1. advertorial der autor
Jens Donig Frank Stöckel
(E-Mail: Jens.Donig@hood-group.com) (E-Mail: Frank.Stoeckel@hood-group.com)
ist Senior Consultant für Systems Engineering bei der HOOD Group. ist Principal Consultant mit dem Schwerpunkt Requirements Management
Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Softwareentwicklungsprozesse und Engineering bei der HOOD Group. Seine Schwerpunkte liegen in der
und Requirements Engineering. Verankerung von Requirements Management und Engineering in
Entwicklungsunternehmen.
Sieben Irrtümer bei der Einführung
von Requirements Engineering
Die Einführung von Requirements Engineering (RE), die unter anderem die Einführung eines Anforderungsdefinitionsprozesses,
einer systematischen Qualitätssicherung und eines RE-Werkzeugs beinhaltet, stellt die Verantwortlichen vor immense
Herausforderungen. Fehlschläge kosten nicht nur Zeit und Geld, sie wirken sich auch negativ auf die Motivation der Beteiligten
aus. In den Unternehmen, in denen vergeblich versucht worden ist, RE einzuführen, ist es besonders schwer, das Vertrauen der
Mitarbeiter wieder zu gewinnen und einen Neuanfang zu initialisieren. Bei der Etablierung neuer Vorgehensweisen im RE sind
Maßnahmen erforderlich, die zielorientiert, effizient, reibungslos, nachhaltig und gemeinsam mit den Mitarbeitern zum Erfolg
führen. In diesem Artikel zeigen wir in einem Rollenspiel sieben vorherrschende Irrtümer in diesem Themenbereich auf. Wir
skizzieren dazu bewährte Arbeitsweisen und verraten konkrete Tipps, wie Sie Ihr RE verbessern können.
Regina und Amelie haben gemeinsam studiert Amelie: Das kenne ich auch. Wir haben so Amelie: Natürlich, denn wir konnten alle
und treffen sich zufällig auf einer Require- etwas schon hinter uns. Wenn bei uns von Verbesserungen auf Bedürfnisse der künfti-
ments Engineering-Konferenz in München. Einführung gesprochen wird, meint man gen RE-Anwender zurückführen und alle
Sie reden über die gute alte Zeit und über ihre etwas Neues. Also etwas, das es vorher Beteiligten frühzeitig einbeziehen. Das war
aktuelle berufliche Tätigkeit. Regina arbeitet noch nicht gab, wie zum Beispiel ein letztlich einer der entscheidenden Erfolgs-
als Prozessmanagerin in der Luftfahrtindus- bestimmtes Werkzeug. Bei dem Thema RE, faktoren, wodurch wir Akzeptanz bei den
trie und Amelie ist Projektleiterin für große also einem Prozessbereich, würde ich des- Anwendern erreicht und die Verbes-
Softwareentwicklungsprojekte in einer Bank. halb nicht von Einführung, sondern eher serungen effizient realisiert haben.
von einer Verbesserung der aktuellen
Regina: Habe ich dir schon erzählt, dass Situation sprechen.
mein letztes Projekt ziemlich schlecht 1. Irrtum: Die R E-Einführung
gelaufen ist? Wir wollten in einer Abteilung Regina: Aber das ist doch nur ein Wort.
RE einführen und mussten unser Vorhaben Amelie: In meinem letzten Projekt gab es
dann abbrechen. Amelie: Ja, das hatte aber bei uns enorme auch etwas Ähnliches wie in deinem Projekt.
Wirkung. Damit haben wir die Entwickler Die meisten waren begeistert und dachten,
Amelie:Oh, das klingt ja nicht gerade ange- und Analysten nicht vor den Kopf gesto- bei der Verbesserung mit optimierten
nehm. Hat die Abteilung vor eurer Ein- ßen. Zuerst haben wir Stakeholder identifi- Prozessen und Methoden und einem passen-
führung denn kein RE gemacht? ziert und mit ihnen gemeinsam eine den Requirements Management-Werkzeug
Stärken/Schwächen-Analyse durchgeführt. muss die Erstellung der Lastenhefte sofort
Regina: Naja, irgendwie schon, aber nicht Damit konnten wir den aktuellen Bedarf um Vieles schneller gehen.
strukturiert. Viele Kollegen sind mit ihren ermitteln und so konkrete Verbesserungs-
Anforderungen unterschiedlich umgegan- potenziale identifzieren. RE wurde damit Regina: Aber das war doch das Ziel,
gen. Es gab keinen einheitlichen Prozess für selbst zur Definition der Verbesserungs- schneller zu werden mit höherer Anfor-
die Anforderungsdefinition und die Abtei- maßnahme angewendet. derungsqualität?
