2. Die Frage
Wie ist es möglich, dass buchstäblich
Milliarden von Menschen es zulassen,
hereingelegt und abgezockt zu werden
von kleinen elitären Zirkeln, die sich auf
Armeen stützen, die bei weitem nicht
ausreichen um die Weltbevölkerung zu
unterdrücken? Das ist wohl das größte
politische Mysterium aller Zeiten: das
regelmäßige Versagen der Massen, ihre
zahlenmäßige Überlegenheit
auszunutzen, um ihre Unterdrücker
abzuschütteln.
4. Auf jeder Seite des Neuen
Testaments begegnen wir der
Terminologie der Macht: jene
Amtsinhaber, Ämter, Strukturen,
Institutionen, Ideologien,
Rituale, Regeln, Rollen, Akteure
und spirituellen Einflüsse auf
die Macht sich gründet und
durch die sie ausgeübt wird.
Die Sprache und Wirklichkeit
der Macht zieht sich durch das
Neue Testament, weil Macht
eine der grundlegenden Weisen
ist, wie unsere Welt organisiert
ist und funktioniert.
5. Er vollbringt mit
seinem Arm
machtvolle Taten: Er
zerstreut, die im
Herzen voll Hochmut
sind; er stürzt die
Mächtigen vom
Thron und erhöht die
Niedrigen.
6. Das Wortfeld
Die „Sprache der Macht“ ist vage, fließend,
austauschbar und unsystematisch
dennoch zeichnen sich bestimmte Muster ab
ein Paar oder eine Reihe von Begriffen kann das
Ganze abbilden
die Mächte sind himmlisch und irdisch, göttlich und
menschlich, geistlich und politisch, unsichtbar und
strukturell – in der Regel beides zugleich
Sie sind in der Regel moralisch zumindest ambivalent
7. Denn wir haben nicht
gegen Menschen aus
Fleisch und Blut zu
kämpfen, sondern
gegen die Drahtzieher
und Machtzentren,
gegen die Beherrscher
dieses finsteren
Systems, gegen die
böse Spiritualität der
Atmosphäre.
Eph. 6,12
8. Wer ist dem Tier gleich und wer
kann den Kampf mit ihm
aufnehmen? (Offb. 13,4)
9. Den Mythos verstehen
moderner Reduktionismus („nichts als“)
wird der Sache nicht gerecht
Mächte sind als unsichtbare, aber reale
„Innenseite“ unserer Institutionen,
Strukturen etc. verstehbar
weder bloßes Epiphänomen noch
nachträgliche „Personifizierung“
10. Kosmos, Äon und Fleisch
Kosmos im NT: „Welt“ als ambivalente Struktur und
System
negativ: benebelnde „Atmosphäre“, die bestimmt, was
ich glaube, was einen Wert hat, was ich wahrnehme
Aion - Zeitalter/Epoche, jetzt (der „alte Äon“) im
Zeichen des Falls und der Entfremdung
„Fleisch“ - geknechtete Existenz, verinnerlichte
Komplizenschaft, Sklaven- und Handlangermentalität
gegenüber dem System
11. Wenn das herrschende System
euch hasst, dann wisst, dass
es mich schon vor euch
gehasst hat. Würdet ihr mit
dem System kooperieren,
würde das System euch dafür
lieben. Aber weil ihr dem
System den Rücken gekehrt
habt – weil ich euch dem
System entwunden habe! –
darum hasst euch das System.
Joh 15,18-19
Im alten System steht ihr unter
Druck; aber habt Mut: Ich habe
das System überwunden.
Joh 16,33
12. Mächte und Märtyrer
Tier und Drache (Offb. 13): Wer die
Spiritualität des Systems und seiner
Propaganda ablehnt, wird verfolgt
Der Kapitalismus vergötzt die Mechanismen
des Marktes und verdinglicht die Menschen
Rom: betende Märtyrer decken auf, dass
der Kaiser die Macht verloren hat
13. Die Treue zum Evangelium besteht
nicht darin, dass wir seine Slogans
wiederholen, sondern darin, dass wir
den vorherrschenden Götzenkult in
seine zersetzenden Säuren werfen.
Wir müssen es lernen, die
Spiritualität von Institutionen
ebenso anzusprechen wie ihre
sichtbaren Ausdrucksformen, mit
dem ultimativen Anspruch des
Ultimativen Menschen.
Das Versagen der Gnostiker, an dem
materiellen Pol dieser Aufgabe
festzuhalten, macht ihren großen
Abfall aus. Als Resultat ihres fast
schon pathologischen Hasses auf die
Materie haben sie [nicht nur sie…] die
Mächte ganz und gar spiritualisiert.
