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Prädispositionen von Sektenmitgliedern,
      Methoden der Indoktrination
   und psychologische Erklärungen




                Seminararbeit: ***

         Proseminar für Sozialpsychologie
                       ***
                   WS 06/07

                   30.04.2007
Inhaltsverzeichnis


I.    Einleitung ...................................................................................................................... 3


II. Prädispositionen ............................................................................................................ 4

     1. Kann jeder Mensch in die Fänge einer Sekte geraten? ............................................. 4
     2. Tiefenpsychologische Erklärungen ........................................................................... 5
     3. Soziokulturelle Einflüsse .......................................................................................... 6


III. Indoktrination ................................................................................................................ 8

     1. Gehirnwäsche vs. Indoktrination ................................................................................. 8
     2. Methoden der Indoktrination ....................................................................................... 9
        2.1. „Soziale Bewährtheit“ ......................................................................................... 9
        2.2. Sympathie ............................................................................................................ 11
        2.3. Autorität ............................................................................................................... 13


IV. Diskussion ...................................................................................................................... 14


V. Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 16




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I. Einleitung




Im Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen definieren Gasper, Müller
und Valentin (2000) eine Sekte als „[...] sich selbst abschließende, in Lehre und/oder Praxis
von der Mehrheit abweichend orientierte [...] Minderheit“ (S. 974). Sogesehen war schon das
frühe Christentum aus der Sicht der Juden eine Sekte. Erst mit der Ablehnung von Kirche,
Staat und Gesellschaft durch Sekten erhielt der ursprünglich neutrale Begriff „Sekte“ eine
emotional negagative Aufladung. Deshalb wird zum Beispiel die neutralere und inhaltlich
weiter gefasste Bezeichnung „religiöse Sondergemeinschaft“ vorgeschlagen, denn durch das
Auftauchen sogenannter Jugendreligionen und neuer Esoterik- und Psychogruppen ist bis
heute eine weite Auffassung von „Sekte“ entstanden. So unterscheidet Hemminger (in Gross,
1996) zwischen „Klassischen Sekten“, „Neuen ‚klassischen’ Gruppen“, „Neuen Religiösen
Bewegungen“, „Psychogruppen und Politgruppen“ und „Okkulte Bewegungen, Neuheiden,
Alternative Psychoszene und Esoterik“ (S. 14 ff.).
Stamm (1996) spricht oft von „vereinnahmenden Gruppen“. Als gemeinsame Eigenschaft
unter allen heute bekannten sektiererischen Gruppen findet sich eine vereinnahmende
Tendenz. Sozialpsychologisch betrachtet werden Individuen oder Gruppen von der sozialen
Umwelt so weit in ihrer Psyche – meistens unbewusst – beinflusst, dass sie mehr oder
weniger vereinnahmt werden. Bei Sekten geschieht diese Vereinnahmung zum Zwecke der
Verbreitung ihrer Ideologien, wobei auf eine individuelle Entfaltung der Sektenmitglieder
keine Rücksicht genommen wird.


In dieser Seminararbeit wird stellvertretend – und aus ökonomischen Gründen – für alle o.g.
Gruppierungen „Sekte“ als Sammelbegriff verwendet, wobei der Schwerpunkt auf totalitäre
Sekten gelegt wird, vor allem wegen ihrer psychologischen Destruktivität.
Zunächst werden einige Prädispositionen als notwenige Voraussetzung für die Wirkung
sektiererischer Indoktrination dargestellt. Im Hauptteil werden einige Methoden der
Indoktrination näher erläutert und ihre Mechanismen – basierend auf sozialpsychologische
Studien – teilweise erklärt.




                                              3
II. Prädispositionen



                 1. Kann jeder Mensch in die Fänge einer Sekte geraten?


Die Frage, ob im Grunde jeder anfällig auf den Einfluss einer Sekte ist, ist eine sehr wichtige,
denn all zu leicht sind Menschen durch ihr Autonomiebedürfnis und den vermeintlich „freien
Willen“ dazu verleitet, sich für kaum oder gänzlich nicht manipulierbar zu halten. Oft
entsteht der Grundgedanke „Mir kann so etwas nicht passieren.“, bis solche Personen nach
einschlägigen Erfahrungen eines Besseren belehrt sind.
Eine erste Antwort auf die Eingangsfrage bieten die Personentypen von Gross (1996, S. 41
ff.), welche besonders anfällig zu sein scheinen:


 „Sucher“:
 Menschen auf der Suche nach einem anderen Leben, nach Selbsterfahrung,
 Bewusstseinserweiterung, Abenteuer, Grenzerfahrungen, Sinn.
 Häufiger Wunsch: Indikation, Transformation, „Geburt des wahren Menschen“.


 „Enttäuschte“:
 Menschen mit hohem Protestpotential, die mit ihrem Leben, der Gesellschaft, der Welt,
 unzufrieden sind.
 Häufiges Gefühl: Das falsche Leben.


 „Orientierungslose“:
 Menschen, die mit der Komplexität des Lebens in unserer Zeit nicht zurechtkommen und
 klare Regeln suchen, an denen sie ihr Leben ausrichten können.


 Menschen in akuten persönlichen Krisen:
 Extreme Pubertätskrisen, „midlife-crisis“, Arbeitslosigkeit, Tod des Partners etc.


 Menschen mit schweren seelischen Problemen:
 Zumeist schlechte Erfahrung mit dem traditionellen Hilfesystem (Drei-Minuten-Medizin,
 Psychatrie).

                                               4
Stamm (1996, S. 19 ff.) betont vor allem die Anfälligkeit von den „Suchenden“, die von der
Sehnsucht nach einer heilen Welt getrieben werden. Besonders jüngere Menschen, die auf
der Suche nach Erlösung sind, haben Schwierigkeiten die Grenzen der Realität zu akzeptieren
und verfallen leicht der Vorstellung, allein durch geistige Energie alles erreichen zu können.
Aber auch ältere Leute können von fehlendem Lebenssinn, innerer Leere, mangelnder
Geborgenheit oder einem Leidensdruck nach traumatischen Erlebnissen betroffen sein und so
der Ideologie einer Sekte leichter zugänglich werden. Auch sind solche „Suchende“ von dem
Wunsch getrieben, seelische Schmerzen zu überwinden und Erfüllung zu finden. Stamm sieht
in vielen Fällen ein latentes Bedürfnis nach der totalen Erlösung als notwendige Bedingung,
damit die Sektengründer „Verführbare“ und „Suchende“ für ihre Heilsversprechungen finden
können.


Im Laufe seines Lebens gerät jeder Mensch in mindestens eine der oben erläuterten
Situationen. Somit kann die Eingangsfrage dahingehend beantwortet werden, dass in einer
bestimmten Lebenssituation jeder mehr oder weniger anfällig auf den Einfluss einer Sekte ist.




                            2. Tiefenpsychologische Erklärungen


Herrmann (in Gross, 1996, S. 139 ff.) vergleicht Steven Hassans Konzept von der „zwei-
fachen Identität“ mit Donald Winnicotts Vorstellung von einem „wahren“ und „falschen“
Selbst. Das falsche, autoritätshörige Selbst, kooperiere mit den Gehorsamsanforderungen des
Sektensystems, auf der Suche nach Bedingungen, die es dem wahren Selbst ermöglichen, zu
seinem Recht zu kommen. Herrmann meint dazu:


 Es ist zu vermuten, daß jemand, der unzureichend oder gar nicht mit seinem wahren
 Selbst in Kontakt ist, leichter Opfer sektiererischer Werbetricks und Manipulations-
 mechanismen wird. Emotionale Orientierungslosigkeit und Suche nach dem wahren
 Selbst auf der einen Seite und Empfänglichkeit für Direktiven durch Strukturen des
 falschen Selbst auf der anderen Seite erscheinen als geradezu ideale Voraus-
 setzungen.[....] Motor des Prozesses sind die von den Sekten geweckten Hoffnungen,
 einen Weg zum wahren Selbst gefunden zu haben. (S. 144)



                                              5
Bei Stamm (1996) findet sich das falsche Selbst im „Über-Ich“ (nach Freud) und das wahre
Selbst in der „eigenen Identität“. Stamm erklärt damit welche Rolle ein Sektenführer
einnimmt: „Die Fixierung auf einen Guru, Messias oder Gründer ist ein klassisches
Sektenmerkmal und deutet darauf hin, dass die Gruppenanhänger eine umstrittene geistige
oder religiöse Autorität verehren, die das Über-Ich dominiert und die eigene Identität
verdrängen hilft.“ (S. 22).
Desweiteren sieht er in solch einer Beziehung zu einem Sektengründer eine Art Gottesersatz,
bei dem der „Messias“ zu einem göttlichen Übervater werde und auch als Mutterersatz diene.
Damit weist er auf Eigenschaften einer idealen Familie hin, welche ersatzweise in einer
Sektengruppe vermeintlich zu finden sei. Die Gruppe stelle die ideale „Gesellschaft“ von
Brüdern und Schwestern dar, die alle von der gleichen Idee beseelt seien und das gleiche Ziel
anstreben. Somit sei die Sekte in den Augen ihrer Mitglieder die perfekte „Familie“ (S. 20).


