2. Thema: Die Transparenz-Revolution
4 AuToRen > Technologie
110 SummARieS Anja Dilk . Heike Littger
112 GDi-STuDien 32 DATen füR Alle Sinne
113 GDi-VeRAnSTAlTunGen Erst alle drei Dimensionen, dann alle fünf Sinne – Daten
114 GoTTlieb DuTTweileR inSTiTuTe erschliessen sich immer mehr Wahrnehmungskanäle,
116 GDi-AGenDA 2010 um in unser Bewusstsein vorzudringen.
116 impReSSum
> Die grosse Grafik
40 Schöne neue DATenwelT
> Beziehungsökonomie Von Daten-Brokern und höflicher Software: Trends aus
Andreas Weigend . Adrian Chan dem Workshop «Social Data Revolution».
8 SociAl DATA ReVoluTion
Die rasant wachsende Quantität an Datenspuren, die wir > Ökonomie
überall hinterlassen, führt zu einer neuen Qualität von Detlef Gürtler
Beziehungen. 42 Die neue wähRunGSVielfAlT
Die monetäre Monostruktur staatlicher Währungen
> Marketing wird durch finanzielle Ökosysteme abgelöst. Aus One-
Marion Marxer size-fits-all-Geld wird ein Persönlichkeitsmerkmal.
16 GeneRATion App
Eine Generation, die mit dem Bewusstsein aufwächst, > Foto-Essay
dass es für alles eine «App» gibt, entwickelt ein neues Le- Julia Stübner
bensgefühl. Zentrales Element ist die Unverbindlichkeit. 48 public ShARinG
> Soziale Netzwerke
Anja Dilk . Heike Littger
20 SechS milliARDen GlobAl VillAGeS
In sozialen Netzwerken erschafft sich jeder sein eigenes woRkShop «SociAl DATA ReVoluTion»
Dorf. Meist nicht sehr global, aber offener und durch- Das GDI dankt allen Partnern und Sponsoren, die
mischter als die Beziehungen in der physischen Welt. diese Veranstaltung möglich gemacht haben.
> Software Partner
Gespräch mit Oliver Christ
28 STRukTuRen füR DAS DATenchAoS
Unstrukturierte Informationen, etwa aus Twitter und
YouTube, nehmen auch in Unternehmen drastisch zu.
Wie man darin Muster erkennt und Chancen nutzt.
Sponsor Co-Initiator
3. ideen workshop
> Weltwirtschaft > Handel
Nouriel Roubini Alain Egli
64 einfühRunG in Die kRiSenökonomie 96 Simply The beST
Finanz- und Wirtschaftskrisen können nicht für immer Je komplexer die Welt wird, desto mehr ersehnen wir
abgeschafft werden. Stattdessen sollten Politik und Wirt- Einfachheit. Und immer öfter bekommen wir sie auch.
schaft Dämme bauen, um ihre Schäden zu begrenzen.
> Globalisierung
> Innovation Gespräch mit Eberhard Sandschneider
Gespräch mit Stefan Michel 100 GoinG Down in STyle
72 wie mAn kunDen innoVieRT Europa ist global gesehen im Abstieg begriffen. Jetzt geht
Um innovativ zu sein, müssen sich Dienstleistungs- es darum, diesen Abstieg erfolgreich zu managen.
anbieter von der industriellen Logik befreien und an-
fangen, in Kunden-Nutzen zu denken. > Tourismus
Karin Frick
> Branding 104 DeR SommeR wiRD DeR neue winTeR
Jörn Klare Der Klimawandel bedroht den Wintertourismus – und
78 mein mARkenweRT bietet neue Chancen für kühlende Sommerfrischen.
Nicht nur bei Roger Federer und David Beckham hat die
Persönlichkeit einen Markenwert, sondern potenziell bei > Kolumne
jedem. Die Berechnung ist allerdings komplex. Peter Felixberger
108 «wAS Tun, wenn Alle jAmmeRn? AufbRechen!»
> Branding Gute neue Bücher von Armin Nassehi, Nicholas Christa-
Markus Weisbeck kis, James Fowler, Gunter Dueck und Kathrin Röggla.
