1. Thema: Blog Web 2.0 in Unternehmen /
Zitate von Daniel Kraft
Medium: faz-community.faz.net
Auflage: k.A. (Online-Ausgabe)
Datum: 13. Oktober 2008
Web 2.0 in Unternehmen: Schichtleiter-Blog statt Twitter
13. Oktober 2008, 13:30 Uhr
quot;Wir waren ganz überrascht, als unsere Schichtleiter plötzlich ein Blog statt Zettel
oder E-Mails für die Übergabe nutzten. Doch die Vorteile sind klar: Geht mal ein Zettel
verloren oder wird ein Mitarbeiter krank, kommt die Information trotzdem an und ist
dauerhaft für alle sichtbarquot;, sagt Markus Bentele von Rheinmetall. Der Autozulieferer
und Wehrtechnik-Spezialist, ein Konglomerat aus Mittelständlern, setzt inzwischen
bewusst Web-2.0-Techniken ein, um die Informationsflüsse im Unternehmen zu
verbessern. Dazu gehört auch ein internes soziales Netzwerk à la Xing. quot;Dort können
Mitarbeiter eintragen, woran sie arbeiten und welches Wissen sie haben. Auf diese
Weise lassen sich gesuchte Ansprechpartner im Unternehmen sehr viel schneller
findenquot;, sagt Bentele, der für die Informationsflüsse im Unternehmen verantwortlich
ist. Statt Selbstverwirklichung geht esim Enterprise 2.0 ganz bodenständig um die
Verbesserung der Information und Kommunikation. Von Hypes wie Twitter ist nicht die
Rede.
Dafür lässt sich Web 2.0 aber prima im betrieblichen Vorschlagswesen einsetzen.
quot;Die Vorschläge werden gebloggt und nur dann weiterverarbeitet, wenn sie eine
Mindestzahl an Kommentaren haben. Dadurch wird die Idee automatisch verbessert,
und jeder kann sich beteiligenquot;, rät Peter Schütt von IBM. Ganz nebenbei lösen die
neuen Techniken auch die mittelständischen Kulturbarrieren auf und erhöhen die
Transparenz. quot;Das Web 2.0 gibt den Chefs die Möglichkeit des direkten Zugangs zu
den Mitarbeitern. Das mittlere Management wird dabei oft umgangenquot;, sagt Daniel
Kraft, Vorstandschef des Softwareunternehmens Reddot, das sich auf die Verwaltung
von Internetinhalten spezialisiert hat. Er hält den Einsatz des Web 2.0 in
Unternehmen heute vielfach noch für eine Generationenfrage. quot;Viele deutsche
Unternehmen sind in Sachen Web 2.0 noch in der Steinzeit. Manager über 40 Jahre
sind die Verweigererquot;, hat Kraft beobachtet. Von liebgewordenen
Kommunikationsmitteln wie der E-Mail wolle diese Generation nicht lassen. Dabei sei
die E-Mail ein antisoziales Tool, weil nur Informationen zwischen zwei Menschen
ausgetauscht werden. Bentele unterscheidet sogar vier Generationen im
Unternehmen: quot;Wir haben die Papier-Generation, die E-Mail-Generation, die Instant-
Messaging-Generation und die Community-Generation. Ihr gehört zur Zukunft, denn
das Web 2.0 ist notwendig, um schnell, flexibel und wettbewerbsfähig zu bleibenquot;,
sagt Bentele.
Neben dem internen Einsatz setzen auch immer mehr Unternehmen auf Web-2.0-
Techniken für die Kommunikation mit Kunden und Lieferanten. quot;Das alte Modell
funktionierte so: Ein Unternehmen erforscht die Kundenwünsche, produziert die Güter
und verkauft sie ihren Konsumenten mit Hilfe der Werbung in den Massenmedien.
Aber das ist nicht der Weg der Zukunft. Konsumenten können zur Produktentwicklung
maßgeblich beitragenquot;, sagt der kanadische Management-Guru Don
2. Tapscott. In Online-Gemeinschaften könnten die Kunden über ihre
Erfahrungen mit den Produkten diskutieren,
Verbesserungsvorschläge machen, sogar direkt an der
Produktentwicklung teilhaben. In den Kundencommunitys lässt
sich das Marktpotential eines neuen Produktes vorab testen und auch
gleich noch glaubwürdige Werbung für das Produkt machen.
Allerdings haben viele Führungskräfte Angst, die Kontrolle zu verlieren, sagt Kraft.
Schließlich bringen die Kundencommunitys auch Kritik, und die kann auch mal
negativ sein. Zwar ist die Kritik oft hilfreich, um das Produkt vor dem eigentlichen
Marktstart zu verbessern, doch schrecken immer noch viele Manager vor dieser Art
der Kommunikation zurück. In einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens
Coleman Parkes im Auftrag der Beratungsfirma Avanade gaben mehr als die Hälfte
der Befragten an, dass sich sowohl ihre Vorgesetzten als auch die Technikchefs in
ihren Unternehmen gegen die Einführung sozialer Medien sperrten. Allerdings waren
auch drei von fünf Befragten der Meinung, die Unternehmensführung verkenne das
große Potential sozialer Medien für Angestellte und Kunden. quot;Soziale Medien sind
derzeit an einem Wendepunkt angelangtquot;, sagt Thorsten Eberhardt von Avanade. quot;IT-
Abteilungen könnten sich nicht länger vor diesen neuen Technologien verschließen.
Unternehmen, die sich nicht - oder nicht schnell genug - an die Veränderungen
anpassen, können Kunden verlieren.quot; Unter den Unternehmen, die bereits soziale
Medien eingeführt haben, konnten zwei Drittel die Kundenzufriedenheit verbessern.
Zwei von fünf Unternehmen verbinden den Anstieg der eigenen Verkaufszahlen direkt
mit der Anwendung der neuen sozialen Netzwerke.