Vor allem psychisch labile Personen scheinen besonders anfällig für die Fänge einer Sekte zu
sein. Stamm erklärt das unter anderem damit, dass solche Menschen in Phasen psychischer
Not keine kritischen Fragen stellen und die Zweifel über die Heilstheorie der Sekte freiwillig
verdrängen, weil sie die versprochene Erlösung oder Erleuchteung unter allen Umständen
erreichen wollen. Warum solche potentiellen Heilsvorstellungen überhaupt existieren ist eine
Frage, die Stamm im Unterbewusstsein vieler Menschen beantwortet sieht; dort würden
Paradiesesvisionen schlummern, die vor allem in Krisensituationen an die Oberfläche stoßen.
Es sei die Sehnsucht, an der göttlichen Macht teilzuhaben, die zu den Urbedürfnissen des
Menschen gehöre. Sekten würden es meisterhaft verstehen, diese tiefenpsychologischen
Mechanismen für ihre Ziele zu nutzen, indem sie Ängste, Desorientierung und seelische
Defizite für die Verbreitung ihrer Ideologien missbrauchen (S. 20 ff.).




                                3. Soziokulturelle Einflüsse


Stamm erwähnt auch „mystische Defizite“, die unter anderem aufgrund der modernen
Gesellschaft den Hang zur religiösen Selbstversorgung im Individuum fördern. Solche
Defizite sind entstanden, weil der traditionelle religiöse Glaube an eine überirdische Macht
durch den Glauben an die moderne Wissenschaft abgelöst wurde. Die technischen
Fortschritte haben zur Hoffnung geführt, menschliches Leid zu besiegen und die Endlichkeit


                                               6
des Lebens zumindest hinauszuzögern, was auch zur Hoffnung nach einfachen Antworten auf
existenzielle Fragen geführt hat. So wie zum Beispiel die moderne Medizin die Hoffnung auf
ewiges Leben gestärkt hat, so erhoffen sich viele Menschen kommerzialisierte Lösungen für
alle transzendentalen Fragen. Diese Konsummentalität hat die Bereitschaft, einen Leidens-
druck auszuhalten und psychisch schmerzhafte Prozesse durchzustehen, stetig vermindert.
Weil aber die christlichen Religionen den mühsamen Weg des Glaubens, Hoffens und der
Sühne predigen, erwarten viele Menschen einfachere Lösungen, indem sie sich ein eigenes
spirituelles oder religiöses „Gebäude“ zimmern. Durch dieses „spirituelle Vakuum“ haben
Sekten ein einfacheres Spiel, ihre philosophischen, mystischen oder esoterischen Heilslehren
zu verbreiten.
Stamm sieht also in der Hoffnung, aufgrund von wissenschaftlichen und technischen
Fortschritten einfache Lösungen für faktisch unlösbare existenzielle Fragen zu finden, einen
weiteren Faktor für die Beeinflussbarkeit vieler Menschen, denn damit öffnen sie ihr
Bewusstsein für sektiererische Einflüsse und werden anfällig für Gruppen mit verein-
nahmender Tendenz (Stamm, 1996, S. 29 ff.).




                                              7
III. Indoktrination



                            1. Gehirnwäsche vs. Indoktrination


Umgangssprachlich ist „Gehirnwäsche“ ein weit verbreiteter Begriff, der von vielen Kritikern
und Journalisten verwendet wird, um die psychische Beeinflussung zu veranschaulichen und
eine abschreckende Wirkung zu erzielen. Tatsächlich war Gehirnwäsche (abgeleitet aus dem
Chinesischen: hsi nao, „Gehirn waschen“) eine gewaltsame Methode im Koreakrieg der 50er
Jahre, bei der amerikanische Soldaten psychisch und physisch gefoltert wurden, um an die
kommunistische Ideologie Nordkoreas zu glauben.
Die sektiererische Indoktrination hat zwar auch das Ziel Bewusstseinskontrolle zu erlangen,
im Gegenstz zur Gehrinwäsche geschieht dies aber wesentlich subtiler. Die Mitglieder
werden nicht gegen ihren Willen gewaltsam manipuliert, sondern sie unterwerfen sich der
Sekte – in Ewartung des versprochenen Seelenheils – mehr oder weniger freiwillig. Die
manipulativen Absichten bleiben ihnen verborgen und sie sind so weit vom vermeintlich
guten Zweck der Sekte überzeugt, dass kritisches Hinterfragen verdrängt wird. Dabei werden
sie nach und nach gezwungen, eine neue Identität anzunehmen, sich selbst aufzugeben und
sich der Gruppe unterzuordnen. Ihr eigenständiges Denken und Handeln soll durch die Ideo-
logie und Heilslehre behindert und langfristig ersetzt werden.
Weil die psychische Manipulation unauffällig angewendet wird, haben die Opfer keine
Möglichkeit, sich wirksam dagegen wehren zu können. Neue Sektenmitglieder erhalten sogar
den Eindruck, sie würden die Anforderungen der Gruppe freiwillig erfüllen und sind auch
überzeugt, sie würden in der Heilslehre genau die Ideale finden, die sie vorher erfolglos
gesucht hatten (Stamm, 1996, S. 74 ff.).
Zusammenfassend beschreibt Gross (1996, S. 46) den Unterschied zwischen Gehirnwäsche
und Indoktrination, die ein Teil der Bewusstseinskontrolle (nach Hassan, 1993) ist, wie folgt:


 „Gehirnwäsche“                     „Bewußtseinskontrolle“
 gewaltsam                          raffiniert, verdeckt
 gegen den Willen                   hypnotische Techniken
 mitunter Folter                    Gruppendynamik



                                              8
2. Methoden der Indoktrination


2.1. „Soziale Bewährtheit“:
Stamm (1996) nennt als wichtigen Werbefaktor die Gruppe selbst. Dem Umworbenen wird
vorgeschwärmt, wie sich das Leben im religiösen Kollektiv gegenüber dem „globalen
Wahnsinn in dieser Welt mit all den Kriegen und Ungerechtigkeiten“ bewährt hat (S. 35).
Dem Opfer soll damit suggeriert werden, dass es sich in der Sektengruppe sicher fühlen und
dort sein Glück finden kann. Allein die Vorstellung, dass es eine Gruppe ist, in der die
Mitglieder durch vermeintlich freiwilligen Beitritt zu ihrem Glück finden, vermittelt dem
Opfer, dass sich all die Mitglieder ja nicht irren können.
Dieser Überzeugungsmechanismus entspricht nach Cialdini (2004) dem „Prinzip der sozialen
Bewährtheit“. In seinem Lehrbuch „Die Psychologie des Überzeugens“ beschreibt er mehrere
Methoden der Einflussnahme, mit denen die Opfer zu compliance (Willfährigkeit) gestimmt
werden können. Demnach bedeutet „soziale Bewährtheit“:


 Prinzip, das auf der Kraft dessen beruht, was sich „sozial bewährt“ hat. Das Prinzip
 besagt, dass wir [Menschen] uns bei der Entscheidung, ob etwas richtig ist, häufig daran
 orientieren, was andere für richtig halten. Dies gilt insbesondere für die Beurteilung der
 Angemessenheit von Verhalten: Wir betrachten ein Verhalten in einer gegebenen
 Situation in dem Maß als richtig, indem wir dieses Verhalten bei anderen beobachten.
 (S. 153 ff.)


Die Logik des Prinzips lautet: „Je mehr Leute eine bestimmte Idee für richtig halten, umso
mehr nimmt der Einzelne die Idee als richtig wahr“ (S. 167). Bei der Anwerbung des Opfers
wird das Verhalten – in diesem Fall der Beitritt in die Sekte – anderer Sektenanhänger zwar
nicht direkt beobachtet, aber genau diese Idee, dass es „richtig“ sei der Gruppe beizutreten,
so wie es andere Mitglieder getan haben, soll dem Umworbenen suggeriert werden.
In eindrucksvoller Weise erläutert Cialdini weiterhin, wie und wann das „Prinzip der sozialen
Bewährtheit“ funktioniert. Dabei bezieht er sich immer wieder auf Belege aus der
sozialpsychologischen Forschung. So konnte zum Beispiel eine Studie (Craig & Prkachin,
1978) zeigen, welchen Einfluss das Prinzip auf das Schmerzempfinden haben kann. Die
Versuchspersonen erlebten Elektroschocks als weniger schmerzhaft, wenn eine andere



                                                9
Versuchsperson zu beobachten war, die die Schocks ohne Anzeichen von Schmerzen ertrug
(Cialdini, 2004, S.157).
Die Methoden der Einflussnahme funktionieren unter bestimmten Umständen besser als
unter anderen. Bezogen auf „soziale Bewährtheit“ beschreibt Cialdini Unsicherheit als eine
solche Bedingung:


 Allgemein gilt, dass wenn wir unsicher sind, wenn die Situation unklar oder mehrdeutig
 ist, wenn alles ungewiss ist, wir am ehesten geneigt sind, unser Augenmerk darauf zu
 richten, was andere tun, und deren Verhalten zur Richtschnur unseres eigenen Handelns
 zu machen (Tesser, Campbell & Mickler, 1983; Wooten & Reed, 1998). (S. 168)


Diese Feststellung erklärt unter anderem, warum die anfangs erläuterten Prädispositionen
von Kultmitgliedern (Gross, 1996; Stamm, 1996) den Faktor der Beeinflussbarkeit
verstärken. Wenn der Angeworbene eine relativ labile Psyche aufweist und somit zu
Unsicherheit neigt, dann ist er auch am ehesten dazu geneigt, sich danach zu richten, was
andere tun. Die Anwerber haben dadurch ein leichteres Spiel, wenn sie begeistert von der
heilenden Sektengemeinschaft berichten. Das Opfer ist auf seiner Suche nach Erlösung
ohnehin schon danach orientiert, was andere machen, und ist mit der Andeutung auf die
Euphorie in der Sektengruppe leichter zu begeistern.
Cialdini nennt als weitere wichtige Bedingung für die Wirkung „sozialer Bewährtheit“
Ähnlichkeit und erläutert:


 Das Prinzip der sozialen Bewährtheit kommt am stärksten zur Geltung, wenn wir das
 Verhalten von Leuten beobachten, die so sind wie wir (Festinger, 1954). [....] Die
 Handlungen anderer dienen uns besonders dann als Orientierungshilfe für unser eigenes
 Verhalten, wenn wir diese anderen als uns ähnlich betrachten. (S. 179 ff.)


Bei der Anwerbung eines potentiellen Sektenmitglieds wird diese Bedingung ebefalls zu
Gunsten der Überzeugungskraft angewendet. Laut Stamm geben die Gruppen vor, genau die
Antworten gefunden zu haben, die die Probleme ihrer Gesprächspartner lösen können.
Vorher werden die Umworbenen in ein Gespräch verwickelt, in welchem sie ihre
Schwierigkeiten und Ängste mitteilen und die Anwerber große Anteilnahme vortäuschen.
Die persönlichen Informationen benutzen die Gruppenanhänger, um anschließend ein
Heilsprogramm zu entwickeln, das auf die Bedürfnisse des Opfers abgestimmt ist. Dieses soll


                                             10
glauben, die Gruppe vertrete die Heilslehre, die es schon immer gesucht habe. In der
Hoffnung, endlich die wahren Gleichgesinnten zu finden, die ihm ähnlich sind, öffnet sich
der Angeworbene für die nächsten Schritte der Indoktrination (Stamm, 1996, S. 35 ff.)


Das wohl späktakulärste Beispiel, bei dem das „Prinzip der sozialen Bewährtheit“ samt den
Bedingungen Unsicherheit und Ähnlichkeit deutlich wird, ist der Massensuizid von
Jonestown (Guyana) von 1978, bei dem sich fast 900 Menschen vorsätzlich vergifteten. Sie
waren Anhänger der People’s Temple-Sekte und vorher von San Francisco in den Regenwald
von Guyana (Südamerika) übergesiedelt, geführt von ihrem „Guru“ Jim Jones. Weil dieser
befürchtete, man würde ihn bald verhaften, beschloss er, der Sektengemeinschaft ein Ende zu
setzen und rief alle Mitglieder zur Selbsttötung auf – was dann schließlich ein Großteil
befolgte.
Cialdini erklärt die Bereitwilligkeit der Anhänger unter anderem mit den Bedingungen der
„sozialen Bewährtheit“: Durch die Umsiedlung aus der modernen Großstadt in die fremden
Regenwälder von Guyana enstand zum einen große Unsicherheit. Zum anderen gab es in der
Umgebung von Jonestown nur die fremde Welt Guyanas, wodurch die Ähnlichkeits-
wahrnehmung unter den Anhängern verstärkt wurde.1 Somit haben diese beiden
Bedingungen das Prinzip der „sozialen Bewährtheit“ verstärkt und die Anhänger folgten
„ihresgleichen“ nach und nach in den Tod. Auslöser für diesen Effekt, der an eine Ketten-
reaktion erinnert, waren zum einen der „Befehl“ von Jones, zum anderen seine treuesten
Anhänger, die zu allem bereit waren und damit zu „Vorbildern“ für die anderen wurden
(Cialdini, 2004, S. 193 ff.).
Eine weitere bedeutende Methode der Einflussnahme in diesem Bespiel war Autorität (hier:
Jim Jones), deren Wirksamkeit später erläutert wird.


2.2. Sympathie:
Stamm nennt als einfachste und gleichzeitig effizienteste Werbemethode aller vereinnahmen-
den Gruppen den persönlichen Kontakt von Sektenanhängern zu ihren Bekannten,
Verwandten und Angehörigen.2 Dabei spielt Vertrauen eine große Rolle, wie Cialdini meint:
„Auf Grund seiner emotionalen Wirkung spielt der Grad der Vertrautheit mit Dingen oder

1
  Zur Bedingung Ähnlichkeit hat wohl auch beigetragen, dass die Anhängerschaft vor allem aus den unteren
Bevölkerungsschichten San Franciscos rekrutiert worden war – was auch bei der Anwerbung das „Prinzip der
sozialen Bewährtheit“ verstärkt haben muss.
2
  Das Vorhandensein von Sympathie zwischen einem Sektenanhänger und seinen Bekannten und Verwandten
erklärt wohl die Einfachheit und Effizienz dieser Werbemethode.


                                                  11
Personen eine wichtige Rolle bei allen möglichen Entscheidungen, die wir treffen...“ (S.
226). Wenn ein Kultmitglied seinen Angehörigen von einer mystischen oder religiösen
Organisation etwas vorschwärmt, können sich diese kaum vorstellen, dass es sich dabei um
eine Sekte handelt. Dadurch sinkt ihr kritisches Hinterfragen und die Bereitschaft steigt, sich
mit der Gruppe und ihren Heilsvorstellungen näher auseinanderzusetzen. Außerdem wollen
viele Umworbene ihre Bekannten und Verwandten nicht verletzen und ihre Heilslehre als
„Hirngespinst“ abstempeln. Deshalb sind sie eher bereitwillg, zum Beispiel eine Einladung
zu einer Veranstaltung anzunehmen oder ein angebotenes Sektenbuch zu lesen. Vor allem die
Menschen, deren Lebenspartner in eine Sekte geraten ist, sind besonders gefährdet. Um die
Beziehung zu erhalten oder aus Angst, den Partner zu verlieren, nehmen sie sogar an den
Ritualen der Sekte teil (Stamm, 1996, S. 41 ff.).
Wenn dagegen der Umworbene von Sektenanhängern kontaktiert wird, die ihm fremd sind
dann kommt unter anderem die „Sympathieregel“ zum Tragen, die Cialdini (2004) wie folgt
erläutert: „Die Häufigkeit, mit der Überzeugungsstrategen freundschaftliche Gefühle für ihre
Zwecke einsetzten, sagt einiges über die Wirksamkeit der Sympathieregel für die Erzielung
von Willfährigkeit aus. [....] Überzeugungsprofis [...] machen sich selbst erst einmal bei uns
beliebt“ (S. 216). Besonders rhetorisch geschickten Sektenanwerbern gelingt es einfach, sich
beim Umworbenen durch eine vermeintlich sympathische Ausstrahlung beliebt zu machen.
Sympathie kann auch schon durch äußerliche Attraktivität erreicht werden. Es ist allgemein
anerkannt, dass gut aussehende Menschen in der sozialen Interaktion einen Vorteil genießen.
Hier wird der sogenannte „Halo-Effekt“ deutlich: Der Gesamteindruck, den eine Person auf
eine andere macht, wird dominiert durch ein einzelnes positives Merkmal, das sie hat. So hat
die Forschung gezeigt, dass gut aussehenden Menschen automatisch Eigenschaften
zugeschrieben werden wie Begabung, Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Intelligenz (S. 218).
Wie bei der „sozialen Bewährtheit“ kann auch die Sympathie durch Ähnlichkeit gesteigert
werden. Dazu meint Cialdini:


 Wir mögen Leute, die uns ähnlich sind (Byrne, 1971). Dies gilt anscheinend unabhängig
 davon, ob die Ähnlichkeit im Bereich von Meinungen, Charaktereigenschaften, Herkunft
 oder Lebensstil besteht. Diejenigen also, die unsere Sympathie gewinnen wollen, um uns
 dann leichter zu etwas überreden zu können, erwecken am besten den Eindruck, uns in
 möglichst vieler Hinsicht ähnlich zu sein. (S. 221)




