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Failure mode Failure cause Effect of failure Result
mechanical
Sliding distance;
sliding velocity;
lubricating condition
Wear of sealing
edge
Loss of preload;
alteration of shape
Leakage
Analogue to wear of
sealing edge +
contamination
Loss of preload;
alteration of pressure
distribution
Wear of shaft Leakage
Thermal/chemical
Temperature at the
sealing edge;
poor heat dissipation
Bild 2: Ausfallmechanismen, Ausfallursachen und Auswirkungen
Figure 2: Failure modes, failure causes and effects of failures
4 Ausfallmechanismen und Lebensdauer
Jeder der oben aufgeführten Ausfallmechanismen tritt zu unterschiedlichen Zeiten im
Produktlebenszyklus auf. Dabei unterscheidet man drei Ausfallbereiche. Zuerst die
Frühausfälle, die durch ein abnehmendes Ausfallrisiko für jedes Teil bei zunehmen-
der Zeitdauer gekennzeichnet sind. Der Bereich der Zufallsausfälle, deren Ausfallrisi-
ko über die Zeit konstant ist, schließt an die Frühausfälle an. Die Spät-, Verschleiß-
oder Ermüdungsausfälle, die durch ein stetig steigendes Risiko auszufallen charakte-
risiert werden können, treten bei langen Laufzeiten auf.
In Bild 3 (figure 3) ist die sogenannte „Badewannenkurve“ dargestellt, die häufig zur
Verdeutlichung des Ausfallverhaltens von Bauteilen genutzt wird. Aufgetragen ist die
Ausfallrate über der Laufzeit, welche das Risiko eines noch nicht ausgefallenen
Teiles beschreibt, im nächsten Zeitintervall auszufallen. Die Hauptausfallursachen
von RWDR können hierbei den verschiedenen Bereichen der Badewannenkurve zu-
geordnet werden. Jedem dieser Bereiche ist auch der entsprechende Formparame-
ter b der Weibullverteilung zugeordnet. Die Frühausfälle werden bei der Lebens-
dauerauswertung nicht berücksichtigt, da diese durch eine korrekte Auslegung und
Qualitätssicherung nicht auftreten sollten. Der Bereich der Zufallsausfälle ist bei-
spielsweise durch Schmutz- oder Ölkohlepartikel im Dichtspalt gekennzeichnet. Im
Hardening/glazing
of sealing edge
Loss of pump mechanism;
cracks in sealing edge
Hardening of seal
elastomer
Oil carbon deposit
at sealing edge
Overall/oil sump tem-
perature level
Local and overall
temperature level
Loss of seal flexibility;
loss of preload
Loss of pump mechanism;
particle in sealing gap
Leakage
Leakage
Leakage
A 03    75
76    15th
ISC
dritten Bereich, dem der Verschleiß- oder Ermüdungsausfälle, sind vor allem Ausfälle
durch Verschleißen der Dichtkante, Welleneinlauf oder Verhärtung des Elastomers
zu erwarten. Für diese Ausfallmechanismen ist auch eine gewisse Laufzeit erforder-
lich, um einen Ausfall zu verursachen.
Early
failures
b<1
Random
failures
b=1
Wearout
failures
b>1
Failurerate(t)
Time t
Attribute
Cause
(general)
Cause
(RSS)
Failure risk decreasing,
while time is increasing
assembly error
material defect
incompatibility Fluid/RSS
assembly error
material defect
Failure risk constant
operating error
maintenance fault
oil carbon
dirt particles
Failure risk increasing,
while time is increasing
fatigue
wear
elastomer deterioration
sealing edge wear
shaft wear
Warranty period
Bild 3: Ausfallmechanismen von RWDR in der Badewannenkurve
Figure 3: Failure modes of RSS in bathtub curve
5 Auswertung über die Weibullverteilung
Die Auswertung von Felddaten ist die wichtigste Methode zur Bestimmung der Le-
bensdauer von Produkten unter realen Einsatzbedingungen. Prüfstandversuche ge-
ben wegen der erforderlichen Vereinfachungen und Abstraktionen des Prüfaufbaus
nicht die im Praxiseinsatz auftretenden Belastungen wieder. Die im Folgenden aus-
gewerteten Daten stammen aus Schadensfällen von Rückläufern aus dem Feld, bei
denen Leckage festgestellt wurde.
Die bei der Auswertung von Maschinenbauprodukten am häufigsten verwendete Ver-
teilung zur Beschreibung des Ausfallverhaltens ist die Weibullverteilung. Durch ihre
drei Parameter, den Formparameter b, die charakteristische Lebensdauer T und die
ausfallfreie Zeit t0, eignet sich diese Verteilung sehr gut zur Beschreibung verschie-
denster zeitlicher Verläufe von Ausfällen /2/.
Jedem Ausfallzeitpunkt wird bei der Auswertung eine Ausfallwahrscheinlichkeit zu-
geordnet. Dazu werden die Ausfallzeiten oder Ranggrößen ti der Reihenfolge nach
geordnet und je nach Rang die zugehörige Ausfallwahrscheinlichkeit F(ti) über die
Näherungsgleichung Gl. (1) bestimmt.
%100
4,0
3,0
)(
n
i
tF i
(1)
Die so erhaltenen Werte werden in das Weibullwahrscheinlichkeitspapier eingetra-
gen. Über die Maximum-Likelihood-Methode, eine Parameterschätzmethode, wird
eine Ausgleichskurve durch die Punkte gelegt, siehe Bild 4 (figure 4).
6 10 60
0.1
0.3
0.5
1.0
3.0
5.0
10.0
30.0
90.0
99.0
99.9
63.2
standardised lifetime t 10²
failureprobabilityF(t)in%
failure
curve of best fit
95% - confidence limit
5% - confidence limit
Shape parameter b = 1.85;
Standardised characteristic
lifetime T = 2000;
Standardised failure free
time t0
= 584;
Standardised B10
lifetime = 1005failure
Bild 4: Ausfallpunkte und Weibullgerade mit Vertrauensbereich
Figure 4: Failures and weibull line with confidence interval
Der Wert des Formparameters b von 1,85 deutet wie in Bild 3 (figure 3) dargestellt
auf Verschleiß- oder Ermüdungsausfälle hin, was in der Vielzahl der Ausfälle von
RWDR zutrifft. Die vorhandene ausfallfreie Zeit zeigt, dass ein Ausfall des Dichtrings
erst nach einer gewissen Laufzeit eintritt. Dies wird durch eine andauernde Schädi-
gung beispielsweise durch thermische Einflüsse oder Materialabtrag verursacht. Die
BB
6
10-Lebensdauer ist analog zur L10-Lebensdauer von Wälzlagern, die Zeit, bis zu der
10% der Dichtringe ausgefallen sind. Zusätzlich dargestellt ist der 90% Vertrauens-
bereich, der durch die Anzahl der Ausfälle von >500 Teilen sehr schmal ist.
