Wie Tablets das klassische Brettspiel interaktiv erweitern können, am Beispiel von „Siedler von Catan“. Hybride Gesellschaftsspiele kombinieren die Vorteile von physikalischen Brettspielen mit den interaktiven Eigenschaften von Tabelts und Smartphones. Eine Seminararbeit von Philipp Burckhardt im Studiengang Media Management
1. Hybride-Gesellschaftsspiele
Wie Tablets das klassische Brettspiel interaktiv erweitern können, am Bei-
spiel von „Siedler von Catan“.
“Die Siedler von Catan” Gesellschaftspiel mit iPad-App zur Erweiterung (eigene Darstellung)
2. 2
Inhaltsangabe
1. Teil
2. Teil
3. Teil
4. Teil
5. Teil
Aufbau der Arbeit
Die Seminararbeit ist in vier Abschnitte
gegliedert. Zunächst wird im ersten Teil in
das Thema eingeführt und die Zielsetzung
und Abgrenzung der Arbeit erörtert.
Der zweite Teil beinhaltet die Analyse des
Marktes für Gesellschaftsspiele. Neben der
allgemeinen Situation des Spielemarktes
liegt der Fokus auf dem Einsatz von Tab-
lets zur Spielerweiterung, im Speziellen
bezogen auf die Produktlösung der Firma
KOSMOS und dem Spieleklassiker „Siedler
von Catan“.
Im dritten Abschnitt sollen kurz die Techni-
schen Voraussetzungen für die Interaktion
in der Spielsituation angeschnitten werden.
Diese stellen schließlich den Rahmen für
den vierten Teil der Arbeit, einer Konzept-
idee für zukünftige Erweiterungsmöglich-
keiten für das exemplarisch gewählte Ge-
sellschaftsspiel.
Ein Fazit mit einer Bewertung des Potenzi-
als für den Markt und einer Zusammenfas-
sung der Lösungsmöglichkeiten schließt
die Arbeit ab.
- Einführung in das Thema 3
- Zielsetzung und Abgrenzung der Arbeit 3
- Gesellschaftsspielemarkt 1
- Hybrid Games 1
- Fallbeispiel „Die Siedler von Cantan“ 1
- Tablet I/O 1
- Konzeptstudie 1
- Fazit 1
3. 3
Teil1
Einführung in das Thema
Gesellschaftsspiele wie „Monopoly“, „Spiel des Lebens“, „Labyrinth“ oder „Riskio“ sind Klassiker der
familiären Freizeitbeschäftigungen und scheinen heutzutage doch in Konkurrenz zu stehen mit dem
wachsenden Game-Markt. Prognosen zufolge soll der Markt für Videospiele in Deutschland bis 2016 auf
2,8 Milliarden € wachsen.1
Neben den bekannten Spielekonsolen etablierte sich in den letzten Jahren ein
großer Markt für Tablet- und Smartphone-Spiele.2
Die Reaktion der Spieleverlage liegt oft in der Digitalisierung der einstigen Klassiker. So gibt es heute für
die meisten bekannten Gesellschaftsspiele bereits eine Version für das iPad von Apple.3
Die möglicherweise interessantere Idee liegt dabei aber in der Kombination aus Analog und Digital. Spie-
le, die sowohl den Kern der klassischen Gesellschaftsspiele, als auch die interaktiven Möglichkeiten von
Tablets verbindet, so genannte Hybrid-Spiele. KOSMOS hat beispielsweise im September 2013 angefan-
gen seinen Spiele-Hit „Siedler von Catan“ nicht nur einfach in physischer und in digitaler Form zu ver-
treiben, sondern mit einer App das klassische Brettspiel um zusätzliche Funktionen und Interaktionen
erweitert. 4
Der ökonomische Vorteil an dieser Strategie liegt auf der Hand. Das eigentliche Kerngeschäft wird nicht
durch kostengünstigere Tablet-Versionen kannibalisiert, sondern es werden durch den Verkauf von
Erweiterungssoftware zusätzliche Einnahmen generiert. Das Produkt wird durch die Erweiterung noch
attraktiver und bietet ein Alleinstellungsmerkmal und ein Differenzierungsmerkmal gegenüber den Kon-
kurrenzprodukten. Das Spiel lässt sich aber auch ganz ohne Erweiterung wie gewohnt spielen4
und die
Entwicklungskosten für die Erweiterung sind einmalig.
Zielsetzung und Abgrenzung der Arbeit
Es handelt sich also bei dem gewählten Thema um eine Untersuchung zu den möglichen, zusätzlichen,
ökonomischen Potentialen für die Spielebranche und um konzeptionelle Ideen, wie man das klassische
Spielgeschehen durch neue Erlebnismöglichkeiten ergänzen kann. Beide Aspekte sollen in dieser Semi-
nararbeit angeschnitten werden.
Zielsetzung der Arbeit ist die Identifizierung von verschiedenen Erweiterungsmöglichkeiten für ein stra-
tegisches Brettspiel durch die Benutzung von interaktiven Apps auf einem Tablet.
Die Potenziale der Branche sollen anhand des Beispiels „Siedler von Catan“ aufgezeigt werden. Hierzu
wird ein bereits vorhandenes Produkt des Spieleverlags KOSMOS analysiert und darüber hinaus in einer
eigenen Konzeptstudie weitere Erweiterungsmöglichkeiten erarbeitet.