                                              12
2.3. Autorität:
Stamm sieht den Schlüssel zum tieferen Verständnis einer Sekte bei der Führungsgestalt.
Dessen Biographie sagt einiges über die Dynamik oder die Indoktrinationsmethoden der
totalitären Gruppe aus und gibt oft Aufschluss über die Gefährlichkeit oder eben
Harmlosigkeit einer Bewegung. Die Sektengründer werden von ihren Anhängern verehrt,
wachen über die Rituale und Kurse, die stets nach ihren Ideen praktiziert werden, und
bestimmen das Gruppenleben und die Atmosphäre. Sie genießen besondere Autorität, da die
Mitglieder sich Erlösung oder Heil von ihnen erhoffen. Das verleiht ihnen ein Gefühl von
Macht, das ihnen helfen soll, ihre eigenen psychischen Defizite auszugleichen. Ihre Macht
muss beständig zunehmen, um als Ersatzbefriedigung wirksam zu bleiben. Wenn allerdings
bei einem Teil der Bevölkerung das Bedürfnis nach Führern nicht vorhanden wäre, wäre
diese Macht gar nicht möglich. Die „Gurus“ profitieren vom Hang vieler Leute, sich zu
unterwerfen (Stamm, 1996, S. 49 ff.).
Warum so ein Bedürfnis überhaupt existiert, erklärt Cialdini (2004). Bei der Betrachtung der
Organisation menschlicher Gesellschaften wird ein allgemeiner Gehorsam gegenüber
Autoritäten deutlich. Ein breites Autoritätssystem verschafft einer Gesellschaft viele Vorteile
und ist Voraussetzung für die Entwicklung von differenzierten Strukturen für die Produktion
von Gütern, für Handel, Verteidigung, Expansion und soziale Kontrolle. Ohne dieses System
würden menschliche Kulturen nicht entstehen und sich entwicklen können. Daher wird von
Geburt an vermittelt, dass Gehorsam gegenüber den richtigen Autoritäten gut und
Ungehorsam schlecht ist. Somit wird der Unterordnung unter legitime Herrschaft und der
Loyalität ihr gegenüber ein hoher Wert beigemessen. Oft fragen die Mitglieder einer
Gesellschaft gar nicht nach dem Sinn der autoritären Forderungen. Sie gehorchen quasi
automatisch, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, denn alles, was von einer
anerkannten Autorität stammt, kann als wertvolle Entscheidungshilfe in schwierigen
Situationen dienen. Aus der Erkenntnis, dass Gehorsam gegenüber Autoritäten größtenteils
lohnend ist, erfolgt auch schnell die Bereitschaft, automatisch zu gehorchen und sich dadurch
vieles zu vereinfachen. In den meisten Fällen führt solcher gedankenloser Gehorsam die
Gesellschaftsmitglieder dazu, das Richtige zu tun (S. 268 ff.). Wenn eine Autorität aber
destruktive Ziele verfolgt – wie ein totalitärer Sektenführer –, dann bringt der blinde
Gehorsam erhebliche Nachteile, weil einfach reagiert wird, anstatt zu überlegen.




                                              13
IV. Diskussion



Es ist immer wieder erstaunlich, wie weit Menschen gehen können, um ihr vermeintlich
absolutes Glück zu finden, und sich anscheinend bereitwillig und bewusst in die
Destruktivität einer Sekte begeben. Im Alltagsdenken kann sich kaum einer vorstellen, selbst
einmal in die Fänge einer Sekte zu geraten, denn das schlimmste passiert immer nur den
„anderen“. Dieses soziale Phänomen nennt Singer (1997) „Illusion der Unverletzlichkeit“
(LV-Referat).
In Anbetracht psychologischer Hintergründe wird es allerdings um einiges deutlicher, welche
Mechanismen es gibt, die zeigen, dass im Grunde jeder Mensch wie „du und ich“
manipulierbar ist. Diese Tatsache ist mir persönlich in einer LV-Stunde deutlich geworden,
in welcher der LV-Leiter seinen Studenten demonstriert hat, wie leicht man sich durch
geschickte Darstellung von gefälschten „Dokumenten“ (Zeitungsartikel) täuschen lassen
kann. Hier wurde vor allem das Prinzip der Autoritätshörigkeit in Verbindung mit
Vertrautheit deutlich. Die Studenten haben einfach erwartet, dass der LV-Leiter schon wissen
würde was er erzählt, denn es war schließlich seine Aufgabe, seine Studenten sachlich und
informativ aufzuklären. Diese Erwartungshaltung und das Vertrauen in die praktische
Erfahrung des LV-Leiters hat dazu geführt, dass seine Überzeugungstechniken bei fast allen
Studenten Fuß fassen konnten. Erstaunlich war auch die erste Reaktion in der Gruppe nach
der Darbietung des Materials. Obwohl sicherlich einige Studenten (so wie ich) das mulmige
Gefühl hatten, dass da irgendwas faul sein muss, hat es zunächst keiner gewagt, gegen die
Autorität des LV-Leiters etwas einzuwenden. Erst nach seinen fast aufdringlichen
Anspielungen haben es 2 von 40 Studenten gewagt, seine manipulierte Darstellung als
„Lüge“ zu enttarnen. Auch wurde hierbei das „Prinzip der sozialen Bewährtheit“ verbunden
mit Unsicherheit deutlich. In der unklaren und mehrdeutigen Situation, in der die Studenten
nicht wussten, was sie von der Darstellung des LV-Leiters halten sollen, waren sie am
ehesten dazu geneigt, ihr Augenmerk darauf zu richten, was andere taten; nämlich Staunen
und Schweigen.
Es versteht sich fast von selbst, dass solche Überzeugungsmethoden in den Händen von
Sekten keinem aufklärerischen Zweck dienen, sondern nur dazu, die Umworbenen für die
Ideologie der Sekte zu gewinnen.
Dass die Methoden der Indoktrination bei den Opfern besonders in kritischen Lebensphasen
Wirkung zeigen, haben die anfangs dargestellten Prädispositionen gezeigt. Hier sei erwähnt,

                                            14
dass auch die pubertäre Zeit mit der anschließenden Identitätssuche eine solche Phase
darstellt, was also jeden Menschen betrifft.


Das Entscheidende für die Wirkung der compliance ist, dass sie durch Methoden erreicht
werden kann, die den Opfern zum großen Teil unbewusst sind. Dass solche unbewussten
Wirkungen im Alltagsleben durchaus ihren positiven Zweck haben, hat Cialdini (2004)
eindrucksvoll bewiesen. Erst durch die Absichten von Sekten, möglichst viele Anhänger zu
gewinnen, werden die gewohnten Reaktionsmuster der Opfer zu ihrem Verhängnis.
Ehemaligen Sektenmitgliedern wird erst nach dem Ausstieg mit der Zeit bewusst, dass sie ihr
Selbst in die fremde Hand der Sekte gelegt haben – wie der Gastvortrag eines ehemaligen
Scientologen gezeigt hat. Dieser konnte sich kaum daran erinnern, wie und warum er
überhaupt in die Sekte hineingeraten ist. Seine einzigen Anhaltspunkte waren, dass er damals
vor der dem Eintritt ein „junger Wilder“ war, und dass er durch seine damalige Freundin mit
Scientology in Kontakt gekommen war. Und plötlzlich war er „drin“. Was sich also in der
Phase seiner Einbettung in die Sekte alles abgespielt hat, war ihm nicht wirklich bewusst zu
der Zeit. Vor allem die „Sympathieregel“ und das Vertrauen zu seiner Freundin waren wohl
die entscheidenden Faktoren, die Scientology ein leichteres Spiel ermöglicht haben. Denn die
Freundin des Angeworbenen genoss sein Vertrauen, und dieser war bereitwillig, ihr einen
Gefallen zu tun. Dazu kam, dass er sich in einer „wilden Phase“ befand, was seine
Bereitwilligkeit, etwas neues zu erfahren, deutlich erhöht haben muss.


Noch deutlicher wurde die erhöhte Beeinflussbarkeit während „kritischer Lebensphasen“ in
unserem Fallbeispiel. Die 16-jährige hatte im großen und ganzen keine persönlichen
Schwierigkeiten, war sozial gut eingebettet und zu kritischem Denken durchaus fähig. In der
Zeit vor dem Sektenkontakt hatte sie auch schwierige Phasen im Leben, was für ein Mädchen
in dem Alter durchaus üblich ist. Wie der ehemalige Scientologe geriet auch sie durch einen
nahen Angehörigen (ihrem Vater) in die Sekte. Besonders erstaunlich ist, dass sie sich bereits
nach zwei Wochen Urlaubsbesuch bei ihrem Vater zu einem fast völlig anderen Menschen
gewandelt hat. Erklärbar ist dieser schnelle Wandel nur durch die Lebensphase, in der sie
sich befand. Die Probleme, die in der Pubertät aufgetaucht waren, haben zur der
altersüblichen Identitätssuche geführt. Im Gastvortrag von Mag. Philapitsch wurde diese
Identitätsbildung als „Bewältigung von Entwicklungsaufgaben in der Pubertät/Adoleszenz“
bezeichnet, in diesem Fall durch Hinwendung zur Sekte. Diese konnte in kurzer Zeit massiv
auf das besonders empfängliche Mädchen einwirken.


                                               15
V. Literaturverzeichnis




Cialdini, R.B. (2004). Die Psychologie des Überzeugens. Bern: Huber.