Auswertung als zensierte Stichprobe
Die im vorigen Abschnitt gezeigte Auswertung der Ausfalldaten ist die Auswertung
einer Stichprobe, also eines Teiles der Grundgesamtheit, die alle verwendeten Dicht-
ringe umfasst. Um Rückschlüsse auf das Ausfallverhaltens der Grundgesamtheit
ziehen zu können, muss die zur Auswertung verwendete Stichprobe repräsentativ
sein. Um eine repräsentative Stichprobe zu erhalten, müssen die Elemente der
Stichprobe unabhängig sein und zufällig ausgewählt werden.
A 03    77
78    15th
ISC
Bei Feldausfällen sind die den Daten zugrunde liegenden Dichtringe nicht zufällig
aus allen Dichtungen ausgewählt, sondern die Rückläufer sind normalerweise die
Teile mit der höchsten Beanspruchung beziehungsweise die Teile mit den schlech-
testen Eigenschaften, siehe Bild 5 (figure 5).
densityfunction
load capacity
distribution
load
distribution
failures
basic population
first
Failures
representative
sample
highest loadlowest load
capacity
Bild 5:Einfluß der Belastung und Belastbarkeit auf die Stichprobenauswahl
Figure 5: Influence of load and load capacity on sample selection
Somit ist die verwendete Stichprobe nicht repräsentativ, sondern bildet nur das Aus-
fallverhalten der ersten Fehler ab. Dadurch kommt es zu einer konservativen Ab-
schätzung des Ausfallverhaltens aller Dichtringe. Um Rückschlüsse auf die Grund-
gesamtheit ziehen zu können, müssen die nicht ausgefallenen Teile berücksichtigt
werden, die Stichprobe muss also zensiert ausgewertet werden.
Für unvollständige Daten, wie sie bei Felddaten vorliegen, werden häufig zwei Ver-
fahren zur Zensierung eingesetzt, zum einen das Verfahren nach Johnson und zum
anderen das Verfahren des Sudden Death Testing bei Feldausfällen. Bei beiden Ver-
fahren werden die nicht ausgefallenen Teile zwischen den Ausfällen verteilt, dadurch
ergeben sich hypothetische Rangzahlen j, die nach Gl. (2) berechnet werden.
deTeiledavorligenn
tjn
tjtNtjtj
j
jjjj
1
)(1
)()()()(
1
11 (2)
Die Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit erfolgt mit den hypothetischen Rang-
zahlen aus Gl. (2) mit Gl. (3).
%100
4,0
3,0)(
)(
n
tj
tF i
j (3)
Beim Johnson Verfahren müssen die Laufstrecken der nicht ausgefallenen Teile be-
kannt sein. Je nach Laufzeit werden diese dann zwischen den Ausfällen verteilt. Im
vorliegenden Datensatz waren die Produktionszeiträume und die Rücklaufzeiten be-
kannt.
Beim Sudden Death Verfahren bei Feldausfällen werden die Daten gleichmäßig vor
und zwischen den Ausfällen verteilt. Dadurch ergibt sich eine konservativere Ab-
schätzung des Ausfallverhaltens als bei der Methode nach Johnson, siehe Bild 6
(figure 6). Diese Auswertemethode wird dann angewandt, wenn über die Laufzeiten
der nicht ausgefallenen Teile keinerlei Informationen vorliegen.
failureprobabilityF(t)10-2
%
0.45
1.2
3.35
9.1
24.8
standardised lifetime 10²
10 20 30 405 6 7 8 9
0.008
sudden death
testing in field tests
Johnson methodweibull curve
Shape parameter b = 1.85;
Standardised characteristic
lifetime T = 92 300;
Standardised failure free
time t0
= 584;
Bild 6: Auswertung der Ausfälle nach Johnson und Sudden Death bei Feldausfällen
Figure 6: Analysis of failures with Johnson method and sudden death on field data
Durch die Zensierung werden die zugeordneten Ausfallwahrscheinlichkeiten zu ge-
ringeren Werten verschoben. Dadurch ergeben sich, bei qualitativ gleichem Verlauf
der Ausfälle, höhere Werte für die charakteristische Lebensdauer T. Die ausfallfreie
Zeit t0 und der Formparameter b verändern sich nicht, da sich der zugrunde liegende
Ausfallmechanismus und die Zeit des ersten Ausfalls nicht ändert. Die charakteristi-
sche Lebensdauer kann somit über die bekannten Parameter b und t0 über die Glei-
chung der Weibullverteilung berechnet werden.
01
0
)))(1ln((
)(
t
tF
tt
T
b
(4)
Damit ergibt sich für die Auswertung nach der Sudden Death Methode bei Feldaus-
fällen die normierte charakteristische Lebensdauer T, mit b = 1,85 und t0 = 584 zu
92 300. Das entspricht einer Erhöhung um das 45-fache gegenüber der unzensierten
Auswertung aus Kapitel 5. Der Verlauf der Weibullverteilung ist in Bild 6 (figure 6)
dargestellt.
Die Sudden Death Methode bewirkt eine etwas konservativere Schätzung als die
Methode nach Johnson, weshalb für weitere Auswertungen die durch die Sudden
Death Methode erhaltenen Ausfallverläufe gewählt werden.
A 03    79
80    15th
ISC
7 Auswertung von Mischverteilungen
Betrachtet man den Verlauf der Ausfälle in Bild 4 oder Bild 6 zeigen sich Knickstellen
und kein glatter Verlauf. Auch die Weibullkurve nähert den Verlauf nicht ideal an. Zu-
sätzlich liegen viele Ausfallpunkte weit außerhalb des zur Ausgleichskurve gehören-
den Vertrauensbereichs. Dies deutet darauf hin, dass diesen Ausfällen nicht nur eine
Verteilung zugrunde liegt, sondern eine Mischverteilung mit verschiedenen Unterver-
teilungen. Dabei steht jede Unterverteilung für einen anderen Ausfallmechanismus,
der einen spezifischen Parametersatz, für Weibullverteilungen b, T und t0, besitzt.
