SlideShare una empresa de Scribd logo
1 de 3
Descargar para leer sin conexión
Aus der Zukunft lernen                           Andreas Reiter
                                                            www.ztb-zukunft.com




Der Wettbewerbs- und Innovationsdruck im Tourismus nimmt zu. Destinationen und
touristische Unternehmen müssen sich stets erneuern, Trends vorwegnehmen und
überraschende Produkte entwickeln, die die (ungestillten) Sehnsüchte der Kunden treffen.

Die Entwicklung touristischer Produkte erfolgt vor dem Hintergrund folgender touristischer
Treiber:

•   Internationalisierung

    Die Quellmärkte werden auch für alpine Destinationen immer diversifizierter und
    internationaler. Touristen aus zukunftsträchtigen Quellmärkten wie z.B. Indien, China,
    aus dem arabischen Raum usf. haben ein anderes kulturelles Werteset mit anderen
    Freizeit-Präferenzen. Für sie müssen die Berge erst – ihren Werten gemäß - attraktiviert
    und neu bespielt werden. Interkulturelles Management wird zum entscheidenden
    Erfolgsfaktor – bei der Produktgestaltung wie in Human Resources.

•   Konzentration der Marken

    Der Wettbewerb der Destinationen entwickelt sich zunehmend zum Wettbewerb der
    Marken. Klare Profilierung/Differenzierung und stringentes Marken-Management sind für
    den Erfolg einer Destination unerlässlich. Ganzheitliche Standort-Marken (Vernetzung
    Tourismus, Wirtschaft etc.) sowie überregionale Dachmarken (z.B. The Alps) sind auf
    wettbewerbsintensiven Märkten dringend erforderlich.

•   Digitale Netzwerke

    In einer digitalen Netzwerkgesellschaft verschiebt sich die Informations- und
    Gestaltungshoheit zu den Kunden, die Konsumenten sind treibender Teil des
    Wertschöpfungsnetzes. Lead User gestalten ihren Urlaub zunehmend selbst und
    akzeptieren immer weniger vorgefertigte Packages. Peer-Marketing in den Communities
    ist für die Touristiker ebenso entscheidend wie mobile geobasierte Dienste.

•   Klimawandel & Eco Friendliness

    Der Tourismus wird – nicht zuletzt wegen Klimaschutz, Ressourcenknappheit und
    Wertewandel - grüner. Eine ganzheitliche Produkt-Entwicklung rund um die Kern-
    Themen Natur, Regionale Netzwerke und E-Mobilität sorgt für regionale Differenzierung.
    Nachhaltiger Tourismus minimiert die Energie-Kosten für touristische Unternehmen
    ebenso wie er die Genuss- und Moral-Bilanz für die Gäste erhöht.

Die Aufmerksamkeits-Ökonomie verstärkt auch im Tourismus die Entwicklung zu Lifestyle-
Marken. Eine Champions-League der Alpen-Destinationen teilt sich den Markt der Premium-
Kunden auf. Kunden sind loyal gegenüber Themen, aber nicht mehr gegenüber
Destinationen. Die strategische Besetzung mit einem Lifestyle-Thema ist daher für den
Erfolg einer Destination entscheidend. Eine klare Segmentierung in Hot Spots und „Hidden
Places“ abseits des Mainstreams, in Ballermänner und Natur-Parks zerteilt in Zukunft die
touristische Landschaft. Hier die Masse der Touristen, dort hochwertige Nischenprodukte
rund um die Kern-Themen Genuss, Empowerment und Inspiration.
2


    Gäste sind süchtig nach tiefgreifenden Erlebnissen, wir haben es mit Emotions-Junkies zu
    tun. Tourismus-Anbieter sind Glücks-Dealer – und sie müssen die Dosis ihrer Klientel
    ständig erhöhen. Denn das Glück wird künftig nur noch im Extremen gesucht - dort, wo es
    ganz laut ist und dort, wo es ganz still ist. Das Bedürfnis nach Kicks nimmt ebenso zu wie
    seine Negation: die (sinnliche) Inszenierung der Lange-Weile (nicht zu verwechseln mit
    Langeweile, der Todsünde im Tourismus).