82 Die mARke im ZeiTAlTeR ihReR TechniSchen
DepRoDuZieRbARkeiT
Jeder kann heute ohne grossen Aufwand Marken ver-
fremden; und viele tun es. Marken mit einer starken
Aura können davon sogar profitieren.
> Zwischenruf
Alexandra Hildebrandt
88 beSSeR ScheiTeRn
Die Zumutung, ein Grenzgänger zu sein, und die Chan-
cen, die darin stecken – für die Unternehmen und für die
Menschen.
4. Autoren
tigkeit/CSR, Corporate Governance und Diversity Management. Sie ist Lehr-
beauftragte und Gastdozentin an verschiedenen Universitäten, Herausgeberin
und Autorin zahlreicher Sachbücher. Zuletzt erschienen: «Welche Zeiten, in
denen wir leben – Was erfolgreiches Unternehmertum ausmacht» (Kehsler
Verlag 2010) und «Die Andersmacher – Unternehmerische Verantwortung
jenseits der Business Class» (Kamphausen Verlag 2008). Sie ist Beiratsmit-
glied der Keep The World Foundation, Expertin für Gesellschaftspolitik und
Umwelt im Beirat der Wirtschaft e. V. (Bundesverband für Nachhaltigkeit und
AdriAn chAn > S. 8 (r.) ist Berater für Social Interaction Design. Er ökosoziale Marktwirtschaft) sowie Gründerin der Stiftung i. G. Verantwortung
studierte Politik- und Sozialwissenschaften in Stanford und Berlin und ist tragen. www.verantwortungtragen.net
seit zwei Jahrzehnten in verschiedenen Kommunikationssektoren tätig: als
Autor und Blogger, als Webdesigner und Online-Projektentwickler, als Jörn KlAre > S. 78 ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt Reportagen
Berater für Content Management, Branding, Web 2.0 und Kommunikations- und Features, unter anderem für den Deutschlandfunk und «Die Zeit». Für
design. Chan ist Senior Fellow der Society for New Communications sein Feature «Der Weltgerechtigkeitsbasar» erhielt er 2008 den Robert-
Research und lebt in San Francisco. www.gravity7.com Geisendörfer-Preis der Evangelischen Kirchen in Deutschland. Soeben ist
bei Suhrkamp sein erstes Buch, «Was bin ich wert?», erschienen, das auch
Oliver chriSt > S. 28 ist seit 2006 Forschungsdirektor bei SAP Schweiz Thema seines Twitter-Accounts ist. http://twitter.com/WasBinIchWert
in St. Gallen. Davor war er drei Jahre in der SAP-Konzernzentrale in Walldorf als
Assistent des CEO Henning Kagermann tätig. Christ studierte Germanistik und MAriOn MArxer > S. 16 ist seit Dezember 2009 Head of Digital/
Betriebswirtschaft in Frankfurt sowie Informationsmanagement und E-Business Dialogue und Boardmitglied der Werbeagentur Jung von Matt/Limmat in
an der Hochschule St. Gallen. Dort war er auch Projektleiter am Mobile and Zürich. Zuvor war sie in der Geschäftsführung der Agentur Publicis tätig,
Ubiquitous Computing Lab (M-Lab). Seine Doktorarbeit beschäftigte sich mit wo sie eine Einheit für digitale Kommunikation aufbaute und Crossmedia-
Systemlösungen für «eine Architektur für das Content Management». Kampagnen verantwortete. Zudem organisiert Marxer das Tweakfest, ein
www.sap.com/about/company/research/ jährlich stattfindendes Festival für digitale Kultur und Lifestyle in Zürich.