lungen setzen unterschiedliche Werkzeuge
ein. Nur die Abstimmung mit unserem Regina: Lohnt sich denn der ganze Auf- Amelie: Pustekuchen, zunächst einmal ging
Lieferanten wurde systematisch ausgeführt. wand? nichts schneller. Im Gegenteil, alles war
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langsamer. Abgesehen vom Aufwand für
die Prozessdefinition, die Methodenent-
wicklung und die Schulungen dauerte die
Erstellung der Lastenhefte merklich länger.
Regina: Oje, dann lief dieses Projekt auch
schief?
Amelie: Dem war nicht so, denn wir hatten
einen Denkfehler begangen. RE bedeutet
nun einmal, sich mit den Anforderungen
angemessen und systematisch zu beschäfti-
gen. Die Aktivität „Prüfen von Anfor- Abb. 1: Frontloading
derungen“ etwa, die wir früher nicht
durchgeführt hatten, kostet einfach zusätz-
lich Zeit. Den Nutzen unserer verstärkten Prozess erarbeitet, dann ein Werkzeug aus- Es gibt zwei wesentliche Gründe, die für
Anstrengungen konnten wir erst in den gesucht, beschafft und die notwendigen einen iterativen Ansatz sprechen. Zum
nachfolgenden Projektphasen erzielen. Die Datenstrukturen darin aufgebaut. einen ist die Bereitschaft der Menschen,
Anforderungen haben eine deutlich höhere neue Dinge zu tun, begrenzt. Wir haben
Qualität und sind damit eine stabilere Basis Amelie: Und wann sind die Schulungen? uns die Frage gestellt, ob unsere Ver-
für die weitere Entwicklung. Die Modul- besserungsmaßnahmen machbar und zu-
spezifikationen und die Testprozeduren Regina: Nächste Woche geht es los, wir mutbar sind.
konnten dadurch schneller erstellt werden schulen jeden Tag nächste Woche in Der zweite Grund für ein schrittweises
und haben sich kaum noch geändert. Summe ca. 50 Personen. Dann starten alle Vorgehen ist, dass man im Voraus nicht
Insbesondere beim Design, der Imple- gleichzeitig mit dem optimierten Prozess weiß, wie erfolgreich man eine bestimmte
mentierung und im Test gab es aufgrund und der neuen Werkzeugumgebung. Aber Maßnahme umsetzen kann. Man braucht
verbesserter Anforderungen wesentlich irgendwie habe ich noch so ein bisschen ein möglichst frühes Feedback der
weniger Missverständnisse. Unsere Pro- Bauchweh. Ob das wohl alles gut geht? Der Kollegen, und genau das bekommt man bei
grammierer und Tester waren frühzeitig bei neue Prozess, das neue Werkzeug – alles auf schrittweisem Vorgehen sehr schnell. So
der Anforderungsdefinition eingebunden. einmal. konnten wir die Erfahrungen aus der ersten
Das schaffte ein gemeinsames Verständnis Iteration in die bereits identifizierten
und eleminierte viele Unklarheiten, auf die Amelie: Da habt ihr euch wirklich etwas Bedürfnisse einfließen lassen und weitere
wir sonst erst sehr spät gekommen wären. vorgenommen. Ich denke auch, dass das Anforderungen erheben. Damit waren wir
Dadurch haben wir den typischen schwierig wird, dem Entwicklungsteam alle in der Lage schnell unseren Erfolg zu mes-
Aufwand für unser Design, die Implemen- Neuerungen in einem Aufwasch zuzumu- sen und für alle Beteiligten sichtbar zu
tierung und vor allem den Test merklich ten. Ich habe mit einer schrittweisen machen. Zudem wurde die Planung der
reduziert. Einführung sehr gute Erfahrungen ge - nächsten Iterationen immer genauer und
macht. Ich skizziere dir meinen Ansatz kurz wir haben keine Kollegen „unterwegs ver-
Regina: Das verstehe ich nicht ganz. (siehe Abbildung 2). loren“.
Amelie:Ich male es dir kurz mal auf (siehe
Abbildung 1).
Regina: Jetzt verstehe ich, zuerst Mehr -
aufwand, insgesamt jedoch weniger Auf-
wand. Sagt man nicht Frontloading dazu?
Amelie: Ja genau, und nicht nur das, wenn
man es richtig macht, ist man auch früher
fertig.
