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KMK – Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH
Fraunhofer-IOSB, Karlsruhe
KIT – Karlsruher Institut für Technologie

IWRM 2012 | THEMENDIENST




Badewasserqualität in allen deutschen Flüssen
ist keine Utopie
__________________________________________________________________________
Karlsruhe, 24. August 2012


Bayern hat es vorgemacht. Im Jahr 2003 verkündete der damalige bayrische
Umweltminister Werner Schnappauf: „München wird die erste Metropole in der EU
mit einem Fluss als Badegewässer.“ Und tatsächlich: Bis 2006 wurden alle
Kläranlagen an der Isar von Mittenwald am Alpenrand bis Moosburg kurz vor
Landshut mit UV-Desinfektionsanlagen ausgerüstet. Die Folge: Bis auf Phasen mit
starken Regenfällen ist die Bakterienbelastung der Isar selbst in der Münchener
Innenstadt so gering, das der Fluss Badewasserqualität erreicht.
„Neben der Isar erfüllt fast kein Fluss außerhalb der wenigen ausgewiesenen
Badestellen diesen Qualitätsstandart“, sagt Dr. Helmut Lehn vom Institut für
Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) in Karlsruhe. „Aber der Traum
vom Baden in Elbe, Rhein und Co ist absolut zu schaffen, wenn man die richtigen
Maßnahmen ergreift.“ Dazu gehört für den Experten zum einen die
kommunenübergreifende Organisation der Abwasserklärung. „Das Beispiel Isar hat
Vorbildcharakter für den Rest der Republik. Doch die dabei zu überwindenden
Hürden sind offensichtlich. Entscheidet sich eine Kommune für eine Aufrüstung
seiner Kläranlagen, profitieren davon vor allem die Regionen flussabwärts, so dass
die Motivation zum Handeln ohne Einbeziehung flussaufwärts gelegener Kommunen
eher gering ist“, erklärt Helmut Lehn.
Ein Entwicklungstrend, der laut Lehn unbedingt weiterverfolgt werden sollte, ist die
Abkehr von der Mischkanalisation hin zur Trennkanalisation. Bei letzterer werden
Regenwasser und Schmutzwasser in getrennten Kanälen abgeführt. „Dies hat den
Vorteil, dass in der Regel nur das Abwasser aufwändig in Kläranlagen geklärt
werden muss. Das Regenwasser dagegen ist geringer belastet und kann nach einer
einfacheren Reinigung, z. B. durch eine Bodenpassage direkt in die Gewässer
geleitet werden“, sagt Lehn. Mischwassersysteme können besonders bei
Regenwetter ein Problem für die Gewässerqualität darstellen: Zwar wird dann das
überschüssige Mischabwasser meist in Regenüberlaufbecken zwischengespeichert
und in trockenen Perioden an die Kläranlagen weitergegeben. Doch sind bei starkem
Regen auch diese Becken schnell voll. Laufen sie dann über, gelangt ein Teil des
Abwassers ungeklärt in die Flüsse.
1957 lag der Anteil der Mischkanalisation in Deutschland noch bei rund 84 %, ist bis
2001 aber auf rund 63 % zugunsten von Trennsystemen zurückgegangen. „Eine
Runderneuerung der gesamtdeutschen Kanalisation, die zu großen Teilen noch aus
dem 19. Jahrhundert stammt, ist kaum bezahlbar“, so Lehn. „Doch in
Neubaugebieten ist die Installation von Trennsystemen durchaus erschwinglich. Auf
lange Sicht sollte aber nicht nur das Regenwasser vom restlichen Abwasser getrennt
werden. „Ich setze mich für eine konsequente Mülltrennung beim Abwasser ein.“
Hierbei kann China Vorbild sein: In der Volksrepublik werden in vielen
Neubaugebieten getrennte Systeme für Grauwasser (Abwasser aus Bad, Dusche
und Waschmaschine), Küchen- und Toilettenabwässer oder bei noch weitergehender
Trennung für Braunwasser (Fäkalien) und Gelbwasser (Urin) installiert, die dann
jeweils gesondert geklärt werden.
„Wenn wir diese Trends auch in Deutschland weiterverfolgen, kann
Badewasserqualität in deutschen Flüssen künftig die Regel und nicht mehr nur die
Ausnahme sein“, glaubt Helmut Lehn.



Helmut Lehn ist Teilnehmer der IWRM 2012 in Karlsruhe und wird auf dem Kongress einen
ausführlichen Vortrag zum Thema Badewasserqualität halten.
Die IWRM Karlsruhe – Integrated Water Resources Management – beschäftigt sich mit dem
Zukunftsthema Wasserressourcenmanagement und findet vom 21. bis 22. November 2012 im
Kongresszentrum Karlsruhe statt. Der Fachkongress mit begleitender Ausstellung lädt hochkarätige
Fachreferenten aus Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Politik aus aller Welt ein, um sich über
die bedeutsamsten Entwicklungen, Technologien und Projekte im Bereich IWRM auszutauschen.
Am 21. November wird zudem der mit 20.000 Euro dotierte Innovationspreis NEO2012 verliehen.
Gesucht werden hierbei anwendungsorientierte Arbeiten zu innovativen Umwelttechnologien im
Bereich Wasser mit den Handlungsfeldern Ökobilanzen, Ökosysteme, Wasserchemie und Geophysik.

