Discussions about the transcription of Egyptian around 1866; knowledge and errors about phonetics and sound changes; in comparison: gaps in these fields in present day Egyptology.
Die Transkription des Ägyptischen ab Lepsius und die ägyptische historische Phonetik
1. Die Transkription des Ägyptischen
ab Lepsius
und
die ägyptische historische Phonetik
Helmut
Satzinger
Universität
Wien
Erman-‐Tag
Berlin
2010
22.
November
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
2. Zeitschrift
für
ägyptische
Sprache
und
Alterthumskunde
4,
1866:
• François
Chabas,
«
Quelques
observations
sur
l'écriture
et
sur
la
langue
de
l'ancienne
Égypte.
»
ZÄS
4
(1866)
42-‐49
• Vicomte
Emmanuel
de
Rougé,
«
Note
sur
la
transcription
des
hiéroglyphes
à
M.
Lepsius.
»
ZÄS
4
(1866)
69-‐73
• Richard
Lepsius,
„Über
die
Umschrift
der
Hieroglyphen.“
ZÄS
4
(1866)
73-‐81
Eine
Diskussion
zur
Transkription
der
ägyptischen
Hieroglyphen:
3. Herausgeber: 1863-94, H. Brugsch (with R. Lepsius, 1864-84; A. Erman, 1881-84, 1889-94;
L. Stern, 1881-88); 1894- G. Steindorff (with A. Erman, 1894-1907).
4. François Chabas, « Étude analytique d'un texte difficile.» - In: F. Chabas (éd.),
Mélanges égyptologiques, sér. 2. - Chalon-sur-Saone : Dejussieu, 1864. - S.
183-230
„Es gab weder einen Gott Su,
noch einen Gott Sut, noch
einen Gott Suti, noch einen
Gott Suten, noch einen Gott
Sutekh. Man muss sich an Set
halten, einen schrecklichen
Gott, dessen Namen das
klassische Altertum genau
gekannt hat, und soll sich nicht
mit den orthographischen
Formen abgeben, die die
Schreiber aus Beweggründen,
die wir nur unvollkommen
erraten können, übernommen
haben.“
5. Ich betrachte ganz einfach als eine der Formen des
Namens Set, für den die Hauptvarianten sind:
, in koptischer Schrift st ;
, in koptischer Schrift sy ;
, in koptischer Schrift syti ;
, in koptischer Schrift syt ;!
, in koptischer Schrift sytn ;
, in koptischer Schrift syt; ;
, bildhafte Form.
!
François Chabas, « Étude analytique d'un texte difficile.» - In: F. Chabas (éd.),
Mélanges égyptologiques, sér. 2. - Chalon-sur-Saone : Dejussieu, 1864. - S.
183-230
„Es gab weder einen Gott Su,
noch einen Gott Sut, noch
einen Gott Suti, noch einen
Gott Suten, noch einen Gott
Sutekh. Man muss sich an Set
halten, einen schrecklichen
Gott, dessen Namen das
klassische Altertum genau
gekannt hat, und soll sich nicht
mit den orthographischen
Formen abgeben, die die
Schreiber aus Beweggründen,
die wir nur unvollkommen
erraten können, übernommen
haben.“
6. ZÄS 1, 15
ZÄS 1, 22
TpH.t qr.tj Abw
nn hAb mtw.w≠k jm≠j
ZÄS 1, 30
swAS.w n.w Hm.w-nTr Hr Dd nfrw
Proben von Umschrift aus ZÄS 1, 1963
(alle von H. Brugsch):
9. Die Zeichen für schwache Konsonanten (einschließlich des ‘Ayin)
wurden bis Ende des 19. Jh. für Vokalzeichen gehalten:
1) Hiero-
glyphen
2) mod.
Umschr.
