Marktanalyse in Sachen HandyTV / mobile TV, Stand Sommer 2006 - interessante Zusammenfassung und Overview! copyright by http://www.memi-koeln.de/ Dort ist die Studie ebenfalls zum Download zu finden: http://www.memi-koeln.de/cms/files/memi%20Studie_Handy-TV.pdf
1. 31. Juli 2006
Analyse des Marktes „Handy-TV“
Jacques Colman
Michael Gilli
Christian Schäfers
Dennis Ziegler
www.memi-koeln.de
2. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 2
Die Informationen in diesem Bericht wurden sorgfältig und
gründlich recherchiert und nach bestem Wissen und
Gewissen nach neutralen Gesichtspunkten
zusammengestellt. Sie geben den Stand der Entwicklung
zum Abschluss der Arbeit im Juli 2006 wieder. Die Verfasser
des Berichtes wie auch das me:mi Institut übernehmen
jedoch keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit,
Vollständigkeit und/oder Qualität der bereitgestellten
Informationen. Haftungsansprüche gegen das me:mi
Institut, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller
Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der
dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung
fehlerhafter oder unvollständiger Informationen verursacht
wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen.
5. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 5
3.6.4.3 Originäre Inhaltneuentwicklung.............................. 80
3.6.4.4 User Generated Content........................................ 81
3.6.5 Handy-TV-Kanäle ...................................................... 82
3.6.5.1 Parallelausstrahlung von TV-Kanälen ...................... 82
3.6.5.2 Eigene Handy-TV-Kanäle....................................... 83
3.6.5.3 Video-on-Demand ................................................ 85
3.6.5.4 Handy-TV auf dem deutschen Markt ....................... 86
3.6.6 Interaktive Inhalte..................................................... 88
3.6.7 Relevanz für Inhalteanbieter ....................................... 91
Glossar .................................................................................. 93
Literaturverzeichnis ................................................................100
6. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 6
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Vergleich der Übertragungswege .................................... 13
Abb. 2: Broadcast Infrastruktur für mobile Endgeräte................... 34
Abb. 3: Datenraten diverser Standards ...................................... 38
Abb. 4: Wertschöpfungskette.................................................... 44
Abb. 5: Pay-Per-View/Channel-Modell im Mobile-TV ..................... 45
Abb. 6: Tagesreichweite und Nutzungsdauer ............................... 53
Abb. 7: „Sinus-Milieus“ in Deutschland ....................................... 54
Abb. 8: Nutzung Handy-TV ....................................................... 55
Abb. 9: Der Kunde: ICT Segmentierung ..................................... 56
Abb. 10: Nutzungssituationen ................................................... 57
Abb. 11: Der Kunde: Informationsaufnahme ............................... 59
Abb. 12: Rechnungsmodell - Präferierte Fakturierung................... 60
Abb. 13: Zahlungsbereitschaft .................................................. 61
Abb. 14: Mobiltelefone als Alles-Könner...................................... 65
Abb. 15: Programmschema Airport TV ....................................... 84
Abb. 16: Handy-TV-Kanäle Vodafone ......................................... 87
Abb. 17: Interaktivität im Sportfernsehen................................... 90
Abb. 18: Interaktive Mobile-TV Formate quot;UFA DVB-H Pilotquot; ........... 91
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vergleich der Mobilfunkstandards ............................... 21
Tabelle 2: Vergleich der Rundfunkstandards................................ 26
Tabelle 3: Vergleich der Netzwerke............................................ 33
Tabelle 4: Perspektiven und Finanzierung mobiler Mediennutzung .. 49
7. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 7
1 Executive Summary
Handy-TV, im Sinne der vorliegenden Arbeit, beschreibt die
Übertragung audiovisueller Inhalte, die mit Hilfe mobiler Endgeräte
empfangen werden können. Diese Übertragung lässt sich auf drei
Arten realisieren: Durch Mobilfunknetze, durch Broadcastnetze und
durch Funknetzwerke.
Handy-TV über Mobilfunknetze bietet jedem Nutzer eine individuelle
Verbindung zum Sender, wodurch interaktive Dienste wie Video-On-
Demand möglich werden. Broadcastnetze bieten im Gegensatz zu
Mobilfunknetzen keine individuelle Verbindung, sondern senden ein
einheitliches Signal, das von unbegrenzter Nutzerzahl empfangen
werden kann. Funknetzwerke können eine Schnittstelle zum Internet
darstellen, durch die mitunter auch Videostreams auf mobilen
Endgeräten betrachtet werden können. Während sich Handy-TV über
den Mobilfunkstandard UMTS bereits etabliert hat, wird zukünftig ein
Großteil der Übertragungen über Broadcastnetze abgewickelt werden.
In Deutschland stehen sich die beiden konkurrierenden Standards
DMB und DVB-H gegenüber. Derzeit genießt DMB durch kurzfristige
Frequenzverfügbarkeit einen Wettbewerbsvorteil, den DVB-H
langfristig aber durch technische Vorteile kompensieren könnte.
Während die Lizenzvergabe durch die Landesmedienanstalten für
DMB bereits erfolgt ist, bleibt für DVB-H der Ausgang der
Lizenzvergabe abzuwarten.
Mobilfunknetze werden ihre Daseinsberechtigung weiterhin als
Rückkanal für Broadcastübertragungen und zur Übertragung von
individuellen Diensten haben.
Während es bereits eine vielfältige Auswahl an UMTS-Geräten gibt,
sind mit der Einführung von DMB in Deutschland auch erste DMB-
Handys verfügbar. DVB-H-Geräte sind mangels Empfangs-
möglichkeiten hierzulande derzeit nicht erhältlich.
8. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 8
Auf dem Handy-TV-Markt agieren sowohl Inhalteanbieter als auch
Distributoren, die unter sich in der Wertschöpfungskette in
Konkurrenz stehen. Zu den Inhalteanbietern zählen sowohl
Inhalterzeuger als auch Inhaltebündler. Zu den Distributoren gehören
die Plattformbetreiber, die Netzbetreiber und die Endgerätehersteller.
Derzeit ist noch unklar, wer genau welche Position in der
Wertschöpfungskette einnehmen wird. So könnten z.B. bei
ausschließlicher Broadcastübertragung die Netzbetreiber vom Markt
gedrängt werden. Auch bei den Erlösmodellen gibt es derzeit noch
keine einheitliche Lösung. Während Mobiles Fernsehen Deutschland,
der DMB-Lizenzinhaber, sein Programm für eine Monatspauschale
anbietet, werden bestehende UMTS-Angebote zeitabhängig
abgerechnet. Denkbar, aber bisher noch nicht realisiert, wäre auch
eine kostenlose, werbefinanzierte Ausstrahlung.
Welches Tarifmodell sich letztlich durchsetzen wird, ist auch abhängig
von der Akzeptanz seitens der Konsumenten. Handy-TV spricht
insbesondere eine junge, vorwiegend männliche Zielgruppe der 14-
29-Jährigen an. Die Nutzungsintention ist primär der Zeitvertreib
beim Warten oder in Bewegung, was zu individuellen Nutzungskurven
und deutlich geringerer Nutzungsdauer als beim klassischen
Fernsehen führt.
Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich besondere Anforderungen für
Inhalteanbieter. Es gibt verschiedene Arten der Generierung von
Inhalten für Handy-TV. Fernsehinhalte können unverändert parallel
über Handy-TV ausgestrahlt werden. Es bietet sich jedoch an, die
Inhalte an die technischen Besonderheiten der mobilen
Empfangsgeräte und den mobilen Nutzungskontext anzupassen. Zum
einen besteht die Möglichkeit bestehende Inhalte zu modifizieren,
zum anderen lassen sich originäre Handy-TV-Inhalte neu entwickeln.
Eine Nutzung bereits bekannter Marken erleichtert die
Markteinführung dieser originären Inhalte. Bei der Parallel-
9. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 9
ausstrahlung ist noch unklar, ob die Fernsehübertragungsrechte die
Rechte zur Ausstrahlung auf mobile Endgeräte beinhalten. Als Genres
eignen sich vor allem Nachrichten, Kurzfilme und Musikvideos,
während Spielfilme auf Grund ihrer Länge und Detailfülle weniger
geeignet sind. Da Jugendliche das Handy vorwiegend außerhalb des
Einflussbereichs der Eltern nutzen, ist ihr Schutz vor gefährdenden
Inhalten eine wichtige Voraussetzung. Denkbare Schutzmechanismen
sind spezielle Jugend-Verträge oder verschlüsselte Inhalte für
geschlossene Nutzergruppen.
Der Handy-TV-Markt bietet für Inhalteanbieter sowohl Chancen als
auch Risiken. Sie haben die Möglichkeit ihre Erfahrungen und
Ressourcen auf mobiles Fernsehen zu übertragen und neue
Zielgruppen zu erreichen. Gleichzeitig sind die Produktionskosten für
originäre Formate geringer und es besteht die Möglichkeit, bereits
bestehende Inhalte für Handy-TV weiter zu verwerten. Allerdings
bietet Handy-TV bislang nur einen kleinen Markt mit einer komplexen
Rechtesituation. Auch die Konkurrenz der Standards und die durch
Vertrags- und Austauschzyklen gebremste Markteinführung von
Endgeräten erschwert die Verbreitung von Handy-TV.
Sowohl für Inhalteanbieter als auch für alle anderen Beteiligten gilt
es, diese Aspekte vor einem finanziellen Engagement im Handy-TV-
Markt abzuwägen.
10. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 10
2 Einleitung
Die Welt, in der wir leben, beschleunigt sich stetig.
Die Zeit, in der man mobil nicht ständig erreichbar war und andere
nicht ständig erreichen konnte, ist noch gar nicht allzu lange her. Und
dennoch ändert dieses nichts an der Tatsache, dass eben diese Zeit in
der Erinnerung vieler Mensch bereits verblasst scheint. Das Handy,
als kleines handliches mobiles Kommunikationsmedium, ist in
unserem Leben mittlerweile so fest etabliert, ja gar
selbstverständlich, dass ein Leben ohne kaum mehr vorstellbar ist.
Heute dienen Handys mittlerweile zu mehr als zur simplen mobilen
Sprachübermittlung. Der Startschuss für Handy-TV, also mobilem
Fernsehen auf dem Handy, ist jüngst gefallen. Die Zeit und mit ihr die
technische Evolution bleibt nicht stehen. Bewusst wird an dieser
Stelle das Wort „Fortschritt“ zugunsten „Evolution“ gemieden, denn
nicht jede Errungenschaft, die in den letzten Jahren hervorgebracht
worden ist, hat sich als sinnvoll erwiesen und ist schnell wieder von
der Bildfläche verschwunden. So darf nun die Frage aufgeworfen
werden, ob der heutige mobile Mensch tatsächlich einen Fernseher,
den er immer mit sich tragen kann, braucht?
Dringend benötigen wird die Menschheit Handy-TV wohl in der Tat
nicht, aber man wird ihr zeigen, dass sie es brauchen wird.
Diejenigen, die es ihr zeigen werden, sind die großen
Mobilfunkanbieter. Durch einen immer intensiveren Wettbewerb sind
sie auf neue Erlösquellen angewiesen und treiben eine Entwicklung
voran, die für Anbieter von kompatiblen Fernsehinhalten neue
Distributionswege sowie wie damit verbundene neue Erlösquellen
eröffnet.
Der Handy-TV-Markt steht am Anfang seiner Entwicklung und so
beschäftigt sich die vorliegende Arbeit schwerpunktmäßig damit,
11. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 11
diesen ausführlich zu beschreiben und genauer zu analysieren. Auf
den folgenden Seiten werden eine Reihe relevanter Fragen
aufgegriffen und so weit möglich geklärt:
Wer sind die entscheidenden Marktteilnehmer?
Welche technischen Übertragungsstandards werden sich durchsetzen
und welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu beachten?