Gasper, H., Müller, J. & Valentin, F. (2000). Lexikon der Sekten, Sondergruppen und
Weltanschauungen. Freiburg im Breisgau: Herder.


Gross, W. (Hrsg). (1996). Psychomarkt – Sekten – destruktive Kulte. Bonn: Deutscher
Psychologen Verlag.


Stamm, H. (1996). Sekten. Im Bann von Sucht und Macht. München: Deutscher Taschenbuch
Verlag.




                                            16

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Prädispositionen von Sektenmitgliedern, Methoden der Indoktrination und psychologische Erklärungen

  • 1. Prädispositionen von Sektenmitgliedern, Methoden der Indoktrination und psychologische Erklärungen Seminararbeit: *** Proseminar für Sozialpsychologie *** WS 06/07 30.04.2007
  • 2. Inhaltsverzeichnis I. Einleitung ...................................................................................................................... 3 II. Prädispositionen ............................................................................................................ 4 1. Kann jeder Mensch in die Fänge einer Sekte geraten? ............................................. 4 2. Tiefenpsychologische Erklärungen ........................................................................... 5 3. Soziokulturelle Einflüsse .......................................................................................... 6 III. Indoktrination ................................................................................................................ 8 1. Gehirnwäsche vs. Indoktrination ................................................................................. 8 2. Methoden der Indoktrination ....................................................................................... 9 2.1. „Soziale Bewährtheit“ ......................................................................................... 9 2.2. Sympathie ............................................................................................................ 11 2.3. Autorität ............................................................................................................... 13 IV. Diskussion ...................................................................................................................... 14 V. Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 16 2
  • 3. I. Einleitung Im Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen definieren Gasper, Müller und Valentin (2000) eine Sekte als „[...] sich selbst abschließende, in Lehre und/oder Praxis von der Mehrheit abweichend orientierte [...] Minderheit“ (S. 974). Sogesehen war schon das frühe Christentum aus der Sicht der Juden eine Sekte. Erst mit der Ablehnung von Kirche, Staat und Gesellschaft durch Sekten erhielt der ursprünglich neutrale Begriff „Sekte“ eine emotional negagative Aufladung. Deshalb wird zum Beispiel die neutralere und inhaltlich weiter gefasste Bezeichnung „religiöse Sondergemeinschaft“ vorgeschlagen, denn durch das Auftauchen sogenannter Jugendreligionen und neuer Esoterik- und Psychogruppen ist bis heute eine weite Auffassung von „Sekte“ entstanden. So unterscheidet Hemminger (in Gross, 1996) zwischen „Klassischen Sekten“, „Neuen ‚klassischen’ Gruppen“, „Neuen Religiösen Bewegungen“, „Psychogruppen und Politgruppen“ und „Okkulte Bewegungen, Neuheiden, Alternative Psychoszene und Esoterik“ (S. 14 ff.). Stamm (1996) spricht oft von „vereinnahmenden Gruppen“. Als gemeinsame Eigenschaft unter allen heute bekannten sektiererischen Gruppen findet sich eine vereinnahmende Tendenz. Sozialpsychologisch betrachtet werden Individuen oder Gruppen von der sozialen Umwelt so weit in ihrer Psyche – meistens unbewusst – beinflusst, dass sie mehr oder weniger vereinnahmt werden. Bei Sekten geschieht diese Vereinnahmung zum Zwecke der Verbreitung ihrer Ideologien, wobei auf eine individuelle Entfaltung der Sektenmitglieder keine Rücksicht genommen wird. In dieser Seminararbeit wird stellvertretend – und aus ökonomischen Gründen – für alle o.g. Gruppierungen „Sekte“ als Sammelbegriff verwendet, wobei der Schwerpunkt auf totalitäre Sekten gelegt wird, vor allem wegen ihrer psychologischen Destruktivität. Zunächst werden einige Prädispositionen als notwenige Voraussetzung für die Wirkung sektiererischer Indoktrination dargestellt. Im Hauptteil werden einige Methoden der Indoktrination näher erläutert und ihre Mechanismen – basierend auf sozialpsychologische Studien – teilweise erklärt. 3
  • 4. II. Prädispositionen 1. Kann jeder Mensch in die Fänge einer Sekte geraten? Die Frage, ob im Grunde jeder anfällig auf den Einfluss einer Sekte ist, ist eine sehr wichtige, denn all zu leicht sind Menschen durch ihr Autonomiebedürfnis und den vermeintlich „freien Willen“ dazu verleitet, sich für kaum oder gänzlich nicht manipulierbar zu halten. Oft entsteht der Grundgedanke „Mir kann so etwas nicht passieren.“, bis solche Personen nach einschlägigen Erfahrungen eines Besseren belehrt sind. Eine erste Antwort auf die Eingangsfrage bieten die Personentypen von Gross (1996, S. 41 ff.), welche besonders anfällig zu sein scheinen: „Sucher“: Menschen auf der Suche nach einem anderen Leben, nach Selbsterfahrung, Bewusstseinserweiterung, Abenteuer, Grenzerfahrungen, Sinn. Häufiger Wunsch: Indikation, Transformation, „Geburt des wahren Menschen“. „Enttäuschte“: Menschen mit hohem Protestpotential, die mit ihrem Leben, der Gesellschaft, der Welt, unzufrieden sind. Häufiges Gefühl: Das falsche Leben. „Orientierungslose“: Menschen, die mit der Komplexität des Lebens in unserer Zeit nicht zurechtkommen und klare Regeln suchen, an denen sie ihr Leben ausrichten können. Menschen in akuten persönlichen Krisen: Extreme Pubertätskrisen, „midlife-crisis“, Arbeitslosigkeit, Tod des Partners etc. Menschen mit schweren seelischen Problemen: Zumeist schlechte Erfahrung mit dem traditionellen Hilfesystem (Drei-Minuten-Medizin, Psychatrie). 4
  • 5. Stamm (1996, S. 19 ff.) betont vor allem die Anfälligkeit von den „Suchenden“, die von der Sehnsucht nach einer heilen Welt getrieben werden. Besonders jüngere Menschen, die auf der Suche nach Erlösung sind, haben Schwierigkeiten die Grenzen der Realität zu akzeptieren und verfallen leicht der Vorstellung, allein durch geistige Energie alles erreichen zu können. Aber auch ältere Leute können von fehlendem Lebenssinn, innerer Leere, mangelnder Geborgenheit oder einem Leidensdruck nach traumatischen Erlebnissen betroffen sein und so der Ideologie einer Sekte leichter zugänglich werden. Auch sind solche „Suchende“ von dem Wunsch getrieben, seelische Schmerzen zu überwinden und Erfüllung zu finden. Stamm sieht in vielen Fällen ein latentes Bedürfnis nach der totalen Erlösung als notwendige Bedingung, damit die Sektengründer „Verführbare“ und „Suchende“ für ihre Heilsversprechungen finden können. Im Laufe seines Lebens gerät jeder Mensch in mindestens eine der oben erläuterten Situationen. Somit kann die Eingangsfrage dahingehend beantwortet werden, dass in einer bestimmten Lebenssituation jeder mehr oder weniger anfällig auf den Einfluss einer Sekte ist. 2. Tiefenpsychologische Erklärungen Herrmann (in Gross, 1996, S. 139 ff.) vergleicht Steven Hassans Konzept von der „zwei- fachen Identität“ mit Donald Winnicotts Vorstellung von einem „wahren“ und „falschen“ Selbst. Das falsche, autoritätshörige Selbst, kooperiere mit den Gehorsamsanforderungen des Sektensystems, auf der Suche nach Bedingungen, die es dem wahren Selbst ermöglichen, zu seinem Recht zu kommen. Herrmann meint dazu: Es ist zu vermuten, daß jemand, der unzureichend oder gar nicht mit seinem wahren Selbst in Kontakt ist, leichter Opfer sektiererischer Werbetricks und Manipulations- mechanismen wird. Emotionale Orientierungslosigkeit und Suche nach dem wahren Selbst auf der einen Seite und Empfänglichkeit für Direktiven durch Strukturen des falschen Selbst auf der anderen Seite erscheinen als geradezu ideale Voraus- setzungen.[....] Motor des Prozesses sind die von den Sekten geweckten Hoffnungen, einen Weg zum wahren Selbst gefunden zu haben. (S. 144) 5