    Konsumenten sind „Trüffelschweine der Exzellenz“ (Umberto Eco), sie haben hohe
    Ansprüche und wollen oftmals auch widersprüchliche Attribute verbinden - ihr Leitmotiv ist
    nicht Entweder-Oder, sondern Sowohl als Auch.

    Erfolgreiche Tourismus-Angebote sind stille Problemlöser, sie orientieren sich an den Werten
    der Kunden und nehmen deren latente Sehnsüchte vorweg:


   Easy Living

    Wir haben es immer mehr mit Reise erfahrenen und zeitknappen Gästen zu tun.
    Konsumenten sind Zeit-Rebellen – sie messen die Qualität ihrer Freizeit-Erlebnisse immer
    stärker an ihrer investierten Zeit. Je weniger freie Zeit wir haben, desto mehr packen wir in
    sie hinein (maximum emotion in minimum time).

    Touristiker werden sich künftig noch stärker über individuelle Service-Leistungen
    positionieren und dabei die Aufenthalts-Exzellenz der Gäste optimieren. Die
    Tourismuslandschaft der Zukunft wird zur Convenience-Zone, alles muss alles möglichst
    einfach sein, bequem: die Palette reicht hier von beheizten Skiliften und Rolltreppen zu den
    Gondeln über Pisten-Kavaliere, von Fast Lines für Premium-Gäste bei der Seilbahnstation
    bis zur Drive-In-Toilette an der Skipiste.


   Community

    Märkte sind Gespräche. Die Gesellschaft wird immer stärker atomisiert, 75 Prozent der
    Städter in Europa leben heute in 1-2-Personen-Haushalten. Damit wächst der
    Gemeinschafts-Markt exponentiell. Events und Kultur-Festivals, Sport-Events etc. werden
    auch deswegen so stark nachgefragt, weil sie gemeinschaftliche Rituale anbieten…
    Produkte/Dienstleistungen, die Gemeinschaft stiften, treffen auf verstärkte Nachfrage.

    Eine neue Generation von modernen Performern sucht vermehrt den Kontakt mit
    Einheimischen sowie ein „Live-like-a-Local“-Gefühl. Sie wollen „Einheimische auf Zeit“ sein
    und eintauchen in die Alltagswelt vor Ort. Moderne Performer tauschen auch gerne die
    Anonymität eines Hotels gegen die Privatheit eines Urlaubshauses, einer Hütte aus.
    Holzhütten und Almdörfer wachsen im Alpenraum aus dem Boden. Dieser Trend zur Privacy
    wird sich noch verstärken.


   Soft Kicks

    Die Alpen sind Spielplatz der Jungen und Ewig Jungen (Forever Young), die sich neu
    entdecken, ihre Grenzen ausloten bzw. diese überwinden wollen. Der Berg wird künftig
    stärker als heute als schräge Spielwiese inszeniert – mit Fun-Tools wie der Avalanche-
    Bubble, einer inszenierten Lawine, in deren Inneren die Touristen zu Tal donnern. Höher,
    gewaltiger, besser…
3

    Für den Berg der Zukunft heißt das: die inszenierte Gefahr wird zum Pflichtprogramm der
    Tourismus-Dramaturgen, zu einem zentralen Pfeiler der Angebote.

    Der Freizeit-Sport in den Bergen wird immer stärker an seinen Extremitäten, an den Polen
    inszeniert. Einerseits wird er radikaler und härter. Andererseits wird er – und das angesichts
    der zentralen Zielgruppen Frauen und Best Ager - weicher. Der Weg zum Glück geht
    schließlich mitten durch die Natur – und hier vor allem beim Wandern. Traditionelle Berg-
    Aktivitäten werden recycelt, vom Trekking, Nordic Cruising bis hin zum
    Schneeschuhwandern und Schneeschuhpilgern… Wandern, Gehen als Weg zum Ich, zum
    Glück ist ein anthropologisches Erbe, das wir immer wieder neu adaptieren und mit Lifestyle-
    Elementen dramaturgisch aufladen müssen. Was zählt ist nicht Leistung, sondern der Feel-
    Good-Faktor.


