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Karl Richter
1926 - 1981
Zeitdokumente
Band 1
1951-1957
Herausgegeben von Johannes Martin
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Vorwort
Im Programmheft zum Gedenkkonzert, das Leonard Bernstein am 3. Mai 1981
in memoriam Karl Richter dirigierte, schrieb Dr. Andreas Holschneider, von
1970 bis 1993 bei der Deutschen Grammophon als Leiter der Archiv-Produkti-
on, Geschäftsführer und Präsident der DGG tätig, unter anderem:
...Wie kaum ein anderer kannte er (Karl Richter) die Grundlagen dieser Musik,
das liturgische Fundament, die Traditionszusammenhänge, in denen Bach wur-
zelt, wie kaum ein anderer die Ausdruckssprache, Satz und Struktur der
Bachschen Kompositionen. Dabei schloss Richters Arbeit alle Bereiche ein, die
Vokalmusik ebenso wie die Werke für Orchester, die Kompositionen für Orgel
und Cembalo. Wer immer sich um die Interpretation Bachs bemüht, hatte sich
mit Karl Richters Bach-Stil auseinanderzusetzen und wird sich weiterhin mit
ihm auseinandersetzen müssen. In der Hinwendung zu Richter, in der Nacheife-
rung seines Vorbilds oder aber in ausgesprochener Opposition versuchten sich
andere Interpreten zu profilieren. Wer Richter kannte, weiß um die Toleranz, die
er anderen Interpretationen entgegenbrachte, und bewundert um so mehr die
Konsequenz, mit der er seinen eigenen Stil verfolgte: eine Konsequenz, die einer
künstlerischen Sicherheit entsprang, wie sie heute nur ganz wenige besitzen.
Anlässlich von Karl Richters 30. Todestag am 15. Februar sowie des 85. Ge-
burtstages am 15. Oktober im Jahr 2011 beginnen wir mit der Veröffentlichung
von Zeitdokumenten der Ära Karl Richters in München. Der erste Band dieser
Reihe beinhaltet die Jahre 1951 - 1957, wobei vor allem dieAnfangsjahre nahe-
zu vollständig dokumentiert und geordnet sind.
Unser besonderer Dank gilt dem 2007 verstorbenen, langjährigen Geschäfts-
führer des Münchener Bach-Chores, Heinz Geisel. Des weiteren haben einige
Sängerinnen und Sänger der ersten Stunde unserem Karl Richter Archiv ihre
Chor-Alben vermacht, die zusammen mit denAufzeichnungen von Heinz Geisel
ein umfassendes und detailliertes Bild der frühen Münchner Jahre ergeben.
Karl Richter, schrieb Joachim Kaiser in seinem Nachruf, hat - in einer angeb-
lich grob materialistischen Zeit - vorgeführt, dass ein kundiger, ernster und en-
thusiastischer Glaube an Bach, Handwerks-Ethos und eine stete Risiko-Bereit-
schaft mehr als Berge versetzen können: nämlich Chöre besetzen, Orchester-
musiker animieren und Kultursnobs in Jünger verwandeln.
3
Karl Richter in Buch und Film
Veröffentlichungen bei Conventus Musicus
Buchdokumentation
Karl Richter in München - Zeitzeugen erinnern sich
CM 3130 • ISBN 978-3-00-016864-2
Zeitdokumente
Band 1: 1951-1957
CM 3141 • ISBN 978-3-00-032125-2
DVD-Film-Trilogie
Teil I Solisten - Konzerte - Tourneen
CM 2130 • ISBN 978-3-00-019277-7
Teil II Bach-Chor und Bach-Orchester
CM 2131 • ISBN 978-3-00-020726-6
Teil III Faszination und Interpretation
CM 2132 • ISBN 978-3-00-022647-2
Informationen hierzu und zu weiteren Karl Richter-Publikationen gibt es im
Internet unter http://karlrichtermunich.blogspot.com/
Gesamtherstellung: Vier-Türme-Verlag, D-97359 Münsterschwarzach
© Conventus Musicus, Postfach 68, D-97335 Dettelbach
www.conventus-musicus.de • cm@conventus-musicus.de
CM 3141 • ISBN 978-3-00-032125-2
4
Am 1. Juli 1949 war der 23jährige Karl Rich-
ter zum Organisten an der Thomaskirche in
Leipzig berufen worden, noch bevor er im glei-
chen Monat das Staatsexamen in Kirchenmu-
sik an der dortigen Musikhochschule mit der
Note „sehr gut“ abgelegt hatte.
Aus den zwei Jahren der Zusammenarbeit mit
dem Thomaskantor Günther Ramin gibt es eine
Reihe von Konzertprogrammen, die belegen,
dass Ramin seinem Thomasorganisten immer
wieder Gelegenheit zu solistischen Darbietun-
gen gab. Zudem besetzte Ramin eigens für Karl
Richter das Continuo zusätzlich zur Orgel mit
einem Cembalo, wohl um ihm die Möglichkeit
zur improvisatorischen Entfaltung zu geben - eine Fähigeit, die ihn zeit seines
Lebens in höchstem Maße zu eigen war.
1949/50
5
Ende 1950 spielte Karl Richter, inzwischen Nationalpreisträger für Kunst und
Literatur der DDR, an zwei Abenden alle sechs Orgel-Trio-Sonaten von Johann
Sebastian Bach, dazu vier der großen Orgelwerke.
1950
6
Und nur sechs Wochen später standen neben der Französischen Ouvertüre h-moll
die Goldberg-Variationen auf dem Programm eines Cembalokonzertes im Rats-
plenarsaal des Neuen Rathauses.
1951
7
Im April 1951 verließ Karl Richter die DDR, die politischen Verhältnisse stan-
den seinen künstlerischen Ambitionen mehr und mehr im Wege. Auf der Suche
nach einer Anstellung sprach er auch in München vor.
O-Ton Pfr. Karl Heckel (1931-2009)
Mein Vater, Pfarrer Dr. Theodor Heckel, Dekan an St. Markus und Stadtdekan in Mün-
chen, kam 1950 nach München. Er wurde im Oktober 1950 eingeführt, sein Organist
war damals der allseits bekannte Michael Schneider. Dieser hatte einen Ruf nach Det-
mold und musste leider von München weggehen, zum Bedauern meines Vaters, denn er
hatte sich mit ihm sehr gut verstanden. So war es notwendig, die Besetzung der freien
Orgelstelle an St. Markus durchzuführen. Es wurden einige für die damalige Zeit be-
deutende Organisten eingeladen.
Der erste war ein bayrischer, Otto Mayer aus Ansbach, der ein guter Kantor war und
noch lebte, als Richter die ersten Aufführungen in der Bachwoche in Ansbach machte.
Nach ihm war der Bremer Domorganist Bremsteller eingeladen, ich kann mich aber
nicht mehr entsinnen, was der gespielt hat, weil es durchaus sein kann, dass ich ihn
nicht gehört habe, da ich im Semester war und in Erlangen Theologie studierte. Dann
kam noch einer, das war Hans Heintze aus Lüneburg, und auf den hatte sich die Kom-
mission in etwa eingeschworen. Wie aber Zufälle oft wunderlich sind, kam gerade in
dieser Zeit der Thomanerchor auf einer Konzertreise, den man damals, um 1951, noch
heraus ließ, in die Markuskirche mit seinem Leiter Günther Ramin.
Günther Ramin war ja bekanntlich auch ein Lehrer und Vorbild für Karl Richter,
ebenso wie dessen Vorgänger Karl Straube. Günther Ramin bat meinen Vater nach
der Aufführung freundlich, ob er bereit wäre, ihn noch zu später Zeit, nachts um 1/2
12 Uhr zu empfangen. Mein Vater sagte zu, und in dem Gespräch fielen dann die
Worte, die in den Erinnerungen meines Vaters geschildert sind. Ich selbst habe das
alles nicht mitgekriegt, weil ich noch im Semester war.
In den Semesterferien war ich wieder zu Hause, da kam eines Tages beim Frühstück
die Bitte meines Vaters an mich, dass ich mich doch heute um 11 Uhr bereit halten
sollte, da käme der Thomasorganist Karl Richter und würde vorspielen. Ich könne ihm
doch die Orgel zeigen und die wesentlichen Klänge, denn er hätte wenig Zeit und er
müsse sich dann viel zu schnell zurecht finden, was ich ja schon könne, da ich schon
immer auf der Orgel gespielt hätte. Ich habe dem gerne zugesagt, denn ich war neugie-
rig, wer da wohl kommt.
Um 11 Uhr kam dann ein nicht riesiger, aber doch mittelgroßer Mensch in einem wei-
ßen Staubmantel und wurde mir als Karl Richter vorgestellt. Wir haben uns eigentlich
vom ersten Anblick an gern gemocht, denn Richter war etwas jünger als mein ältester
1951
8
Bruder, es war also so eine Art Bruderverhältnis. Und so begegneten wir uns an der
Orgel zum ersten Mal. Ich zeigte ihm die verschiedenen Werke und Klangkombinationen,
die er anwenden konnte, und da sagte er: „Ich sehe, Sie kennen die Orgel sehr gut, ich
würde es auch so machen wie Sie.“ Und spielte dann seine Programm-Nummern durch
und rief mir nur zu, welches Register ich an der und jener Stelle ziehen sollte. Das
klappte auch hervorragend.
Ich kann mich nicht mehr an alle Stücke erinnern, ich weiß aber, es war dabei die
Toccata d-moll, die ja auch heute noch auf Hörer großen Eindruck macht, dann war
dabei der Schüblersche Choral "Wachet auf, ruft uns die Stimme", sehr getragen ge-
spielt, und es war dann auch das große Werk B-A-C-H von Reger dabei. Dann saß da in
der ersten Reihe mein Vater mit dem Landeskirchenmusikdirektor Högner, der auch
Straube-Schüler war und lange in Leipzig gearbeitet hatte, und es saß da der Professor
für Dirigieren an der Hochschule, Robert Heger, aber auch noch ein Professor Erich
Valentin und ein Mann aus dem Kultusministerium, Karl Held.
Die haben diese Dreiviertelstunde oder Stunde zugehört und sich dann zurückgezogen.
Richter ging auch, meine Mutter hatte ihn noch zum Essen eingeladen, und das fand
auch statt. Meine Schwägerin Luise Heckel, die in Pöcking lebt, erzählt, dass sie da-
mals fast erschrocken war, dass ein so junger Mann neben den großen Kalibern Brem-
steller und Hans Heintze gerufen wird. Aber sie hatte ja nicht gewusst, was hinter den
Kulissen schon vorausgegangen war.
Vorausgegangen war, dass Ramin nach dem Thomanerkonzert tatsächlich zu meinem
Vater um 1/2 12 Uhr nachts kam, und darüber steht in den Lebenserinnerungen Ge-
naueres. Herausgreifen möchte ich nur, dass mein Vater ihm die Situation der Kirchen-
musik in München darlegte, und dass in Markus ein Organist gesucht wurde, und dass
dann Ramin spontan erwiderte: „Da kann ich Ihnen Karl Richter empfehlen, meinen
bisherigen Thomasorganisten.“ Und mit der ausdrücklichen Bemerkung, schreibt mein
Vater: „Der kann mehr als ich.“ Ich hatte ja Ramin vorher als Student mal in Nürnberg
gehört und habe eigentlich damals gefunden, dass der sehr viel kann, aber wenn der
das so sagt, dann muss der junge Richter den in Leipzig maßgeblichen Leuten aufge-
fallen sein.
Jedenfalls leitete mein Vater dann ein Besetzungsverfahren ein. Er schreibt dazu, dass es
gerade wegen der Jugend Richters etwas schwierig war. Damals ging man ja immer
noch nach der Autorität des Alters und der Erfahrung, so dass mein Vater etwas Not
hatte, das durchzusetzen. Er hat sich dann hinter den Leiter der Bayerischen Landes-
synode gesteckt, Ministerialrat Dr. Meinzold, und der hat dann auch mitgeholfen, dass
die Berufung zustande kam. Richters Tätigkeit war hauptsächlich in der Staatlichen
Hochschule für Musik, aber die Organistenstelle hatte er in St. Markus. Er wurde also
aus beiden Quellen bezahlt, und hier hat dann sein großes Wirken begonnen.
1951
9
Nur wenige Wochen, nachdem Karl Richter im Oktober 1951 als Nachfolger
von Prof. Michael Schneider an St. Markus in München berufen worden war,
gab er am 25. November mit dem „Heinrich-Schütz-Kreis" ein erstes, anspruchs-
volles Motettenkonzert, mit Werken, die auch in späteren Jahren immer wieder
in den Programmen der Motettenkonzerte auftauchten:
Pfarrer Dr. Theodor Heckel, Dekan an
St. Markus und Stadtdekan in München
1951
10
Im Februar 1952 erklang zum erstenmal unter Karl Richter in der Markuskirche
J. S. Bachs Hohe Messe in h-moll. Anneliese Seitz und Ruth Michaelis sangen
die Sopran- bzw. Altsoli. Die Flöte spielte Walter Theurer von der Bayerischen
Staatsoper, der bis 1966 neben Aurèle Nicolet und Paul Meisen das Bach-Or-
chester mitprägte. Konzertmeisterin war Helga Puschtschewoy, über Jahrzehnte
nicht aus dem Bach-Orchester wegzudenken. Und dieTrompete lag in den 1950er
Jahren meist in den Händen von Georg Donderer.
1952
11
Karl Richters erste Aufführung von Bachs Johannes-Passion fand am Mittwoch
der Karwoche, dem 9. April, in der Auferstehungskirche statt. Neben den schon
bekannten Solistinnen Anneliese Seitz und Ruth Michaelis tauchte ein neuer
Name im Konzertprogramm auf: Franz Kelch, bis 1957 Richters wichtigster
Bassist in insgesamt 26 Aufführungen.
1952
12
O-Ton Franz Kelch (geb. 1915)
Richter stand eines Tages in Begleitung eines Fahrers (Heinz Geisel) an unserer Haus-
türe und hat die Frage gestellt, ob ich bei seinen Abendmusiken singen würde. Er kön-
ne aber bestenfalls DM 50,00 zahlen, wenn die Einnahmen das hergäben. Ich sagte
mir, wenn Richter von der Thomasschule in Leipzig kommt, dann kann er nur gut sein.
Also singe ich natürlich bei ihm und verzichte, wenn es sein muß, auf einen Lohn.
Der mit 95 Jahren älteste noch lebende Zeitzeuge debütierte am 9. April 1952
als Christus in der Johannes-Passion. Der Evangelist dieserAufführung, Lorenz
Fehenberger, war ein gefeierter Tenor an der Münchner Staatsoper. Im Münch-
ner Merkur schrieb der Musikkritiker Kurt Hennemeyer unter der Überschrift
„Vorbildliche Johannes-Passion“ u.a.:
1952
13
Am 30. April lud der Münchner Bach-Verein zu einem Kammerkonzert in den
Saal an der Sophienstraße. Das Programm dieses Konzertes ist nicht mehr vor-
handen, jedoch eine Rezension in der SZ.
EndeApril richteten Dekan Heckel und Karl Richter die MünchenerAbendmusi-
ken in St. Markus ein, jeweils am letzten Freitag im Monat. Die großen Orgelwer-
ke von Frescobaldi, Buxtehude, Bach bis zu Reger und den zeitgenössischen Orgel-
meistern sollten ebenso zu hören sein wie die geistlichen Chormusiken von Schütz,
Bach, Brahms und Reger bis zu den Großen der Neuen Musik. Orgelspiel und
Motette bildeten den Rahmen für die Lesung des Schriftwortes und den Segen.
1952
14
Die erste der neu eingerichteten Münchener Abendmusiken fand am 25. April in
St. Markus statt. Der Heinrich-Schütz-Kreis sang sechs Motetten vonAnton Bruck-
ner, Karl Richter spielte an der Steinmeyer-Orgel eine freie Improvisation über
Bruckner’scheThemensowiedieFantasieundFugeüberB-A-C-HvonMaxReger.
1952
15
Am 11. Mai gab Karl Richter ein Orgelkonzert mit Werken von J. S. Bach. Wie
immer spielte er das gesamte Programm auswendig. Eine begeisterte Kritik von
Karl Schumann in der Süddeutschen Zeitung verschaffte Richter, wie er in spä-
teren Jahren einmal bemerkte, die Aufmerksamkeit und den Durchbruch in der
Münchner Musikszene.
1952
16
Am 27. Juni gestalteten Karl Richter und der Heinrich-Schütz-Kreis die dritte
Abendmusik mit Werken von Johannes Brahms und Max Reger. Im Mittelpunkt
standen die Fest- und Gedenksprüche für achtstimmigen Doppelchor, umrahmt
von den beiden Introduktionen mit Passacaglia in d-moll und f-moll.
Die vierte Abendmusik am 25. Juli schließlich war den Altmeistern Nicolaus
Bruhns und Heinrich Schütz sowie J. S. Bach gewidmet, mit der erstmaligen
Aufführung der fünfstimmigen Motette „Jesu, meine Freude“.
Zu Bachs Todestag am 28. Juli gab Karl Richter wie in vielen späteren Jahren
auch ein Orgelkonzert mit zwei der bedeutendsten Werke des Thomaskantors,
Präludium und Tripelfuge Es-Dur und der c-moll-Passacaglia.
1952
Die zweite MünchenerAbendmusik vom 30. Mai beinhaltete ausschließlich Mu-
sik von J. S. Bach, als Hauptwerk die doppelchörige Motette „Singet dem Herrn
ein neues Lied“.Auffallend ist, dass bei allen Abendmusiken wie auch später in
den Kantatenabenden stets die Texte zum Mitlesen abgedruckt wurden.
17
1952
18
1952
19
Am 11. September stand - nach der
obligatorischen Sommerpause, in
der die Studenten wegen der Se-
mesterferien nicht zur Verfügung
standen - wiederum ein Orgelkon-
zert auf dem Programm, mit Mu-
sik aus drei Jahrhunderten.
Schlusspunkt des Orgelabends war
eines der immer wieder von Rich-
ter gespielten Werke, Max Regers
virtuose Fantasie und Doppelfuge
über B-A-C-H.
1952
20
„Deutsche Barockmusik“ kündigte das Bayerische Nationalmuseum für die
Sonntagsmusik am 14. September an. In diesem Konzert gab Karl Richter sein
Debüt als Cembalist mit Bachs „Chromatische Fantasie und Fuge d-moll“
Am 26. September lud der Bach-Verein zur fünften Abendmusik des Jahres ein.
Zwei weitere Motetten J. S. Bachs erklangen zum ersten Mal unter Richter in
der Markuskirche: „Komm, Jesu, komm“ und „Der Geist hilft unsrer Schwach-
heit auf“. Auch Bachs „Dorische Toccata und Fuge“ war bislang in München
von Richter noch nicht zu hören gewesen.
1952
21
Zwei Brandenburgische Konzerte sowie eine Solokantate von J. S. Bach erklangen
am 18. Oktober im Saal an der Sophienstraße. Karl Richter war der Solist im 5.
Brandenburgischen Konzert, Georg Donderer spielte die Solotrompete im F-Dur-
Konzert und Elisabeth Lindermeier sang die Solopartie in der Kantate BWV 202.
1952
22
Ein Novum brachte die sechste Abendmusik am 31. Oktober, zum Reformati-
onsfest waren die Kantaten „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“ und „Ein feste
Burg ist unser Gott“ zu hören. Inzwischen hatte sich ein fester Stamm an Sän-
gern und Instrumentalisten gebildet, das Münchner Kirchenorchester wurde mehr
und mehr vertraut mit Richters Bach-Stil.
1952
23
Am 22. November interpretierte Karl Richter im Sophiensaal zum ersten Mal in
München Bachs Goldberg-Variationen. Kein anderes Werk begleitete ihn so in-
tensiv durch sein Leben, in aller Welt spielte er immer und immer wieder dieses
„Summum Opus“ der Cembalo-Literatur.
1952
24
Die siebte und letzteAbendmusik am 28. November 1952 war dem „Gedächtnis
der Toten“ gewidmet.
1952
25
Die Aufführung der ersten drei Kantaten aus Bachs Weihnachtsoratorium an -
zumeist - zwei aufeinanderfolgenden Tagen wurde in den drei Jahrzehnten der
Münchner Ära Karl Richters zu einem Ereignis, das aus dem Musikleben Mün-
chens nicht mehr wegzudenken war. Zum ersten Mal erklangen diese Kantaten
am 18. und 19. Dezember 1952 in der Markuskirche. Der Leipziger Tenor Gert
Lutze, der ein gutes Jahr zuvor mit Günther Ramin und den Thomanern in Mün-
chen gastiert hatte, sang die Tenorpartie. Auch für Franz Kelch war dieses
Weihnachtsoratorium eine Premiere.
Das Weihnachtsliedersingen des Heinrich-Schütz-Kreises, das bis zu Richters
Tod alljährlich wenige Tage vorWeihnachten auf das kommende Fest einstimmte,
beendete ein erstes arbeitsintensives Jahr, das Karl Richter in kürzester Zeit
höchste Anerkennung in Sachen Johann Sebastian Bach gebracht hatte. „Exem-
plarischer Bach“ überschrieb ein Kritiker eine seiner Rezensionen, „man kann
sich die Wiedergabe dieser Wunderwerke nicht vollkommener denken.“
1952
26
1952
27
1953
Im Jahr 1953 steigerte Karl Richter die Anzahl der Konzerttermine von 20 auf
nunmehr 28 Veranstaltungen. Am 9. Januar spielte er anlässlich des 80. Ge-
burtstages seines Lehrers Karl Straube in der Markuskirche ein Orgelkonzert
mit Musik J. S. Bachs, darunter einige Werke, die bisher von Richter in Mün-
chen noch nicht zu hören waren.
28
Die erste Abendmusik des neuen Jahres brachte am 30. Januar Chorwerke von
Samuel Scheidt, Heinrich Schütz und Hans Leo Hassler. Landeskirchenmusik-
direktor Prof. Friedrich Högner spielte Bachs Präludium und Fuge c-moll.
1953
29
In der zweitenAbendmusik des Jahres 1953 standen am 27. Februar - wiederum
bei freiem Eintritt - zwei Kantaten von J. S. Bach auf dem Programm: „Herr
Jesu Christ, wahr Mensch und Gott“ BWV 127 und „Meinen Jesum laß ich
nicht“ BWV 124. Unter den Vokalsolisten waren wieder Franz Kelch sowie
Margitta Harzer, langjährige Stimmbildnerin des Bach-Chores und spätere
Hochschulprofessorin.
Am 7. und 8. März musizierten Karl Richter und seine Instrumentalsolisten in
der Aula der Universität alle sechs Brandenburgischen Konzerte sowie das
Cembalokonzert d-moll und das Violinkonzert E-Dur. Unter den Solisten findet
man einige Namen, die über Jahre, z.T. Jahrzehnte hinweg das Bach-Orchester
mitgeprägt haben: Fritz Sonnleitner und Heinz Endres als Konzertmeister, Va-
lentin Härtl an der Viola, Oswald Uhl und Fritz Kiskalt am Violoncello, den
Hornisten Kurt Richter, die Flötisten Walther Theurer und Herbert Segl. Die
Kritik war wiederum voll des Lobes.
1953
30
1953
31
1953
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Anlässlich des 80. Geburts-
tages von Max Reger veran-
staltete der Stadtrat Mün-
chen zusammen mit dem
Bach-Verein am 18. März
eine Konzertstunde im Saal
an der Sophienstraße. Mit
von der Partie war auch der
Hochschulprofessor Valen-
tin Härtl, schon zu Lebzei-
ten so etwas wie eine Legen-
de. Er war als Bratscher u.a.
im Münchner Streichquartett und vor allem im berühmten Stroß-Quartett, aber
auch als Mitglied des H-Trios (Huber - Härtl - Hindemith) über Jahrzehnte hin-
weg eine aus dem Münchner Konzertleben nicht wegzudenkende Institution.
Karl Richter spielte zu Beginn an der Orgel Regers Introduction und Passacaglia
d-moll. Zum Abschluss sang der Heinrich-Schütz-Kreis zwei Gesänge für ge-
mischten Chor aus op. 138.
1953
33
Am Palmsonntag, dem 29. März, lud der „Chorverein für Evangelische Kir-
chenmusik“ zur Aufführung von Bachs Johannes-Passion in die Markuskirche.
Karl Richters bewährte Sänger und Instrumentalisten hinterließen einen über-
zeugenden Eindruck, wie die Kritiken der Münchner Zeitungen dokumentieren.
1953
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1953
35
An zwei Abenden im April 1953 spielte Karl Richter zusammen mit dem da-
mals 32jährigen ungarischen Geiger Tibor Varga im Saal an der Sophienstraße
alle sechs Sonaten für Violine und obligates Cembalo von Johann Sebastian
Bach. Wieder einmal war eine Kritik überschrieben mit: „Exemplarischer Bach“.
1953
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1953
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1953
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Am 16. Juni 1953 stand zum zweiten
Mal nach 1952 die h-moll-Messe auf
dem Programm.An diesemAbend gab
die bis in die 1990er Jahre gefeierte
Sopranistin Agnes Giebel ihr Debüt
bei Karl Richter.
1953
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1953
40
Die Abendmusik am 26. Juni enthielt als Hauptwerk die doppelchörige Motette
„Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf“ von J. S. Bach.
1953
41
Vom 16.-18. Juli nahm Karl Richter an dem seit 1951
alle zwei Jahre stattfindenden Orgel-Improvisations-
Wettbewerb in der St. Bavo Kirche der niederländi-
schen Stadt Haarlem teil und kam bis in die End-
ausscheidung der besten drei.Von diesem Finaldurch-
gang gibt es den Mitschnitt einer dreisätzigen Im-
provisation nach Themen von Adriaen Engels.
1953
42
Am 28. Juli, Bachs Todestag, gab Karl Richter wie schon ein Jahr zuvor ein
Orgelkonzert mit Werken des Thomaskantors. Sein Ruf war inzwischen über
Münchens Stadtgrenzen hinaus auch nach Schwaben gedrungen.
1953
43
1953
44
Die letzte Abendmusik vor der Sommerpause war am 31. Juli Anton Bruckner
und Max Reger gewidmet. Hier erklang erstmals Regers „Nachtlied“, das 27
Jahre später auch den Abschluss des letzten Motettenkonzertes in der Basilika
Ottobeuren bildete.
Angekündigt wurde gleichzeitig
die Wiederaufnahme der Abend-
musik für den 25. September mit
der erstmaligen Aufführung eines
Händel-Orgelkonzertes. Weiter
standen auf dem Programm Bachs
Kantate BWV 78 „Jesu, der du
meine Seele“ (mit Ausnahme der
Tenor-Arie) und die doppelchörige
Motette „Komm, Jesu, komm“.
1953
45
In der Münchner Abendzeitung war am 17. Oktober mit einiger Verspätung zu
lesen, dass Karl Richter bereits zum Professor für Kirchenmusik und Orgel be-
rufen worden war. Der Tag der Ernennung datierte auf den 11. Mai 1953.
1953
46
Am 18. Oktober 1953 traten Karl Rich-
ter und sein Heinrich-Schütz-Kreis zum
ersten Mal außerhalb der Stadtgrenzen
Münchens auf.Abt Hugo Lang vom Klo-
ster Andechs hatte zu einer musikali-
schen Feierstunde am Nachmittag des
Kirchweihsonntags in die Klosterkirche
geladen.