  • 6. Bei Stamm (1996) findet sich das falsche Selbst im „Über-Ich“ (nach Freud) und das wahre Selbst in der „eigenen Identität“. Stamm erklärt damit welche Rolle ein Sektenführer einnimmt: „Die Fixierung auf einen Guru, Messias oder Gründer ist ein klassisches Sektenmerkmal und deutet darauf hin, dass die Gruppenanhänger eine umstrittene geistige oder religiöse Autorität verehren, die das Über-Ich dominiert und die eigene Identität verdrängen hilft.“ (S. 22). Desweiteren sieht er in solch einer Beziehung zu einem Sektengründer eine Art Gottesersatz, bei dem der „Messias“ zu einem göttlichen Übervater werde und auch als Mutterersatz diene. Damit weist er auf Eigenschaften einer idealen Familie hin, welche ersatzweise in einer Sektengruppe vermeintlich zu finden sei. Die Gruppe stelle die ideale „Gesellschaft“ von Brüdern und Schwestern dar, die alle von der gleichen Idee beseelt seien und das gleiche Ziel anstreben. Somit sei die Sekte in den Augen ihrer Mitglieder die perfekte „Familie“ (S. 20). Vor allem psychisch labile Personen scheinen besonders anfällig für die Fänge einer Sekte zu sein. Stamm erklärt das unter anderem damit, dass solche Menschen in Phasen psychischer Not keine kritischen Fragen stellen und die Zweifel über die Heilstheorie der Sekte freiwillig verdrängen, weil sie die versprochene Erlösung oder Erleuchteung unter allen Umständen erreichen wollen. Warum solche potentiellen Heilsvorstellungen überhaupt existieren ist eine Frage, die Stamm im Unterbewusstsein vieler Menschen beantwortet sieht; dort würden Paradiesesvisionen schlummern, die vor allem in Krisensituationen an die Oberfläche stoßen. Es sei die Sehnsucht, an der göttlichen Macht teilzuhaben, die zu den Urbedürfnissen des Menschen gehöre. Sekten würden es meisterhaft verstehen, diese tiefenpsychologischen Mechanismen für ihre Ziele zu nutzen, indem sie Ängste, Desorientierung und seelische Defizite für die Verbreitung ihrer Ideologien missbrauchen (S. 20 ff.). 3. Soziokulturelle Einflüsse Stamm erwähnt auch „mystische Defizite“, die unter anderem aufgrund der modernen Gesellschaft den Hang zur religiösen Selbstversorgung im Individuum fördern. Solche Defizite sind entstanden, weil der traditionelle religiöse Glaube an eine überirdische Macht durch den Glauben an die moderne Wissenschaft abgelöst wurde. Die technischen Fortschritte haben zur Hoffnung geführt, menschliches Leid zu besiegen und die Endlichkeit 6
  • 7. des Lebens zumindest hinauszuzögern, was auch zur Hoffnung nach einfachen Antworten auf existenzielle Fragen geführt hat. So wie zum Beispiel die moderne Medizin die Hoffnung auf ewiges Leben gestärkt hat, so erhoffen sich viele Menschen kommerzialisierte Lösungen für alle transzendentalen Fragen. Diese Konsummentalität hat die Bereitschaft, einen Leidens- druck auszuhalten und psychisch schmerzhafte Prozesse durchzustehen, stetig vermindert. Weil aber die christlichen Religionen den mühsamen Weg des Glaubens, Hoffens und der Sühne predigen, erwarten viele Menschen einfachere Lösungen, indem sie sich ein eigenes spirituelles oder religiöses „Gebäude“ zimmern. Durch dieses „spirituelle Vakuum“ haben Sekten ein einfacheres Spiel, ihre philosophischen, mystischen oder esoterischen Heilslehren zu verbreiten. Stamm sieht also in der Hoffnung, aufgrund von wissenschaftlichen und technischen Fortschritten einfache Lösungen für faktisch unlösbare existenzielle Fragen zu finden, einen weiteren Faktor für die Beeinflussbarkeit vieler Menschen, denn damit öffnen sie ihr Bewusstsein für sektiererische Einflüsse und werden anfällig für Gruppen mit verein- nahmender Tendenz (Stamm, 1996, S. 29 ff.). 7
  • 8. III. Indoktrination 1. Gehirnwäsche vs. Indoktrination Umgangssprachlich ist „Gehirnwäsche“ ein weit verbreiteter Begriff, der von vielen Kritikern und Journalisten verwendet wird, um die psychische Beeinflussung zu veranschaulichen und eine abschreckende Wirkung zu erzielen. Tatsächlich war Gehirnwäsche (abgeleitet aus dem Chinesischen: hsi nao, „Gehirn waschen“) eine gewaltsame Methode im Koreakrieg der 50er Jahre, bei der amerikanische Soldaten psychisch und physisch gefoltert wurden, um an die kommunistische Ideologie Nordkoreas zu glauben. Die sektiererische Indoktrination hat zwar auch das Ziel Bewusstseinskontrolle zu erlangen, im Gegenstz zur Gehrinwäsche geschieht dies aber wesentlich subtiler. Die Mitglieder werden nicht gegen ihren Willen gewaltsam manipuliert, sondern sie unterwerfen sich der Sekte – in Ewartung des versprochenen Seelenheils – mehr oder weniger freiwillig. Die manipulativen Absichten bleiben ihnen verborgen und sie sind so weit vom vermeintlich guten Zweck der Sekte überzeugt, dass kritisches Hinterfragen verdrängt wird. Dabei werden sie nach und nach gezwungen, eine neue Identität anzunehmen, sich selbst aufzugeben und sich der Gruppe unterzuordnen. Ihr eigenständiges Denken und Handeln soll durch die Ideo- logie und Heilslehre behindert und langfristig ersetzt werden. Weil die psychische Manipulation unauffällig angewendet wird, haben die Opfer keine Möglichkeit, sich wirksam dagegen wehren zu können. Neue Sektenmitglieder erhalten sogar den Eindruck, sie würden die Anforderungen der Gruppe freiwillig erfüllen und sind auch überzeugt, sie würden in der Heilslehre genau die Ideale finden, die sie vorher erfolglos gesucht hatten (Stamm, 1996, S. 74 ff.). Zusammenfassend beschreibt Gross (1996, S. 46) den Unterschied zwischen Gehirnwäsche und Indoktrination, die ein Teil der Bewusstseinskontrolle (nach Hassan, 1993) ist, wie folgt: „Gehirnwäsche“ „Bewußtseinskontrolle“ gewaltsam raffiniert, verdeckt gegen den Willen hypnotische Techniken mitunter Folter Gruppendynamik 8
  • 9. 2. Methoden der Indoktrination 2.1. „Soziale Bewährtheit“: Stamm (1996) nennt als wichtigen Werbefaktor die Gruppe selbst. Dem Umworbenen wird vorgeschwärmt, wie sich das Leben im religiösen Kollektiv gegenüber dem „globalen Wahnsinn in dieser Welt mit all den Kriegen und Ungerechtigkeiten“ bewährt hat (S. 35). Dem Opfer soll damit suggeriert werden, dass es sich in der Sektengruppe sicher fühlen und dort sein Glück finden kann. Allein die Vorstellung, dass es eine Gruppe ist, in der die Mitglieder durch vermeintlich freiwilligen Beitritt zu ihrem Glück finden, vermittelt dem Opfer, dass sich all die Mitglieder ja nicht irren können. Dieser Überzeugungsmechanismus entspricht nach Cialdini (2004) dem „Prinzip der sozialen Bewährtheit“. In seinem Lehrbuch „Die Psychologie des Überzeugens“ beschreibt er mehrere Methoden der Einflussnahme, mit denen die Opfer zu compliance (Willfährigkeit) gestimmt werden können. Demnach bedeutet „soziale Bewährtheit“: Prinzip, das auf der Kraft dessen beruht, was sich „sozial bewährt“ hat. Das Prinzip besagt, dass wir [Menschen] uns bei der Entscheidung, ob etwas richtig ist, häufig daran orientieren, was andere für richtig halten. Dies gilt insbesondere für die Beurteilung der Angemessenheit von Verhalten: Wir betrachten ein Verhalten in einer gegebenen Situation in dem Maß als richtig, indem wir dieses Verhalten bei anderen beobachten. (S. 153 ff.) Die Logik des Prinzips lautet: „Je mehr Leute eine bestimmte Idee für richtig halten, umso mehr nimmt der Einzelne die Idee als richtig wahr“ (S. 167). Bei der Anwerbung des Opfers wird das Verhalten – in diesem Fall der Beitritt in die Sekte – anderer Sektenanhänger zwar nicht direkt beobachtet, aber genau diese Idee, dass es „richtig“ sei der Gruppe beizutreten, so wie es andere Mitglieder getan haben, soll dem Umworbenen suggeriert werden. In eindrucksvoller Weise erläutert Cialdini weiterhin, wie und wann das „Prinzip der sozialen Bewährtheit“ funktioniert. Dabei bezieht er sich immer wieder auf Belege aus der sozialpsychologischen Forschung. So konnte zum Beispiel eine Studie (Craig & Prkachin, 1978) zeigen, welchen Einfluss das Prinzip auf das Schmerzempfinden haben kann. Die Versuchspersonen erlebten Elektroschocks als weniger schmerzhaft, wenn eine andere 9
