Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.) an der Universität Duisburg Essen
Innsbruck_Medienbildung in der Schule – pädagogischer Anspruch oder Utopie?
1. Medienbildung in der Schule – pädagogischer Anspruch oder Utopie?
Mandy Schiefner-Rohs
TU Kaiserslautern | FG Pädagogik, Schwerpunkt Schulentwicklung
2. Medien(-bildung) in der Schule – pädagogischer Anspruch oder Utopie?
Medienbildung in der Schule bisher eher verstanden „als Ergebnis oder Ziel individueller
Lernprozesse“ (Jörissen, 2011, S. 215ff.), - Fokus auf pädagogisch impliziertes Medienhandeln von
Lehrpersonen (v.a. zur Erreichung curricularer Ziele)
Schule als Sozialsystem ist aber mehr als Unterricht
Blinder Fleck in der Schule: Thematisierung „des Medialen“ in Bezug auf Bildung von
Subjekten und (schul-)kulturellen Entwicklungen
3. Medienbildung nicht als „Gegenkonzept" von Medienkompetenz, sondern als anderer
Blickwinkel auf Medien in der Schule, verstanden als ‚Subjekt-Bildung‘ in Form des sich selbst
bilden und Bildung ermöglichen mit dem Ziel des Auslösen von Transformationsprozessen
Anforderungen an Gestaltung:
• Generieren von Bildungsproblemen mit „eigenständigen Rahmungen“ (Spanhel, 2011, S. 107)
• Gestaltung von (topographisch und interaktionistisch offenen) medialen Bildungsräumen
(Spanhel, 2010)
• Ermöglichung alternativer Handlungspraktiken: Partizipative Elemente wie Peer Education,
aber auch Umgang mit Unstetigkeit (Bollnow, 1958)
• Auseinandersetzung mit medialem Handeln und veränderten Handlungspraktiken
Medienbildung in der Schule – pädagogischer Anspruch oder Utopie?
4. Verhinderung alternativer Konzepte durch die „Grammatik von Schule“ (Tyack & Tobin, 1994) und
Institutionalisierung (Herrlitz et al., 1997)
Raum-Zeitbindung, pädagogisches Personal, feste Kommunikationsstrukturen, Ordnung von
Klassen und Schulfächern, ...
• Führt aktuell u.a. zur Begründungsbedürftigkeit fester raumzeitlicher Koordinaten oder
zur Diskussion von System-Umwelt-Bezügen (vgl. Aßmann, 2013, Schiefner-Rohs, 2014)
• Pathologisierung von Krisen und Scheitern (u.a. durch Präventionskonzepte, vgl.
Cybermobbing)
Vermeintliche Bildungsgelegenheiten in der Schule
z.B. Peer-Education als Scheinpartizipation in Form von „kleinen Lehrern“ (vgl. Hölterhof & Schiefner-
Rohs, 2013)
notwendig: Auseinandersetzung mit (Selbst-)Disziplinierung, Internalisierung, Macht u.v.a.
Kontrolle und Kontrollverlust in Schule (vgl. Schiefner-Rohs, 2014)
Medienbildung in der Schule – pädagogischer Anspruch oder Utopie?
5. Medienbildung in der Schule – pädagogischer Anspruch und Utopie
(vorläufiges) Fazit: Medienbildung als permanentes Aushandeln
Medienbildung als permanentes Aushandeln:
• explizit: Schaffung von Gelegenheiten für Medienbildung, ohne Sanktionierung/
Pathologisierung „alternativer“ Bildungsgelegenheiten oder Handlungspraktiken in der
Schule
• implizit: Auseinandersetzung und Veränderung ist nur möglich über kulturellen Wandel
(Kommunikationsformen, hidden curricula, Inszenierung und Rollen)
Aufgabe der Schulentwicklung verstanden als Schulgestaltung liegt in der Schaffung von
Bildungsgelegenheiten und Auseinandersetzung mit dem Regelsystem Schule
Interdisziplinäre Bearbeitung zwischen Medienpädagogik, Schulpädagogik, Fachdidaktik
und Soziologie wird nötig.
6. Literatur
Aßmann, S. (2013). Medienhandeln zwischen formalen und informellen Kontexten: Doing Connectivity. Wiesbaden: Springer VS.
Böhme, J. (2006). Schule am Ende der Buchkultur medientheoretische Begründungen schulischer Bildungsarchitekturen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Bollnow, O. F. (1958). Wagnis und Scheitern in der Erziehung. Pädagogische Arbeitsblätter zur Fortbildung für Lehre und Erzieher, 10. Jahrgang,
337-349.
Fend, H. (2009). Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften
Goffman, E. (1959). Wir alle spielen Theater. Piper.
Hepp, A. (2013). Medienkultur. Medien – Kultur – Kommunikation. Wiesbaden: VS.
Herrlitz, H.-G., Hopf, W., & Titze, H. (1997). Institutionalisierung des öffentlichen Schulsystems. In M. Beaethge & K. Nevermann (Eds.),
Enzyklopädie Erziehungswissenschaft. Bd 5: Organisation, Recht und Ökonomie des Bildungswesens (Vol. 5, S. 55-71). Stuttgart: Klett Cotta.
Hölterhof, T., & Schiefner-Rohs, M. (2013). Partizipation durch Peer-Education: Selbstbestimmung und Unstetigkeit in schulischen
(Medien-)Bildungsprozessen. In R. Biermann, J. Fromme & D. Verständig (Hrsg.), Partizipative Medienkulturen. (Bd. Medienbildung und
Gesellschaft S. 283-299). Wiesbaden: Springer VS.
Jörissen, B. (2011). "Medienbildung" - Begriffsverständnisse und -reichweiten. In H. Moser, P. Grell & H. Niesyto (Hrsg.), Medienpädagogik und
Medienkompetenz – Beiträge zu Schlüsselbegriffen der Medienpädagogik (S. 211-235). München: kopaed Verlag.
Spanhel, D. (2010). Mediale Bildungsräume. Ihre Erschließung und Gestaltung als Handlungsfeld der Medienpädagogik. In P. Bauer, H. Hoffmann
& K. Mayrberger (Hrsg.), Fokus Medienpädagogik. Aktuelle Forschungs- und Handlungsfelder (S. 29-44). München: kopäd.
Spanhel, G. (2011). Medienbildung als Grundbegriff der Medienpädagogik. Begriffliche Grundlagen für eine Theorie der Medienpädagogik. In: H.
Moser; P. Grell & H. Niesyto (Hrsg.). (2011). Medienpädagogik und Medienkompetenz – Beiträge zu Schlüsselbegriffen der Medienpädagogik. (S.
95-120). München: kopäd.
Tyack, D., & Tobin, W. (1994). The “Grammar” of Schooling: Why Has it Been so Hard to Change? American Educational Research Journal, 31(3),
453-479