Wegen der verschiedenen Ausfallmechanismen ist eine Mischverteilung bei den Aus-
fällen von RWDR naheliegend. Mit den Unterverteilungen für die verschiedenen Aus-
fallmechanismen können die Lebensdauern für den spezifischen Anwendungsfall
genauer bestimmt werden. Sind bei einer Anwendung nur Ausfälle durch Ölkohle zu
erwarten, ist nur die Verteilung des Ausfallmechanismus Ölkohle zu betrachten. Da-
mit sind genauere Lebensdauerabschätzungen möglich.
Zur Auswertung dieser Mischverteilungen bietet sich die Aufteilung des Ausfalldaten-
bereichs in Abschnitte an. Diese werden getrennt ausgewertet, siehe Bild 7
(figure 7).
failureprobabilityF(t)10-2
%
0.45
1.2
3.35
9.1
24.8
standardised lifetime 10²
10 20 30 405 6 7 8 9
0,008
region I region II region III
weibull curve
region I
weibull curve
region II
weibull curve
region IIIweibull curve
mixed distribution
region I:
bI
= 0.83
TI
= 1.66 108
t0I
= 620
region II:
bII
= 2.66
TII
= 19 846
t0II
= 719
region III:
bIII
= 1.16
TIII
= 633 610
t0III
= 940
Bild 7: Abschnittsweise Auswertung der Mischverteilung
Figure 7: Analysis of mixed distribution in regions
In dem im Bild dargestellten Graphen lassen sich drei Abschnitte klar unterscheiden.
Der erste Abschnitt vom ersten Ausfall bis zum Übergang in den im Weibullgraphen
fast linear ansteigenden Bereich der Ausfallkurve. Der zweite Abschnitt für den linea-
ren Bereich und der dritte Abschnitt vom Übergang aus dem linearen Bereich bis
zum letzten Ausfall. Die bereichsweise ausgewerteten Unterverteilungen wurden
ebenfalls als weibullverteilt angenommen. Die Parameter der Verteilungen sind Bild 7
(figure 7) zu entnehmen. Die Verteilungen bilden den jeweiligen Bereich sehr gut ab.
Die Korrelationskoeffizienten liegen bei 0,95, 0,998 und 0,99. Jedoch wird bei dieser
Auswertemethode keine Überlagerung zwischen den Ausfallmechanismen berück-
sichtigt, wie es in der Realität der Fall ist. Dies zeigt sich in Bild 7 (figure 7) darin,
dass sich die Weibullkurven der einzelnen Bereiche überlappen. Diese Überlappung
führt dazu, dass die Verteilung des zweiten Bereichs im dritten Bereich vorherr-
schend ist. Dies ist an der Lage der Kurve des dritten Bereichs über der des zweiten
Bereichs erkennbar. Ebenso ist die Verteilung des dritten Bereichs im zweiten Be-
reich vorherrschend. Dadurch ergibt sich eine fehlerhafte Abbildung des gesamten
Ausfallverhaltens. Es ergibt sich eine konservative Lebensdauerabschätzung.
Eine sehr vielversprechende Methode zur analytischen Bestimmung von Mischvertei-
lungsparametern ist die Maximum-Likelihood-Methode mit dem „Expectation and
Maximization“ Algorithmus MLE/EM /3/. Damit ist es möglich, sowohl Ausfalldaten-
sätze mit bekannten und unbekannten Ausfallmechanismen auszuwerten. Deshalb
wird diese Methode bei zukünftigen Auswertungen angewandt werden. Die Grundla-
ge bildet die Parameterschätzung mittels der Maximum-Likelihood-Methode /2/. All-
gemein ist die Likelihood-Funktion L für Typ II zensierte Stichproben definiert mit:
rn
T
r
j
j tRtf
rn
n
tL )|()|(
)!(
!
);(
1
(5)
Zur einfacheren Berechnung kann die monotone Likelihood-Funktion logarithmiert
werden. Zusätzlich ergibt sich durch das Logarithmieren der Term der Mischungs-
verhältnisse.
r
j
m
i
iTj ptRrntf
rn
n
tL
1 1
)1()|(ln)()|(ln
)!(
!
ln);(ln (6)
Durch Differentiation der logarithmierten Likelihood-Funktion nach den Parametern i
ergeben sich 4·m Gleichungen. Mit diesen Gleichungen lassen sich die Weibullpa-
rameter bi, Ti, t0i und das Mischungsverhältnis pi berechnen.
Im zweiten Schritt, dem Expectation and Maximization Schritt, müssen die Wahr-
scheinlichkeiten bestimmt werden, mit der die jeweiligen Ausfälle zu den Verteilun-
gen gehören. Grundlage davon ist der Satz von Bayes:
)(
)(
)|(
eintZeitzurtrittjAusfallP
eintZeitzurtrittjAusfalliilungUntervertejAusfallP
tiP
j
j
j (7)
A 03    81
82    15th
ISC
Dies ergibt für die ausgefallenen Teile:
)|(
),,|(
)|(
0
j
iiijii
j
tf
tTbtfp
tiP (8)
Und für die nicht ausgefallenen Teile:
)|(
),,|(
)|( 0
T
iiiTii
T
tR
tTbtRp
tiP (9)
Durch Umstellen können die Parameter iterativ geschätzt werden. Der Ablauf der
Parameterschätzung stellt sich folgendermaßen dar:
1. Wahl der Anfangsparameter bi
(0)
, Ti
(0)
, t0i
(0)
, pi
(0)
2. Erster Teilschritt Iterationsschritt h Berechnung von PP
(h)
(i|t )j
3. Zweiter Teilschritt Iterationsschritt h Bestimmung der bi
(h+1)
, Ti
(h+1)
, t0i
(h+1)
, pi
(h+1)
über PP
8 Zusammenfassung
(h)
(i|t ):j
a. Bestimmung von bi
(h+1)
über das Newton-Raphson-Verfahren
b. Bestimmung von Ti
(h+1)
c. Bestimmung von t0i
(h+1)
d. Berechnung von pi
(h+1)
Damit können Parametersätze für die Weibullunterverteilungen bestimmt werden, die
das Ausfallverhalten sehr gut beschreiben. Der MLE/EM-Algorithmus ist ein robuster
Algorithmus, dessen Lösungen kaum von der Wahl der Anfangsparameter beein-
flusst werden. Deshalb und durch die Möglichkeit beliebig viele Unterverteilungen in
einer Mischverteilung zu bestimmen, eignet sich diese Methode sehr gut zur Auswer-
tung von Felddaten von RWDR.