  • 10. Versuchsperson zu beobachten war, die die Schocks ohne Anzeichen von Schmerzen ertrug (Cialdini, 2004, S.157). Die Methoden der Einflussnahme funktionieren unter bestimmten Umständen besser als unter anderen. Bezogen auf „soziale Bewährtheit“ beschreibt Cialdini Unsicherheit als eine solche Bedingung: Allgemein gilt, dass wenn wir unsicher sind, wenn die Situation unklar oder mehrdeutig ist, wenn alles ungewiss ist, wir am ehesten geneigt sind, unser Augenmerk darauf zu richten, was andere tun, und deren Verhalten zur Richtschnur unseres eigenen Handelns zu machen (Tesser, Campbell & Mickler, 1983; Wooten & Reed, 1998). (S. 168) Diese Feststellung erklärt unter anderem, warum die anfangs erläuterten Prädispositionen von Kultmitgliedern (Gross, 1996; Stamm, 1996) den Faktor der Beeinflussbarkeit verstärken. Wenn der Angeworbene eine relativ labile Psyche aufweist und somit zu Unsicherheit neigt, dann ist er auch am ehesten dazu geneigt, sich danach zu richten, was andere tun. Die Anwerber haben dadurch ein leichteres Spiel, wenn sie begeistert von der heilenden Sektengemeinschaft berichten. Das Opfer ist auf seiner Suche nach Erlösung ohnehin schon danach orientiert, was andere machen, und ist mit der Andeutung auf die Euphorie in der Sektengruppe leichter zu begeistern. Cialdini nennt als weitere wichtige Bedingung für die Wirkung „sozialer Bewährtheit“ Ähnlichkeit und erläutert: Das Prinzip der sozialen Bewährtheit kommt am stärksten zur Geltung, wenn wir das Verhalten von Leuten beobachten, die so sind wie wir (Festinger, 1954). [....] Die Handlungen anderer dienen uns besonders dann als Orientierungshilfe für unser eigenes Verhalten, wenn wir diese anderen als uns ähnlich betrachten. (S. 179 ff.) Bei der Anwerbung eines potentiellen Sektenmitglieds wird diese Bedingung ebefalls zu Gunsten der Überzeugungskraft angewendet. Laut Stamm geben die Gruppen vor, genau die Antworten gefunden zu haben, die die Probleme ihrer Gesprächspartner lösen können. Vorher werden die Umworbenen in ein Gespräch verwickelt, in welchem sie ihre Schwierigkeiten und Ängste mitteilen und die Anwerber große Anteilnahme vortäuschen. Die persönlichen Informationen benutzen die Gruppenanhänger, um anschließend ein Heilsprogramm zu entwickeln, das auf die Bedürfnisse des Opfers abgestimmt ist. Dieses soll 10
  • 11. glauben, die Gruppe vertrete die Heilslehre, die es schon immer gesucht habe. In der Hoffnung, endlich die wahren Gleichgesinnten zu finden, die ihm ähnlich sind, öffnet sich der Angeworbene für die nächsten Schritte der Indoktrination (Stamm, 1996, S. 35 ff.) Das wohl späktakulärste Beispiel, bei dem das „Prinzip der sozialen Bewährtheit“ samt den Bedingungen Unsicherheit und Ähnlichkeit deutlich wird, ist der Massensuizid von Jonestown (Guyana) von 1978, bei dem sich fast 900 Menschen vorsätzlich vergifteten. Sie waren Anhänger der People’s Temple-Sekte und vorher von San Francisco in den Regenwald von Guyana (Südamerika) übergesiedelt, geführt von ihrem „Guru“ Jim Jones. Weil dieser befürchtete, man würde ihn bald verhaften, beschloss er, der Sektengemeinschaft ein Ende zu setzen und rief alle Mitglieder zur Selbsttötung auf – was dann schließlich ein Großteil befolgte. Cialdini erklärt die Bereitwilligkeit der Anhänger unter anderem mit den Bedingungen der „sozialen Bewährtheit“: Durch die Umsiedlung aus der modernen Großstadt in die fremden Regenwälder von Guyana enstand zum einen große Unsicherheit. Zum anderen gab es in der Umgebung von Jonestown nur die fremde Welt Guyanas, wodurch die Ähnlichkeits- wahrnehmung unter den Anhängern verstärkt wurde.1 Somit haben diese beiden Bedingungen das Prinzip der „sozialen Bewährtheit“ verstärkt und die Anhänger folgten „ihresgleichen“ nach und nach in den Tod. Auslöser für diesen Effekt, der an eine Ketten- reaktion erinnert, waren zum einen der „Befehl“ von Jones, zum anderen seine treuesten Anhänger, die zu allem bereit waren und damit zu „Vorbildern“ für die anderen wurden (Cialdini, 2004, S. 193 ff.). Eine weitere bedeutende Methode der Einflussnahme in diesem Bespiel war Autorität (hier: Jim Jones), deren Wirksamkeit später erläutert wird. 2.2. Sympathie: Stamm nennt als einfachste und gleichzeitig effizienteste Werbemethode aller vereinnahmen- den Gruppen den persönlichen Kontakt von Sektenanhängern zu ihren Bekannten, Verwandten und Angehörigen.2 Dabei spielt Vertrauen eine große Rolle, wie Cialdini meint: „Auf Grund seiner emotionalen Wirkung spielt der Grad der Vertrautheit mit Dingen oder 1 Zur Bedingung Ähnlichkeit hat wohl auch beigetragen, dass die Anhängerschaft vor allem aus den unteren Bevölkerungsschichten San Franciscos rekrutiert worden war – was auch bei der Anwerbung das „Prinzip der sozialen Bewährtheit“ verstärkt haben muss. 2 Das Vorhandensein von Sympathie zwischen einem Sektenanhänger und seinen Bekannten und Verwandten erklärt wohl die Einfachheit und Effizienz dieser Werbemethode. 11
  • 12. Personen eine wichtige Rolle bei allen möglichen Entscheidungen, die wir treffen...“ (S. 226). Wenn ein Kultmitglied seinen Angehörigen von einer mystischen oder religiösen Organisation etwas vorschwärmt, können sich diese kaum vorstellen, dass es sich dabei um eine Sekte handelt. Dadurch sinkt ihr kritisches Hinterfragen und die Bereitschaft steigt, sich mit der Gruppe und ihren Heilsvorstellungen näher auseinanderzusetzen. Außerdem wollen viele Umworbene ihre Bekannten und Verwandten nicht verletzen und ihre Heilslehre als „Hirngespinst“ abstempeln. Deshalb sind sie eher bereitwillg, zum Beispiel eine Einladung zu einer Veranstaltung anzunehmen oder ein angebotenes Sektenbuch zu lesen. Vor allem die Menschen, deren Lebenspartner in eine Sekte geraten ist, sind besonders gefährdet. Um die Beziehung zu erhalten oder aus Angst, den Partner zu verlieren, nehmen sie sogar an den Ritualen der Sekte teil (Stamm, 1996, S. 41 ff.). Wenn dagegen der Umworbene von Sektenanhängern kontaktiert wird, die ihm fremd sind dann kommt unter anderem die „Sympathieregel“ zum Tragen, die Cialdini (2004) wie folgt erläutert: „Die Häufigkeit, mit der Überzeugungsstrategen freundschaftliche Gefühle für ihre Zwecke einsetzten, sagt einiges über die Wirksamkeit der Sympathieregel für die Erzielung von Willfährigkeit aus. [....] Überzeugungsprofis [...] machen sich selbst erst einmal bei uns beliebt“ (S. 216). Besonders rhetorisch geschickten Sektenanwerbern gelingt es einfach, sich beim Umworbenen durch eine vermeintlich sympathische Ausstrahlung beliebt zu machen. Sympathie kann auch schon durch äußerliche Attraktivität erreicht werden. Es ist allgemein anerkannt, dass gut aussehende Menschen in der sozialen Interaktion einen Vorteil genießen. Hier wird der sogenannte „Halo-Effekt“ deutlich: Der Gesamteindruck, den eine Person auf eine andere macht, wird dominiert durch ein einzelnes positives Merkmal, das sie hat. So hat die Forschung gezeigt, dass gut aussehenden Menschen automatisch Eigenschaften zugeschrieben werden wie Begabung, Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Intelligenz (S. 218). Wie bei der „sozialen Bewährtheit“ kann auch die Sympathie durch Ähnlichkeit gesteigert werden. Dazu meint Cialdini: Wir mögen Leute, die uns ähnlich sind (Byrne, 1971). Dies gilt anscheinend unabhängig davon, ob die Ähnlichkeit im Bereich von Meinungen, Charaktereigenschaften, Herkunft oder Lebensstil besteht. Diejenigen also, die unsere Sympathie gewinnen wollen, um uns dann leichter zu etwas überreden zu können, erwecken am besten den Eindruck, uns in möglichst vieler Hinsicht ähnlich zu sein. (S. 221) 12
