Optimierung von Wirtschaftsdiensten in Krankenhäusern am Beispiel der Bettenreinigung und des Patiententransports.
Vortrag anlässlich der Vorlesung Krankenhausinformationssysteme der Universität Bayreuth
Optimierung von Wirtschaftsdiensten in Krankenhäusern
1. Optimierung von Wirtschaftsdiensten
in Krankenhäusern
Prozessoptimierung von Wirtschaftsdiensten in
Krankenhäusern am Beispiel der Bettenreinigung und
des Patiententransports
Vortrag im Rahmen der Vorlesung
Krankenhausinformationssysteme
an der Universität Bayreuth
Sommersemester 2009
Dr.-Ing. Tobias Schittkowski
2. Über mich…
Studium der technischen Physik in Bayreuth bis 1999
Promotion an der FAN zum Dr.-Ing. in 2004
Seit 2004 selbständiger Softwareentwickler
Enge Kooperation mit der Firma ESF
Kontakt: www.schittkowski.de
5. Bettenreinigung - Worum geht es?
Dezentrale Reinigung von Patientenbetten in den
Patientenzimmern
Problembeschreibung
Anforderung einer Reinigung erfolgt von
Pflegepersonal
Ziel:
– Verwaltung der Anforderungen
– Optimale Steuerung des Reinigungspersonals
6. Vorheriger Zustand
Bettenreinigung durch externe Firma, Bezahlung nach
Anzahl gereinigter Betten
Problembeschreibung
Durchschnittlich 130 Reinigungsanforderungen täglich, etwa
47.000 Bettenreinigungen pro Jahr
Stationen rufen in der Hauswirtschaftszentrale an und
fordern eine Reinigung an
Die Zentrale gibt die Aufträge per Telefon an das
Reinigungspersonal weiter
Während der Arbeitszeit (8h) also alle 3-4 Minuten ein Anruf!
7. Problemstellung
Keine Dokumentation, wer genau was wann angefordert hat
Zentrale muss ständig besetzt sein, um Anforderungen
anzunehmen
Problembeschreibung
Telefon oft besetzt → Frustration bei Mitarbeitern
Monatsabrechnung durch manuelles Addieren der
Aufzeichnungen (ca. 4000 Positionen!)
Reinigungspersonal weiß nicht, wie viel Betten noch zu
erledigen sind.
Auf der Station ist der Status der Anforderung unbekannt
Von der Anforderung bis zur Durchführung sind teilweise
mehrere Stunden vergangen
8. Lösungskonzept
Im Rahmen des Programms „ServiceProfi“ wurde folgendes
Lösungskonzept erarbeitet:
– Anforderung erfolgt über Eingabemaske am PC
– Bei der Anforderung kann eine Priorität definiert werden
– Reinigungspersonal bestätigt am PC die gereinigten Betten
Lösungskonzept
und erhält die Information über den nächsten Auftrag
– Am PC ist für das Stationspersonal jederzeit der Status der
Anforderungen ersichtlich
9. Wichtige Merkmale
Zentrale Übersicht über den Stand der Anforderungen
Berichts- und Statistikmodul für monatliche Abrechnungen und
diverse Auswertungen
Direkte Rechnungsübernahme nach SAP R/3
Optimierung der Auftragsvergabe durch Berücksichtigung
folgender Faktoren:
Lösungskonzept
– Alter der Anforderung
– Priorität der Anforderung
– Wegezeit
– Standort und Status der anderen Personen
10. Bestimmung der Entfernung
Manuelle Eingabe der Entfernungen der wichtigsten
Knotenpunkte
Automatische Berechnung der Entfernungsmatrix Station X →
Station Y (Floyd-Algorithmus)
Lösungskonzept
11. Kriterien der Auftragsvergabe
Auftragsalter
Lösungskonzept
Wegezeit Priorität
Wichtig: individuelle Anpassung der Parameter an den
jeweiligen Kunden!
12. Randbedingungen
Personal, das bereits einen Auftrag auf der Station bearbeitet,
bekommt auch den nächsten Auftrag auf der gleichen Station
(keine Wegezeit)
Nach einer bestimmten Zeitspanne MUSS jeder Auftrag verteilt
werden (Obergrenze der Wartezeit)
Die Person, für welche die Berechnung erstellt wird, wird
Lösungskonzept
bevorzugt
Der Standort des anderen Personals muss berücksichtigt werden
Arbeitspausen und andere Abwesenheiten müssen berücksichtigt
werden (nicht immer ist jeder verfügbar)
13. Kostenfunktion
Problemlösung durch Einführung einer Kostenfunktion bzw.