Fünf Motetten von Anton Bruckner standen auf dem Programm des Kirchenkon-
zerts: Locus iste - Christus factus est - Os justi - Virga Jesse floruit - Ave Maria.
1953
47
Karl Richter spielte an der damaligen Orgel eine freie Improvisation.
1953
48
Am Vorabend des Reformationstages war wieder eine Abendmusik angesetzt.
Zwei Motetten von Heinrich Schütz, „Aus der Tiefe ruf ich, Herr, zu dir“ und
„Das ist je gewißlich wahr“ wurden umrahmt von zwei Orgelwerken J. S. Bachs.
Im November 1953 veranstaltete der Münchner Bach-Verein e.V. anlässlich sei-
nes 35-jährigen Bestehens zum ersten Mal die Münchener Bach-Tage und be-
gründete damit eine Tradition, die in den folgenden Jahrzehnten, vor allem ab
1965 als Münchener Bach-Fest, zu einem wesentlichen Bestandteil des Münch-
ner Kulturlebens wurde.
In der Konzertreihe vom November 1953 mu-
sizierte Karl Richter in sechs Konzerten die gan-
ze Bandbreite der Bach-Interpretation, die sich
in den beiden Jahren seines Wirkens an St. Mar-
kus entwickelt hatte. Zur Aufführung gelangte
auch die h-moll-Messe, bei der Max Pröbstl für
die beiden Bass-Arien verpflichtet wurde. Be-
geisternde Kritiken waren u.a. zu lesen in der
Münchner Kirchenzeitung, im Münchner Mer-
kur und in der Dt. Nationalzeitung.
1953
49
1953
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1953
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1953
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Den Abschluss der Bach-Tage bildete am 15. November ein Kammerkonzert mit
der D-Dur-Ouvertüre, drei Instrumentalkonzerten und dem 5. Brandenburgischen
Konzert. Die Besetzungliste der Instrumentalsolisten enthält viele der bereits be-
kannten Namen, so auch die beiden Cellisten Oswald Uhl und Fritz Kiskalt.
1953
53
Karl Schumann brachte, worauf Richter später immer wieder hinwies, mit sei-
ner Rezension in der Süddeutschen Zeitung den endgültigen Durchbruch in
München und von da an auch über die Grenzen der Stadt hinaus.
1953
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1953
55
In den Tagen vom 26. - 29. Novem-
ber 1953 versammelte sich der Hein-
rich-Schütz-Kreis unter der Leitung
von Karl Richter im Herkulessaal
der Münchner Residenz zur ersten
Schallplattenaufnahme bei der Deut-
schen Grammophon Gesellschaft.
Auf dem Programm standen die
MUSIKALISCHEN EXEQUIEN
von Heinrich Schütz.
Eingebettet in dieAufnahmesitzungen war die Abendmusik vom 27. November
in der Markuskirche.
1953
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Die Kantaten 1-3 von Bachs Weihnachtsoratorium am 15. und 18. Dezember
sahen wiederum eine überfüllte Markuskirche.
1953
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1953
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Die ersteAbendmusik des Jahres 1954 eröffnete Karl Richter mit Bachs Fantasie
G-Dur. Der Heinrich-Schütz-Kreis sang das „Deutsche Magnificat“ von Heinrich
Schütz und zwei der bekanntesten weihnachtlichen Motetten von Johann Eccard.
In der zweiten Abendmusik des Jahres 1954 sang der Chor am 26. Februar in
der Markuskirche zum letzten Mal unter seinem alten Namen die doppelchörige
Motette „Ich lasse dich nicht“ von Johann Christoph Bach und das achtstimmige
„Pater Noster“ von Hans Leo Hassler.
1954
59
O-Ton Heinz Geisel (1916-2007)
Der Chor, das muss ich jetzt einfügen, war
ja der von Michael Schneider hinterlassene
Heinrich-Schütz-Kreis, und wir haben lan-
ge den Chor unter diesem Namen auftreten
lassen. Eines Tages sagte Karl Richter zu
mir: „Ach, wir können doch nicht immer
unter Heinrich-Schütz-Kreis auftreten. Das
klingt nicht so überzeugend, das klingt nach
einem Chor, der zwar willens ist, gute Lei-
stung zu bringen, aber ich sehe da immer
einen Chor vor mir mit älteren Damen, die
in der Probe den Hut aufbehalten.“ Ich dar-
auf: „Dann machen wir eben einen Münchner Bach-Chor daraus. Wir können nur
noch darüber streiten, ob Münchner oder Münchener. Ich bin ein ordentlicher Mensch,
ich bin für Münchener Bach-Chor.“ Das war der denkwürdige 8. Februar 1954. Da ist
der Heinrich-Schütz-Kreis in Münchener Bach-Chor umbenannt worden.
Zum ersten Mal erklang Bachs Matthäus-Passion nach dem zweiten Weltkrieg
in einer Münchner Kirche. Karl Richter hatte für dieAufführung am 1.April die
weitaus größere Lukaskirche gewählt. Hier trat der Chor nun auch erstmals als
„Münchener Bach-Chor“ auf, das
Kirchenorchester war bereits 1953 in
Kammerorchester Karl Richter umbe-
nannt worden. Der Name „Münche-
ner Bach-Orchester“ wurde erst Ende
der 50er Jahre geboren.
1954
60
Karl Richter hatte für seine Matthäus-Passion namhafte Solisten aufgeboten:An-
neliese Kupper, Lilian Benningsen, Karl Schmitt-Walter und Max Proebstl. Den
Evangelisten sang - wieder einmal - der Leipziger Tenor Gert Lutze.
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Nur 10 Tage später folgte am Palmsonntag in der Markuskirche Bachs Johan-
nes-Passion. Die Christus-Partie sang wie bereits in den beiden Jahren zuvor
Franz Kelch.
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Am 30. April fand wieder eine Abendmusik statt, Hauptwerk war Bachs fünf-
stimmige Motette „Jesu, meine Freude“. Karl Richter spielte zu Beginn ein Or-
gelwerk des 1907 in Bamberg geborenen Komponisten Karl Höller, der in die-
sem Jahr 1954 zum Präsidenten der Münchner Musikhochschule berufen wurde
und das Amt bis 1972 ausübte.
In den Jahren 1951-1953 wurde
der Herkulessal der im Krieg zer-
störten Münchner Residenz neu
errichtet. Karl Richter musizierte
am 11. und 12. Mai 1954 im Neu-
enHerkulessalOrchesterwerke von
J. S. Bach, fünf der sechs Branden-
burgischen Konzerte, die D-Dur-
Ouvertüre, das Cembalokonzert d-
moll und das Violinkonzert E-Dur
mitFlorianSonnleitneralsSolisten.
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Am 23. Juni gastierte Karl Richter in der Jakobikirche im niederländischen Ut-
recht. Er spielte das gleiche Bach-Programm wie zuvor in München.
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Am letzten Freitag im Juni 1954 stand in der Markuskirche wieder eine Abend-
musik an. Karl Richter spielte zunächst Bachs Passacaglia c-moll, sodann ka-
men Eingangs- und Schlusschor der Kantate BWV 8 „Liebster Gott, wann werd
ich sterben“ zurAufführung, dazu noch die Bass-Arie „Doch weichet, ihr tollen,
vergeblichen Sorgen“, mit Max Proebstl als Solisten. Im zweiten Teil derAbend-
musik sang der Münchener Bach-Chor Teil zwei und drei der Musikalischen
Exequien von Heinrich Schütz.
Die „Münchner Abendmusiken“ feierten 1954 ein kleines Jubiläum. Zum 25.
Mal brachten Richter und sein Chor bei freiem Eintritt und damit vor einem
stets großen Zuhörerkreis die bedeutendsten a cappella-Werke der Chorliteratur
zu Gehör.
Hatten Bach-Kantaten - zumeist in Ausschnitten - bereits gelegentlich Eingang
in die Abendmusiken gefunden, sollte dieser Zyklus nun seine Ergänzung in
einem zweiten, der „Bach-Kantate“ finden, wobei zunächst jeweils zwei Kanta-
ten eine Motette umrahmten.
Der erste Bach-Abend am 11. Juli 1954 enthielt die Kantaten „Weinen, Klagen,
Sorgen, Zagen“ und „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“ sowie die Motette
„Singet dem Herrn ein neues Lied“.
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DieAbendmusik im Monat Juli fand bereits am dritten Freitag des Monats statt,
da Karl Richter 1954 erstmals zur BachwocheAnsbach eingeladen worden war.
Zu Beginn erklang Max Regers Fantasie und Fuge über B-A-C-H, es folgten die
Fest- und Gedenksprüche von Johannes Brahms. Den Abschluss bildete - wie-
der einmal - Regers „Nachtlied“.
Die Bachwoche Ansbach sollte in den kommen-
den 10 Jahren einen gänzlich neuen Akzent im
künstlerischenWerdegang Karl Richters setzen. Dr.
Carl Weymar, Kunsthändler aus München und
selbst ein hervorragender Bratscher, hatte 1947
diese Bachwoche ins Leben gerufen und bis 1965
selbst geleitet.
Die namhaftesten Künstler aus aller Welt waren
zu Gast in Ansbach, das Programmheft führt fein
säuberlich alle Mitwirkenden auf:
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Karl Richter spielte am 31. Juli 1954 an der Orgel der St. Johanniskirche das
Programm, mit dem er bereits in München und Utrecht erfolgreich gewesen war.
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In der Matinee vom 31. Juli standen im Prunksaal des Markgrafenschlosses die
Goldberg-Variationen auf dem Programm. Hier hörte Aurèle Nicolet zum ersten
Mal seinen späteren Kammermusikpartner und gleichaltrigen Freund Karl Richter.
O-Ton Aurèle Nicolet (geb. 1926)
Das erste, was ich von Karl Richter hörte, waren die
Goldberg-Variationen. Ich kannte dieses Werk nicht,
ich war aber in der Generalprobe und ich war sehr
beeindruckt. Das war wie eineArt Vision von dem gan-
zen Werk. So hatte ich Bach noch nie gehört. Ich war
auch im Konzert, und das wurde von den Bach-Spezia-
listen der damaligen Zeit, Carl Seemann und Edith
Picht-Axenfeld, sehr kritisiert. Die standen im Konzert
auf und sagten: „Das ist aber kein Bach!“ Doch ich
fand das wunderbar, mich hat das zu tiefst berührt.
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Yehudi Menuhin und Karl Richter an der Orgel von St. Johannis
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Nach der Sommerpause stand am 12. September zum zweiten Mal ein Bach-
Kantaten-Abend an. Die Motette „Jesu, meine Freude“ wurde von den Kantaten
„Jesu, der du meine Seele“ und „Lobe den Herren, den mächtigen König der
Ehren“ eingerahmt. Auffallend ist, dass der neue Name des Chores häufig nicht
korrekt wiedergegeben wurde, selbst auf den in eigener Verantwortung des Bach-
Chores erstellten Plakaten und Programmzetteln.
Franz Kelch
1954
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Die monatliche Abendmusik am 24. September enthielt Chor- und Orgelwerke,
die man bereits zum Repertoire zählen konnte, und die Karl Richter auch in
späteren Jahren immer wieder aufs Programm setzte, wie auch die Brahms-Mo-
tette „Warum ist das Licht gegeben den Mühseligen“.
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Die dritte „Bach-Kantate“ des Jahres am 10. Oktober brachte die Kantaten „Ich
habe genug“ und „Wachet, betet, seit bereit“, Karl Richter spielte zwischen den
beiden Kantaten Präludium und Fuge D-Dur, ein hoch virtuoses Orgelwerk, das
er nicht so oft in sein Programm aufnahm. Der vorgesehene Bassist für die Solo-
kantate „Es ist genug“, Hermann Schey ausAmsterdam, den Richter inAnsbach
kennengelernt hatte, war erkrankt, für ihn sprang kurzfristig Franz Kelch ein.
Sehr lebhaft erinnert sich der 95jährige noch heute an denAnruf von Karl Rich-
ter um 18.30 Uhr, nur 90 Minuten vor Konzertbeginn in der Markuskirche.
O-Ton Franz Kelch
Vom Musikalischen her gab es nie Probleme. Wir waren so gut aufeinander einge-
spielt, dass ich sogar einmal kurzerhand einsprang, um die bekannt schwierige Solo-
Kantate BWV 82 „Ich habe genug“ ohne Orchesterprobe zu übernehmen. Der hollän-
dische Bassist Hermann Schey, ein damals etwa 65 Jahre alter, sehr geschätzter Konzert-
sänger, hatte erst am Nachmittag des Aufführungstages abgesagt. Richter rief mich an,
und wir vereinbarten eine Verständigungsprobe am Klavier im Pfarrsaal der Markus-
kirche, eine halbe Stunde vor der Aufführung, sprachen uns nur flüchtig über die Tempi
und die Besonderheiten in den Rezitativen ab – und die Aufführung gelang bestens.
1954
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Auch die beiden Chorwerke der Abendmusik vom 22. Oktober zählten schon
länger zum Repertoire das Bach-Chores, die Fest- und Gedenksprüche von Jo-
hannes Brahms und die Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz.
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Auch 1954 sollten die Bach-Tage vom 6. - 14. November der musikalische Hö-
hepunkt des Jahres werden. Karl Richter hatte hierzu Künstler und Ensembles
eingeladen, die zur damaligen Zeit den Standard der Bach-Interpretation dar-
stellten. Zwei Konzerte steuerte Richter selbst zusammen mit seinem Bach-Chor
bei, die geplante h-moll-Messe kam nicht zur Aufführung. Die Ankündigung in
der Süddeutschen Zeitung verprach ein Kunsterlebnis der besonderen Art.
Am 11. November brachten Karl Richter, sein Bach-Chor sowie die renommier-
ten Vokal- und Instrumentalsolisten in der Lukaskirche zwei Kantaten von Jo-
hann Sebastian Bach zu Gehör: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ und
„Ich hatte viel Bekümmernis“.
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TagsdaraufmusiziertenRichterundseinKammer-
orchester die Brandenburgischen Konzerte Nr. 5
und 6 sowie die D-Dur-Ouvertüre. Agnes Giebel
war die Solistin in der Hochzeitskantate „Weichet
nur, betrübte Schatten“. Erstmals saß Otto Büch-
ner als Konzertmeister am ersten Pult des zukünf-
tigen Bach-Orchesters.
Die Besetzungsliste des Kammerorchesters nennt viele Namen, die immer wie-
der und über Jahre hinweg mit Karl Richter musiziert haben.
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Zum Abschluss der Bach-Tage gastierte am 14.
November der Dresdner Kreuzchor in der Lukas-
kirche. Hier gab es ein Wiedersehen mit Rudolf
Mauersberger, der den jungen Richter entscheidend
mitgeprägt hat.
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In dem Kantatenkonzert vom 21. November erklang erstmals Bachs Kreuzstab-
kantate, gesungen von Horst Günter aus Leipzig. Zudem dirigierte Karl Richter
die Kantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, die er von allen Kantaten Bachs
am häufigsten in sein Programm aufnehmen sollte.
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Die letzte Abendmusik des Jahres zum Totensonntag enthielt wiederum Chor-
werke, die Richter bereits mehrfach musiziert hatte. Auffallend ist, dass ihn
die Todes-Thematik offensichtlich von Anfang an durch sein recht kurzes
Leben begleitet hat.
Am zweiten Adventssonntag lud die Christi-Himmelfahrtsgemeinde Karl Rich-
ter und seinen Bach-Chor zu einem festlichen Konzert nach Freising ein, das im
Münchner Merkur angekündigt wurde. Das Programm umfasste die beiden
Motetten „Singet dem Herrn ein neues Lied“ und „Jesu, meine Freude“, Karl
Richter spielte zwei der großen Orgelwerke Bachs. Die beiden Kritiken im
Münchner Merkur und im Freisinger Tagblatt spiegeln das außergewöhnliche
musikalische Ereignis wider.
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Im Gottesdienst zur Eröffnung des Bayerischen Landtags am 13. Dezember sang
der Münchener Bach-Chor die Fest- und Gedenksprüche von Johannes Brahms.
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Der letzte Höhepunkt des Jahres war dieAufführung der Kantaten 1-3 aus Bachs
Weihnachtsoratorium, wiederum an zwei Abenden in der Markuskirche. Ein
Konzert der ganz besonderenArt vor allem auch deshalb, weil an diesemAbend
die in Graz geboreneAltistin Hertha Töpper ihr Debüt bei Karl Richter gab. Von
da an war die Alt-Partie in Richter-Konzerten für fast zwei Jahrzehnte zumeist
mit dieser Ausnahmesängerin besetzt. Die Kritiken in der SZ und in der Abend-
zeitung lassen erahnen, welche Wertschätzung das Münchner Konzertpublikum
inzwischen Karl Richter und seinen Musikern entgegenbrachte.
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Hertha Töpper
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Der zweite Teil von Bachs Weihnachtsoratorium eröffnete am Dreikönigstag
das kirchenmusikalische Jahr 1955 in St. Markus. Am 23. Januar folgte ein Or-
gelkonzert mit Werken J. S. Bachs. Fünf Tage später lud der Münchner-Bach-
verein zur ersten Abendmusik des Jahres, mit Werken von Dietrich Buxtehude,
Heinrich Schütz und Johann Eccard.
Der Kantatenabend am Sonntag, den 13. Februar, brachte die Kantaten „Du wah-
rer Gott und Davids Sohn“ und „Jesus nahm zu sich die Zwölfe“, Karl Richter
spielte dazwischen Toccata und Fuge F-Dur BWV 540.
In der monatlichen Abendmusik erklangen am 25. Februar Bachs Orgel-Partita
über „Sei gegrüßet, Jesu gütig“ sowie doppelchörige Motetten von Johann Chri-
stoph Bach und Hans Leo Hassler.
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Die am 25. Februar vorgesehene Motette „Unsers
Herzens Freude hat ein Ende“ kam erst am zwei-
ten Sonntag im März zur Aufführung. Sie wurde
umrahmtvondenKantaten„HerrJesuChrist,wahr'
Mensch und Gott“ und „Himmelskönig, sei will-
kommen“. Neben den bekannten und renommier-
ten Protagonisten der frühen 1950er Jahre, Ruth
Michaelis und Franz Kelch, debütierte an diesem
Abend die in Wien geborene Sopranistin Antonia
Fahberg, Mitglied der Bayerischen Staatsoper.
O-Ton Antonia Fahberg
Ja, das war ein Einspringen für eine Kollegin, die irgend etwas anderes hatte oder
keinen Urlaub bekam. Ich war damals schon kurz vor der Entbindung von meinem
Sohn, und da sagte ich: „Um Gottes Willen, was soll ich denn anziehen?“, dann hieß
es: „Ja, das machen wir schon.“ Da hatte ich also ein schwarzes Kleid, und die haben
mir einen schwarzen Schal von hinten drüber mit Sicherheitsnadeln festgesteckt, so
haben sie mich bekleidet. Karl Richter ist jeden Tag gekommen und hat mit mir gear-
beitet. Ich war ja nicht Bach-firm, wenn man so will. Ich hatte noch nie Bach gesungen.
Bach war ziemlich in Misskredit damals, es hat ja keiner den Bach so aufgeführt, wie
Karl Richter das dann gemacht hat. Und es war ein Riesenerfolg.
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Die Abendmusik im Monat März enthielt
zwei Orgelwerke von Johann Pachelbel
und Motetten von Johann Kuhnau, Johann
Hermann Schein, Johannes Eccard und
Andreas Hammerschmidt. Von einigen
Konzerten dieses Jahres gibt es in unserem
Karl Richter Archiv nur die Vorankündi-
gungen, nicht aber Konzertprogramme.
Am Freitag vor Palmsonntag stand Bachs
Matthäus-Passion in der Lukaskirche auf
dem Programm, und in der Karwoche ge-
langte die Johannes-Passion in der Markus-
kirche gleich zwei Mal zur Aufführung.
Nur eine Woche nach dem Osterfest lud der Bach-Verein zum nächsten Kanta-
ten-Abend in die Markuskirche. Die Osterkantate „Der Himmel lacht, die Erde
jubilieret“ war Schluss- und Höhepunkt dieses Konzerts. Zuvor erklangen die
Kantate „Du Hirte Israel, höre“ und Fantasie und Fuge g-moll BWV 542.
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DieAbendmusik am letzten Freitag imApril war Werken von Francesco Durante,
Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach gewidmet.
Chor- und Orgelwerke von J. S. Bach brachte die Abendmusik am letzten Frei-
tag im Mai: Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552 sowie die beiden Motteten
„Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf“ und „Singet dem Herrn ein neues Lied“.
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In der Bach-Kantate vom 8. Mai war der Chor ganz besonders gefordert. Er
hatte nicht nur die beiden Kantaten „Es ist euch gut, dass ich hingehe“ und das
Himmelfahrtsoratorium „Lobet Gott in seinen Reichen“ zu bewältigen, sondern
sang auch noch die doppelchörige Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“.
Unter den Solisten waren Franz Kelch, der Leipziger Arzt Gert Lutze und, wie
so oft in den nächsten 15 Jahren, Hertha Töpper.
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In den Mai dieses Jahres fiel auch
die erste Schallplattenaufnahme
von Bachs Weihnachtsoratorium
für Teldec. Karl Schumann schrieb
in seiner Einführung
„Die Aufnahme von 1955 zeigt Rich-
ters Ensemble in der endgültigen For-
mierung: Der vorwiegend aus Laien
bestehende Chor hatte sich vergrößert
und vervollkommnet, das Orchester
sich den Ausdrucksstil Richters ange-
eignet. Den Evangelisten sang Gert
Lutze, damals der angesehenste
Oratorientenor in Mitteldeutschland.
Richter schätzte die amerikanische Sopranistin Chloe Owen ebenso wie den 1917 ge-
borenen Bass-Bariton Horst Günter, seit 1950 Mitglied der Hamburger Staatsoper. Zu
Richters Stamm-Ensemble gehörte - neben Kieth Engen - die 1924 in Graz geborene
1955
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Altistin Hertha Töpper, bayerische Kammersängerin und Säule der Münchner Oper.
Der Trompeter Georg Donderer war Solist des Staatsorchesters wie der noch von Cle-
mens Krauss berufene, als Bach-Spezialist gerühmte Flötist Walther Theurer.“
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An zwei Abenden Anfang Juni spielte Karl Richter in der Markuskirche alle
sechs Orgelsonaten von J. S. Bach.
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Der Kantatenabend am 12. Juni brachte die Trinitatis-Kantaten „Gelobet sei der
Herr, mein Gott“ und „Brich dem Hungrigen dein Brot“ zu Gehör. Karl Richter
spielte dazwischen wieder einmal Präludium und Fuge Es-Dur, BWV 552.
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DieAbendmusik am Johannistag war ausschließ-
lich zeitgenössischen Komponisten gewidmet.
Auf dem Programm standen Werke von Johann
Nepomuk David, Zoltan Kodaly und Karl Höller,
der ein Jahr zuvor zum Präsidenten der Münch-
ner Musikhochschule berufen worden war.
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Auch im Juli war ein Bach-Kantaten-Abend angesagt, in dem neben der fünf-
stimmigen Motette „Jesu, meine Freude“ die Kantaten „Es ist das Heil uns kom-
men her“ und „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist“ zurAufführung gelangten.
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In der Bachwoche Ansbach 1955 war Karl
Richter, noch ohne seinen Bach-Chor, mit
vier Konzerten vertreten.An zweiAbenden
dirigierte er in der Johanniskirche Bachs
Weihnachtsoratorium, als Chor waren die
Wiener Sängerknaben verpflichtet worden.
Ebenfalls in der Johanniskirche gab er am
27. Juli ein Orgelkonzert mit den Werken,
die zuletzt auch in München immer wieder
auf dem Programm gestanden hatten.
Und im Prunksaal des Markgrafen-
schlosses spielte Richter zwei Tage später
Bachs Konzerte für ein bis vier Cembali,
zusammen mit Eduard Müller, dem Base-
ler Münsterorganisten, sowie den Berner
Cembalisten Gerhard Aeschbacher und
Heinrich Gurtner. In dieser Besetzung wur-
den diese Konzerte auch auf Schallplatte
eingespielt, das Orchester firmierte als
„Solistengemeinschaft der Bachwoche
Ansbach“. Es handelte sich vorwiegend
um Instrumentalisten des auf Richter ein-
geschworenen Kammerorchesters, das sich
weitgehend aus Solisten des Bayerischen
Staatsorchesters, der Münchner Philhar-
moniker und des Symphonieorchesters des
Bayerischen Rundfunks zusammensetzte.
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Im ersten Kantaten-Abend nach der Sommerpause hatte Karl Richter am 11.
September wieder ein Orgelwerk und zwei Kantaten des Thomaskantors auf das
Programm gesetzt.
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Weitere Kantaten-Abende gab es am 16. Oktober mit Bachs Solokantate
„Jauchzet Gott in allen Landen“, der Toccata d-moll und der Kantate „Bringet
dem Herrn die Ehre seines Namens“ sowie am 6. November, wo der amerikani-
sche Bassist Kieth Engen, Mitglied der Bayerischen Staatsoper, erstmals in zwei
Bach-Kantaten zu hören war: „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“ und „Ein
feste Burg ist unser Gott“.
Auch im September und Oktober
lud der Bach-Verein jeweils am
letzten Freitag im Monat zur
Abendmusik. Werke von Max
Reger und Anton Bruckner wa-
ren am 30. September zu hören,
am 28. Oktober dann Motetten
und Orgelmusik von Buxtehude,
Schütz, Gabrieli und Bach.
1955
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O-Ton Engen
Mein erstes Zusammentreffen mit Karl
Richter war im Jahr 1955, in der Markus-
kirche in München und im Pfarrhaus.
Agatha von Thiedemann hatte das Tref-
fen ermöglicht, denn Karl Richter war
mir damals völlig unbekannt. Ich kam aus
Österreich, aus Amerika, und sie sagte,
ich könne ihm in der Markuskirche vor-
singen, aber vorher sollte ich erst im
Pfarrhaus mit ihm sprechen. Also ging
ich dann im Sommer 1955 zum Pfarr-
haus, saß auf einer Bank und sah nie-
manden. Ich saß da ungefähr fünf Minu-
ten und dachte mir, na, das ist toll, was
mache ich jetzt. Und plötzlich bemerkte
ich neben mir jemanden, und das war
Karl Richter.
Wir saßen wie Max und Moritz nebeneinander, haben uns nicht in die Augen geschaut.
Da fragte er mich: „Woher kommen Sie, und was machen Sie? Ich höre, Sie sind jetzt
an der Bayerischen Staatsoper.“ Ich sagte „Ja.“ Daraufhin fragte er: „Wieviel verdie-
nen Sie?“ Das kam mir sehr merkwürdig vor, dass jemand das fragt, aber warum nicht,
es war im Pfarrhaus, und ich hab es ihm gesagt. Dann sagte er: „Na gut, dann gehen
wir in die Kirche, jetzt singen wir. Was wollen Sie singen?“ Und ich sagte: „Ich würde
furchtbar gern das Arioso "Am Abend, da es kühle war" aus der Matthäus-Passion
singen.“ Wir gingen zu der Orgel, die Kirche war leer, dachte ich, und wir haben dieses
Arioso gemacht, er an der Orgel, und ich habe gesungen. Und darauf sagte er: „Sehr
gut, sehr gut, könnten Sie im November zwei Kantaten mit mir machen in dieser Kir-
che?“ „Ja, sehr gern, natürlich.“ Und dann merkte ich, dass noch zwei Menschen in
der Kirche waren. Das waren Dr. Weymar und seine Frau. Beim Hinausgehen haben
sie gewunken und gerufen: „Schön wars, schön wars“. So hat meine Karriere mit Karl
Richter begonnen und meine Verbindung mit der Ansbacher Bachwoche angefangen.