   Inspiration

    Der Hunger nach Inspiration wächst. Menschen wollen sich im Urlaub mit allen Sinnen neu
    entdecken. Kultur-Genuss und Outdoor-Adventure dienen ebenso der Selbstentdeckung wie
    spirituelle Reisen. Weltweit unternehmen 260 Millionen Gläubige eine Pilgerreise pro Jahr.
    Freizeit-Angebote müssen nicht nur Fun und Genuss bieten, sondern immer stärker auch
    Orientierung vermitteln. Wer bin ich, wohin gehe ich? Eine existentielle Frage, auf die
    Menschen vor allem in ihrer freien Zeit eine Antwort suchen.

    Narrative Erlebnisräume werden um die Aufmerksamkeit der Gäste buhlen. Inspirierende
    (Hotel-)Architektur, interaktives Design sowie spannende Erlebnisräume sind gefragt – ob
    Landart, multisensuelle Bühnenbilder wie Klangpisten etc. In Vorarlberg z.B. stehen hundert
    mannshohe Eisenfiguren des britische Künstler Antony Gormley wundersam in der
    Berglandschaft - get inspired!

    Was kommt, was geht, was bleibt? Fact ist: das rein materielle Steigerungsspiel ist zu Ende,
    das Betriebssystem der Tourismus-Wirtschaft wird neu konfiguriert. Die neuen Passwörter
    für die Zukunft heißen: wertorientierte Innovation und nachhaltige Lebensqualität. Neue
    Trends im Tourismus sowie ein gesellschaftlicher Wertewandel spielen dabei dem
    hierzulande kleinteiligen und Ressourcen schonenden Tourismus in die Hände.

    Ging es in den letzten Jahren beim Kampf um Aufmerksamkeit vordergründig um die
    Inszenierung von Superlativen (höher, schneller, weiter), so positionieren sich nun immer
    mehr Destinationen mit nachhaltigen Lebensqualitäts-Profilen. Die Erfolgsformel der Zukunft,
    die morgen die Berge zum Glühen bringt, heißt: Innovation mal Tradition mal Green
    Lifestyle.

Más contenido relacionado

Destacado

PEPSICO Presentation to CAGNY Conference Feb 2024
PEPSICO Presentation to CAGNY Conference Feb 2024PEPSICO Presentation to CAGNY Conference Feb 2024
PEPSICO Presentation to CAGNY Conference Feb 2024Neil Kimberley
 
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)contently
 
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024Albert Qian
 
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie InsightsSocial Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie InsightsKurio // The Social Media Age(ncy)
 
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024Search Engine Journal
 
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
5 Public speaking tips from TED - Visualized summarySpeakerHub
 
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd Clark Boyd
 
Getting into the tech field. what next
Getting into the tech field. what next Getting into the tech field. what next
Getting into the tech field. what next Tessa Mero
 
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search IntentGoogle's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search IntentLily Ray
 
Time Management & Productivity - Best Practices
Time Management & Productivity -  Best PracticesTime Management & Productivity -  Best Practices
Time Management & Productivity - Best PracticesVit Horky
 
The six step guide to practical project management
The six step guide to practical project managementThe six step guide to practical project management
The six step guide to practical project managementMindGenius
 
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...RachelPearson36
 
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...Applitools
 
12 Ways to Increase Your Influence at Work
12 Ways to Increase Your Influence at Work12 Ways to Increase Your Influence at Work
12 Ways to Increase Your Influence at WorkGetSmarter
 
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...DevGAMM Conference
 

Destacado (20)

Skeleton Culture Code
Skeleton Culture CodeSkeleton Culture Code
Skeleton Culture Code
 