  • 13. 2.3. Autorität: Stamm sieht den Schlüssel zum tieferen Verständnis einer Sekte bei der Führungsgestalt. Dessen Biographie sagt einiges über die Dynamik oder die Indoktrinationsmethoden der totalitären Gruppe aus und gibt oft Aufschluss über die Gefährlichkeit oder eben Harmlosigkeit einer Bewegung. Die Sektengründer werden von ihren Anhängern verehrt, wachen über die Rituale und Kurse, die stets nach ihren Ideen praktiziert werden, und bestimmen das Gruppenleben und die Atmosphäre. Sie genießen besondere Autorität, da die Mitglieder sich Erlösung oder Heil von ihnen erhoffen. Das verleiht ihnen ein Gefühl von Macht, das ihnen helfen soll, ihre eigenen psychischen Defizite auszugleichen. Ihre Macht muss beständig zunehmen, um als Ersatzbefriedigung wirksam zu bleiben. Wenn allerdings bei einem Teil der Bevölkerung das Bedürfnis nach Führern nicht vorhanden wäre, wäre diese Macht gar nicht möglich. Die „Gurus“ profitieren vom Hang vieler Leute, sich zu unterwerfen (Stamm, 1996, S. 49 ff.). Warum so ein Bedürfnis überhaupt existiert, erklärt Cialdini (2004). Bei der Betrachtung der Organisation menschlicher Gesellschaften wird ein allgemeiner Gehorsam gegenüber Autoritäten deutlich. Ein breites Autoritätssystem verschafft einer Gesellschaft viele Vorteile und ist Voraussetzung für die Entwicklung von differenzierten Strukturen für die Produktion von Gütern, für Handel, Verteidigung, Expansion und soziale Kontrolle. Ohne dieses System würden menschliche Kulturen nicht entstehen und sich entwicklen können. Daher wird von Geburt an vermittelt, dass Gehorsam gegenüber den richtigen Autoritäten gut und Ungehorsam schlecht ist. Somit wird der Unterordnung unter legitime Herrschaft und der Loyalität ihr gegenüber ein hoher Wert beigemessen. Oft fragen die Mitglieder einer Gesellschaft gar nicht nach dem Sinn der autoritären Forderungen. Sie gehorchen quasi automatisch, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, denn alles, was von einer anerkannten Autorität stammt, kann als wertvolle Entscheidungshilfe in schwierigen Situationen dienen. Aus der Erkenntnis, dass Gehorsam gegenüber Autoritäten größtenteils lohnend ist, erfolgt auch schnell die Bereitschaft, automatisch zu gehorchen und sich dadurch vieles zu vereinfachen. In den meisten Fällen führt solcher gedankenloser Gehorsam die Gesellschaftsmitglieder dazu, das Richtige zu tun (S. 268 ff.). Wenn eine Autorität aber destruktive Ziele verfolgt – wie ein totalitärer Sektenführer –, dann bringt der blinde Gehorsam erhebliche Nachteile, weil einfach reagiert wird, anstatt zu überlegen. 13
  • 14. IV. Diskussion Es ist immer wieder erstaunlich, wie weit Menschen gehen können, um ihr vermeintlich absolutes Glück zu finden, und sich anscheinend bereitwillig und bewusst in die Destruktivität einer Sekte begeben. Im Alltagsdenken kann sich kaum einer vorstellen, selbst einmal in die Fänge einer Sekte zu geraten, denn das schlimmste passiert immer nur den „anderen“. Dieses soziale Phänomen nennt Singer (1997) „Illusion der Unverletzlichkeit“ (LV-Referat). In Anbetracht psychologischer Hintergründe wird es allerdings um einiges deutlicher, welche Mechanismen es gibt, die zeigen, dass im Grunde jeder Mensch wie „du und ich“ manipulierbar ist. Diese Tatsache ist mir persönlich in einer LV-Stunde deutlich geworden, in welcher der LV-Leiter seinen Studenten demonstriert hat, wie leicht man sich durch geschickte Darstellung von gefälschten „Dokumenten“ (Zeitungsartikel) täuschen lassen kann. Hier wurde vor allem das Prinzip der Autoritätshörigkeit in Verbindung mit Vertrautheit deutlich. Die Studenten haben einfach erwartet, dass der LV-Leiter schon wissen würde was er erzählt, denn es war schließlich seine Aufgabe, seine Studenten sachlich und informativ aufzuklären. Diese Erwartungshaltung und das Vertrauen in die praktische Erfahrung des LV-Leiters hat dazu geführt, dass seine Überzeugungstechniken bei fast allen Studenten Fuß fassen konnten. Erstaunlich war auch die erste Reaktion in der Gruppe nach der Darbietung des Materials. Obwohl sicherlich einige Studenten (so wie ich) das mulmige Gefühl hatten, dass da irgendwas faul sein muss, hat es zunächst keiner gewagt, gegen die Autorität des LV-Leiters etwas einzuwenden. Erst nach seinen fast aufdringlichen Anspielungen haben es 2 von 40 Studenten gewagt, seine manipulierte Darstellung als „Lüge“ zu enttarnen. Auch wurde hierbei das „Prinzip der sozialen Bewährtheit“ verbunden mit Unsicherheit deutlich. In der unklaren und mehrdeutigen Situation, in der die Studenten nicht wussten, was sie von der Darstellung des LV-Leiters halten sollen, waren sie am ehesten dazu geneigt, ihr Augenmerk darauf zu richten, was andere taten; nämlich Staunen und Schweigen. Es versteht sich fast von selbst, dass solche Überzeugungsmethoden in den Händen von Sekten keinem aufklärerischen Zweck dienen, sondern nur dazu, die Umworbenen für die Ideologie der Sekte zu gewinnen. Dass die Methoden der Indoktrination bei den Opfern besonders in kritischen Lebensphasen Wirkung zeigen, haben die anfangs dargestellten Prädispositionen gezeigt. Hier sei erwähnt, 14
  • 15. dass auch die pubertäre Zeit mit der anschließenden Identitätssuche eine solche Phase darstellt, was also jeden Menschen betrifft. Das Entscheidende für die Wirkung der compliance ist, dass sie durch Methoden erreicht werden kann, die den Opfern zum großen Teil unbewusst sind. Dass solche unbewussten Wirkungen im Alltagsleben durchaus ihren positiven Zweck haben, hat Cialdini (2004) eindrucksvoll bewiesen. Erst durch die Absichten von Sekten, möglichst viele Anhänger zu gewinnen, werden die gewohnten Reaktionsmuster der Opfer zu ihrem Verhängnis. Ehemaligen Sektenmitgliedern wird erst nach dem Ausstieg mit der Zeit bewusst, dass sie ihr Selbst in die fremde Hand der Sekte gelegt haben – wie der Gastvortrag eines ehemaligen Scientologen gezeigt hat. Dieser konnte sich kaum daran erinnern, wie und warum er überhaupt in die Sekte hineingeraten ist. Seine einzigen Anhaltspunkte waren, dass er damals vor der dem Eintritt ein „junger Wilder“ war, und dass er durch seine damalige Freundin mit Scientology in Kontakt gekommen war. Und plötlzlich war er „drin“. Was sich also in der Phase seiner Einbettung in die Sekte alles abgespielt hat, war ihm nicht wirklich bewusst zu der Zeit. Vor allem die „Sympathieregel“ und das Vertrauen zu seiner Freundin waren wohl die entscheidenden Faktoren, die Scientology ein leichteres Spiel ermöglicht haben. Denn die Freundin des Angeworbenen genoss sein Vertrauen, und dieser war bereitwillig, ihr einen Gefallen zu tun. Dazu kam, dass er sich in einer „wilden Phase“ befand, was seine Bereitwilligkeit, etwas neues zu erfahren, deutlich erhöht haben muss. Noch deutlicher wurde die erhöhte Beeinflussbarkeit während „kritischer Lebensphasen“ in unserem Fallbeispiel. Die 16-jährige hatte im großen und ganzen keine persönlichen Schwierigkeiten, war sozial gut eingebettet und zu kritischem Denken durchaus fähig. In der Zeit vor dem Sektenkontakt hatte sie auch schwierige Phasen im Leben, was für ein Mädchen in dem Alter durchaus üblich ist. Wie der ehemalige Scientologe geriet auch sie durch einen nahen Angehörigen (ihrem Vater) in die Sekte. Besonders erstaunlich ist, dass sie sich bereits nach zwei Wochen Urlaubsbesuch bei ihrem Vater zu einem fast völlig anderen Menschen gewandelt hat. Erklärbar ist dieser schnelle Wandel nur durch die Lebensphase, in der sie sich befand. Die Probleme, die in der Pubertät aufgetaucht waren, haben zur der altersüblichen Identitätssuche geführt. Im Gastvortrag von Mag. Philapitsch wurde diese Identitätsbildung als „Bewältigung von Entwicklungsaufgaben in der Pubertät/Adoleszenz“ bezeichnet, in diesem Fall durch Hinwendung zur Sekte. Diese konnte in kurzer Zeit massiv auf das besonders empfängliche Mädchen einwirken. 15
  • 16. V. Literaturverzeichnis Cialdini, R.B. (2004). Die Psychologie des Überzeugens. Bern: Huber. Gasper, H., Müller, J. & Valentin, F. (2000). Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen. Freiburg im Breisgau: Herder. Gross, W. (Hrsg). (1996). Psychomarkt – Sekten – destruktive Kulte. Bonn: Deutscher Psychologen Verlag. Stamm, H. (1996). Sekten. Im Bann von Sucht und Macht. München: Deutscher Taschenbuch Verlag. 16