Das war im Jahr 1955.
Dann kam mein erster Kantatenabend mit Karl Richter in der Markuskirche: "Ein feste
Burg ist unser Gott" und "Gott, der Herr, ist Sonn und Schild", im November 1955. Von
da an haben wir 25 Jahre zusammen gearbeitet, und ich habe so viel gelernt und so viel
profitiert von Bach und von Karl Richter.
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Die Münchner Bach-Tage begannen am 12. November mit einem Kammerkon-
zert im Herkulessaal der Münchner Residenz. Zwei Ouvertüren und zwei Bran-
denburgische Konzerte standen auf dem Programm, als Solisten fungierten die
bekannten Namen des Bach-Orchesters.
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Tags darauf gab Karl Richter ein Orgelkonzert in der Markuskirche mit fünf der
großen Orgelwerke von Johann Sebastian Bach.
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ZumAbschluss der Bach-Tage erklang am 15. November in der Lukaskirche die
Hohe Messe h-moll. MitAntonia Fahberg, Hertha Töpper und Kieth Engen stan-
den drei Gesangssolisten auf dem Podium, die Richters musikalischen Lebens-
weg über eine lange Zeit begleiten sollten. Die Kritik zollte vor allem dem Bach-
Chor hohes Lob.
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Die letzte Abendmusik des Jahres brachte im November Orgelmusik, Motetten
und eine Bach-Kantate zum Totensonntag.
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Zur Einweihung der St. Matthäuskirche musizierten Karl Richter und die Sei-
nen am 1.Adventssonntag die Bach-Kantate „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“.
Die Christi Himmelfahrtskirche in Freising lud Karl Richter und seinen Mün-
chener Bach-Chor am 2. Adventssonntag zu einem Motettenkonzert.
Am 4. Adventssonntag schließlich gelangte in der Lukaskirche der erste Teil
von Bachs Weihnachtsoratorium zurAufführung, inzwischen ein fester Bestand-
teil des Münchner Konzertkalenders.
Ebenso zur Tradition wurde das Weihnachtslieder-Singen des Bach-Chores kurz
vor den Festtagen. Das Programm war in all den Jahren - als Einstimmung in
das weihnachtliche Geschehen - im Kern nahezu gleich geblieben.
Und wie jedes Jahr bildete das Orgelkonzert in der Silvesternacht den kirchen-
musikalischen Abschluss an St. Markus.
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Zum Weihnachtsfest 1955
hatte Karl Richter seinem
Dekan Dr. Theodor Heckel
ein Portrait mit eigenhändiger
Widmung geschenkt.
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Am 19. Februar standen in der Markuskirche drei Bach-Kantaten auf dem Pro-
gramm: „Jesus nahm zu sich die Zwölfe“, „Du wahrer Gott und Davidssohn“
sowie die Kreuzstabkantate mit Kieth Engen als Solisten. An diesem Abend
sang zum ersten Mal Fritz Wunderlich bei Karl Richter. Antonia Fahberg erin-
nert sich an diesen Tag ganz besonders:
O-Ton Antonia Fahberg
Als Fritz Wunderlich zum ersten Mal zu Richter kam, da war er ein ganz junger Sänger,
in Stuttgart engagiert und auf seine Stimme natürlich sehr stolz. Er wollte immer wie-
der damit brillieren. Zum Beispiel erzählte er: „Da bin ich heute um acht Uhr früh
aufgestanden und wollte ein C singen und habe keins gehabt!“ Wir darauf: „Bist du
wahnsinnig, was willst du in der Früh um acht mit einem hohen C, da hat man ja
normalerweise noch nicht mal eine Stimme, geschweige denn ein hohes C!“ Das hat
sich dann alles beruhigt. Er hat ja wunderbar Piano gesungen und auch Forte. Nur, am
Anfang war er halt „vogelwild“, wie man so sagt.
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Am 27. Februar 1956 war der Leipziger Thomaskantor und Karl Richters Leh-
rer und Freund, Günther Ramin, gestorben. Seinem Andenken war die Matthä-
us-Passion in der Lukaskirche gewidmet. Franz Kelch, der in dieserAufführung
die Christus-Partie sang, schreibt in seinen Erinnerungen:
Richters Ruf als Bach-Interpret hatte sich mittlerweile so gefestigt, dass sich das musi-
kalische München um die Karten riss und als Aufführungsraum die große Lukas-Kir-
che gewählt werden musste. Gespannte Erwartung erfüllte die Zuhörer, die Richters
Weg in den ersten Durchbruchsjahren begleitet hatten. Wie würde er Bachs Hauptwerk
angehen? Richter hatte die ganze Partitur auswendig im Kopf. Mit leuchtenden Augen
und unmissverständlichen Dirigiergesten feuerte er Chor und Orchester an und über-
trug seine innere Glut auf alle Ausführenden. Dann wieder wechselte er zum Cembalo,
um von dort aus den Einsatz zu geben und mit unerhörter Konzentration selber den
Continuo-Part der Arien zu spielen oder in unnachahmlicher Weise die Evangelisten-
Rezitative mit höchster Kunstfertigkeit auszuziselieren. Dem Cembalo entlockte er die
unterschiedlichsten Klangfarben und Spielformen, wie ich sie bei anderen Aufführun-
gen nie zu hören bekommen hatte. Wer sonst noch auf der ganzen Welt hätte das so
vermocht! Ergriffen gingen Zuhörer undAusführende von dieserAufführung nach Hause.
Ein Markstein für eine lebendige, unorthodoxe Bach-Pflege und Aufführungspraxis
der Passionen in München war gesetzt.“
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Franz Kelch
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Der Karfreitag alsAufführungstag für eine der Bach-Passionen wurde inzwischen
zur Tradition. Am 30. März erklang in der Markuskirche die Johannes-Passion.
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An diesem Karfreitag 1956 unterbreitete eine Abordnung aus Leipzig und Ber-
lin Karl Richter das Angebot, die Nachfolge des verstorbenen Günther Ramin
als Thomaskantor anzutreten. Heinz Geisel, der Geschäftsführer des Münche-
ner Bach-Chores erinnert sich an das Geschehen:
O-Ton: Heinz Geisel
München war also auf uns aufmerksam geworden, das Publikum kam zu den Konzer-
ten, und es war damals schon immer alles ausverkauft. Doch da kam eine gefährliche
Klippe. Ramin war gestorben und Professor Fischer, der Klavierlehrer von Richter in
Leipzig war, kam nach München und bat um eine Unterredung. Davon gibt es auch
viele Varianten, aber ich bin der einzige Augen- und Ohrenzeuge und weiß, was da
gesprochen wurde. Fischer breitete die Situation in Leipzig ein bisschen aus und mein-
te zum Schluss: Er würde es doch sehr begrüßen, wenn Richter wieder nach Leipzig
käme und den Thomanerchor übernehmen würde. Na, man würde es sich überlegen.
Richter fragte dann, als wir wieder zu Hause waren, was er denn machen solle. Ich
sagte: „Nichts. Sie bleiben gefälligst da (wir waren damals noch per Sie), Sie sind jetzt
fünf Jahre hier, und die ganze fünfjährige Arbeit wäre umsonst gewesen. Sowohl für
uns, als auch für Sie.“ Also sagte er: „Ich werde es mir überlegen.“ Ich darauf: „Ich
will das aber schriftlich, wenn Sie dort absagen.“
Am nächsten Tag kam er, und hatte auf ein Blatt Papier geschrieben: „Ich bleibe da!
Karl Richter, verhinderter Thomaskantor.“ Ich musste also die Briefe verfassen:
erstens an den Rat der Stadt Leipzig, zweitens an den Professor Fischer. Das habe
ich dann gemacht. Einige Tage später trafen wir uns, und Richter meinte: „Ich muss
Ihnen was sagen: Ich war bei Knappertsbusch“ - das war sein geistiger Vater - „und
habe ihm den Brief hingelegt, was er dazu meint. Dann hat der geknurrt und gesagt,
da haben Sie aber einen guten Rechtsanwalt gehabt. Und ich musste ihm sagen, nein,
das war ein Architekt.“ Da haben wir noch lange gelacht.
Zwei Wochen nach Ostern brachte Karl Richter die Osterkantaten „Halt im Ge-
dächtnis Jesum Christ“ und „Der Himmel lacht, die Erde jubilieret“ in der
Markuskirche zu Gehör. Zwischen den beiden Vokalwerken spielte er Präludi-
um und Fuge g-moll BWV 542.
Die Abendmusik vom 27. April war Johannes Brahms und Max Reger vorbe-
halten, der 40. Todestag des Komponisten am 11. Mai war Anlass für ein eige-
nes Konzert in der Markuskirche. Den Rahmen bildeten zwei groß angelegte
Orgelwerke: Introduktion und Passacaglia f-moll sowie Fantasie und Fuge über
B-A-C-H. Dazwischen sang der Bach-Chor vier Vokalwerke sowie die selten
aufgeführte Choralkantate „O Haupt voll Blut und Wunden“.
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Die Aufführung der Brandenburgischen Konzerte und Orchestersuiten waren
seit Richters erstem Münchner Jahr ein fester Bestandteil im alljährlichen
Konzertprogramm. Verteilt auf zwei Abende erklangen sie in diesem Jahr am
12. und 13. Mai im Herkulessaal, und wie stets war das F-Dur-Konzert mit
Adolf Scherbaum auf der Trompete Höhepunkt und Abschluss der Konzerte.
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Am 2. Juni hatte Karl Richter seine berühmte französische Kollegin Marie-Claire
Alain in die Markuskirche eingeladen. Die damals 30jährige Organistin, Schwe-
ster des Komponisten Oliver Alain, spielte auf der Steinmeyer-Orgel ein reines
Bach-Programm.
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Am Sonntag, den 10. Juni, führte Karl Rich-
ter in der Markuskirche drei Bach-Kantaten
auf, die in all den Münchner Jahren immer
wieder in den Konzertprogrammen auftauch-
ten: „Herz und Mund und Tat und Leben“,
„Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ - beide erst-
mals unter Richter in einem Kantatenabend -
und die Pfingstkantate „Erschallet, ihr Lie-
der“. Eine junge Sopranistin, Lotte Schädle,
von Richter sehr geschätzt, hatte in diesem
Konzert ihr Debüt.
O-Ton: Lotte Schädle
1951 habe ich in München an der Hochschule für Musik angefangen. Zur gleichen
Zeit ist dort Karl Richter als jüngster Professor eingetreten - und ich als Gesangs-
studierende. 1954 kam ich an die Bayerische Staatsoper als Elevin. Dort durfte ich
schon bald sehr schöne Rollen singen, z.B. das Blondchen in der „Entführung“ und
die Papagena in der „Zauberflöte“ und viele kleinere Rollen natürlich. Nach zwei
Jahren bin ich dann nach Nürnberg gegangen und kam nach fünf Jahren im Jahre
1962 nach München zurück. Die Konzerte mit Karl Richter waren da schon immer
parallel gelaufen. Er hatte mich bereits 1955 in Ettal gehört. Das hat er mir selbst
erzählt, und ab da hat er mich über 20 Jahre lang immer wieder engagiert für große
Oratorien, auch für Kantaten und die Passionen.
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Das Programm der nächsten Bach-Kan-
tate enthielt wiederum drei Werke, die
für Karl Richter von zentraler Bedeutung
waren: „Lobe den Herren, den mächti-
gen König der Ehren“, „Wachet auf, ruft
uns die Stimme“ und die schon mehrfach
aufgeführte Reformationskantate „Gott,
der Herr, ist Sonn und Schild“. Am
Orgelpositiv saß Ekkehard Tietze, ein
Freund aus Leipziger Zeiten. Der 1914
geborene Tietze hatte nach Günther
Ramins Tod für einige Zeit den Thomanerchor geleitet und war dann lange Kir-
chenmusiker in Potsdam gewesen.
Am 1. Juli spielte Karl Richter in der Markuskirche ein reines Bach-Programm
mit Orgelwerken, die ihn Zeit seines Lebens auf allen Konzertpodien und
Kirchenorgeln der ganzen Welt begleiteten.
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O-Ton: Pfr. Karl Heckel
In meiner Studentenzeit wurde ich in den Semesterferien eines Tages von Karl Richter
in der Frühe angerufen, es ginge ihm nicht so gut, wahrscheinlich hatte er eine Grippe
oder etwas anderes, ob ich nicht am Vormittag die Orgel in Markus spielen könne, er
fände nicht so schnell jemanden. Ich habe gerne zugesagt, bin dann rüber gegangen
und habe den Frühgottesdienst gespielt und den Hauptgottesdienst. In den Haupt-
gottesdienst pflegte immer Dr. Carl Weymar mit seiner Frau zu kommen. Der wohnte
innerhalb der Markusgemeinde. Und Richter hatte noch ausdrücklich gesagt, ich solle
den Orgelspieltisch, der auf Rollen stand, so umdrehen, dass der Vater mich nicht sehen
könne, denn er hätte es nicht gern, wenn sein Kantor, Richter war sein Kantor, nicht
spielen würde. Und da sollte ich die Orgel umdrehen, damit ich nicht gesehen würde.
Erstmals trat in diesem Jahr der Münchener Bach-Chor bei der BachwocheAns-
bach auf und sang an fünf Abenden 14 geistliche und 2 weltliche Kantaten. Für
alle Mitwirkenden in Chor und Orchester, für die Instrumental- und Vokalsolisten
waren die Tage in Ansbach - von 1956-1964 - in höchstem Maße prägend, und
das bis heute.
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Das habe ich dann auch gemacht, ich wollte ja Richter nicht blamieren. Und wie es
dann so ist, habe ich also munter losgespielt, und das hat dem Dr. Weymar offensicht-
lich gefallen. Er kam dann auf die Orgelempore rauf und vermutete, dass Richter an
der Orgel gewesen sei. Richter war aber keineswegs dagewesen. Er fragte nach ihm,
wo er wäre, und da hab ich das einzige mal in meinem Leben dick gelogen und gesagt:
„Der ist zur anderen Treppe schon runter gegangen.“ Ich wollte doch nicht zugeben,
dass er nicht da war und dass ich selber gespielt hatte. Außerdem hätte ich das für
Angabe gehalten. Aber da hatte er mich vermutlich beim letzten Stück noch gesehen
und sagte: „Dann spielen Sie aber wunderbar. Ich lade Sie sofort als Helfer für die
Bachwoche ein.“ Und das war der Beginn meiner Bekanntschaft mit mehreren Bach-
wochen.
O-Ton: Heinz Geisel
Es kam dann 1956 die Einladung für Chor und Orchester nach Ansbach für 12 Tage.
Wir haben uns mit Dr. Weymar, der ja der geistige Vater der Bachwoche war, bespro-
chen und entschlossen, Kantaten zu machen. Und das war ein Riesenerfolg. Wenn wir
mal ein bisschen frei hatten und in der Stadt umhergingen, erkannten uns die Leute auf
der Straße. Einmal schoss eine Dame auf uns zu: „Ach, wir kennen Sie, sie sind doch vom
Bach-Chor!“ „Woher wissen Sie das?“ „Wir kennen Sie vom Sehen, das ist eine wunder-
bare Musik, die Sie machen, so etwas haben wir noch nie gehört.“
Folgende 16 Kantaten kamen in Ansbach 1956 zur Aufführung: Am 25. Juli in
St. Gumbertus „Unser Mund sei voll Lachens“, "Jauchzet Gott in allen Landen“
mit Friederike Sailer als Sopran-Solistin und „Gott, wie dein Name, so ist auch
dein Ruhm“. Zwei Tage später dann „Du wahrer Gott und Davids Sohn“, „Ich
habe genug“ mit Horst Günter als Bass-Solisten, und „Ich hatte viel Bekümmer-
nis“. Am 29. Juli folgten die Kanta-
ten „Der Himmel lacht, die Erde
jubilieret“, „Ich weiß, dass mein Er-
löser lebt“, "Weinen, Klagen, Sorgen,
Zagen“ und „Erschallet, ihr Lieder“.
Helmut Winschermann und Fritz
Henker spielten, wie so oft, Oboe und
Fagott im Orchester der Solisten-
gemeinschaft der Bachwoche Ans-
bach.
In piam memoriam Thomaskantor
Günther Ramin erklangen am 31. Juli,
wiederum in St. Gumbertus, „Lobe
den Herren, den mächtigen König der
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Ehren“, „Gott soll allein mein Herze haben“,
„Wachet auf, ruft uns die Stimme“ sowie die
Kreuzstabkantate, erstmals mit dem jungen
Dietrich Fischer-Dieskau.
In seinem Beitrag für unsere Buch-Dokumen-
tation schreibt Fischer-Dieskau:
Die Arbeit war ihm alles, und welchen Schwung
und welch erobernde Nachschöpferkraft er dafür
aufbrachte, das wurde mir erst allmählich deut-
lich. Bei der Erwähnung nur des geringsten musi-
kalischen Details leuchteten seine Augen auf, und
sein Interesse war geweckt. Und keiner wird den Ausdruck erfüllter Hingabe verges-
sen, den die von ihm interpretierte Musik auf sein Gesicht zauberte, auch noch lange
nach der Aufführung.
DasAbschlusskonzert der Bachwoche 1956 dirigierte Werner Egk, mit dem Karl
Richter ein freundschaftliches und von gegenseitiger Hochachtung geprägtes
Verhältnis hatte, in der Orangerie im Schlosspark. Richter selbst spielte das
Cembalo. Zur Aufführung gelangten die h-moll-Suite mit Aurèle Nicolet an der
Querflöte sowie die weltlichen Kantaten „Auf, schmetternde Töne der muntern
Trompeten“ und „Tönet, ihr Pauken, erschallet, Trompeten“.
Dietrich Fischer-Dieskau - Friederike Sailer - Sieglinde Wagner
Karl Richter - Werner Egk
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Die erste Bach-Kantate nach der Sommerpau-
se am 9. September enthielt zwei Werke des
Thomaskantors: „Liebster Gott, wann werd ich
sterben“ und „Gott soll allein mein Herze ha-
ben“, mit Hedwig Bilgram am Orgelpositiv.
Die begabteste Schülerin Richters wurde von
nun an für mehr als ein Jahrzehnt die wichtig-
ste Mitstreiterin am Continuo, sowohl an der
Orgel wie am Cembalo.
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Schon zwei Wochen später stand wiederum ein Bach-Abend an, u.a. mit der
Kantate „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“, eines der von Richter am häufig-
sten musizierten Werke in seiner knapp bemessenen Lebenszeit.
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Am 23. November erklangen im Rahmen der Bach-Tage 1956 im Herkulessaal
der Residenz die vier Orchestersuiten, zwei Tage später folgte die Abendmusik
zum Totensonntag.
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Ebenfalls im Rahmen der Münchner Bach-Tage 1956 war in der Lukaskirche, wie
bereits ein Jahr zuvor, als Hauptwerk die Hohe Messe h-moll mit dem inzwischen
Bach-bewährten Solistenensemble zu hören. Ein fester Programmpunkt natürlich
auch das Orgelkonzert, mit den beiden Schübler’schen Orgelchorälen „Kommst
du Jesus, vom Himmel herunter“ und „Wachet auf, ruft uns die Stimme“.
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Letzterer Choral spielte auf der ersten Konzertreise, die Karl Richter im Okto-
ber 1956 in die USA geführt hatte, eine bedeutende Rolle, wie Kieth Engen, der
Richter damals begleitete, in seinem Interview erzählt.
O-Ton: Kieth Engen
Im Jahr 1956, glaube ich, war es das erste Mal, dass Karl Richter eine Konzert-
reise in die USA als Organist gemacht hat. Damals habe ich in der Geibelstraße
gewohnt und er hat in der Schumannstraße gelebt, daher waren wir sehr oft
zusammen. Einmal haben wir uns getroffen, und er hat mich gefragt, ob ich
vorbeikommen könnte, um zwei oder drei Briefe ins Amerikanische zu überset-
zen. Ich habe es gemacht, und anschließend ging er nach Amerika. Er gab ein
Konzert in San Francisco in der Grace Cathedral, und am nächsten Tag gab es
ein Seminar mit allen Organisten aus der Umgebung. Sie sprachen über diese
Werke, die er gespielt hatte. Er hatte unter anderem, ich hab noch das Pro-
grammheft, den Choral "Wachet auf, ruft uns die Stimme" gespielt. Und zwar so
(singt das Thema langsam). Am nächsten Tag kam er also mit den jungen Ame-
rikanern zusammen, und sie fragten, warum er das so langsam spielt. Und er
fragte: „Spiele ich es langsam?“ „Ja, ganz langsam, wir sind es schneller ge-
wöhnt (singt ganz schnell), so ein bisschen jazzig.“
Und da zeigt sich eine wichtige Sache bei Richter: Er hatte intuitiv, in seinem
Innersten, schon Gesetze in sich. Aber er hat sie nie als Gesetze gesehen, son-
dern als Teil seines Lebens. Dann hat er den jungen Musikern gesagt. „Geben
Sie mir eine Bibel! Schauen Sie, die törichten und die klugen Jungfrauen schla-
fen ein und der Bräutigam kommt, und die wachen dann erst auf. Wachet auf!
Und wenn man vom tiefen Schlaf kommt, kommt man nicht sofort in ein Tempo,
das so schnell ist. Man muss es langsam angehen.“ Und das war für die Ameri-
kaner eine gute Begründung für sein Tempo.
Richter hat ja nie, nie ein Tempo begründet, er hat es durchlebt. Und da gab es
immer ein paar Sachen mit ihm: Dolce, Legato, „Sie müssen das Tempo füh-
len.“ Und das war es bei ihm. Es kommt, soweit ich weiß, in den Kantaten nur
einmal vor, dass in der Partitur von Johann Sebastian Bach eine Tempo-
bezeichnung steht, und das ist bei der „Kreuzstabkantate“. Da steht plötzlich
im letzten Rezitativ ein Adagio. Und er sagte immer: „Das Tempo ist etwas vom
Körper, man muss es fühlen, man muss es ausfühlen in seiner Musik, in seinem
Wesen, und dann ist es richtig.“
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Die beiden neu einstudiertenWeihnachtskantaten „Unser Mund sei voll Lachens“
und „Christen, ätzet diesen Tag“ kündigten am 3.Adventssonntag das nahe Fest
an. Fünf Tage später konnte die große Lukaskirche kaum alle Konzertbesucher
fassen, die sich wie alljährlich mit Bachs Musik auf das weihnachtliche Gesche-
hen einstimmen ließen.
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Mit dem traditionellen Or-
gelkonzert in der Silvester-
nacht beendete Karl Rich-
ter ein höchst erfolgreiches
Künstlerjahr, in dem er, wie
Dr.Alfons Ott schrieb, „den
Beweis erbracht hat, dass
das Erbe der Musica Sacra
fruchtbringendes Leben in
der Gegenwart bedeutet.
München hat sich mit einer
überwältigend großen und
treuen Gemeinde zum sa-
kralen Innenbezirk der Mu-
sik bekannt.“
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Das Jahr 1957 war geprägt von großen nationalen, aber erstmals auch internationa-
len Erfolgen. ImApril brachen Chor und Orchester zur ersten Italien-Tournee auf.
O-Ton: Heinz Geisel
Dann rückte das Jahr 1957 heran, und da trat etwas ein, was mich fast zwang, meinen
Beruf aufzugeben: die Reisen. Eines Tages kam die Frau des damals bekannten italie-
nischen Dirigenten Alberto Erede. Sie sah aus, wie man sich so richtig eine italieni-
sche Dame vorstellt. Ich hab noch Bilder von ihr, da waren wir beide höchst gefesselt.
Und was wollte sie denn? Sie wollte mal fragen, ob Chor und Orchester eine Reise
nach Italien machen könnten. Mit einem schönen Programm, das könnte man bespre-
chen, und auch mit einem großen Werk von Bach, und auch Orchester solo usw. Also
wir haben uns der Sache angenommen, und dann kam die erste große Reise zu Stande:
Triest, Turin, Bologna, Florenz, Rom, das war 1957 (Matthäus-Passion).
Im Juni waren Karl Richter und sein Münchener Bach-Chor zur Einweihung der
Marienorgel nach Ottobeuren eingeladen.
O-Ton: Heinz Geisel
Da kam eines Tages, wir hatten beide erst etwas lächeln müssen, der Bürgermeister
von Ottobeuren, ein Jurist, nach München und bat um eine Unterredung. Wir trafen
uns also in einem Restaurant, aßen dort zu Mittag, und dann fragte dieser Bürgermei-
ster, ob der Chor und vielleicht das Orchester, das hinge von den Kosten ab, in Ottobeuren
in der großen Basilika Musik machen könnten. Ich hatte die Basilika in meiner Funkti-
on als Architekt schon gesehen und fand, das sei ein schöner Rahmen. So waren wir
eigentlich die Begründer der großen Konzerte in der Basilika. Kleine Konzerte sind
sicher schon immer drin gewesen. Wir haben dann zugesagt.
Im Juli standen bei der Bachwoche Ansbach u.a. die großbesetzten Chorwerke
Bachs auf dem Programm.
O-Ton: Kieth Engen
Mit der Ansbacher Bachwoche war dann folgendes: Wie so oft im Leben klappt beim
ersten Mal etwas nicht. Ich war damals an der Bayerischen Staatsoper und konnte nur
Engagements außerhalb Münchens annehmen, wenn ich von der Staatsoper die Er-
laubnis bekommen hatte. Die Weymars hatten mich für Ansbach eingeladen, und ich
versuchte, diese Zeit frei zu bekommen. Aber die von der Bayerischen Staatsoper ha-
ben mich immer hingehalten, und nach ungefähr einem Monat hieß es: „Nein, wir
können Sie nicht weglassen, zu der Zeit gibt es so und so viele Vorstellungen“. Ich
musste dann Dr. Weymar in der letzten Minute absagen und dachte: O je, da ist jetzt
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meine Verbindung mit der Ansbacher Bachwoche hin, weil ich nicht gleich Nein gesagt
habe. Ich hatte gesagt: „Ich werde es versuchen." Aber, wie der liebe Gott will, zwei
Jahre später wurde ich wieder gefragt. Es gab in der Zwischenzeit ein paar böse Brie-
fe, aber es kam eine Verbindung mit Dr. Weymar und seiner Frau Liselotte für die
Bachwoche in Ansbach zustande: für Matthäus-Passion, Johannes-Passion und h-moll-
Messe, das war 1957.
Und im Dezember reiste das gesamte Ensemble noch einmal nach Bologna zur
Aufführung der Matthäus-Passion im Teatro Communale.
Das Konzertprogramm des Jahres 1957 eröffnete am Dreikönigstag in der
Markuskirche der zweite Teil von Bachs Weihnachtsoratorium mit den in der
Münchner Musikszene inzwischen bekannten Solisten. Die Programme enthielten
nun jeweils auch eine eigene Werbeseite mit den bei Telefunken und Decca neu
erschienenen Schallplatten Karl Richters.
