1. Wissensbilanz 2.0 für Unternehmen
Schritte zu einer objektiven Bilanzierung immaterieller Werte
2. Funktionen einer klassischen Bilanz
Peemöller: Bilanzanalyse und Bilanzpolitik, S.10
Funktion Inhalt
Intern: Grundlage für Planung und Kontrolle
Informationsfunktion Extern: Grundlage für Betriebsvergleiche und Betriebsanalysen
Intern: Gegenüber der Belegschaft
Rechenschaftsfunktion Extern: Gegenüber den Eigentümern, den Gläubigern und öffentlichen-
rechtlichen Institutionen
Nachweis der Wertbewegungen
Dokumentationsfunktion Nachweis der Geschäftsvorfälle
Erfolgsermittlung als Grundlage der Erfolgszurechnung, -verwendung und
Ermittlungsfunktion Besteuerung
Vermögens-und Kapitalermittlung als Grundlage von Fusion oder Sanierung
Erhaltung der Liquidität
Sicherungsfunktion Verhinderung von substanzmindernden Ausschüttungen
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3. Aufbau einer Bilanz
Mittelverwendung Mittelherkunft
In welchen Vermögenswerten sind die Woher kommen die finanziellen Mittel für
finanziellen Mittel investiert? die Investitionen?
Aktiva Passiva
Anlagevermögen (> 1 Jahr) Eigenkapital
Umlaufvermögen (> 1 Jahr) Fremdkapital
Verlust Gewinn
oder
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4. Anforderungen an eine Bilanz (1)
Der äußere Darstellungsform
Die Bilanz weist formal die Form eines T-Kontos (Kontenform) auf oder
die Bilanz ist in der Staffelform aufgeführt.
Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit wird eine summarische Zusammenfassung, inhaltlich
gleichartiger Bilanzposten,
in einer bestimmten Gliederungsform aufgeführt (nach HGB / IFRS).
Der innere Aufbau
Die Bilanz ist eine zusammengefasste kontenmäßige (horizontale/vertikale) Gegenüberstellung
der Vermögensteile als Aktiva und
der Schulden als Passiva eines Unternehmens
die durch das Reinvermögen (Eigenkapital) zum Ausgleichgebracht wird.
Die Aktivseite
Die Aktivseite zeigt die Kapitalverwendung,
die Vermögensformen
das Anlagevermögen
sowie das Umlaufvermögen (es findet also eine Aufteilung von Vermögen statt)
Das Vermögen wird nach ihrer Liquidierbarkeit aufgestellt,
wobei die erste Position die geringste Liquidierbarkeit besitzt und
die letzte Position am liquidierbarsten ist.
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5. Anforderungen an eine Bilanz (2)
Die Passivseite
Die Passivseite zeigt die Kapitalherkunft, also somit die Vermögensquelle,
das Eigenkapital
sowie das Fremdkapital.
Das Kapital wird nach ihrer Fristigkeit gegliedert,
die erste Position besitzt die geringste Fälligkeit und
die letzte Position besitzt die höchste Fälligkeit bzw. Laufzeit.
Verbote innerhalb der Bilanz
Die Bilanz enthält über die jeweiligen Posten keine detaillierte Angaben
über die einzelnen Buchungen,
die Mengenkomponenten und
die Einzelpreise / -werte sowie über die genauen
Einzelbezeichnungen.
Sonderregel für die Bilanz
Die Bilanz weist einige Sonderpositionen aus.
z.B. Rechnungsabgrenzungsposten, ausstehende Einlagen, Wertberichtigungen oder z.B.
Gewinn/Verlust d.h. nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag).
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6. Anforderungen an eine Bilanz (3)
Die Verbindung zum GuV und zum Anhang
Als Grundlage für die Bilanz dient das Gewinn-und Verlustrechnung und ein Anhang ist zur
Erläuterung hinzugefügt worden.
Die Gesetzlichen Grundlagen
Die Aufstellung der Posten bzw. deren Gliederung orientiert sich an die Vorgaben nach HGB und
IFRS, dadurch entsteht eine einheitliche und übersichtliche Darstellung.
Aussage der Bilanz
Die Bilanz gibt damit Auskünfte über die Vermögenszusammensetzung und über den
Kapitalaufbau, eines Unternehmens wieder.
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8. Kapital vs. Wissen
Kapital Wissen
Personenunabhängig Personengebunden
Schwindet bei Verteilung Wächst bei Verteilung
Wertverlust bei Nutzung Wertsteigerung bei Nutzung
(Abschreibung) Dynamisch
Statisch (objektbezogen) (prozessorientiert)
Einfach zu messen Schwierig zu messen
In Zeiten zunehmender Dienstleistungen wird die Abbildung immaterieller Werte
immer wichtiger. Markt- und Buchwerte klaffen auseinander.
Wir befinden uns in Zeiten abnehmender Bedeutung finanzieller Werte
(Börsencrash 2008), Fachkräftemangel und demografischer Probleme. Es
beginnt eine „Flucht in die Humanwerte“.