!"#$%&'(#
)*++#
,"-./&.#
)*++#
— # 08, i8, etc.#
1
A 0# 0#
A j (i) 0!# 0!#
5
j (i) /# /#
AA j (y) /# 1µ#
V
a 0µ# 0µ#
^
w &# &#
10. Labiale
sind 2-Laut-Zeichen: bA, pA, bzw.
in
der
Gruppenschrift
Silben
ba,
pa,
ursprüngliche 2-Laut-Zeichen bA, fA, in ptolemäischem
Gebrauch b und f.
de Rougé:
Lepsius:
14. Quellen
der
Erkenntnis:
1. Innerägyptische
Analyse:
z.B.
Wechsel
von
Konsonanten,
wie
t
und
T.
2. Vergleich
mit
dem
Koptischen.
3.
Vergleich
mit
semitischer
Schreibung
im
Fall
kanaanäischer
Namen
und
Fremdwörter.
Schwierigkeiten:
Ad 1.: Ungenügende Kenntnis der Lautgeschichte;
z.B. nicht Dental > Palatal, sondern immer
Velar > Palatal > Dental bzw. Velar > Palatal
*knw > Tnw > tnw tvn : uvn
gmj.t, gm.t > *gjîme/gjîne qine > *čîmi èimi
15. !"#$%&'"#&$#'&(')$*+,-$.-)$/0$1&$2-345$*67$%&+"#&($1'&$,8(&)4$
4&,"#'&1&)&)$ $3)1$ $)'"#87$%-#+$*6&($1*,$,&+8)&(&$3)1$9'8$ $
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$3)1$,&')&$/-9->#-)&$13("#$1&)$J3)A8$C3$3)8&(,"#&'1&)0$
Richard
Lepsius,
„Über
die
Umschrift
der
Hieroglyphen.“
ZÄS
4,
1866,
73-‐81
16. Quellen
der
Erkenntnis:
1. Innerägyptische
Analyse:
z.B.
Wechsel
von
Konsonanten,
wie
t
und
T.
2. Vergleich
mit
dem
Koptischen.
3.
Vergleich
mit
semitischer
Schreibung
im
Fall
kanaanäischer
Namen
und
Fremdwörter.
Schwierigkeiten:
Ad 2.: Ungenügende Kenntnis der Lautgeschichte;
z.B. nicht Dental > Palatal, sondern immer
Velar > Palatal > Dental bzw. Velar > Palatal.
Ungenügende Unterscheidung von Bohairisch und
Niltal-Dialekten
22. Quellen
der
Erkenntnis:
1. Innerägyptische
Analyse:
Wechsel
von
Konsonanten,
wie
t
und
T.
2. Vergleich
mit
dem
Koptischen.
3.
Vergleich
mit
semitischer
Schreibung
im
Fall
kanaanäischer
Namen
und
Fremdwörter.
Schwierigkeiten:
Ad 3.: Nur für betreffende Periode gültig.
Semitische historische Phonetik.
Noch keine Unterscheidung von hierogl. Normalschreibung
und phonetische Gruppenschreibung
23. Vicomte Emmanuel de Rougé: «Note sur la transcription des hiéro-
glyphes à M. Lepsius.» - In: ZÄS 4 (1866) 69-73, notamment p. 70:
!"#$%"&$'#"%"&()*"$+",#-#+./"&$01)2))23#+./"&4$'5&-"&$
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+",#-#+./"+$($>2%$G verwendet.$$$O$(#*-$,"#+-$+",#-#+./$1$
:#"%"&?$M dient für semitisch q (K), doch mit vielen
Ausnahmen. Koptisch entsprechen k (bzw. “bei den
Memphiten [= bohairisch] gewöhnlich aspiriert” x [kh
]) und q
[kj
].
$
24. James E. HOCH, Semitic Words in Egyptian Texts of the
New Kingdom and Third Intermediate Period, Princeton,
Princeton University Press, 1994.