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Auch 1957 wurde die Reihe derAbendmusiken mit neun Konzerten fortgesetzt,
jeweils am letzten Freitag im Monat. In sechs Kantaten-Abenden kamen übers
Jahr gesehen zudem insgesamt 16 Kantaten J. S. Bachs zur Aufführung.
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Am 21. März, am Tag des 272. Geburtstages
von J. S.Bach, gelangte in der Lukaskirche die
Johannes-Passion zur Aufführung. Erstmals
sang der englische Tenor Peter Pears, den
Richter in Ansbach kennen- und schätzenge-
lernt hatte, den Evangelisten.
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Am 7. April startete die erste Auslandstournee
des Münchener Bach-Chores. Im Touropa-Lie-
gewagensteuertedasgesamteEnsemblezunächst
Triestan.DieweiterenStationenderKonzertrei-
se waren Turin, Modena, Bologna, Florenz und
am Palmsonntag Rom. Innerhalb von acht Ta-
gen stand sechsmal Bachs Matthäus-Passion auf
demProgramm,füralleMitwirkendeneineenor-
me physische Leistung. Der Chor hatte zudem
in denAnfangsjahren in München und auch auf
den frühen Konzertreisen keine Möglichkeit,
sich während der Arien zu setzen. Von dieser Reise gibt es einen ausführlichen
und sehr persönlichen Bericht einer jungen Bach-Chor-Sängerin.
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Unter den Vokalsolisten war auch
Fritz Wunderlich, der den Evangeli-
sten bei allenAufführungen sang, bis
auf die in Rom. Bei diesem letzten
Konzert kam es zur ersten persönli-
chen Begegnung Karl Richters mit
dem Würzburger Oboisten Kurt
Hausmann.
O-Ton: Kurt Hausmann
Ja, das war das sogenannte Einspringen.
Das ging so vor sich: Wir hatten hier, am
damaligen Konservatorium in Würzburg,
Heinz Endres als Lehrer. Der ist ja Münchner und war einer der ersten, der bei Richter
Konzertmeister gespielt hat. Und so ein Orchester für sechsmal Matthäus-Passion für
Auslandsreisen zusammen zu kriegen, ist nicht so einfach. Die Musiker wurden ja aus
den bekannt großen Orchestern in München rekrutiert und können ja nicht ohne weite-
res zehn Tage weg. Richter hat also den Endres gefragt: „Haben Sie da in Würzburg
nicht noch ein paar gute Leute, die eventuell...“ Dann hat Endres gesagt: „Ja, Oboe,
Geige und Bratsche.“ Es kamen also mit mir noch zwei Kollegen mit.
Na ja, ich fuhr nach München zur Probe, dann ging die Reise los. Die erste Aufführung
war in Triest, dann Florenz, Turin, und die letzte Aufführung war in Rom. In einem
Saal, jedenfalls nicht schön, vielleicht war es ein Kino. Und da hieß es, es sei dort nur
eine Sitzprobe nachmittags, denn das Sängerensemble sei komplett. Bei dieser letzten
Aufführung musste aber ein neuer Tenor kommen, und da sagte dann Richter, er müsste
da vielleicht doch noch etwas probieren. Und mein lieber Kollege aus München hatte
die Oboe nicht dabei, zur Sitzprobe, na ja.
Da kam die große Arie „Ich will bei meinem Jesus wachen“. Ich ahnte etwas. Manch-
mal hat man ja so ein Gefühl, vielleicht will er was probieren. Und der Kollege hatte
keine Oboe. Da guckte Richter zu mir her: „Sagen Sie, können Sie das mal überneh-
men? Ich muss da ein paar Takte probieren.“ „Ja, natürlich, gerne.“ Er fing an und
hat das ganze Stück, es ist ja ziemlich lang und mit Chor, durchspielen lassen bis zum
Schluss. Der letzte Ton war noch nicht verklungen, Applaus und Getrampel vom Chor
hinten, ich bin bald versunken. Was ist denn jetzt passiert, dachte ich. Es ging weiter,
und am Schluss kam er zu mir und sagte: „Wo kommen Sie denn her, ich kenne Sie
nicht, da müssen Sie aber heute abend das Solo spielen.“ Da hab ich gesagt: „Herr
Richter, das geht nicht, das kann ich meinem Kollegen gegenüber nicht machen. Aber
wenn Sie meinen, ich komme gern mal zu Ihnen nach München.“ Das war es dann.
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Auch in diesem Jahr 1957 brachten Karl Richter und sein Bach-Orchester an
zwei Abenden im Herkulessaal der Münchner Residenz wiederum alle sechs
Brandenburgischen Konzerte sowie die vierte Orchestersuite und das Violin-
konzert in E-Dur zu Gehör.
Am 22. Juni des Jahres
wurde die Marienorgel
der Basilika Ottobeuren,
eine Steinmeyer-Orgel,
eingeweiht. Karl Richter,
sein Münchener Bach-
Chor und die Bamberger
Symphoniker musizierten
den 150. Psalm von An-
ton Bruckner.
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O-Ton: Prior P. Theodor Lutz
Ich bin 1956 in das Benediktiner-Kloster Ottobeuren eingetreten, ein Jahr später wur-
de die Marienorgel am 22. Juni 1957 eingeweiht. Prof. Arthur Pichler hatte hierzu
Karl Richter nach Ottobeuren geholt. Karl Richter hat am Abend zuvor das B-A-C-H
von Max Reger geübt. Es war ein Ereignis, ihn in der leeren Kirche an der neuen Orgel
spielen zu hören.
Von da an ist Karl Richter 24 Jahre lang jedes Jahr mit seinem Münchener Bach-Chor
nach Ottobeuren gekommen. Meist hat er am Abend zuvor ein Orgelkonzert mit Bach-
Werken gegeben. Zum 25jährigen Jubiläum sollten diese Konzerte besonders festlich
gestaltet werden, Karl Richter konnte das aber nicht mehr erleben, er war im Februar
1981 gestorben.
In einem persönlichen Dankesbrief schreibt Karl Richter:
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Interessant ist die Preisliste für
Unterkunftsmöglichkeiten in
Ansbach, die zusammen mit der
Konzertvorschau verschickt
worden war.
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O-Ton: Kieth Engen
Ich war drei Jahre bei der Ansbacher Bachwoche dabei. Es war eine wunderbare Zeit,
das Leben damals in Neuendettelsau. Wir haben uns in diesem kleinen Dorf nur für
Johann Sebastian Bach Zeit genommen. Nur geprobt, nur geübt. Dann sind wir mit
dem Bus nach Ansbach zur Gumbertuskirche gefahren und dort haben wir unsere Kon-
zerte gegeben. Da waren sehr liebevolle Kollegen dabei, Peter Pears, Fritz Wunder-
lich, es waren Ursula Buckel dabei, Marga Höffgen und natürlich Hertha Töpper. Ich
habe mein ganzes Leben lang mit Hertha Töpper an der Oper und bei Karl Richter die
Konzerte gesungen. Sie war eine begnadete Opernsängerin und eine begnadete Bach-
sängerin. Diese Zeit in Ansbach hat vielleicht das Fundament für Bach bei mir gelegt.
Wir waren da drei Wochen nur mit Johann Sebastian Bach beschäftigt. Damals hat
Bischof Lilje immer am ersten Abend der Bachwoche eine Predigt gehalten. Er war
auch in den Proben in Neuendettelsau dabei und hat zugehört. Das war ein menschli-
ches Zusammensein mit Kunst, mit Menschen, mit Johann Sebastian Bach, und es war
eine wunderschöne Zeit.
Karl Richter bestritt fünf der zwölf Konzerte der Bachwoche 1957 mit Chor und
Orchester. Zur Aufführung kamen die beiden Passionen, die h-moll-Messe und
an zweiAbenden die Brandenburgischen Konzerte sowie die beiden Violinkon-
zerte mit Yehudi Menuhin, der auch einen Soloabend spielte. Ralph Kirkpatrick
war in zwei Konzerten mit den Französischen Suiten, den Inventionen, Sinfoni-
en und kleinen Präludien am Cembalo zu hören, und der 1906 in Paris geborene
Cellist Pierre Fournier hatte drei Solosuiten auf seinem Programm.
Am 24. Juli dirigier-
te Karl Richter Bachs
Matthäus-Passion
mit einem wahrlich
hochkarätig besetzten
Solisten-Ensemble.
Peter Pears sang den
Evangelisten, Horst
Günter die Christus-
Partie, Fritz Wunder-
lich, Kieth Engen,
Friederike Sailer und Marga Höffgen waren für dieArien zuständig. Die Namen
der Instrumentalsolisten bürgten für höchsten Standard der Bach-Interpretation.
Den Cantus firmus übernahmen die Knaben des Leipziger Thomanerchors, der
für diese Bachwoche mit seinem damaligen Leiter Kurt Thomas zu einem
Motettenkonzert in der Johanniskirche eingeladen war.
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Im Kammerkonzert am 25. Juli waren zunächst das 5. Brandenburgische Kon-
zert sowie dasViolinkonzert a-moll zu hören mitYehudi Menuhin,Aurèle Nicolet
und Karl Richter als Solisten. Nach der Pause folgten das 6. Konzert in B-Dur
und, wie immer, als Abschluss das 2. Konzert mit Adolf Scherbaum und Edgar
Shann als weiteren Solisten.
Die restlichen drei Brandenburgischen Konzerte sowie das E-Dur Violinkonzert
standen einige Tage später auf dem Programm, ebenfalls wieder in der Orange-
rie im Schloßpark.
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An Bachs Todestag, dem 28. Juli, erklang in St. Johannis die Hohe Messe h-moll,
mit denselben Vokal- und Instrumentalsolisten wie auch an den anderen Tagen.
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DenAbschluss der Bachwoche bildete Bachs Johannes-Passion. Wiederum sang
Fritz Wunderlich die Tenorarien.
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Fritz Wunderlich probt mit Karl Richter Probe in St. Gumbertus
Peter Pears mit dem Ehepaar Weymar
Probe in St. Gumbertus
Otto Büchner, D. Fischer-Dieskau, Karl Richter
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FAZ
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Noch einmal war Karl Richter mit
Chor, Solisten und Orchester nach
Italien aufgebrochen, um am 12.
Dezember in Teatro Communale zu
Bologna zum zweiten Mal in die-
sem Jahr Bachs Matthäus-Passion
aufzuführen.
Am 9. Dezember erschien in den USA ein Artikel über Karl Richter mit dem
Titel: Bach: Wunderbar!
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Eine Woche später erklangen in der Markuskirche drei festliche Weihnachts-
kantaten: „Jesu, nun sei gepreiset“, „Christen, ätzet diesen Tag“ und „Gott, wie
dein Name, so ist auch dein Ruhm“.
Das traditionelle Weihnachtsliedersingen musste in diesem Jahr aus Termin-
gründen ausfallen. Ob Karl Richters Orgelkonzert in der Silvesternacht stattge-
funden hat, ist nicht durch ein Programm belegt.
Kaum zurück aus Italien, versammelten sich Chor und Orchester am 15. De-
zember in der Lukaskirche zu Teil I von Bachs Weihnachtsoratorium. Erstmals
taucht im Programm der Name Kurt Hausmann als Oboist auf.
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Bildnachweis
Alle Bilder stammen aus dem privaten Karl Richter Archiv. Die Inhaber der
Rechte an den einzelnen Fotos konnten nicht mehr ausfindig gemacht werden.
Der Autor
Studium (Klavier und Schulmusik) am Bayerischen Staatskonservatorium in
Würzburg und an der Musikhochschule in München.
Von 1965-1970 Mitglied des Münchener Bach-Chores und von 1970-1989
Schulmusiker an Gymnasien in Bamberg, Niederaltaich und Münsterschwarzach.
1982 Gründung der Konzert- und Schallplattenreihe 'Conventus Musicus' der
Benediktinerabtei Münsterschwarzach und 1989 des gleichnamigen Ton- und
Videostudios samt Musikverlag mit den Programmschwerpunkten „Kultur und
Natur in Franken“ sowie „Karl Richter“.
Karl Richter
(1926 - 1981)
Buch-Dokumentationen
Conventus Musicus
Postfach 68, D-97335 Dettelbach
Tel. 09321-9243986
www.conventus-musicus.de
http://karlrichtermunich.blogspot.com/
cm@conventus-musicus.de
https://www.facebook.com/Karl.Richter.Munich
http://twitter.com/karlrichtermue
Buch-Dokumentation • Euro 19,80
ISBN 978-3-00016864-2
Karl Richter war zweifellos der bedeutendste Bach-
Interpret des vergangenen Jahrhunderts. Mit seinen
Konzertaufführungen und Schallplatteneinspie-
lungen hat er als Dirigent und Organist in den 1960er
und 1970er Jahren neue Maßstäbe gesetzt.Anlässlich
des 80. Geburtstages und gleichzeitig 25. Todesta-
ges im Jahr 2006 von Karl Richter ist eine Buch-
Dokumentation erschienen. In zweijähriger aufwän-
diger Arbeit konnten wir alle noch verfügbaren Zeit-
zeugen der Münchner Ära Karl Richters aufspüren
und die allermeisten von ihnen nach ihren Erinne-
rungen an diese Zeit befragen.
Das Buch enthält die vollständigen Interviews und
Beiträge von 36 Zeitzeugen (u.a. Claes H. Ahnsjö,
Hermann Baumann, Ursula Buckel, Dietrich Fi-
scher-Dieskau, Kieth Engen, Antonia Fahberg, Jo-
hannes Fink, Peter-Lukas Graf, Ernst Haefliger, Ju-
lia Hamari, Kurt Hausmann, Karl-Christian Kohn,
Horst Laubenthal, Paul Meisen, Edda Moser, Aurèle
Nicolet, Siegmund Nimsgern, Anna Reynolds, Lotte
Schädle, Elmar Schloter, Peter Schreier, Kurt-Chri-
stian Stier, Hertha Töpper, Friedemann Winklhofer),
eine ausführliche Würdigung von Leben und Wirken
Karl Richters sowie eine Chronik wichtiger Daten des
Münchener Bach-Chores der Jahre 1951-1981.
Zeitdokumente, Band 1 • Euro 21,80
ISBN 978-3-00-032125-2
Anlässlich von Karl Rich-
ters 30. Todestag sowie
des 85. Geburtstages im
Jahr 2011 begannen wir
mit der Veröffentlichung
von Zeitdokumenten der
Ära Karl Richters in Mün-
chen. Der erste Band die-
ser Reihe beinhaltet die
Jahre 1951-1957, wobei
vor allem die Anfangsjah-
re nahezu vollständig do-
kumentiert und geordnet sind. Etliche Sängerinnen
und Sänger der ersten Stunde haben unserem Karl
Richter Archiv ihre Chor-Alben vermacht, die zu-
sammen mit den Aufzeichnungen des damaligen Ge-
schäftsführers, Heinz Geisel, ein umfassendes und de-
tailliertes Bild der frühen Münchner Jahre ergeben.
Zeitdokumente, Band 2 • Euro 21,80
ISBN 978-3-00-032826-8
Die Jahre 1958-1963 sind
einerseits geprägt von zahl-
reichen, auch noch heute
Maßstab setzenden Schall-
platteneinspielungen wie
Bachs Matthäus-Passion,
Messeh-molloderMozarts
Requiem. Sodann erstreck-
te sich Richters Wirkungs-
bereich immer weiter über
München hinaus ins euro-
päische Ausland und nach
Übersee. Regelmäßige Konzertreisen führen nach Lu-
zern, Salzburg, Wien, Buenos Aires, in die USA. Mit
Bach-ChorundBach-Orchestergastierte RichterinIta-
lien und Paris, die Bachwoche Ansbach und Konzerte
in Ottobeuren und Salzburg werden fester Bestandteil
des Jahresprogramms. Und dennoch bleibt München
für Karl Richter der Mittelpunkt seiner Bach-Pflege.
Zeitdokumente, Band 3 • Euro 24,80
ISBN 978-3-00-034046-8
In den Jahren 1964-1967
vollzog sich Karl Richters
unaufhaltsamer Aufstieg
zu den bedeutendsten Mu-
sikern seiner Zeit. Große
Konzertreisen als Organist
wie als Dirigent führten
ihn nach Italien, Frank-
reich, erstmals mit dem
Chor in die USA, nach
Finnland, England, Wien,
in die Schweiz, schließlich
noch einmal in die USAund zur Weltausstellung nach
Montreal. Schallplattenaufnahmen von Bachs
Weihnachtsoratorium, der Johannes-Passion und der
Brandenburgischen Konzerte, von Händels Messias
und Glucks Orfeo ed Euridice festigten und mehrten
seinen Ruf als namhaften Dirigenten.
Zeitdokumente, Band 4 • Euro 24,80
ISBN 978-3-00-035432-8
Die Jahre 1968-1971 se-
hen Karl Richter im Ze-
nit seines Könnens. Hö-
hepunkte dieser Jahre
sind die großen Konzert-
reisen mit Bach-Chor und
-Orchester in die damali-
ge UdSSR (1968 und
1970) sowie die fast drei-
wöchige Konzerttournee
nach Japan (1969). In die-
sen Zeitraum fallen auch
mehrere Unitel-Fernsehproduktionen: Messe h-moll,
Johannes-Passion, Matthäus-Passion, die Branden-
burgischen Konzerte sowie Werke für Orgel und
Cembalo. Die Deutsche Grammophon setzte die
Reihe der Schallplattenaufnahmen fort u.a. mit Hän-
dels Samson und Giulio Cesare sowie Beethovens
Messe C-Dur.
Zeitdokumente, Band 5 • Euro 22,80
ISBN 978-3-00-037651-1
Zeitdokumente, Band 6 • Euro 22,80
ISBN 978-3-00-0340402-3
Schwerpunkte der Jahre
1972-1976 sind die Kon-
zertreisen mit Bach-Chor
und Bach-Orchester nach
Athen und in die USA
(1972), nach London,
Genf und Lausanne
(1973), Wien und Lau-
sanne (1974) sowie Paris
und Straßburg (1976).
Richters Konzerttätigkeit
führte ihn alljährlich, zum
Teil mehrfach, nach Wien, Salzburg, Südamerika,
in die USA und in viele europäische Länder. Be-
merkenswert war auch der internationale Orgel-
zyklus von 1975, in dem Richter sechs namhafte
Kollegen zu Orgelkonzerten in die Markuskirche
eingeladen hatte.
Der Band über die letzten
Lebensjahre Karl Richters
(1977-1981) beinhaltet
u.a. eine Deutschland-
Tournée mit Beethovens
Missa solemnis, Konzert-
reisen mit Bachs h-moll-
Messe nach Spanien, Ju-
goslawien und in die
Schweiz sowie eine Neu-
inszenierung von Glucks
„Iphigenie“ im National-
theater. Zudem bringt der Band die Dokumente aus
den Tagen von Richters Tod sowie eine Auswahl der
unzähligen „Nachrufe“ in der Presse und den Fach-
zeitschriften.
Zeitdokumente, Band 7 • Euro 21,80
ISBN 978-3-00-042094-8
Der letzte Band der „Zeit-
dokumente“ ist Karl Rich-
ters Jugendjahren gewid-
met, seiner Schülerzeit im
Dresdner Kreuzchor unter
Rudolf Mauersberger und
seinen Studien in Leipzig
bei seinen Meistern Karl
Straube und Günther
Ramin.Als er 1949, sofort
nachAbschluss seines Stu-
diums, Thomasorganist in
Leipzig wurde, ruhten Hoffnungen auf ihm.
Der siebte Band der „Zeitdokumente“ basiert vor-
nehmlich auf neu aufgefundenen Quellen. Es war
nicht immer einfach, den Spuren zu folgen und die
noch vorhandenen Quellen in denArchiven von Frei-
berg in Sachsen, Dresden und Leipzig zu sichten.
Einiges galt als zunächst nicht auffindbar – und fand
sich dann doch, anderes war leichter zugänglich.
Manche Dokumente zu Begebenheiten aus der Kind-
heit und Jugendzeit, zu frühen Erschütterungen und
frühen Erfolgen, lassen etwas von den immer deut-
licher hervortretenden Kräften der erwachsenen Per-
sönlichkeit Karl Richters ahnen.
Karl Richter
(1926 - 1981)
DVD-Dokumentationen
In den Jahren 2006 und 2007 entstand eine Film-
Trilogie, welche die 30-jährige Ära Karl Richters in
München zum Inhalt hat. Zahlreiche Fotos, Film-
Dokumente des ZDF und von alten Normal8- und
Super8-Filmen, Ton-Dokumente aus Live-Konzer-
ten sowie Ausschnitte aus den Interviews mit Zeit-
zeugen belegen die Ausnahmestellung Karl Richters
im Musikleben Münchens und von hier in alle Welt
hinaus. Das Filmprojekt gliedert sich in drei Teile.
Film-Trilogie, Teil 1 • Euro 29,80
Solisten • Konzerte • Tourneen
ISBN 978-3-00-019277-7
Eine Doppel-DVD (Laufzeit: 135 Minuten; zwei-
sprachig Deutsch und Englisch) würdigt Leben und
Wirken Karl Richters, den bedeutenden Organisten,
Cembalisten und Dirigenten und die von ihm ge-
schaffene neue Bach-Tradition mit dem Münchener
Bach-Chor und Bach-Orchester, die Musikliebha-
ber in aller Welt begeistert hat und auch heute noch
in den Bann zieht.
Der Film spannt einen wei-
ten Bogen von den ersten
Aufsehen erregenden Kon-
zerten des jungen Thomas-
organisten an seiner neuen
Wirkungsstätte St. Markus
in München - über die
schon bald einsetzenden
Einladungen zu Konzerten
und Tourneen mit dem
Münchener Bach-Chor und
Bach-Orchester - bis hin zu den zahlreichen Schall-
platteneinspielungen, vor allem der Werke Bachs und
Händels.
Viele bewegte Bilder und zahlreiche Fotos dokumen-
tieren Karl Richters Erfolge in aller Welt und sei-
nen stetig wachsenden Weltruhm. Konzertreisen mit
Chor und Orchester, aber auch als Solist an Orgel
und Cembalo führten ihn in viele europäische Staa-
ten, u. a. mehrmals in die damalige UdSSR, aber
auch immer wieder in die USA und nach Japan so-
wie regelmäßig nach Brasilien und Argentinien.
Feste Verpflichtungen waren bis 1964 die alljährli-
chen Konzerte bei der Ansbacher Bachwoche, das
vorweihnachtliche Konzert im Salzburger Festspiel-
haus sowie die Veranstaltungen - 25 Jahre lang bis
zuletzt - in der Stiftsbasilika Ottobeuren. Sein uner-
warteter Tod am 15. Februar 1981 erschütterte die
Musikwelt, seine letzte Ruhestätte fand Karl Rich-
ter auf dem Friedhof Enzenbühl in Zürich.
Film-Trilogie, Teil 2 • Euro 22,80
Bach-Chor und Bach-Orchester
ISBN 978-3-00-022647-2
Der zweite Teil (1 DVD; Laufzeit: 92 Minuten; zwei-
sprachig d/e) ist dem Bach-Chor und Bach-Orche-
ster gewidmet. Ehemalige Chor- und Orchestermit-
glieder sowie Gesangs-
solisten der Richter-Ära er-
zählen von Karl Richters
Arbeit mit Chor und Orche-
ster. Dank einer Lizenz des
ZDF konnten auch 15 Mi-
nuten des Films von 1967/
68 „Karl Richter und sein
Münchener Bach-Chor“ in
die Produktion eingearbei-
tet werden. Zudem enthält
der Film wiederum zahlreicheAusschnitte aus Live-
Konzerten. Die Schwerpunkte der ersten beiden
Kapitel sind: Der Bach-Chor, Eintritt in den Chor,
Chorklang, Probenarbeit und Einsatzbereitschaft.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Bach-Orchester,
seinen Solisten und den Generalproben. Das vierte
und letzte Kapitel schließlich bringt Erinnerungen
an einige der zahlreichen Konzertreisen.
Film-Trilogie, Teil 3 • Euro 22,80
Faszination und Interpretation
ISBN 978-3-00-020726-6
Der dritte Teil (1 DVD; Laufzeit: 92 Minuten; zwei-
sprachig d/e) würdigt Karl Richters Faszination und
Interpretationskunst.
Auch diese DVD enthält
wiederum Ausschnitte aus
den Interviews mit Zeitzeu-
gen der Ära Karl Richters,
mit ehemaligen Mitglie-
dern des Münchener Bach-
Chores und Bach-Orche-
sters sowie mit verschiede-
nen Gesangssolisten, und
lässt ein äußerst lebendiges
Bild von Karl Richters au-
ßergewöhnlichen Interpretationen und der sich auf
die Zuhörer übertragenen Faszination seines Musi-
zierens entstehen. Zudem dokumentieren zahlreiche
Musikbeispiele und Interpretationsvergleiche die
Aussagen der Zeitzeugen. Beeindruckend ist vor al-
lem, wie jeder der befragten Künstler das Besonde-
re an Karl Richter betont, wobei doch wieder jeder
auch etwas anderes gesehen oder gespürt hat: Aus-
strahlung, Suggestivkraft, Aura und geistige Ener-
gie, die unmittelbar das Herz berühren und dadurch
etwas Bewegendes entstehen lassen.
DVD-Trilogie Set • Euro 69,90
Die Interviews der Zeitzeugen
In der täglichen Besucherstatistik des Karl Richter-
Weblogs fällt auf, dass viele unserer Besucher spezi-
ell nach den Namen von Zeitzeugen und deren Aus-
sagen zu Karl Richter suchen. Immer wieder werden
auch die kurzen Filmausschnitte auf YouTube.com
angeklickt, und so manche Anfragen haben uns er-
reicht, ob man die kompletten Interviews als Zeit-
dokumente für Liebhaber, Connaisseurs und die mu-
sikwissenschaftliche Forschung erhalten könnte. Des-
halb haben wir die kompletten Interviews von 26 Vo-
kal- und Instrumentalsolisten überarbeitet, mit Un-
tertiteln versehen und auf 10 DVDs von jeweils einer
guten Stunde Spieldauer zusammengestellt.
Kieth Engen † 48,0 min
Ernst Haefliger † 17,0 min
DVD 1 Gesamt: 65 Minuten
Ursula Buckel † 24,0 min
Horst Laubenthal 14,0 min
Karl-Christian Kohn † 20,0 min
DVD 2 Gesamt: 58 Minuten
Aurèle Nicolet 26,0 min
Kurt Hausmann 21,0 min
Peter-Lukas Graf 16,0 min
DVD 3 Gesamt: 63 Minuten
Julia Hamari 46,0 min
Anna Reynolds 22,5 min
DVD 4 Gesamt: 68,5 Minuten
Claes H. Ahnsjö 26,5 min
Edda Moser 33,5 min
DVD 5 Gesamt: 60,0 Minuten
Siegmund Nimsgern 22,5 min
Kurt-Christian Stier 15,0 min
Hermann Baumann 26,5 min
DVD 6 Gesamt: 64,0 Minuten
Hertha Töpper 46,0 min
Lotte Schädle 15,0 min
Antonia Fahberg 22,0 min
DVD 7 Gesamt: 62,0 Minuten
Johannes Fink 29,0 min
Karl Heckel † 37,0 min
DVD 8 Gesamt: 68,0 Minuten
Paul Meisen 47,0 min
Elmar Schloter † 17,0 min
DVD 9 Gesamt: 64,0 Minuten
Gabi Weinfurter 13.0 min
Christian Kabitz 11,5 min
Friedemann Winklhofer 24,0 min
Franz Kelch 14,0 min
DVD 10 Gesamt: 62,5 Minuten
Einzel-DVD • Euro 15,00
Alle 10 DVDs • Euro 120,00
Conventus Musicus
Postfach 68, D-97335 Dettelbach
Tel. 09321-9243986
www.conventus-musicus.de
http://karlrichtermunich.blogspot.com/
cm@conventus-musicus.de
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Preview: Karl Richter in Muenchen - Zeitdokumente 1951 -1957 (Volume 1)

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Preview: Karl Richter in Muenchen - Zeitdokumente 1951 -1957 (Volume 1)

  • 1.
