Soziale Medien. Potentiale und dunkle Seiten des Web 2.0 Präsentation auf dem 50. Historikertag in Göttingen, am 24.9.2014, http://digigw.hypotheses.org/818
Schöne neue Welt? Web 2.0 – Veränderungen, Herausforderungen, Chancen
Potentiale dunkle seiten_web20
1. GÖTTINGEN // 2014
Neue Arbeitsformen in der
Geschichtswissenschaft.
Was gewinnt und was
verliert die historische
Forschung durch Science
2.0?
2. Neue Arbeitsformen in der Geschichtswissenschaft
GÖTTINGEN // 2014
Dr. Mareike König (DHI Paris)
Soziale Medien.
Potenziale und „dunkle
Seiten“ des Web 2.0
3. Was sind „Soziale Medien“?
Keine allgemeingültige Definition: Begriffe „Web 2.0“, Soziale Medien, „Mitmachweb“,
Wissenschaft 2.0 werden parallel verwendet
Vier zentrale Funktionen:
1.) Soziale Medien dienen dem Identitäts- und Kommunikationsmanagement. Ihr
Distinktionsmerkmal sind Profile, die von den Nutzern angelegt werden (M.Nentwich/
R. König 2012).
2.) Es handelt sich um Services, bei denen der Inhalt von den Nutzern selbst generiert
wird (user generated content).
3.) Sie ermöglichen einen Austausch (z.B. Kommentare) und direkte, horizontale,
schnelle Kommunikation.
4.) Sie dienen der Zusammenarbeit und favorisieren ein „offenes“, transparentes und
für andere (wenn gewollt) sichtbares, kollaboratives Arbeiten.
Neue Arbeitsformen der Geschichtswissenschaft. Was gewinnt und was verliert die historische Forschung durch Science 2.0?
4. Soziale Medien im Prozess des Wissenschaftlichen Arbeitens
Soziale Medien sind starke Werkzeuge für die Bereiche Kommunikation,
Publikation, Vernetzung, Monitoring, Zusammenarbeit und Multimedia in der
Wissenschaft.
1) Kommunikation / Publikation
Beispiele: Wissenschaftsblogs,
Die eigene Arbeit öffentlich
machen: für Peers und für
die interessierte Öffent-lichkeit
gleichzeitig,
Forschung während sie im
Entstehen ist (Blick in die
Werkstatt)
Austausch
Microblogs (Twitter)
Neue Arbeitsformen der Geschichtswissenschaft. Was gewinnt und was verliert die historische Forschung durch Science 2.0?
5. Kommunikation/Publikation: in Sozialen Netze, Statusmeldungen z.B.
Academia.edu, Facebook, Google+ etc.
= gleichzeitig Vernetzung und auf dem Laufenden Bleiben/Monitoring zu einem
bestimmten Thema
= Profil anlegen und sich mit Gleichgesinnten vernetzen, Neuigkeiten teilen: direkt
Neue Arbeitsformen der Geschichtswissenschaft. Was gewinnt und was verliert die historische Forschung durch Science 2.0?
one to many,
Kathrin Passig: „Man hat immer die Timeline, die man verdient.“
6. 2.) Zusammenarbeit: Wissen gemeinsam generieren und teilen
z.B. Social Bibliographie: Gemeinsam Online-Bibliographien z.B. mit Zotero
erstellen
= Bibliographie zum WW1:
https://www.zotero.org/groups/first_world_war_studies_bibliography
= Bibliographie zur Ordensgeschichte:
https://www.zotero.org/groups/first_world_war_studies_bibliography
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7. z.B. Social Document: Gemeinsam im Netz ein Dokument schreiben und
bearbeiten etwa mit Google Drive, EtherPads, Wikis
= Übersicht „Digitalisierte Nachlässe“ im Rahmen des deutschsprachigen
Wikisource-Projekts
http://de.wikisource.org/wiki/Digitalisierte_Nachl%C3%A4sse
z.B.