Nicht behandelt in dieser Seminararbeit werden digitalisierte Versionen von klassischen Brettspielen,
sondern vielmehr die Erweiterung von physischen Spielen durch interaktive Software auf Tablet-Com-
putern. Dabei soll in dieser Untersuchung nicht vertieft auf soziologische Aspekte des Spielens einge-
gangen werden. Dennoch ist es wichtig, dass bei den hier beschriebenen Erweiterungsmöglichkeiten die
Kerneigenschaften der Gesellschaftsspiele erhalten bleiben. Gesellschaftsspiele sind Formen des gene-
rationsübergreifenden Miteinander. Sie bestehen aus Aktionen mit physischen Spielsteinen oder Karten.
Die hier analysierte Frage beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Intensivierierung und Variierung
des bekannten Spielerlebnisses durch interaktive Medien. Bietet die derzeitige Technik bereits ausrei-
chende Voraussetzungen dafür und ist dies auch ökonomisch sinnvoll? Dabei begrenzt sich diese Arbeit
allerdings hauptsächlich auf den deutschen Markt.
1
Vgl. Pricewaterhouse Coopers (2012): 14.
2
Vgl. Stegmaier (2013a): o.S.
3
Vgl. Stegmaier (2013b): o.S.
4
Vgl. Franckh-Kosmos Verlag (2013a): 1.
4. 4
Teil 2
Gesellschaftsspielemarkt
In Deutschland hat das Gesellschaftsspiel nach wie vor eine große Bedeutung und erfreut sich großer
Beliebtheit. Nach einer Umfrage von TNS Infratest im Auftrag von LEGO ist das Spielen von Gesell-
schaftsspielen die häufigste gemeinsame Freizeitbeschäftigung von Familien in Deutschland. 34,7% der
Befragten votierten Gesellschaftsspiele noch vor Fernsehen (16,9%) oder den Zoo- (11,9%) oder Kinobe-
such auf Platz 1.5
Die Studie ergab ebenfalls, dass 40% der Familien pro Woche durchschnittlich ein bis zwei Stunden mit
dem Spielen von Gesellschaftsspielen verbringt.6
Auch in einer Umfrage zu den beliebtesten Freizeitak-
tivitäten in Deutschland rangieren Kartenspiele mit 13,2% und Gesellschaftsspiele mit 8% der Befragten
auf den vorderen Plätzen der Rangliste.7
Das Interesse am Markt für Gesellschaftsspiele in Deutschland ist demnach hoch und die Branche er-
wirtschaftet seit Jahren stabile Umsätze. Der Jahresumsatz der Branche für Spiele und Puzzles betrug in
2012 350 Millionen Euro.8
Doch der Markt erlebt keine großen Wachstumssprünge. Im Jahr 2010 und 2011 wurden in der Branche
ähnliche Umsätze erwirtschaftet (2011: 310 Millionen €, 2010: 337 Millionen €).9
In Deutschland werden sich dagegen allein die Umsätze für Spiele auf mobilen Endgeräten in den
nächsten fünf Jahren mehr als verdoppeln. Im Jahr 2016 soll nach einer Studie von PwC der Umsatz auf
60 Millionen Euro ansteigen. Die zwei Wachstumstreiber für dieses Segment sind die steigende Markt-
durchdringung von Smartphones und Tablets und die zunehmende Auswahl an Spieleapplikationen in
den App Stores.10
Allein im US iTunes App Store gab es 2012 knapp 112.000 Spieleapplikationen zum
Download.11
Anfang 2013 gab es in Deutschland knapp 36 Millionen Smartphone Nutzer und auch die
Zahl der Tablet-Nutzer in Deutschland soll von 9,7 Millionen im Jahr 2012 bis 2016 auf 23,8 Millionen
steigen.12
Diese Zahlen zeigen, dass die Verbreitung von Tablets und Smartphones in Deutschland sehr
hoch ist. Viele Familien besitzen Zugang zu der nötigen Technologie und der mobile Game-Markt ist ein
Wachstumsmarkt. Desshalb ist es ein interessanter Ansatzpunkt für Spieleverlage diesen Trend mit-
zugehen, denn trotz der hohen Bedeutung der Gesellschaftsspiele ist der eigene Markt gesättigt. Hier
könnten also interaktive Erweiterungen der Spiele den entscheidenden Positionierungsvorteil bringen
und den Markt aufwirbeln. Außerdem ist es vorstellbar durch digitale Erweiterungen eine zusätzliche
Einnahmequelle zu generieren. Entwicklungskosten für die Applikationen sind einmalig und Distributi-
onskosten über die App Stores gering.
Seitens des Marktes scheint es also durchaus interessant, vorhandene Ressourcen der Verbraucher zu
nutzen und Tablets als interaktive Erweiterungsmöglichketien für klassische und pyhsische Produkte zu
etablieren.
Gleichzeit sollten aber die Kernaspekte, die Werte der Gesellschaftsspiele nicht verloren gehen, denn
Gessellschaftsspiele sind Familienspiele. Sie müssen leicht verständlich sein und trotzdem ausreichend
Spielspaß für die Familie bieten. Gesellschaftsspiele sollen zusätzlich strategisches Denken und Krea-
tivität fördern und dabei nicht nur einzelnen Spielergenerationen gefallen, sondern altersübergreifend
interessant, spannend und abwechslungsreich sein, denn über 34. % der Spieleaktivitäten in der Familie
werden generationsübergreifend mit Kindern und Großeltern gespielt.13
5
Vgl. Lego/TNS Infratest (2009): 1.
6
Vgl. Lego/TNS Infratest (2009): 2.
7
Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach (2013): o.S.
8
Vgl. Fachgruppe Spiel (2013): o.S.
9
Vgl. Fachgruppe Spiel (2012): o.S.
10
Vgl. Pricewaterhouse Coopers (2012): 21.
11
Vgl. 148app.biz (2012): o.S.
12
Vgl. eMarketer (2013): o.S.