  • 2.
  • 3. 1 Karl Richter 1926 - 1981 Zeitdokumente Band 1 1951-1957 Herausgegeben von Johannes Martin
  • 4. 2 Vorwort Im Programmheft zum Gedenkkonzert, das Leonard Bernstein am 3. Mai 1981 in memoriam Karl Richter dirigierte, schrieb Dr. Andreas Holschneider, von 1970 bis 1993 bei der Deutschen Grammophon als Leiter der Archiv-Produkti- on, Geschäftsführer und Präsident der DGG tätig, unter anderem: ...Wie kaum ein anderer kannte er (Karl Richter) die Grundlagen dieser Musik, das liturgische Fundament, die Traditionszusammenhänge, in denen Bach wur- zelt, wie kaum ein anderer die Ausdruckssprache, Satz und Struktur der Bachschen Kompositionen. Dabei schloss Richters Arbeit alle Bereiche ein, die Vokalmusik ebenso wie die Werke für Orchester, die Kompositionen für Orgel und Cembalo. Wer immer sich um die Interpretation Bachs bemüht, hatte sich mit Karl Richters Bach-Stil auseinanderzusetzen und wird sich weiterhin mit ihm auseinandersetzen müssen. In der Hinwendung zu Richter, in der Nacheife- rung seines Vorbilds oder aber in ausgesprochener Opposition versuchten sich andere Interpreten zu profilieren. Wer Richter kannte, weiß um die Toleranz, die er anderen Interpretationen entgegenbrachte, und bewundert um so mehr die Konsequenz, mit der er seinen eigenen Stil verfolgte: eine Konsequenz, die einer künstlerischen Sicherheit entsprang, wie sie heute nur ganz wenige besitzen. Anlässlich von Karl Richters 30. Todestag am 15. Februar sowie des 85. Ge- burtstages am 15. Oktober im Jahr 2011 beginnen wir mit der Veröffentlichung von Zeitdokumenten der Ära Karl Richters in München. Der erste Band dieser Reihe beinhaltet die Jahre 1951 - 1957, wobei vor allem dieAnfangsjahre nahe- zu vollständig dokumentiert und geordnet sind. Unser besonderer Dank gilt dem 2007 verstorbenen, langjährigen Geschäfts- führer des Münchener Bach-Chores, Heinz Geisel. Des weiteren haben einige Sängerinnen und Sänger der ersten Stunde unserem Karl Richter Archiv ihre Chor-Alben vermacht, die zusammen mit denAufzeichnungen von Heinz Geisel ein umfassendes und detailliertes Bild der frühen Münchner Jahre ergeben. Karl Richter, schrieb Joachim Kaiser in seinem Nachruf, hat - in einer angeb- lich grob materialistischen Zeit - vorgeführt, dass ein kundiger, ernster und en- thusiastischer Glaube an Bach, Handwerks-Ethos und eine stete Risiko-Bereit- schaft mehr als Berge versetzen können: nämlich Chöre besetzen, Orchester- musiker animieren und Kultursnobs in Jünger verwandeln.
  • 5. 3 Karl Richter in Buch und Film Veröffentlichungen bei Conventus Musicus Buchdokumentation Karl Richter in München - Zeitzeugen erinnern sich CM 3130 • ISBN 978-3-00-016864-2 Zeitdokumente Band 1: 1951-1957 CM 3141 • ISBN 978-3-00-032125-2 DVD-Film-Trilogie Teil I Solisten - Konzerte - Tourneen CM 2130 • ISBN 978-3-00-019277-7 Teil II Bach-Chor und Bach-Orchester CM 2131 • ISBN 978-3-00-020726-6 Teil III Faszination und Interpretation CM 2132 • ISBN 978-3-00-022647-2 Informationen hierzu und zu weiteren Karl Richter-Publikationen gibt es im Internet unter http://karlrichtermunich.blogspot.com/ Gesamtherstellung: Vier-Türme-Verlag, D-97359 Münsterschwarzach © Conventus Musicus, Postfach 68, D-97335 Dettelbach www.conventus-musicus.de • cm@conventus-musicus.de CM 3141 • ISBN 978-3-00-032125-2
  • 6. 4 Am 1. Juli 1949 war der 23jährige Karl Rich- ter zum Organisten an der Thomaskirche in Leipzig berufen worden, noch bevor er im glei- chen Monat das Staatsexamen in Kirchenmu- sik an der dortigen Musikhochschule mit der Note „sehr gut“ abgelegt hatte. Aus den zwei Jahren der Zusammenarbeit mit dem Thomaskantor Günther Ramin gibt es eine Reihe von Konzertprogrammen, die belegen, dass Ramin seinem Thomasorganisten immer wieder Gelegenheit zu solistischen Darbietun- gen gab. Zudem besetzte Ramin eigens für Karl Richter das Continuo zusätzlich zur Orgel mit einem Cembalo, wohl um ihm die Möglichkeit zur improvisatorischen Entfaltung zu geben - eine Fähigeit, die ihn zeit seines Lebens in höchstem Maße zu eigen war. 1949/50
  • 7. 5 Ende 1950 spielte Karl Richter, inzwischen Nationalpreisträger für Kunst und Literatur der DDR, an zwei Abenden alle sechs Orgel-Trio-Sonaten von Johann Sebastian Bach, dazu vier der großen Orgelwerke. 1950
  • 8. 6 Und nur sechs Wochen später standen neben der Französischen Ouvertüre h-moll die Goldberg-Variationen auf dem Programm eines Cembalokonzertes im Rats- plenarsaal des Neuen Rathauses. 1951
  • 9. 7 Im April 1951 verließ Karl Richter die DDR, die politischen Verhältnisse stan- den seinen künstlerischen Ambitionen mehr und mehr im Wege. Auf der Suche nach einer Anstellung sprach er auch in München vor. O-Ton Pfr. Karl Heckel (1931-2009) Mein Vater, Pfarrer Dr. Theodor Heckel, Dekan an St. Markus und Stadtdekan in Mün- chen, kam 1950 nach München. Er wurde im Oktober 1950 eingeführt, sein Organist war damals der allseits bekannte Michael Schneider. Dieser hatte einen Ruf nach Det- mold und musste leider von München weggehen, zum Bedauern meines Vaters, denn er hatte sich mit ihm sehr gut verstanden. So war es notwendig, die Besetzung der freien Orgelstelle an St. Markus durchzuführen. Es wurden einige für die damalige Zeit be- deutende Organisten eingeladen. Der erste war ein bayrischer, Otto Mayer aus Ansbach, der ein guter Kantor war und noch lebte, als Richter die ersten Aufführungen in der Bachwoche in Ansbach machte. Nach ihm war der Bremer Domorganist Bremsteller eingeladen, ich kann mich aber nicht mehr entsinnen, was der gespielt hat, weil es durchaus sein kann, dass ich ihn nicht gehört habe, da ich im Semester war und in Erlangen Theologie studierte. Dann kam noch einer, das war Hans Heintze aus Lüneburg, und auf den hatte sich die Kom- mission in etwa eingeschworen. Wie aber Zufälle oft wunderlich sind, kam gerade in dieser Zeit der Thomanerchor auf einer Konzertreise, den man damals, um 1951, noch heraus ließ, in die Markuskirche mit seinem Leiter Günther Ramin. Günther Ramin war ja bekanntlich auch ein Lehrer und Vorbild für Karl Richter, ebenso wie dessen Vorgänger Karl Straube. Günther Ramin bat meinen Vater nach der Aufführung freundlich, ob er bereit wäre, ihn noch zu später Zeit, nachts um 1/2 12 Uhr zu empfangen. Mein Vater sagte zu, und in dem Gespräch fielen dann die Worte, die in den Erinnerungen meines Vaters geschildert sind. Ich selbst habe das alles nicht mitgekriegt, weil ich noch im Semester war. In den Semesterferien war ich wieder zu Hause, da kam eines Tages beim Frühstück die Bitte meines Vaters an mich, dass ich mich doch heute um 11 Uhr bereit halten sollte, da käme der Thomasorganist Karl Richter und würde vorspielen. Ich könne ihm doch die Orgel zeigen und die wesentlichen Klänge, denn er hätte wenig Zeit und er müsse sich dann viel zu schnell zurecht finden, was ich ja schon könne, da ich schon immer auf der Orgel gespielt hätte. Ich habe dem gerne zugesagt, denn ich war neugie- rig, wer da wohl kommt. Um 11 Uhr kam dann ein nicht riesiger, aber doch mittelgroßer Mensch in einem wei- ßen Staubmantel und wurde mir als Karl Richter vorgestellt. Wir haben uns eigentlich vom ersten Anblick an gern gemocht, denn Richter war etwas jünger als mein ältester 1951
  • 10. 8 Bruder, es war also so eine Art Bruderverhältnis. Und so begegneten wir uns an der Orgel zum ersten Mal. Ich zeigte ihm die verschiedenen Werke und Klangkombinationen, die er anwenden konnte, und da sagte er: „Ich sehe, Sie kennen die Orgel sehr gut, ich würde es auch so machen wie Sie.“ Und spielte dann seine Programm-Nummern durch und rief mir nur zu, welches Register ich an der und jener Stelle ziehen sollte. Das klappte auch hervorragend. Ich kann mich nicht mehr an alle Stücke erinnern, ich weiß aber, es war dabei die Toccata d-moll, die ja auch heute noch auf Hörer großen Eindruck macht, dann war dabei der Schüblersche Choral "Wachet auf, ruft uns die Stimme", sehr getragen ge- spielt, und es war dann auch das große Werk B-A-C-H von Reger dabei. Dann saß da in der ersten Reihe mein Vater mit dem Landeskirchenmusikdirektor Högner, der auch Straube-Schüler war und lange in Leipzig gearbeitet hatte, und es saß da der Professor für Dirigieren an der Hochschule, Robert Heger, aber auch noch ein Professor Erich Valentin und ein Mann aus dem Kultusministerium, Karl Held. Die haben diese Dreiviertelstunde oder Stunde zugehört und sich dann zurückgezogen. Richter ging auch, meine Mutter hatte ihn noch zum Essen eingeladen, und das fand auch statt. Meine Schwägerin Luise Heckel, die in Pöcking lebt, erzählt, dass sie da- mals fast erschrocken war, dass ein so junger Mann neben den großen Kalibern Brem- steller und Hans Heintze gerufen wird. Aber sie hatte ja nicht gewusst, was hinter den Kulissen schon vorausgegangen war. Vorausgegangen war, dass Ramin nach dem Thomanerkonzert tatsächlich zu meinem Vater um 1/2 12 Uhr nachts kam, und darüber steht in den Lebenserinnerungen Ge- naueres. Herausgreifen möchte ich nur, dass mein Vater ihm die Situation der Kirchen- musik in München darlegte, und dass in Markus ein Organist gesucht wurde, und dass dann Ramin spontan erwiderte: „Da kann ich Ihnen Karl Richter empfehlen, meinen bisherigen Thomasorganisten.“ Und mit der ausdrücklichen Bemerkung, schreibt mein Vater: „Der kann mehr als ich.“ Ich hatte ja Ramin vorher als Student mal in Nürnberg gehört und habe eigentlich damals gefunden, dass der sehr viel kann, aber wenn der das so sagt, dann muss der junge Richter den in Leipzig maßgeblichen Leuten aufge- fallen sein. Jedenfalls leitete mein Vater dann ein Besetzungsverfahren ein. Er schreibt dazu, dass es gerade wegen der Jugend Richters etwas schwierig war. Damals ging man ja immer noch nach der Autorität des Alters und der Erfahrung, so dass mein Vater etwas Not hatte, das durchzusetzen. Er hat sich dann hinter den Leiter der Bayerischen Landes- synode gesteckt, Ministerialrat Dr. Meinzold, und der hat dann auch mitgeholfen, dass die Berufung zustande kam. Richters Tätigkeit war hauptsächlich in der Staatlichen Hochschule für Musik, aber die Organistenstelle hatte er in St. Markus. Er wurde also aus beiden Quellen bezahlt, und hier hat dann sein großes Wirken begonnen. 1951
  • 11. 9 Nur wenige Wochen, nachdem Karl Richter im Oktober 1951 als Nachfolger von Prof. Michael Schneider an St. Markus in München berufen worden war, gab er am 25. November mit dem „Heinrich-Schütz-Kreis" ein erstes, anspruchs- volles Motettenkonzert, mit Werken, die auch in späteren Jahren immer wieder in den Programmen der Motettenkonzerte auftauchten: Pfarrer Dr. Theodor Heckel, Dekan an St. Markus und Stadtdekan in München 1951
  • 12. 10 Im Februar 1952 erklang zum erstenmal unter Karl Richter in der Markuskirche J. S. Bachs Hohe Messe in h-moll. Anneliese Seitz und Ruth Michaelis sangen die Sopran- bzw. Altsoli. Die Flöte spielte Walter Theurer von der Bayerischen Staatsoper, der bis 1966 neben Aurèle Nicolet und Paul Meisen das Bach-Or- chester mitprägte. Konzertmeisterin war Helga Puschtschewoy, über Jahrzehnte nicht aus dem Bach-Orchester wegzudenken. Und dieTrompete lag in den 1950er Jahren meist in den Händen von Georg Donderer. 1952
  • 13. 11 Karl Richters erste Aufführung von Bachs Johannes-Passion fand am Mittwoch der Karwoche, dem 9. April, in der Auferstehungskirche statt. Neben den schon bekannten Solistinnen Anneliese Seitz und Ruth Michaelis tauchte ein neuer Name im Konzertprogramm auf: Franz Kelch, bis 1957 Richters wichtigster Bassist in insgesamt 26 Aufführungen. 1952
  • 14. 12 O-Ton Franz Kelch (geb. 1915) Richter stand eines Tages in Begleitung eines Fahrers (Heinz Geisel) an unserer Haus- türe und hat die Frage gestellt, ob ich bei seinen Abendmusiken singen würde. Er kön- ne aber bestenfalls DM 50,00 zahlen, wenn die Einnahmen das hergäben. Ich sagte mir, wenn Richter von der Thomasschule in Leipzig kommt, dann kann er nur gut sein. Also singe ich natürlich bei ihm und verzichte, wenn es sein muß, auf einen Lohn. Der mit 95 Jahren älteste noch lebende Zeitzeuge debütierte am 9. April 1952 als Christus in der Johannes-Passion. Der Evangelist dieserAufführung, Lorenz Fehenberger, war ein gefeierter Tenor an der Münchner Staatsoper. Im Münch- ner Merkur schrieb der Musikkritiker Kurt Hennemeyer unter der Überschrift „Vorbildliche Johannes-Passion“ u.a.: 1952
  • 15. 13 Am 30. April lud der Münchner Bach-Verein zu einem Kammerkonzert in den Saal an der Sophienstraße. Das Programm dieses Konzertes ist nicht mehr vor- handen, jedoch eine Rezension in der SZ. EndeApril richteten Dekan Heckel und Karl Richter die MünchenerAbendmusi- ken in St. Markus ein, jeweils am letzten Freitag im Monat. Die großen Orgelwer- ke von Frescobaldi, Buxtehude, Bach bis zu Reger und den zeitgenössischen Orgel- meistern sollten ebenso zu hören sein wie die geistlichen Chormusiken von Schütz, Bach, Brahms und Reger bis zu den Großen der Neuen Musik. Orgelspiel und Motette bildeten den Rahmen für die Lesung des Schriftwortes und den Segen. 1952
  • 16. 14 Die erste der neu eingerichteten Münchener Abendmusiken fand am 25. April in St. Markus statt. Der Heinrich-Schütz-Kreis sang sechs Motetten vonAnton Bruck- ner, Karl Richter spielte an der Steinmeyer-Orgel eine freie Improvisation über Bruckner’scheThemensowiedieFantasieundFugeüberB-A-C-HvonMaxReger. 1952
  • 17. 15 Am 11. Mai gab Karl Richter ein Orgelkonzert mit Werken von J. S. Bach. Wie immer spielte er das gesamte Programm auswendig. Eine begeisterte Kritik von Karl Schumann in der Süddeutschen Zeitung verschaffte Richter, wie er in spä- teren Jahren einmal bemerkte, die Aufmerksamkeit und den Durchbruch in der Münchner Musikszene. 1952
  • 18. 16 Am 27. Juni gestalteten Karl Richter und der Heinrich-Schütz-Kreis die dritte Abendmusik mit Werken von Johannes Brahms und Max Reger. Im Mittelpunkt standen die Fest- und Gedenksprüche für achtstimmigen Doppelchor, umrahmt von den beiden Introduktionen mit Passacaglia in d-moll und f-moll. Die vierte Abendmusik am 25. Juli schließlich war den Altmeistern Nicolaus Bruhns und Heinrich Schütz sowie J. S. Bach gewidmet, mit der erstmaligen Aufführung der fünfstimmigen Motette „Jesu, meine Freude“. Zu Bachs Todestag am 28. Juli gab Karl Richter wie in vielen späteren Jahren auch ein Orgelkonzert mit zwei der bedeutendsten Werke des Thomaskantors, Präludium und Tripelfuge Es-Dur und der c-moll-Passacaglia. 1952 Die zweite MünchenerAbendmusik vom 30. Mai beinhaltete ausschließlich Mu- sik von J. S. Bach, als Hauptwerk die doppelchörige Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“.Auffallend ist, dass bei allen Abendmusiken wie auch später in den Kantatenabenden stets die Texte zum Mitlesen abgedruckt wurden.
  • 21. 19 Am 11. September stand - nach der obligatorischen Sommerpause, in der die Studenten wegen der Se- mesterferien nicht zur Verfügung standen - wiederum ein Orgelkon- zert auf dem Programm, mit Mu- sik aus drei Jahrhunderten. Schlusspunkt des Orgelabends war eines der immer wieder von Rich- ter gespielten Werke, Max Regers virtuose Fantasie und Doppelfuge über B-A-C-H. 1952
  • 22. 20 „Deutsche Barockmusik“ kündigte das Bayerische Nationalmuseum für die Sonntagsmusik am 14. September an. In diesem Konzert gab Karl Richter sein Debüt als Cembalist mit Bachs „Chromatische Fantasie und Fuge d-moll“ Am 26. September lud der Bach-Verein zur fünften Abendmusik des Jahres ein. Zwei weitere Motetten J. S. Bachs erklangen zum ersten Mal unter Richter in der Markuskirche: „Komm, Jesu, komm“ und „Der Geist hilft unsrer Schwach- heit auf“. Auch Bachs „Dorische Toccata und Fuge“ war bislang in München von Richter noch nicht zu hören gewesen. 1952
  • 23. 21 Zwei Brandenburgische Konzerte sowie eine Solokantate von J. S. Bach erklangen am 18. Oktober im Saal an der Sophienstraße. Karl Richter war der Solist im 5. Brandenburgischen Konzert, Georg Donderer spielte die Solotrompete im F-Dur- Konzert und Elisabeth Lindermeier sang die Solopartie in der Kantate BWV 202. 1952
  • 24. 22 Ein Novum brachte die sechste Abendmusik am 31. Oktober, zum Reformati- onsfest waren die Kantaten „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“ und „Ein feste Burg ist unser Gott“ zu hören. Inzwischen hatte sich ein fester Stamm an Sän- gern und Instrumentalisten gebildet, das Münchner Kirchenorchester wurde mehr und mehr vertraut mit Richters Bach-Stil. 1952
  • 25. 23 Am 22. November interpretierte Karl Richter im Sophiensaal zum ersten Mal in München Bachs Goldberg-Variationen. Kein anderes Werk begleitete ihn so in- tensiv durch sein Leben, in aller Welt spielte er immer und immer wieder dieses „Summum Opus“ der Cembalo-Literatur. 1952
  • 26. 24 Die siebte und letzteAbendmusik am 28. November 1952 war dem „Gedächtnis der Toten“ gewidmet. 1952
  • 27. 25 Die Aufführung der ersten drei Kantaten aus Bachs Weihnachtsoratorium an - zumeist - zwei aufeinanderfolgenden Tagen wurde in den drei Jahrzehnten der Münchner Ära Karl Richters zu einem Ereignis, das aus dem Musikleben Mün- chens nicht mehr wegzudenken war. Zum ersten Mal erklangen diese Kantaten am 18. und 19. Dezember 1952 in der Markuskirche. Der Leipziger Tenor Gert Lutze, der ein gutes Jahr zuvor mit Günther Ramin und den Thomanern in Mün- chen gastiert hatte, sang die Tenorpartie. Auch für Franz Kelch war dieses Weihnachtsoratorium eine Premiere. Das Weihnachtsliedersingen des Heinrich-Schütz-Kreises, das bis zu Richters Tod alljährlich wenige Tage vorWeihnachten auf das kommende Fest einstimmte, beendete ein erstes arbeitsintensives Jahr, das Karl Richter in kürzester Zeit höchste Anerkennung in Sachen Johann Sebastian Bach gebracht hatte. „Exem- plarischer Bach“ überschrieb ein Kritiker eine seiner Rezensionen, „man kann sich die Wiedergabe dieser Wunderwerke nicht vollkommener denken.“ 1952
  • 29. 27 1953 Im Jahr 1953 steigerte Karl Richter die Anzahl der Konzerttermine von 20 auf nunmehr 28 Veranstaltungen. Am 9. Januar spielte er anlässlich des 80. Ge- burtstages seines Lehrers Karl Straube in der Markuskirche ein Orgelkonzert mit Musik J. S. Bachs, darunter einige Werke, die bisher von Richter in Mün- chen noch nicht zu hören waren.
