Termextraktion in der Ausgangsprache ist die Basis aller Terminologiearbeit. Gängige Methoden der Termextraktion sind die manuelle Termextraktion und die Termextraktion auf Basis einer Vergleichsliste aus allgemeinsprachlichen Wörtern. Beide Methoden haben zwei Nachteile: Zum einen werden potenzielle Termini nicht bewertet. Obsolete oder polyseme Benennungen werden daher als potenzielle Termini interpretiert statt zu einer Fehlermeldung zu führen. Zum anderen ist es nicht möglich, in der Ergebnisliste der potenziellen Termini Benennungen einander zuzuordnen, die Synonyme voneinander sind.
Die Informationen, die man bräuchte, um Benennungen zu bewerten oder Synonyme zu finden, sind in professionellen Wörterbüchern enthalten. Über eine automatisierte Abfrage auf Basis der Daten professioneller Wörterbücher könnte man nicht nur einfacher potenzielle Termini extrahieren, sondern diese auch bewerten und einander als Synonyme zuordnen. Der Foliensatz zeigt Beispiele, was die herkömmlichen Methoden der Termextraktion übersehen und was mit einer neuen Vorgehensweise möglich wäre.
2. Franz Kaufmann
Wer spricht da?
Seite 2
> Tätigkeit:
Consultant für Technische Kommunikation / Marketing
bei der Acolada GmbH
> Geschäftsfelder der Acolada GmbH:
Software, Consulting und IT-Dienstleistungen u.a. aus
den Bereichen Terminologie und Content Management
für XML
> Persönlicher Fokus:
Herausarbeiten der Anforderungen, Features und
Arbeitsweisen, die man wirklich braucht.
3. You
are
here
Worum geht es gleich?
Seite 3
> Was ist Terminologie? / Warum ist sie wichtig?
> Vergleich von Terminologiesoftware
> Die Bedeutung der Termextraktion
> Übliche Techniken der Termextraktion
(Prinzip / Vorteile / Nachteile)
> Nutzung von Wörterbuchdaten zur Termextraktion
5. …ist die Basis aller Terminologie.
Seite 5
Termextraktion
in der Ausgangs-
sprache
Terminologie
der Fremd-
sprachen
Übersetzungs-
projekte ohne
ständige
Nachfragen
Terminologie
der Ausgangs-
sprache
7. Manuelle Termextraktion
Seite 7
Testprinzip:
Was ein Terminus ist, entscheidet ein Mensch.
Testergebnis:
Ein subjektiver Eindruck des Prüfers
Vorteile:
> Flexibilität
> Rückgriff auf Fachwissen
Nachteile:
> Fehleranfälligkeit
> Subjektiv statt objektiv
> Oft fehlt mindestens eine Voraussetzung.
> Ohne genug Zeit zum Scheitern verurteilt.
Manuelle
Termextraktion
Zeit
Übung
Stilgefühl
Fach-
wissen
Terminologisches
Grundwissen
9. Automatisierte Termextraktion
Seite 9
Testprinzip:
> Wörter eines Texts werden in einer
Vergleichsliste nachgeschlagen.
> Unbekannte Wörter sind
potenzielle Termini.
Testergebnis:
Eine Liste potenzieller Termini
Vorteile:
> Hoher Durchsatz / hohe Geschwindigkeit
Nachteile:
> Die Ergebnisliste hat einen
minimalen Informationsgehalt.
> Etablierte Zusatztechniken
haben eigene Nachteile.
Automatisierte
Termextraktion
Wortlistenvergleich
Stemming
Häufigkeitsanalyse
Lemmatisierung
10. Wortlistenvergleich…
Seite 10
1. …liefert keine Warnungen bei Fehlern
oder Mängeln in der Ausgangssprache:
a. Obsoleszenz
b. falsches Fachgebiet
c. falsche Sprachebene
d. falscher Sprachraum
e. Polysemie
f. Übertragene Bedeutung
2. …liefert keine Zuordnung von
Synonymen und Abkürzungen
3. …liefert weniger Information,
als ein Terminologie-Eintrag braucht:
Fehlende Information (Wortart,
Synonyme usw.) ist manuell einzutragen.