PEPSICO Presentation to CAGNY Conference Feb 2024
PEPSICO Presentation to CAGNY Conference Feb 2024PEPSICO Presentation to CAGNY Conference Feb 2024
PEPSICO Presentation to CAGNY Conference Feb 2024
 
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
Content Methodology: A Best Practices Report (Webinar)
 
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
How to Prepare For a Successful Job Search for 2024
 
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie InsightsSocial Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
Social Media Marketing Trends 2024 // The Global Indie Insights
 
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
Trends In Paid Search: Navigating The Digital Landscape In 2024
 
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
5 Public speaking tips from TED - Visualized summary
 
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
ChatGPT and the Future of Work - Clark Boyd
 
Getting into the tech field. what next
Getting into the tech field. what next Getting into the tech field. what next
Getting into the tech field. what next
 
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search IntentGoogle's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
Google's Just Not That Into You: Understanding Core Updates & Search Intent
 
How to have difficult conversations
How to have difficult conversations How to have difficult conversations
How to have difficult conversations
 
Introduction to Data Science
Introduction to Data ScienceIntroduction to Data Science
Introduction to Data Science
 
Time Management & Productivity - Best Practices
Time Management & Productivity -  Best PracticesTime Management & Productivity -  Best Practices
Time Management & Productivity - Best Practices
 
The six step guide to practical project management
The six step guide to practical project managementThe six step guide to practical project management
The six step guide to practical project management
 
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
Beginners Guide to TikTok for Search - Rachel Pearson - We are Tilt __ Bright...
 
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
Unlocking the Power of ChatGPT and AI in Testing - A Real-World Look, present...
 
12 Ways to Increase Your Influence at Work
12 Ways to Increase Your Influence at Work12 Ways to Increase Your Influence at Work
12 Ways to Increase Your Influence at Work
 
ChatGPT webinar slides
ChatGPT webinar slidesChatGPT webinar slides
ChatGPT webinar slides
 
More than Just Lines on a Map: Best Practices for U.S Bike Routes
More than Just Lines on a Map: Best Practices for U.S Bike RoutesMore than Just Lines on a Map: Best Practices for U.S Bike Routes
More than Just Lines on a Map: Best Practices for U.S Bike Routes
 
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
 

Mag. Andreas Reiter: “Von der Zukunft lernen”