14. Jede Befreiung ist immer auch
eine Bekehrung
nur äußere Strukturen zu verändern, reicht nicht aus
es gilt, die Mächte daran zu erinnern, wem sie
unterstehen
Evangelisation und soziales Engagement sind nicht
zu trennen
aber weder ein privates Evangelium noch eine
private Bekehrung – und kein „personal Jesus“ (der
ist eine Erfindung der Mächte…)
15. Das „domination system“
Offenbarung 12ff: Gott duldet es, Menschen
geben ihm die Macht
„Tausche Menschenrecht gegen Bratpfanne“
Es zieht sich seine Amtsträger heran
Menschen haben Grenzen erfunden, irgendwann
„erfanden“ dann Grenzen Menschen
Nicht nur die „Täter“, auch die Opfer müssen
umkehren und befreit werden
16. „Die Macht muss fälschen, weil
sie in ihren eigenen Lügen
gefangen ist. Sie fälscht
statistische Daten. Sie täuscht
vor, dass sie keinen
allmächtigen und zu allem
fähigen Polizeiapparat hat, sie
täuscht vor, dass sie die
Menschenrechte respektiert,
sie täuscht vor, dass sie
niemanden verfolgt, sie täuscht
vor, dass sie keine Angst hat,
sie täuscht vor, dass sie nichts
vortäuscht.“
Vaclav Havel
17. „Ohne klare Vorstellung vom
Kontrast zwischen Gottes
herrschaftsfreier Ordnung und
dem Herrschaftssystem wird
das Evangelium in einem
soziopolitischen Vakuum
verkündet, einem zeitlosen,
orts- und kontextfreien,
ewigen Nirgendwo. Die
Wahrheiten des Evangeliums
werden als ewige Prinzipen
behandelt, die mit den
konkreten Dingen dieser Welt
nichts zu tun haben.“
(EtP S. 48)
18. Liebt nicht das Herrschaftssystem
und was dazu gehört! Wer das
System liebt, hat die Liebe zum
Vater nicht.
Denn alles an diesem System, die
Begehrlichkeiten einer
entfremdeten Existenz und
rastloser Augen und das Prahlen
derer, die von sich selbst benebelt
sind, ist nicht vom Vater, sondern
stammt aus dem
Herrschaftssystem.
Dieses System und seine
perverse Gier vergeht; wer aber
den Willen Gottes tut, bleibt ins
kommende Zeitalter hinein.
1.Joh 2,15-17
19. Die Aufgabe
„So sollen jetzt die Machthaber und Gewalten des
himmlischen Bereichs durch die Kirche Kenntnis
erhalten von der vielfältigen Weisheit Gottes“
götzenhafte Ansprüche entlarven / Legitimation in
Frage stellen
entmenschlichende Werte und kollektive Egoismen/
Gewalt öffentlich darlegen
ein heilsames Gegenklima schaffen – Sehnsucht und
Erwartung nach Gottes Reich offen halten
20. Reich ohne „Herrschaft“
Gottesreich als herrschaftsfreier Modus des Lebens
Das Evangelium ist ein kontextbezogenes Heilmittel
gegen die Tücken des domination system:
Es ermächtigt Frauen, Arme, „Sünder“ und
„Unreine“
Im Zentrum dieses Reichs steht der
Gottesknecht, der sein Leben um anderer willen
verloren hat
21. Das Kreuz und die Mächte
Jesus als „die nackte, wehrlose Wahrheit“ über die Welt/das
System
Er legt sich nicht nur mit einem bestimmten Weltreich/
Herrscher an, sondern mit dem kompletten System. Er
offenbart so
die verheimlichte Bosheit und Gewalttätigkeit des
Systems
die Verstrickung der Menschheit in das System
das Unvermögen des Systems, ihn davon abzuhalten,
den Willen Gottes zu tun
die Machtlosigkeit des Todes und die Macht der Wahrheit
22. Was Jesus umbrachte, war nicht etwa
Irreligiosität, sondern die Religion
selbst; nicht Gesetzlosigkeit, sondern
eben das Gesetz; nicht die Anarchie,
sondern die Wahrer der Ordnung. Es
waren nicht die Bestialischen,
sondern die vermeintlich Besten, die
den einen kreuzigten, in dem die
göttliche Weisheit sichtbar Mensch
geworden war. Und weil er nicht nur
unschuldig war, sondern die
Verkörperung der wahren Religion,
des wahren Gesetzes und wahrer
Ordnung, hat dieses Opfer ihre
Gewalt als das entlarvt, was sie ist:
nicht die Verteidigung der
Gesellschaft, sondern ein Angriff auf
Gott.