Welche Inhalte kommen für Handy-TV in Frage? Wer sind die
potenziellen Nutzer von Handy-TV? Wo und wann aber auch wie lange
werden sie es gebrauchen? Und natürlich für Medienwirte besonders
relevant: Wie lässt sich mit Handy-TV Geld verdienen?
Darüber hinaus sollen aber auch neue Fragestellungen aufgeworfen
werden.
Aufgrund der Schnelligkeit, mit der sich der Handy-TV-Markt
momentan entwickelt, ist bei der Lektüre dieses Berichtes zu
berücksichtigen, dass die Analyse und Recherche für diese Arbeit am
31. Juli 2006 abgeschlossen worden ist.
Den Verfassern dieses Berichtes bleibt nun, dem interessierten Leser
viel Vergnügen beim Studieren der folgenden Seiten zu wünschen.
12. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 12
3 Analyse des Marktes Handy-TV
Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet eine umfassende Analyse des
derzeitigen Handy-TV-Marktes. Dies umfasst die technischen
Voraussetzungen, rechtliche Rahmenbedingungen, Anbieter,
Nachfrager, sowie bereits angebotene und mögliche Inhalte. Den
Schwerpunkt der Analyse bildet der deutsche Markt.
3.1 Begriffsbestimmung Handy-TV
Für das Begriffskonstrukt Handy-TV existiert bislang keine einheitliche
Definition. Wichtig ist die Differenzierung zu mobilem Fernsehen, das
auch Fernsehen auf portablen Geräten bedeutet, die über größere
Displays verfügen. Deshalb gilt es, eine eigene Begriffsbestimmung
vorzunehmen.
Wenn im vorliegenden Bericht der Terminus Handy-TV verwendet
wird, beschreibt dies die Übertragung audiovisueller Inhalte, die mit
Hilfe mobiler Endgeräte empfangen werden können. Der Schwerpunkt
liegt auf solchen Geräten, die primär zum Telefonieren konzipiert
wurden. Die Mobilität definiert sich dabei nicht nur durch die
Drahtlosigkeit des Übertragungsweges, sondern auch durch die Größe
des Gerätes bzw. die daraus resultierende Handlichkeit. So werden
Handys, Smartphones und PDAs von diesem Raster umfasst, nicht
jedoch Notebooks, die aufgrund ihrer Größe nicht mit der
Zweckmäßigkeit der zuvor genannten Geräte konkurrieren können.
Portable Geräte, die ausschließlich zum Fernsehempfang konzipiert
wurden, wie z.B. mobile DVB-T-Empfänger, finden im Sinne von
Handy-TV ebenfalls keine Berücksichtigung.
3.2 Technische Voraussetzungen
Ziel der Analyse der technischen Voraussetzungen ist es,
verschiedene Übertragungswege sowie damit verbundene Standards
13. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 13
verständlich zu skizzieren, zu vergleichen und Prognosen hinsichtlich
ihrer zukünftigen Relevanz für Handy-TV zu erarbeiten. Die
Beleuchtung des Marktes für passende Endgeräte geht damit einher.
Es gibt verschiedenste technische Möglichkeiten, audiovisuelle Inhalte
auf mobile Empfangsgeräte zu übertragen. Einige dieser
Übertragungsstandards bauen aufeinander auf, andere stehen in
Konkurrenz zueinander. Dabei sind besonders regionale Differenzen
zu berücksichtigen, die eine weltweit einheitliche Regelung
erschweren. Klassifiziert werden die Standards im Folgenden
hinsichtlich ihres Übertragungsweges.
3.2.1 Übertragung durch Mobilfunknetze
Bei Mobilfunknetzen handelt es sich um Unicast- bzw. Multicast-
Systeme. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass zwischen jedem
Empfänger, der den Dienst nutzt, und dem entsprechenden Sender
eine einzelne Verbindung aufgebaut wird. Daraus ergibt sich die
Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Bandbreite von der Zahl
der Nutzer, die sich diese teilen müssen.
Sender
Sender Sender
Unicast Multicast Broadcast
GPRS, EDGE GPRS, EDGE DMB, DVB-H
UMTS, HSDPA UMTS, HSDPA Flo, ISDB-T
= Mobiler Empfänger
Abb. 1: Vergleich der Übertragungswege (Eigene Darstellung)
14. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 14
Es lassen sich zwei grundsätzliche Modelle zur Übertragung
audiovisueller Dienste in Mobilfunknetzen unterscheiden. Zum einen
hat der Nutzer die Möglichkeit individuell und bedarfsabhängig Video-
Dienste anzufordern. Man spricht in diesem Zusammenhang vom so
genannten Video-on-Demand. Die Übertragung startet zu einem
Zeitpunkt, den der Nutzer bestimmt und ist vergleichbar mit dem
Internet.1
zeitversetzten Betrachten eines Videostreams im
Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist der in Mobilfunknetzen
vorhandene Rückkanal, über den der Empfänger den gewünschten
Dienst anfordert. Diese individuelle Verbindung wird als Unicast
bezeichnet.
Der zweite potenzielle Distributionsweg für audiovisuelle Inhalte in
Mobilfunknetzen sind so genannte Live-Videostreams. Anders als bei
der Unicast-Übertragung fordert der Nutzer einen laufenden Dienst
an, dessen Sendestart er nicht beeinflussen kann. Trotz der
Teilnahme an einer vorgegebenen Übertragung wird zwischen jedem
Empfänger, der den Dienst nutzt, und dem Sender eine individuelle
Einzelverbindung aufgebaut. Da der gesendete Datenstrom jedoch für
alle Teilnehmer der gleiche ist, spricht man von Multicast.2
3.2.1.1 GPRS / EDGE
GPRS steht für General Packet Radio Service und ist eine Erweiterung
des GSM-Mobilfunk-Standards zur paketorientierten, kanalge-
bündelten Datenübertragung. Paketorientiert bedeutet, dass die zu
übertragenden Daten aufgesplittet, in Paketen übertragen und beim
Empfänger wieder zusammengesetzt werden. Die Übertragung erfolgt
über das auch im Internet genutzte IP-Protokoll, das es ermöglicht,
die Datenpakete über verschiedene Kanäle zu übertragen. Durch
1
Siemon Germany, 2006
2
Weidner, 2006
15. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 15
Bündelung dieser acht GSM-Kanäle wäre eine theoretische
Übertragungsgeschwindigkeit von 171,2 kbit/s möglich, die jedoch in
der Praxis durch Beschränkung seitens der Netzbetreiber und / oder
der Geräte lediglich bei ca. 115 kbit/s im Downlink und bei ca. 13,4
liegt.3
kbit/s im Uplink Der entscheidende Vorteil von GPRS
gegenüber GSM ist die Nutzung der Übertragungskanäle durch
mehrere Nutzer. Während GSM-Nutzer für die Dauer ihrer Verbindung
den jeweiligen Kanal komplett für sich beanspruchen, nutzt GPRS die
Kanäle mit mehreren Nutzern effektiver, z.B. in
Übertragungspausen.4 Dies erklärt, warum für GPRS-Dienste im
Vergleich zu GSM eine datenmengenabhängige gegenüber einer
zeitabhängigen Abrechnung vorzuziehen ist.5 GPRS wird von allen
vier Netzbetreibern in Deutschland unterstützt. Es gibt sowohl
volumen- als auch zeitabhängige Tarifmodelle, wobei Erstere
dominieren.6
GPRS kommt hauptsächlich für die Nutzung des WAP-Dienstes, sowie
für die Übertragung von MMS zum Einsatz. Auch die sinnvolle
Verwendung von Instant-Messenger-Systemen wie ICQ oder AIM ist
möglich, da die GPRS-Verbindung dauerhaft und ohne
Einwahlprozedur besteht.7 Die Übertragung von Videostreams ist
jedoch nicht nur aufgrund der eingeschränkten Bandbreite, sondern
auch aufgrund der schwankenden Datenrate wenig effektiv. Ein
ernstzunehmender Übertragsstandard für Handy-TV ist GPRS somit
nicht.
3
Riemer, 2001 a
4
Müller, o.J. a
5
Riemer, 2004
6
Müller, o.J. b
7
Riemer, 2003
16. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 16
EDGE bedeutet Enhanced Data Rates for GSM Evolution und
ermöglicht es GSM / GPRS-Netze auf den Stand der dritten
Mobilfunkgeneration (3G) zu bringen, ohne UMTS nutzen zu müssen.
Dies betrifft primär die Übertragungsgeschwindigkeit, die ebenso wie
bei UMTS Raten von 384 kbit/s ermöglicht. Durch die gegenüber dem
WCDMA-Multiplexverfahren schlechtere Zellauslastung von EDGE im
Vergleich zu UMTS werden die Geschwindigkeitszuwächse jedoch
wieder relativiert.
EDGE wird weltweit in vielen Ländern als 3G-Technik und damit als
Alternative zu UMTS verwendet.8 In Deutschland genießt EDGE
seitens der Netzbetreiber bislang wenig Beachtung. Lediglich T-Mobile
plant die Einführung.9
3.2.1.2 UMTS / HSDPA
UMTS bedeutet Universal Mobile Telecommunication System und ist
einer von mehreren Mobilfunkstandards der dritten Generation (3G).
Die Hauptgründe für die Einführung des neuen Standards liegen in
den für Datenanwendungen nötigen höheren Datenraten, dem Bedarf
nach mehr Sicherheit sowie dem Wunsch nach einem weltweit
einheitlichen Standard. Letztere Prämisse konnte jedoch nicht erfüllt
werden. Zwar wird UMTS als der am weitesten verbreitete Standard
des IMT-2000 Spezifikationspools angesehen, jedoch existieren mit
EDGE und CDMA2000 weltweit parallel weitere 3G-Techniken.
Technisch basiert UMTS auf dem komplett neuen Funknetzteil
UTRAN, das sich fundamental von der GSM-Technik unterscheidet
und schnellere Übertragungsraten, sowie effiziente Nutzung der
Frequenzen bietet. Ansatzpunkt ist das WCDMA-Multiplexverfahren,
8
Riemer, 2001 b
9
Persson, o.J.
17. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 17
das es mehreren Teilnehmern ermöglicht, gleichzeitig über einen
Funkkanal zu kommunizieren. 10
UMTS ermöglicht in der Theorie Datenübertragungsraten von 384
kbit/s im Downlink und 64 kbit/s im Uplink.11 Der tatsächliche Wert
ist jedoch meist deutlich geringer und von diversen Faktoren
abhängig. Zum einen ist die Datenrate durch den Netzbetreiber
beschränkbar, die verschiedene Tarifmodelle mit unterschiedlichen
Übertragungsgeschwindigkeiten anbieten.12
Weiterhin ist die Zellengröße entscheidend. Je kleiner die Zellen sind,
desto größer ist die maximal mögliche zellenflächendeckende
Datenrate. Zugleich sinkt jedoch die maximale
Bewegungsgeschwindigkeit mit kleiner werdenden Zellen.13
Der vierte und zugleich problematischste Aspekt ist die Senkung der
Datenrate in Abhängigkeit von der Zellauslastung. Je mehr Nutzer
UMTS innerhalb einer Zelle nutzen, desto geringer wird die
Übertragungsrate. Dies liegt darin begründet, dass es sich bei UMTS
um ein Unicast-System handelt, bei dem sich alle Teilnehmer die
vorhandene Bandbreite teilen müssen. Eine stärker ausgelastete Zelle
wirkt sich nicht nur negativ auf die Übertragungsgeschwindigkeit aus,
sondern auch auf den möglichen Abstand des Empfängers zum
Sendemast. Die Zelle wird also scheinbar kleiner. Man spricht in
diesem Zusammenhang von Zellatmung.14
Alle vier deutschen Netzbetreiber verfügen über UMTS-Lizenzen, zwei
unbelegt.15
FDD-Frenquenzbänder sind Von den weltweit 47,3
Millionen UMTS-Nutzern fallen 2,3 Millionen auf Deutschland. Bis
10
Riemer, 2005 a
11
Riemer, 2005 b
12
Briegleb, o.J.