  • 1. Aus der Zukunft lernen Andreas Reiter www.ztb-zukunft.com Der Wettbewerbs- und Innovationsdruck im Tourismus nimmt zu. Destinationen und touristische Unternehmen müssen sich stets erneuern, Trends vorwegnehmen und überraschende Produkte entwickeln, die die (ungestillten) Sehnsüchte der Kunden treffen. Die Entwicklung touristischer Produkte erfolgt vor dem Hintergrund folgender touristischer Treiber: • Internationalisierung Die Quellmärkte werden auch für alpine Destinationen immer diversifizierter und internationaler. Touristen aus zukunftsträchtigen Quellmärkten wie z.B. Indien, China, aus dem arabischen Raum usf. haben ein anderes kulturelles Werteset mit anderen Freizeit-Präferenzen. Für sie müssen die Berge erst – ihren Werten gemäß - attraktiviert und neu bespielt werden. Interkulturelles Management wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor – bei der Produktgestaltung wie in Human Resources. • Konzentration der Marken Der Wettbewerb der Destinationen entwickelt sich zunehmend zum Wettbewerb der Marken. Klare Profilierung/Differenzierung und stringentes Marken-Management sind für den Erfolg einer Destination unerlässlich. Ganzheitliche Standort-Marken (Vernetzung Tourismus, Wirtschaft etc.) sowie überregionale Dachmarken (z.B. The Alps) sind auf wettbewerbsintensiven Märkten dringend erforderlich. • Digitale Netzwerke In einer digitalen Netzwerkgesellschaft verschiebt sich die Informations- und Gestaltungshoheit zu den Kunden, die Konsumenten sind treibender Teil des Wertschöpfungsnetzes. Lead User gestalten ihren Urlaub zunehmend selbst und akzeptieren immer weniger vorgefertigte Packages. Peer-Marketing in den Communities ist für die Touristiker ebenso entscheidend wie mobile geobasierte Dienste. • Klimawandel & Eco Friendliness Der Tourismus wird – nicht zuletzt wegen Klimaschutz, Ressourcenknappheit und Wertewandel - grüner. Eine ganzheitliche Produkt-Entwicklung rund um die Kern- Themen Natur, Regionale Netzwerke und E-Mobilität sorgt für regionale Differenzierung. Nachhaltiger Tourismus minimiert die Energie-Kosten für touristische Unternehmen ebenso wie er die Genuss- und Moral-Bilanz für die Gäste erhöht. Die Aufmerksamkeits-Ökonomie verstärkt auch im Tourismus die Entwicklung zu Lifestyle- Marken. Eine Champions-League der Alpen-Destinationen teilt sich den Markt der Premium- Kunden auf. Kunden sind loyal gegenüber Themen, aber nicht mehr gegenüber Destinationen. Die strategische Besetzung mit einem Lifestyle-Thema ist daher für den Erfolg einer Destination entscheidend. Eine klare Segmentierung in Hot Spots und „Hidden Places“ abseits des Mainstreams, in Ballermänner und Natur-Parks zerteilt in Zukunft die touristische Landschaft. Hier die Masse der Touristen, dort hochwertige Nischenprodukte rund um die Kern-Themen Genuss, Empowerment und Inspiration.
  • 2. 2 Gäste sind süchtig nach tiefgreifenden Erlebnissen, wir haben es mit Emotions-Junkies zu tun. Tourismus-Anbieter sind Glücks-Dealer – und sie müssen die Dosis ihrer Klientel ständig erhöhen. Denn das Glück wird künftig nur noch im Extremen gesucht - dort, wo es ganz laut ist und dort, wo es ganz still ist. Das Bedürfnis nach Kicks nimmt ebenso zu wie seine Negation: die (sinnliche) Inszenierung der Lange-Weile (nicht zu verwechseln mit Langeweile, der Todsünde im Tourismus). Konsumenten sind „Trüffelschweine der Exzellenz“ (Umberto Eco), sie haben hohe Ansprüche und wollen oftmals auch widersprüchliche Attribute verbinden - ihr Leitmotiv ist nicht Entweder-Oder, sondern Sowohl als Auch. Erfolgreiche Tourismus-Angebote sind stille Problemlöser, sie orientieren sich an den Werten der Kunden und nehmen deren latente Sehnsüchte vorweg:  Easy Living Wir haben es immer mehr mit Reise erfahrenen und zeitknappen Gästen zu tun. Konsumenten sind Zeit-Rebellen – sie messen die Qualität ihrer Freizeit-Erlebnisse immer stärker an ihrer investierten Zeit. Je weniger freie Zeit wir haben, desto mehr packen wir in sie hinein (maximum emotion in minimum time). Touristiker werden sich künftig noch stärker über individuelle Service-Leistungen positionieren und dabei die Aufenthalts-Exzellenz der Gäste optimieren. Die Tourismuslandschaft der Zukunft wird zur Convenience-Zone, alles muss alles möglichst einfach sein, bequem: die Palette reicht hier von beheizten Skiliften und Rolltreppen zu den Gondeln über Pisten-Kavaliere, von Fast Lines für Premium-Gäste bei der Seilbahnstation bis zur Drive-In-Toilette an der Skipiste.  