13
Vgl. Spielwarenmesse (2009): 4,8
5. 5
Wenn man diese Vorraussetzungen berücksichtig ist klar, dass beim Einsatz von hybriden Spielen keine
Spieler ersetzt werden dürfen. Die Tablets müssen von allen Spielbeteiligten akzeptiert und bedient
werden können. Die Integration in den Spielfluss ist also entscheidend, hier muss die Technik an den
richtigen Punkten einen gezielten Mehrwert bieten und darf nicht unterbrechen oder stören.
Hybrid-Spiele
Die sogenannten Hybrid-Spiele schlagen grundsätzlich eine Brücke zwischen der virtuellen und der phy-
sischen Spielewelt, indem sie traditionelle Spiele durch Informations-Technologie erweitert. Im Vergleich
zu mobilen oder ortsbezogenen Spielen ist beim hybriden Spiel die geografische Position des Spielers
irrelevant. Außerdem ersetzt der Computer, wie bei einem Videospiel nicht das Spielfeld sondern unter-
stütz den Spieler beim Würfeln, bei der Zugauswertung oder anderen Spielmerkmalen.14
Im Zusammenhang mit hybriden Spielen lassen sich folgende Komponenten identifizieren: zum einen
die soziale Komponente. Wie bei den klassischen Brettspielen werden hybride Spiele in der Gruppe von
Angesicht zu Angesicht gespielt, zusammen mit allen verbalen und nonverbalen Kommunikationsformen.
Des Weiteren ist die haptische Komponente wichtig. Physische Spielsteine sind die wichtigsten Berüh-
rungspunkte für den Spieler. Die Spielsteine selbst jedoch, können intelligente Bausteine erhalten und
mit dem Computer gekoppelt werden.
Eine weitere Komponente ist die multimodale Stimulation. Durch verschiedene Ausgabegeräte kann
die Wahrnehmung der Umgebung des Spielers zum Beispiel durch visuelle und auditive Inhalte beein-
flusst werden. Aber auch die reale Umgebung kann Einflussfaktor für das Spiel sein. So kann ein hohe
Gesprächslautstärke oder eine geringe Lichtsituation vom Computer erkannt werden und bestimmte
Aktionen auslösen.15
Oft ist es schwierig für die Spieleentwickler bei der Adaption eines klassischen Spiels zu entscheiden,
welche Spielaktionen vom Computer unterstützt oder ersetzt werden sollen.
Für die meisten Spieler ist das Würfeln mit einem physischen Würfel eine wichtige soziale Aktivität,
bei der es auf die richtige Technik ankommt aber auch darauf, zu kontrollieren, dass andere bei ihren
Würfelversuchen die Spielregeln befolgen. Genau hierbei könnte aber auch ein Computer, der das Wür-
feln übernimmt, vorbeugen, dass kein Mitspieler betrügt. Neben der Frage welche physischen Objekte
ersetzt werden können sollte eine Applikation für ein hybrides Spiel immer die soziale Interaktion zwi-
schen den Spielern fördern und nicht einen Spieler vor dem Bildschirm in einem Dialog isolieren.16
Bei einer repräsentativen Studie im Auftrag der Spielwarenmesse Nürnberg konnte herausgefunden
werden welche Erweiterungsfunktionen vom Konsumenten am meisten gewünscht sind. Beispielsweise
wurde der Wunsch nach Abspeicherbarkeit des Spielstandes, unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, aber
auch Simulationen von Effekten beziehungsweise Sound gewünscht.17
Erkenntnisse aus dieser Statistik
werden im späteren Teil dieser Seminararbeit wieder aufgegriffen.
Bei der Studie konnte zwar kein Aspekt besonders herausstechen, aber es wurde deutlich, dass durch
die Kombination aus virtueller und physischer Spielwelt ein klarer Mehrwert geschaffen werden kann.
14
Vgl. Magerkurth (2011): 275.
15
Vgl. Magerkurth (2011): 276.
16
Vgl. Magerkurth (2011): 280.
17
Vgl. Spielwarenmesse (2013): 14
6. 6
Fallbeispiel „Die Siedler von Cantan“
Der KOSMOS Verlag hat 2013 neben anderen namenhaften Herstellern erste Produkte der hier beschrie-
ben Hybrid-Spiele-Kategorie auf den Markt gebracht, darunter auch das Spiel „Siedler von Catan“. Dieses
Spiel ist mit weltweit 18 Millionen Exemplaren ein bekannter und verbreiteter Spiele-Titel.18
Die Spielweise beruht auf strategischem Denken, Verhandlungsgeschick und Glück. Mit begrenzten Res-
sourcen wie Holz, Lehm, Erz, Getreide und Wolle versuchen die Spieler Siedlungen, Straßen und Städte
zu errichten und so Siegpunkte zu sammeln. An diesem Grundprinzip des Spieles hat sich auch mit der
Erweiterung nichts geändert und das Spiel kann auch ganz ohne Erweiterung nach diesem Spielablauf
benutzt werden.
„Die Siedler von Catan“ hat sich in den vergangen Jahren zu einer Spielreihe, mit etlichen physischen Er-
weiterungen und digitalen Adaptionen der Ursprungsversion, entwickelt. Neben der Basisversion gibt es
mittlerweile eigenständige Erweiterungen wie, „Die Fürsten von Catan“ oder Themenerweiterungen wie
„Städte & Ritter“.19
Diese Vielfalt zeigt, dass sich der Spielmechanismus durchaus gut eignet um durch
neue Themen-Welten oder Spielebenen erweitert zu werden.