  • 30. 28 Die erste Abendmusik des neuen Jahres brachte am 30. Januar Chorwerke von Samuel Scheidt, Heinrich Schütz und Hans Leo Hassler. Landeskirchenmusik- direktor Prof. Friedrich Högner spielte Bachs Präludium und Fuge c-moll. 1953
  • 31. 29 In der zweitenAbendmusik des Jahres 1953 standen am 27. Februar - wiederum bei freiem Eintritt - zwei Kantaten von J. S. Bach auf dem Programm: „Herr Jesu Christ, wahr Mensch und Gott“ BWV 127 und „Meinen Jesum laß ich nicht“ BWV 124. Unter den Vokalsolisten waren wieder Franz Kelch sowie Margitta Harzer, langjährige Stimmbildnerin des Bach-Chores und spätere Hochschulprofessorin. Am 7. und 8. März musizierten Karl Richter und seine Instrumentalsolisten in der Aula der Universität alle sechs Brandenburgischen Konzerte sowie das Cembalokonzert d-moll und das Violinkonzert E-Dur. Unter den Solisten findet man einige Namen, die über Jahre, z.T. Jahrzehnte hinweg das Bach-Orchester mitgeprägt haben: Fritz Sonnleitner und Heinz Endres als Konzertmeister, Va- lentin Härtl an der Viola, Oswald Uhl und Fritz Kiskalt am Violoncello, den Hornisten Kurt Richter, die Flötisten Walther Theurer und Herbert Segl. Die Kritik war wiederum voll des Lobes. 1953
  • 34. 32 Anlässlich des 80. Geburts- tages von Max Reger veran- staltete der Stadtrat Mün- chen zusammen mit dem Bach-Verein am 18. März eine Konzertstunde im Saal an der Sophienstraße. Mit von der Partie war auch der Hochschulprofessor Valen- tin Härtl, schon zu Lebzei- ten so etwas wie eine Legen- de. Er war als Bratscher u.a. im Münchner Streichquartett und vor allem im berühmten Stroß-Quartett, aber auch als Mitglied des H-Trios (Huber - Härtl - Hindemith) über Jahrzehnte hin- weg eine aus dem Münchner Konzertleben nicht wegzudenkende Institution. Karl Richter spielte zu Beginn an der Orgel Regers Introduction und Passacaglia d-moll. Zum Abschluss sang der Heinrich-Schütz-Kreis zwei Gesänge für ge- mischten Chor aus op. 138. 1953
  • 35. 33 Am Palmsonntag, dem 29. März, lud der „Chorverein für Evangelische Kir- chenmusik“ zur Aufführung von Bachs Johannes-Passion in die Markuskirche. Karl Richters bewährte Sänger und Instrumentalisten hinterließen einen über- zeugenden Eindruck, wie die Kritiken der Münchner Zeitungen dokumentieren. 1953
  • 37. 35 An zwei Abenden im April 1953 spielte Karl Richter zusammen mit dem da- mals 32jährigen ungarischen Geiger Tibor Varga im Saal an der Sophienstraße alle sechs Sonaten für Violine und obligates Cembalo von Johann Sebastian Bach. Wieder einmal war eine Kritik überschrieben mit: „Exemplarischer Bach“. 1953
  • 40. 38 Am 16. Juni 1953 stand zum zweiten Mal nach 1952 die h-moll-Messe auf dem Programm.An diesemAbend gab die bis in die 1990er Jahre gefeierte Sopranistin Agnes Giebel ihr Debüt bei Karl Richter. 1953
  • 42. 40 Die Abendmusik am 26. Juni enthielt als Hauptwerk die doppelchörige Motette „Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf“ von J. S. Bach. 1953
  • 43. 41 Vom 16.-18. Juli nahm Karl Richter an dem seit 1951 alle zwei Jahre stattfindenden Orgel-Improvisations- Wettbewerb in der St. Bavo Kirche der niederländi- schen Stadt Haarlem teil und kam bis in die End- ausscheidung der besten drei.Von diesem Finaldurch- gang gibt es den Mitschnitt einer dreisätzigen Im- provisation nach Themen von Adriaen Engels. 1953
  • 44. 42 Am 28. Juli, Bachs Todestag, gab Karl Richter wie schon ein Jahr zuvor ein Orgelkonzert mit Werken des Thomaskantors. Sein Ruf war inzwischen über Münchens Stadtgrenzen hinaus auch nach Schwaben gedrungen. 1953
  • 46. 44 Die letzte Abendmusik vor der Sommerpause war am 31. Juli Anton Bruckner und Max Reger gewidmet. Hier erklang erstmals Regers „Nachtlied“, das 27 Jahre später auch den Abschluss des letzten Motettenkonzertes in der Basilika Ottobeuren bildete. Angekündigt wurde gleichzeitig die Wiederaufnahme der Abend- musik für den 25. September mit der erstmaligen Aufführung eines Händel-Orgelkonzertes. Weiter standen auf dem Programm Bachs Kantate BWV 78 „Jesu, der du meine Seele“ (mit Ausnahme der Tenor-Arie) und die doppelchörige Motette „Komm, Jesu, komm“. 1953
  • 47. 45 In der Münchner Abendzeitung war am 17. Oktober mit einiger Verspätung zu lesen, dass Karl Richter bereits zum Professor für Kirchenmusik und Orgel be- rufen worden war. Der Tag der Ernennung datierte auf den 11. Mai 1953. 1953
  • 48. 46 Am 18. Oktober 1953 traten Karl Rich- ter und sein Heinrich-Schütz-Kreis zum ersten Mal außerhalb der Stadtgrenzen Münchens auf.Abt Hugo Lang vom Klo- ster Andechs hatte zu einer musikali- schen Feierstunde am Nachmittag des Kirchweihsonntags in die Klosterkirche geladen. Fünf Motetten von Anton Bruckner standen auf dem Programm des Kirchenkon- zerts: Locus iste - Christus factus est - Os justi - Virga Jesse floruit - Ave Maria. 1953
  • 49. 47 Karl Richter spielte an der damaligen Orgel eine freie Improvisation. 1953
  • 50. 48 Am Vorabend des Reformationstages war wieder eine Abendmusik angesetzt. Zwei Motetten von Heinrich Schütz, „Aus der Tiefe ruf ich, Herr, zu dir“ und „Das ist je gewißlich wahr“ wurden umrahmt von zwei Orgelwerken J. S. Bachs. Im November 1953 veranstaltete der Münchner Bach-Verein e.V. anlässlich sei- nes 35-jährigen Bestehens zum ersten Mal die Münchener Bach-Tage und be- gründete damit eine Tradition, die in den folgenden Jahrzehnten, vor allem ab 1965 als Münchener Bach-Fest, zu einem wesentlichen Bestandteil des Münch- ner Kulturlebens wurde. In der Konzertreihe vom November 1953 mu- sizierte Karl Richter in sechs Konzerten die gan- ze Bandbreite der Bach-Interpretation, die sich in den beiden Jahren seines Wirkens an St. Mar- kus entwickelt hatte. Zur Aufführung gelangte auch die h-moll-Messe, bei der Max Pröbstl für die beiden Bass-Arien verpflichtet wurde. Be- geisternde Kritiken waren u.a. zu lesen in der Münchner Kirchenzeitung, im Münchner Mer- kur und in der Dt. Nationalzeitung. 1953
  • 54. 52 Den Abschluss der Bach-Tage bildete am 15. November ein Kammerkonzert mit der D-Dur-Ouvertüre, drei Instrumentalkonzerten und dem 5. Brandenburgischen Konzert. Die Besetzungliste der Instrumentalsolisten enthält viele der bereits be- kannten Namen, so auch die beiden Cellisten Oswald Uhl und Fritz Kiskalt. 1953
  • 55. 53 Karl Schumann brachte, worauf Richter später immer wieder hinwies, mit sei- ner Rezension in der Süddeutschen Zeitung den endgültigen Durchbruch in München und von da an auch über die Grenzen der Stadt hinaus. 1953
  • 57. 55 In den Tagen vom 26. - 29. Novem- ber 1953 versammelte sich der Hein- rich-Schütz-Kreis unter der Leitung von Karl Richter im Herkulessaal der Münchner Residenz zur ersten Schallplattenaufnahme bei der Deut- schen Grammophon Gesellschaft. Auf dem Programm standen die MUSIKALISCHEN EXEQUIEN von Heinrich Schütz. Eingebettet in dieAufnahmesitzungen war die Abendmusik vom 27. November in der Markuskirche. 1953
  • 58. 56 Die Kantaten 1-3 von Bachs Weihnachtsoratorium am 15. und 18. Dezember sahen wiederum eine überfüllte Markuskirche. 1953
  • 60. 58 Die ersteAbendmusik des Jahres 1954 eröffnete Karl Richter mit Bachs Fantasie G-Dur. Der Heinrich-Schütz-Kreis sang das „Deutsche Magnificat“ von Heinrich Schütz und zwei der bekanntesten weihnachtlichen Motetten von Johann Eccard. In der zweiten Abendmusik des Jahres 1954 sang der Chor am 26. Februar in der Markuskirche zum letzten Mal unter seinem alten Namen die doppelchörige Motette „Ich lasse dich nicht“ von Johann Christoph Bach und das achtstimmige „Pater Noster“ von Hans Leo Hassler. 1954
  • 61. 59 O-Ton Heinz Geisel (1916-2007) Der Chor, das muss ich jetzt einfügen, war ja der von Michael Schneider hinterlassene Heinrich-Schütz-Kreis, und wir haben lan- ge den Chor unter diesem Namen auftreten lassen. Eines Tages sagte Karl Richter zu mir: „Ach, wir können doch nicht immer unter Heinrich-Schütz-Kreis auftreten. Das klingt nicht so überzeugend, das klingt nach einem Chor, der zwar willens ist, gute Lei- stung zu bringen, aber ich sehe da immer einen Chor vor mir mit älteren Damen, die in der Probe den Hut aufbehalten.“ Ich dar- auf: „Dann machen wir eben einen Münchner Bach-Chor daraus. Wir können nur noch darüber streiten, ob Münchner oder Münchener. Ich bin ein ordentlicher Mensch, ich bin für Münchener Bach-Chor.“ Das war der denkwürdige 8. Februar 1954. Da ist der Heinrich-Schütz-Kreis in Münchener Bach-Chor umbenannt worden. Zum ersten Mal erklang Bachs Matthäus-Passion nach dem zweiten Weltkrieg in einer Münchner Kirche. Karl Richter hatte für dieAufführung am 1.April die weitaus größere Lukaskirche gewählt. Hier trat der Chor nun auch erstmals als „Münchener Bach-Chor“ auf, das Kirchenorchester war bereits 1953 in Kammerorchester Karl Richter umbe- nannt worden. Der Name „Münche- ner Bach-Orchester“ wurde erst Ende der 50er Jahre geboren. 1954
  • 62. 60 Karl Richter hatte für seine Matthäus-Passion namhafte Solisten aufgeboten:An- neliese Kupper, Lilian Benningsen, Karl Schmitt-Walter und Max Proebstl. Den Evangelisten sang - wieder einmal - der Leipziger Tenor Gert Lutze. 1954
  • 64. 62 Nur 10 Tage später folgte am Palmsonntag in der Markuskirche Bachs Johan- nes-Passion. Die Christus-Partie sang wie bereits in den beiden Jahren zuvor Franz Kelch. 1954
  • 66. 64 Am 30. April fand wieder eine Abendmusik statt, Hauptwerk war Bachs fünf- stimmige Motette „Jesu, meine Freude“. Karl Richter spielte zu Beginn ein Or- gelwerk des 1907 in Bamberg geborenen Komponisten Karl Höller, der in die- sem Jahr 1954 zum Präsidenten der Münchner Musikhochschule berufen wurde und das Amt bis 1972 ausübte. In den Jahren 1951-1953 wurde der Herkulessal der im Krieg zer- störten Münchner Residenz neu errichtet. Karl Richter musizierte am 11. und 12. Mai 1954 im Neu- enHerkulessalOrchesterwerke von J. S. Bach, fünf der sechs Branden- burgischen Konzerte, die D-Dur- Ouvertüre, das Cembalokonzert d- moll und das Violinkonzert E-Dur mitFlorianSonnleitneralsSolisten. 1954
  • 70. 68 Am 23. Juni gastierte Karl Richter in der Jakobikirche im niederländischen Ut- recht. Er spielte das gleiche Bach-Programm wie zuvor in München. 1954
  • 71. 69 Am letzten Freitag im Juni 1954 stand in der Markuskirche wieder eine Abend- musik an. Karl Richter spielte zunächst Bachs Passacaglia c-moll, sodann ka- men Eingangs- und Schlusschor der Kantate BWV 8 „Liebster Gott, wann werd ich sterben“ zurAufführung, dazu noch die Bass-Arie „Doch weichet, ihr tollen, vergeblichen Sorgen“, mit Max Proebstl als Solisten. Im zweiten Teil derAbend- musik sang der Münchener Bach-Chor Teil zwei und drei der Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz. Die „Münchner Abendmusiken“ feierten 1954 ein kleines Jubiläum. Zum 25. Mal brachten Richter und sein Chor bei freiem Eintritt und damit vor einem stets großen Zuhörerkreis die bedeutendsten a cappella-Werke der Chorliteratur zu Gehör. Hatten Bach-Kantaten - zumeist in Ausschnitten - bereits gelegentlich Eingang in die Abendmusiken gefunden, sollte dieser Zyklus nun seine Ergänzung in einem zweiten, der „Bach-Kantate“ finden, wobei zunächst jeweils zwei Kanta- ten eine Motette umrahmten. Der erste Bach-Abend am 11. Juli 1954 enthielt die Kantaten „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ und „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“ sowie die Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“. 1954
  • 73. 71 DieAbendmusik im Monat Juli fand bereits am dritten Freitag des Monats statt, da Karl Richter 1954 erstmals zur BachwocheAnsbach eingeladen worden war. Zu Beginn erklang Max Regers Fantasie und Fuge über B-A-C-H, es folgten die Fest- und Gedenksprüche von Johannes Brahms. Den Abschluss bildete - wie- der einmal - Regers „Nachtlied“. Die Bachwoche Ansbach sollte in den kommen- den 10 Jahren einen gänzlich neuen Akzent im künstlerischenWerdegang Karl Richters setzen. Dr. Carl Weymar, Kunsthändler aus München und selbst ein hervorragender Bratscher, hatte 1947 diese Bachwoche ins Leben gerufen und bis 1965 selbst geleitet. Die namhaftesten Künstler aus aller Welt waren zu Gast in Ansbach, das Programmheft führt fein säuberlich alle Mitwirkenden auf: 1954
  • 74. 72 Karl Richter spielte am 31. Juli 1954 an der Orgel der St. Johanniskirche das Programm, mit dem er bereits in München und Utrecht erfolgreich gewesen war. 1954
  • 75. 73 In der Matinee vom 31. Juli standen im Prunksaal des Markgrafenschlosses die Goldberg-Variationen auf dem Programm. Hier hörte Aurèle Nicolet zum ersten Mal seinen späteren Kammermusikpartner und gleichaltrigen Freund Karl Richter. O-Ton Aurèle Nicolet (geb. 1926) Das erste, was ich von Karl Richter hörte, waren die Goldberg-Variationen. Ich kannte dieses Werk nicht, ich war aber in der Generalprobe und ich war sehr beeindruckt. Das war wie eineArt Vision von dem gan- zen Werk. So hatte ich Bach noch nie gehört. Ich war auch im Konzert, und das wurde von den Bach-Spezia- listen der damaligen Zeit, Carl Seemann und Edith Picht-Axenfeld, sehr kritisiert. Die standen im Konzert auf und sagten: „Das ist aber kein Bach!“ Doch ich fand das wunderbar, mich hat das zu tiefst berührt. 1954
  • 76. 74 Yehudi Menuhin und Karl Richter an der Orgel von St. Johannis 1954
  • 77. 75 Nach der Sommerpause stand am 12. September zum zweiten Mal ein Bach- Kantaten-Abend an. Die Motette „Jesu, meine Freude“ wurde von den Kantaten „Jesu, der du meine Seele“ und „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ eingerahmt. Auffallend ist, dass der neue Name des Chores häufig nicht korrekt wiedergegeben wurde, selbst auf den in eigener Verantwortung des Bach- Chores erstellten Plakaten und Programmzetteln. Franz Kelch 1954
  • 78. 76 Die monatliche Abendmusik am 24. September enthielt Chor- und Orgelwerke, die man bereits zum Repertoire zählen konnte, und die Karl Richter auch in späteren Jahren immer wieder aufs Programm setzte, wie auch die Brahms-Mo- tette „Warum ist das Licht gegeben den Mühseligen“. 1954
  • 79. 77 Die dritte „Bach-Kantate“ des Jahres am 10. Oktober brachte die Kantaten „Ich habe genug“ und „Wachet, betet, seit bereit“, Karl Richter spielte zwischen den beiden Kantaten Präludium und Fuge D-Dur, ein hoch virtuoses Orgelwerk, das er nicht so oft in sein Programm aufnahm. Der vorgesehene Bassist für die Solo- kantate „Es ist genug“, Hermann Schey ausAmsterdam, den Richter inAnsbach kennengelernt hatte, war erkrankt, für ihn sprang kurzfristig Franz Kelch ein. Sehr lebhaft erinnert sich der 95jährige noch heute an denAnruf von Karl Rich- ter um 18.30 Uhr, nur 90 Minuten vor Konzertbeginn in der Markuskirche. O-Ton Franz Kelch Vom Musikalischen her gab es nie Probleme. Wir waren so gut aufeinander einge- spielt, dass ich sogar einmal kurzerhand einsprang, um die bekannt schwierige Solo- Kantate BWV 82 „Ich habe genug“ ohne Orchesterprobe zu übernehmen. Der hollän- dische Bassist Hermann Schey, ein damals etwa 65 Jahre alter, sehr geschätzter Konzert- sänger, hatte erst am Nachmittag des Aufführungstages abgesagt. Richter rief mich an, und wir vereinbarten eine Verständigungsprobe am Klavier im Pfarrsaal der Markus- kirche, eine halbe Stunde vor der Aufführung, sprachen uns nur flüchtig über die Tempi und die Besonderheiten in den Rezitativen ab – und die Aufführung gelang bestens. 1954
  • 80. 78 Auch die beiden Chorwerke der Abendmusik vom 22. Oktober zählten schon länger zum Repertoire das Bach-Chores, die Fest- und Gedenksprüche von Jo- hannes Brahms und die Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz. 1954
  • 81. 79 Auch 1954 sollten die Bach-Tage vom 6. - 14. November der musikalische Hö- hepunkt des Jahres werden. Karl Richter hatte hierzu Künstler und Ensembles eingeladen, die zur damaligen Zeit den Standard der Bach-Interpretation dar- stellten. Zwei Konzerte steuerte Richter selbst zusammen mit seinem Bach-Chor bei, die geplante h-moll-Messe kam nicht zur Aufführung. Die Ankündigung in der Süddeutschen Zeitung verprach ein Kunsterlebnis der besonderen Art. Am 11. November brachten Karl Richter, sein Bach-Chor sowie die renommier- ten Vokal- und Instrumentalsolisten in der Lukaskirche zwei Kantaten von Jo- hann Sebastian Bach zu Gehör: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ und „Ich hatte viel Bekümmernis“. 1954
  • 82. 80 TagsdaraufmusiziertenRichterundseinKammer- orchester die Brandenburgischen Konzerte Nr. 5 und 6 sowie die D-Dur-Ouvertüre. Agnes Giebel war die Solistin in der Hochzeitskantate „Weichet nur, betrübte Schatten“. Erstmals saß Otto Büch- ner als Konzertmeister am ersten Pult des zukünf- tigen Bach-Orchesters. Die Besetzungsliste des Kammerorchesters nennt viele Namen, die immer wie- der und über Jahre hinweg mit Karl Richter musiziert haben. 1954
  • 83. 81 Zum Abschluss der Bach-Tage gastierte am 14. November der Dresdner Kreuzchor in der Lukas- kirche. Hier gab es ein Wiedersehen mit Rudolf Mauersberger, der den jungen Richter entscheidend mitgeprägt hat. 1954
  • 84. 82 In dem Kantatenkonzert vom 21. November erklang erstmals Bachs Kreuzstab- kantate, gesungen von Horst Günter aus Leipzig. Zudem dirigierte Karl Richter die Kantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, die er von allen Kantaten Bachs am häufigsten in sein Programm aufnehmen sollte. 1954
  • 85. 83 Die letzte Abendmusik des Jahres zum Totensonntag enthielt wiederum Chor- werke, die Richter bereits mehrfach musiziert hatte. Auffallend ist, dass ihn die Todes-Thematik offensichtlich von Anfang an durch sein recht kurzes Leben begleitet hat. Am zweiten Adventssonntag lud die Christi-Himmelfahrtsgemeinde Karl Rich- ter und seinen Bach-Chor zu einem festlichen Konzert nach Freising ein, das im Münchner Merkur angekündigt wurde. Das Programm umfasste die beiden Motetten „Singet dem Herrn ein neues Lied“ und „Jesu, meine Freude“, Karl Richter spielte zwei der großen Orgelwerke Bachs. Die beiden Kritiken im Münchner Merkur und im Freisinger Tagblatt spiegeln das außergewöhnliche musikalische Ereignis wider. 1954
  • 88. 86 Im Gottesdienst zur Eröffnung des Bayerischen Landtags am 13. Dezember sang der Münchener Bach-Chor die Fest- und Gedenksprüche von Johannes Brahms. 1954
  • 89. 87 Der letzte Höhepunkt des Jahres war dieAufführung der Kantaten 1-3 aus Bachs Weihnachtsoratorium, wiederum an zwei Abenden in der Markuskirche. Ein Konzert der ganz besonderenArt vor allem auch deshalb, weil an diesemAbend die in Graz geboreneAltistin Hertha Töpper ihr Debüt bei Karl Richter gab. Von da an war die Alt-Partie in Richter-Konzerten für fast zwei Jahrzehnte zumeist mit dieser Ausnahmesängerin besetzt. Die Kritiken in der SZ und in der Abend- zeitung lassen erahnen, welche Wertschätzung das Münchner Konzertpublikum inzwischen Karl Richter und seinen Musikern entgegenbrachte. 1954
  • 95. 93 Der zweite Teil von Bachs Weihnachtsoratorium eröffnete am Dreikönigstag das kirchenmusikalische Jahr 1955 in St. Markus. Am 23. Januar folgte ein Or- gelkonzert mit Werken J. S. Bachs. Fünf Tage später lud der Münchner-Bach- verein zur ersten Abendmusik des Jahres, mit Werken von Dietrich Buxtehude, Heinrich Schütz und Johann Eccard. Der Kantatenabend am Sonntag, den 13. Februar, brachte die Kantaten „Du wah- rer Gott und Davids Sohn“ und „Jesus nahm zu sich die Zwölfe“, Karl Richter spielte dazwischen Toccata und Fuge F-Dur BWV 540. In der monatlichen Abendmusik erklangen am 25. Februar Bachs Orgel-Partita über „Sei gegrüßet, Jesu gütig“ sowie doppelchörige Motetten von Johann Chri- stoph Bach und Hans Leo Hassler. 1955
  • 97. 95 Die am 25. Februar vorgesehene Motette „Unsers Herzens Freude hat ein Ende“ kam erst am zwei- ten Sonntag im März zur Aufführung. Sie wurde umrahmtvondenKantaten„HerrJesuChrist,wahr' Mensch und Gott“ und „Himmelskönig, sei will- kommen“. Neben den bekannten und renommier- ten Protagonisten der frühen 1950er Jahre, Ruth Michaelis und Franz Kelch, debütierte an diesem Abend die in Wien geborene Sopranistin Antonia Fahberg, Mitglied der Bayerischen Staatsoper. O-Ton Antonia Fahberg Ja, das war ein Einspringen für eine Kollegin, die irgend etwas anderes hatte oder keinen Urlaub bekam. Ich war damals schon kurz vor der Entbindung von meinem Sohn, und da sagte ich: „Um Gottes Willen, was soll ich denn anziehen?“, dann hieß es: „Ja, das machen wir schon.“ Da hatte ich also ein schwarzes Kleid, und die haben mir einen schwarzen Schal von hinten drüber mit Sicherheitsnadeln festgesteckt, so haben sie mich bekleidet. Karl Richter ist jeden Tag gekommen und hat mit mir gear- beitet. Ich war ja nicht Bach-firm, wenn man so will. Ich hatte noch nie Bach gesungen. Bach war ziemlich in Misskredit damals, es hat ja keiner den Bach so aufgeführt, wie Karl Richter das dann gemacht hat. Und es war ein Riesenerfolg. 1955
  • 99. 97 Die Abendmusik im Monat März enthielt zwei Orgelwerke von Johann Pachelbel und Motetten von Johann Kuhnau, Johann Hermann Schein, Johannes Eccard und Andreas Hammerschmidt. Von einigen Konzerten dieses Jahres gibt es in unserem Karl Richter Archiv nur die Vorankündi- gungen, nicht aber Konzertprogramme. Am Freitag vor Palmsonntag stand Bachs Matthäus-Passion in der Lukaskirche auf dem Programm, und in der Karwoche ge- langte die Johannes-Passion in der Markus- kirche gleich zwei Mal zur Aufführung. Nur eine Woche nach dem Osterfest lud der Bach-Verein zum nächsten Kanta- ten-Abend in die Markuskirche. Die Osterkantate „Der Himmel lacht, die Erde jubilieret“ war Schluss- und Höhepunkt dieses Konzerts. Zuvor erklangen die Kantate „Du Hirte Israel, höre“ und Fantasie und Fuge g-moll BWV 542. 1955
  • 101. 99 DieAbendmusik am letzten Freitag imApril war Werken von Francesco Durante, Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach gewidmet. Chor- und Orgelwerke von J. S. Bach brachte die Abendmusik am letzten Frei- tag im Mai: Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552 sowie die beiden Motteten „Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf“ und „Singet dem Herrn ein neues Lied“. 1955
  • 102. 100 In der Bach-Kantate vom 8. Mai war der Chor ganz besonders gefordert. Er hatte nicht nur die beiden Kantaten „Es ist euch gut, dass ich hingehe“ und das Himmelfahrtsoratorium „Lobet Gott in seinen Reichen“ zu bewältigen, sondern sang auch noch die doppelchörige Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“. Unter den Solisten waren Franz Kelch, der Leipziger Arzt Gert Lutze und, wie so oft in den nächsten 15 Jahren, Hertha Töpper. 1955
  • 103. 101 In den Mai dieses Jahres fiel auch die erste Schallplattenaufnahme von Bachs Weihnachtsoratorium für Teldec. Karl Schumann schrieb in seiner Einführung „Die Aufnahme von 1955 zeigt Rich- ters Ensemble in der endgültigen For- mierung: Der vorwiegend aus Laien bestehende Chor hatte sich vergrößert und vervollkommnet, das Orchester sich den Ausdrucksstil Richters ange- eignet. Den Evangelisten sang Gert Lutze, damals der angesehenste Oratorientenor in Mitteldeutschland. Richter schätzte die amerikanische Sopranistin Chloe Owen ebenso wie den 1917 ge- borenen Bass-Bariton Horst Günter, seit 1950 Mitglied der Hamburger Staatsoper. Zu Richters Stamm-Ensemble gehörte - neben Kieth Engen - die 1924 in Graz geborene 1955
  • 104. 102 Altistin Hertha Töpper, bayerische Kammersängerin und Säule der Münchner Oper. Der Trompeter Georg Donderer war Solist des Staatsorchesters wie der noch von Cle- mens Krauss berufene, als Bach-Spezialist gerühmte Flötist Walther Theurer.“ 1955
  • 105. 103 An zwei Abenden Anfang Juni spielte Karl Richter in der Markuskirche alle sechs Orgelsonaten von J. S. Bach. 1955
  • 106. 104 Der Kantatenabend am 12. Juni brachte die Trinitatis-Kantaten „Gelobet sei der Herr, mein Gott“ und „Brich dem Hungrigen dein Brot“ zu Gehör. Karl Richter spielte dazwischen wieder einmal Präludium und Fuge Es-Dur, BWV 552. 1955
  • 107. 105 DieAbendmusik am Johannistag war ausschließ- lich zeitgenössischen Komponisten gewidmet. Auf dem Programm standen Werke von Johann Nepomuk David, Zoltan Kodaly und Karl Höller, der ein Jahr zuvor zum Präsidenten der Münch- ner Musikhochschule berufen worden war. 1955
  • 108. 106 Auch im Juli war ein Bach-Kantaten-Abend angesagt, in dem neben der fünf- stimmigen Motette „Jesu, meine Freude“ die Kantaten „Es ist das Heil uns kom- men her“ und „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist“ zurAufführung gelangten. 1955
  • 109. 107 In der Bachwoche Ansbach 1955 war Karl Richter, noch ohne seinen Bach-Chor, mit vier Konzerten vertreten.An zweiAbenden dirigierte er in der Johanniskirche Bachs Weihnachtsoratorium, als Chor waren die Wiener Sängerknaben verpflichtet worden. Ebenfalls in der Johanniskirche gab er am 27. Juli ein Orgelkonzert mit den Werken, die zuletzt auch in München immer wieder auf dem Programm gestanden hatten. Und im Prunksaal des Markgrafen- schlosses spielte Richter zwei Tage später Bachs Konzerte für ein bis vier Cembali, zusammen mit Eduard Müller, dem Base- ler Münsterorganisten, sowie den Berner Cembalisten Gerhard Aeschbacher und Heinrich Gurtner. In dieser Besetzung wur- den diese Konzerte auch auf Schallplatte eingespielt, das Orchester firmierte als „Solistengemeinschaft der Bachwoche Ansbach“. Es handelte sich vorwiegend um Instrumentalisten des auf Richter ein- geschworenen Kammerorchesters, das sich weitgehend aus Solisten des Bayerischen Staatsorchesters, der Münchner Philhar- moniker und des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks zusammensetzte. 1955
  • 111. 109 Im ersten Kantaten-Abend nach der Sommerpause hatte Karl Richter am 11. September wieder ein Orgelwerk und zwei Kantaten des Thomaskantors auf das Programm gesetzt. 1955