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10. Wissensbilanzierung 1.0
Eine Wissensbilanz ist ein Bericht über das bewertete intellektuelle
Kapital einer Organisation sowie laufende, abgeschlossene und
geplante Initiativen zu dessen Veränderung (Alwert 2005)
Balance zwischen intellektuellem Kapital und dem für die Erreichung der
strategischen Ziele notwendigen Niveau (Bornemann 2008: Handbuch
Wissensbilanz, S.2)
Die Bewertung richtet sich nach der individuellen Strategie
WB 1.0 ist nicht-monetär, Bewertungen werden mit Indikatoren unterlegt
und zur Plausibilitätskontrolle genutzt
Humankapital gehört den Mitarbeitern, Strukturkapital gehört dem
Unternehmen, Beziehungskapital stellt die Beziehungen zu
(potenziellen) Externen dar
Wirkungsanalyse mit Hilfe von Wirkungsketten (Cross-Impact-Analyse)
Bewertung mit Hilfe moderierter Workshops
Einsatz bei KMU und Hochschulen, insbes. in Österreich
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11. Beziehungsanalysen im Wissensbilanzmodell 1.0
Koch 20.07.2008: Zur Frage der diversen „Beziehungsanalysen“ im Modell der Wissensbilanz
…Der Wissensbilanz als modellbasierte Methode wird unterstellt, dass sie es
einem Rezipienten ermöglicht, Beziehungszusammenhänge, die zur Steuerung
eines Unternehmens bedeutsam sind, zu entdecken und rationalisieren zu
können…
…Das Wissensbilanzmodell stellt einen äußeren und damit eingeschränkten
Rahmen der Elemente und Relationen dar, die im Sinne einer
graphentheoretischen Verknüpfung kombiniert werden, um damit eine
umfassende Interpretation dessen zu ermöglichen, was man als Unternehmens-
oder Organisationswissen erachtet. Es wird somit ein (unvollständiges) Bild
konstruiert, dessen Interpretation allerdings Sache des Interpreten ist, konkret
beispielsweise des Unternehmers oder Managers, der die
Wissensorganisation(seinheit) zu führen hat…
…Wissensbilanzierung ist aber nicht eine Verlängerung ökonomischer
Zusammenhänge in andere Bereiche hinein, sondern bemüht sich auch um das
Verständnis, dass solche Zusammenhänge nicht (immer) linearer Natur, auch
nicht unmittelbar aufeinander bezogen und schon gar nicht vollständig
überdeckend sind…
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12. Probleme der Wissensbilanz 1.0
Es wird der Begriff „Bilanz“ verwendet, ohne Referenz zum Rechnungswesen
1.
2. Individuell abhängig von der jeweiligen Strategie und dem Interpreten
3. Bewertungen erfolgen in Moderationsworkshops aus Meinungen (s.
Bornemann, S. 112)
4. Die Bewertung ist nicht-monetär
5. Keine Fortführung ökonomischer Zusammenhänge
6. Kapital wird nicht im betriebswirtschaftlichen Kontext definiert
7. Kapitalien werden Eignern ohne rechtlichen Kontext zugeordnet
8. Die Einführung erfolgte bei KMUs, Ausnahme EnBW
9. Ablehnung in der Praxis, da zu wenig Bezug zum praktischen betrieblichen
Geschehen
10. Die Durchführung wurde teilweise subjektiv von abgegrenzten
Forschungsgruppen durchgeführt, die grundlegende Fragen von sich weisen
Keine der untersuchten Wissensbilanzen erfüllt die Bedingungen einer Bilanz
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13. Anforderungen an eine echte Wissensbilanz
1. Erfüllen des Anforderungskatalogs (T-Kontenmodell oder
in Staffelform etc.)
2. Bewertungen sind objektiv nachvollziehbar und
vergleichbar
3. Prüfungen durch Wirtschaftsprüfer müssen möglich sein
4. Schnittstellen zum Rechnungswesen
5. Beachtung der gesetzlichen Normen
6. Klare Definition mit Referenz auf betriebswirtschaftliche
Standards
7. Einbindung des Personalwesens, insbes. der
Personalstrategie
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14. Das Modell der Wissensbilanz(ierung) 2.0
Angelehnt an U. Schneider, Graz und G. Koch, Wien,1999
Markt
Wertschöpfungsprozesse Ergebnisse
Motivation Strategie
Wissensbilanz 2.0
Personal
Vision Finanziell
Aktiva Passiva
Humanvermögen Humankapital
>
Prozesse
Wissensziele Wissen
Strukturvermögen Strukturkapital
Beziehungsvermögen Beziehungskapital
Mission Beteiligte Immateriell
Extrafinanz
Wissensmarkt
Lindner/Koch/Özcelik 2008
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16. Der Duracell Hase zeigt Fertigkeiten!
Eine Batterie ist Potenzial mit der Angabe der Spannung in
Volt. Der Kunde kaufte immer nur auf Vertrauen, dass diese
Spannung einen Nutzen liefert. Es fehlte die Vision, warum
man mit Duracell etwas besser machen kann.
