: Die Mehrzahl der befragten Unternehmen beabsich-
■ Collaboration: Wikis, Social-Bookmarking-Dienste, Social- tigt in den nächsten 12 Monaten (d.h. im Jahr 2010) Social-
News-Seiten Media-Anwendungen einzusetzen. Ebenso wie bei den Nutzern
Abb. 2 Bewertung von Live und Virtual Communication
Top-3-Kriterien Überlegenheit Live Com
Vertrauensaufbau 71,8 %
Multisensualität 67,1 %
Kundenbindung 64,9 %
Bottom-3-Kriterien Überlegenheit Virtual Com
Bildung von Communities 81,2 %
Reichweite 79,2 %
Kontaktkosten 76,2 %
„Bei welchem der folgenden Kriterien ist die Live Communication der Virtual Communication überlegen?“
(Vorgabe 15 Kriterien) Basis: nmax = 401
Quelle: Uniplan
36 Marketing Review St. Gallen 2 | 2011
4. | Live Communication und Social Media – die perfekte Symbiose |
liegen Viralvideos, Blogging und Microblogging (Twitter) sowie virtuellen Plattformen wird sie ihren Nutzenvorteil klar herausstel-
Social-Networking-Plattformen in der Präferenz ganz vorne. len und verteidigen müssen.
Innerhalb der einzelnen Branchen ergeben sich jedoch große Doch worin liegen nun die besonderen Stärken von Live Com-
Unterschiede: Vorreiter sind mit großem Abstand die Automo- munication und den digitalen und sozialen Medien? Uniplan Live
bilhersteller, die Lebensmittelindustrie sowie die IT/TK-Bran- Trends legte den Befragten eine Liste mit fünfzehn Kriterien vor.
che. Andere Branchen hinken dieser Entwicklung noch stark Das Ergebnis ist eindeutig: Die Live Communication punktet beim
hinterher. Thema Vertrauensaufbau. Ist sie doch in der Lage, dem Kunden
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft jedoch eine Lücke. im persönlichen Gespräch das Gefühl zu geben, ernst genommen
Viele Unternehmen streben möglichst schnell ins Social Web, ohne und wertgeschätzt zu werden. Sie schafft zudem etwas, was selbst
über eine passende Social-Media-Strategie zu verfügen. Oft fehlt das beste Interneterlebnis nicht leisten kann: eine Marke mit allen
es auch am nötigen Verständnis hinsichtlich der Wirkungsweisen Sinnen erlebbar zu machen. Gerade in der multisensorischen
und Funktionsprinzipien. So wird Social Media oftmals als weite- Inszenierung liegt der enorme Wirkungsvorteil der Live Commu-
rer Abspielkanal für Werbebotschaften (miss-)verstanden. Viel- nication. Denn je mehr Sinne innerhalb eines Markenerlebnisses
mehr geht es darum, als Unternehmen eine glaubwürdige Reputa- angesprochen werden, desto intensiver wird die Marke erinnert
tion, eine sogenannte „Social Voice“ zu entwickeln und mit den und desto nachhaltiger wird die Bindung zwischen Konsument
Nutzern in einen echten und dauerhaften Dialog zu treten. Damit und Marke.
haben Social Media und Live Communication vieles gemeinsam. Die Social Media hingegen erzielen bei gegebenen Kosten eine
Beide haben den Anspruch, Kundenbeziehungen auf- und auszu- hohe Reichweite, die weit über die von traditionellen Medien hin-
bauen. Doch wie ist nun das Verhältnis von Live Communication ausgehen kann. Darüber hinaus sind sie in der Lage, für Nutzer
und Social Media? mit gleichen Interessen themenbezogene „Communities of Choice”
zu formen. Genau in diesem Punkt stimulieren sich die Social
Media und die Live Communication gegenseitig. Rund zwei Drit-
Die perfekte Symbiose – „Live plus Social“ tel der Befragten sind der Meinung, dass Online Communities
Werden virtuelle Welten in Zukunft physische Veranstaltungen starke Anreize zur persönlichen Begegnung auf realen Veranstal-
ersetzen? Nur nahezu 10 % der befragten Entscheider sehen die- tungen bieten. Die Social Media werden die Live Communication
ses Szenario als wahrscheinlich an. 67 % betonen allerdings, dass also nicht ersetzen. Ganz im Gegenteil. Beide Instrumente ergän-
bisherige Live-Com-Formate durch Informations- und Unterhal- zen sich ideal und unterstützen sich gegenseitig in ihrer Wirkung.
