Welche Relevanz haben Gesundheits-Apps für die Gesundheitsversorgung? Welche Typen von Apps gibt es, wer nutzt sie? Und was muss passieren, damit echte Innovationen schneller im Versorgungsalltag ankommen? Die Bertelsmann Stiftung beschäftigt sich in ihrem Projekt ‚Der digitale Patient‘ (www.der-digitale-patient.de) systematisch mit den Möglichkeiten und Grenzen von Digital-Health-Anwendungen für Bürger. Die Präsentation gibt einen Überblick über den Status quo und Entwicklungslinien im Feld. Anlass der Präsentation war der AOK-Tag 2016 in Dortmund mit dem Titel ‚Herausforderung E-Health: Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen‘.
The DCFTA Provisions and their Implementation: Some Observations
Gesundheits Apps - Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung
1. Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und
echten Potenzialen für die Versorgung
Status quo und Entwicklungslinien bei Digital-Health-Anwendungen für Versicherte
AOK-Tag 2016 | Dortmund, 05. Oktober
Timo Thranberend, Senior Project Manager, Bertelsmann Stiftung
www.der-digitale-patient.de
@PatientDigital
2. Das Fazit zu Beginn (I)
Ja, es gibt einen Hype um Gesundheits-Apps.
Und bei weitem nicht alle Entwicklungen sind aus Public-Health-Sicht
sinnvoll und wünschenswert.
ABER …
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 2
3. Das Fazit zu Beginn (II)
Digitale Lösungen haben deutliches Potenzial, Patienten in ihrer Rolle zu
stärken und die Versorgung zu verbessern.
Wir müssen in der Diskussion die Chancen in den Vordergrund stellen
und die Potenziale systematischer ausschöpfen
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 3
4. AGENDA
Ausgangslage: Wie der digitale Wandel Kommunikation und Interaktion verändert
Folge: Wie sich das auf das Gesundheitshandeln von Patienten auswirkt
Analytik I: Welche Typen von Gesundheits-Apps es gibt
Empirie: Was wir über Potentiale sagen können und über Nutzen wissen
Feldbeobachtung: Wie sich der Markt entwickelt und welche Fragen sich ergeben
Analytik II: Warum das System noch keinen Modus gefunden hat, damit umzugehen
Fazit & Ableitung: Was passieren müsste
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 4
5. AGENDA
Ausgangslage: Wie der digitale Wandel Kommunikation und Interaktion verändert
Folge: Wie sich das auf das Gesundheitshandeln von Patienten auswirkt
Analytik I: Welche Typen von Gesundheits-Apps es gibt
Empirie: Was wir über Potentiale sagen können und über Nutzen wissen
Feldbeobachtung: Wie sich der Markt entwickelt und welche Fragen sich ergeben
Analytik II: Warum das System noch keinen Modus gefunden hat, damit umzugehen
Fazit & Ableitung: Was passieren müsste
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 5
7. Menschen kommunizieren zunehmend online
Beispiel hier: Internet- und Video-Telefonie
15%
22%
27%
0,0%
5,0%
10,0%
15,0%
20,0%
25,0%
30,0%
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
AnteilderInternet-bzw.Videotelefonie-Nutzer
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 7
Eurostat 2016
8. Geschäftsprozesse werden immer häufiger virtuell erledigt
Beispiel hier: Online-Banking
13
22
24
28
37
40
38
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
2004 2007 2009 2012 2014 2015 2016
Online-Banking-NutzerinMillionen
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 8
Bitkom 2016 (via statista.com/online-banking)
9. AGENDA
Ausgangslage: Wie der digitale Wandel Kommunikation und Interaktion verändert
Folge: Wie sich das auf das Gesundheitshandeln von Patienten auswirkt
Analytik I: Welche Typen von Gesundheits-Apps es gibt
Empirie: Was wir über Potentiale sagen können und über Nutzen wissen
Feldbeobachtung: Wie sich der Markt entwickelt und welche Fragen sich ergeben
Analytik II: Warum das System noch keinen Modus gefunden hat, damit umzugehen
Fazit & Ableitung: Was passieren müsste
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 9
10. 103.000 Gesundheits-Apps in den Stores
(research2guidance 2015)
53 Prozent der Onliner suchen im Web nach
Gesundheitsinformationen
(Gesundheitsmonitor 2015)
29 Prozent der Deutschen haben eine Gesundheits-
App auf ihrem Smartphone installiert
(Bertelsmann Stiftung 2015, unveröffentlicht) 10%
29%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
2014 2015
Veränderungen machen vor dem Gesundheitswesen nicht halt
Digitalisierung wirkt auf das Gesundheitshandeln von Patienten
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 10
+ 19 %
Verbreitung Gesundheits-Apps
11. 05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 11
Entwicklung zeigt sich vor allem bei Jüngeren – aber nicht nur
Nutzung / Installation von Gesundheits-Apps (Bertelsmann Stiftung 2015, unveröffentlicht, n = 792)
7
14
28
10
9
14
83
78
58
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
60-79 Jahre
40-59 Jahre
18-39 Jahre
Ja, gelegentliche Nutzung Ja, aber keine Nutzung Nein
12. Der digitale Wandel treibt den „kulturellen“ – und umgekehrt
Rolle des Patienten verändert sich
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 12
Patient Empowerment
Social Media / Kollaboration
Quantified Self
….