13
Riemer, o.J. a
14
Riemer, o.J. b
15
Steffens, 2006
18. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 18
Jahresende wird ein Anstieg auf 9 Millionen deutsche Nutzer
erwartet.16
Im Rahmen der Lizenzvereinbarungen galt es für die vier
Netzbetreiber in Deutschland bis Ende 2005 eine UMTS-Verfügbarkeit
von 50 % zu gewährleisten, was gelungen ist.17 Hier ist Vodafone
hervorzuheben, welche mit insgesamt 70 % die größte
Netzabdeckung aufweisen kann und auch in ländlichen Regionen
präsent ist, während T-Mobile und E-Plus im Dezember 2005 ca. 50
% erreichten. Allgemein ist die Netzabdeckung aus wirtschaftlichen
Gründen vor allem in Ballungsräumen ab 100.000 Einwohnern
gewährleistet.18
Die Übertragung von Videosignalen über UMTS ist - allerdings
bandbreitenbedingt nur in mäßiger Qualität - möglich.
Einen Fortschritt kann die Technologieerweiterung HSDPA darstellen,
die bereits in Testangeboten verfügbar ist und in Deutschland gerade
in die Massenvermarktung geht.19 HSDPA bedeutet High Speed
Downlink Packet-Access und wird unter 3,5G, dem Nachfolger der
dritten Mobilfunkgeneration, geführt. Es ist zu berücksichtigen, dass
sich die Erweiterungen von HSDPA lediglich auf den Downlink
beschränken und der Uplink nach wie vor über UMTS erfolgt.
Ein Vorteil von HSDPA ist die gesteigerte Datenrate. Erste Geräte
ermöglichen einen theoretischen Downlink von bis zu 3,6 Mbit/s. Die
tatsächliche Durchschnittsdatenrate wird ersten Testergebnissen
zufolge jedoch nur mit etwa 900 kbit/s beziffert. Wie schon bei UMTS
ist diese Datenrate auch bei HSDPA von der Zahl der Nutzer
abhängig, die den Dienst innerhalb einer Zelle in Anspruch nehmen.
16
Kahl, 2006
17
Müller, o.J. c
18
Ehninger, 2005
19
Ziegler, 2006
19. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 19
Höhere Datenraten von bis zu 14,4 Mbit/s sind unter
Laborbedingungen mit entsprechenden Empfängern bereits erzielt
worden, die jedoch noch nicht für akkubetriebene Endgeräte geeignet
sind.
Als noch entscheidenderes Argument für HSDPA werden die
geringeren Latenzzeiten bewertet. Diese Latenzzeiten entstehen
dadurch, dass die meisten Datendienste auf dem TCP-Protokoll
basieren, das für Festnetzanbindungen und damit für konstante
Empfangsqualität konzipiert ist. Der mobile Empfang ist jedoch von
Kanalschwankungen gekennzeichnet, auf die sich das TCP-Protokoll
nur sehr träge einstellen kann. Dies macht sich insbesondere bei
häufig auftretenden Kanaleinbrüchen bemerkbar, nach denen das
TCP-Protokoll die Übertragungsgeschwindigkeit nur sehr langsam
wieder hoch regelt. Dadurch entstehen Latenzzeiten, die bei HSDPA
mit 100 ms weit geringer ausfallen als bei UMTS mit 200 bis 300 ms.
Das dritte Funktionsmerkmal von HSDPA ist die verbesserte
Zellauslastung, die es ermöglicht, eine Funkzelle dauerhaft bis zu
ihrer Kapazitätsgrenze zu nutzen.
HSDPA wurde so entwickelt, dass bestehende UMTS-Zellen für HSDPA
aufgerüstet werden können und beide Netze parallel in dieser Zelle
betrieben werden können. Es müssen jedoch nicht alle Zellen mit
HSDPA aufgerüstet werden, was ohnehin eher für Ballungsräume
interessant ist. 20
Eine Steigerung der Downlinkraten ist schrittweise bis zum Jahr 2009
geplant.21 Analog zur gesteigerten Downlinkdatenrate durch HSDPA
planen die Netzbetreiber zudem die Einführung HSUPA (High Speed
20
Riemer, 2005 c
21
Lücke, 2006
20. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 20
Uplink Packet Access), wodurch eine Uplinkgeschwindigkeit von bis zu
5,76 Mbit/s möglich wird.22
Sollten sich die im Testbetrieb erzielten Datenraten bewahrheiten und
im Rahmen der kontinuierlichen Erweiterung noch steigern, ist HSDPA
gegenüber UMTS ein großer Fortschritt für die Übertragung digitaler
Videosignale. Dabei sind entweder Steigerungen der Bild- und
Tonqualität durch geringere Komprimierung, Contenterweiterungen,
die kostengünstigere Übertragung bei konstanter Qualität oder aber
Kombinationen aus diesen Verbesserungen denkbar.
3.2.1.3 Vergleich der Mobilfunkstandards
Um die Leistungen der drei für Deutschland relevanten
Mobilfunkstandards GPRS, UMTS und HSDPA besser vergleichen zu
können, lassen sich technische Eigenschaften, Vor- und Nachteile,
sowie die derzeitige und zukünftige Marktrelevanz der folgenden
Tabelle entnehmen.
GPRS (2,5G) UMTS (3G) HSDPA (3,5G)
Übertragungsrate Downlink 115 kbit/s Downlink 384 kbit/s Downlink 3,6 - 14,4 Mbit/s
(Theorie) Uplink 13,4 kbit/s Uplink 64 kbit/s Uplink 64 kbit/s (s. UMTS)
Downlink- 30 kbit/s 30 - 300 kbit/s 0,5 – 1,1 Mbit/s
Datenrate (Praxis)
Dienste WAP Multimedia-Dienste Multimedia-Dienste
MMS Video-on-Demand Video-on-Demand
Instant Messenger Live-Videostreams Live-Videostreams
Besonderheiten dauerhafte Verbindung Netzbetreiber hatten erweitert UMTS nur im
ohne Einwahlprozedur durch Lizenzerwerb Bereich des Downlinks
sehr hohe Kosten
22
Vodafone D2 GmbH, 2006 a
21. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 21
Verbreitung Netzabdeckung Netzabdeckung bei 50 Testangebote laufen
bundesweit nahezu - 70 %, primär in
Markteinführung wird
flächendeckend bei Ballungsräumen
gerade vollzogen
allen Netzbetreibern
wird von allen
große Verbreitung von Netzbetreibern
Endgeräten angeboten
2,3 Mio. deutsche
Nutzer
Vorteile etabliert und vielfältige verbesserte Zellauslastung
verbreitet Möglichkeiten für
geringere Latenzzeiten
multimediale Dienste
Nachteile Bandbreite für Handy- Latenzzeiten Aufrüstung der UMTS-
TV zu gering Zellen oder Einrichtung
zu hohe neuer Zellen nötig
Zellauslastung sorgt
für Einbruch der ebenso wie UMTS ist
Datenraten HSDPA ein Unicast-
System, was zu
Zellauslastungsproblemen
führen wird
Prognose kann als Alternative zu Nutzerzahl soll bis beachtenswerter Standard
UMTS Rückkanal für Jahresende auf 9 Mio. für Handy-TV
Broadcast-Standards steigen
schrittweise Anhebung der
bilden
wird sich aufgrund Datenrate bis 2009
o.g. Nachteile gegen geplant
Broadcastnetze nicht
durchsetzen können
spielt große Rolle als
Rückkanal
Tabelle 1: Vergleich der Mobilfunkstandards (Eigene Darstellung)
3.2.2 Übertragung durch Rundfunknetze
Während in Mobilfunknetzen zwischen jedem Empfänger und dem
Sender Einzelverbindungen hergestellt werden, sind Rundfunknetze
dadurch gekennzeichnet, dass der Sender sein Signal nutzer-
unabhängig ausstrahlt. Der Nutzer hat die Möglichkeit, dieses Signal
zu empfangen, nicht aber es zu beeinflussen. Man spricht vom so
genannten Broadcasting.23 Broadcast-Netze verfügen grundsätzlich
über keinen eigenen Rückkanal, können jedoch mit Mobilfunknetzen
kombiniert werden um dennoch interaktive Dienste zu ermöglichen.
23
o.V., o.J.
22. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 22
Nichtsdestotrotz ist es mangels Einzelverbindungen zwischen
Empfänger und Sender nicht möglich, individuelle Inhalte wie z.B.
Video-on-Demand über Rundfunknetze anzubieten. Der Nutzer ist an
die vorgegebene Ausstrahlung des Senders gebunden und hat keinen
Einfluss auf den Sendestart.24
3.2.2.1 DMB
DMB steht für Digital Multimedia Broadcasting und erweitert den
digitalen Hörfunk-Standard DAB „speziell für Bewegtbildübertragung
auf Empfangsgeräte[n] (…), die sich mit hohen Geschwindigkeiten
bewegen“25. Die Übertragung kann dabei per Satellit (S-DMB) oder
terrestrisch (T-DMB) erfolgen. Während in Südkorea sowohl S-DMB
als auch T-DMB bereits im Regelbetrieb sind, kommt in Europa
ausschließlich Letzteres zum Einsatz.26 T-DMB wird daher bei der
vorliegenden Analyse schwerpunktmäßig betrachtet.
DMB nutzt das Kompressionsverfahren MPEG-4, durch das sich die
multimedialen Inhalte mit bis zu 400 kbit/s übertragen lassen. Bei
einer Nettodatenrate von 1,5 Mbit/s ermöglicht dies die Übertragung
von drei bis vier TV-Programmen sowie zusätzlicher Audio- und
Datendienste.27
Vorteilhaft ist der vergleichsweise geringe Stromverbrauch von
DMB.28 Da selektiv nur die relevanten Träger empfangen und
dekodiert werden, liegt dieser bei 150 mW.29 Durch den optionalen
Einsatz von Micro Time Slicing kann dieser Richtwert weiter gesenkt
werden.30
24
Fachverband Consumer Electronics im Zvei, 2004
25
Suhl, 2005 a
26
Schäfer, 2006
27
Müller, o.J. d
28
Schnabel, o.J. a
29
Hill, 2006
30
Digital Video Broadcasting Project DVB, 2006
23. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 23
Nachteilig ist die fehlende Rückkanalfähigkeit. Da DMB nicht IP-
basiert funktioniert, sind interaktive Dienste über das Mobilfunknetz
nur ohne direkte Anknüpfung an den Downlink möglich. Das
bedeutet, dass zwar Daten vom Konsumenten zum Anbieter
übertragen werden können, diese jedoch keinen automatischen
Bezug zum gerade konsumierten Programm haben, da das Uplink-
System dieses nicht erkennen kann.31 An einer Lösung für dieses
Problem versucht sich das Systemkonzept DXB (s. gesondertes
Kapitel).