www.jvm.ch
AlAin egli > S. 96 ist Manager PR & Communications am GDI Gottlieb
Duttweiler Institute. Davor beschäftigte er sich knapp zehn Jahre lang als SteFAn Michel > S. 72 ist Marketing-Professor am IMD in Lausanne,
Journalist mit Themen der Kommunikation. So konzipierte und betreute er das sich auf die Entwicklung von Führungskräften spezialisiert. Geprägt,
unter anderem die Website der «Weltwoche», arbeitete als Newsjournalist vielleicht geschädigt durch die Kindheit im familieneigenen Restaurant,
für persoenlich.com und war Redaktor beim Schweizer Nachrichtenmagazin spezialisierte sich Michel auf das Thema Dienstleistungsmarketing. Er pub-
«Facts». www.gdi.ch liziert Bücher, Fallstudien und Artikel in führenden Zeitschriften zu diesem
Thema, referiert weltweit an Konferenzen und berät Unternehmen bei der
KArin FricK > S. 104 ist Leiterin Research und Mitglied der Geschäftsleitung Umsetzung von Wachstumsstrategien mit Dienstleistungen. www.imd.ch
des GDI Gottlieb Duttweiler Institute. Als Ökonomin erforscht sie seit zwei Jahr-
zehnten Trends und Gegentrends in Wirtschaft, Gesellschaft und Konsum. Seit nOuriel rOubini > S. 64 ist Wirtschaftsprofessor an der Stern School
ihrem Studium an der Universität St. Gallen befasst sie sich in verschiedenen of Business der New York University. Unter Bill Clinton war er Wirtschafts-
Funktionen mit Zukunftsthemen, Innovation und Veränderung von Menschen und berater des Weissen Hauses und des amerikanischen Finanzministeriums.
Märkten. Sie war unter anderem Geschäftsführerin der Schweizerische Vereinigung Seine einzigartig frühe und exakte Prognose der Weltwirtschaftskrise brach-
für Zukunftsforschung und Chefredaktorin dieser Zeitschrift. www.gdi.ch te ihm den Spitznamen «Dr. Doom» («Dr. Weltuntergang») ein. Der in Istan-
bul geborene und in Italien aufgewachsene Sohn iranischer Juden ist einer
AlexAndrA hildebrAndt > S. 88 ist Expertin für Nachhaltigkeit und der bekanntesten und gefragtesten Wirtschaftsexperten der Welt. Sein neu-
Wirtschaftskommunikation. Zuletzt verantwortete sie als Leiterin Gesellschafts- estes Buch: «Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft – Crisis Econo-
politik der Karstadt Quelle AG (Arcandor AG) den Direktionsbereich Nachhal- mics» (Campus Verlag 2010). www.rgemonitor.com
5. S. 78
S. 82 S. 16
S. 72
S. 8
S. 100
S. 96
S. 28
S. 64
S. 88 S. 104
eberhArd SAndSchneider > S. 100 gehört zu den international Biennale Venedig 2007 und 2009 sowie das der Siemens-Stiftung. Neben
bekanntesten deutschen Aussenpolitik-Experten. 1993 beendete er seine grafischen Arbeiten für Künstler wie Isa Genzken, Thomas Demand und
Habilitation zu dem Thema: «Stabilität und Transformation politischer Sys- William Forsythe gestaltete er Corporate Brands für die Zumtobel AG, das
teme». Vor sieben Jahren wurde er Direktor des Forschungsinstitutes der Jüdische Museum, Frankfurt, Cocoon Recordings und den Verlag Sternberg
Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, das er seither leitet. Zuvor Press NY. Als Gastprofessor unterrichtete er an der HGB Leipzig, der Hoch-
war er Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Mainz schule Darmstadt und der Bauhaus-Universität Weimar. Die Arbeiten seiner
und der FU Berlin. Zu seinen letzten Publikationen zählen: «Globale Rivalen Agentur Surface wurden vielfach von Designpublikationen ausgezeichnet.
– Chinas unheimlicher Aufstieg und die Ohnmacht des Westens» (Hanser www.surface.de
Wirtschaft 2007) und «Empire» (Nomos 2007). www.dgap.org
AndreAS Weigend > S. 8 (l.) ist Data-Mining-Spezialist, ehemaliger
Chief Scientist von Amazon.com und Berater für strategische und analy-
tische Projekte internationaler Unternehmen in den USA, Europa und Asien.