tungsangebote im Internet ergänzt werden. Dieses Ergebnis deu- Der Schlüssel zum Wirkungserfolg liegt in der Bündelung der
tet darauf hin, dass die Live Communication dann verlieren wird, jeweiligen Stärken sowie der intelligenten Verknüpfung der beiden
wenn sie sich nicht auf ihre Stärken konzentriert. Gegenüber den Dialoginstrumente.
Abb. 3 Integrierte Planung der Live Communication
VOR WÄHREND NACH
Blogs / Foren
Messe / Event Messe / Event Messe / Event
Social Networks
Video Sharing
Mobile Media
Gaming physische
Veranstaltung
Virtuelle Welten
„Buzz“ / „WoM“
User Generated Content
Crowdsourcing
etc. Dialog über alle Phasen + Integration des Kunden!
Quelle: Uniplan
Marketing Review St. Gallen 2 | 2011 37
5. | SOCIAL MEDIA |
Notwendigkeit einer integrierten Planung und sich von Angesicht zu Angesicht zu treffen. Dabei ist es egal,
Wurden Kunden bislang auf Messen und Events nur punktuell ob man sich schon vorher in persona getroffen hat oder nicht.
angesprochen, geht es in Zukunft darum, einen kontinuierlichen Desweiteren lässt sich bereits in der Planungsphase das Feed-
Kundendialog zu führen. Durch die Integration der Online-Kanäle back der Kunden einholen. So können beispielsweise die Teil-
lässt sich das Live-Erlebnis über die physische Veranstaltung hin- nehmer einer Konferenz Vorschläge für Redner oder Themen
aus zeitlich und medial verlängern. Durch die Verlängerung des machen. Durch den frühzeitigen Einbezug des Kunden in die
Lebenszyklus entstehen neue „hybride“ Veranstaltungsformate, die Veranstaltungsplanung lässt sich die Live Communication noch
sowohl reale als auch virtuelle Elemente enthalten. Um diese opti- stärker an den Kundenbedürfnissen ausrichten und damit die
mal aufeinander abzustimmen, bedarf es einer integrierten Pla- Qualität von Live-Auftritten insgesamt erhöhen.
nung über alle Stufen einer Veranstaltung, d.h. vor, während und ■ Maßnahmen während der Veranstaltung
nach den Live-Auftritten (Li 2010, S. 6). Es gibt immer Zielgruppen, die aus Kosten- oder Zeitgründen
■ Maßnahmen vor der Veranstaltung eine Veranstaltung nicht besuchen können. Diese können nun
Im Vorfeld gilt es, eine Veranstaltung über Blogs, Foren und per „Internet-Streaming“ an einer Live-Inszenierung virtuell teil-
Communities bekannt zu machen. Die Kunden werden dabei haben. Die Möglichkeiten des „Broadcasting“ sind vielfältig. So
selbst zu authentischen Multiplikatoren. Sie tragen als Marken- können Veranstaltungen in Echtzeit (live) übertragen oder nach-
botschafter die Informationen für das Unternehmen in die Welt. träglich bei Bedarf (on demand) abgerufen werden. Darüber hin-
Durch die virale Verbreitung kann ein enormer „Buzz“ (Mund- aus können die virtuellen Teilnehmer und die Besucher vor Ort
propaganda) rund um die Veranstaltung aufgebaut werden. miteinander interagieren. So lassen sich durch Einrichtung von
Durch die Netzwerkeffekte lassen sich neue Zielgruppen anspre- „Backchannels“ Programminhalte kommentieren, Informationen
chen, die sonst nicht zu erreichen wären. Da die Kunden über austauschen oder Abstimmungen durchführen. Doch in der Pra-