DMB nutzt Frequenzbereiche des L-Band und des VHF und kann sich
auf eine Netzabdeckung von etwa 80 % stützen.32 Aufgrund der
hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Entwicklung von DAB ist
die kurzfristige Frequenzverfügbarkeit für DMB gewährleistet und eine
schnelle flächendeckende Versorgung möglich.33
DMB ist für den Empfang bei hohen Geschwindigkeiten von etwa 200
km / h ausgelegt.34 Bedingt durch die schwache Signalstärke verfügt
DMB jedoch in Deutschland über eine schlechte Inhouse-Abdeckung,
die den Empfang in Gebäuden erschwert.35
Zur Fußball-Weltmeisterschaft hat debitel zusammen mit Mobiles
Fernsehen Deutschland das erste kommerzielle DMB-Angebot in
Deutschland gestartet.36
3.2.2.2 DVB-H
DVB-H steht für Digital Video Broadcasting – Handheld und baut auf
dem DVB-T-Standard zur digitalen terrestrischen Übertragung von
31
Gneiting, 2006
32
Crump, 2005
33
Hansen, 2005
34
Janssen, 2005
35
Schulzki-Haddouti, 2005
36
Suhl, 2006 a
24. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 24
Rundfunkdiensten auf. DVB-H erweitert DVB-T zur Spezialisierung für
den Empfang auf mobilen Endgeräten und lässt sich auch über das
DVB-T-Sendernetz übertragen.37
Gegenüber den anderen DVB-Standards, die das Video-
kompressionsverfahren MPEG-2 verwenden, nutzt DVB-H H.264/AVC
(MPEG4 Part 10). Dank einer Nettodatenrate von ca. 9 Mbit/s
ermöglicht DVB-H eine Übertragung von etwa 20 TV-Programmen
zzgl. weiterer Hörfunk –und Datendienste.38
Die wichtigen Erweiterungen von DVB-H auf der Protokollschicht
betreffen drei Bereiche. Dabei ist besonders das so genannte Time
Slicing erwähnenswert. Da bei der Nutzung von DVB-T stets der
gesamte Datenstrom decodiert werden muss, auch wenn nur ein
Dienst genutzt wird, würde der Energieverbrauch die Akkukapazität
aktueller Endgeräte zu sehr beanspruchen. DVB-H umgeht dieses
Problem, in dem die Daten des Dienstes periodisch in so genannten
Bursts komprimiert gesendet werden. Der Empfänger holt das Signal
zeitselektiv ab und kann in den Empfangspausen Energie sparen.
Lediglich nach dem Einschalten des Gerätes ist für einige Sekunden
der Empfang des kompletten Signals nötig. Durch diese Prozedur
kann der Stromverbrauch unter 100 mW gesenkt werden.
Aus der Time-Slicing-Erweiterung ergibt sich ein zusätzlicher Vorteil.
Die Abschaltzeiten zwischen den Bursts werden genutzt, um nach
Kanälen in benachbarten Funkzellen zu suchen. Dadurch wird ein
unbemerkter Zellenwechsel eines sich bewegenden Empfängers ohne
sichtbare Unterbrechung der Übertragung ermöglicht. Man spricht
dabei vom Soft-Handover.
Die dritte Erweiterung von DVB-H ist der MPE-FEC-Fehlerschutz, der
zur Verbesserung der Empfangsleistung und Zuverlässigkeit
37
Bisges, 2006
38
Müller, o.J. e
25. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 25
angewandt wird, auf Empfängerseite jedoch optional eingesetzt
werden kann.39
In DVB-H wird IP-Datacast eingesetzt, welches den Rundfunkdienst
um eine Kommunikationsschnittstelle auf Basis des IP-Protokolls
erweitert. Dadurch kann ein Rückkanal über UMTS direkt an die
konsumierten Broadcast-Inhalte anknüpfen. Es entsteht ein hybrides
Netz aus DVB-H und dem Mobilfunknetz, das es ermöglicht,
verschiedenste interaktive Dienste wie z.B. Votings, den Electronic
Program Guide ESG, sowie ein modernes Verschlüsselungssystem zu
nutzen.40
Die Übertragung von DVB-H erfolgt über das UHF-Band, da dieses
den besten Kompromiss zwischen Antennengröße und Effizienz
darstellt. Alternativ wäre die Übertragung über VHF-Band oder L-
Band theoretisch ebenfalls möglich. Der Empfang ist auch bei hohen
Geschwindigkeiten bis zu 220 km/h fehlerfrei möglich. DVB-H wurde
bereits komplett standardisiert und wird weltweit in mehr als 30
Testnetzen eingesetzt.41 Auch in Deutschland sind die Netzbetreiber
DVB-H gegenüber positiv eingestellt. Die kommerzielle Einführung
wird für 2007 erwartet. Zur Fußball-WM starten Pilotprojekte der vier
Netzbetreiber in großen deutschen Städten.42
Für die Übertragung ist entweder eine Erweiterung des bestehenden
DVB-T-Netzes denkbar, was jedoch zu einem Verlust von
Spektrumskapazität führen könnte, oder aber der Ausbau eines
DVB-H-Netzes.43
eigenen Für den Empfang in Gebäuden sind
gegenüber DVB-T zusätzliche Sender bzw. Gap Filler nötig.44
39
Kornfeld, 2006
40
May, 2005 a
41
May, 2005 b
42
Sietmann, 2006
43
Trefzger, 2005
44
Quelle intern
26. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 26
3.2.2.3 Vergleich der Rundfunkstandards
Da die beiden Rundfunkstandards DMB und DVB-H in Deutschland
direkt in Konkurrenz stehen, bietet sich analog zu Kapitel 3.2.1.3 ein
Vergleich der Systeme an, der technische Eigenschaften, Stärken und
Schwächen der Systeme, sowie die derzeitigen und zukünftigen
Marktchancen beleuchtet.
T-DMB DVB-H
Übertragung digital terrestrische Übertragung digital terrestrische Übertragung
Datenrate: 1,5 Mbit/s Datenrate: 9 Mbit/s
3 - 4 TV-Programme zzgl. Hörfunk- 25 - 30 Dienste (TV, Hörfunk,
und Datendienste Daten)
Empfang schlechter Empfang in Gebäuden zusätzliche Sender für
Gebäudeempfang nötig
Empfang bei hohen
Geschwindigkeiten möglich Empfang bei hohen
Geschwindigkeiten möglich
Frequenzen VHF, L-Band VHF, UHF, L-Band
Videokompression MPEG4 MPEG4 Part 10
Besonderheiten basiert auf digitalem unterstützt IP-Datacast, das einen
Hörfunkstandard DAB und erbt Rückkanal über das Mobilfunknetz
dessen volle Funktionalität ermöglicht
Verbreitung 80 % Netzabdeckung Lizenzvergabe im Gange
Lizenzvergabe an Mobiles Fernsehen wird bisher erst in Testnetzen
Deutschland erfolgt erprobt
Markteinführung zur Fußball
Weltmeisterschaft erfolgt
Vorteile hohe Netzabdeckung, schnelle durch hohe Datenrate viele Dienste
Einführung möglich
sehr geringer Stromverbrauch
geringer Stromverbrauch
Interaktionsmöglichkeiten durch
IP-Datacast
Nachteile geringe Bandbreite, wenig Sender Netzausbau nötig
erschwerte Interaktionsmöglich-
keiten durch fehlendes IP-Datacast
Prognose ist vor DVB-H auf den Markt ursprünglich geplante
gekommen und hat somit einen kommerzielle Markteinführung zur
Wettbewerbsvorsprung Fußball Weltmeisterschaft ließ sich
nicht realisieren
Anbieter: debitel und MFD
wird sich langfristig aufgrund der
technischen Überlegenheit
durchsetzen
Tabelle 2: Vergleich der Rundfunkstandards (Eigene Darstellung)
27. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 27
3.2.2.4 Weitere Standards
Neben den beiden für den deutschen Markt relevanten mobilen
Übertragungsstandards DMB und DVB-H gibt es international einige
konkurrierende Konzepte.
In den USA wird im Wettbewerb mit DVB-H versucht, den Standard
FLO am Markt zu etablieren.45 FLO ist ein Konzept des Unternehmens
MediaFLO, einer Tochter des kalifornischen Mobilfunkkonzerns
Qualcomm, und steht für Forward-Link-Only. FLO bietet die
Möglichkeit der Ausstrahlung von etwa 20 Videostreams mit 30
Sekunde.46
Frames pro Zusätzlich können Daten während
verkehrsschwacher Zeiten im Hintergrund übertragen werden. Ebenso
verfügt FLO über IP-Datacast. Anders als DMB oder DVB-H wurde FLO
eigens für Betreiber von CDMA-Mobilfunknetzen entwickelt und
basiert nicht auf einem vorhergehenden Rundfunkstandard.47
Die 1999 festgeschriebene japanische Spezifikation ISDB-T steht für
Integrated Services Digital Broadcasting Terrestrial und ermöglich die
terrestrische Übertragung von Audio- und Videodiensten. ISDB-T
funktioniert mit verschiedenen Bandbreiten und setzt seinen
Schwerpunkt auf die Integration verschiedener multimedialer Dienste
wie Fernsehen, Hörfunk und Datendienste.48 Diese Dienste können
unabhängig voneinander oder in beliebiger Kombination übertragen
werden.
Wichtig ist zu erwähnen, dass ISDB-T kein Übertragungsstandard für
Handy-TV ist. Vielmehr ist er vergleichbar mit DVB-T, hat allerdings
die Eigenschaft auch von mobilen Endgeräten empfangen werden zu
45
Hackmann, 2006
46
Bonnert, 2006
47
o.V., 2006
48
Rein, 2000
28. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 28
können. Dazu wird die Qualität der übertragenen Daten
heruntergeregelt, so dass der Standard für die Nutzung von Handy-
TV zweckentfremdet wird.49
3.2.3 Übertragung durch Funknetzwerke
Bei der Übertragung durch Netzwerke stellt der Nutzer mit seinem
Handy eine Verbindung mit einem Funknetzwerk her. Verfügt dieses
über eine Schnittstelle zum Internet, kann sich auch der Nutzer mit
dem Internet verbinden. Die Möglichkeiten audiovisuelle Inhalte zu
empfangen sind dieselben wie in Mobilfunknetzen (s. Kapitel 3.2.1).
Ein Rückkanal ist in diesen Netzwerken vorhanden.
3.2.3.1 WLAN
WLAN steht für Wireless Local Area Network, ein drahtloses bzw.
schnurloses lokales Netzwerk. Die Datenübertragung erfolgt per
Funk.50 „Wireless LAN (WLAN) ist als Oberbegriff für alle am Markt
befindlichen drahtlosen lokalen Datennetze zu verstehen.“51 Ein
Standard ist der 802.11 des Institute of Electrical and Electronics
Engineers (IEEE). Dieser Grundstandard umfasst mehrere
Erweiterungen mit unterschiedlichen Übertragungsgeschwindigkeiten.
Diese reichen von 11Mbit/s (802.11a) bis 54Mbit/s (802.11g) und
mehr (geplant 802.11h 108 - 320Mbit/s).52 Es besteht die Möglichkeit
mit einem WLAN-fähigen mobilen Endgerät eine Funkverbindung mit
dem Netzwerk herzustellen. Voraussetzung dafür ist, dass man sich in
der Reichweite eines Hotspots befindet. Das Hauptproblem eines
Funknetzwerks ist die Abhängigkeit des Datendurchsatzes von der
Reichweite, d.h. je weiter die Entfernung vom Hotspot ist, desto
49
Schmidt, 2003
50
Schnabel, o.J. b
51
Schnabel, o.J. a, o.S.