2. Irrtum: Mit R E
geht es sofort schneller
Regina: Tja, ich stehe mal wieder vor mei-
nem nächsten Projekt und möchte jetzt
natürlich alles richtig machen. Deshalb
haben wir uns einen gut durchdachten RE- Abb. 2: Iteratives Vorgehen
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Regina: Du hast recht, das klingt schlüssig. passt. Ihr vermeidet zeitaufwendige Amelie:Was hat mein Kollege nun falsch
Ich verschiebe die Schulungen und überlege Diskussionen darüber, wie die projektspezi- gemacht?
mir erst einmal meinen ersten Schritt. fischen Aspekte des Luftfahrtbundesamtes
im Prozess umgesetzt werden sollen. Jeder Regina: Der erste Schritt sollte nicht die
kann sich auf seine eigentlichen Aufgaben Migration der existierenden Anforderun-
3. Irrtum: R E in einem Schritt konzentrieren und die Akzeptanz wird gen in ein neues RE-Werkzeug sein, son-
sicher höher sein. dern eine erste Verbesserung der
Regina: Aktuell bin ich auch dabei, in einem Anforderungsqualität. Damit wird ein
neuen Projekt einen RE-Prozess zu etablieren Fortschritt in der gewohnten Werkzeugum-
und habe auf einen bereits vorhandenen 4. Irrtum: Der R E-Standard- gebung erreicht. Die beteiligten Personen
Prozess aus einem Buch zurückgegriffen. prozess ist die Lösung wie Entwickler, Tester oder eure Dienst -
leister gewinnen sofort Zeit, weil Anfor -
Amelie: Den hast du einfach so übernommen? Amelie: Ein Kollege von mir hat kürzlich derungen nun eindeutiger und nachweisbar
auch einen ersten Schritt in Richtung RE- formuliert sind. Und Daten, die eventuell
Regina: Ja klar, geht schnell, wurde von Verbesserung unternommen. Er hat sich ein unpassend sind, werden nicht umsonst
klugen Beratern entwickelt und wurde, so Werkzeug beschafft und die Inhalte der migriert und ausgetauscht.
das Buch, schon mehrfach erfolgreich ein- aktuellen Anforderungsdokumente in das
gesetzt. neue Werkzeug importiert.
5. Irrtum: Der erste
Amelie:Mit wem hast du denn eigentlich in Regina: Worin besteht denn hier die Ver- Schritt ist die Migration
deinem Projekt zu tun? Wer sind deine besserung? in ein Werkzeug
Stakeholder?
Amelie: Alle Daten stehen zentral für jeden Regina: Trotz aller Probleme und des abge-
Regina: Das sind neben den Entwicklungs- zur Verfügung. brochenen Projektes wurde bei der Ab-
teams unsere Programmleitung und das schlusspräsentation das RE als die erfolgs-
Luftfahrtbundesamt, das uns genau auf die Regina: Und wie würdest du die Qualität entscheidende Prozessdisziplin in den
Finger schaut und bei der Freigabe am der Anforderungen bewerten? Vordergrund gestellt. Ende gut, alles gut.
Ende auch mitentscheiden wird.
Amelie:Die ist wie vorher. Noch viel Prosa Amelie: Wieso Ende?
Amelie:Und wie du diese Behörde in euren und alles vermischt und durcheinander.
RE-Prozess integrierst, das steht alles in Das war aber von Anfang an klar. Regina: Ja, damit waren auch die Prozess-
dem Buch? verbesserungsmaßnahmen abgeschlossen.
Regina: Ich kann mir vorstellen, dass wich-
Regina:Natürlich nicht, dort ist alles allge- tige Funktionalitäten von einem RE- Amelie: Und wie ging es weiter?
meingültig beschrieben. Werkzeug, wie beispielsweise die Attribu-
tierung der Anforderungen oder die Regina: Das nächste Projekt startete ähn-
Amelie: Und die Konkretisierung machen Filterung und Darstellung von unterschied- lich wie beim letzten Mal, der Prozess wur-
dann deine Entwickler, die ja sonst nichts lichen Sichten, mit den Prosaformu- de angepasst und die Daten wurden – so-
zu tun haben. lierungen nur sehr eingeschränkt genutzt weit sinnvoll – in eine neue Projektstruktur
werden können. Auch für den Daten- kopiert.