Bis 1999 war Weigend Associate Professor of Information Systems an der
New York University, zuvor Assistant Professor an der University of Colorado
(Boulder). Er hält Vorlesungen und Workshops an der Stanford University,
der Universität Berkeley und beim MBA-Programm von Insead/Tsinghua in
Peking. Weigend lebt in San Francisco und auf www.weigend.com.
MArKuS WeiSbecK > S. 82 ist Art Director und Typograf. Zu seinen
Arbeiten zählt das Corporate Design des Deutschen Pavillons auf der
6. Summaries
hin oder was man überhaupt will: Man lässt deln. Dies betrifft sowohl die Daten von Social
sich schlicht durchs Leben guiden. Faktisch Media als auch die von RFID-Systemen.
wird damit der klassische Branding-Prozess
genau umgedreht: Die Generation App kann Anja Dilk . Heike Littger > Seite 32
mit keiner Botschaft erreicht werden, da sie daten für alle Sinne Erst alle drei Dimen-
nicht zuhört. Es wird zur Aufgabe der Marken, sionen, dann alle fünf Sinne: Die Daten er-
die Botschaften der Menschen aufzunehmen. schliessen sich immer mehr Wahrnehmungs-
kanäle, um in unser Bewusstsein vorzudringen.
Anja Dilk . Heike Littger > Seite 20 Der Tastsinn ist durch Touchscreens gerade
SechS Milliarden Global villaGeS In aktiviert worden – als Prototypen gibt es auch
sozialen Netzwerken stellt sich die Welt nicht schon Handys, die sich je nach Situation
als das einst verheissene globale Dorf dar, unterschiedlich anfühlen. Die nächste Heraus-
sondern als eine Ansammlung von Milliarden forderung der Forscher besteht darin, auch
theMa
von Dörfern: Jeder erschafft sich sein eigenes den Geruchssinn zu aktivieren: Mit Duft-Infor-
Andreas Weigend . Adrian Chan > Seite 8 Umfeld, das bei den meisten eng mit den auch mationen finden sich Menschen besser in ihrer
Social data revolution Jede unserer in der realen Welt gepflegten Beziehungen ver- Umgebung zurecht und sind konzentrierter.
Handlungen zieht eine wahre Datenflut nach knüpft ist. Die hohe Zahl von «Freunden» in Noch in der Ferne liegt die Verbindung von
sich – nicht nur Daten über uns, sondern auch diesen individuellen Dörfern bedeutet nicht, Daten mit Geschmacks-Informationen, da
über unsere Kommunikation und unsere sozia- dass die Zahl von echten Freundschaften diese aus einer Kombination von Schmecken,
len Verbindungen. Die Quantität der Produkti- wüchse – stattdessen werden eher schwache Riechen und haptischem Reiz bestehen.
on dieser Social Data steigt mit wachsendem Beziehungen aufrechterhalten, etwa zu ehe-
Tempo, wodurch eine neue Qualität von Bezie- maligen Klassenkameraden oder Arbeitskolle- Detlef Gürtler > Seite 42
hungen entsteht. Diese Social Data Revolution gen, die dann bei Bedarf einfacher reaktiviert die neue WährunGSvielfalt Das rapide
betrifft unter anderem die Beziehungen zwi- werden können. Tendenziell ist dadurch die sinkende Vertrauen in staatliche Währungen
schen Konsumenten und Unternehmen: Märkte soziale Durchmischung in virtuellen Netzwer- führt zu einem Übergang von monetären Mono-
entstehen nicht mehr durch Marken, sondern ken stärker als in den meist sehr homogenen strukturen zu finanziellen Ökosystemen, die
werden von den Verbrauchern geschaffen. Beziehungen in der physischen Welt. Nischen für eine Vielzahl von Währungen
Marken müssen deshalb lernen zuzuhören und bieten. Diese können auf eine Region oder eine
sich auf das einlassen, was die Konsumenten Gespräch mit Oliver Christ > Seite 28 soziale Gruppe begrenzt sein oder von Unter-
ihnen, und einander, zu sagen haben. Strukturen für daS datenchaoS Die nehmen ausgegeben werden – bei Weltkon-