52
Donner, 2005
29. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 29
kleiner ist die Übertragungsgeschwindigkeit.53 Die Reichweite beträgt
30 bis 150 m.54 Hindernisse wie z.B. dicke Mauern verringern diese
Reichweite. Ein Nachteil in diesem Zusammenhang ist die
eingeschränkte Mobilität des Nutzers. Es gibt jedoch die Möglichkeit
einen Hotspot in ein fahrendes Verkehrsmittel zu installieren.55 In der
Praxis gibt es bereits Projekte, die sich damit beschäftigen. Der
Nutzer hätte den Vorteil, sich mobil zu bewegen und dabei eine
Internetverbindung ohne Zellwechsel aufrechtzuerhalten. Die
Verbindung zwischen den WLAN-Hotspots im Zug und dem Land, wird
über Satellit, UMTS oder WiMAX hergestellt.56 Die UMTS-Verbindung
hat den Nachteil einer geringeren Datenrate (s. Kapitel 3.2.2.2). Die
Verbindung über Satellit ermöglicht keinen Rückkanal und erfordert
eine Sichtverbindung zwischen Zug und Satellit. Eine Fahrt durch
einen Tunnel oder sonstige Störungen der Sicht zum Satelliten
würden die Verbindung trennen.57 Die Eigenschaften der WiMAX-
Verbindung wurden von T-Mobile UK Anfang 2005 in Großbritannien
getestet.58
WLAN hat gegenüber anderen zellularen Netzen den großen Nachteil,
einen langsamen Handover beim Zellwechsel zu haben. Die WLAN-
Zellen sind aufgrund der technischen Gegebenheiten sehr klein.59 Ein
sich in Bewegung befindlicher Nutzer würde sehr schnell an den Rand
einer Zelle gelangen und müsste sich mit einer benachbarten Zelle
verbinden. Die WLAN-Techniken 802.11a-g ermöglichen keinen
Zellwechsel ohne Unterbrechung. Die Folge ist, dass z.B. ein Audio-
oder Videostream abbricht und neu geladen werden muss. Es gibt
53
Schnabel, o.J. c
54
Donner, 2005
55
Suhl, 2005 c
56
Suhl, 2005 d
57
Suhl, 2005 c
58
Suhl, 2005 b
59
Preuß, 2005
30. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 30
Möglichkeiten den Handover zu optimieren, die aber meist an
rechtlichen und koordinatorischen Schwierigkeiten scheitern.60 Zu den
technischen Schwierigkeiten kommen noch eine Reihe von
abrechnungs- und anmeldetechnischen Problemen hinzu, die vor
allem dann eintreten, wenn man zwischen WLAN Netzen
verschiedener Anbieter wechselt. Ein großer Vorteil von WLAN ist,
dass es in einem Frequenzbereich sendet, der nicht reguliert ist. Es
müssen keine Sendelizenzen erworben werden. Dies hat wesentlich
zur schnellen Verbreitung des Standards beigetragen.61
3.2.3.2 WiMAX
WiMAX steht für Worldwide Interoperability for Microwave Access. Der
Standard trägt die Bezeichnung IEEE 802.16. WiMAX ermöglicht
Datenraten von bis zu 75 Mbit/s und kann Entfernungen von bis zu
50 km überbrücken.62 Diese Extremwerte werden jedoch nur mit
stationären Empfängern erreicht und sind somit für mobile Endgeräte
nicht repräsentativ.
Darüber hinaus gibt es einen WiMAX-Standard für mobile Endgeräte
dieser nennt sich IEEE 802.16e (WiMAX mobile) und wird seit Anfang
2006 getestet. Kompatible Geräte werden voraussichtlich Ende des
Jahres 2006 auf den Markt kommen.63
Genauso wie bei WLAN stellt der Nutzer die Verbindung über einen
Hotspot her. Der WiMAX-Standard für mobile Endgeräte hat eine
maximale Bandbreite von 15 Mbit/s in einem Umkreis von 1,5 bis 5
km.64 Anders als WLAN ermöglicht WiMAX mobile beim Zellwechsel
60
Almus, 2005
61
Hinckel, o.J.
62
Bader, 2005
63
Suhl, 2005 d
64
Preuß, 2005
31. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 31
einen schnellen Handover. Dies ist bis zu einer Geschwindigkeit von
120 km/h möglich.65
Somit wäre es möglich, mit wenigen WiMAX-Hotspots eine ganze
Stadt zu vernetzen. WiMAX könnte eine Alternative zu UMTS sein.
Bestimmte Gebiete, z.B. Städte, könnten mit wenigen WiMAX-
Hotspots ausgestattet werden. Der Nutzer könnte im gesamten
Gebiet über WiMAX mit dem Internet verbunden sein und das bei
hohen Datenraten. Dies würde jedoch den Aufbau der nötigen
Infrastruktur und die Verbreitung WiMAX-fähiger Endgeräte
voraussetzen. Für die Übertragung von WiMAX mobile eignet sich die
Frequenzbänder zwischen zwei und sechs GHZ. Diese Bänder sind
teilweise in Frequenzbereichen angesiedelt, die lizenzpflichtig sind.66
Die Zuteilung der Lizenzen wird durch die Bundesnetzagentur
67
koordiniert und soll Ende 2006 durchgeführt werden. Diese
Lizenzen werden nicht an einen technischen Standard geknüpft.68
3.2.3.3 MBWA
MBWA steht für Mobile Broadband Wireless Access, auch IEEE 802.20
genannt. Es handelt sich hierbei um einen Standard, der speziell für
die mobile Nutzung entwickelt wird.69 Der Standard soll pro Nutzer
einen Downlink von mehr als 1 Mbit/s ermöglichen, bei einem
Zellradius von ca. 15 km. Das reibungslose Handover soll bis zu
Geschwindigkeiten von 250 km/h funktionieren.70 MBWA versucht die
Eigenschaften von WiMAX und 3G Mobilfunknetzen zu vereinigen.71
Die technischen Eigenschaften von MBWA sind denen von WiMAX
mobile sehr ähnlich. Beide versuchen die Lücke zwischen den
65
Preuß, 2005
66
Pan Dacom Networking AG, o.J.
67
Boll, 2006
68
Moehl, 2004
69
Dorawa, 2005
70
Hogrefe, o.J.
71
Büllingen & Vary, 2005
32. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 32
schnellen, aber wenig mobilen, und den langsamen, hochmobilen
Netzen zu schließen.72
MBWA ist noch in der Entwicklung. Das Ende der Standardisierung ist
noch nicht absehbar. Obwohl der Standard bessere mobile
Eigenschaften besitzt als WiMAX mobile ist es dennoch fraglich, ob
der Entwicklungsrückstand aufgeholt werden kann.73 Der momentane
Zeitpunkt ist noch zu früh für Prognosen.
3.2.3.4 Vergleich der Netzwerkstandards
Analog zu den vorangegangenen Vergleichen der Mobil- und
Rundfunkstandards folgt eine Übersicht zu den technischen
Eigenschaften, der Verbreitung, sowie der zukünftigen Bedeutung der
drei Netzwerkstandards WLAN, WiMAX und MBWA.
WLAN 802.11g WiMAX 802.16e MBWA 802.20
System Unicast/Multicast Unicast/Multicast Unicast/Multicast
Datenrate Bis maximal 54 Mbit/s Bis maximal 15 Mbit/s Mindestens 1 Mbit/s
(Downlink) pro Zelle pro Zelle pro Nutzer
Zellgröße / 30 – 150 m 1,5 – 5 km Ca. 30 km
Reichweite
Geschwindigkeit Sehr gering Bis 120 km/h Bis 250 km/h
Verbreitung Weit verbreitet, jedoch Entwicklungsphase, Entwicklungsphase
meist nicht öffentlich geplante
zugänglich Markteinführung Ende
2006
Rückkanal Vorhanden Vorhanden Vorhanden
72
Preuß, 2005
73
Lackner, 2006
33. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 33
Prognose Relevanz groß für Nutzer, Zu früh für eine Zu früh für eine
die sich in der Nähe eines Prognose, Prognose,
Hotspots befinden ( im Markteinführung Markteinführung
Café, am Flughafen abwarten. abwarten.
usw.).
Bei entsprechender Bei entsprechender
Netzabdeckung Netzabdeckung
Alternative zu Alternative zu
UMTS/HSDPA. UMTS/HSDPA.
Tabelle 3: Vergleich der Netzwerke (Eigene Darstellung)
3.2.4 Das Systemkonzept DXB
DXB steht für Digital extended Broadcasting. Es handelt sich dabei
um ein Projekt, das von der Fraunhofer Gesellschaft koordiniert wird.
Als Partner fungieren das Institut für Rundfunktechnik (IRT),
Siemens, Sony, T-Systems und Vodafone.74 Das Projekt ist im Jahr
2005 gestartet und soll 2007 abgeschlossen sein.75 Es handelt sich
dabei nicht um ein eigenes System, sondern um ein
Systemkonzept.76
Im Mittelpunkt des Vorhabens steht das Internetprotokoll (IP). Der
DMB Standard unterstützt das Internetprotokoll nicht, weshalb im
Rahmen des Projektes ein neuer Standard entwickelt wird. Dieser
nennt sich extended Digital Audio Broadcasting (eDAB) und basiert
auf dem digitalen Hörfunk-Standard DAB. Im Rahmen des Projektes
wird u.a. mit dem MBMS Standard gearbeitet. Dieser Standard ist
eine Erweiterung des UMTS-Netzes für Multimedia- und
Broadcastdienste.77 MBMS und DVB-H unterstützen beide das
Internetprotokoll. Ziel des Projektes ist es ein mobiles Multimedia-
Übertragungssystem zu schaffen. Dies würde die Übertragbarkeit von
74
Raguse-Fößel, 2006
75
Berner, 2005
76
Schäfer, 2005
77
Schierl, 2006 b
34. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 34
Inhalten zwischen den Standards eDAB, MBMS und DVB-H
vereinfachen.78
Die Entwicklung soll es ermöglichen Inhalte über die verschiedenen
Standards parallel ausstrahlen zu können. Ein Beispiel dafür wurde
auf der CeBIT 2006 vorgeführt. Dort hat ein Live-Server 16
verschiedene Programme parallel über die drei Broadcastsysteme
eDAB, MBMS und DVB-H ausgestrahlt.79
Es werden sowohl Fernsehbetreiber als auch Endgeräte-Hersteller auf
gleiche Weise vom harmonisierten DXB-Verfahren profitieren.80
Multimedia
Zugang Content
TV
T-DMB
Internet Protokoll
Radio
eDAB MBMS DVB-H
DXB
DAB UMTS DVB-T
Abb. 2: Broadcast Infrastruktur für mobile Endgeräte (in Anlehnung an Schierl, 2006,
o.S.)
78
Berner, 2005
79
Schierl, 2006 b
80
Schierl, 2006 a
35. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 35
3.2.5 Endgeräte
Für die Nutzung von Handy-TV bedarf es geeigneter Endgeräte. Diese
können sowohl Handys, die schwerpunktmäßig behandelt werden, als
auch alternative Geräte, wie z.B. der iPod, sein.
3.2.5.1 Handys
UMTS-fähige Geräte sind mittlerweile stark verbreitet, insbesondere
Vodafone forciert den Absatz von neuen UMTS-Geräten um die hohen
Investitionen für die UMTS-Lizenzen zu amortisieren. Dabei bietet
nahezu jeder Hersteller inzwischen UMTS-Handys an. Diese erkennt
man meistens bereits äußerlich an der zweiten Kamera an der
Vorderseite des Geräts, die für Videotelefonate genutzt werden kann.
Während es seit etwa zwei Jahren UMTS-fähige Handys gibt, verläuft
die Markteinführung von DVB-H/DMB-fähigen Geräten eher
schleppend. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass noch unklar ist,
welcher Standard sich etablieren wird.
Bereits seit 2005 kündigt Nokia auf seiner Website das erste DVB-H-
fähige Handy N92 an, bis im Mai 2006 der Text von „bald erhältlich“
in „derzeit in Deutschland nicht erhältlich“ kurzerhand geändert
wurde. Diese Änderung gibt Grund zur Annahme, dass sich die
Einführung von DVB-H in Deutschland noch verzögern wird, denn
Nokia gilt als ein großer Befürworter von DVB-H. Am 31.05.2006 ist
hingegen in Deutschland das erste DMB-Handy Samsung SGH-900
erschienen. Bei den Handys hat neben der Übertragungstechnik auch
die Displaygröße und Akkulaufzeit eine wichtige Relevanz für den
Nutzer.
