2010 - EESSI - Electronic Exchange of Social Security Information
2012 - Die Auswirkungen der europäischen Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit auf die Schweiz und auf Liechtenstein
1. Institut für Wirtschaftsrecht
Zentrum für Sozialrecht
PD Dr. iur. Silvia Bucher, RA
Einführung
Les répercussions de la coordination européenne
des systèmes de sécurité sociale
sur la Suisse et le Liechtenstein
Die Auswirkungen der europäischen Koordinierung
der Systeme der sozialen Sicherheit
auf die Schweiz und auf Liechtenstein
28.06.2012, Fribourg
Zürcher Fachhochschule 1
2. Von den verschiedenen Verträgen
zu den Koordinierungsverordnungen
EU (1) (UE)
Rechtsgrundlage für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in
Art. 48 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union:
«Das Europäische Parlament und der Rat beschliessen gemäss dem ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der
Freizügigkeit der Arbeitnehmer notwendigen Massnahmen; zu diesem Zweck führen sie
insbesondere ein System ein, das zu- und abwandernden Arbeitnehmern und Selbstständigen
sowie deren anspruchsberechtigten Angehörigen Folgendes sichert:
a) die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen
Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des
Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen;
b) die Zahlung der Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten
wohnen.
[…]»
(früher insbesondere Art. 42 bzw. Art. 51 des Vertrags zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft bzw. des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft)
Zürcher Fachhochschule 2
3.
EU (2)
Koordinierungsverordnungen:
• Grundverordnung:
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen
Sicherheit
• Durchführungsverordnung:
Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die
Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung
der Systeme der sozialen Sicherheit
(seit 1. Mai 2010; zuvor Verordnungen Nr. 1408/71 und Nr. 574/72; noch früher
Verordnungen Nr. 3 und Nr. 4)
Zürcher Fachhochschule 3
4. EWR (1) (EEE)
Art. 29 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
«Zur Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der selbständig
Erwerbstätigen stellen die Vertragsparteien auf dem Gebiet der sozialen
Sicherheit gemäss Anhang VI für Arbeitnehmer und selbständig
Erwerbstätige sowie deren Familienangehörige insbesondere folgendes
sicher:
a) die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen
Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die
Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung
der Leistungen;
b) die Zahlung der Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten
der Vertragsparteien wohnen.»
Zürcher Fachhochschule 4
5.
EWR (2)
Anhang VI nimmt Bezug auf die Koordinierungsverordnungen:
• Verordnung Nr. 883/2004
• Verordnung Nr. 987/2009
(seit 1. Juni 2012; zuvor Verordnungen Nr. 1408/71 und Nr. 574/72)
Zürcher Fachhochschule 5
6. FZA (1) (ALCP)
Art. 8 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten
andererseits über die Freizügigkeit:
«Die Vertragsparteien regeln die Koordinierung der Systeme der sozialen
Sicherheit gemäss Anhang II, um insbesondere Folgendes zu gewährleisten:
a) Gleichbehandlung;
b) Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften;
c) Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen nationalen
Rechtsvorschriften berücksichtigten Versicherungszeiten für den Erwerb
und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die
Berechnung der Leistungen;
d) Zahlung der Leistungen an Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet
der Vertragsparteien haben;
e) Amtshilfe und Zusammenarbeit der Behörden und Einrichtungen.»
Zürcher Fachhochschule 6
7.
FZA (2)
Anhang II nimmt Bezug auf die Koordinierungsverordnungen:
• Verordnung Nr. 883/2004
• Verordnung Nr. 987/2009
(seit 1. April 2012; zuvor Verordnungen Nr. 1408/71 und Nr. 574/72)
Zürcher Fachhochschule 7
8. EFTA-Übereinkommen (1) (Convention AELE)
Art. 21 des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen
Freihandelsassoziation (EFTA):
«Zur Herstellung der Freizügigkeit regeln die Mitgliedstaaten die Koordinierung der
Systeme der sozialen Sicherheit gemäss Anlage 2 zu Anhang K und durch das
Protokoll zu Anhang K über die Freizügigkeit zwischen Liechtenstein und der
Schweiz, um insbesondere Folgendes zu garantieren:
a) Gleichbehandlung;
b) Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften;
c) Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen nationalen
Rechtsvorschriften berücksichtigten Versicherungszeiten für den Erwerb und
die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der
Leistungen;
d) Zahlung der Leistungen an Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet der
Mitgliedstaaten haben;
e) Amtshilfe und Zusammenarbeit der Behörden und Einrichtungen.»
