Aus der digitalen Welt sind soziale Netzwerke ebenso wenig wegzudenken wie aus dem Alltag tausender Internetnutzer: Facebook, Twitter und Xing sind fester Bestandteil unserer Lebensgewohnheit. So wird es auch für immer mehr Unternehmen zur Routine, Recruiting und Personalmanagement auf eigenen Online-Portalen und Netzwerken zu platzieren. Während bisher eine Bewerbung per Mail ausreichte, bauen gerade große Firmen den Prozess der Onlinebewerbung zu einem oftmals detailreichen „Kandidatenscreening“ aus.
Doch nicht nur die Daten künftiger, sondern auch die schon angestellter Arbeitnehmer werden immer häufiger per Portal oder internem Netzwerk im großen Stil verwaltet. Zwar eröffnet diese Entwicklung besonders für die HR-Manager große Vorteile in Sachen Synergie und IT-Optimierung – sie birgt aber auch Risiken: Die fortschreitende Digitalisierung ruft immer neue Ansprüche, Leitlinien und Fallstricke zum Thema Datenschutz auf den Plan.
2. Rechtsanwältin Dimartino – www.jurvita.de
„... die Unterstützung der Personalbeschaffung
durch den Einsatz elektronischer Medien
und Personalsysteme...“ (Wikipedia)
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Online Job-Börsen
Social-Media
Unternehmens-Website/
Blog
Bewerbungsmanagementsysteme
Mobile Recruiting
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Auswertungen von und durch Neue Medien
sind beim Recruiting
bzw. der Auswahl der Bewerber bereits Routine
- in vielfältiger Weise!
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Neue Medien haben
Einfluss auf das Auswahlverfahren
● (Pre-)Backround-Screening
● Einträge im Netz werden gesucht und bewertet
● Die Recherche im Netz „googeln“ ist bereits routine
● Löschung von unangenehmen Bildern kurz vor der Bewerbung
hilft nicht mehr „wayback-maschine“
● Es wird ein „Bewerber-Algorithmus“ anhand dieser Profile
erstellt zukünftig soll das sogar „vollautomatisch“ gehen
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Backround-Check
● Findet man überhaupt was im Netz über den
Bewerber
● Was ist zulässig?
● Stimmt alles was man im Internet findet?
● Darf ich das im Bewerbungsgespräch
verwenden?
– P: AGG/Datenschutz/Fragerecht des Arbeitgebers
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Datenschutz
Der Beschäftigtendatenschutz bezieht sich auch
auf Bewerber
Das Bundesdatenschutzgesetz ist zu beachten
bei der Erhebung, Verarbeitung, Nutzung von
personenbezogener Daten.
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Grundsatz: Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt
● § 4 Abs. 1 BDSG
● Verbot der Erhebung, Verarbeitung und
Nutzung personenbezogener Daten
● Soweit nicht eine Norm dies erlaubt, anordnet
oder der Betroffene einwilligt (§ 4a BDSG)
● Dies gilt für alle personenbezogene Daten
und in jeder Phase der Datenerhebung,
-verarbeitung, -nutzung etc.
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Online-Bewerbungen
● Online Bewerber sind nach § 4 Abs. 3 BDSG über die verantwortliche (datenschutzrechtliche)
Stelle und die Empfängerkategorien zu unterrichten
● Technische Sicherungsmaßnahmen
– Die Identität und Integrität der Bewerberdaten sind sicherzustellen
– Bewerberdaten dürfen nur über eine sichere Verbindung mittels SSL- Verschlüsseln
übertragen werden (vgl. Ziffer 4 der Anlage zu § 9 BDSG)
– P: Weiterleitung von Bewerberdaten via unverschlüsselter E-Mail an Auswahlverantwortliche
– Zusendung von Bewerbungsunterlagen via E-Mail, wird dem Bewerber eine verschlüsselte
Möglichkeit angeboten bzw. auf die Risiken hingewiesen?
● Einschaltung externer Dienste, § 11 BDSG
– Sorgfältige Auswahl > Datenschutzkonzept beim Dienstleister vorhanden?
– Auftrag schriftlich, Fixierung der wichtigsten Eckpunkte
– auch während des Auftrages muss eine weiterhin angemessene Datenschutzkonformität
kontrolliert werden
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Einwilligung, § 4a BDSG
● Freie Entscheidung des Betroffenen,
– P: Freiwilligkeit/Machtgefälle?
● Dazu muss er über den Zweck der Erhebung,
Verarbeitung und Nutzung sowie die Folgen der
Verweigerung informiert werden
● Schriftform (konkludent, oder Stillschweigend (-))
● Wenn diese Erklärung zusammen mit anderen
Erklärung schriftlich erteilt wird ist diese besonders
hervorzuheben
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Erforderlichkeit ?
§ 32 Abs. 1 BDSG
„Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen
für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben,
verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die
Entscheidung über die Begründung eines
Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung
des Beschäftigungsverhältnisses für dessen
Durchführung oder Beendigung erforderlich ist“.
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Bewerberdaten weiterhin
speichern...
● Einwilligung des Bewerbers in eine weitere Speicherung der Daten über
den Bewerbungsprozess hinaus.
● Schweigen ist keine Willenserklärung
● § 4a BDSG
– Vorherige Zustimmung
– Aufklärung was wird wo, wie lange und wozu gespeichert?