Während UMTS-Geräte in der Regel noch ein handliches Format und
ein damit verbundenes kleines Display besitzen, haben die ersten
Prototypen von DVB-H und DMB-fähigen Geräten weitaus größere
36. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 36
Maße. Die Presse schrieb in einem Praxistest, dass das V9000 „für
[die] Benutzung als Handy im Alltag zu groß und zu schwer“ ist.81
Fraglich ist, ob dies im Sinne der Nutzer ist. Ein Handy sollte klein
und handlich sein, damit es jeder einfach mit sich führen kann.82 Die
Größe sollte nicht bloß für den Empfang von Handy-TV erhöht
werden, da dies nicht im Sinne eines Handys ist.83
Das bereits erhältliche DMB-Handy SGH-P900 versucht einen
Kompromiss zwischen Display- und Gerätegröße zu finden, indem
man das Display drehen kann, dennoch ist es mit einer Größe von
95x48x27mm und einem Gewicht von 124g verhältnismäßig dick und
schwer. Auch die Akkuleistung leidet unter dem Empfang von Handy-
TV. Bereits heutige UMTS-Geräte haben nur eine halb so große
Akkulaufzeit wie vergleichbare GSM-Geräte.84 Ein größeres Display
bedeutet gleichzeitig eine noch geringere Akkulaufzeit, sodass z.B.
das DMB-Handy V9000 von Samsung einen Fernsehempfang von
lediglich zwei Stunden ermöglicht.85
Weiterhin könnte die steigende WLAN-Fähigkeit von Handys für den
Einsatz von Handy-TV relevant werden. Immer mehr, meistens
hochpreisige, Geräte erlauben den Zugang zu so genannten Hotspots.
Über einen regulären Internetzugang kann man sich mitunter auch
Videostreams ansehen. Einige TV-Sender bieten zudem bereits
Livestreams ihres Programms kostenlos im Internet an.
81
vgl. Jodeleit, 2006 b, S. 43
82
vgl. Trefzger, 2005, S. 32
83
vgl. Trefzger, 2005, S. 32
84
vgl. Trefzger, 2005, S. 32
85
vgl. Jodeleit, 2005, S. 21
37. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 37
3.2.5.2 Alternative Geräte
„Zwei Patente, die Apple Ende 2004 angemeldet hat,
lassen die Spekulationen über einen Hybrid aus iPod und
Mobiltelefon wieder aufkeimen. Das U.S. Patent and
Trademark Office hat die im November und Dezember
2004 eingereichten Erfindungen erst vor wenigen Tagen
öffentlich gemacht.“86
Weiterhin berichtete die Presse, dass „das japanische Internet- und
Mobilfunkunternehmen Softbank […] angeblich gemeinsam mit Apple
Handys mit eingebauten iPod-Playern entwickeln [will].“87 Bereits
heute sind sowohl der iPod als auch die Playstation Portable (im
Folgenden PSP) populäre Geräte zum mobilen Abspielen von Videos.
Bisher fehlt jedoch die Möglichkeit, Videos über Broadcasting bzw.
Mobilfunknetze zu empfangen. Der Nutzer muss vor Betrachtung die
Videodateien auf sein mobiles Gerät laden. Im Falle der PSP geschieht
dies mit speziellen Discs. Somit sind diese Geräte ohne Empfangsteil
keine nennenswerte Alternative zum geplanten Handy-TV. Neben
diesen mobilen Abspielgeräten gibt es auch mobile DVB-T-Empfänger,
die jedoch mangels Telefonierfähigkeit und ihrer Größe für diesen
Bericht irrelevant sind.
3.2.6 Relevanz für Inhalteanbieter
Auf Basis der vorliegenden Analyse technischer Voraussetzungen für
Handy-TV lassen sich einige Prognosen hinsichtlich der zukünftigen
Entwicklung formulieren. So ist zu erwarten, dass Mobilfunknetze
durch die eingeschränkten Bandbreiten und Zellauslastungsprobleme
- wie der folgenden Abbildung zu entnehmen ist - auf Dauer nur
86
Beer, 2006
87
Kossel, 2006
38. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 38
schwer mit Broadcaststandards um die Verbreitung von Handy-TV
werden konkurrieren können.
Datenrate im Downlink
DVB-H 9216
T-DMB 1536
HSDPA 1100
DSL (Standard) 1024
UMTS 384
EDGE 384
GPRS 115
ISDN 64
GSM 13
0 2000 4000 6000 8000 10000
kbit/s
Abb. 3: Datenraten diverser Standards (Eigene Darstellung)
Aufgrund der hohen Lizenzgebühren, welche die vier Netzbetreiber
für UMTS entrichtet haben, werden diese jedoch voraussichtlich
versuchen, die Nutzerzahl von UMTS weiter auszubauen und den
Nachfolgestandard HSDPA zu etablieren. Langfristig dürften
Mobilfunkstandards Ihre Daseinsberechtigung für die Ausstrahlung
von Handy-TV vor allem in Video-On-Demand-Diensten finden, die
über die Broadcast-Verbreitung nicht möglich sind. So ist ein Szenario
denkbar, in dem der Teil der Inhalte, die nicht auf Abruf angeboten
werden, über Broadcaststandards ausgestrahlt werden, während
interaktive Dienste über die mit Rückkanal ausgestatteten
Mobilfunknetze angeboten werden.
Welcher der beiden in Deutschland konkurrierenden Broadcast-
standards sich durchsetzen wird, ist kaum vorherzusagen. Derzeit
39. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 39
genießt DMB aufgrund der Frequenzverfügbarkeit einen zeitlichen
Vorsprung, den DVB-H langfristig jedoch durch technische
Überlegenheit kompensieren könnte. Neben der größeren Bandbreite
von DVB-H ist die bei DMB fehlende Rückkanalfähigkeit ein besonders
aus Anbietersicht entscheidender Faktor. Hier bleibt abzuwarten, ob
sich das Systemkonzept DXB wird etablieren können, um diesen
Nachteil aufzuheben. Ebenfalls ist denkbar, dass beide Standards
parallel nebeneinander existieren können. Voraussetzung ist die
Entwicklung von Endgeräten, die sowohl mit DMB als auch mit DVB-H
kompatibel sind.
Die internationalen Standards FLO und ISDB-T werden in Deutschland
aller Voraussicht nach keine Rolle spielen.
Für Inhalteanbieter bedeutet dies, möglichst flexibel zu bleiben und
die Entwicklungen zu beobachten. Langfristige Bindungen an einen
Standard sind in der derzeitigen Phase nicht ratsam. Eine
Zusammenarbeit von Inhalteanbietern, insbesondere TV-Sendern, mit
Mobilfunkanbietern ist zur Herstellung eines hybriden Netzes nötig,
das interaktive Inhalte ermöglicht.
3.3 Rechtliche Rahmenbedingungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen bilden die Grundlage für den
Handy-TV-Markt. Ihre Ausgestaltung kann die Entwicklung des
Marktes stark beeinflussen. Sie sollten den Marktteilnehmern
Sicherheit geben und ein optimales Marktumfeld schaffen.
3.3.1 Sendelizenzen
Die Zuteilung der Sendelizenzen für den Standard DMB im L-Band ist
fast abgeschlossen (Stand Juli 2006). 14 Landesmedienanstalten
haben ihre Lizenzen für 3 bis 10 Jahre an das Unternehmen Mobiles
Fernsehen Deutschland (MFD) vergeben. Der Hauptwettbewerber bei
40. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 40
der Lizenzvergabe, das Unternehmen Walk and Watch, geht leer aus.
Lediglich die Medienanstalt Berlin Brandenburg vergibt Lizenzen an
beide Unternehmen.
MFD und Walk and Watch haben zwei unterschiedliche Konzepte für
Handy TV vorgelegt. Das Konzept von MFD sieht ein Pay-TV-
Geschäftsmodell für Handy TV vor. Das Geschäftsmodell von Walk
and Watch würde sich über interaktive Dienste finanzieren und Handy
TV als Free TV anbieten. Die Landesmedienanstalten hätten gerne
beide Konzepte unterstützt und die Resonanz des Marktes
beobachtet. Dies ist aufgrund der Knappheit der DMB-Sendelizenzen
nicht möglich.88
3.3.2 GEZ
Anfang des Jahres 2007 tritt eine Gesetzesänderung in Kraft, die den
Kreis der gebührenpflichtigen Geräte erweitert.89 Neuartige Geräte
wie Computer, Handys und PDAs, mit denen Fernsehempfang möglich
ist, werden dann als gebührenpflichtige Rundfunkempfänger
behandelt.90
Dies gilt sowohl für Geräte, die einen Rundfunkempfänger installiert
haben, als auch für internetfähige Geräte.
Handys, die mit DMB oder DVB-H Empfangstechnik ausgestattet sind,
gelten als vollwertige Rundfunkempfänger und sind gebührenpflichtig.
UMTS-Handys befinden sich noch in einer gesetzlichen Grauzone. Die
GEZ stuft den Empfang von Rundfunkinhalten über UMTS nicht als
Empfang über das Internet ein, sondern als Rundfunkempfang. Somit
wären diese Geräte auch schon vor 2007 gebührenpflichtig. Vodafone
88
Brocker, 2006
89
Wendel, 2006
90
Ohliger, 2006
41. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 41
argumentiert dagegen, das eigene UMTS Angebot sei nicht als
qualifiziert.91
Rundfunk Inwiefern Besitzer von internetfähigen
Geräten, wie z.B. UMTS Handys, zur Kasse gebeten werden, ist
abzuwarten. Die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde der
Vereinigung der Rundfunkgebührenzahler (VRGZ) gegen die
Erhebung von GEZ-Gebühren für internetfähige PCs könnte ebenfalls
Auswirkungen auf die Gesetzesänderung haben.92 Unter den Begriff
internetfähige PCs subsumieren viele Rechtsexperten, unter anderem
die des ZDF, auch Handys.93
Haushalte die bereits ein Fernsehgerät besitzen (über 98 % in
Deutschland) und somit GEZ Gebühren bezahlen, sind von der
Regelung nicht betroffen. Es fallen keine weiteren Kosten an, weil
Geräte, die von der neuen Regelung betroffen sind, unter die
Gebührenfreiheit für Zweitgeräte fallen.94
3.3.3 Jugendschutz
Das Handy entwickelt sich immer mehr zum Alleskönner. Die kleinen
Geräte sind Kamera, MP3-Player, Fernseher, Videoabspielgerät,
Computer und mehr gleichzeitig.
Auch Kinder und Jugendliche nutzen diese neuen Möglichkeiten. Sie
haben Zugriff auf eine Vielzahl von Inhalten. Spezielle Mechanismen
werden erforderlich, die Kinder und Jugendliche vor gefährlichen
Inhalten schützen.95
Beispiele für Schutzmechanismen:
Spezielle Verträge mit gesperrten Funktionen für
Kinder/Jugendliche
91
Wendel, 2006
92
Lüders, 2006
93
Müller, 2006
94
Ohliger, 2006
95
Quelle intern
42. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 42
„FSK 18“-Inhalte nur für geschlossene Nutzergruppen
Transparente Abrechnungsmethoden (z.B. Klingelton-Download)96
Das Handy wird von ihnen großteils im Out-of-Home-Bereich genutzt.
Dies ist weitestgehend außerhalb des Einflussbereichs der Eltern.
Die Mobilfunkunternehmen T-Mobile, Vodafone, E-Plus, o2, Mobilcom,
debitel, Phone House Telecom und Talkline haben für den deutschen
Markt Mitte 2005 einen Verhaltenskodex für ihren Jugendschutz
entwickelt. Dabei handelt es sich um verschiedene Standards, die
verhindern sollen, dass quot;entwicklungsgefährdende und –
beeinträchtigende mobile Informations- und Kommunikations-
angebotequot; von Kindern und Jugendlichen wahrgenommen werden
können.
Der Kodex soll regelmäßig fortgeschrieben werden, um sich der
technischen Entwicklung anpassen zu können.97
Auch die Europäische Union arbeitet mit den europäischen
Mobilfunkbetreibern an einem Mobilfunk-Kodex zum Schutz von
Kindern und Jugendlichen. Es soll sich dabei um einen
Verhaltenskodex auf EU-Ebene handeln, der kompatibel ist mit den
existierenden Übereinkommen.98
3.3.4 Rechte an Handy-TV-Inhalten
Ein Beispiel für die unterschiedlichen Standpunkte bei der
Rechtevergabe in den neuen Medien ist die Vergabe der Handy-TV-
Rechte für die Fußball-WM.