Beispiele:
„Term“ ist im Fachgebiet „Linguistik“ obsolet,
im Fachgebiet „Mathematik“ aber nicht (1a/1b).
„kaputt“ (umgangssprachlich)/„defekt“ (1c)
„abeisen“ ist österreichisch-deutsch
für „abtauen“ oder „enteisen“ (1d)
„Zug“ als „Eisenbahn“, obwohl „Rauchkanal“,
„Zugbeanspruchung“ oder „Drahtzug“
gemeint ist. (1e)
„Katze“ im Sinne von „Laufkatze“
„Arm“ im Sinne von „Kranarm“ (1f)
„abrichten“ als Synonym von „justieren“
„abrichten“ als Synonym von „schärfen“ (2)
„CMS“ / „Content Management System“ (2)
11. Zusatztechniken…
Seite 11
…lösen zwar ein Problem…
> Häufigkeitsanalyse findet übertragen
verwendete Benennungen als Terminus.
> Stemming ordnet Treffer einander zu
und verkleinert die Trefferliste.
…verursachen aber andere Probleme:
> Übertragene Verwendung sollte nicht geben,
und wenn, sollte es eine Warnung geben.
> Man braucht einen Textkorpus
(meist nur für Englisch frei erhältlich) oder
ein Frequenzwörterbuch (gibt es nicht frei).
> Stemming kann sich auch irren:
Beispiel: „Schütze“, den Plural von
„Schütz“, irrtümlich auf „Schutz“ oder
„schützen“ reduzieren.
> Orthografische Varianten und Komposita
sollten in der Ergebnisliste enthalten sein:
Beispiel: „Schutzmechanismen“/
„Schutz-Mechanismen“.
13. Wörterbücher als Wissensquellen (1/2)
Seite 13
Professionelle Wörterbücher
> …sind umfangreich
(mehrere zehn- bis hunderttausend Einträge)
> …sind fachlich vertrauenswürdig
(Verlage engagieren als Autoren Experten)
> …sind terminologisch eindeutig
(Fachwörterbücher sind begriffsorientiert)
> …enthalten Wissen über Wörter
(Angaben zu Fachgebieten,
Sprachebene, Wortart usw.)
> …enthalten Wissen über
Beziehungen zwischen Wörtern
(Synonyme und Abkürzungen)
{
14. Aufbau eines Wörterbuch-Datensatzes
Seite 14
Technisch (2 Beispiele aus einem Rechtswörterbuch)Konzeptionelle Struktur
Begriff
> Sprache
> Benennungen des gleichen Begriffs
(= Synonyme / Abkürzungen)
pro Benennung (wenn relevant):
> Fachgebiet
> Sprachebene
> obsolet ja/nein
> Sprachraum
> Wortart
> Übersetzungen
…
<Basis>
<LO lan="DE">
<ME>Mieter</ME>
<Wortart>m</Wortart>
</LO>
<LO lan="DE">
<ME>Bestandnehmer</ME>
<Wortart>m</Wortart>
<Aequivalenz>ähnlich</Aequivalenz>
<Sprachraum>A</Sprachraum>
</LO>
<LO lan="FR">
<ME>locataire</ME>
<HomNr>1</HomNr>
<Nest>
<Stichwort>locataire</Stichwort>
<WortartSW>m</WortartSW>
</Nest>
<Gebiet>
<Rechtsgebiet>SchuldR</Rechtsgebiet>
<Rechtskontext>
preneur du bail
</Rechtskontext>
</Gebiet>
</LO>
</Basis>
<Basis>
<LO lan="DE">
<ME>
Rauschgiftdezernat
und Sittenpolizei
</ME>
</LO>
<LO lan="DE">
<ME>die Sitte</ME>
<Wortart>m</Wortart>
<Sprachebene>umg</Sprachebene>
</LO>
<LO lan="FR">
<ME>brigade des stupéfiants
et du proxénétisme</ME>
<Abkuerzung>BSP</Abkuerzung>
<Gebiet>
<Rechtsgebiet>
PolizeiR
</Rechtsgebiet>
</Gebiet>
</LO>
</Basis>
15. Testprinzipien
Seite 15
1. Nachschlagen in zwei „Listen“:
bisherige Wortliste des Wortlistenvergleichs
+ 1 fachsprachliches Wörterbuch
2. Potenzielle Termini werden bewertet:
> semantisch
> fachlich (Obsoleszenz / Fachgebiet)
> sprachlich (Sprachraum / Sprachebene)
3. Die Menge der tatsächlichen Synonyme
und Abkürzungen wird ermittelt
4. Das Ergebnis ist nicht nur eine Wortliste:
> mindestens: Nicht nur Termini, sondern
auch Infos oder Korrekturhinweise.