  • 112. 110 Weitere Kantaten-Abende gab es am 16. Oktober mit Bachs Solokantate „Jauchzet Gott in allen Landen“, der Toccata d-moll und der Kantate „Bringet dem Herrn die Ehre seines Namens“ sowie am 6. November, wo der amerikani- sche Bassist Kieth Engen, Mitglied der Bayerischen Staatsoper, erstmals in zwei Bach-Kantaten zu hören war: „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“ und „Ein feste Burg ist unser Gott“. Auch im September und Oktober lud der Bach-Verein jeweils am letzten Freitag im Monat zur Abendmusik. Werke von Max Reger und Anton Bruckner wa- ren am 30. September zu hören, am 28. Oktober dann Motetten und Orgelmusik von Buxtehude, Schütz, Gabrieli und Bach. 1955
  • 113. 111 O-Ton Engen Mein erstes Zusammentreffen mit Karl Richter war im Jahr 1955, in der Markus- kirche in München und im Pfarrhaus. Agatha von Thiedemann hatte das Tref- fen ermöglicht, denn Karl Richter war mir damals völlig unbekannt. Ich kam aus Österreich, aus Amerika, und sie sagte, ich könne ihm in der Markuskirche vor- singen, aber vorher sollte ich erst im Pfarrhaus mit ihm sprechen. Also ging ich dann im Sommer 1955 zum Pfarr- haus, saß auf einer Bank und sah nie- manden. Ich saß da ungefähr fünf Minu- ten und dachte mir, na, das ist toll, was mache ich jetzt. Und plötzlich bemerkte ich neben mir jemanden, und das war Karl Richter. Wir saßen wie Max und Moritz nebeneinander, haben uns nicht in die Augen geschaut. Da fragte er mich: „Woher kommen Sie, und was machen Sie? Ich höre, Sie sind jetzt an der Bayerischen Staatsoper.“ Ich sagte „Ja.“ Daraufhin fragte er: „Wieviel verdie- nen Sie?“ Das kam mir sehr merkwürdig vor, dass jemand das fragt, aber warum nicht, es war im Pfarrhaus, und ich hab es ihm gesagt. Dann sagte er: „Na gut, dann gehen wir in die Kirche, jetzt singen wir. Was wollen Sie singen?“ Und ich sagte: „Ich würde furchtbar gern das Arioso "Am Abend, da es kühle war" aus der Matthäus-Passion singen.“ Wir gingen zu der Orgel, die Kirche war leer, dachte ich, und wir haben dieses Arioso gemacht, er an der Orgel, und ich habe gesungen. Und darauf sagte er: „Sehr gut, sehr gut, könnten Sie im November zwei Kantaten mit mir machen in dieser Kir- che?“ „Ja, sehr gern, natürlich.“ Und dann merkte ich, dass noch zwei Menschen in der Kirche waren. Das waren Dr. Weymar und seine Frau. Beim Hinausgehen haben sie gewunken und gerufen: „Schön wars, schön wars“. So hat meine Karriere mit Karl Richter begonnen und meine Verbindung mit der Ansbacher Bachwoche angefangen. Das war im Jahr 1955. Dann kam mein erster Kantatenabend mit Karl Richter in der Markuskirche: "Ein feste Burg ist unser Gott" und "Gott, der Herr, ist Sonn und Schild", im November 1955. Von da an haben wir 25 Jahre zusammen gearbeitet, und ich habe so viel gelernt und so viel profitiert von Bach und von Karl Richter. 1955
  • 115. 113 Die Münchner Bach-Tage begannen am 12. November mit einem Kammerkon- zert im Herkulessaal der Münchner Residenz. Zwei Ouvertüren und zwei Bran- denburgische Konzerte standen auf dem Programm, als Solisten fungierten die bekannten Namen des Bach-Orchesters. 1955
  • 116. 114 Tags darauf gab Karl Richter ein Orgelkonzert in der Markuskirche mit fünf der großen Orgelwerke von Johann Sebastian Bach. 1955
  • 117. 115 ZumAbschluss der Bach-Tage erklang am 15. November in der Lukaskirche die Hohe Messe h-moll. MitAntonia Fahberg, Hertha Töpper und Kieth Engen stan- den drei Gesangssolisten auf dem Podium, die Richters musikalischen Lebens- weg über eine lange Zeit begleiten sollten. Die Kritik zollte vor allem dem Bach- Chor hohes Lob. 1955
  • 118. 116 Die letzte Abendmusik des Jahres brachte im November Orgelmusik, Motetten und eine Bach-Kantate zum Totensonntag. 1955
  • 119. 117 Zur Einweihung der St. Matthäuskirche musizierten Karl Richter und die Sei- nen am 1.Adventssonntag die Bach-Kantate „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“. Die Christi Himmelfahrtskirche in Freising lud Karl Richter und seinen Mün- chener Bach-Chor am 2. Adventssonntag zu einem Motettenkonzert. Am 4. Adventssonntag schließlich gelangte in der Lukaskirche der erste Teil von Bachs Weihnachtsoratorium zurAufführung, inzwischen ein fester Bestand- teil des Münchner Konzertkalenders. Ebenso zur Tradition wurde das Weihnachtslieder-Singen des Bach-Chores kurz vor den Festtagen. Das Programm war in all den Jahren - als Einstimmung in das weihnachtliche Geschehen - im Kern nahezu gleich geblieben. Und wie jedes Jahr bildete das Orgelkonzert in der Silvesternacht den kirchen- musikalischen Abschluss an St. Markus. 1955
  • 123. 121 Zum Weihnachtsfest 1955 hatte Karl Richter seinem Dekan Dr. Theodor Heckel ein Portrait mit eigenhändiger Widmung geschenkt. 1955
  • 130. 128 Am 19. Februar standen in der Markuskirche drei Bach-Kantaten auf dem Pro- gramm: „Jesus nahm zu sich die Zwölfe“, „Du wahrer Gott und Davidssohn“ sowie die Kreuzstabkantate mit Kieth Engen als Solisten. An diesem Abend sang zum ersten Mal Fritz Wunderlich bei Karl Richter. Antonia Fahberg erin- nert sich an diesen Tag ganz besonders: O-Ton Antonia Fahberg Als Fritz Wunderlich zum ersten Mal zu Richter kam, da war er ein ganz junger Sänger, in Stuttgart engagiert und auf seine Stimme natürlich sehr stolz. Er wollte immer wie- der damit brillieren. Zum Beispiel erzählte er: „Da bin ich heute um acht Uhr früh aufgestanden und wollte ein C singen und habe keins gehabt!“ Wir darauf: „Bist du wahnsinnig, was willst du in der Früh um acht mit einem hohen C, da hat man ja normalerweise noch nicht mal eine Stimme, geschweige denn ein hohes C!“ Das hat sich dann alles beruhigt. Er hat ja wunderbar Piano gesungen und auch Forte. Nur, am Anfang war er halt „vogelwild“, wie man so sagt. 1956
  • 132. 130 Am 27. Februar 1956 war der Leipziger Thomaskantor und Karl Richters Leh- rer und Freund, Günther Ramin, gestorben. Seinem Andenken war die Matthä- us-Passion in der Lukaskirche gewidmet. Franz Kelch, der in dieserAufführung die Christus-Partie sang, schreibt in seinen Erinnerungen: Richters Ruf als Bach-Interpret hatte sich mittlerweile so gefestigt, dass sich das musi- kalische München um die Karten riss und als Aufführungsraum die große Lukas-Kir- che gewählt werden musste. Gespannte Erwartung erfüllte die Zuhörer, die Richters Weg in den ersten Durchbruchsjahren begleitet hatten. Wie würde er Bachs Hauptwerk angehen? Richter hatte die ganze Partitur auswendig im Kopf. Mit leuchtenden Augen und unmissverständlichen Dirigiergesten feuerte er Chor und Orchester an und über- trug seine innere Glut auf alle Ausführenden. Dann wieder wechselte er zum Cembalo, um von dort aus den Einsatz zu geben und mit unerhörter Konzentration selber den Continuo-Part der Arien zu spielen oder in unnachahmlicher Weise die Evangelisten- Rezitative mit höchster Kunstfertigkeit auszuziselieren. Dem Cembalo entlockte er die unterschiedlichsten Klangfarben und Spielformen, wie ich sie bei anderen Aufführun- gen nie zu hören bekommen hatte. Wer sonst noch auf der ganzen Welt hätte das so vermocht! Ergriffen gingen Zuhörer undAusführende von dieserAufführung nach Hause. Ein Markstein für eine lebendige, unorthodoxe Bach-Pflege und Aufführungspraxis der Passionen in München war gesetzt.“ 1956
  • 136. 134 Der Karfreitag alsAufführungstag für eine der Bach-Passionen wurde inzwischen zur Tradition. Am 30. März erklang in der Markuskirche die Johannes-Passion. 1956
  • 137. 135 An diesem Karfreitag 1956 unterbreitete eine Abordnung aus Leipzig und Ber- lin Karl Richter das Angebot, die Nachfolge des verstorbenen Günther Ramin als Thomaskantor anzutreten. Heinz Geisel, der Geschäftsführer des Münche- ner Bach-Chores erinnert sich an das Geschehen: O-Ton: Heinz Geisel München war also auf uns aufmerksam geworden, das Publikum kam zu den Konzer- ten, und es war damals schon immer alles ausverkauft. Doch da kam eine gefährliche Klippe. Ramin war gestorben und Professor Fischer, der Klavierlehrer von Richter in Leipzig war, kam nach München und bat um eine Unterredung. Davon gibt es auch viele Varianten, aber ich bin der einzige Augen- und Ohrenzeuge und weiß, was da gesprochen wurde. Fischer breitete die Situation in Leipzig ein bisschen aus und mein- te zum Schluss: Er würde es doch sehr begrüßen, wenn Richter wieder nach Leipzig käme und den Thomanerchor übernehmen würde. Na, man würde es sich überlegen. Richter fragte dann, als wir wieder zu Hause waren, was er denn machen solle. Ich sagte: „Nichts. Sie bleiben gefälligst da (wir waren damals noch per Sie), Sie sind jetzt fünf Jahre hier, und die ganze fünfjährige Arbeit wäre umsonst gewesen. Sowohl für uns, als auch für Sie.“ Also sagte er: „Ich werde es mir überlegen.“ Ich darauf: „Ich will das aber schriftlich, wenn Sie dort absagen.“ Am nächsten Tag kam er, und hatte auf ein Blatt Papier geschrieben: „Ich bleibe da! Karl Richter, verhinderter Thomaskantor.“ Ich musste also die Briefe verfassen: erstens an den Rat der Stadt Leipzig, zweitens an den Professor Fischer. Das habe ich dann gemacht. Einige Tage später trafen wir uns, und Richter meinte: „Ich muss Ihnen was sagen: Ich war bei Knappertsbusch“ - das war sein geistiger Vater - „und habe ihm den Brief hingelegt, was er dazu meint. Dann hat der geknurrt und gesagt, da haben Sie aber einen guten Rechtsanwalt gehabt. Und ich musste ihm sagen, nein, das war ein Architekt.“ Da haben wir noch lange gelacht. Zwei Wochen nach Ostern brachte Karl Richter die Osterkantaten „Halt im Ge- dächtnis Jesum Christ“ und „Der Himmel lacht, die Erde jubilieret“ in der Markuskirche zu Gehör. Zwischen den beiden Vokalwerken spielte er Präludi- um und Fuge g-moll BWV 542. Die Abendmusik vom 27. April war Johannes Brahms und Max Reger vorbe- halten, der 40. Todestag des Komponisten am 11. Mai war Anlass für ein eige- nes Konzert in der Markuskirche. Den Rahmen bildeten zwei groß angelegte Orgelwerke: Introduktion und Passacaglia f-moll sowie Fantasie und Fuge über B-A-C-H. Dazwischen sang der Bach-Chor vier Vokalwerke sowie die selten aufgeführte Choralkantate „O Haupt voll Blut und Wunden“. 1956
  • 141. 139 Die Aufführung der Brandenburgischen Konzerte und Orchestersuiten waren seit Richters erstem Münchner Jahr ein fester Bestandteil im alljährlichen Konzertprogramm. Verteilt auf zwei Abende erklangen sie in diesem Jahr am 12. und 13. Mai im Herkulessaal, und wie stets war das F-Dur-Konzert mit Adolf Scherbaum auf der Trompete Höhepunkt und Abschluss der Konzerte. 1956
  • 144. 142 Am 2. Juni hatte Karl Richter seine berühmte französische Kollegin Marie-Claire Alain in die Markuskirche eingeladen. Die damals 30jährige Organistin, Schwe- ster des Komponisten Oliver Alain, spielte auf der Steinmeyer-Orgel ein reines Bach-Programm. 1956
  • 145. 143 Am Sonntag, den 10. Juni, führte Karl Rich- ter in der Markuskirche drei Bach-Kantaten auf, die in all den Münchner Jahren immer wieder in den Konzertprogrammen auftauch- ten: „Herz und Mund und Tat und Leben“, „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ - beide erst- mals unter Richter in einem Kantatenabend - und die Pfingstkantate „Erschallet, ihr Lie- der“. Eine junge Sopranistin, Lotte Schädle, von Richter sehr geschätzt, hatte in diesem Konzert ihr Debüt. O-Ton: Lotte Schädle 1951 habe ich in München an der Hochschule für Musik angefangen. Zur gleichen Zeit ist dort Karl Richter als jüngster Professor eingetreten - und ich als Gesangs- studierende. 1954 kam ich an die Bayerische Staatsoper als Elevin. Dort durfte ich schon bald sehr schöne Rollen singen, z.B. das Blondchen in der „Entführung“ und die Papagena in der „Zauberflöte“ und viele kleinere Rollen natürlich. Nach zwei Jahren bin ich dann nach Nürnberg gegangen und kam nach fünf Jahren im Jahre 1962 nach München zurück. Die Konzerte mit Karl Richter waren da schon immer parallel gelaufen. Er hatte mich bereits 1955 in Ettal gehört. Das hat er mir selbst erzählt, und ab da hat er mich über 20 Jahre lang immer wieder engagiert für große Oratorien, auch für Kantaten und die Passionen. 1956
  • 147. 145 Das Programm der nächsten Bach-Kan- tate enthielt wiederum drei Werke, die für Karl Richter von zentraler Bedeutung waren: „Lobe den Herren, den mächti- gen König der Ehren“, „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ und die schon mehrfach aufgeführte Reformationskantate „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“. Am Orgelpositiv saß Ekkehard Tietze, ein Freund aus Leipziger Zeiten. Der 1914 geborene Tietze hatte nach Günther Ramins Tod für einige Zeit den Thomanerchor geleitet und war dann lange Kir- chenmusiker in Potsdam gewesen. Am 1. Juli spielte Karl Richter in der Markuskirche ein reines Bach-Programm mit Orgelwerken, die ihn Zeit seines Lebens auf allen Konzertpodien und Kirchenorgeln der ganzen Welt begleiteten. 1956
  • 149. 147 O-Ton: Pfr. Karl Heckel In meiner Studentenzeit wurde ich in den Semesterferien eines Tages von Karl Richter in der Frühe angerufen, es ginge ihm nicht so gut, wahrscheinlich hatte er eine Grippe oder etwas anderes, ob ich nicht am Vormittag die Orgel in Markus spielen könne, er fände nicht so schnell jemanden. Ich habe gerne zugesagt, bin dann rüber gegangen und habe den Frühgottesdienst gespielt und den Hauptgottesdienst. In den Haupt- gottesdienst pflegte immer Dr. Carl Weymar mit seiner Frau zu kommen. Der wohnte innerhalb der Markusgemeinde. Und Richter hatte noch ausdrücklich gesagt, ich solle den Orgelspieltisch, der auf Rollen stand, so umdrehen, dass der Vater mich nicht sehen könne, denn er hätte es nicht gern, wenn sein Kantor, Richter war sein Kantor, nicht spielen würde. Und da sollte ich die Orgel umdrehen, damit ich nicht gesehen würde. Erstmals trat in diesem Jahr der Münchener Bach-Chor bei der BachwocheAns- bach auf und sang an fünf Abenden 14 geistliche und 2 weltliche Kantaten. Für alle Mitwirkenden in Chor und Orchester, für die Instrumental- und Vokalsolisten waren die Tage in Ansbach - von 1956-1964 - in höchstem Maße prägend, und das bis heute. 1956
  • 150. 148 Das habe ich dann auch gemacht, ich wollte ja Richter nicht blamieren. Und wie es dann so ist, habe ich also munter losgespielt, und das hat dem Dr. Weymar offensicht- lich gefallen. Er kam dann auf die Orgelempore rauf und vermutete, dass Richter an der Orgel gewesen sei. Richter war aber keineswegs dagewesen. Er fragte nach ihm, wo er wäre, und da hab ich das einzige mal in meinem Leben dick gelogen und gesagt: „Der ist zur anderen Treppe schon runter gegangen.“ Ich wollte doch nicht zugeben, dass er nicht da war und dass ich selber gespielt hatte. Außerdem hätte ich das für Angabe gehalten. Aber da hatte er mich vermutlich beim letzten Stück noch gesehen und sagte: „Dann spielen Sie aber wunderbar. Ich lade Sie sofort als Helfer für die Bachwoche ein.“ Und das war der Beginn meiner Bekanntschaft mit mehreren Bach- wochen. O-Ton: Heinz Geisel Es kam dann 1956 die Einladung für Chor und Orchester nach Ansbach für 12 Tage. Wir haben uns mit Dr. Weymar, der ja der geistige Vater der Bachwoche war, bespro- chen und entschlossen, Kantaten zu machen. Und das war ein Riesenerfolg. Wenn wir mal ein bisschen frei hatten und in der Stadt umhergingen, erkannten uns die Leute auf der Straße. Einmal schoss eine Dame auf uns zu: „Ach, wir kennen Sie, sie sind doch vom Bach-Chor!“ „Woher wissen Sie das?“ „Wir kennen Sie vom Sehen, das ist eine wunder- bare Musik, die Sie machen, so etwas haben wir noch nie gehört.“ Folgende 16 Kantaten kamen in Ansbach 1956 zur Aufführung: Am 25. Juli in St. Gumbertus „Unser Mund sei voll Lachens“, "Jauchzet Gott in allen Landen“ mit Friederike Sailer als Sopran-Solistin und „Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm“. Zwei Tage später dann „Du wahrer Gott und Davids Sohn“, „Ich habe genug“ mit Horst Günter als Bass-Solisten, und „Ich hatte viel Bekümmer- nis“. Am 29. Juli folgten die Kanta- ten „Der Himmel lacht, die Erde jubilieret“, „Ich weiß, dass mein Er- löser lebt“, "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ und „Erschallet, ihr Lieder“. Helmut Winschermann und Fritz Henker spielten, wie so oft, Oboe und Fagott im Orchester der Solisten- gemeinschaft der Bachwoche Ans- bach. In piam memoriam Thomaskantor Günther Ramin erklangen am 31. Juli, wiederum in St. Gumbertus, „Lobe den Herren, den mächtigen König der 1956
  • 151. 149 Ehren“, „Gott soll allein mein Herze haben“, „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ sowie die Kreuzstabkantate, erstmals mit dem jungen Dietrich Fischer-Dieskau. In seinem Beitrag für unsere Buch-Dokumen- tation schreibt Fischer-Dieskau: Die Arbeit war ihm alles, und welchen Schwung und welch erobernde Nachschöpferkraft er dafür aufbrachte, das wurde mir erst allmählich deut- lich. Bei der Erwähnung nur des geringsten musi- kalischen Details leuchteten seine Augen auf, und sein Interesse war geweckt. Und keiner wird den Ausdruck erfüllter Hingabe verges- sen, den die von ihm interpretierte Musik auf sein Gesicht zauberte, auch noch lange nach der Aufführung. DasAbschlusskonzert der Bachwoche 1956 dirigierte Werner Egk, mit dem Karl Richter ein freundschaftliches und von gegenseitiger Hochachtung geprägtes Verhältnis hatte, in der Orangerie im Schlosspark. Richter selbst spielte das Cembalo. Zur Aufführung gelangten die h-moll-Suite mit Aurèle Nicolet an der Querflöte sowie die weltlichen Kantaten „Auf, schmetternde Töne der muntern Trompeten“ und „Tönet, ihr Pauken, erschallet, Trompeten“. Dietrich Fischer-Dieskau - Friederike Sailer - Sieglinde Wagner Karl Richter - Werner Egk 1956
  • 164. 162 Die erste Bach-Kantate nach der Sommerpau- se am 9. September enthielt zwei Werke des Thomaskantors: „Liebster Gott, wann werd ich sterben“ und „Gott soll allein mein Herze ha- ben“, mit Hedwig Bilgram am Orgelpositiv. Die begabteste Schülerin Richters wurde von nun an für mehr als ein Jahrzehnt die wichtig- ste Mitstreiterin am Continuo, sowohl an der Orgel wie am Cembalo. 1956
  • 165. 163 Schon zwei Wochen später stand wiederum ein Bach-Abend an, u.a. mit der Kantate „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“, eines der von Richter am häufig- sten musizierten Werke in seiner knapp bemessenen Lebenszeit. 1956
  • 166. 164 Am 23. November erklangen im Rahmen der Bach-Tage 1956 im Herkulessaal der Residenz die vier Orchestersuiten, zwei Tage später folgte die Abendmusik zum Totensonntag. 1956
  • 169. 167 Ebenfalls im Rahmen der Münchner Bach-Tage 1956 war in der Lukaskirche, wie bereits ein Jahr zuvor, als Hauptwerk die Hohe Messe h-moll mit dem inzwischen Bach-bewährten Solistenensemble zu hören. Ein fester Programmpunkt natürlich auch das Orgelkonzert, mit den beiden Schübler’schen Orgelchorälen „Kommst du Jesus, vom Himmel herunter“ und „Wachet auf, ruft uns die Stimme“. 1956
  • 171. 169 Letzterer Choral spielte auf der ersten Konzertreise, die Karl Richter im Okto- ber 1956 in die USA geführt hatte, eine bedeutende Rolle, wie Kieth Engen, der Richter damals begleitete, in seinem Interview erzählt. O-Ton: Kieth Engen Im Jahr 1956, glaube ich, war es das erste Mal, dass Karl Richter eine Konzert- reise in die USA als Organist gemacht hat. Damals habe ich in der Geibelstraße gewohnt und er hat in der Schumannstraße gelebt, daher waren wir sehr oft zusammen. Einmal haben wir uns getroffen, und er hat mich gefragt, ob ich vorbeikommen könnte, um zwei oder drei Briefe ins Amerikanische zu überset- zen. Ich habe es gemacht, und anschließend ging er nach Amerika. Er gab ein Konzert in San Francisco in der Grace Cathedral, und am nächsten Tag gab es ein Seminar mit allen Organisten aus der Umgebung. Sie sprachen über diese Werke, die er gespielt hatte. Er hatte unter anderem, ich hab noch das Pro- grammheft, den Choral "Wachet auf, ruft uns die Stimme" gespielt. Und zwar so (singt das Thema langsam). Am nächsten Tag kam er also mit den jungen Ame- rikanern zusammen, und sie fragten, warum er das so langsam spielt. Und er fragte: „Spiele ich es langsam?“ „Ja, ganz langsam, wir sind es schneller ge- wöhnt (singt ganz schnell), so ein bisschen jazzig.“ Und da zeigt sich eine wichtige Sache bei Richter: Er hatte intuitiv, in seinem Innersten, schon Gesetze in sich. Aber er hat sie nie als Gesetze gesehen, son- dern als Teil seines Lebens. Dann hat er den jungen Musikern gesagt. „Geben Sie mir eine Bibel! Schauen Sie, die törichten und die klugen Jungfrauen schla- fen ein und der Bräutigam kommt, und die wachen dann erst auf. Wachet auf! Und wenn man vom tiefen Schlaf kommt, kommt man nicht sofort in ein Tempo, das so schnell ist. Man muss es langsam angehen.“ Und das war für die Ameri- kaner eine gute Begründung für sein Tempo. Richter hat ja nie, nie ein Tempo begründet, er hat es durchlebt. Und da gab es immer ein paar Sachen mit ihm: Dolce, Legato, „Sie müssen das Tempo füh- len.“ Und das war es bei ihm. Es kommt, soweit ich weiß, in den Kantaten nur einmal vor, dass in der Partitur von Johann Sebastian Bach eine Tempo- bezeichnung steht, und das ist bei der „Kreuzstabkantate“. Da steht plötzlich im letzten Rezitativ ein Adagio. Und er sagte immer: „Das Tempo ist etwas vom Körper, man muss es fühlen, man muss es ausfühlen in seiner Musik, in seinem Wesen, und dann ist es richtig.“ 1956
  • 172. 170 1956 Die beiden neu einstudiertenWeihnachtskantaten „Unser Mund sei voll Lachens“ und „Christen, ätzet diesen Tag“ kündigten am 3.Adventssonntag das nahe Fest an. Fünf Tage später konnte die große Lukaskirche kaum alle Konzertbesucher fassen, die sich wie alljährlich mit Bachs Musik auf das weihnachtliche Gesche- hen einstimmen ließen.
  • 174. 172 Mit dem traditionellen Or- gelkonzert in der Silvester- nacht beendete Karl Rich- ter ein höchst erfolgreiches Künstlerjahr, in dem er, wie Dr.Alfons Ott schrieb, „den Beweis erbracht hat, dass das Erbe der Musica Sacra fruchtbringendes Leben in der Gegenwart bedeutet. München hat sich mit einer überwältigend großen und treuen Gemeinde zum sa- kralen Innenbezirk der Mu- sik bekannt.“ 1956
  • 180. 178 1957 Das Jahr 1957 war geprägt von großen nationalen, aber erstmals auch internationa- len Erfolgen. ImApril brachen Chor und Orchester zur ersten Italien-Tournee auf. O-Ton: Heinz Geisel Dann rückte das Jahr 1957 heran, und da trat etwas ein, was mich fast zwang, meinen Beruf aufzugeben: die Reisen. Eines Tages kam die Frau des damals bekannten italie- nischen Dirigenten Alberto Erede. Sie sah aus, wie man sich so richtig eine italieni- sche Dame vorstellt. Ich hab noch Bilder von ihr, da waren wir beide höchst gefesselt. Und was wollte sie denn? Sie wollte mal fragen, ob Chor und Orchester eine Reise nach Italien machen könnten. Mit einem schönen Programm, das könnte man bespre- chen, und auch mit einem großen Werk von Bach, und auch Orchester solo usw. Also wir haben uns der Sache angenommen, und dann kam die erste große Reise zu Stande: Triest, Turin, Bologna, Florenz, Rom, das war 1957 (Matthäus-Passion). Im Juni waren Karl Richter und sein Münchener Bach-Chor zur Einweihung der Marienorgel nach Ottobeuren eingeladen. O-Ton: Heinz Geisel Da kam eines Tages, wir hatten beide erst etwas lächeln müssen, der Bürgermeister von Ottobeuren, ein Jurist, nach München und bat um eine Unterredung. Wir trafen uns also in einem Restaurant, aßen dort zu Mittag, und dann fragte dieser Bürgermei- ster, ob der Chor und vielleicht das Orchester, das hinge von den Kosten ab, in Ottobeuren in der großen Basilika Musik machen könnten. Ich hatte die Basilika in meiner Funkti- on als Architekt schon gesehen und fand, das sei ein schöner Rahmen. So waren wir eigentlich die Begründer der großen Konzerte in der Basilika. Kleine Konzerte sind sicher schon immer drin gewesen. Wir haben dann zugesagt. Im Juli standen bei der Bachwoche Ansbach u.a. die großbesetzten Chorwerke Bachs auf dem Programm. O-Ton: Kieth Engen Mit der Ansbacher Bachwoche war dann folgendes: Wie so oft im Leben klappt beim ersten Mal etwas nicht. Ich war damals an der Bayerischen Staatsoper und konnte nur Engagements außerhalb Münchens annehmen, wenn ich von der Staatsoper die Er- laubnis bekommen hatte. Die Weymars hatten mich für Ansbach eingeladen, und ich versuchte, diese Zeit frei zu bekommen. Aber die von der Bayerischen Staatsoper ha- ben mich immer hingehalten, und nach ungefähr einem Monat hieß es: „Nein, wir können Sie nicht weglassen, zu der Zeit gibt es so und so viele Vorstellungen“. Ich musste dann Dr. Weymar in der letzten Minute absagen und dachte: O je, da ist jetzt
  • 181. 179 meine Verbindung mit der Ansbacher Bachwoche hin, weil ich nicht gleich Nein gesagt habe. Ich hatte gesagt: „Ich werde es versuchen." Aber, wie der liebe Gott will, zwei Jahre später wurde ich wieder gefragt. Es gab in der Zwischenzeit ein paar böse Brie- fe, aber es kam eine Verbindung mit Dr. Weymar und seiner Frau Liselotte für die Bachwoche in Ansbach zustande: für Matthäus-Passion, Johannes-Passion und h-moll- Messe, das war 1957. Und im Dezember reiste das gesamte Ensemble noch einmal nach Bologna zur Aufführung der Matthäus-Passion im Teatro Communale. Das Konzertprogramm des Jahres 1957 eröffnete am Dreikönigstag in der Markuskirche der zweite Teil von Bachs Weihnachtsoratorium mit den in der Münchner Musikszene inzwischen bekannten Solisten. Die Programme enthielten nun jeweils auch eine eigene Werbeseite mit den bei Telefunken und Decca neu erschienenen Schallplatten Karl Richters. 1957
  • 184. 182 1957 Auch 1957 wurde die Reihe derAbendmusiken mit neun Konzerten fortgesetzt, jeweils am letzten Freitag im Monat. In sechs Kantaten-Abenden kamen übers Jahr gesehen zudem insgesamt 16 Kantaten J. S. Bachs zur Aufführung.