Der KOSMOS Verlag gibt für diese Erweiterung eine besondere Version des Spieleklassikers über den
Einzelhandel heraus und nennt dies „Siedler von Catan – Play it smart“. Das Besondere an dieser Ver-
sion ist die Ritterfigur. Alle anderen Bausteine, Spielfelder und Karten gleichen der aktuellen normalen
Version, aber die Ritterfigur kann mit dem kapazitiven Multitouch Display interagieren. Das Spiel ver-
langt, den Download einer kostenfreien iOS Applikation auf das iPad oder ein anderes iOS-Device. Die
vollen Vorzüge der Erweiterung genießen dann entweder Besitzer der speziellen Ritterfigur oder Spieler
die einen In-App Kauf in Höhe von 2,69 € tätigen. Dieser ermöglicht es auch Besitzern eines älteren Ca-
tan-Spieles alle Funktionen der Applikation zu benutzen ohne die spezielle Figur zu benötigen. Das kom-
plette Spiel kann so immer auch ohne die Erweiterung gespielt werden.20
Die „Play it smart“ Version hat
die normale Basisversion im Webshop des Verlages bereits vollständig ersetzt.21
Die von KOSMOS herausgegebene Erweiterung ergänzt das Spielerlebnis um zwei verschiedene Dimen-
sionen. Erstens auf einer audiovisuellen Ebene, bei der mehrere animierte Räuber einen Dialog mitein-
ander und mit den Spielern führen. In der zweiten Ebene geht es um verborgene digitale Schätze, die
durch Ereignisse und Entscheidungen im Dialog den Spieler zu Gute kommen und durch eine Rangliste
und einen Zusatz-Siegpunkt den Spielverlauf aktiv beeinflussen können. Die Applikation wird von den
Spielern selbstständig ausgelöst, wenn im Spielverlauf bestimmte Ereignisse geschehen: entweder der
Bau einer Siedlung, der Bau einer Stadt oder das Würfeln einer 7.22
Im Rahmen dieser Seminararbeit wurde diese Erweiterung mit einer alten Basisversion und einem iPad
mit dazugehöriger Applikation getestet. Bei dem Test nahmen 4 Personen teil und anschließend berich-
teten die Testpersonen über ihren Erfahrungen mit der Erweiterung. Durch diese Vorgehensweise konn-
ten folgende negative, sowie positive Eigenschaften herauskristallisiert werden:
- Negativ aufgefallen sind zeitweise die Dialoge. Der Spieler wurde oft aufgefordert den Dialog
weiter zu klicken. Dies verlängerte unnötig die durchaus gut gemeinte Spielunterbrechung.
Auch war die Synchronisation der gesprochenen Audiotexte zum animierten Bild nicht durch-
gehend korrekt. Die Münder der animierten Figuren bewegten sich oft weiter, obwohl kein Ton
mehr zu hören war.
- Insgesamt hat die Erweiterung die Spieldauer stark verlängert. Das Spiel dauerte ohne Aufbau
2 Stunden, laut Herstellerangaben sind 45-90 min23
eine normale Spieldauer. Die Spielverlänge-
rung wurde eher negativ aufgenommen.
- Vermisst wurde die Möglichekeit einer Fehlerkorrektur und eine Erinnerung, die Applika-
tions-Funktionen zu aktivieren. Mehrmals kam es vor, dass zwar eine Siedlung gebaut wurde,
aber die Spieler vergessen haben die Applikation zu aktivieren. Auch gab es Situationen bei de-
nen die Applikation falsch bedient wurde, der erkannte Fehler aber nicht rückgängig gemacht
18
Vgl. Wenzelt (2013): o.S.
19
Vgl. Teuber (2013): 2
20
Vgl. Teuber/Teuber (2013): 1,2.
21
Vgl. Franckh-Kosmos Verlag (2013b): o.s.
22
eigene Beobachtungen, Teuber/Teuber (2013): 1,2.
23
Vgl. Catan (2013): o.S.
7. 7
werden konnte und so Belohnungen anderen Spielern zugute kamen.
- Die Erweiterung der Spieldynamik durch das Schatz-System war erst unverständlich für die
Testpersonen. Als schließlich aber angezeigt wurde, dass der Spieler mit den meisten Schätzen
einen besonderen Siegpunkt erhält, wurde die Bedeutung und Funktion der Schätze verständ-
lich und die weitere Dimension wurde positiv aufgenommen.
- Ebenfalls wurde positiv aufgenommen, dass die Applikation bei den eintretenden Entschei-
dungspunkten Rücksicht auf die aktuelle Spielsitation nahm, schwache Spieler bevorzugt und
führende Spieler benachteiligt behandelt wurden.
- Die automatische Würfel-Funktion wurde positiv aufgenommen. Die meisten Testpersonen ver-
missten nicht den physischen und haptischen Würfel sondern fanden es gut, dass der Würfel
nicht ungewollt wegrollen konnte und es für andere Spieler so auch unmöglich wurde bei der
Augenzahl täuschen zu können.
Nach dem Testspiel äußerten die Spieler neben ihren Beobachtungen und Bewertungen noch einige Ver-
besserungswünsche und Ideen, die teilweise in Teil 4 dieser Seminararbeit aufgenommen wurden:
- Die Spieler wünschten sich eine Funktion die Siegpunkte zu verwalten und so den Spielverlauf
besser im Überblick zu behalten. Außerdem sollte die Applikation in der Lage sein den Gewinner
zur rechten Zeit zu ermitteln und zu belohnen.
- Um die Spannung im Spiel länger aufrecht zu erhalten, darf die Applikation sogar noch stärker
auf die Spielsituation eingehen und schwächere Spieler bevorzugen.
- Die Geschichte um das Spiel kann noch verbessert werden. Animationen sollten authentischer
aussehen oder durch Videos ersetzt oder ergänzt werden. Die Dialoge könnten durch Sprachein-
gabe gesteuert werden.