Community Märkte sind Gespräche. Die Gesellschaft wird immer stärker atomisiert, 75 Prozent der Städter in Europa leben heute in 1-2-Personen-Haushalten. Damit wächst der Gemeinschafts-Markt exponentiell. Events und Kultur-Festivals, Sport-Events etc. werden auch deswegen so stark nachgefragt, weil sie gemeinschaftliche Rituale anbieten… Produkte/Dienstleistungen, die Gemeinschaft stiften, treffen auf verstärkte Nachfrage. Eine neue Generation von modernen Performern sucht vermehrt den Kontakt mit Einheimischen sowie ein „Live-like-a-Local“-Gefühl. Sie wollen „Einheimische auf Zeit“ sein und eintauchen in die Alltagswelt vor Ort. Moderne Performer tauschen auch gerne die Anonymität eines Hotels gegen die Privatheit eines Urlaubshauses, einer Hütte aus. Holzhütten und Almdörfer wachsen im Alpenraum aus dem Boden. Dieser Trend zur Privacy wird sich noch verstärken.  Soft Kicks Die Alpen sind Spielplatz der Jungen und Ewig Jungen (Forever Young), die sich neu entdecken, ihre Grenzen ausloten bzw. diese überwinden wollen. Der Berg wird künftig stärker als heute als schräge Spielwiese inszeniert – mit Fun-Tools wie der Avalanche- Bubble, einer inszenierten Lawine, in deren Inneren die Touristen zu Tal donnern. Höher, gewaltiger, besser…
  • 3. 3 Für den Berg der Zukunft heißt das: die inszenierte Gefahr wird zum Pflichtprogramm der Tourismus-Dramaturgen, zu einem zentralen Pfeiler der Angebote. Der Freizeit-Sport in den Bergen wird immer stärker an seinen Extremitäten, an den Polen inszeniert. Einerseits wird er radikaler und härter. Andererseits wird er – und das angesichts der zentralen Zielgruppen Frauen und Best Ager - weicher. Der Weg zum Glück geht schließlich mitten durch die Natur – und hier vor allem beim Wandern. Traditionelle Berg- Aktivitäten werden recycelt, vom Trekking, Nordic Cruising bis hin zum Schneeschuhwandern und Schneeschuhpilgern… Wandern, Gehen als Weg zum Ich, zum Glück ist ein anthropologisches Erbe, das wir immer wieder neu adaptieren und mit Lifestyle- Elementen dramaturgisch aufladen müssen. Was zählt ist nicht Leistung, sondern der Feel- Good-Faktor.  Inspiration Der Hunger nach Inspiration wächst. Menschen wollen sich im Urlaub mit allen Sinnen neu entdecken. Kultur-Genuss und Outdoor-Adventure dienen ebenso der Selbstentdeckung wie spirituelle Reisen. Weltweit unternehmen 260 Millionen Gläubige eine Pilgerreise pro Jahr. Freizeit-Angebote müssen nicht nur Fun und Genuss bieten, sondern immer stärker auch Orientierung vermitteln. Wer bin ich, wohin gehe ich? Eine existentielle Frage, auf die Menschen vor allem in ihrer freien Zeit eine Antwort suchen. Narrative Erlebnisräume werden um die Aufmerksamkeit der Gäste buhlen. Inspirierende (Hotel-)Architektur, interaktives Design sowie spannende Erlebnisräume sind gefragt – ob Landart, multisensuelle Bühnenbilder wie Klangpisten etc. In Vorarlberg z.B. stehen hundert mannshohe Eisenfiguren des britische Künstler Antony Gormley wundersam in der Berglandschaft - get inspired! Was kommt, was geht, was bleibt? Fact ist: das rein materielle Steigerungsspiel ist zu Ende, das Betriebssystem der Tourismus-Wirtschaft wird neu konfiguriert. Die neuen Passwörter für die Zukunft heißen: wertorientierte Innovation und nachhaltige Lebensqualität. Neue Trends im Tourismus sowie ein gesellschaftlicher Wertewandel spielen dabei dem hierzulande kleinteiligen und Ressourcen schonenden Tourismus in die Hände. Ging es in den letzten Jahren beim Kampf um Aufmerksamkeit vordergründig um die Inszenierung von Superlativen (höher, schneller, weiter), so positionieren sich nun immer mehr Destinationen mit nachhaltigen Lebensqualitäts-Profilen. Die Erfolgsformel der Zukunft, die morgen die Berge zum Glühen bringt, heißt: Innovation mal Tradition mal Green Lifestyle.