!"#$%"&$'#"%"&()*"$+",#-#+./"&$01)2))23#+./"&4$'5&-"&$
#2$3(67-#+./"&$8./	-$:#&%$#2$);;"&$<"(";$=$9=&$
+",#-#+./"+$($>2%$G verwendet.$$$O$(#*-$,"#+-$+",#-#+./$1$
:#"%"&?$M dient für semitisch q (K), doch mit vielen
Ausnahmen. Koptisch entsprechen k (bzw. “bei den
Memphiten [= bohairisch] gewöhnlich aspiriert” x [kh
]) und q
[kj
].
$
de Rougé:
29. Ad
lautliche
Phänomene
—
historische
Phonetik
/
Phonologie:
“Es
läßt
sich
aber
in
vielen
Fällen
eine
Neigung
zur
Erweichung
des ` nicht
verkennen,
worauf
auch
der
koptische
Name der
Hand selbst è
i
è
[čič],
neben t
o
t
[tot]
hinweist.”
(Richard Lepsius, “Über die Umschrift der Hieroglyphen.”
ZÄS 4, 1866, 73-81, speziell p. 78.)
Die
beiden
ägyptischen
Palatalisierungswellen
und
die
dazwischen
liegende
Entpalatalisierung.
30. Am
Beispiel
k:
1. Palatalisierung
(partiell)
—
ab
etwa
3000
v.
Chr.
k
>
kj
>
č
„t“
Entpalatalisierung
(partiell) — vor 2000 v. Chr.
č
„t“
>
tj
>
t
2.
Palatalisierung
(partiell)
—
2.
Hälfte
1.
Jt.
v.
Chr.
k
>
kj
q
>
č è
(Bohairisch)
31. Ergo:
3000
2200
500
B.C.
koptisch
k1
>
č
>
t
B
u,
S
t
k2
>
č
B
q,1)
S
è2)
k3
>
kj
S
q3)
>
č
B
è2)
k4
B
x,4)
S
k
1)
kj
2)
č
3)
čh
4)
kh
k
>
č
>
t
Bohairisch:
kh
>
čh
>
th
32.
1.
(partielle)
Palatalisierung
—
ab
etwa
3000
v.
Chr.
k
>
kj
>
č
„t“
x
„X“
>
xj
>
š
g/k’
(?)
„g“
>
kj’
>
č’
„d“
γ/x’
(?)
„x“
>
xj’
>
č’
„d“
q/q’
(?)
„q“
>
kj’
>
č’
„d“
33.
1.
(partielle)
Palatalisierung
—
ab
etwa
3000
v.
Chr.
k
>
kj
>
č
„t“
x
„X“
>
xj
>
š
g/k’
(?)
„g“
>
kj’
>
č’
„d“
γ/x’
(?)
„x“
>
xj’
>
č’
„d“
q/q’
(?)
„q“
>
kj’
>
č’
„d“
34.
(Partielle)
Entpalatalisierung
—
vor
2000
v.
Chr.
č
„t“
>
tj
>
t
č’
„d“
>
tj’
>
t’
„d“
Ab
dem
späten
Alten
Reich
wird
häuzig
t
für
T,
und
d
für
D
geschrieben.
Überkorrektheit:
umgekehrt
wird
mitunter
T
für
t,
und
D
für
d
geschrieben.
35. 2.
Palatalisierung
—
2.
Hälfte
1.
Jt.
v.
Chr.
Im
Süden:
k
>
kj
q
g/k’
>
kj
q
q
>
kj
q
x
>
xj
>
š
é
36. 2.
Palatalisierung
—
2.
Hälfte
1.
Jt.
v.
Chr.
Im
Norden:
k/kh
>
kjh
>
čh
q
g/k’
>
kj
>
č
è
q
>
kj
>
č
è
x
>
xj
>
š
é
37. Die Hand- und die Arm-Hieroglyphe
und ihre Lautwerte
= d ?
= ‘ ?
50. Was ist die Wahrheit –
= d oder T ?
= ‘ oder d ?
Ein verwandtes Problem:
Der Lautwert der
Schmutzgeier-Hieroglyphe
51. Als
Lautwert
wird
der
Stimmabsatz
[’]
angenommen.