- Es wurde ebenfalls gewünscht dass Spieler erkannt werden und so persönlich angesprochen
werden können.
- Eine ebenfalls bereichernde Funktion wäre eine Statistik für jeden Spieler über mehrere Spiele
hinweg.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Erweiterung durch die iPad Applikation ein insgesamt positives
Spielerlebnis hinterlassen hat. Sie bietet einen Grund das verstaubte Spiel wieder aus dem Schrank zu
kramen und neu aufleben zu lassen. Dafür waren die Tester auch bereit einen In-App Kauf abzuschließen.
Videoaufzeichnung eines Testspiels mit der iPad-App von KOSMOS
Video zusätzlich abrufbar unter: http://bit.ly/1hQP82h
8. 8
Teil 3
Tablet I/O
Nun ist zunächst festzustellen welche technischen Voraussetzungen ein handelsübliches Tablet mit sich
bringt und welche sinnvollen Interaktionsmöglichkeiten sich daraus ergeben. Das bedeutet, es muss
zunächst analysiert werden, welche Ein- und Ausgabemöglichkeiten ein Tablet hat und was dies genau
für ein Gesellschaftsspiel bedeutet. Dazu konzentriert sich diese Arbeit auf den Marktführer im Tab-
let-Markt24
– das Apple iPad und was dieses für technische Voraussetzungen mitbringt.
Vergleicht man die technischen Spezifikationen der wichtigsten iPad Modelle miteinander, lassen sich
die wichtigsten und relevanten Technologien ableiten.25
Außerdem wird im folgenden Abschnitt betrach-
tet, wie diese Technologien und deren Interaktionsmöglichkeiten sich in einen Spielablauf integrieren
lassen:
Multitouch Display:
Wie der Name bereits sagt sind Multitouch-Displays berührungsempfindliche Bildschirme die es erlau-
ben mehrere Berührungen gleichzeitig zu erkennen. Die Displays – meist basierend auf der LCD Techno-
logie – arbeiten kapazitiv. Das heißt auf der berührungsempfindlichen Fläche ist eine elektrische Ladung
aufgebracht, die durch den Finger und dessen leitfähige Haut abgeleitet wird. Aus der Änderung der La-
dung wird dann der Ort des Fingers bestimmt. Dies bedeutet, dass die Bildschirme nur mit dem mensch-
lichen Finger funktionieren, nicht aber mit nichtleitenden Objekten wie Handschuhen, dem Fingernagel
oder mit einer normalen Spielfigur. Will man eine Spielfigur mit einem Multitouch-Display interagieren
lassen, muss diese speziell auf die Anforderungen des Displays bezüglich seiner Leitfähigkeit angepasst
sein.26
Hier müssten alte Spiele nachgerüstet werden.
Vorteilhaft dagegen ist das Erkennen mehrere Berührungen gleichzeitig. So können problemlos auch
mehrere Spieler interagieren. Allerdings kann der Bildschirm dabei nicht zwischen den Personen unter-
scheiden. Dafür ist jegliche Form von Gestiken möglich, beispielsweise das Spreizen von Fingern wird
zum virtuellen Zoom.27
Da der Bildschirm keine kinästhetische Rückmeldung gibt, muss eine optische, akustische oder taktile
Rückmeldung erfolgen.28
Außerdem ist das Display nicht für Umgebungen mit hellen Lichtverhältnissen,
also beispielsweise dem Außenbereich geeignet.29
Wirklich gut geeignet ist das Display für schnelles und
genaues Zeigen, Auswählen oder Ziehen. Dafür muss es am besten in der Mitte des Spieltisches liegen,
damit jeder Spieler es problemlos bedienen kann. Mit dem Display sind grundsätzlich viele Einsatzmög-
lichkeiten denkbar. Es ist die wichtigste Ein- und Ausgabemöglichkeit für den Spieler. Er erhält durch
visuelle Anzeigen schnelle Informationen jeglicher Art und kann durch Klicken und Gestiken schnell dar-
auf reagieren. Nur auf längere Texteingaben sollte möglichst verzichtet werden.30
Kamera:
Die meisten Versionen des iPads besiten zwei Kameras, eine auf der Rückseite und eine auf der Vorder-
seite. Beide sind hochauflösend und so optimal für Bilderkennung geeignet. In Kombination mit Spielen
ist es besonders interessant, dass durch die Kamera und entsprechender Bilderkennungs-Software
Spielfelder, Spielkarten oder Aktionen der Spieler erkannt werden können. Besonders Spielfelder sind
oft geometrisch oder besonders kontrastreich gestaltet und bieten so eine gute Grundlage, dass mit Hilfe
einer Kamera diese und dazugehörige Spielsteine erkannt werden können. So ließen sich Spielstände
mitverfolgen und analyiseren. Auch Aktionen von Spielern könnten erkannt werden und zur rechten Zeit
durch die Spiele-Erweiterung realiesiert werden.31
Es ist auch vorstellbar, dass die Kamera Spielkarten
als visuelle Marker erkennt, vergleichbar mit dem Erkennen von QR-Codes. So sind auch
24
IDC (2013): o.S.
25
Vgl. Apple (2013a): o.S.
Vgl. Apple (2013b): o.S.
Vgl. Apple (2013c): o.S.
Vgl. Apple (2013d): o.S.
26
Vgl. Heinecke (2012): 115
27
Vgl. Heinecke (2012): 117
28
Vgl. Heinecke (2012): 118
29
Vgl. Heinecke (2012): 150
30
Vgl. Heinecke (2012): 104
31
Vgl. Kreissl (2013): o.S.