13. AGENDA
Ausgangslage: Wie der digitale Wandel Kommunikation und Interaktion verändert
Folge: Wie sich das auf das Gesundheitshandeln von Patienten auswirkt
Analytik I: Welche Typen von Gesundheits-Apps es gibt
Empirie: Was wir über Potentiale sagen können und über Nutzen wissen
Feldbeobachtung: Wie sich der Markt entwickelt und welche Fragen sich ergeben
Analytik II: Warum das System noch keinen Modus gefunden hat, damit umzugehen
Fazit & Ableitung: Was passieren müsste
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 13
14. Sieben Typen – als
App oder im Web
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 14
Bertelsmann Stiftung 2016
15. AGENDA
Ausgangslage: Wie der digitale Wandel Kommunikation und Interaktion verändert
Folge: Wie sich das auf das Gesundheitshandeln von Patienten auswirkt
Analytik I: Welche Typen von Gesundheits-Apps es gibt
Empirie: Was wir über Potentiale sagen können und über Nutzen wissen
Feldbeobachtung: Wie sich der Markt entwickelt und welche Fragen sich ergeben
Analytik II: Warum das System noch keinen Modus gefunden hat, damit umzugehen
Fazit & Ableitung: Was passieren müsste
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 15
16. Digital Health kann Patienten stärken und die Versorgung verbessen
Weitgehender Konsens über Potenziale
Selbstmanagement von chronisch Kranken: Adhärenz, Therapietreue
Menschen mit Funktionseinschränkungen, gesundheitliche Ungleichheiten: Teilhabe
Versorgung im ländlichen Raum & Versorgungslücken: Zugang
Entscheidungsfindung, Information: Empowerment
Gesundheitsförderung & Prävention: Niedrigschwellige Intervention
NOCH FEHLEND = SYSTEMATISCHER WISSENSCHAFTLICHER NACHWEIS
ABER: Einzelbeispiele geben Hinweise …
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 16
17. 05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 17
Beispiel: Online-Anbietervergleich beeinflusst Wahlentscheidungen
Weisse Liste: 36 % der Nutzer überdenken ihre Entscheidung oder können sich dies vorstellen
Die Informationen haben meine
Entscheidung bestätigt
Ich habe meine ursprüngliche
Entscheidung überdacht
Ich könnte mir vorstellen, meine
ursprüngliche Entscheidung zu
überdenken
Ich hatte vorher noch keine
Auswahl getroffen
Wenn Sie vor Ihrem Besuch der Website bereits eine Auswahl getroffen hatten, wie hat das Angebot
diese beeinflusst? (Onsite-Befragung, August 2015, n = 623)
18. UND: Nutzen ist nicht nur eine Frage von wissenschaftlicher Evidenz
Patienten nutzen, was nützlich ist – 2 Beispiele
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 18
„Die vielfach geforderte Evidenz der Wirksamkeit muss nicht
zwingend mit dem tatsächlichen Nutzen identisch sein“
(CHARISMHA, S. 24)
19. AGENDA
Ausgangslage: Wie der digitale Wandel Kommunikation und Interaktion verändert
Folge: Wie sich das auf das Gesundheitshandeln von Patienten auswirkt
Analytik I: Welche Typen von Gesundheits-Apps es gibt
Empirie: Was wir über Potentiale sagen können und über Nutzen wissen
Feldbeobachtung: Wie sich der Markt entwickelt und welche Fragen sich ergeben
Analytik II: Warum das System noch keinen Modus gefunden hat, damit umzugehen
Fazit & Ableitung: Was passieren müsste
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 19
20. Der Markt entwickelt sich angebotsgetrieben
Entwicklung auf dem 2. Gesundheitsmarkt: „Lifestyle-Anwendungen“ im Vordergrund
(research2guidance, 2014)
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 20
21. Potentiale für die Versorgung werden noch nicht ausgeschöpft
Kaum Orientierung am tatsächlichen Bedarf (Bertelsmann Stiftung 2016)
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 21
22. Bürger- / Patientenfrage System-Aufgabe
Was gibt es überhaupt? Markttransparenz
Was ist gut? Qualitätstransparenz
Ist das Angebot auf meine Bedürfnisse und Fähigkeiten zugeschnitten? Teilhabechancen
Was ist verlässlich und sicher? Zulassung / Zertifizierung
Was wirkt wirklich? Nutzennachweis & Forschung
Was ist gut für mich? Forschung (Fehlentwicklungen)
Wer finanziert was, übernimmt meine Kasse die Kosten? Kostenerstattung
Kann ich meine Daten an meinen Arzt übertragen? Interoperabilität
Was passiert mit meinen Daten? Datensicherheit & Datenschutz