Social-Media-Kanäle „always connected“ sind, können sie – xis sind die meisten Veranstaltungen noch einseitige „Frontalbe-
schon lange vor Beginn einer Veranstaltung – miteinander in schallungen“. Die vielfältigen Möglichkeiten des Zwei-Wege-
Kontakt treten. Durch die Möglichkeit der virtuellen Vernetzung Dialogs werden bislang noch nicht ausreichend genutzt. Mit dem
erhöht sich der Anreiz, eine reale Veranstaltung zu besuchen Voranschreiten des mobilen Internets und der internetfähigen
Abb. 4 Integration von Social Media in der Live Communication
Online-Einladungen und Registrierung
61,6 8,7 70,3
für Messen oder Events
Internetpräsenz zu Messen und
56,1 6,8 62,9
Events mit eigenem Branding
Themenbezogene Podcasts und
26,7 11,8 38,5
Videoclips zu Veranstaltungen
Content-Generierung auf Messen und
16,9 15,0 31,9
Events für Internetnutzung
Moderierte Chats, Blogs und Foren
8,6 14,3 22,9
bei Messen oder Events
Tools zur Vernetzung der
10,8 9,8 20,6
Teilnehmer (Matchmaking)
Live-Übertragung von
2,6 15,4 18,0
Veranstaltungen im Internet
Aufbau von Online Communities zu
2,4 15,4 17,8
Messen und Events
„Welche der folgenden Maßnahmen führen Sie aktuell bzw. zukünftig durch, um Live Communication und Virtual Communication
stärker miteinander zu verknüpfen?“ (Angaben in Prozent)
aktuell zukünftig Basis: nmax = 390
Quelle: Uniplan
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6. | Live Communication und Social Media – die perfekte Symbiose |
Endgeräte („Smartphones“) sind allerdings eine verstärkte Inter- Schlussbetrachtung
aktion und eine neue Dynamik unter den Teilnehmern zu erwar- Die Live Communication hat sich in den letzten Jahren kaum
ten. Der Einsatz von Social-Media-Anwendungen kann somit geändert und ist heute in der Regel ein „Solitär-Ereignis“. Durch
einer Live-Veranstaltung im wahrsten Sinnes des Worts „neues die Integration von digitalen und sozialen Medien lässt sich das
Leben“ einhauchen. Die virtuellen Teilnehmer können sich selbst Live-Erlebnis jedoch über die eigentliche physische Veranstaltung
einen Eindruck von der Qualität der Veranstaltung machen und hinaus ausdehnen – mit weitreichenden Folgen: Denn durch die
sind – eine positive Bewertung vorausgesetzt – beim nächsten Mal virtuelle Kundenbeteiligung verändern sich die „Spielregeln“ im
eher bereit, selbst vor Ort live dabei zu sein. Markt. Der Kunde wird neben den Organisatoren zum Co-Pro-
■ Maßnahmen nach der Veranstaltung duzenten, der mit eigenem Content die Veranstaltung „energeti-
Nach dem Event geht es darum, das Live-Erlebnis in der digita- siert“. Live-Auftritte werden so zu attraktiven „Content-Plattfor-
len Welt weiter fortzuführen. Die einmal begonnene Konversa- men“, die dann ihre volle Wirkung in den virtuellen Medien ent-
tion darf nicht abreißen und ist über Blogs, Foren und Websites falten. Die Live Communication avanciert damit zum zentralen
weiter zu führen. So können fehlende Informationen als Follow- Referenzpunkt („Epizentrum“) für die gesamte Marketingkom-
Up bereitgestellt, Fotos der Teilnehmer und Videos von Rednern munikation.