Zürcher Fachhochschule 8
9. EFTA-Übereinkommen (2)
Art. 8 von Anhang K:
«Die Mitgliedstaaten regeln die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
gemäss Anlage 2, um insbesondere Folgendes zu gewährleisten:
a) Gleichbehandlung;
b) Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften;
c) Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen nationalen
Rechtsvorschriften berücksichtigten Versicherungszeiten für den Erwerb und
die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der
Leistungen;
d) Zahlung der Leistungen an Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet der
Mitgliedstaaten haben;
e) Amtshilfe und Zusammenarbeit der Behörden und Einrichtungen.»
Zürcher Fachhochschule 9
10.
EFTA-Übereinkommen (3)
Anlage 2 zu Anhang K nimmt Bezug auf die
Koordinierungsverordnungen:
• Verordnung Nr. 1408/71
• Verordnung Nr. 574/72
(Verordnungen Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 noch nicht ins
EFTA-Übereinkommen übernommen)
Zürcher Fachhochschule 10
11. Warum eine Koordinierung der Systeme der
sozialen Sicherheit?
Z. B. Urteil des EuGH vom 3. März 2011 in der Rechtssache C-440/09,
Tomaszewska, noch nicht in der Slg. veröffentlicht, Randnr. 30:
«gewährleisten […], dass ein Arbeitnehmer, der von dem
durch den […]-Vertrag eingeräumten Recht auf Freizügigkeit
Gebrauch macht, nicht Vergünstigungen der sozialen
Sicherheit verliert, auf die er Anspruch gehabt hätte, wenn er
seine Berufslaufbahn in einem einzigen Mitgliedstaat
zurückgelegt hätte. Eine solche Folge könnte nämlich den
Arbeitnehmer der Union davon abhalten, von seinem Recht
auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, und würde somit diese
Freizügigkeit beeinträchtigen […]»
Zürcher Fachhochschule 11
12. Neues EU-Recht, Auslegung und Rechtsschutz
– jetzt und in Zukunft
EWR-Abkommen – FZA – EFTA-Übereinkommen
• Wie wird neues EU-Recht übernommen?
• Inwieweit ist bei der Auslegung die Rechtsprechung des EuGH zu
berücksichtigen?
• Dialog- und Vermittlungsverfahren gemäss Beschluss Nr. A1 der
Verwaltungskommission
• Welche Gerichte sind zuständig für Streitigkeiten
• im Rahmen des EWR-Abkommens:
• aus EU-Staaten?
• aus dem EWR angehörenden EFTA-Staaten wie Liechtenstein?
• im Rahmen des FZA:
• aus EU-Staaten?
• aus der Schweiz?
• im Rahmen des EFTA-Übereinkommens (insbesondere Liechtenstein
und Schweiz)?
Zürcher Fachhochschule 12
13.
Mit einer Auswahl solcher allgemeiner Fragen und
anderen aktuellen Problemen befassen sich die Referate von
• Jörg Tagger/Fleur Veltkamp:
Die einschlägigen Verträge – aktuelle Probleme aus der Sicht der
Europäischen Kommission/Les traités pertinents – problèmes
actuels vus par la Commission européenne
• Stephan Cueni/Jürgen Seeliger:
Die einschlägigen Verträge – aktuelle Probleme aus der Sicht der
Schweiz und Liechtensteins
• Astrid Epiney:
Auslegung der einschlägigen Rechtstexte, insbesondere
Berücksichtigung der europäischen Rechtsprechung
Zürcher Fachhochschule 13
14. Materielles Koordinationsrecht
Mit ausgewählten Aspekten befassen sich
die Referate von
• Bettina Kahil-Wolff:
Aperçu des principes de coordination, notamment des différences
entre le règlement no 1408/71 et le règlement no 883/2004
• Jean-Philippe Lhernould:
Le droit applicable I (règles générales concernant les conflits de
lois)
• Silvia Bucher:
Das anwendbare Recht II (besondere Vorschriften)
Zürcher Fachhochschule 14
15. Bevor wir auf rechtliche Fragen eingehen
Nicolas Rennuy:
Le projet trESS
Zürcher Fachhochschule 15