9. 9
Augmented-Reality Anwendungen denkbar, bei der mit Hilfe der Kamera und des Displays durch das
Tablet geschaut wird und die dort zu sehende Spielsituation durch digitale Inhalte erweitert wird.32
Sensoren und GPS:
Die Geoposition der Spieler ist im Bereich der Gesellschaftsspieler eher unbedeutend. Man könnte dies
höchsten im Bereich des Storytellings benutzen und eine zu erzählende Geschichte durch eine Ortsanga-
be personalisieren.
Interessanter sind vielmehr die in den Tablets eingebaute Sensoren. Neben den Lagesensoren, die
Auskunft über Neigung des Tablet geben, gibt es auch Magnetfeldsensoren, die als digitaler Kompass
fungieren. Diese könnten zum Beispiel erkennen, wenn das Tablet, auf dem Tisch liegend, von einem Mit-
spieler zum anderen gedreht wird.33
WLAN / Bluetooth
Drahtlosverbindungen wie WLAN oder Bluethooth ermöglichen eine Kommunikation zwischen mehreren
Geräten über kurze Distanzen durch Funk. Im Spielebereich ließ sich so das Tablet mit anderen elektro-
nischen Geräten verbinden, die für das Spiel entwickelt wurden. So gibt es beispielsweise unter dem Na-
men „Dice Plus“ breites einen Würfel auf dem Markt, der per Bluetooth mit einem Tablet verbunden ist
und so interaktive Spiele ermöglicht.34
Für das klassische Brettspiel würde dies aber immer deuten, dass
neue elektronische Zusatzgeräte mit dem Spiel ausgeliefert oder zusätzlich erworben werden müssten
um alte Spiele nachzurüsten.
Lautsprecher / Mikrofon:
Audio ist ein wichtiger Bestandteil des erweiterten Spielerlebnisses. Die Audioausgabe ermöglicht es
durch wiedergegebene Töne und Sprache eine Atmosphäre in der Spielsituation herzustellen ohne un-
bedingt den Blick auf das Tablet richten zu müssen. Daher sind gute Lautsprecher wichtig für das Tablet.
Jeder Spieler im Raum sollte ohne zusätzliche Lautsprecher in der Lage sein gesprochene Texte zu ver-
stehen. Das Mikrofon ermöglicht zusätzlich die Spracheingabe. Darüber hinaus hat sich die Technologie
der Spracheingabe hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Hier könnte man den Spieler, bei Ak-
tionen und Entscheidungspunkten im Spiel die geforderte Antwort einfach aussprechen lassen.35
Dabei
würde der Spielablauf kaum unterbrochen und der Spielfluss würde aufrecht erhalten.
Egal für welche Interaktionstechnik sich entschieden wird, es ist es wichtig, dass Software und Hardware
aufeinander und auf die Bedürfnisse des Benutzers angepasst sind. Hier greifen die vier großen Gestal-
tungsrichtlinien für Ein- und Ausgabegeräte nach ISO-Norm: Angemessenheit, Handbarkeit, Steuerbar-
keit und Minimierung der biomechanischen Belastung.36
Das heißt die Bedienung muss einfach und
selbsterklärend sein, das Display für alle gut sichtbar sein. Geht man davon aus, dass alle Spieler mit
dem Tablet interagieren sollen, muss die Position des Tablets auf dem Tisch günstig sein und auch das
visuelle Interface darauf abgestimmt sein.
32
Vgl. Wikipedia (2013): o.S.
33
Vgl. Heinecke (2012): 148
34
Vgl. Game Technologies (2013): o.S.
35
Vgl. Heinecke (2012): 145, 146
36
Vgl. Heinecke (2012): 99, 100
10. 10
Teil 4
Designstudie
Bei dieser Konzeptstudie sollen drei Ideen für hybride Spiele-Erweiterung dargestellt werden. Dabei wird
versucht auf den Erkenntnissen aus den vorigen Kapitel dieser Seminararbeit aufzubauen und diese in
kurze realisierbare Spielideen umzusetzen. Im Folgenden sollen drei Konzeptideen vorgestellt werden:
Konzept 1: Der Beobachter
Beim Beobachter wird das iPad zum eher passiven Helfer der Spieler. Das iPad wird über einen Standfuß,
zum Beispiel das Apple Smartcover aufgestellt und so ausgerichtet, dass die auf der Rückseite liegende
Kamera das Spielfeld im Fokus hat. Die Applikation kann nun durch Bilderkennung das Spielfeld beob-
achten, analysieren und die gesammelten Daten für den Spieler verarbeiten. So ermöglicht es die Appli-
kation jederzeit den Spielstand anzuzeigen, indem sie beobachtet und erkennt, welcher Spieler wie viele
Siedlungen, Städte oder Straßen gebaut hat. Zudem werden Ereigniskarten erkannt, wenn sie in das
Sichtfeld der Kamera gehalten werden. So kann auch verfolgt werden welcher Spieler möglicherweise
die meisten Ritterkarten angehäuft hat. Auch kann durch diese Beobachtung des Spielablaufs jederzeit
kontrolliert werden, ob die Spielregeln eingehalten werden und ob zum Beispiel alle Siedlung auch an
Stellen gebaut werden, an denen es die Spielregeln erlauben. Mit Hilfe der Spracherkennung weiß die
Applikation welche Augenzahl gewürfelt wurde oder ob ein Spieler eine Anweisung bestätigt hat.