Doch
bis
ins
Mittlere
Reich
wird
das
Graphem
verwendet,
um
semitisch
L
wiederzugeben
(daneben
auch
R).
(Die
Hieroglyphenschrift
hat
kein
eigenes
Graphem
für
L.)
Es
gibt
reichlich
semitische
Etymologien,
wo
dem
ägyptischen
A
ein
semitisches
L
entspricht
(daneben
auch
R).
(G.
Takács
Etymol.
Dictionary
I,
61–67.)
52.
53.
54. Es gibt von vielen Wurzeln Belege mit unterschiedlicher
Realisierung der Konsonanten
znS „öffnen“
:
z(A)S, „öffnen, ausbreiten“;
semitisch *ts-r-H: hebr. såraH "sich ausstrecken, ‑breiten";
arab. saraHa, sim.
58. Z.B.
n
versus
A:
Wurzel
*l-‐x:
nX
„speien“:
AS
,
id.
Wurzel
*l-‐w-‐r:
nwr
„beben“:
Awr,
id.
Wurzel
*z-‐l-‐x:
znS
„öffnen“:
zAS,
id.
Wurzel
*w-‐j-‐l:
wjn
„zurückweisen“:
wjA,
id.
59. Es
gibt
also
Wurzeldoubletten,
bei
denen
ein
a
des
einen
Wortes
einem
d
des
anderen
Wortes
entspricht.
Und
es
gibt
Wurzeldoubletten,
bei
denen
ein
A
des
einen
Wortes
einem
n
(=
l)
des
anderen
Wortes
entspricht.
Dialektunterschiede
!?
•
Ein
konservativer
Dialekt,
der
das
stimmhafte
d
und
das
l
bewahrt.
•
Und
ein
progressiver,
der
d
in
a,
und
l
in
’
verschiebt.
60. Eine
zeitlich
Abfolge
–
wie
zuerst
konservative
d-l
Dialekte,
später
progressive
a–A
Dialekte
–
lässt
sich
nicht
feststellen.
Eine
geographisch
Verteilung
lässt
sich
–
noch
nicht
–
feststellen.
61. Aber
eines
scheint
klar
zu
sein:
die
ägyptische
Schrift
basiert
weitgehend
auf
dem
progressiven
Dialekt.
Die
A-‐Grapheme
haben
den
phonetischen
Wert
[’]
oder
ähnlich,
viel
eher
als
[l].
Die
a-‐Grapheme
haben
den
phonetischen
Wert
[‘]
oder
ähnlich,
viel
eher
als
[d].
62. Der
Vogel,
der
seine
Gestalt
der
Hiero-‐
glyphe
1 A geliehen
hat,
ist
der
Schmutzgeier.
Neben
seinem
schrillen
Raubvogel-‐Miauen
äußert
er
auch
einen
Knarrlaut,
den
man
viel
eher
mit
’a’a’a’a’a’a’a’a’a’a
wiedergeben
kann,
als
mit
la
la
la
la
la
la
la
la
la.
Der
Vogel,
der
dem
Lautzeichen
für aq
zugrunde
liegt,
ist
der
Kormoran:
V.
Sein
Ruf
ähnelt
viel
eher
einem
‘aaaaaaaaq als
einem daaaaaaaaq.
63. Der
Esel
heißt
ägyptisch
iaA,
*’i‘å´’
(koptisch
iø):
er
ist
wie
unser
Kuckuck
nach
seinem
Ruf
benannt,
und
der
ist
viel
eher
’i‘åååå’,
als
’idåååål
!
Das
heißt:
diese
Leute
sprachen
1
etwa
als
einen
Stimmabsatz
aus
[’],
und
nicht
als
ein
[l];
und
ihr
[d]
klang
ähnlich
wie
[‘].
Aber
andererseits
gab
es
noch
über
tausend
Jahre
später
Leute,
die
die
beiden
Laute
noch
annähernd
nach
der
alten
Art
aussprachen.