Business-Welt wird immer stärker geprägt zernen können sie sogar globale Verbreitung
Marion Marxer > Seite 16 durch unstrukturierte Informationen, etwa von finden. Durch die jeweils individuellen Wäh-
Generation aPP Wer mit der Erfahrung auf- Twitter oder YouTube – Informationen, die nicht rungsportfolios der Bürger wird aus dem heu-
wächst, dass es für jedes Bedürfnis eine «App» in die Unternehmenssysteme integriert sind. tigen One-size-fits-all-Geld ein Persönlich-
gibt, also ein massgeschneidertes Programm, Während einige Unternehmensbereiche klare, keitsmerkmal. Für die Unternehmen wird damit
entwickelt ein neues Lebensgefühl. Dieses Le- hierarchische Strukturen brauchen, etwa in der die Preisbildung und -findung eine Herausfor-
bensgefühl der «Generation App» wird vor al- Buchhaltung, gibt es auch viele Bereiche, ins- derung. Eine mögliche Lösung wäre Patchwork-
lem durch eine immer grössere Unverbindlich- besondere in Marktnähe, in denen es mehr auf Pricing, bei dem sich Kasse des Verkäufers
keit gekennzeichnet: Man ist auf niemanden die Vielfalt des realen Lebens ankommt. Für und Portemonnaie des Käufers auf die zu ver-
mehr angewiesen, um zu erreichen, was man Unternehmen besteht deshalb eine grosse wendenden Währungen einigen.
will – man sagt einfach, was man will, und ver- Chance darin, durch Strukturierung des Un-
lässt sich darauf, dass es die gerade passende strukturierten Muster im Daten- oder Waren-
App gibt. Man muss nicht einmal wissen, wo- fluss zu erkennen und entsprechend zu han-
110
7. GDI Impuls . Nummer 2 . 2010
men: Da jeder Mensch eine einzigartige Per-
ideen WorkShoP
sönlichkeit ist, hat grundsätzlich jeder das
Nouriel Roubini > Seite 64 Potenzial für einen Markenwert. Alain Egli > Seite 96
einführunG in die kriSenökonoMie Die SiMPly the beSt Die Komplexität nimmt ra-
Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Markus Weisbeck > Seite 82 sant zu, und wir verstehen immer weniger, was
Jahre hat mit dem Glauben an einen immer- die Marke iM zeitalter ihrer tech- um uns herum passiert. Es wächst der Wunsch
währenden Aufschwung aufgeräumt. Wirt- niSchen deProduzierbarkeit Das äus- nach Einfachheit, und immer häufiger wird er
schaft und Politik müssen wieder lernen, zu sere Erscheinungsbild von Marken ist heute auch erfüllt. Lebensmittelhersteller reduzieren
akzeptieren, dass Krisen nicht einfach abge- mit einer Vielzahl von kaum kontrollierbaren die Zahl der Zutaten ihrer Produkte, Unterneh-
schafft werden können: Sie lassen sich zwar Verfremdungsaktionen konfrontiert. Ob Paro- men spezialisieren sich auf die Herstellung von
zeitlich hinausschieben, das aber um den Preis dien der iPhone-Werbung auf YouTube oder How-to-Videos, also einfachen Gebrauchs-
einer umso tieferen Krise zu einem späteren Fashion-Hijacking bei H & M: Praktisch jeder anweisungsfilmen. Im Einzelhandel, wo im
Zeitpunkt. Stattdessen sollte es den Akteuren ist heute in der Lage, die Markenidentität zu vergangenen Jahrzehnt die Sortimente stark
in Politik und Wirtschaft darum gehen, die attackieren; und viele tun es auch. Von dieser gewachsen sind, geht der Trend jetzt zur Aus-
Ausmasse der Krisen einzugrenzen. Wenn wir unbegrenzten Deproduzierbarkeit können Mar- dünnung – zu grosse Auswahl verwirrt die
die Dämme um unser Finanzsystem verstär- ken sogar profitieren – wenn sie über ein intak- Kunden und lässt den Umsatz sinken, und das
ken, können wir die unweigerlich kommenden tes Aura-Bewusstsein verfügen, also in sich bei höheren Logistikkosten.