Kostenmatrix
Die „Kosten“ bestimmen sich aus den genannten Faktoren
Die Gewichtung der Faktoren ist ein Kompromiss:
– Wie lange muss man bis zur Erledigung der Anforderung
warten?
Lösungskonzept
– Wie wichtig ist die Priorität der Anforderung?
– Soll das Personal möglichst wenig laufen?
– Sollen möglichst wenig Personal eingesetzt werden?
14. Kostenmatrix
Meier Müller Schmidt Andrack
Innere 25 37 24 19
Geriatrie 27 18 37 23
Kinder 29 31 31 16
Chirurgie 19 15 28 29
Lösungskonzept
Ziel: Ermittlung einer Kombination, bei der die Summe aller
Kosten minimal wird
Hier z.B. beträgt die minimale Summe 19+18+24+16=77
Bei N Spalten bzw. Zeilen gibt es N! (1×2 ×3 ×… ×N)
Kombinationsmöglichkeiten.
Typisch: N=20 → 2.4 × 1018 Möglichkeiten
15. Lösung der Kostenmatrix
Problemklasse: Linear Assignment Problem
Implementierung in PHP
Berechnung der optimalen Kombination in weniger als 1 Sekunde
Lösungskonzept
16. Ablauf der Implementierung
Erstellung des Lösungskonzepts im Jahre 2000
Vertragsabschluss Anfang 2001
Erfassen der Stationen, Zimmer und Wegezeiten
Ab August 2001 Live-Betrieb auf 15 Stationen
In den ersten 8 Tagen intensive Betreuung und Begleitung durch
ESF und Hauswirtschaftsleitung
Lösungskonzept
Ab Januar 2002 Live-Betrieb der restlichen 20
Stationen
Laufende Anpassung der Betriebsparameter für optimale
Verteilung der Aufträge.
Ab 2005 Einführung einer Intranet-basierten Lösung über
Webbrowser
17. Programmvorstellung
Grundlagen:
– Zentrale Datenbank
Programmvorstellung
– Oberfläche mittels HTML+PHP+JavaScript
– Zugriff mittels bel. Webbrowser (auch über PDAs)
Auftragsbestätigung und Authentifizierung des
Reinigungspersonals über Login am PC oder Transponder
Ausgabe des neuen Auftrags über PC oder Drucker
Testversion unter http://www.esf-software.de/spnet/index.php
38. Einsparpotential
Reaktionszeit
4
3,5
3
2,5
Stunden
2
Einsparpotential
1,5
1
0,5
0
Dez 01 Jan 02 Feb 02 Mrz 02 Apr 02 Mai 02 Jun 02 Jul 02 Aug 02 Sep 02
Monat
39. Amortisation
In diesem Beispiel ergibt sich eine materielle Einsparung
von 41.000 Euro jährlich
Einsparpotential
40. Ergebnis (1)
Einsparung für die Zentrale, die bis jetzt die Anforderungen
entgegengenommen hat (Arbeitsplatz entfällt)
Weniger Arbeitszeitverluste für Wahlwiederholungen
wegen besetzter Telefone
Einsparpotential
Zentraler Überblick über den Status der einzelnen Aufträge
(abgeschickt, angenommen, erledigt)
Ausgewählte Stationen werden bevorzugt bedient (Priorisierung)
41. Ergebnis (2)
Verkürzung der Reaktionszeiten (Anforderungen werden schneller
erledigt)
Mitarbeiter werden nicht durch Telefonanrufe oder Rufempfänger
in der Arbeit unterbrochen
Einsparpotential
Weniger Wegezeiten (Reinigungspersonal muss weniger laufen)
Kein Zeitaufwand mehr für monatliche Abrechnungen (Daten
können z.B. direkt nach SAP übernommen werden)
43. Was macht der Patiententransport?
Festangestelltes Personal (oder Zivis), das für den Transport von
Patienten zwischen Stationen und Funktionseinheiten wie
Röntgen, EKG, etc. zuständig ist
Patiententransport
Patienten werden liegend, gehend oder im Rollstuhl transportiert –
eventuell müssen sie dabei von 2 Personen begleitet werden.