> auch denkbar:
Dialog zur Wahl zwischen mehreren
Bedeutungen und zur Übernahme der
Wörterbuchdaten der Ausgangs- und
Fremdsprachen
16. Semantische Bewertung (1/2)
(im Beispiel: technisches Fachwörterbuch)
Seite 16
herkömmliche
Wortliste
Fachwörterbuch Interpretation Beispiel
potenz.
Terminus?
Ausgangssprache
korrigieren?
Treffer —
rein allgemeinsprachliche
Benennung
—
—
—
—
— —
Firmenspezifische
Benennung (oder unübliche
Verwendung)
Supermaster,
enteisen
X (X)
— ein Treffer Fachspezifische Benennung Hutschiene, entölen X
— mehrere Treffer
Fachspezifische, aber
polyseme Benennung
Oxid X
X
(weil mehrdeutig)
Treffer Treffer
Hinweis auf übertragene
Bedeutung / Polysem /
Generalisierung
Arm, Zug, Katze (X)
X
(weil ungenau
oder mehrdeutig)
17. Fachlich-sprachliche Bewertung (2/2)
Seite 17
Fachliche Bewertung
> fachlich obsolet?
> falsches Fachgebiet?
Sprachliche Bewertung
> umgangssprachlich?
> falscher Sprachraum?
Bewertung anhand:
Begriff
> Sprache
> Benennungen des gleichen Begriffs
(= Synonyme / Abkürzungen)
pro Benennung:
> Fachgebiet
> Sprachebene
> obsolet ja/nein
> Sprachraum
…
18. Synonyme und Abkürzungen
Seite 18
Fachliche Bewertung
> Welche der möglichen Synonyme
potenzieller Termini kommen vor?
> Für welche potenziellen Termini
kommen auch Abkürzungen vor?
Suche der möglichen Synonyme
und Abkürzungen anhand:
Begriff
> Sprache
> Benennungen des gleichen Begriffs
(= Synonyme / Abkürzungen)
pro Benennung:
> Fachgebiet
> Sprachebene
> obsolet ja/nein
> Sprachraum
…
19. Fazit: Wörterbuchvergleich…
Seite 19
1. …liefert schon im ersten Schritt
qualifizierte Information:
> Eindeutiger oder mutmaßlicher Terminus?
> Hinweise auf Fehler der Ausgangssprache
Bsp.: Obsoleszenz, falsches Fachgebiet
oder falsche Sprachebene
> Hinweise auf ungenaue oder
mehrdeutige Termini
Bsp.: Erkennung von übertragener Bedeutung,
Polysemie und Generalisierung.
> Welche Synonyme und Abkürzungen
werden tatsächlich verwendet?
2. …hilft dabei, Fehler und Mängel in
der Ausgangssprache zu beseitigen.
3. …hilft beim Finden von Vorzugsbenennungen
4. Direkte Übernahme von Daten in die
Terminologiedatenbank ist denkbar
(auch für die Fremdsprache).
5. …kann mit Zusatztechniken kombiniert werden:
> z. B. mit Lemmatisierung
(Analyse grammatischer Varianten ohne Stemming)
> z. B. mit Morphemanalyse
(Suche nach mehrteiligen oder diskontinuierlichen Termini)
21. Ihre Meinung ist uns wichtig!
Sagen Sie uns bitte, wie Ihnen der Vortrag gefallen hat.
Wir freuen uns auf Ihr Feedback per Smartphone
oder Tablet unter
http://TERM6.honestly.de
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Acolada GmbH
Wallensteinstraße 61 - 63
90431 Nürnberg / Deutschland
Telefon: +49 (0)911 / 37 66 75 - 0
Fax: +49 (0)911 / 37 66 75 - 29
E-Mail: info@acolada.de
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