Kollaboratives Schreiben
Dokumenteverwaltung für Forschungs-gruppen
Wikis in der Lehre: Gruppenarbeit,
Dokumentation und Ergebnissicherung
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8. z.B. Social Bookmarking: Gemeinsam Webpages zu einem bestimmten Thema
„taggen“ (=verschlagworten), speichern, ordnen, teilen
= Diigo
z.B. Crowdsourcing: Gemeinsam ein Dokument transkribieren, einen Fotofonds
annotieren etc. (Schwarmintelligenz (= gemeinsam klüger) sowie Bearbeitung von
riesigen Datenmengen)
= PhotosNormandie (Flickr)
https://www.flickr.com/photos/
photosnormandie/
= Personen, Straßen, Gebäude
identifizieren
Neue Arbeitsformen der Geschichtswissenschaft. Was gewinnt und was verliert die historische Forschung durch Science 2.0?
9. 3.) Multimedia-Anwendungen
z.B. Video: Bereitstellen und Teilen von Videos
= Vimeo, Internetarchive (freie Videos zur Nachnutzung)
z.B. Präsentationen: Bereitstellen und Teilen von Powerpoint- und anderen
Präsentationen
= Slideshare
z.B. Fotografie:
Teilen von Fotos bei Flickr
oder MédiHAL (Offenes Archive
Und Dienst aus
Frankreich zur
Selbstarchivierung und zum
Teilen wissenschaftlicher
Bilder)
Weitere Beispiele etc.
siehe Literatur am Ende
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10. Potentiale vs. tatsächliche Nutzung
= Soziale Medien können bei jedem Schritt im Prozess des wissenschaftlichen
Arbeitens eingesetzt werden und hilfreich sein (Information finden, Wissen
generieren, Wissen verbreiten, Qualität sichern, Organisieren).
= Die tatsächliche Nutzungspraxis beschränkt sich jedoch laut einer Untersuchung
von Michael Nentwich / René König aus dem Jahr 2012 überwiegend auf
Selbstmarketing und Eigen-PR (ob für eine Person, eine Gruppe oder eine
Einrichtung).
Neue Arbeitsformen der Geschichtswissenschaft. Was gewinnt und was verliert die historische Forschung durch Science 2.0?
11. Potentiale vs. tatsächliche Nutzung
Mein Widerspruch: Vernetzung als zentraler Aspekt der sozialen Medien: moderne
République des lettres, virtuelle Teeküche; „virtuelles Schmiermittel für
Forschergruppen“ auf dem Laufenden bleiben; Kollaboration funktionieren sehr gut
(z.B. Handbuch Science 2.0 mit weitern Hinweisen); Fragen stellen
= Soziale Medien machen Spass
= weitere Studien zur tatsächlichen Nutzung notwendig (Praxis ändert sich laufend)
Und ganz nebenbei: Offenheit, freier Zugang, Open Access, Transparenz,
Zusammenarbeit statt Konkurrenz, Partizipation für alle über Hierarchien hinweg,…
= Vorsicht vor Überfrachtung mit Heilsversprechen
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12. 2. „Dunkle Seiten“ sozialer Medien (manche sind dunkler als andere…)
Technisch bedingte Gefahren und Probleme
Mangelnder Datenschutz, undurchsichtige Algorithmen, bezahlte Beiträge in der
Timeline, sich ständig ändernde Nutzungsbedingungen und
Privatsphäreeinstellungen, keine Kontrolle, wie weit eigene Beiträge reichen,
Datenklau, kriminelle Machenschaften
Frage der Eigentum und Herrschaft über Daten, Spionage, Missbrauch,…
Internetsucht, Prokrastination, Informationsüberflutung, Rauschen, Cyber-
Mobbing
Mangelnde Archivierung, permanente Links etc.
Multikanalität: welches Netzwerk wählen? Muss ich überall präsent sein?
Zeitaufwand?
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13. 2. „Dunkle Seiten“ der Sozialen Medien
Versprechen/Hoffnung versus dunkle Seiten
Theoretisch einfacher Zugang zu Werkzeugen - vs. - sozial bedingt ungleicher
Zugang zu Internet und Technik in der Praxis
Forschen und lernen wird einfach - vs. - Zeitaufwand, um sich mit den Werkzeugen
auseinanderzusetzen, diese einzusetzen etc.