Durch die statistische Auswertung von Ausfalldaten, sowohl aus dem Feld als auch
aus Prüfstandversuchen, können Informationen über die Lebensdauer und das Ver-
halten von Dichtringen gewonnen werden. Obwohl bei Felddaten nicht alle Umge-
bungsbedingungen bekannt sind, kann durch die große Anzahl an Daten eine zuver-
lässige Aussage getroffen werden. Die Sammlung und Analyse von Rückläuferdaten
bringt eine zusätzliche Sicherheit bei der Bestimmung der Lebensdauer. Dies gilt vor
allem bei sehr langen Betriebsdauern, die in Versuchen nur schwer ermittelt werden
können. Dadurch können Versuchszeiten von mehreren tausend Stunden eingespart
werden. Ebenso kann die notwendige Anzahl von Prüflingen bei gleicher Aussagesi-
cherheit deutlich reduziert werden. Durch die Auswertung von Mischverteilungen las-
sen sich zusätzliche Rückschlüsse auf das Ausfallverhalten von verschiedenen Aus-
fallmechanismen ziehen und damit auch für unterschiedliche Anwendungsfälle eine
genaue Aussage treffen.
9
10
Literaturhinweise
/1/ DIN 3761 Radial-Wellendichtringe für Kraftfahrzeuge. Berlin, Beuth, 1984.
/2/ Bertsche, B.; Lechner, G.:
Zuverlässigkeit in Maschinenbau und Fahrzeugtechnik 3. Auflage. Berlin:
Springer, 2004.
Reliability in Automotive and Mechanical Engineering. Berlin: Springer 2008.
/3/ Jiang, S.:
Mixed Weibull Distributions in Reliability Engineering – Statistical Models for
the Lifetime of Units with Multiple Modes of Failures. Dissertation, University of
Arizona, 1991.
Formelzeichen
b Formparameter der Weibullverteilung
BB
10 Lebensdauer bei einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 10%
f(tj| ) Ausfalldichte der Weibullmischverteilung
F(ti) Ausfallwahrscheinlichkeit
h Iterationsschritt
i Index der Unterverteilung
j(tj-1) Index der ausgefallenen Teile
L Likelihood-Funktion
m Anzahl der Unterverteilungen
n Stichprobenumfang
N(ti) Zuwachs zur Rangzahl
pi Mischungsverhältnis der Unterverteilung
P(i|tj) Die Wahrscheinlichkeit das der Ausfall zu Unterverteilung i gehört unter
der Bedingung, dass er zur Zeit tj eingetreten ist
r Anzahl der Ausfälle in der Stichprobe
R(tT| ) Zuverlässigkeit der Weibullmischverteilung
t Ausfallzeit
t0 Ausfallfreie Zeit
T Charakteristische Lebensdauer
Lagrange Multiplikator
Parametervektor der Weibullmischverteilung
A 03    83
15th
ISC    85
Group A
Session 3
Rotary Shaft Seals / Wellendichtungen
A 4
Dipl.-Ing. Pat.-Ing. Stefan Schmuker, Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Haas, IMA der Universität
Stuttgart
Load Cycle Design for Testing of Lip Seals Gestaltung von Lastkollektiven zur Unter-
suchung von Radial-Wellendichtungen
A 5
Dipl.-Ing. Pat.-Ing. Gert Baitinger, Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Haas, IMA der Universität Stuttgart
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Topology of Sealing Contact Faces
Ganzheitlicher Ansatz zur Charakterisie-
rung der Topologie von Dichtungslauf-
flächen
A 6
Dipl.-Ing. Tobias Engelke, Prof. Dr.-Ing. Gerhard Poll, Leibnitz Universität Hannover, IMKT,
Dr. rer. nat Ulrich Giese, Deutsches Institut für Kautschuktechnologie e.V. (DIK), Hannover
Compatibility of Seal Ring Materials and
Synthetic Oils
Dichtungsverträglichkeit von Synthetikölen
A 7
Dr.-Ing. Eberhard Bock, Dipl.-Ing. (FH) Martin Gramlich, Dr.-Ing. Ulrich K. Frenzel, Freudenberg
Dichtungs- und Schwingungstechnik GmbH & Co. KG, Weinheim
A Novel Seal for Crankshaft Bearings Neuartige Dichtung zum Abdichten von
Gleitlagern
    85
Gestaltung von Lastkollektiven zur Untersuchung von Radial-
Wellendichtungen
Dipl.-Ing. Pat.-Ing. Stefan Schmuker, Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Haas
Institut für Maschinenelemente (IMA), Universität Stuttgart, Germany
1 Einleitung
Die Einsatzgebiete von Radial-Wellendichtungen und deren Betriebsbedingungen
sind äußerst verschieden. Demzufolge unterscheiden sich die Belastungen der
Dichtsysteme deutlich, was bei deren Gestaltung beachtet werden muss. Da Radial-
Wellendichtungen nicht rechnerisch ausgelegt werden können, ist häufig eine Funk-
tionsprüfung mittels Prüfstandversuchen notwendig. Um aussagefähige Ergebnisse
zu liefern, müssen diese Versuchsläufe die Belastungen des späteren Praxiseinsat-
zes abbilden, möglichst in geraffter Form, so dass kurze Versuchszeiten erreicht
werden. Dabei ist es wesentlich, dass die Hauptschädigungsmechanismen des Last-
kollektivs und des Einsatzfalles übereinstimmen. Bei falscher Parameterwahl sind die
Schädigungsmechanismen des Prüfstandversuches anders gewichtet als im tatsäch-
lichen Betrieb. Dies wirkt sich auf das Ausfallverhalten des Systems aus und bringt
das Risiko mit sich, dass aus den Versuchsergebnissen falsche Schlüsse gezogen
werden.