96
Quelle intern
97
Wilkens, 2005 a
98
Ehrmann & Ermert, 2006
43. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 43
Der WM-New-Media-Rechtevermarkter Infront & Sports teilte nicht
die Auffassung des ZDF, welches die Handy-TV-Rechte als Bestandteil
der Fernsehübertragungsrechte sah.99
Die Diskussion über die IPTV-Rechte der Bundesliga ist ein weiteres
Beispiel für die Problematik der Rechtevergabe bei neuen
Vertriebswegen. Die Bindung der Rechte an Übertragungsprotokolle
ist nicht sinnvoll. Die ausschlaggebende Determinante ist die
Unterscheidung zwischen Sendung und Download. Eine Sendung wird
linear ausgestrahlt, der Nutzer schaltet sich ins laufende Programm
ein. Ein Download wird nicht linear ausgestrahlt, der Nutzer hat einen
Einfluss auf Zeit und Ort. Der Vertriebsweg ist nach dieser
Betrachtung nicht relevant.100
3.3.5 Relevanz für Inhalteanbieter
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind die Spielregeln, nach denen
die Inhalteanbieter spielen. Die Vergabe der DVB-H Lizenzen ist ein
wichtiges Ereignis im nächsten Jahr. Die geplante Einführung der
neuen Gebühren der GEZ wird keine großen Veränderungen für den
Endverbraucher nach sich ziehen, ist aber dennoch zu beobachten.
Es besteht die Gefahr, dass potenzielle Nutzer durch die
Gebührendiskussion abgeschreckt werden könnten. Der Nutzerkreis
von Handy-TV ist im Moment noch sehr gering. Sollte sich dieser
Markt vergrößern oder sogar zum Massenmarkt entwickeln, werden
einheitliche Regelungen über die Verwertungsrechte für diese
Nutzungsart notwendig sein.
99
Flohr, 2006
100
Ory, 2006
44. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 44
3.4 Anbieter
Bei den Anbietern von Handy-TV kann man zwischen Inhalteanbietern
und Distributoren unterscheiden. Weiterhin gilt zu differenzieren, ob
es sich um echtes Broadcasting (DVB-H, DMB) oder um Unicasting
(UMTS) handelt.
3.4.1 Wertschöpfungskette
Die Wertschöpfungskette im Handy-TV-Markt lässt sich vereinfacht in
sechs Stufen gliedern, wobei einzelne Akteure sehr wohl mehrere
Prozessstufen abdecken können.
Content- Content- Plattform- Netz- Payment- Endgeräte-
provider aggregator betreiber betreiber agents Anbieter
Abb. 4: Wertschöpfungskette (Eigene Darstellung)
Dies ist insbesondere bei den Netzbetreibern der Fall, die „am
liebsten […] das Geschäft mit Mobile TV künftig direkt mit dem
Rundfunk-Senderbetreiber T-Systems machen und keinen
profitorientierten Plattformbetreiber wie die MFD in ihrer
Wertschöpfungskette haben [möchten].“101
Goldhammer stellt in einer Grafik anschaulich die Beziehungen
zwischen den einzelnen Akteuren im Handy-TV-Markt dar. Hier wird
die bereits angesprochene dominante Position der Netzbetreiber,
insbesondere durch die Beseitigung eines Plattformbetreibers,
deutlich.
101
Jodeleit, 2006 a, S. 18
45. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 45
Die Inhalteanbieter liefern ihre Inhalte an die Inhaltebündler, diese
erreichen über die Plattformbetreiber letztendlich den Nutzer. Der
Nutzer wird vom Netzbetreiber abgerechnet. Von hier aus wird das
Geld theoretisch weiter an den Inhaltebündler geleitet, praktisch
übernehmen die Netzbetreiber derzeit jedoch diese Rolle. Der
Inhaltebündler führt das Geld dann weiter an die Inhalteanbieter und
die Plattformbetreiber ab.
Bezahlung und Geldfluss
Lieferung von Inhalten
z.B. Vodafone z.B. MFD T-Systems
Datacast Broadcast
Content-
Service Network
aggregator
Provider Operator
Contentprovider Netzbetreiber Kunde
Universal, RTL, Vodafone, T-
DSF, MTV Mobile, E-Plus,
o2, Debitel
Abb. 5: Pay-Per-View/Channel-Modell im Mobile-TV (in Anlehnung an Goldhammer,
2004, S.11)
3.4.2 Inhalteanbieter
Die Inhalteanbieter stellen die erste Station in der
Wertschöpfungskette von Handy-TV dar. Man unterscheidet hier
zwischen Content Provider (Inhalterzeuger) und Content Aggregator
(Inhaltebündler).
Content Provider bieten Inhalte für Handy-TV an, wobei sowohl
eigens auf mobiles Fernsehen spezialisierte Firmen, als auch TV-
46. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 46
Sender, Filmproduktionen (z.B. UFA) und populäre Marken (z.B.
Jamba) als Content Provider agieren können.102
Content Aggregator selektieren die Inhalte von verschiedenen
Content Providern und bündeln diese zu Paketen, welche dann an die
Distributoren oder direkt an den Endkunden verkauft werden. TV-
Sender fungieren als Content Aggregator auf dem bisherigen
Fernsehmarkt, können diese Rolle jedoch auch auf dem Handy-TV-
Markt ausüben.103
3.4.3 Distributoren
Plattformbetreiber, im Sinne von Broadcasting, unterteilt man
sinnvollerweise in Datacast Service Provider und Broadcast Network
Operator.
3.4.3.1 Plattformbetreiber
Die Datacast Service Provider (im Folgenden DSP) treffen
Vereinbarungen mit den Inhalteanbietern und stellen diesen
Netzkapazitäten zur Verfügung.104 Die Broadcast Network Operator
(im Folgenden BNO) sind die Besitzer und Übermittler einer DVB-
Infrastruktur mitsamt Antennen, Masten und nötigen Verbindungen.
BNO haben ebenfalls Vereinbarungen mit den DSP und verkaufen
diesen Übertragungskapazitäten. Im Falle, dass eine Lizenz für
mobiles Fernsehen benötigt wird, halten die DSP gleichzeitig auch die
Lizenzen für die Sendefrequenzen.105
Plattformbetreiber (Portalbetreiber), im Sinne von Unicast, bieten
Inhalte über Mobilfunknetze an. Diese Plattformen können direkt von
102
vgl. Trefzger, 2005, S. 35f
103
vgl. Trefzger, 2005, S. 37
104
vgl. Trefzger, 2005, S. 39
105
vgl. Trefzger, 2005, S. 39f
47. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 47
den Netzbetreibern (z.B. Vodafone Live) oder von Drittanbietern (z.B.
Jamba) betrieben werden. Die mobilen Plattformen sind ein wichtiger
Faktor in der Kommunikation mit den Kunden, weswegen die
Netzbetreiber eine starke Position als „Türsteher“ ausüben.106
Ein wichtiger Plattformbetreiber ist derzeit Mobiles Fernsehen
Deutschland, der zusammen mit dem Serviceprovider Debitel seit
dem 31.05.2006 in ausgewählten Städten Handy-TV über DMB
anbietet.
3.4.3.2 Netzbetreiber
Als Netzbetreiber (Mobile Network Operators) in Deutschland zählen
neben T-Mobile, Vodafone, E-Plus und o2 auch noch Serviceprovider
wie z.B. Mobilcom und Debitel, die zwar eigene Dienste anbieten,
jedoch auf die vier vorhandenen Netze zugreifen. Die Netzbetreiber
können verschiedene Rollen in der Wertschöpfungskette einnehmen:
Als Content Aggregator, als Plattformbetreiber oder auch als
Paymentagents. Im Falle von Broadcasting stellen die Netzbetreiber
darüber hinaus den Rückkanal für interaktives Fernsehen bereit.
Für die Netzbetreiber könnte sich Handy-TV zu einem lukrativen
Nebengeschäft entwickeln, da der durchschnittliche Kundenumsatz
(ARPU) in den letzten Jahren deutlich gesunken ist und sich weitere
Erlöse nur durch Daten- und nicht durch Voicedienste erzielen lassen.
3.4.4 Gerätehersteller
Auch die Hersteller von Endgeräten haben eine hohe Bedeutung, da
der Nutzer nur die Übertragungsstandards nutzen kann, die von
seinem Endgerät auch unterstützt werden.
Während UMTS-Handys gleichwohl von allen wichtigen Herstellern
angeboten werden, spaltet sich beim Broadcasting der Markt in zwei
106
vgl. Trefzger, 2005, S. 38f
48. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 48
Lager. Die Hersteller Nokia, BenQ und NEC gelten als Fürsprecher für
DVB-H, während die beiden Hersteller Samsung und LG den Standard
DMB befürworten. Die Marktmacht der Gerätehersteller ist hier nicht
zu verachten. Gerade in Deutschland besitzt Nokia einen treuen
Kundenstamm, der ungern zu anderen Anbietern umsteigt.
Die Tatsache, dass neue Endgeräte für den Empfang von Handy-TV
nötig sind, könnte die Etablierung von Handy-TV in Deutschland
weiter verzögern, da die normale Vertragssubventionierung für
Endgeräte einen 2-Jahres-Zyklus vorsieht.
3.4.5 Erlösmodelle
Bei der Finanzierung von Handy-TV unterscheidet man wie auch beim
herkömmlichen Fernsehen zwischen der Werbefinanzierung (Free-TV)
und der Rezipientenfinanzierung (Pay-TV). Allerdings können auch
Mischformen auftreten, sodass z.B. einige Kanäle kostenlos, andere
jedoch kostenpflichtig sind.
Ansatz Eignung
Fernsehen „umsonst“, nur Erfordert hohen Interaktionsanteil im Programm um Umsätze zu
interaktive Dienste sind generieren
kostenpflichtig
Fernsehen „umsonst“, Möglich, aber kurze Nutzungsdauer der Dienste senkt die
Finanzierung über Werbung Akzeptanzschwelle für Werbung in Werbeblöcken. Andere
Werbeformen wären notwendig
über GEZ-Gebühren Gerät könnte GEZ-pflichtig werden. Finanzierung mobiler
öffentlich-rechtlicher Inhalte über GEZ wäre juristisch fragwürdig
Subventionierungen Unwahrscheinlich, da Grundversorgung schon durch traditionelles
Fernsehen gesichert ist und bekanntlich die Finanzen schwach
sind
Einige Kanäle „umsonst“, Vorteil: Niedrige Eintrittsschwelle, schnelle Akzeptanz der Dienste
kostenpflichtige Kanäle optional
Nachteil: Mehrwert der kostenpflichtigen Kanäle muss deutlich
buchbar
kommuniziert werden
Monatlicher Paketpreis Bequeme Zahlung jeden Monat, bekannt durch Premiere.
Nutzungsunabhängiges Erlösmodell für Anbieter
Pay-per-View Vorteil: hohe Flexibilität für den Kunden
Pay-per-Channel Nachteil: Kunde muss immer wieder Kaufentscheidung treffen
49. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 49
und Abrechnung wird komplizierter
Tabelle 4: Perspektiven und Finanzierung mobiler Mediennutzung (in Anlehnung an
Goldhammer, 2004)
3.4.5.1 Free-TV
Nach Goldhammer lässt sich ein gebührenfreies Handy-TV nur schwer
realisieren. Eine Finanzierung durch Werbung bedarf neuer
Werbeformen da sich die Akzeptanz von Werbung bei Handy-TV
wegen der kurzen Nutzungsdauer gegenüber dem herkömmlichen
Fernsehen unterscheidet.
Weiterhin wäre eine Finanzierung durch Endgerätesubventionierungen
denkbar, jedoch ist dies eher unwahrscheinlich, da eine
Grundversorgung bereits durch das herkömmliche Fernsehen
gesichert ist.