23. Den Mächten sterben
„Wir sind tot, insofern wir mit ungerechten Mustern
groß geworden sind. Wir sind Stück für Stück
gestorben, indem uns wesensfremde Erwartungen
aufgezwungen wurden. Wir starben, als wir zu
Komplizen unserer eigenen Entfremdung und der
anderer wurden. Wir starben, als wir anfingen, unsere
Fesseln zu lieben, zu rationalisieren, zu rechtfertigen
und uns sogar für sie stark zu machen. Und in einer Art
himmlischen Homöopathie müssen wir das schlucken,
was uns umgebracht hat, um zum Leben zu gelangen.“
24. Bekehrung!
„Im Gegensatz zu liberaleren Gruppen, die dazu neigen, „Bekehrung“
für ein Unwort in der feinen Gesellschaft zu halten, und Veränderung
des Lebens mit veränderten Ideen gleichzusetzen (und daher die
Bildung betonen), erkennen Evangelikale zu Recht die radikalere
Operation, die nötig ist. Sie zielen auf das Herz – die ganze Gestalt
des Ego, Ideen, Emotionen, Glaubensinhalte und Mythen. Ihr größter
Fehler ist, dass sie die Dimension der Mächte außer Acht lassen. Als
Folge davon wird der aufrichtig bekehrte Mensch in die alte,
unveränderte Welt zurückgeschickt, ohne großes Verständnis für die
sozialen Dimensionen von Sünde, die dadurch verschleiert werden,
dass man alles „dem Satan“ anlastet, der als Schreckgespenst
dargestellt wird, aber nicht als der Geist des Herrschaftssystems.“
25. Der Sieg des Glaubens
… über die Mächte besteht
nicht in der Immunität
gegen ihren Zorn, sondern
in der Emanzipation von
ihren Trugbildern. Und
selbst was ihren Zorn
angeht, können wir Gottes
erlösende Gnade gar nicht
ermessen.
26. Gewaltlosigkeit & Feindesliebe
Nicht nur die Opfer, auch die Täter und
Profiteure verlieren ihre Menschlichkeit
pastorale Aufgabe: Liebe glaubt an die
Erlösungsfähigkeit des Feindes und spricht ihn
darauf an
Keine Verharmlosung des Unrechts - aber der
andere wird als Mensch behandelt
Möglichkeit der Umkehr und Versöhnung
27. Wir leben zwar in diesem
Herrschaftssystem, kämpfen
aber nicht mit den Mitteln des
Systems;
Die Waffen, die wir bei unserem
Feldzug einsetzen, sind nicht
systemimmanent, aber sie haben
durch Gott die Macht, Bollwerke
zu schleifen; mit ihnen reißen wir
alle rationalen Berechnungen
nieder, die sich gegen die
Erkenntnis Gottes auftürmen. Wir
nehmen alles Denken gefangen,
unter den Gehorsam, den der
Messias uns vorgelebt hat;
2.Kor 3,3-5
28. Das Gebet
„ego-surrender“ statt „ego-conquest“ (->
Taufe!)
Aktion und Kontemplation gehen oft Hand in
Hand
Konfrontation und gewaltfreier Kampf offenbart
Bedarf an Veränderung des Selbst
Wie hält man durch, ohne zum Fanatiker oder
Zyniker zu werden?
29. Lob und Anbetung
Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist
jubelt über Gott, meinen Retter. … Denn der Mächtige hat
Großes an mir getan und sein Name ist heilig.
Das „homöostatische Prinzip des Universums“ – jeder Teil
findet seinen Platz im Ganzen: Anbetung und Anmaßung
schließen einander aus
Mächte und eigene Bedürfnisse werden depotenziert. Sie
haben einen legitimen Ort, aber sie sind nicht absolut
Offenbarung: Auf dem Thron sitzt das Lamm, das
geschlachtet wurde
30. Modellfall: Asyl
Nicht einfach nur Protest - es geht um die Unterscheidung
(„discernment“) der Geister: Wie „ticken“ und (re)agieren die
Systeme und Subsysteme?
Wache Selbstprüfung: Wo bin ich Teil des Problems und
verstrickt, muss umkehren?
Gebet, das die Situation öffnet auf Veränderung hin: Kommen
der Gottesherrschaft
sichtbare Aktion – die Mächte erinnern, wem sie dienen
Menschen nicht als die eigentlichen Feinde behandeln, die
eigenen Lösungen als fehlerhaft und vorläufig verstehen
31. Schlusswort
Zweifelt ihr etwa nur deshalb an den
Prophezeiungen, weil Ihr selbst tatkräftig
daran mitgewirkt habt, das sie in
Erfüllung gehen? Ihr glaubt doch nicht
etwa, es sei Zufall, dass ihr die
Abenteuer bestanden habt und all den
Gefahren entkommen seid und dass das
einzig zu Eurem Nutzen geschehen ist?
Ihr seid ein prächtiger Kerl, Mister
Beutlin, und ich habe Euch sehr gern.
Aber schließlich seid Ihr doch nur ein
kleines Pünktchen in einer sehr
großen Welt.