Diese Erweiterung ist auch wichtig und gut für die Startphase des Spiels. Dies betrifft den Aufbau und
das Erklären der Spielregeln. Hier können die Mitspieler durch die Kamera des iPads schauen und per
Augmented Reality erkennen wo die nötigen Spielfeldkarten platziert werden müssen, oder direkt am
Objekt erkennen welche Spielzüge verboten sind. Die Applikation interagiert mit dem Spieler durch
Sprachsteuerung und durch Audioansagen, da das Display durch seine Stellung für die meisten Spieler
nicht einsehbar ist.
Dadurch, dass der Beobachter jederzeit den Überblick über den Spielverlauf hat, können die Mitspieler
sicher sein, dass jeder sich an die Regeln hält. Das bedeutet nicht dass dem Spiel die Dynamik verloren
geht, sondern vielmehr, dass keine Frustration durch falsche Spielabläufe aufkommt. Außerdem kann
die Applikation erkennen wann das Spiel zu Ende ist und welcher Spieler gewonnen hat. Durch den in-
ternen Speicher kann die Applikation detaillierte Statistiken über mehrere Spiele hinweg führen.
Es wäre außerdem vorstellbar, dass der aktuelle Spielstand mit Hilfe einer weiteren Smartphone-Ap-
plikation und Bluethooth oder WLAN an die Telefone der Mitspieler übertragen wird, sodass jeder mit
einem Blick auf sein Telefon erkennen kann welcher Spieler gerade in Führung liegt.
+ Spielstände erkennen und speichern
+ Augmented Reality für Aufbau- und Spielanleitung
+ Fehler erkennen und intervenieren
Darstellungen Konzept 1.: Spielsituation mit iPad auf Spielflächer gerichtet (links),
Screendesign Aufbausituation (recht oben), Screendesign Fehlersituation (recht unten)
11. 11
Konzept 2: Der Vulkan
Bei dieser Erweiterungsidee wird hauptsächlich eine besondere Zufallskomponente ins Spiel einge-
bracht. Das Tablet fügt sich hierbei in das Spielfeld mit ein und zeigt einen lodernden Vulkan aus der
Vogelperspektive. Die Spieler wissen allerdings nicht wann der Vulkan ausbricht und das Spiel vorzeitig
beendet und damit den führenden Spieler zum Sieger macht. Höchstens eine ungefähre Spieldauer
kann vor dem Start des Spieles eingestellt werden. Die Applikation nutzt hauptsächlich das große Mul-
titouch-Display des Tablets und die eingebauten Lautsprecher als Audiowiedergabe. Um dem Spiel eine
zusätzliche Dimension zu geben, wird der Vulkan genutzt um mit einem imaginären Vulkan-Geist zu
kommunizieren und ihm Rohstoffe als Opfergabe zu überreichen.
Bei jeder erbauten Siedlung oder Stadt kann der Spieler entscheiden ob er den Vulkan-Geist mit einer
Opfergabe milde stimmen möchte. Dazu benutzt er eine kreisende Geste um mit dem Geist kontakt auf-
zunehmen. Dieser spricht dann mit Hilfe der Audioausgabe mit dem Spieler und fordert ihn auf, Rohstof-
fe abzugeben. Dabei fragt die Applikation zusätzlich den aktuellen Spielstand des Spielers ab und be-
rücksichtig diese bei der Reaktion. Der Spieler erhält nun je nach Laune des Geistes eine Spielanweisung.
Diese Aktion kann reichen von der Zerstörung der erbauten Siedlung bis hin zum kostenfreien Bauen
einer Stadt oder der Verdopplung der Rohstofferträge für eine bestimmte Anzahl an Runden.
+ Einbringen einer Zufallskomponente
+ Begrenzung der Spieldauer
+ Neue Spieldimension durch Interaktion mit dem Vulkan-Geist
+ Soundeffekte und Einbindung des Tablets direkt in das Spielfeld
Darstellungen Konzept 2.: Spielsituation mit iPad in Spielfläche integriert
12. 12
Konzept 3: Ich, der Siedler
Bei dieser Erweiterung dreht sich das Geschehen um einen Avatar des Spielers. Es werden Spieleigen-
schaften von Rollenspielen gemischt mit denen des Gesellschaftsspiels. Jeder Spieler erstellt am Anfang
des Spieles einen persönlichen Avatar, den er nach seiner Vorstellung optisch gestalten kann. Im Laufe
des Spiels kann dieser Avatar dann, ausgelöst durch den Bau eine Siedlung oder Stadt, neue Fertigkei-
ten erlenen. Die Spieler können zwischen vier verschiedenen Fertigkeiten auswählen und diese dann
verbessern. Das Level der Fertigkeit hat dann wieder Einfluss auf den Spielablauf. Ein Avatar kann ausge-
bildet werden in den Fertigketien Glück, Handelsgeschick, Ritterehre und Forschertum.
Während des Spiels wird diese Idee realisiert, indem das Tablet für alle zugänglich in der Mitte des Ti-
sches liegt und durch den digitalen Kompass erkennt, wenn das Gerät zum nächsten Spieler gedreht
wird. So kann automatisch das Interface des benötigten Avatars aufgerufen werden. Gewürfelt wird
ebenfalls über das Multitouch-Display des Tablets. Ist beispielsweise die Fähigkeit Glück bei einem Ava-
tar stark ausgeprägt, dann würfelt die Applikation mit einer höheren Wahrscheinlichkeit die vorher
eingestelten Glückszahlen des Spielers. Sind andere Fähigkeiten des Avatars höher entwickelt, können
andere Aktionen ausgelöst werden. Handelsgeschick ermöglicht es zu bestimmten Runden günstigere
Tauschverhältnisse beim Rohstofftausch zu bekommen. Die Ritterehre kann Einfluss auf die Räuberfigur
nehmen, und das Forschertum kann bei Erreichen bestimmter Fertigkeitslevel Rohstoffe durch Erfindun-
gen generieren.