2 Radial-Wellendichtungen – Einsatzbedingungen und Einflussgrößen
Radial-Wellendichtungen werden eingesetzt, um die Durchtrittsstellen von Wellen
abzudichten. Die Betriebsstoffe müssen in den Aggregaten gehalten und jegliche
Fremdstoffe von außen am Eindringen gehindert werden. Einsatzbeispiele sind In-
dustrie- und Fahrzeuggetriebe in allen Varianten, Fluidpumpen, Elektrowerkzeuge
und -geräte und viele weitere Anwendungen aus allen Bereichen der Technik. Die
Einsatzbedingungen welche von Radial-Wellendichtringen ertragen werden müssen
sind dabei vielfältig. Betriebs- und Umgebungsbedingungen unterscheiden sich ab-
A 04    87

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  • 1. Failure mode Failure cause Effect of failure Result mechanical Sliding distance; sliding velocity; lubricating condition Wear of sealing edge Loss of preload; alteration of shape Leakage Analogue to wear of sealing edge + contamination Loss of preload; alteration of pressure distribution Wear of shaft Leakage Thermal/chemical Temperature at the sealing edge; poor heat dissipation Bild 2: Ausfallmechanismen, Ausfallursachen und Auswirkungen Figure 2: Failure modes, failure causes and effects of failures 4 Ausfallmechanismen und Lebensdauer Jeder der oben aufgeführten Ausfallmechanismen tritt zu unterschiedlichen Zeiten im Produktlebenszyklus auf. Dabei unterscheidet man drei Ausfallbereiche. Zuerst die Frühausfälle, die durch ein abnehmendes Ausfallrisiko für jedes Teil bei zunehmen- der Zeitdauer gekennzeichnet sind. Der Bereich der Zufallsausfälle, deren Ausfallrisi- ko über die Zeit konstant ist, schließt an die Frühausfälle an. Die Spät-, Verschleiß- oder Ermüdungsausfälle, die durch ein stetig steigendes Risiko auszufallen charakte- risiert werden können, treten bei langen Laufzeiten auf. In Bild 3 (figure 3) ist die sogenannte „Badewannenkurve“ dargestellt, die häufig zur Verdeutlichung des Ausfallverhaltens von Bauteilen genutzt wird. Aufgetragen ist die Ausfallrate über der Laufzeit, welche das Risiko eines noch nicht ausgefallenen Teiles beschreibt, im nächsten Zeitintervall auszufallen. Die Hauptausfallursachen von RWDR können hierbei den verschiedenen Bereichen der Badewannenkurve zu- geordnet werden. Jedem dieser Bereiche ist auch der entsprechende Formparame- ter b der Weibullverteilung zugeordnet. Die Frühausfälle werden bei der Lebens- dauerauswertung nicht berücksichtigt, da diese durch eine korrekte Auslegung und Qualitätssicherung nicht auftreten sollten. Der Bereich der Zufallsausfälle ist bei- spielsweise durch Schmutz- oder Ölkohlepartikel im Dichtspalt gekennzeichnet. Im Hardening/glazing of sealing edge Loss of pump mechanism; cracks in sealing edge Hardening of seal elastomer Oil carbon deposit at sealing edge Overall/oil sump tem- perature level Local and overall temperature level Loss of seal flexibility; loss of preload Loss of pump mechanism; particle in sealing gap Leakage Leakage Leakage A 03    75
  • 2. 76    15th ISC dritten Bereich, dem der Verschleiß- oder Ermüdungsausfälle, sind vor allem Ausfälle durch Verschleißen der Dichtkante, Welleneinlauf oder Verhärtung des Elastomers zu erwarten. Für diese Ausfallmechanismen ist auch eine gewisse Laufzeit erforder- lich, um einen Ausfall zu verursachen. Early failures b<1 Random failures b=1 Wearout failures b>1 Failurerate(t) Time t Attribute Cause (general) Cause (RSS) Failure risk decreasing, while time is increasing assembly error material defect incompatibility Fluid/RSS assembly error material defect Failure risk constant operating error maintenance fault oil carbon dirt particles Failure risk increasing, while time is increasing fatigue wear elastomer deterioration sealing edge wear shaft wear Warranty period Bild 3: Ausfallmechanismen von RWDR in der Badewannenkurve Figure 3: Failure modes of RSS in bathtub curve 5 Auswertung über die Weibullverteilung Die Auswertung von Felddaten ist die wichtigste Methode zur Bestimmung der Le- bensdauer von Produkten unter realen Einsatzbedingungen. Prüfstandversuche ge- ben wegen der erforderlichen Vereinfachungen und Abstraktionen des Prüfaufbaus nicht die im Praxiseinsatz auftretenden Belastungen wieder. Die im Folgenden aus- gewerteten Daten stammen aus Schadensfällen von Rückläufern aus dem Feld, bei denen Leckage festgestellt wurde. Die bei der Auswertung von Maschinenbauprodukten am häufigsten verwendete Ver- teilung zur Beschreibung des Ausfallverhaltens ist die Weibullverteilung. Durch ihre drei Parameter, den Formparameter b, die charakteristische Lebensdauer T und die ausfallfreie Zeit t0, eignet sich diese Verteilung sehr gut zur Beschreibung verschie- denster zeitlicher Verläufe von Ausfällen /2/. Jedem Ausfallzeitpunkt wird bei der Auswertung eine Ausfallwahrscheinlichkeit zu- geordnet. Dazu werden die Ausfallzeiten oder Ranggrößen ti der Reihenfolge nach geordnet und je nach Rang die zugehörige Ausfallwahrscheinlichkeit F(ti) über die Näherungsgleichung Gl. (1) bestimmt.