  • 185. 183 Am 21. März, am Tag des 272. Geburtstages von J. S.Bach, gelangte in der Lukaskirche die Johannes-Passion zur Aufführung. Erstmals sang der englische Tenor Peter Pears, den Richter in Ansbach kennen- und schätzenge- lernt hatte, den Evangelisten. 1957
  • 188. 186 1957 Am 7. April startete die erste Auslandstournee des Münchener Bach-Chores. Im Touropa-Lie- gewagensteuertedasgesamteEnsemblezunächst Triestan.DieweiterenStationenderKonzertrei- se waren Turin, Modena, Bologna, Florenz und am Palmsonntag Rom. Innerhalb von acht Ta- gen stand sechsmal Bachs Matthäus-Passion auf demProgramm,füralleMitwirkendeneineenor- me physische Leistung. Der Chor hatte zudem in denAnfangsjahren in München und auch auf den frühen Konzertreisen keine Möglichkeit, sich während der Arien zu setzen. Von dieser Reise gibt es einen ausführlichen und sehr persönlichen Bericht einer jungen Bach-Chor-Sängerin.
  • 189. 187 Unter den Vokalsolisten war auch Fritz Wunderlich, der den Evangeli- sten bei allenAufführungen sang, bis auf die in Rom. Bei diesem letzten Konzert kam es zur ersten persönli- chen Begegnung Karl Richters mit dem Würzburger Oboisten Kurt Hausmann. O-Ton: Kurt Hausmann Ja, das war das sogenannte Einspringen. Das ging so vor sich: Wir hatten hier, am damaligen Konservatorium in Würzburg, Heinz Endres als Lehrer. Der ist ja Münchner und war einer der ersten, der bei Richter Konzertmeister gespielt hat. Und so ein Orchester für sechsmal Matthäus-Passion für Auslandsreisen zusammen zu kriegen, ist nicht so einfach. Die Musiker wurden ja aus den bekannt großen Orchestern in München rekrutiert und können ja nicht ohne weite- res zehn Tage weg. Richter hat also den Endres gefragt: „Haben Sie da in Würzburg nicht noch ein paar gute Leute, die eventuell...“ Dann hat Endres gesagt: „Ja, Oboe, Geige und Bratsche.“ Es kamen also mit mir noch zwei Kollegen mit. Na ja, ich fuhr nach München zur Probe, dann ging die Reise los. Die erste Aufführung war in Triest, dann Florenz, Turin, und die letzte Aufführung war in Rom. In einem Saal, jedenfalls nicht schön, vielleicht war es ein Kino. Und da hieß es, es sei dort nur eine Sitzprobe nachmittags, denn das Sängerensemble sei komplett. Bei dieser letzten Aufführung musste aber ein neuer Tenor kommen, und da sagte dann Richter, er müsste da vielleicht doch noch etwas probieren. Und mein lieber Kollege aus München hatte die Oboe nicht dabei, zur Sitzprobe, na ja. Da kam die große Arie „Ich will bei meinem Jesus wachen“. Ich ahnte etwas. Manch- mal hat man ja so ein Gefühl, vielleicht will er was probieren. Und der Kollege hatte keine Oboe. Da guckte Richter zu mir her: „Sagen Sie, können Sie das mal überneh- men? Ich muss da ein paar Takte probieren.“ „Ja, natürlich, gerne.“ Er fing an und hat das ganze Stück, es ist ja ziemlich lang und mit Chor, durchspielen lassen bis zum Schluss. Der letzte Ton war noch nicht verklungen, Applaus und Getrampel vom Chor hinten, ich bin bald versunken. Was ist denn jetzt passiert, dachte ich. Es ging weiter, und am Schluss kam er zu mir und sagte: „Wo kommen Sie denn her, ich kenne Sie nicht, da müssen Sie aber heute abend das Solo spielen.“ Da hab ich gesagt: „Herr Richter, das geht nicht, das kann ich meinem Kollegen gegenüber nicht machen. Aber wenn Sie meinen, ich komme gern mal zu Ihnen nach München.“ Das war es dann. 1957
  • 192. 190 1957 Auch in diesem Jahr 1957 brachten Karl Richter und sein Bach-Orchester an zwei Abenden im Herkulessaal der Münchner Residenz wiederum alle sechs Brandenburgischen Konzerte sowie die vierte Orchestersuite und das Violin- konzert in E-Dur zu Gehör. Am 22. Juni des Jahres wurde die Marienorgel der Basilika Ottobeuren, eine Steinmeyer-Orgel, eingeweiht. Karl Richter, sein Münchener Bach- Chor und die Bamberger Symphoniker musizierten den 150. Psalm von An- ton Bruckner.
  • 193. 191 O-Ton: Prior P. Theodor Lutz Ich bin 1956 in das Benediktiner-Kloster Ottobeuren eingetreten, ein Jahr später wur- de die Marienorgel am 22. Juni 1957 eingeweiht. Prof. Arthur Pichler hatte hierzu Karl Richter nach Ottobeuren geholt. Karl Richter hat am Abend zuvor das B-A-C-H von Max Reger geübt. Es war ein Ereignis, ihn in der leeren Kirche an der neuen Orgel spielen zu hören. Von da an ist Karl Richter 24 Jahre lang jedes Jahr mit seinem Münchener Bach-Chor nach Ottobeuren gekommen. Meist hat er am Abend zuvor ein Orgelkonzert mit Bach- Werken gegeben. Zum 25jährigen Jubiläum sollten diese Konzerte besonders festlich gestaltet werden, Karl Richter konnte das aber nicht mehr erleben, er war im Februar 1981 gestorben. In einem persönlichen Dankesbrief schreibt Karl Richter: 1957
  • 195. 193 Interessant ist die Preisliste für Unterkunftsmöglichkeiten in Ansbach, die zusammen mit der Konzertvorschau verschickt worden war. 1957
  • 198. 196 1957 O-Ton: Kieth Engen Ich war drei Jahre bei der Ansbacher Bachwoche dabei. Es war eine wunderbare Zeit, das Leben damals in Neuendettelsau. Wir haben uns in diesem kleinen Dorf nur für Johann Sebastian Bach Zeit genommen. Nur geprobt, nur geübt. Dann sind wir mit dem Bus nach Ansbach zur Gumbertuskirche gefahren und dort haben wir unsere Kon- zerte gegeben. Da waren sehr liebevolle Kollegen dabei, Peter Pears, Fritz Wunder- lich, es waren Ursula Buckel dabei, Marga Höffgen und natürlich Hertha Töpper. Ich habe mein ganzes Leben lang mit Hertha Töpper an der Oper und bei Karl Richter die Konzerte gesungen. Sie war eine begnadete Opernsängerin und eine begnadete Bach- sängerin. Diese Zeit in Ansbach hat vielleicht das Fundament für Bach bei mir gelegt. Wir waren da drei Wochen nur mit Johann Sebastian Bach beschäftigt. Damals hat Bischof Lilje immer am ersten Abend der Bachwoche eine Predigt gehalten. Er war auch in den Proben in Neuendettelsau dabei und hat zugehört. Das war ein menschli- ches Zusammensein mit Kunst, mit Menschen, mit Johann Sebastian Bach, und es war eine wunderschöne Zeit. Karl Richter bestritt fünf der zwölf Konzerte der Bachwoche 1957 mit Chor und Orchester. Zur Aufführung kamen die beiden Passionen, die h-moll-Messe und an zweiAbenden die Brandenburgischen Konzerte sowie die beiden Violinkon- zerte mit Yehudi Menuhin, der auch einen Soloabend spielte. Ralph Kirkpatrick war in zwei Konzerten mit den Französischen Suiten, den Inventionen, Sinfoni- en und kleinen Präludien am Cembalo zu hören, und der 1906 in Paris geborene Cellist Pierre Fournier hatte drei Solosuiten auf seinem Programm. Am 24. Juli dirigier- te Karl Richter Bachs Matthäus-Passion mit einem wahrlich hochkarätig besetzten Solisten-Ensemble. Peter Pears sang den Evangelisten, Horst Günter die Christus- Partie, Fritz Wunder- lich, Kieth Engen, Friederike Sailer und Marga Höffgen waren für dieArien zuständig. Die Namen der Instrumentalsolisten bürgten für höchsten Standard der Bach-Interpretation. Den Cantus firmus übernahmen die Knaben des Leipziger Thomanerchors, der für diese Bachwoche mit seinem damaligen Leiter Kurt Thomas zu einem Motettenkonzert in der Johanniskirche eingeladen war.
  • 200. 198 1957 Im Kammerkonzert am 25. Juli waren zunächst das 5. Brandenburgische Kon- zert sowie dasViolinkonzert a-moll zu hören mitYehudi Menuhin,Aurèle Nicolet und Karl Richter als Solisten. Nach der Pause folgten das 6. Konzert in B-Dur und, wie immer, als Abschluss das 2. Konzert mit Adolf Scherbaum und Edgar Shann als weiteren Solisten. Die restlichen drei Brandenburgischen Konzerte sowie das E-Dur Violinkonzert standen einige Tage später auf dem Programm, ebenfalls wieder in der Orange- rie im Schloßpark.
  • 201. 199 An Bachs Todestag, dem 28. Juli, erklang in St. Johannis die Hohe Messe h-moll, mit denselben Vokal- und Instrumentalsolisten wie auch an den anderen Tagen. 1957
  • 202. 200 1957 DenAbschluss der Bachwoche bildete Bachs Johannes-Passion. Wiederum sang Fritz Wunderlich die Tenorarien.
  • 203. 201 Fritz Wunderlich probt mit Karl Richter Probe in St. Gumbertus Peter Pears mit dem Ehepaar Weymar Probe in St. Gumbertus Otto Büchner, D. Fischer-Dieskau, Karl Richter 1957
  • 209. 207 Noch einmal war Karl Richter mit Chor, Solisten und Orchester nach Italien aufgebrochen, um am 12. Dezember in Teatro Communale zu Bologna zum zweiten Mal in die- sem Jahr Bachs Matthäus-Passion aufzuführen. Am 9. Dezember erschien in den USA ein Artikel über Karl Richter mit dem Titel: Bach: Wunderbar! 1957
  • 210. 208 Eine Woche später erklangen in der Markuskirche drei festliche Weihnachts- kantaten: „Jesu, nun sei gepreiset“, „Christen, ätzet diesen Tag“ und „Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm“. Das traditionelle Weihnachtsliedersingen musste in diesem Jahr aus Termin- gründen ausfallen. Ob Karl Richters Orgelkonzert in der Silvesternacht stattge- funden hat, ist nicht durch ein Programm belegt. Kaum zurück aus Italien, versammelten sich Chor und Orchester am 15. De- zember in der Lukaskirche zu Teil I von Bachs Weihnachtsoratorium. Erstmals taucht im Programm der Name Kurt Hausmann als Oboist auf. 1957
  • 213. Bildnachweis Alle Bilder stammen aus dem privaten Karl Richter Archiv. Die Inhaber der Rechte an den einzelnen Fotos konnten nicht mehr ausfindig gemacht werden. Der Autor Studium (Klavier und Schulmusik) am Bayerischen Staatskonservatorium in Würzburg und an der Musikhochschule in München. Von 1965-1970 Mitglied des Münchener Bach-Chores und von 1970-1989 Schulmusiker an Gymnasien in Bamberg, Niederaltaich und Münsterschwarzach. 1982 Gründung der Konzert- und Schallplattenreihe 'Conventus Musicus' der Benediktinerabtei Münsterschwarzach und 1989 des gleichnamigen Ton- und Videostudios samt Musikverlag mit den Programmschwerpunkten „Kultur und Natur in Franken“ sowie „Karl Richter“.
  • 214. Karl Richter (1926 - 1981) Buch-Dokumentationen Conventus Musicus Postfach 68, D-97335 Dettelbach Tel. 09321-9243986 www.conventus-musicus.de http://karlrichtermunich.blogspot.com/ cm@conventus-musicus.de https://www.facebook.com/Karl.Richter.Munich http://twitter.com/karlrichtermue Buch-Dokumentation • Euro 19,80 ISBN 978-3-00016864-2 Karl Richter war zweifellos der bedeutendste Bach- Interpret des vergangenen Jahrhunderts. Mit seinen Konzertaufführungen und Schallplatteneinspie- lungen hat er als Dirigent und Organist in den 1960er und 1970er Jahren neue Maßstäbe gesetzt.Anlässlich des 80. Geburtstages und gleichzeitig 25. Todesta- ges im Jahr 2006 von Karl Richter ist eine Buch- Dokumentation erschienen. In zweijähriger aufwän- diger Arbeit konnten wir alle noch verfügbaren Zeit- zeugen der Münchner Ära Karl Richters aufspüren und die allermeisten von ihnen nach ihren Erinne- rungen an diese Zeit befragen. Das Buch enthält die vollständigen Interviews und Beiträge von 36 Zeitzeugen (u.a. Claes H. Ahnsjö, Hermann Baumann, Ursula Buckel, Dietrich Fi- scher-Dieskau, Kieth Engen, Antonia Fahberg, Jo- hannes Fink, Peter-Lukas Graf, Ernst Haefliger, Ju- lia Hamari, Kurt Hausmann, Karl-Christian Kohn, Horst Laubenthal, Paul Meisen, Edda Moser, Aurèle Nicolet, Siegmund Nimsgern, Anna Reynolds, Lotte Schädle, Elmar Schloter, Peter Schreier, Kurt-Chri- stian Stier, Hertha Töpper, Friedemann Winklhofer), eine ausführliche Würdigung von Leben und Wirken Karl Richters sowie eine Chronik wichtiger Daten des Münchener Bach-Chores der Jahre 1951-1981. Zeitdokumente, Band 1 • Euro 21,80 ISBN 978-3-00-032125-2 Anlässlich von Karl Rich- ters 30. Todestag sowie des 85. Geburtstages im Jahr 2011 begannen wir mit der Veröffentlichung von Zeitdokumenten der Ära Karl Richters in Mün- chen. Der erste Band die- ser Reihe beinhaltet die Jahre 1951-1957, wobei vor allem die Anfangsjah- re nahezu vollständig do- kumentiert und geordnet sind. Etliche Sängerinnen und Sänger der ersten Stunde haben unserem Karl Richter Archiv ihre Chor-Alben vermacht, die zu- sammen mit den Aufzeichnungen des damaligen Ge- schäftsführers, Heinz Geisel, ein umfassendes und de- tailliertes Bild der frühen Münchner Jahre ergeben. Zeitdokumente, Band 2 • Euro 21,80 ISBN 978-3-00-032826-8 Die Jahre 1958-1963 sind einerseits geprägt von zahl- reichen, auch noch heute Maßstab setzenden Schall- platteneinspielungen wie Bachs Matthäus-Passion, Messeh-molloderMozarts Requiem. Sodann erstreck- te sich Richters Wirkungs- bereich immer weiter über München hinaus ins euro- päische Ausland und nach Übersee. Regelmäßige Konzertreisen führen nach Lu- zern, Salzburg, Wien, Buenos Aires, in die USA. Mit Bach-ChorundBach-Orchestergastierte RichterinIta- lien und Paris, die Bachwoche Ansbach und Konzerte in Ottobeuren und Salzburg werden fester Bestandteil des Jahresprogramms. Und dennoch bleibt München für Karl Richter der Mittelpunkt seiner Bach-Pflege.
  • 215. Zeitdokumente, Band 3 • Euro 24,80 ISBN 978-3-00-034046-8 In den Jahren 1964-1967 vollzog sich Karl Richters unaufhaltsamer Aufstieg zu den bedeutendsten Mu- sikern seiner Zeit. Große Konzertreisen als Organist wie als Dirigent führten ihn nach Italien, Frank- reich, erstmals mit dem Chor in die USA, nach Finnland, England, Wien, in die Schweiz, schließlich noch einmal in die USAund zur Weltausstellung nach Montreal. Schallplattenaufnahmen von Bachs Weihnachtsoratorium, der Johannes-Passion und der Brandenburgischen Konzerte, von Händels Messias und Glucks Orfeo ed Euridice festigten und mehrten seinen Ruf als namhaften Dirigenten. Zeitdokumente, Band 4 • Euro 24,80 ISBN 978-3-00-035432-8 Die Jahre 1968-1971 se- hen Karl Richter im Ze- nit seines Könnens. Hö- hepunkte dieser Jahre sind die großen Konzert- reisen mit Bach-Chor und -Orchester in die damali- ge UdSSR (1968 und 1970) sowie die fast drei- wöchige Konzerttournee nach Japan (1969). In die- sen Zeitraum fallen auch mehrere Unitel-Fernsehproduktionen: Messe h-moll, Johannes-Passion, Matthäus-Passion, die Branden- burgischen Konzerte sowie Werke für Orgel und Cembalo. Die Deutsche Grammophon setzte die Reihe der Schallplattenaufnahmen fort u.a. mit Hän- dels Samson und Giulio Cesare sowie Beethovens Messe C-Dur. Zeitdokumente, Band 5 • Euro 22,80 ISBN 978-3-00-037651-1 Zeitdokumente, Band 6 • Euro 22,80 ISBN 978-3-00-0340402-3 Schwerpunkte der Jahre 1972-1976 sind die Kon- zertreisen mit Bach-Chor und Bach-Orchester nach Athen und in die USA (1972), nach London, Genf und Lausanne (1973), Wien und Lau- sanne (1974) sowie Paris und Straßburg (1976). Richters Konzerttätigkeit führte ihn alljährlich, zum Teil mehrfach, nach Wien, Salzburg, Südamerika, in die USA und in viele europäische Länder. Be- merkenswert war auch der internationale Orgel- zyklus von 1975, in dem Richter sechs namhafte Kollegen zu Orgelkonzerten in die Markuskirche eingeladen hatte. Der Band über die letzten Lebensjahre Karl Richters (1977-1981) beinhaltet u.a. eine Deutschland- Tournée mit Beethovens Missa solemnis, Konzert- reisen mit Bachs h-moll- Messe nach Spanien, Ju- goslawien und in die Schweiz sowie eine Neu- inszenierung von Glucks „Iphigenie“ im National- theater. Zudem bringt der Band die Dokumente aus den Tagen von Richters Tod sowie eine Auswahl der unzähligen „Nachrufe“ in der Presse und den Fach- zeitschriften. Zeitdokumente, Band 7 • Euro 21,80 ISBN 978-3-00-042094-8 Der letzte Band der „Zeit- dokumente“ ist Karl Rich- ters Jugendjahren gewid- met, seiner Schülerzeit im Dresdner Kreuzchor unter Rudolf Mauersberger und seinen Studien in Leipzig bei seinen Meistern Karl Straube und Günther Ramin.Als er 1949, sofort nachAbschluss seines Stu- diums, Thomasorganist in Leipzig wurde, ruhten Hoffnungen auf ihm. Der siebte Band der „Zeitdokumente“ basiert vor- nehmlich auf neu aufgefundenen Quellen. Es war nicht immer einfach, den Spuren zu folgen und die noch vorhandenen Quellen in denArchiven von Frei- berg in Sachsen, Dresden und Leipzig zu sichten. Einiges galt als zunächst nicht auffindbar – und fand sich dann doch, anderes war leichter zugänglich. Manche Dokumente zu Begebenheiten aus der Kind- heit und Jugendzeit, zu frühen Erschütterungen und frühen Erfolgen, lassen etwas von den immer deut- licher hervortretenden Kräften der erwachsenen Per- sönlichkeit Karl Richters ahnen.
  • 216. Karl Richter (1926 - 1981) DVD-Dokumentationen In den Jahren 2006 und 2007 entstand eine Film- Trilogie, welche die 30-jährige Ära Karl Richters in München zum Inhalt hat. Zahlreiche Fotos, Film- Dokumente des ZDF und von alten Normal8- und Super8-Filmen, Ton-Dokumente aus Live-Konzer- ten sowie Ausschnitte aus den Interviews mit Zeit- zeugen belegen die Ausnahmestellung Karl Richters im Musikleben Münchens und von hier in alle Welt hinaus. Das Filmprojekt gliedert sich in drei Teile. Film-Trilogie, Teil 1 • Euro 29,80 Solisten • Konzerte • Tourneen ISBN 978-3-00-019277-7 Eine Doppel-DVD (Laufzeit: 135 Minuten; zwei- sprachig Deutsch und Englisch) würdigt Leben und Wirken Karl Richters, den bedeutenden Organisten, Cembalisten und Dirigenten und die von ihm ge- schaffene neue Bach-Tradition mit dem Münchener Bach-Chor und Bach-Orchester, die Musikliebha- ber in aller Welt begeistert hat und auch heute noch in den Bann zieht. Der Film spannt einen wei- ten Bogen von den ersten Aufsehen erregenden Kon- zerten des jungen Thomas- organisten an seiner neuen Wirkungsstätte St. Markus in München - über die schon bald einsetzenden Einladungen zu Konzerten und Tourneen mit dem Münchener Bach-Chor und Bach-Orchester - bis hin zu den zahlreichen Schall- platteneinspielungen, vor allem der Werke Bachs und Händels. Viele bewegte Bilder und zahlreiche Fotos dokumen- tieren Karl Richters Erfolge in aller Welt und sei- nen stetig wachsenden Weltruhm. Konzertreisen mit Chor und Orchester, aber auch als Solist an Orgel und Cembalo führten ihn in viele europäische Staa- ten, u. a. mehrmals in die damalige UdSSR, aber auch immer wieder in die USA und nach Japan so- wie regelmäßig nach Brasilien und Argentinien. Feste Verpflichtungen waren bis 1964 die alljährli- chen Konzerte bei der Ansbacher Bachwoche, das vorweihnachtliche Konzert im Salzburger Festspiel- haus sowie die Veranstaltungen - 25 Jahre lang bis zuletzt - in der Stiftsbasilika Ottobeuren. Sein uner- warteter Tod am 15. Februar 1981 erschütterte die Musikwelt, seine letzte Ruhestätte fand Karl Rich- ter auf dem Friedhof Enzenbühl in Zürich. Film-Trilogie, Teil 2 • Euro 22,80 Bach-Chor und Bach-Orchester ISBN 978-3-00-022647-2 Der zweite Teil (1 DVD; Laufzeit: 92 Minuten; zwei- sprachig d/e) ist dem Bach-Chor und Bach-Orche- ster gewidmet. Ehemalige Chor- und Orchestermit- glieder sowie Gesangs- solisten der Richter-Ära er- zählen von Karl Richters Arbeit mit Chor und Orche- ster. Dank einer Lizenz des ZDF konnten auch 15 Mi- nuten des Films von 1967/ 68 „Karl Richter und sein Münchener Bach-Chor“ in die Produktion eingearbei- tet werden. Zudem enthält der Film wiederum zahlreicheAusschnitte aus Live- Konzerten. Die Schwerpunkte der ersten beiden Kapitel sind: Der Bach-Chor, Eintritt in den Chor, Chorklang, Probenarbeit und Einsatzbereitschaft. Das dritte Kapitel widmet sich dem Bach-Orchester, seinen Solisten und den Generalproben. Das vierte und letzte Kapitel schließlich bringt Erinnerungen an einige der zahlreichen Konzertreisen. Film-Trilogie, Teil 3 • Euro 22,80 Faszination und Interpretation ISBN 978-3-00-020726-6 Der dritte Teil (1 DVD; Laufzeit: 92 Minuten; zwei- sprachig d/e) würdigt Karl Richters Faszination und Interpretationskunst. Auch diese DVD enthält wiederum Ausschnitte aus den Interviews mit Zeitzeu- gen der Ära Karl Richters, mit ehemaligen Mitglie- dern des Münchener Bach- Chores und Bach-Orche- sters sowie mit verschiede- nen Gesangssolisten, und lässt ein äußerst lebendiges Bild von Karl Richters au- ßergewöhnlichen Interpretationen und der sich auf die Zuhörer übertragenen Faszination seines Musi- zierens entstehen. Zudem dokumentieren zahlreiche Musikbeispiele und Interpretationsvergleiche die Aussagen der Zeitzeugen. Beeindruckend ist vor al- lem, wie jeder der befragten Künstler das Besonde- re an Karl Richter betont, wobei doch wieder jeder auch etwas anderes gesehen oder gespürt hat: Aus- strahlung, Suggestivkraft, Aura und geistige Ener- gie, die unmittelbar das Herz berühren und dadurch etwas Bewegendes entstehen lassen. DVD-Trilogie Set • Euro 69,90
  • 217. Die Interviews der Zeitzeugen In der täglichen Besucherstatistik des Karl Richter- Weblogs fällt auf, dass viele unserer Besucher spezi- ell nach den Namen von Zeitzeugen und deren Aus- sagen zu Karl Richter suchen. Immer wieder werden auch die kurzen Filmausschnitte auf YouTube.com angeklickt, und so manche Anfragen haben uns er- reicht, ob man die kompletten Interviews als Zeit- dokumente für Liebhaber, Connaisseurs und die mu- sikwissenschaftliche Forschung erhalten könnte. Des- halb haben wir die kompletten Interviews von 26 Vo- kal- und Instrumentalsolisten überarbeitet, mit Un- tertiteln versehen und auf 10 DVDs von jeweils einer guten Stunde Spieldauer zusammengestellt. Kieth Engen † 48,0 min Ernst Haefliger † 17,0 min DVD 1 Gesamt: 65 Minuten Ursula Buckel † 24,0 min Horst Laubenthal 14,0 min Karl-Christian Kohn † 20,0 min DVD 2 Gesamt: 58 Minuten Aurèle Nicolet 26,0 min Kurt Hausmann 21,0 min Peter-Lukas Graf 16,0 min DVD 3 Gesamt: 63 Minuten Julia Hamari 46,0 min Anna Reynolds 22,5 min DVD 4 Gesamt: 68,5 Minuten Claes H. Ahnsjö 26,5 min Edda Moser 33,5 min DVD 5 Gesamt: 60,0 Minuten Siegmund Nimsgern 22,5 min Kurt-Christian Stier 15,0 min Hermann Baumann 26,5 min DVD 6 Gesamt: 64,0 Minuten Hertha Töpper 46,0 min Lotte Schädle 15,0 min Antonia Fahberg 22,0 min DVD 7 Gesamt: 62,0 Minuten Johannes Fink 29,0 min Karl Heckel † 37,0 min DVD 8 Gesamt: 68,0 Minuten Paul Meisen 47,0 min Elmar Schloter † 17,0 min DVD 9 Gesamt: 64,0 Minuten Gabi Weinfurter 13.0 min Christian Kabitz 11,5 min Friedemann Winklhofer 24,0 min Franz Kelch 14,0 min DVD 10 Gesamt: 62,5 Minuten Einzel-DVD • Euro 15,00 Alle 10 DVDs • Euro 120,00 Conventus Musicus Postfach 68, D-97335 Dettelbach Tel. 09321-9243986 www.conventus-musicus.de http://karlrichtermunich.blogspot.com/ cm@conventus-musicus.de https://www.facebook.com/Karl.Richter.Munich http://twitter.com/karlrichtermue