Regina: Wie sollen wir es denn besser austausch mit euren Dienstleistern und
machen? damit verbunden der inhaltlichen Abstim- Amelie: Tja, das ist schon der nächste
mung der Anforderungen habt ihr wahr- Irrtum, dass man denkt, nach dem Rollout
Amelie: Wäre es nicht sinnvoller, auf deine scheinlich wenig Fortschritte gemacht. Wie im Projekt ist man fertig. Aus Sicht des
konkrete Projektsituation einzugehen und soll es dann eigentlich weiter gehen? Projektes vielleicht schon, aber aus Sicht
die Besonderheiten im Prozess abzubilden? des Unternehmens fängt es nun erst richtig
Der Prozess mag schon grundsätzlich stim- Amelie: Unsere Anforderungsautoren müs- an. Denn jetzt folgt die sogenannte
men, aber abhängig von der Branche, der sen das jetzt besser formulieren. Verankerung. Das Ziel ist dabei, die erfolg-
Vertragssituation, den beteiligten Stake- reich erprobten Vorgehensweisen unterneh-
holdern und ihren konkreten Aufgaben Regina: Das heißt, dass der erste Schritt mensweit für alle Projekte zu etablieren
muss der RE-Standardprozess angepasst deines Kollegen zunächst wenig Nutzen und weiterzuentwickeln.
werden. gebracht hat. Ich behaupte sogar das
Gegenteil. Denn so, wie die Daten jetzt in Regina: Was bedeudet das konkret?
Regina: Das wird aber wieder Aufwand dem Werkzeug vorliegen, werden sogar
kosten. noch mehr Probleme entstehen als zuvor. Amelie: Dazu gehört z. B. eine zentrale RE-
Eure Autoren müssen die Inhalte nach neu- Prozessentwicklung, die Wartung und der
Amelie:Ja, aber im Wesentlichen nur ein- en Vorgaben verbessern und sich gleichzei- Betrieb der Werkzeuge, die Definition von
malig bei der Definition. Die vielen tig mit einer neuen Arbeitsumgebung aus- Schnittstellen zu anderen IT-Programmen
Anwender bekommen einen Prozess, der einandersetzen. und die Aus- und Weiterbildung im
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Unternehmen organisatorisch einzubetten. Regina: Welchen Nutzen hat das Unterneh- um zentrale Lizenzverwaltung, Durchfüh-
Denn Projekte gehen zu Ende und die men konkret davon? rung von Backups und Updates für die IT-
Produkte leben weiter. Werkzeuge, Bereitstellung von Schulungen
Amelie: Abgesehen von erfolgreicheren für Prozesse, Methoden und Werkzeuge.
Projekten (Zeit, Budget und Qualität) sol-
6. Irrtum: Nach einer len projektübergreifende Synergien ge- 7. Irrtum: Die Verantwortung
R E-Verbesserung ist schaffen werden. Ein wichtiges Thema ist der Verankerung liegt bei den
man fertig dabei die Wiederverwendung von Anfor- Projekten
derungen in Folgeprojekten. Dazu sind
Regina: Und wer ist verantwortlich für die- Konzepte und Ressourcen erforderlich, die Amelie: Damit hätten wir in Summe nun
se Verankerung? Bestimmt die Projekte? nicht von den Projekten verantwortet und sieben Irrtümer bei der Etablierung von RE
Denn die haben neben dem Geld auch den bereitgestellt werden können. Zumal sich in Unternehmen identifiziert.
Nutzen. mancher Nutzen erst in den Folgeprojekten
einstellen wird. Regina: Obwohl, wenn ich genau überlege,
Amelie: Nächster Irrtum. Die Verantwor- fehlt noch ein wichtiger Irrtum.
tung für die Verankerung muss unabhängig Regina: Stimmt, so eine Verbesserungs-
von den Projekten wahrgenommen wer- maßnahmen würde nie von einem Projekt Amelie: Da bin ich aber mal gespannt, die
den. Es sollte ein Unternehmensziel sein, initialisiert werden. Hier spielen unterneh- wichtigsten haben wir doch besprochen.
für alle Projekte im Unternehmen eine stan- merische Interessen eine große Rolle.
dardisierte Infrastruktur für effiziente Regina: Ich denke, der achte Irrtum ist, zu
Vorgehensweisen zur Verfügung zu stellen Amelie: Richtig, des Weiteren gibt es auch denken, dass es nur sieben gibt.
und diese kontinuierlich weiterzuentwi - noch Aufgaben, die von den Projekten
ckeln. erwartet werden. Da geht es unter anderem Amelie: ☺, stimmt, da hast du recht. ■
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