  • 3. %100 4,0 3,0 )( n i tF i (1) Die so erhaltenen Werte werden in das Weibullwahrscheinlichkeitspapier eingetra- gen. Über die Maximum-Likelihood-Methode, eine Parameterschätzmethode, wird eine Ausgleichskurve durch die Punkte gelegt, siehe Bild 4 (figure 4). 6 10 60 0.1 0.3 0.5 1.0 3.0 5.0 10.0 30.0 90.0 99.0 99.9 63.2 standardised lifetime t 10² failureprobabilityF(t)in% failure curve of best fit 95% - confidence limit 5% - confidence limit Shape parameter b = 1.85; Standardised characteristic lifetime T = 2000; Standardised failure free time t0 = 584; Standardised B10 lifetime = 1005failure Bild 4: Ausfallpunkte und Weibullgerade mit Vertrauensbereich Figure 4: Failures and weibull line with confidence interval Der Wert des Formparameters b von 1,85 deutet wie in Bild 3 (figure 3) dargestellt auf Verschleiß- oder Ermüdungsausfälle hin, was in der Vielzahl der Ausfälle von RWDR zutrifft. Die vorhandene ausfallfreie Zeit zeigt, dass ein Ausfall des Dichtrings erst nach einer gewissen Laufzeit eintritt. Dies wird durch eine andauernde Schädi- gung beispielsweise durch thermische Einflüsse oder Materialabtrag verursacht. Die BB 6 10-Lebensdauer ist analog zur L10-Lebensdauer von Wälzlagern, die Zeit, bis zu der 10% der Dichtringe ausgefallen sind. Zusätzlich dargestellt ist der 90% Vertrauens- bereich, der durch die Anzahl der Ausfälle von >500 Teilen sehr schmal ist. Auswertung als zensierte Stichprobe Die im vorigen Abschnitt gezeigte Auswertung der Ausfalldaten ist die Auswertung einer Stichprobe, also eines Teiles der Grundgesamtheit, die alle verwendeten Dicht- ringe umfasst. Um Rückschlüsse auf das Ausfallverhaltens der Grundgesamtheit ziehen zu können, muss die zur Auswertung verwendete Stichprobe repräsentativ sein. Um eine repräsentative Stichprobe zu erhalten, müssen die Elemente der Stichprobe unabhängig sein und zufällig ausgewählt werden. A 03    77
  • 4. 78    15th ISC Bei Feldausfällen sind die den Daten zugrunde liegenden Dichtringe nicht zufällig aus allen Dichtungen ausgewählt, sondern die Rückläufer sind normalerweise die Teile mit der höchsten Beanspruchung beziehungsweise die Teile mit den schlech- testen Eigenschaften, siehe Bild 5 (figure 5). densityfunction load capacity distribution load distribution failures basic population first Failures representative sample highest loadlowest load capacity Bild 5:Einfluß der Belastung und Belastbarkeit auf die Stichprobenauswahl Figure 5: Influence of load and load capacity on sample selection Somit ist die verwendete Stichprobe nicht repräsentativ, sondern bildet nur das Aus- fallverhalten der ersten Fehler ab. Dadurch kommt es zu einer konservativen Ab- schätzung des Ausfallverhaltens aller Dichtringe. Um Rückschlüsse auf die Grund- gesamtheit ziehen zu können, müssen die nicht ausgefallenen Teile berücksichtigt werden, die Stichprobe muss also zensiert ausgewertet werden. Für unvollständige Daten, wie sie bei Felddaten vorliegen, werden häufig zwei Ver- fahren zur Zensierung eingesetzt, zum einen das Verfahren nach Johnson und zum anderen das Verfahren des Sudden Death Testing bei Feldausfällen. Bei beiden Ver- fahren werden die nicht ausgefallenen Teile zwischen den Ausfällen verteilt, dadurch ergeben sich hypothetische Rangzahlen j, die nach Gl. (2) berechnet werden. deTeiledavorligenn tjn tjtNtjtj j jjjj 1 )(1 )()()()( 1 11 (2) Die Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit erfolgt mit den hypothetischen Rang- zahlen aus Gl. (2) mit Gl. (3). %100 4,0 3,0)( )( n tj tF i j (3) Beim Johnson Verfahren müssen die Laufstrecken der nicht ausgefallenen Teile be- kannt sein. Je nach Laufzeit werden diese dann zwischen den Ausfällen verteilt. Im vorliegenden Datensatz waren die Produktionszeiträume und die Rücklaufzeiten be- kannt.
  • 5. Beim Sudden Death Verfahren bei Feldausfällen werden die Daten gleichmäßig vor und zwischen den Ausfällen verteilt. Dadurch ergibt sich eine konservativere Ab- schätzung des Ausfallverhaltens als bei der Methode nach Johnson, siehe Bild 6 (figure 6). Diese Auswertemethode wird dann angewandt, wenn über die Laufzeiten der nicht ausgefallenen Teile keinerlei Informationen vorliegen. failureprobabilityF(t)10-2 % 0.45 1.2 3.35 9.1 24.8 standardised lifetime 10² 10 20 30 405 6 7 8 9 0.008 sudden death testing in field tests Johnson methodweibull curve Shape parameter b = 1.85; Standardised characteristic lifetime T = 92 300; Standardised failure free time t0 = 584; Bild 6: Auswertung der Ausfälle nach Johnson und Sudden Death bei Feldausfällen Figure 6: Analysis of failures with Johnson method and sudden death on field data Durch die Zensierung werden die zugeordneten Ausfallwahrscheinlichkeiten zu ge- ringeren Werten verschoben. Dadurch ergeben sich, bei qualitativ gleichem Verlauf der Ausfälle, höhere Werte für die charakteristische Lebensdauer T. Die ausfallfreie Zeit t0 und der Formparameter b verändern sich nicht, da sich der zugrunde liegende Ausfallmechanismus und die Zeit des ersten Ausfalls nicht ändert. Die charakteristi- sche Lebensdauer kann somit über die bekannten Parameter b und t0 über die Glei- chung der Weibullverteilung berechnet werden. 01 0 )))(1ln(( )( t tF tt T b (4) Damit ergibt sich für die Auswertung nach der Sudden Death Methode bei Feldaus- fällen die normierte charakteristische Lebensdauer T, mit b = 1,85 und t0 = 584 zu 92 300. Das entspricht einer Erhöhung um das 45-fache gegenüber der unzensierten Auswertung aus Kapitel 5. Der Verlauf der Weibullverteilung ist in Bild 6 (figure 6) dargestellt. Die Sudden Death Methode bewirkt eine etwas konservativere Schätzung als die Methode nach Johnson, weshalb für weitere Auswertungen die durch die Sudden Death Methode erhaltenen Ausfallverläufe gewählt werden. A 03    79
