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Christian Grune | September 2009

Digitale Technologien in der Lehre - Selbstverantwortung oder Fremdbestimmung?
Es wird mit einer großen Selbstverständlichkeit postuliert, dass digitale Technologien die Hochschullehre verändern.
Insbesondere den sozialen Netzwerken im Internet und den hier zur Verfügung stehenden Werkzeugen wie Blogs, Wikis,
Podcasts oder Twitter wird ein fast unheimliches Reformpotential unterstellt. Doch ist die institutionelle Einbindung von
Web 2.0 (oder Web 3.0 als Verbindung sozialer und semantischer Netze) in Wahrheit nicht mehr als nur heisse Luft?
Bekommt die Hochschullehre zwar einen etwas frischeren Anstrich, bleibt aber im wesentlichen bei den alten Mustern? Ist
die Einbindung von Web 2.0 in Institutionen nicht ein Widerspruch in sich? Wie kann der Widerspruch zwischen
institutioneller (oder curricularer) Fremdbestimmung und Selbstverantwortung der Lernenden durch digitale
Technologien aufgelöst werden?
Die dem Lernen mit digitalen Technologien zu Grunde liegenden Theorien sind so vielfältig wie es Autoren gibt.
Ausgehend vom Konstruktivismus sind zahlreiche Spielarten und Modelle für netzbasiertes Lernen entwickelt worden.
Zwei Beispiele, die dies für das 21. (Netz-)Jahrhundert in besonderer Weise vor gedacht haben, werden im Vortrag
exemplarisch näher untersucht: der Connectivismus (George Siemens) und die Neuronen-Metapher (Jean-Pol Martin).
Verbindend für beide Ansätze ist die starke Betonung der Selbstverantwortung und Eigentätigkeit und eine Nutzung
technischer Netzwerke für Kommunikation und Wissensgenerierung. Doch ist dies so neu? Bieten diese Ansätze
tatsächlich eine Orientierung für Überlegungen, wie Hochschullehre neu gestaltet werden kann? Wo und wie lassen sich
Bildungskonzepte auf diesen Grundlagen entwickeln?

Hier lohnt ein Rückblick in das 19. und 20. Jahrhundert. Mit der Reformpädagogik stehen im deutschsprachigen Raum
über 100 Jahre Erfahrungen zur Verfügung, in denen Ansätze selbstbestimmten Lernens in der (meist schulischen) Praxis
umgesetzt wurden. Hugo Gaudigs “Selbsttätigkeit des Schülers”, Maria Montessoris “Hilf mir, es selbst zu tun” vom
Anfang des letzten Jahrhunderts sind die vielleicht bekanntesten Konzepte, die als methodisch-didaktische Konzepte
einer konstruktivistischen Didaktik vorausgingen - noch ohne moderne Kommunikationstechnologien. Gegen Ende des
20. Jahrhunderts hat Hartmut von Hentig das Konzept der Mathetik als „notwendige Korrektur des gedankenlos
verabsolutierten Prinzips der Didaktik: dass Lernen auf Belehrung geschähe“ (v. Hentig 1983) in einem Gutachten für ein
Verwaltungsgericht in Erinnerung gerufen. Mathetik postuliert Lernen als aktiven, selbst-organisierenden
(autopoietischen) Prozess, bei dem die Wirklichkeiten des Individuums und nicht die Wirklichkeit der Curricula in den
Mittelpunkt pädagogischen Handelns gestellt werden. Ebenfalls seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wird von
Jean-Pol Martin die Methode Lernen durch Lehren (LdL) fortentwickelt. Hier geben Schüler selbst Unterricht, bereiten
Inhalte selbsttätig auf und vermitteln Inhalte anderen Schülern. Die Lernziele (der “Stoff”) ist in der Regel curricular
vorgegeben, die Wege zur Aneignung werden selbstorganisiert von den Schülern beschritten. Neben Fachwissen werden
auf diesem Wege umfassende Methodenkompetenzen (Schlüsselkompetenzen) erworben.
Wenn wir die als “Humboldt’sche Idee” dem modernen Hochschulwesen zugrunde liegende Einheit von Forschung und
Lehre und die dahinter stehende Auffassung von “Bildung als Menschwerdung” hinzu ziehen, kann nun der Bezug zur
Hochschule und zur Nutzung der Technologien hergestellt werden: Während der Dialog zwischen Forschung und Lehre im
frühen 19. Jahrhundert noch leicht möglich war, ist der direkte Bezug in den Zeiten der Massenuniversität verloren
gegangen. Mit Hilfe moderner Kommunikationstechnologien kann auf diese Situation jedoch reagiert werden. Hier
kreative Ansätze über die Grenzen einer Institution oder auch eines Studienganges hinaus zu finden ist die eigentliche
Herausforderung für die Hochschuldidaktik. Anhand einiger Beispiele werden Ansätze vorgestellt, Hochschullehre anders
zu denken als bisher. Es geht konkret darum, wie Technologien eingesetzt werden können, um selbstbestimmtem Lernen
größeren Raum einzuräumen. Dazu sollen folgende Orientierungen als zentrale Gestaltungsprinzipien deutlich gemacht
werden:

‣   Integration außerinstitutioneller / extracurricularer Inhalte in institutionell organisiertes Lernen
‣   Ermöglichen gemeinsamer Erfahrungen und Vernetzung von Erfahrungen und von Personen
‣   Verbinden von fachlichen Netzwerken und Nutzung bestehender persönlicher Netzwerke für den Wissenserwerb
‣   Einbindung persönlicher Beziehungen in den Lernprozess - Wertschöpfung aus Wertschätzung
‣   Öffentlichkeit der Lehre und der Forschung als neues Paradigma
Für die Diskussion im Anschluss werden folgende Leitfragen vorgeschlagen, anhand derer qualitative Maßstäbe für eine
moderne Hochschuldidaktik beschrieben werden können:
‣   Wenn Lernen als Verhaltensänderung beschrieben wird: Wo wird eine Verhaltensänderung bewirkt bzw. angestrebt?
    Kann der Lernende diese selbst bestimmen oder ist diese vorgegeben durch Curricula? Wie lassen sich fremd- und
    selbstbestimmte Verhaltensänderungen verbinden?
‣   Wenn Lernen als Zuwachs an Wissen definiert wird: Wie und aus welcher Motivation heraus wird Wissen erworben?
    Wie kann ein Zuwachs an Wissen festgestellt werden? Welchen Beitrag haben die Lernenden, welchen die Institution?

www.relearn.de

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Abstract Digitale Technologien Grune