Zuletzt wäre noch eine Finanzierung durch Rundfunkgebühren
denkbar, welche aber juristisch fragwürdig ist. Die wahrscheinlich
effektivste Finanzierung wäre eine Mischform aus kostenlosen und
kostenpflichtigen Inhalten, da somit die Eintrittsschwelle für den
Kunden sehr niedrig liegt. Dieses Modell praktiziert derzeit schon
Vodafone mit seinem Vodafone-Live-Portal. Hier bezieht der Kunde
mit seinem Mobilfunkvertrag bereits einige Sender kostenlos,
während er zusätzlich aus einer Vielzahl kostenpflichtiger Sender
wählen kann.
3.4.5.2 Pay-TV
Eine Finanzierung durch den Rezipienten ist sehr wahrscheinlich.
Neben der bereits angesprochenen Mischform kann man noch
zwischen einer nutzungsabhängigen und einer nutzungsunabhängigen
Rezipientenfinanzierung unterscheiden.
Bei der nutzungsabhängigen Finanzierung zahlt der Kunde für
einzelne Sendungen (Pay-per-View) oder Kanäle (Per-per-Channel).
50. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 50
Der Kunde ist hierbei sehr flexibel, muss aber jedes Mal eine neue
Kaufentscheidung treffen.
Demgegenüber steht die nutzungsunabhängige Finanzierung bei der
der Kunde einen monatlichen Paketpreis zahlt.
Neben der Finanzierung kann man zwischen drei Geschäftsmodellen
unterscheiden: Dem unabhängigen Diensteangebot, dem offenem
Kioskmodell und dem integriertem Diensteangebot.
Im unabhängigen Diensteangebot übernehmen die Inhalteanbieter,
bis auf den Netzbetrieb, die Übertragung und die Endgeräte-
konfiguration, alle Wertschöpfungsstufen. Dieses Geschäftsmodell
spiegelt weitgehend das heutige Modell im stationären Internet
wieder. Die Netzbetreiber nehmen hier bloß die Position von mobilen
Internet Service Providern ein, die Umsätze nur durch den Zugang
und die übertragende Datenmenge generieren. Dieses Modell findet
man heute vor allem bei simplen Applikationen wie Klingeltönen
wieder. Vorteil für die Inhalteanbieter ist, dass sie ihre eigene
Strategie verfolgen und ihre Dienste in der Regel in allen Netzen
anbieten können. Für die Bezahlung dienen bisher
Mehrwertrufnummern oder Premium-SMS, welche auch die
Netzbetreiber an der Payment-Wertschöpfung teilhaben lassen.107
Im offenen Kioskmodell bedienen die Inhalteanbieter die ersten
beiden Wertschöpfungsstufen, während die Netzbetreiber für die
Bereitstellung der Plattform, die Übertragung, die Bezahlung und die
Konfiguration der Endgeräte zuständig sind. Eine Umsetzung dieses
Modells findet man heute bei iMode von E-Plus, hier werden dem
Kunden zahlreiche Inhalte über monatliche Abonnements angeboten.
Im offenen Kioskmodell stellen die Netzbetreiber also die
107
vgl. Büllingen & Stamm, 2004, S. 61f
51. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 51
Rahmenbedingungen, die von den Inhalteanbietern individuell mit
Content gefüllt werden können.108
Im integrierten Diensteangebot übernehmen die Netzbetreiber eine
dominante Position in der Wertschöpfungskette. Mit den
Inhalteanbietern werden Exklusivverträge angestrebt um sich von der
Konkurrenz abzuheben. Im Gegensatz zum offenen Kioskmodell
bestimmen einzig die Netzbetreiber selber über die Inhalte. Dies ist
z.B. beim Entertainment-Portal Vodafone-Live der Fall.109
3.4.5.3 Derzeitige Erlösmodelle
Bisher konnten zwei Erlösmodelle bereits auf dem Handy-TV-Markt
realisiert werden. Zum Einen bieten die Netzbetreiber Vodafone und
T-Mobile eine nutzungsabhängige Finanzierung an, während Mobiles
Fernsehen Deutschland in Zusammenarbeit mit Debitel eine
nutzungsunabhängige Monatspauschale anbietet. Bei den Netz-
betreibern sind mit einem UMTS-Laufzeitvertrag bereits einige Kanäle
gebührenfrei empfangbar, während eine Vielzahl von weiteren
Kanälen über gebührenpflichtige Minutenpakete zu empfangen sind.
Dabei kostet eine Stunde Handy-TV z.B. bei Vodafone 3 Euro im
Monat. MFD und Debitel bieten nur die Möglichkeit für eine
Monatspauschale von 10 bzw. 15 Euro, abhängig vom gewählten
Vertragstarif, die vier erhältlichen Sender zu empfangen.
3.4.6 Relevanz für Inhalteanbieter
Insbesondere kleinere Produktionsfirmen können vom neuen Handy-
TV-Markt profitieren. Aufgrund höheren Bedarfs an individuellen
Inhalten können sich auch regionale Inhalteanbieter neben den
großen Konkurrenten etablieren und Neuaufträge realisieren.
108
vgl. Büllingen & Stamm, 2004, S. 62f
109
vgl. Büllingen & Stamm, 2004, S. 63
52. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 52
Inhalteanbieter können direkt mit den Plattformbetreibern in
Verhandlung treten und individuelle Verträge abschließen, ohne
Umwege durch etwaige Zwischenhändler zu gehen.
Zusammengefasst kann man sagen, dass Inhalteanbieter eine
unabdingbare Position in der Wertschöpfungskette einnehmen und
zusätzliche Erlöse generieren können.
3.5 Nutzer
Wer wann wo und wie lange Handy-TV nutzen wird, ist eine
entscheidende Frage, die zu beantworten ist. Geklärt werden muss
auch, wie viel potenzielle Nutzer zu zahlen bereit sind. Zu beachten
ist hierbei, dass sich bereits diverse Studien mit obigen
Fragestellungen auseinander gesetzt haben und teilweise zu
unterschiedlichen bzw. sogar gegensätzlichen Ergebnissen gelangt
sind.
3.5.1 Sozialer Wandel
Eine zunehmende Mediatisierung, Mobilisierung und Individualisierung
prägen unsere Gesellschaft.110 Wir leben in einer Informations-
gesellschaft. Der Zugang zu Informationen, unabhängig von Zeit und
Ort, ist entscheidend geworden. In allen Lebenssituationen werden
Medien länger und häufiger genutzt. So ist die durchschnittliche
Mediennutzung pro Person in den letzten 20 Jahren um 75 % auf 600
Minuten pro Tag gestiegen:111
110
Breunig, 2006
111
Gerhards, 2006
53. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 53
Abb. 6: Tagesreichweite und Nutzungsdauer ausgewählter Medien 1970 bis 2005 im
Langzeitenvergleich (Gerhards, 2006, S.75)
Überdies leben und vor allem kommunizieren die Menschen immer
mobiler. „Mobilität ist längst Teil des alltäglichen Lebens. Mehr als 1,5
Millionen Deutsche fahren jeden Tag mindestens 60 Minuten zu ihrem
Arbeitsplatz.“112 So wird es Ende 2006 nach einem Marktbericht der
Axel Springer AG in Deutschland erstmals mehr Handys als
Einwohner geben, während gleichzeitig die Zahl der Festnetz-
anschlüsse zunehmend abnimmt. Weltweit telefonieren sogar bereits
zwei Milliarden Menschen mobil.113
Gleichzeitig wird der soziale Wandel unserer Gesellschaft durch eine
zunehmende Individualisierung geprägt. Die Interessen der Menschen
werden spezifischer und entsprechend verändern sich ihre
Informationsbedürfnisse.114 Die prognostizierte Veränderung der
gesellschaftlichen Schichten könnte sich wie folgt darstellen:
112
Linninger, 2005, S.43
113
Heise Zeitschriften Verlag, 2006a, 2006b
114
Linninger, 2005
54. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 54
Abb. 7: „Sinus-Milieus“ in Deutschland (kulturSPIEGEL, 2006, o.S.)
3.5.2 Zielgruppen
Die genaue Bestimmung der Zielgruppen ist für die Handy-TV-
Anbieter sehr wichtig. Die Vermarktung und die Inhalte sollten auf
diese Zielgruppen abgestimmt sein.
Wie schon des Öfteren beschrieben ist der Handy-TV-Markt ein sehr
junger Markt. Deshalb gibt es bisher nur wenige Erkenntnisse, wer
die potenziellen Nutzer sein könnten. Handy-TV ist vor allem in den
jüngeren Zielgruppen gefragt, so interessieren sich 26 % der 14 - 29-
Jährigen und über 47 % in der Zielgruppe der Schüler dafür.115 Das
Interesse der gesamten Mobilfunknutzer fällt mit 2 % geringer aus
und lediglich 1 % nutzt das Angebot bereits. Diese Ergebnisse
stammen aus einer Studie von TNS Infratest. Die Grundgesamtheit
stellen 1.000 Privatpersonen dar, die nach ihrem Nutzungsinteresse
an Handy-TV befragt wurden.
Es gibt vier Hauptursachen für geringes Interesse an Handy-TV. So
geben 35 % die eigenen Fernsehgewohnheiten, 34 % mangelndes
Interesse an Handy oder Fernsehen und 33 % technische Bedenken
(kleines Display, schlechte Bild- und Tonqualität) an. Kostengründe
115
Savall, 2006
55. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 55
wären auch zu nennen, diese wurden aber bei der Befragung
ausgeklammert.
Vor allem bei den 35 %, die die eigenen Fernsehgewohnheiten als
Grund für das geringe Interesse angeben, ist noch viel
Überzeugungsarbeit zu leisten. 116
Abb. 8: Nutzung Handy-TV (Theisman & Willms, 2004, S.3)
Zusammenfassend zeigt obige Abbildung, dass die Akzeptanz von
Handy-TV auf dem deutschen Markt in allen demografischen Gruppen
sehr hoch ist und die Kernzielgruppe Männer unter 30 sind.117
Lässt man seinen Blick ins Ausland schweifen, so kann festgestellt
werden, dass vor allem die 18 bis 44 jährigen Lateinamerikaner
(Brasilien und Mexico), Asiaten (China, S. Korea, Japan) und
Osteuropäer an Handy-TV interessiert sind.118
Die Zielgruppen können auch anhand der Sinus-Milieus in einzelne
Segmente eingeteilt werden. Hierbei stehen nicht die demografischen
Daten im Vordergrund, sondern die soziale Lage und die
116
Suhl, 2006 b
117
Goldhammer & Lessig, 2006
118
Bell & Menon & Page & Watt, 2005
56. Analyse des Marktes “Handy TV” S. 56
Wertegrundorientierung. Abgeleitet ergibt sich die so genannte ICT-
Segmentierung.
Die ICT-Segmentierung oder auch die Einteilung nach Informations-
und Kommunikationstechnologie beschreibt die Bevölkerung anhand
de mobilen kommunikativen Einsatzbereitschaft.
Abb. 9: Der Kunde: ICT Segmentierung (Buchwald, 2006, S.8)
In der oberen Abbildung wird verdeutlicht, welche gesellschaftlichen
Milieus am ehesten als Zielgruppen für Handy-TV in Frage kommen.
Erkennbar ist, dass die Mitglieder der „Elite“-Milieus am ehesten an
Handy-TV interessiert sind. Sie stellen den Teil der Bevölkerung dar,
der offen für neue Dinge ist und diese gerne ausprobiert. Die so
genannten Early Adopters sind vor allem in diesen Milieus
angesiedelt. Im ersten Schritt bei der Einführung von Handy-TV gilt
es, vor allem den Bedürfnissen dieser Zielgruppen gerecht zu werden.
Die „Konsumenten“ warten in der Regel etwas länger ab. Sie sind
generell etwas bequemer und zurückhaltender, aber durchaus daran
interessiert, neue Möglichkeiten auszuprobieren. Für eine erfolgreiche
Etablierung von Handy-TV ist diese Zielgruppe mittelfristig
entscheidend.