– „ausdrückliche Einwilligung“
– Schriftform
– Einwilligung kann ohne Grund widerrufen werden
Tipp: Zusendung eines Formulars zur Unterzeichnung
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Charakter der Netzwerke
● Soziale Netzwerke mit Freizeit-Charakter
- In der Regel verbieten AGB auch schon die geschäftliche
Nutzung
- Interessenabwägung zugunsten des Bewerbers überwiegt in
der Regel das Interesse des Arbeitgebers
● Soziale Netzwerke mit beruflichen Charakter
- AGB lassen geschäftliche Nutzung unter bestimmten
Voraussetzungen zu
- Interessenabwägung eher zugunsten des Arbeitgebers (Sinn-
und Zweck eines solchen Portals)
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Vorsicht
● Vorsicht bei der Verwertung solcher Daten im
Vorstellungsgespräch!
● Bei Täuschung des Bewerbers,
„Freundschaftsanfragen“
● Und getarnter Online-Suche durch Mitarbeiter
● Bei der Personensuche gelten die gleichen
Maßstäbe
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Nutzung von Netzwerken durch
Arbeitnehmer
● Handlungsempfehlungen an die geben
● Wer darf welche Daten sehen?
● Leitfaden für Bewerberprozesse erstellen
● Regelungen: Formulare, E-Mail, Anrufe
● Social Media Guide
● Mitarbeiter sensibilisieren durch Schulungen...
insbesondere die Generation der „digital natives, Selfie
und Like it“
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Nutzung von Netzwerken durch
Arbeitnehmer
● Wird die Nutzung dienstliche Nutzung erwünscht
● Arbeitgeber kann eine solche eigene Nutzung grds. nicht
verlangen
● Eine private Nutzung von sozialen Netzwerken kann der
Arbeitgeber nicht untersagen
● Regelungen treffen wie ein Account zu nutzen ist
(dienstlich/geschäftlich) auch im Hinblick auf ein Ausscheiden
des Arbeitnehmers. Wem gehört der Account, die Kontakte?
● Die private Nutzung kann arbeitsvertraglich nicht vorgegeben
werden. Aber Mitarbeiter sensibilisieren, dass eine private
Nutzung auch zu arbeitsrechtliche Konsequenzen führen kann
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Wir würden die
Bewerberdaten
aber gerne noch
weiter
aufbewahren...
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Löschung der Daten
● § 35 Abs. 2 Nr. 3 BDSG
– „...Personenbezogene Daten sind zu löschen, … sobald ihre Kenntnis für
die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist...“
● Interesse zur Verwendung für eine spätere Stellenausschreibung (-)
● Interesse zur Abwehr von Schadensersatzansprüchen (+)
● Löschung: in der Regel ca. 6 Monate nach Abschluss des
Bewerbungsverfahrens (wegen AGG-Entschädigungsklagen, §
15 Abs. 4 AGG, § 61b ArbGG)
● Daten müssen richtig und überall gelöscht werden nicht nur in den
„Papierkorb“ , auch in E-Mails etc.
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● Klare Regelungen treffen und diese regelmäßig
kommunizieren
● Darauf achten, dass keine betriebliche Übung
entsteht
● Stichprobenartige Kontrolle – keine
Dauerüberwachung!
Private Nutzung des Internets,
E-Mails, Social Media am
Arbeitsplatz
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Aufklären über...
● Arbeitsrechtliche Konsequenzen für Mitarbeiter
● Wettbewerbsrechtliche Konsequenzen für den
Arbeitgeber
● Wem gehören die Kontakte?
● Grenze Privat, Meinungsäußerung und
Loyalitätspflichten
28. Rechtsanwältin Dimartino – www.jurvita.de
Social Media Guide
● Leitfaden schaffen sog. „Social Media Guide“ gibt auch zur
Anregung für den außerdienstlichen Gebrauch
● Eine Betriebsvereinbarung zu Nutzung von Internet, sozialen
Netzwerken, E-Mail.
● Beteiligung des Datenschutzbeauftragten
● Informationsrechte § 99 Abs. 1 BetrVG, Mitbestimmungsrecht
des Betriebsrates beachten, § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG „Ordnung
des Betriebes“ und beim Einsatz von objektiv geeigneter
Mitarbeiterüberwachung/Leistungsüberwachung § 87 Abs. 1 Nr. 6
BetrVG.
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Was kann man regeln?
● Übersicht über soziale Netzwerke, die das
Unternehmen nutzt und wie die Außendarstellung sein
soll
● Inhalte Blog etc.
● Ratgeber Charakter
● Kein Fach-Chinesisch
● Ansprechpartner, Zuständigkeiten
● Arbeitsrechtliche, Wettbewerbsrechtliche
Konsequenzen klar mit Beispielen aufzeigen
● Schnittpunkte zum Privatbereich aufzeigen
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Fazit
● Beschäftigtendatenschutz ist auch im
Bewerbungsverfahren zu berücksichtigen
● Erlaubt ist die Informationsgewinnung bei allgemein
zugänglichen Informationen ABER: nach Abwägung der
Interessen der Beteiligten.
● Bei sozialen Netzwerken kommt es auf den „Charakter
des Netzwerks“ an/Abwägung der Interessen
● Rechtsfolgen bei Verstoß: Schadensersatz (§§ 280, 311
Abs. 2, 823 BGB, § 15 AGG) sowie bußgeld und
strafbewehrt (§§ 43, 44 BDSG)