  • 6. 80    15th ISC 7 Auswertung von Mischverteilungen Betrachtet man den Verlauf der Ausfälle in Bild 4 oder Bild 6 zeigen sich Knickstellen und kein glatter Verlauf. Auch die Weibullkurve nähert den Verlauf nicht ideal an. Zu- sätzlich liegen viele Ausfallpunkte weit außerhalb des zur Ausgleichskurve gehören- den Vertrauensbereichs. Dies deutet darauf hin, dass diesen Ausfällen nicht nur eine Verteilung zugrunde liegt, sondern eine Mischverteilung mit verschiedenen Unterver- teilungen. Dabei steht jede Unterverteilung für einen anderen Ausfallmechanismus, der einen spezifischen Parametersatz, für Weibullverteilungen b, T und t0, besitzt. Wegen der verschiedenen Ausfallmechanismen ist eine Mischverteilung bei den Aus- fällen von RWDR naheliegend. Mit den Unterverteilungen für die verschiedenen Aus- fallmechanismen können die Lebensdauern für den spezifischen Anwendungsfall genauer bestimmt werden. Sind bei einer Anwendung nur Ausfälle durch Ölkohle zu erwarten, ist nur die Verteilung des Ausfallmechanismus Ölkohle zu betrachten. Da- mit sind genauere Lebensdauerabschätzungen möglich. Zur Auswertung dieser Mischverteilungen bietet sich die Aufteilung des Ausfalldaten- bereichs in Abschnitte an. Diese werden getrennt ausgewertet, siehe Bild 7 (figure 7). failureprobabilityF(t)10-2 % 0.45 1.2 3.35 9.1 24.8 standardised lifetime 10² 10 20 30 405 6 7 8 9 0,008 region I region II region III weibull curve region I weibull curve region II weibull curve region IIIweibull curve mixed distribution region I: bI = 0.83 TI = 1.66 108 t0I = 620 region II: bII = 2.66 TII = 19 846 t0II = 719 region III: bIII = 1.16 TIII = 633 610 t0III = 940 Bild 7: Abschnittsweise Auswertung der Mischverteilung Figure 7: Analysis of mixed distribution in regions In dem im Bild dargestellten Graphen lassen sich drei Abschnitte klar unterscheiden. Der erste Abschnitt vom ersten Ausfall bis zum Übergang in den im Weibullgraphen fast linear ansteigenden Bereich der Ausfallkurve. Der zweite Abschnitt für den linea- ren Bereich und der dritte Abschnitt vom Übergang aus dem linearen Bereich bis zum letzten Ausfall. Die bereichsweise ausgewerteten Unterverteilungen wurden
  • 7. ebenfalls als weibullverteilt angenommen. Die Parameter der Verteilungen sind Bild 7 (figure 7) zu entnehmen. Die Verteilungen bilden den jeweiligen Bereich sehr gut ab. Die Korrelationskoeffizienten liegen bei 0,95, 0,998 und 0,99. Jedoch wird bei dieser Auswertemethode keine Überlagerung zwischen den Ausfallmechanismen berück- sichtigt, wie es in der Realität der Fall ist. Dies zeigt sich in Bild 7 (figure 7) darin, dass sich die Weibullkurven der einzelnen Bereiche überlappen. Diese Überlappung führt dazu, dass die Verteilung des zweiten Bereichs im dritten Bereich vorherr- schend ist. Dies ist an der Lage der Kurve des dritten Bereichs über der des zweiten Bereichs erkennbar. Ebenso ist die Verteilung des dritten Bereichs im zweiten Be- reich vorherrschend. Dadurch ergibt sich eine fehlerhafte Abbildung des gesamten Ausfallverhaltens. Es ergibt sich eine konservative Lebensdauerabschätzung. Eine sehr vielversprechende Methode zur analytischen Bestimmung von Mischvertei- lungsparametern ist die Maximum-Likelihood-Methode mit dem „Expectation and Maximization“ Algorithmus MLE/EM /3/. Damit ist es möglich, sowohl Ausfalldaten- sätze mit bekannten und unbekannten Ausfallmechanismen auszuwerten. Deshalb wird diese Methode bei zukünftigen Auswertungen angewandt werden. Die Grundla- ge bildet die Parameterschätzung mittels der Maximum-Likelihood-Methode /2/. All- gemein ist die Likelihood-Funktion L für Typ II zensierte Stichproben definiert mit: rn T r j j tRtf rn n tL )|()|( )!( ! );( 1 (5) Zur einfacheren Berechnung kann die monotone Likelihood-Funktion logarithmiert werden. Zusätzlich ergibt sich durch das Logarithmieren der Term der Mischungs- verhältnisse. r j m i iTj ptRrntf rn n tL 1 1 )1()|(ln)()|(ln )!( ! ln);(ln (6) Durch Differentiation der logarithmierten Likelihood-Funktion nach den Parametern i ergeben sich 4·m Gleichungen. Mit diesen Gleichungen lassen sich die Weibullpa- rameter bi, Ti, t0i und das Mischungsverhältnis pi berechnen. Im zweiten Schritt, dem Expectation and Maximization Schritt, müssen die Wahr- scheinlichkeiten bestimmt werden, mit der die jeweiligen Ausfälle zu den Verteilun- gen gehören. Grundlage davon ist der Satz von Bayes: )( )( )|( eintZeitzurtrittjAusfallP eintZeitzurtrittjAusfalliilungUntervertejAusfallP tiP j j j (7) A 03    81
  • 8. 82    15th ISC Dies ergibt für die ausgefallenen Teile: )|( ),,|( )|( 0 j iiijii j tf tTbtfp tiP (8) Und für die nicht ausgefallenen Teile: )|( ),,|( )|( 0 T iiiTii T tR tTbtRp tiP (9) Durch Umstellen können die Parameter iterativ geschätzt werden. Der Ablauf der Parameterschätzung stellt sich folgendermaßen dar: 1. Wahl der Anfangsparameter bi (0) , Ti (0) , t0i (0) , pi (0) 2. Erster Teilschritt Iterationsschritt h Berechnung von PP (h) (i|t )j 3. Zweiter Teilschritt Iterationsschritt h Bestimmung der bi (h+1) , Ti (h+1) , t0i (h+1) , pi (h+1) über PP 8 Zusammenfassung (h) (i|t ):j a. Bestimmung von bi (h+1) über das Newton-Raphson-Verfahren b. Bestimmung von Ti (h+1) c. Bestimmung von t0i (h+1) d. Berechnung von pi (h+1) Damit können Parametersätze für die Weibullunterverteilungen bestimmt werden, die das Ausfallverhalten sehr gut beschreiben. Der MLE/EM-Algorithmus ist ein robuster Algorithmus, dessen Lösungen kaum von der Wahl der Anfangsparameter beein- flusst werden. Deshalb und durch die Möglichkeit beliebig viele Unterverteilungen in einer Mischverteilung zu bestimmen, eignet sich diese Methode sehr gut zur Auswer- tung von Felddaten von RWDR. Durch die statistische Auswertung von Ausfalldaten, sowohl aus dem Feld als auch aus Prüfstandversuchen, können Informationen über die Lebensdauer und das Ver- halten von Dichtringen gewonnen werden. Obwohl bei Felddaten nicht alle Umge- bungsbedingungen bekannt sind, kann durch die große Anzahl an Daten eine zuver- lässige Aussage getroffen werden. Die Sammlung und Analyse von Rückläuferdaten bringt eine zusätzliche Sicherheit bei der Bestimmung der Lebensdauer. Dies gilt vor allem bei sehr langen Betriebsdauern, die in Versuchen nur schwer ermittelt werden können. Dadurch können Versuchszeiten von mehreren tausend Stunden eingespart werden. Ebenso kann die notwendige Anzahl von Prüflingen bei gleicher Aussagesi- cherheit deutlich reduziert werden. Durch die Auswertung von Mischverteilungen las- sen sich zusätzliche Rückschlüsse auf das Ausfallverhalten von verschiedenen Aus- fallmechanismen ziehen und damit auch für unterschiedliche Anwendungsfälle eine genaue Aussage treffen.