Der Duracell Hase zeigte vorüber 30 Jahren die Umsetzung
von Potenzial in Aktion. Damit wurde jedem Kunden klar,
dass mit einer solchen Batterie eine Fertigkeit gekauft wird.
Die eingesetzte Batterie (Potenzial) erzeugt Leistung.
Leistung ist Energie pro Zeit oder elektrische Spannung *
Stromstärke zu einem Zeitpunkt
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17. Was hat das mit einer Wissensbilanz 2.0 zu tun?
Potenzial ist die Voraussetzung für eine Aktion. Potenzial ist
mit einer Fähigkeit gleichzusetzen ist. Der Duracell Hase
vermittelte die Fertigkeit. Das Hase ist eine Maschine.
Kapital ist die Mittelherkunft für ein Potenzial bzw. eine
Fähigkeit. Erst die Aktion zeigt die Mittelverwendung und
damit das Vermögen. Fähigkeit ist ein Vermögen.
Eine Wissensbilanz 2.0 hat Aktiva und Passiva. Aktiva zeigen
das Vermögen, Passiva das Kapital.
Der Duracell Hase und die Batterie haben beide Fähigkeiten.
Erst durch die Verbindung beider entsteht Aktion und damit
Fertigkeiten. Voraussetzung ist, dass die Batterie korrekt
eingelegt wird.
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18. Der Duracell Hase in der Wissensbilanz 2.0
Aktiva Passiva
Wert des Hasen: 15,50 €*
Duracell Hase
Wert der Batterie: 0,31 €**
Duracell Batterie
Wert des Films: 0 €***
* http://www.shop-in-de.de/search/Duracell%20Hase/i-1-6032/q115298/1/0/6/
Duracell Hasen-Film ** http://www.batterie-akku-versand.de/
*** http://www.duracell.com/de/67.asp
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19. Übertragung auf das Wirtschaftsleben
Mitarbeiter werden aufgrund von Qualifikationen eingestellt. Diese
unterteilen sich in Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen /
Schlüsselqualifikationen.
Wird ein Prozess für ein Unternehmen erstellt, ergibt sich daraus eine
Fähigkeit für das Unternehmen (Aufwendung für Ingangsetzung). Ein
Prozess ist eine virtuelle Maschine, die dann aktiviert werden kann.
Die Aufwendungen für eine Qualifikation entsprechen der Mittelherkunft
und sind auf der Passivseite zu verbuchen. Qualifikationen sind
vertraglich „gekauft“ und werden zu Vermögen; Human Capital ist also
eigentlich Vermögen (s. auch Fiz-Enz 2000, S. 64)
Werden die Mitarbeiter im Prozess eingesetzt, entstehen Fertigkeiten, also
Vermögen, das auf der Aktivsite zu verbuchen ist.
Voraussetzung ist, dass die Mitarbeiter korrekt eingesetzt werden, wobei
ein Mitarbeiter im Gegensatz zur Batterie nicht nur zwei
Einsatzmöglichkeiten hat.
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20. Beispiel Bewerbungsprozess
Einen Bewerbungsprozess, d.h. eine Einstellungsmaschine zu besitzen, ist
die Fähigkeit eines Unternehmens, Qualifikationen einzukaufen. Der
Prozess ist dann noch ein Objekt, keine Instanz.
Die Mitarbeiter selbst haben Qualifikationen, eine Bewerbung
durchzuführen. Mitarbeiter und Bewerbungsprozess sind Vermögen, das
dafür eingesetzte Geld Kapital.
Werden diese Mitarbeiter korrekt eingesetzt, kann Leistung entstehen, d.h.
Personalreferenten für die Eignungsprüfung und das
Vertragliche, Fachverantwortliche für die Entscheidung und detaillierte
Eignungsprüfung.
Der Einsatz der Batterien „Mitarbeiter“ in die konkrete virtuelle Maschine
„Prozess“ ermöglicht die Leistung (Energie pro Zeit). Der konkret
arbeitende Prozess im Unternehmen ist dann eine Instanz.
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21. Der Einstellungsprozess in der Wissensbilanz 2.0
Aktiva Passiva
HK
= 20.000 € p.a.
Assistent
= 30.000 € p.a.
Personalreferent
Erfassung
= 50.000 € p.a.
Entscheider
Assistent
Bewerbungsprozess = SK
Auswahl
Marktpreis für Headhunting
Personalreferenten
Einstellungsgehalt*27,5%
Preis für den Betrieb
Entscheidung
Software, Telefon, Strom, Heizung, BuG
5.000 €
Entscheider
Mitarbeiter &
Weitere Personalprozesse =
Qualifikationen
10% Personalentwicklung
+ weitere Personalprozesse BK
Beziehungen =
Infrastrukturkosten für die Kommunikation
zwischen den Prozessteilnehmern
Ergebnis = Qualifikation 5000 €
Aus dem Bewerbungsprozess erfolgt eine Vermögensvermehrung und Bilanzverlängerung
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