Nach den Behandlungen müssen die Patienten wieder von den
Funktionsabteilungen abgeholt und zur Station gebracht werden
44. Stand vor der Software-Lösung
Die Stationen rufen die Transportpersonen auf schnurlosem
Telefon an und teilen mit, wer wann wohin gebracht werden muss.
Transportpersonen notieren sich die evtl. und legen dann ihre
Patiententransport
Route fest
Die einzelnen Personen wissen nichts voneinander
45. Probleme beim alten System
Es ist nicht protokolliert, wer was wann angefordert hat
Die Transportpersonen laufen teilweise zur gleichen Station und
bewegen sich „kreuz und quer“ durch das Krankenhaus
Patiententransport
Es ist nicht nachvollziehbar, wer welchen Transport durchgeführt
hat.
Es kommt zu Staus vor den Funktionsabteilungen bzw. die
Patienten müssen nach der Untersuchung zu lange warten, bis sie
abgeholt werden.
46. Lösung
Einsatz von IT-Techniken wie bei der Bettenreinigung
Eingabe der Transportanforderungen durch Masken im Browser
Patiententransport
Zuweisung der Transporte an Mitarbeiter durch PC oder durch
DECT-Telefone (Sprachcomputer)
Optimierte Bestimmung der Transportreihenfolge und
Auftragsvergabe durch mathematische Optimierungsalgorithmen
47. Optimierungskriterien
Wegezeit, Alter des Auftrags und Priorität sind nur einige
Kriterien…
Am Wichtigsten sind die Zeitpunkte der Abholung und/oder der
Ablieferung am Zielort
Patiententransport
Deswegen lassen sich bei der Anforderung diese Zeiten
definieren, z.B. Abholung ab 15:30 oder Ablieferung bis 17:15.
Daraus ergibt sich im Vergleich zur Bettenreinigung wesentlich
komplexeres Optimierungsverhalten
48. Möglichkeiten bei den Zeitpunkten:
1. Keine Zeit angegeben: der Patient wird so schnell wie möglich
abgeholt
3. Zeitpunkt der Abholung angegeben: Der Patient wird möglichst
nahe an diesem Zeitpunkt abgeholt, aber wenn möglich Fall
Patiententransport
danach (z.B. weil Behandlung dann beendet ist)
5. Zeitpunkt der Ablieferung: Der Patient wird so abgeliefert, dass er
möglichst wenig vor der Behandlung warten muss
7. Beide Zeiten sind angegeben: Es wird ein Kompromiss aus den
beiden Vorgaben gebildet, aber tendenziell so, dass der Patient
am Zielort möglichst wenig warten muss.
51. Inhalt der Anforderungsmaske (1)
Name des Patienten
Start-Station (standardmäßig die aktuelle Station, kann
aber geändert werden)
Zimmer, in dem der Patient abgeholt werden soll
Patiententransport
Priorität
Bemerkungsfeld
Zeitpunkt der Abholung
Zeitpunkt am Zielort
52. Inhalt der Anforderungsmaske (2)
Transportziel
Transportarten (gehend, Rollstuhl, im Bett,…)
evtl. Anforderungen an die durchführende Person
(examiniert, nicht examiniert, …)
Patiententransport
Auftraggeber
Telefon/Piepser des Auftraggebers
54. Andere Anforderungsarten (1)
Schlussdesinfektionen
Bei ansteckenden Krankheiten muss nach der
Entlassung des Patienten das Zimmer von speziellen
Fachkräften desinfiziert werden. Auch diese
Anforderungen werden vom Programm SERVICE-
PROFI erfasst und weitergereicht.
Erweiterungen
55. Andere Anforderungsarten (2)
Haustechnik
Handwerkerleistungen werden über PC angefordert.
Die Beschreibung des Defektes (z. B. Wasserhahn
tropft im Zimmer 103) wird am PC vor Ort schriftlich
erfasst. Die Wirtschaftlichkeit der ausführenden
Handwerker kann mittels benötigter Zeiteinheiten
Erweiterungen
überwacht werden. Zusätzlich können erbrachte
Leistungen auf einem Handheld bestätigt werden. Die
bestätigten Leistungen können dann zur
Weiterverrechnung direkt in das EDV-System
eingespielt werden.