  • 9. 9 10 Literaturhinweise /1/ DIN 3761 Radial-Wellendichtringe für Kraftfahrzeuge. Berlin, Beuth, 1984. /2/ Bertsche, B.; Lechner, G.: Zuverlässigkeit in Maschinenbau und Fahrzeugtechnik 3. Auflage. Berlin: Springer, 2004. Reliability in Automotive and Mechanical Engineering. Berlin: Springer 2008. /3/ Jiang, S.: Mixed Weibull Distributions in Reliability Engineering – Statistical Models for the Lifetime of Units with Multiple Modes of Failures. Dissertation, University of Arizona, 1991. Formelzeichen b Formparameter der Weibullverteilung BB 10 Lebensdauer bei einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 10% f(tj| ) Ausfalldichte der Weibullmischverteilung F(ti) Ausfallwahrscheinlichkeit h Iterationsschritt i Index der Unterverteilung j(tj-1) Index der ausgefallenen Teile L Likelihood-Funktion m Anzahl der Unterverteilungen n Stichprobenumfang N(ti) Zuwachs zur Rangzahl pi Mischungsverhältnis der Unterverteilung P(i|tj) Die Wahrscheinlichkeit das der Ausfall zu Unterverteilung i gehört unter der Bedingung, dass er zur Zeit tj eingetreten ist r Anzahl der Ausfälle in der Stichprobe R(tT| ) Zuverlässigkeit der Weibullmischverteilung t Ausfallzeit t0 Ausfallfreie Zeit T Charakteristische Lebensdauer Lagrange Multiplikator Parametervektor der Weibullmischverteilung A 03    83
  • 10. 15th ISC    85 Group A Session 3 Rotary Shaft Seals / Wellendichtungen A 4 Dipl.-Ing. Pat.-Ing. Stefan Schmuker, Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Haas, IMA der Universität Stuttgart Load Cycle Design for Testing of Lip Seals Gestaltung von Lastkollektiven zur Unter- suchung von Radial-Wellendichtungen A 5 Dipl.-Ing. Pat.-Ing. Gert Baitinger, Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Haas, IMA der Universität Stuttgart An Integrated Approach to Characterize the Topology of Sealing Contact Faces Ganzheitlicher Ansatz zur Charakterisie- rung der Topologie von Dichtungslauf- flächen A 6 Dipl.-Ing. Tobias Engelke, Prof. Dr.-Ing. Gerhard Poll, Leibnitz Universität Hannover, IMKT, Dr. rer. nat Ulrich Giese, Deutsches Institut für Kautschuktechnologie e.V. (DIK), Hannover Compatibility of Seal Ring Materials and Synthetic Oils Dichtungsverträglichkeit von Synthetikölen A 7 Dr.-Ing. Eberhard Bock, Dipl.-Ing. (FH) Martin Gramlich, Dr.-Ing. Ulrich K. Frenzel, Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik GmbH & Co. KG, Weinheim A Novel Seal for Crankshaft Bearings Neuartige Dichtung zum Abdichten von Gleitlagern     85
  • 11. Gestaltung von Lastkollektiven zur Untersuchung von Radial- Wellendichtungen Dipl.-Ing. Pat.-Ing. Stefan Schmuker, Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Haas Institut für Maschinenelemente (IMA), Universität Stuttgart, Germany 1 Einleitung Die Einsatzgebiete von Radial-Wellendichtungen und deren Betriebsbedingungen sind äußerst verschieden. Demzufolge unterscheiden sich die Belastungen der Dichtsysteme deutlich, was bei deren Gestaltung beachtet werden muss. Da Radial- Wellendichtungen nicht rechnerisch ausgelegt werden können, ist häufig eine Funk- tionsprüfung mittels Prüfstandversuchen notwendig. Um aussagefähige Ergebnisse zu liefern, müssen diese Versuchsläufe die Belastungen des späteren Praxiseinsat- zes abbilden, möglichst in geraffter Form, so dass kurze Versuchszeiten erreicht werden. Dabei ist es wesentlich, dass die Hauptschädigungsmechanismen des Last- kollektivs und des Einsatzfalles übereinstimmen. Bei falscher Parameterwahl sind die Schädigungsmechanismen des Prüfstandversuches anders gewichtet als im tatsäch- lichen Betrieb. Dies wirkt sich auf das Ausfallverhalten des Systems aus und bringt das Risiko mit sich, dass aus den Versuchsergebnissen falsche Schlüsse gezogen werden. 2 Radial-Wellendichtungen – Einsatzbedingungen und Einflussgrößen Radial-Wellendichtungen werden eingesetzt, um die Durchtrittsstellen von Wellen abzudichten. Die Betriebsstoffe müssen in den Aggregaten gehalten und jegliche Fremdstoffe von außen am Eindringen gehindert werden. Einsatzbeispiele sind In- dustrie- und Fahrzeuggetriebe in allen Varianten, Fluidpumpen, Elektrowerkzeuge und -geräte und viele weitere Anwendungen aus allen Bereichen der Technik. Die Einsatzbedingungen welche von Radial-Wellendichtringen ertragen werden müssen sind dabei vielfältig. Betriebs- und Umgebungsbedingungen unterscheiden sich ab- A 04    87