Weitere Informationen und das vollständige Kongressprogramm finden Sie unter:

www.iwrm-karlsruhe.de

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  • 1. KMK – Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH Fraunhofer-IOSB, Karlsruhe KIT – Karlsruher Institut für Technologie IWRM 2012 | THEMENDIENST Badewasserqualität in allen deutschen Flüssen ist keine Utopie __________________________________________________________________________ Karlsruhe, 24. August 2012 Bayern hat es vorgemacht. Im Jahr 2003 verkündete der damalige bayrische Umweltminister Werner Schnappauf: „München wird die erste Metropole in der EU mit einem Fluss als Badegewässer.“ Und tatsächlich: Bis 2006 wurden alle Kläranlagen an der Isar von Mittenwald am Alpenrand bis Moosburg kurz vor Landshut mit UV-Desinfektionsanlagen ausgerüstet. Die Folge: Bis auf Phasen mit starken Regenfällen ist die Bakterienbelastung der Isar selbst in der Münchener Innenstadt so gering, das der Fluss Badewasserqualität erreicht. „Neben der Isar erfüllt fast kein Fluss außerhalb der wenigen ausgewiesenen Badestellen diesen Qualitätsstandart“, sagt Dr. Helmut Lehn vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) in Karlsruhe. „Aber der Traum vom Baden in Elbe, Rhein und Co ist absolut zu schaffen, wenn man die richtigen Maßnahmen ergreift.“ Dazu gehört für den Experten zum einen die kommunenübergreifende Organisation der Abwasserklärung. „Das Beispiel Isar hat Vorbildcharakter für den Rest der Republik. Doch die dabei zu überwindenden Hürden sind offensichtlich. Entscheidet sich eine Kommune für eine Aufrüstung seiner Kläranlagen, profitieren davon vor allem die Regionen flussabwärts, so dass die Motivation zum Handeln ohne Einbeziehung flussaufwärts gelegener Kommunen eher gering ist“, erklärt Helmut Lehn. Ein Entwicklungstrend, der laut Lehn unbedingt weiterverfolgt werden sollte, ist die Abkehr von der Mischkanalisation hin zur Trennkanalisation. Bei letzterer werden Regenwasser und Schmutzwasser in getrennten Kanälen abgeführt. „Dies hat den Vorteil, dass in der Regel nur das Abwasser aufwändig in Kläranlagen geklärt werden muss. Das Regenwasser dagegen ist geringer belastet und kann nach einer einfacheren Reinigung, z. B. durch eine Bodenpassage direkt in die Gewässer geleitet werden“, sagt Lehn. Mischwassersysteme können besonders bei Regenwetter ein Problem für die Gewässerqualität darstellen: Zwar wird dann das überschüssige Mischabwasser meist in Regenüberlaufbecken zwischengespeichert
  • 2. und in trockenen Perioden an die Kläranlagen weitergegeben. Doch sind bei starkem Regen auch diese Becken schnell voll. Laufen sie dann über, gelangt ein Teil des Abwassers ungeklärt in die Flüsse. 1957 lag der Anteil der Mischkanalisation in Deutschland noch bei rund 84 %, ist bis 2001 aber auf rund 63 % zugunsten von Trennsystemen zurückgegangen. „Eine Runderneuerung der gesamtdeutschen Kanalisation, die zu großen Teilen noch aus dem 19. Jahrhundert stammt, ist kaum bezahlbar“, so Lehn. „Doch in Neubaugebieten ist die Installation von Trennsystemen durchaus erschwinglich. Auf lange Sicht sollte aber nicht nur das Regenwasser vom restlichen Abwasser getrennt werden. „Ich setze mich für eine konsequente Mülltrennung beim Abwasser ein.“ Hierbei kann China Vorbild sein: In der Volksrepublik werden in vielen Neubaugebieten getrennte Systeme für Grauwasser (Abwasser aus Bad, Dusche und Waschmaschine), Küchen- und Toilettenabwässer oder bei noch weitergehender Trennung für Braunwasser (Fäkalien) und Gelbwasser (Urin) installiert, die dann jeweils gesondert geklärt werden. „Wenn wir diese Trends auch in Deutschland weiterverfolgen, kann Badewasserqualität in deutschen Flüssen künftig die Regel und nicht mehr nur die Ausnahme sein“, glaubt Helmut Lehn. Helmut Lehn ist Teilnehmer der IWRM 2012 in Karlsruhe und wird auf dem Kongress einen ausführlichen Vortrag zum Thema Badewasserqualität halten. Die IWRM Karlsruhe – Integrated Water Resources Management – beschäftigt sich mit dem Zukunftsthema Wasserressourcenmanagement und findet vom 21. bis 22. November 2012 im Kongresszentrum Karlsruhe statt. Der Fachkongress mit begleitender Ausstellung lädt hochkarätige Fachreferenten aus Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Politik aus aller Welt ein, um sich über die bedeutsamsten Entwicklungen, Technologien und Projekte im Bereich IWRM auszutauschen. Am 21. November wird zudem der mit 20.000 Euro dotierte Innovationspreis NEO2012 verliehen. Gesucht werden hierbei anwendungsorientierte Arbeiten zu innovativen Umwelttechnologien im Bereich Wasser mit den Handlungsfeldern Ökobilanzen, Ökosysteme, Wasserchemie und Geophysik. Weitere Informationen und das vollständige Kongressprogramm finden Sie unter: www.iwrm-karlsruhe.de