Kommunikation über Hierarchiegrenzen hinweg - vs. - Nachbildung analoger
Hierarchien im digitalen Raum (Selbstzensur, Trennung von privat/beruflich)
Aufklärung und Transparenz - vs. - Gerüchte, Beschimpfung und üble Nachrede
(Cybermobbing, Shitstorm)
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14. Schlussüberlegungen: nicht genutzte Potentiale
Neue Filter-Werkzeuge zur Qualitätssicherung („Publish first, filter later“, „Peer
Open Review“ werden in der Praxis kaum oder nur zögerlich genutzt
Bisher fehlende bzw. sich nur langsam entwickelnde Anerkennung des
wissenschaftlichen Outputs in den sozialen Medien
Honorierung der entstehenden Diversifizierung der Inhalte und Instrumentarien
für die Kommunikation und Publikation
= ändert nichts daran, dass soziale Medien von einigen Wissenschaftler/innen
längst genutzt werden, aber es wird Potential verschwendet
Neue Arbeitsformen der Geschichtswissenschaft. Was gewinnt und was verliert die historische Forschung durch Science 2.0?
15. Plädoyer
Technische Neuerung rufen schon immer zumeist dieselben Reaktionen
hervor zwischen Technikskeptizismus und Technikoptimismus,
zwischen Gleichgültigkeit, Ablehnung, Bedenken, Begeisterung,
„vielleicht geht es wieder weg“ etc. (siehe Kathrin Passig, Neue
Technologien, Alte Reflexe, 2014): falsche Vorhersagen gibt es auf
beiden Seiten.
Plädoyer für die Entemotionalisierung der Debatte, für Ausprobieren,
für Offenheit
Workshops und Schulungen für interessierte Wissenschaftler/innen aller
Generationen und Karrierestufen
Siehe auch: Wissenschaftlicher Nachwuchs in den Digital Humanities:
Ein Manifest: http://dhdhi.hypotheses.org/1995
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16. Literatur
Graf, Klaus, König, Mareike: Forschungsnotizbücher im Netz: Weblogs in der
deutschsprachigen Geschichtswissenschaft, in: WerkstattGeschichte 61
(2012), S. 76–87,
http://werkstattgeschichte.de/werkstatt_site/archiv/WG61_076-
087_GRAF_NETZ.pdf (PDF).
Handbuch CoScience – Gemeinsam forschen und publizieren mit dem Netz,
Autorenkollektiv, TIB-UB Hannover 2014,
http://handbuch.io/w/Handbuch_CoScience (dynamische Version).
König, Mareike: Twitter in der Wissenschaft: Ein Leitfaden für
Historiker/innen, in: Digital Humanities am DHIP, 21.08.2012,
http://dhdhi.hypotheses.org/1072.
König, Mareike, Social Media-Werkzeuge für Historiker/innen – Versuch einer
Übersicht, in: Digitale Geschichtswissenschaft, 23.10.2014,
http://digigw.hypotheses.org/164.
König, René, Nentwich, Michael: Cyberscience 2.0: Research in the Age of
Digital Social Networks, Frankfurt am Main: Campus-Verlag, 2012.
Neue Arbeitsformen der Geschichtswissenschaft. Was gewinnt und was verliert die historische Forschung durch Science 2.0?
17. Literatur
König, René, Nentwich, Michael: Social Network Sites - Ein Trend für die
Wissenschaft? Präsentation für die Tagung „Im Netz der Sozialen Medien“,
Juni 2011: http://t.co/kfGfPko.
Lugger, Beatrice: Deutsche Wissenschaft auf Twitter, in: Scilogs, 21.06.2012,
[URL: http://www.scilogs.de/blogs/blog/quantensprung/2012-06-
21/deutsche-wissenschaft-auf-twitter-iii
Passig, Kathrin: Neue Technologien, alte Reflexe (Standardsituationen 2.0),
in: Funkkorrespondenz, August 2014, korrigierte Version abrufbar unter:
https://docs.google.com/document/d/1M9JQoEcwBseqkZVAIpdjuI9Iz4c4KR6
JVke4VQCtEDU/edit
Social Media. A guide for researchers (hg. Research Information Network),
Februar 2011,
http://www.rin.ac.uk/system/files/attachments/social_media_guide_for_scr
een_0.pdf
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18. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Dr. Mareike König
Deutsches Historisches Institut Paris
mkoenig@dhi-paris.fr
Twitter: @mareike2405
Slideshare: mareike2405
Deutsches Historisches Institut Paris
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