1. RADIOAKTIVITÄT
Obwohl der Chemiker Martin Heinrich Klaproth bereits im Jahre 1789 das Uran als neues
Element aus einem Pechblende-Erz isolieren und nachweisen konnte, gelang die Entdeckung
der Radioaktivität erst mehr als ein Jahrhundert später. Henry Becquerel entdeckte 1896 durch
Zufall die Radioaktivität, nachdem er beim Experimentieren mit der Phosphoreszenz von
Uransalzen eine Probe eines Uranerzes auf eine Fotoplatte gelegt hatte und anschließend die
Schwärzung der lichtdicht aufbewahrten fotographischen Platte entlang der Umrisse des Erzes
bemerkte. Damit schloss Becquerel auf das Vorhandensein einer Strahlung, die wie die bereits
zuvor entdeckte Röntgenstrahlung in der Lage ist, Materie zu durchdringen. Aufbauend auf die
ersten Erkenntnisse Becquerels erforschten Pierre und Marie Curie die Eigenschaften
radioaktiver Materialien und entdeckten 1898 die radioaktiven Elemente Polonium und Radium.
Marie Curie prägte auch als Erste den Begriff „Radioaktivität“.
Abb.1: Drei bedeutende Pioniere der radioaktiven Strahlung: Henry Bequerel (links), Marie
Curie (mitte) und Ernest Rutherford (rechts).
Elemente, die nicht stabil sind, zerfallen unter Aussendung radioaktiver Strahlung und wandeln
sich dabei in andere Elemente um. Die Elemente mit einer Ordnungszahl ab 82 gehören alle zu
den radioaktiven Elementen. Die Strahlung radioaktiver Elemente, der sog. Radionuklide, kann
dabei unterschiedlicher Natur sein, wie der Experimentalphysiker Ernest Rutherford im Jahre
1903 erkannte. Es werden Alpha-, Beta- und Gammastrahlung unterschieden:
● Alpha-Strahlung
Unter Alpha-Strahlung versteht man eine ionisierende Korpuskularstrahlung, bei der aus
doppelt positiv geladenen Heliumatomen (zwei Protonen, zwei Neutronen, He2+) bestehende
Teilchen mit hoher Geschwindigkeit emittiert werden. Die Eindringtiefe ist bei dieser
Teilchenstrahlung aufgrund der starken Wechselwirkungen mit der Materie nur gering. Die
Aktivität der Strahlung, d.h. die von einem radioaktiven Präparat ausgesandten Anzahl von
Alpha-Teilchen pro Zeiteinheit, hängt von der Menge und Halbwertszeit des Strahlers und
seiner Folgeprodukte ab.
2. Abb. 2: Radioaktiver Zerfall von Uran zu Thorium unter Abgabe eines Alpha-Teilchens.
● Beta-Strahlung
Diese Strahlungsart besteht aus Elektronen bzw. Positronen, die beim Zerfall eines Neutrons im
Kern eines Atoms mit hoher Energie und Geschwindigkeit emittiert werden. Aufgrund der stark
ionisierenden Wirkung dieser Strahlung erfolgt nur eine relativ geringe Eindringung in Materie.
Der geladene Teilchenstrom wird wie auch die α-Strahlung im elektrischen und magnetischen
Feld abgelenkt. Die Energien der emittierten Teilchen können bei mehreren Megaelektronvolt
(MeV) liegen und zeigen ein kontinuierliches Energiespektrum mit einer charakteristischen
Maximalenergie. Diese Strahlungsart kann im menschlichen Körper unterschiedliche
Strahlenschädigungen hervorrufen, sie wird jedoch auch in der Strahlentherapie eingesetzt.
Abb. 3: Radioaktiver Zerfall von Cäsium zu Barium unter Abgabe eines Beta-Teilchens.
3. ● Gamma-Strahlung
Diese hochenergetische, kurzwellige, elektromagnetische Strahlung wird beim radioaktiven
Zerfall eines Nuklids ausgesandt. Die Gamma-Strahlung besitzt ein hohes
Durchdringungsvermögen für Materie und wird als elektro-magnetische Strahlung nicht von
elektrischen oder magnetischen Feldern abgelenkt. Die Intensität der γ-Strahlung nimmt in Luft
mit dem Quadrat der Entfernung von der Strahlenquelle ab. In der Technik finden
Gammastrahlen aufgrund der starken Materiedurchdringung u.a. zur zerstörungsfreien
Materieprüfung Verwendung und werden in der Strahlentherapie eingesetzt.
Abb. 4: Radioaktiver Zerfall von Kobalt zu Nickel unter Abgabe eines Elektrons und Gamma-
Strahlung.
Abb. 5: Schematische Darstellung der Ablenkung von α- und β-Strahlung im elektrischen Feld.