Stürme bestehen. selbst ruhen. Ein Beispiel für die Stärkung
durch Verfremdung sind die Subbrands von Gespräch mit Eberhard Sandschneider > S. 100
Gespräch mit Stefan Michel > Seite 72 Fussball-Fanklubs: Sie schaffen sich ein eige- GoinG doWn in Style Europas Bedeutung
Wie Man kunden innoviert Eine Dienst- nes Erscheinungsbild (um sich von anderen im Konzert der Weltmächte nimmt ab – sowohl
leistung ist kein Produkt: Sie schafft keine Fanklubs abzuheben), aber sie agieren dabei aus ökonomischen als auch aus demografi-
Werte für den Kunden, sondern mit dem Kun- stets unter dem Dach der Aura des Fussball- schen Gründen. Allerdings sind die Europäer
den. Eine Innovation bei Dienstleistungen be- klubs – da die Verfremdungen sich auf die noch nicht bereit, sich ihre gesunkene und
steht deshalb auch nicht darin, ein Produkt Kernelemente einer Marke beziehen müssen, weiter sinkende Bedeutung einzugestehen. Es
besser, einfacher oder schneller zu machen, um noch ihren Ursprung kenntlich zu machen. geht jetzt darum, den unweigerlichen Abstieg
sondern darin, dem Kunden zu ermöglichen, Damit stärken sie Marke und Aura. gut zu managen. Eine mögliche Lösung dafür
etwas besser, einfacher oder schneller zu ma- ist eine Insel-Lösung, ähnlich wie sie in der
chen, denn es ist nicht entscheidend, was die Alexandra Hildebrandt > Seite 88 Schweiz seit langem praktiziert wird.
Dienstleistung macht, sondern was der Kunde beSSer Scheitern Grenzgänger stellen für
damit macht. Dafür kommt es darauf an, dass Unternehmen, und für sich selbst, eine Zu- Karin Frick > Seite 104
der Anbieter sich von der industriellen Logik mutung dar. Sie suchen nach den Rändern, an der SoMMer Wird der neue Winter Im
verabschiedet und mit Service-Logik arbeitet. denen sich am besten etwas bewegen lässt, Zuge des Klimawandels wird die touristische
sie brechen mit alten Gewohnheiten und ent- Wintersaison kürzer werden. Für die Schweiz
Jörn Klare > Seite 78 decken im Möglichen das Ungewöhnliche. Sie kommt es deshalb darauf an, verstärkt Som-
Mein MarkenWert Es gibt mehr als 500 passen in kein Unternehmensprofil und schei- mergäste zu gewinnen. Sie kann sich dafür
verschiedene Verfahren, um den Wert von tern häufiger als andere. Aber sie selbst ziehen als sichere und saubere Sommerfrische posi-
Marken zu berechnen. Einige davon können aus jedem Scheitern eine Lektion, und für die tionieren und vom ausgeprägten Qualitäts-
auch angewendet werden, um den Wert von Unternehmen können sie wertvoll sein wie ein bewusstsein reiferer Kunden profitieren.
Personenmarken zu kalkulieren. Für Sportstars Joker im Kartenspiel. Denn Unternehmen Allerdings braucht die Schweiz hierfür einen
und andere Prominente sind solche Verfahren schätzen zwar die Geradlinigkeit – aber gerade Kulturwandel – von der jetzt vorherrschenden
bereits üblich, theoretisch können sie aber Linien bleiben immer auf derselben Ebene und kühlen Kultur hin zur Wärme. Ein solcher
auch bei anderen Menschen zum Einsatz kom- führen nicht in den Raum hinaus. Wandel kann Jahrzehnte dauern.
111
8.
9. GDI Impuls
Wissensmagazin für Wirtschaft, Gesellschaft, Handel
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. Peter Wippermann: Sozialer Reichtum . Klaus Woltron: Wie
man Engelskreise konstruiert . Muhammad Yunus: Soziales
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