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 22
Und: Noch gibt es an einigen Stellen Klärungsbedarf
Fragen von Patienten und (regulatorische) „Baustellen“ für das System
(Nur) Zwei Aspekte vertieft betrachtet …
23. Der Markt ist für Nutzer weitgehend intransparent
Aspekt 1: Beispiel Suchmaschinen (gilt analog für App-Stores)
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 23
Einstieg in Suche fast immer über Suchmaschinen:
81% der „Gesundheits-Onliner“ steigen über
Suchmaschine ein (immer: 58%, meist: 23%)
(Gesundheitsmonitor, 2015)
Erste Suchtreffer oft ausreichend: 38% sagen, dass
die ersten Suchtreffer ausreichend waren (immer:
14%, meist: 25%)
Ranking bestimmt Relevanz: Nutzer können
Qualität kaum unabhängig einschätzen
24. Angebot zahlt noch nicht sichtbar auf Erhöhung der Teilhabechancen ein
Aspekt 2: Nutzung / Installation von Gesundheits-Apps nach SES und Schulbildung
(Bertelsmann Stiftung 2015, unveröffentlicht, n = 744 – 792)
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 24
24
17
9
14
11
9
62
72
82
0 20 40 60 80 100
Hoher SES
Mittlerer SES
Niedriger SES
Sozioökonomischer Status (SES)
Ja, gelegentliche Nutzung Ja, aber keine Nutzung Nein
25
17
9
13
10
9
62
73
82
0 20 40 60 80 100
Fach-/Hochschulreife ohne / mit
Studium
Weiterführende Schule ohne
Abitur/mittlere Reife
Haupt-/Volksschulabschluss
Schulbildung
Ja, gelegentliche Nutzung Ja, aber keine Nutzung Nein
25. AGENDA
Ausgangslage: Wie der digitale Wandel Kommunikation und Interaktion verändert
Folge: Wie sich das auf das Gesundheitshandeln von Patienten auswirkt
Analytik I: Welche Typen von Gesundheits-Apps es gibt
Empirie: Was wir über Potentiale sagen können und über Nutzen wissen
Feldbeobachtung: Wie sich der Markt entwickelt und welche Fragen sich ergeben
Analytik II: Warum das System noch keinen Modus gefunden hat, damit umzugehen
Fazit & Ableitung: Was passieren müsste
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 25
26. Digitale Gesundheit ist anders als „herkömmliche“ Innovationen
Verfahren und Logiken des Umgangs lassen sich nicht 1:1 übertragen (Bertelsmann Stiftung 2016)
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 26
27. AGENDA
Ausgangslage: Wie der digitale Wandel Kommunikation und Interaktion verändert
Folge: Wie sich das auf das Gesundheitshandeln von Patienten auswirkt
Analytik I: Welche Typen von Gesundheits-Apps es gibt
Empirie: Was wir über Potentiale sagen können und über Nutzen wissen
Feldbeobachtung: Wie sich der Markt entwickelt und welche Fragen sich ergeben
Analytik II: Warum das System noch keinen Modus gefunden hat, damit umzugehen
Fazit & Ableitung: Was passieren müsste
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 27
28. Zusammengefasst
Status quo und Entwicklungslinien bei Digital-Health-Anwendungen für Versicherte
Angebot und Nachfrage wachsen dynamisch (auf dem 2. Gesundheitsmarkt)
Noch fehlt der systematische Nutzennachweis (in der Breite)
Aber: Die Potenziale für Patienten und die Versorgung liegen auf der Hand
Der Markt entwickelt sich angebotsgetrieben, Potenziale werden nicht ausgeschöpft
Das System hat noch keinen systematischen Modus für den neuen Produkttyp gefunden
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 28
29. Was passieren müsste
Entwicklung aktiv aufgreifen und gestalten
Einen Modus entwickeln, Innovationsbarrieren abbauen
Systematische Forschungsförderung & Versorgungsforschung aufbauen
Standard für Nutzennachweis etablieren
Qualitätskriterien entwickeln und kommunizieren
…. (vgl. www.der-digitale-patient.de/digital-health-transfer)
Anwendungen mit Nutzenpotenzial gezielt fördern (Krankenkassen als Treiber)
Mehr Kooperation zwischen Akteuren = Miteinander von „Versorgungsexperten“
(Patienten, Behandler, Krankenkassen) & „Technologie-Experten“ (Hersteller, Start-ups)
Konkrete Anwendungsszenarien entwickeln
Patientenbedarfe in den Fokus nehmen
Schnittstellen zwischen Bürger- und Leistungserbringer-Anwendungen aufbauen
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 29
30. Und noch einmal zurück zum Beginn
05.10.2016 |Gesundheits-Apps: Zwischen Hype und echten Potenzialen für die Versorgung 30
Die Potenziale sind da, sie müssen
„nur“ systematisch ausgeschöpft werden