hochgeladen oder über Umfragen Feedback zur Veranstaltung Doch noch bestehen erhebliche Berührungsängste, Live Com-
eingeholt werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die munication und Social Media wirkungsvoll miteinander zu ver-
knüpfen. Live Communication wird heute immer noch als kurz-
fristige Push-Taktik eingesetzt, weniger als Plattform für einen
kontinuierlichen und nachhaltigen Kundendialog begriffen. Um
» Mit dem Aufkommen des Social diesem Anspruch gerecht zu werden, ist ein kultureller Wandel in
Web wandelt sich unser Kommu- den Unternehmen notwendig. Neben einer übergreifenden Stra-
tegie ist vor allem eine Social Media Governance aufzusetzen, die
nikationsmodell grundlegend. « den internen Umgang mit Social Media regelt. Unternehmen, die
es schaffen, diesen Change-Prozess zu steuern, werden in Zukunft
einen schwer zu imitierenden Wettbewerbsvorteil erlangen. Dabei
Teilnehmer weiter über die Programminhalte diskutieren. müssen sie sich nicht vom traditionellen Marketing verabschieden,
Dadurch steigt nicht nur das Interesse an einer Folgeveranstal- sondern dieses lediglich um Social-Media-Aktivitäten ergänzen.
tung teilzunehmen, sondern es lassen sich vor allem feste Com-
munities um Veranstaltungen herum aufbauen. Live-Auftritte
sind dadurch nicht mehr länger punktuelle Ereignisse, die einen Literaturverzeichnis
oder wenige Tage dauern, sondern werden zu Dialogplattfor- BVDW (2009): Social Media Kompass, Düsseldorf.
men, die mehrere Wochen oder sogar Monate andauern. Im Ide- Hartmann, D. (2008): Wertschöpfung durch Live Communication, in: Her-
alfall ist ein ganzjähriger dauerhafter Dialog („365 Tage-Kom- brand, N.O. et. al. (Hrsg.): Schauplätze dreidimensionaler Markeninszenie-
rung, Stuttgart, S. 119-134.
munikation“) möglich. In Zukunft werden es Live-Auftritte, die Hettler, U. (2010): Social Media Marketing, München.
es nicht schaffen eine Community aufbauen, schwer haben sich Kirchgeorg, M./Springer, C./Brühe, C. (2009a): Live Communication Manage-
am Markt durchzusetzen. ment, Wiesbaden.
Kirchgeorg, M./Ermer, B./Brühe, C./Hartmann, D. (2009b): Live Trends
2009/10, live@virtuell – neue Formen des Kundendialogs, Köln, Leipzig.
Status quo der Implementierung Li, C. (2010): Creating a Social Media Strategy for Your Event, Altimeter Group,
www.slideshare.net/Eventbrite/creating-a-social-media-strategy-for-your-
Während im Corporate Marketing die Unternehmen bereits erste event (Stand 06.09.2010).
Erfahrungen mit Social Media sammeln, bestehen zurzeit noch Universal McCann (2009): Power to the People, Social Media Tracker, Wave 4,
erhebliche Berührungsängste, Live-Auftritte mit Social Media zu www.universalmccann.de/social_media_studie/wave4/ (Stand 06.09.2010).
kombinieren. Uniplan Live Trends fragte, welche Web-Anwen-
dungen Unternehmen im Rahmen ihrer Live-Aktivitäten aktuell
als auch zukünftig einsetzen. So setzt die Mehrzahl der befrag-
ten Unternehmen auf herkömmliche Online-Einladungen und Der Autor
eine eigene Webpräsenz. Zukunftsträchtige Anwendungen wie
Live Streamings und Community Building kommen so gut wie Dagobert Hartmann
gar nicht zum Einsatz, bei ihnen wird jedoch der größte Nach- ist Director Consulting and Research bei der Live Com-
munication Agentur Uniplan und verantwortet gemein-
holbedarf gesehen. Unternehmen, die den Nutzen der Social-
sam mit der HHL Leipzig die „Uniplan Live Trends“
Media-Integration erkennen, werden in Zukunft die Effizienz
Studien
und Effektivität ihrer Live-Com-Aktivitäten erheblich steigern E-Mail: d.hartmann@uniplan.com
können.
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