56. Andere Anforderungsarten (3)
EDV Probleme
Leistungen der EDV-Abteilung können ebenfalls per
PC angefordert werden. Zeitverluste durch besetzte
Telefone entfallen damit ebenso wie akustisch falsch
verstandene Informationen. Zudem kann der
anfordernde Mitarbeiter seine Information zu jeder
Erweiterungen
Tageszeit absenden.
57. Andere Anforderungsarten (4)
Medikamentenbestellung
Durch die Anbindung der Medikamentenbestellung an das
Warenwirtschaftssystem der Hausapotheke entfällt die aufwendige
Bestellung von benötigten Medikamenten über Telefon oder Hauspost.
Dadurch kann jederzeit auf den Stationen kontrolliert werden, welche
Medikamente bereits bestellt sind, welche Medikamente vorrätig sind
und wie lange die Lieferzeiten bei einer Bestellung wären.
Erweiterungen
Durch all diese Information minimiert sich das Risiko von
Fehlbestellungen und Doppelbestellungen und durch die
Protokollierung aller Vorgänge lassen sich Falschbestellungen
jederzeit nachverfolgen.
Auch wird der Bestellvorgang merklich beschleunigt, da die
aufgegebenen Bestellungen sofort in der Apotheke eintreffen.
58. Andere Anforderungsarten (5)
Wäschebedarf
Viele Vorteile des SERVICE-PROFI ergeben sich auch aus
dem Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten, wie
sich im Modul Wäschebedarf veranschaulichen lässt.
Zum einen erlaubt dieses Modul eine vereinfachte Bestellung
von Wäsche aus der zentralen Wäscherei, zum anderen gibt
Erweiterungen
es eine Kopplung zum Modul Bettenreinigung. Dies bedeutet,
das nicht für jedes neu gereinigte Bett neue Wäsche bestellt
werden muß, da dies automatisch geschieht, sobald eine
Bettenreinigung angefordert wurde.
59. Andere Anforderungsarten (6)
Büromaterial-Bestellungen
Die automatisierte Bestellung von Büromaterial macht eine Lagerung
von Büromaterial im Klinikum und das Personal und den Raum für die
Lagerhaltung überflüssig.
Dadurch spart man einerseits Platz, zum anderen wird kein Kapital
gebunden. Und der Personalbedarf für die Bestellung und
Materialausgabe entfällt.
Erweiterungen
Statt dessen kann das Stationspersonal direkt das geforderte Material
über einen Katalog am Bildschirm bestellen. Die Bestellungen werden
automatisch zentral gesammelt und in festgelegten Zeitabständen
einem Großhändler übermittelt, der die Lieferung zusammenstellt und
das bestellte Material innerhalb von 24 Stunden ausliefert. Die
Lieferungen werden vom Hol- und Bringedienst oder vom
Büromaterialhändler direkt auf die Stationen gebracht.
60. Andere Anforderungsarten (7)
Hol- und Bringedienst
Alle Stationen und auch die Diagnostikabteilungen melden die
Notwendigkeit von Transporten per EDV an. Die Zentrale
setzt die in diesem Bereich eingesetzten Mitarbeiter
entsprechend ein. Damit werden Wegezeiten optimiert und
Leerwege weitgehend ausgeschlossen.
Erweiterungen
61. Authentifizierung über RFID
Personal identifiziert sich über Login (mit Passwort) am
Stationsrechner oder per persönlichem Transponder-Chip.
Damit wird der aktuelle Auftrag als ausgeführt gekennzeichnet.
Der neue Auftrag wird am Bildschirm angezeigt oder per Drucker
ausgegeben.
Erweiterungen
Vorteile der Transponder/Drucker-Variante:
– Kein Zugang zum Stationsrechner notwendig
– Kein Passwort zu merken
– Nur Transponder-Chip (z.B. als Schlüsselanhänger)
– Schriftliche Ausgabe des Auftrags
62. Authentifizierung über Telefon (DECT)
Personal hat internes Telefon dabei
Nach Abarbeitung des neuen Auftrags:
– Anwahl einer internen Nummer
– Eingabe einer persönlichen PIN
– Bestätigung der Eingabe über Sprachausgabe
Der neue Auftrag wird per Sprachausgabe angesagt:
– Ansage der Station
Erweiterungen
– Ansage der Auftragsdaten
Vorteile der Telefon-Variante:
– Zentraler Rechner mit Anschluss an Telefonanlage
– Keine zusätzliche Hardware (Transponderleser) auf Stationen
notwendig