Denkbar bei dieser Erweiterung ist, dass die Avatare den Spieler immer begleiten. Über einen Online
Account kann der Avatar auch auf anderen iPads abgerufen werden oder bei Online-Spielen benutzt
werden. So können die Fertigkeiten des Avatars über Plattformen und einzelnen Spiele hinweg benutzt
und trainiert werden. So kann der Spieler stärker in das Spiel involvieren und zum Beispiel weltweite
Ranglisten und Statistiken geführt werden.
+ Spieler kann plattformübergreifend seinen persönlichen Avatar erstellen
+ Fertigkeiten des Avatars haben direkte Auswirkungen auf den Spielverlauf
+ internationale und Spiel übergreifende Statistiken können geführt werden
Darstellungen Konzept 3.: Avatar auf iPad neben dem Spielfeld
13. 13
Teil 5
Fazit
Schon Konfuzius sagte: „Ich höre und vergesse. Ich sehe und behalte. Ich handle und verstehe.“ Dieser
Satz impliziert, dass multimodale Erfahrung und Involvierung eine empfindsamere Wahrnehmung, eine
gestärkte Merkfähigkeit erzeugen.37
Genau dies ist einer der wichtigen Aspekte von Gesellschaftsspielen.
Die Spieler lernen unbewusst für das Leben und stärken ihre soziale Kompetenz. Dieser Aspekt von Ge-
sellschaftsspielen sollte erhalten und durch interaktive Erweiterungen gestärkt werden, sodass sich ein
spürbarer Mehrwert entwickelt.
Auch in ökonomischer Hinsicht ist die Idee hybrider Gesellschaftsspiele zukunftssicher. Für die Verlage
ist eine Entwicklung in diese Richtung ein Einstieg in einen Wachstumsmarkt durch den gleichzeitig be-
stehende Produkte gestärkt werden. Die Verlage können durch die Konvergenz von analoger und digita-
ler Spielwelt eine Produktdifferenzierung erschaffen und das Involvement des Kunden stärken.
Technisch bieten die Tablets eine geeignete Grundlange für die Interaktion in Verknüpfung mit einem
Gesellschaftsspiel. Die Verbreitung von Tablets in deutschen Haushalten wächst stetig und die tech-
nischen Ein- und Ausgabemöglichkeiten der Tablets sind vielseitig. Auch das Erweitern älterer Gesell-
schaftsspiele ist weitgehend problemlos möglich. Einige gewünschte Funktionen, wie das Verfolgen von
Spielständen, lassen sich nur schwierig mit alten Spielen umsetzen. Wird der Interaktionsgedanke be-
reits bei der Produktion berücksichtig, so können Interaktionen leichter realisiert werden, zum Beispiel
durch interaktive Spielsteine.
Fasst man die Erkenntnisse der vorangegangen Kapitel zusammen ergeben sich folgende wichtige Vor-
aussetzung für die Erweiterung eines Gesellschaftsspiels:
- Die Werte des Gesellschaftsspiel müssen erhalten blieben. Dass heißt das gemeinsame und ge-
nerationsübergreifende Spielen in der Familie muss genauso unterstützt werden wie die Kom-
munikation unter den Mitspielern. Dabei sollte das Spiel auf die Bedürfnisse der unterschiedli-
chen Generationen eingehen und strategisches Denken und Kreativität fördern.
- Um die Spieler zu fesseln und die Vorzüge des Tablets auszunutzen, sollte die Atmosphäre
durch attraktive audiovisuelle Inhalte positiv beeinflusst werden. Dabei sollte aber der Spielfluss
nicht unterbrochen und die Gesamtdauer des Spiels nicht unnötig verlängert werden.
- Im Bereich der Software muss eine Fehlertolleranz und Fehlerkorrektur sichergestellt sein.
Außerdem muss das grafische Interface für alle erkennbar und lesbar sein, und sollte bei Inter-
aktion visuelle Rückmeldung geben.
- Die Erweiterung muss im Rahmen der technischen Möglichkeiten des Systems Tablet bleiben,
gleichzeitig aber auch alle Ein- und Ausgabewege wie Sensoren, Lautsprecher, Kamera oder
Multitouch-Display ausschöpfen.
- Bezüglich des Spielinhalts sollte die Erweiterung einen einfachen Einstieg in die Spielregeln
ermöglichen und zugleich dem klassischen Familienspiel eine weitere Dimension geben. Zudem
ist es wünschenswert wenn die Einhaltung der Spielregeln und der Spielverlauf und Spielstand
konstant überprüft und den Spielern während und nach dem Spiel zugänglich gemacht wird.
- Bei der Interaktion sollte die Spieler-Reinfolge erkannt werden und auf den Spielverlauf, bei-
spielsweise durch das Unterstützen von schwachen Spieler, eingegangen werden.
Wie in dieser Seminararbeit gezeigt, lassen sich auch inhaltlich viele Möglichkeiten der Erweiterung von
Gesellschaftsspielen relaisieren. Es gibt unzählige Möglichkeiten, die das Spiel bereichern und interes-
santer machen. Die Applikationen ermöglichen es durch Updates immer neue Motivationen zu schaffen
um das klassische Spiel neu zu entdecken und für alle Altersgruppen attraktiver zu gestalten.
Das inhaltliche, technische und wirtschaftliche Potenzial der medialen Erweiterung klassischer Gesell-
schaftsspiele dürfte sehr hoch sein. Das hat der Markt bereits erkannt und es sind in Zukunft sicherlich
noch weitere Produkte dieser Kategorie erwartet werden.
37
Vgl. Ritter (2013): 102.
14. 14
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