  • 1. Christian Grune | September 2009 Digitale Technologien in der Lehre - Selbstverantwortung oder Fremdbestimmung? Es wird mit einer großen Selbstverständlichkeit postuliert, dass digitale Technologien die Hochschullehre verändern. Insbesondere den sozialen Netzwerken im Internet und den hier zur Verfügung stehenden Werkzeugen wie Blogs, Wikis, Podcasts oder Twitter wird ein fast unheimliches Reformpotential unterstellt. Doch ist die institutionelle Einbindung von Web 2.0 (oder Web 3.0 als Verbindung sozialer und semantischer Netze) in Wahrheit nicht mehr als nur heisse Luft? Bekommt die Hochschullehre zwar einen etwas frischeren Anstrich, bleibt aber im wesentlichen bei den alten Mustern? Ist die Einbindung von Web 2.0 in Institutionen nicht ein Widerspruch in sich? Wie kann der Widerspruch zwischen institutioneller (oder curricularer) Fremdbestimmung und Selbstverantwortung der Lernenden durch digitale Technologien aufgelöst werden? Die dem Lernen mit digitalen Technologien zu Grunde liegenden Theorien sind so vielfältig wie es Autoren gibt. Ausgehend vom Konstruktivismus sind zahlreiche Spielarten und Modelle für netzbasiertes Lernen entwickelt worden. Zwei Beispiele, die dies für das 21. (Netz-)Jahrhundert in besonderer Weise vor gedacht haben, werden im Vortrag exemplarisch näher untersucht: der Connectivismus (George Siemens) und die Neuronen-Metapher (Jean-Pol Martin). Verbindend für beide Ansätze ist die starke Betonung der Selbstverantwortung und Eigentätigkeit und eine Nutzung technischer Netzwerke für Kommunikation und Wissensgenerierung. Doch ist dies so neu? Bieten diese Ansätze tatsächlich eine Orientierung für Überlegungen, wie Hochschullehre neu gestaltet werden kann? Wo und wie lassen sich Bildungskonzepte auf diesen Grundlagen entwickeln? Hier lohnt ein Rückblick in das 19. und 20. Jahrhundert. Mit der Reformpädagogik stehen im deutschsprachigen Raum über 100 Jahre Erfahrungen zur Verfügung, in denen Ansätze selbstbestimmten Lernens in der (meist schulischen) Praxis umgesetzt wurden. Hugo Gaudigs “Selbsttätigkeit des Schülers”, Maria Montessoris “Hilf mir, es selbst zu tun” vom Anfang des letzten Jahrhunderts sind die vielleicht bekanntesten Konzepte, die als methodisch-didaktische Konzepte einer konstruktivistischen Didaktik vorausgingen - noch ohne moderne Kommunikationstechnologien. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts hat Hartmut von Hentig das Konzept der Mathetik als „notwendige Korrektur des gedankenlos verabsolutierten Prinzips der Didaktik: dass Lernen auf Belehrung geschähe“ (v. Hentig 1983) in einem Gutachten für ein Verwaltungsgericht in Erinnerung gerufen. Mathetik postuliert Lernen als aktiven, selbst-organisierenden (autopoietischen) Prozess, bei dem die Wirklichkeiten des Individuums und nicht die Wirklichkeit der Curricula in den Mittelpunkt pädagogischen Handelns gestellt werden. Ebenfalls seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wird von Jean-Pol Martin die Methode Lernen durch Lehren (LdL) fortentwickelt. Hier geben Schüler selbst Unterricht, bereiten Inhalte selbsttätig auf und vermitteln Inhalte anderen Schülern. Die Lernziele (der “Stoff”) ist in der Regel curricular vorgegeben, die Wege zur Aneignung werden selbstorganisiert von den Schülern beschritten. Neben Fachwissen werden auf diesem Wege umfassende Methodenkompetenzen (Schlüsselkompetenzen) erworben. Wenn wir die als “Humboldt’sche Idee” dem modernen Hochschulwesen zugrunde liegende Einheit von Forschung und Lehre und die dahinter stehende Auffassung von “Bildung als Menschwerdung” hinzu ziehen, kann nun der Bezug zur Hochschule und zur Nutzung der Technologien hergestellt werden: Während der Dialog zwischen Forschung und Lehre im frühen 19. Jahrhundert noch leicht möglich war, ist der direkte Bezug in den Zeiten der Massenuniversität verloren gegangen. Mit Hilfe moderner Kommunikationstechnologien kann auf diese Situation jedoch reagiert werden. Hier kreative Ansätze über die Grenzen einer Institution oder auch eines Studienganges hinaus zu finden ist die eigentliche Herausforderung für die Hochschuldidaktik. Anhand einiger Beispiele werden Ansätze vorgestellt, Hochschullehre anders zu denken als bisher. Es geht konkret darum, wie Technologien eingesetzt werden können, um selbstbestimmtem Lernen größeren Raum einzuräumen. Dazu sollen folgende Orientierungen als zentrale Gestaltungsprinzipien deutlich gemacht werden: ‣ Integration außerinstitutioneller / extracurricularer Inhalte in institutionell organisiertes Lernen ‣ Ermöglichen gemeinsamer Erfahrungen und Vernetzung von Erfahrungen und von Personen ‣ Verbinden von fachlichen Netzwerken und Nutzung bestehender persönlicher Netzwerke für den Wissenserwerb ‣ Einbindung persönlicher Beziehungen in den Lernprozess - Wertschöpfung aus Wertschätzung ‣ Öffentlichkeit der Lehre und der Forschung als neues Paradigma Für die Diskussion im Anschluss werden folgende Leitfragen vorgeschlagen, anhand derer qualitative Maßstäbe für eine moderne Hochschuldidaktik beschrieben werden können: ‣ Wenn Lernen als Verhaltensänderung beschrieben wird: Wo wird eine Verhaltensänderung bewirkt bzw. angestrebt? Kann der Lernende diese selbst bestimmen oder ist diese vorgegeben durch Curricula? Wie lassen sich fremd- und selbstbestimmte Verhaltensänderungen verbinden? ‣ Wenn Lernen als Zuwachs an Wissen definiert wird: Wie und aus welcher Motivation heraus wird Wissen erworben? Wie kann ein Zuwachs an Wissen festgestellt werden? Welchen Beitrag haben die Lernenden, welchen die Institution? www.relearn.de