Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Kerstin Schilling: Bewerbungen in der Kultur. Ein Blick von der „anderen Seite“
1. I 1.4
Bewerbungen in der Kultur
Ein Blick von der „anderen Seite“
Kerstin Schilling
Gezieltes Personalmanagement und Personalrecruiting steckt im Kulturbereich noch in den Anfän-
gen. Doch immer stärker kommen Kulturinstitutionen vom „Engagieren auf Zuruf“ ab, schreiben
Stellen öffentlich aus und professionalisieren die Bewerbungsverfahren. Dies bedeutet, dass sich
potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten anders auf das Schreiben von Bewerbungen und auf
Vorstellungsgespräche vorbereiten müssen. Mit diesem Beitrag sollen Bewerberinnen und Bewer-
ber aus der Sicht einer einstellenden Institution Tipps erhalten, mit denen sie sich besser auf die
Bewerbung und das Gespräch vorbereiten können.
Gliederung Seite
1. Ausgangssituation 2
2. Das Bewerbungsverfahren aus Sicht des Arbeitgebers 2
2.1 Ausschreibung und Aufwand 2
2.2 Die Stellenanzeige 3
2.3 Die Auswahl für das Bewerbungsgespräch 4
3. Die Bewerbungsunterlagen 5
3.1 Die Kunst des Anschreibens 5
3.2 Bewerben Sie sich auf das, was gefragt wurde 6
3.3 Die Form bestimmt (auch) den Inhalt 7
3.4 Geben Sie ein gutes Bild ab 8
3.5 Analog oder Digital? 8
3.6 Der Lebenslauf 9
3.7 Die Anlagen 10
3.8 Mein Leben im Netz 11
4. Das Bewerbungsgespräch 11
4.1 Vor dem Gespräch 11
4.2 Kleiner Exkurs zum „Gegenüber“ 12
4.3 Das Gespräch 13
4.4 Darauf müssen Sie sich vorbereiten 14
5. Zu guter Letzt 15
1
2. I 1.4 Management spezial
Zeit- und Selbstmanagement
1. Ausgangssituation
Nicht mehr „nur“ Eine gezielte Personalpolitik wird auch in kulturellen Institutionen
über Empfehlungen immer wichtiger. Für die Bewerberinnen und Bewerber bedeutet das
Bewerben auf eine ausgeschriebene Stelle eine andere Situation, als
wenn man „nur“ auf Empfehlung zu einem Gespräch eingeladen
wird1. Gleichzeitig gibt es Veränderungen auf dem Bewerbungsmarkt.
Zunehmend findet ein Wettbewerb um gut qualifizierte und motivierte
Arbeitskräfte statt. D.h. Unternehmen und Institutionen versuchen,
sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren. Dies gilt in erhöhtem
Maße auch für öffentlich-rechtliche Arbeitgeber, also auch Vereine,
Stiftungen etc.2
Sowohl auf die Personalabteilungen als auch auf die Abteilungsleite-
rinnen und Abteilungsleiter kommen neue Aufgaben und Herausforde-
rungen im Rahmen des „Recruiting“ zu, auf die sie sich einstellen
müssen.
2. Das Bewerbungsverfahren aus Sicht
des Arbeitgebers
2.1 Ausschreibung und Aufwand
Beispiel Berliner Die Berliner Festspiele sind ein Geschäftsbereich der Kulturveranstal-
Festspiele tungen des Bundes in Berlin GmbH, zu denen auch die Internationalen
Filmfestspiele (Berlinale), das Haus der Kulturen der Welt und der
Martin-Gropius-Bau gehören.3 Jährlich werden hier durchschnittlich
10 bis 15 Stellen ausgeschrieben (dazu kommen in etwa gleicher Zahl
Praktika). In etwa ähnlichem Umfang werden Stellen ohne Ausschrei-
bung besetzt. Pro Ausschreibung gehen zwischen 75 und 250 Bewer-
bungen ein, bei manchen Stellen (z.B. in der Presse, für Projektassis-
tenzen oder Redaktion) steigt die Anzahl teilweise auf 300 bis 700
Bewerbungen.4
Hoher Personalaufwand In der Regel sind vier bis sieben Personen mit der Ausschreibung be-
im Kulturbetrieb schäftigt: Personalsachbearbeiter, die den Eingang aufnehmen und
bestätigen sowie die Unterlagen aufbereiten, die Vorgesetzten, direk-
ten Kolleginnen und Kollegen, der Betriebsrat und gegebenenfalls
externe Berater. Jede Person ist 10 bis 40 Stunden mit einer einzelnen
Ausschreibung beschäftigt. Dies umfasst die Formulierung der Anzei-
ge, das Procedere des Ausschreibens, das (Vor-)Sichten der Bewer-
bungen, Einladen und Vorbereitung der persönlichen Gespräche. Es
folgen die interne Abstimmung zum Gespräch, die Durchführung der
Gespräche (ggf. mit einer zweiten Runde) und nach der Entscheidung
2
3. Management spezial I 1.4
Zeit- und Selbstmanagement
Vertragsverhandlungen und -abschluss. Nach der Vertragsunterzeich-
nung müssen alle abgelehnten Bewerberinnen und Bewerber Absagen
erhalten.
Dies zeigt, dass ein Ausschreibungsverfahren sehr aufwändig ist. Es Fehlbesetzung wäre
kostet Zeit und Personal, die optimal eingesetzt werden müssen, um teure Angelegenheit
das Risiko einer Fehlbesetzung zu minimieren. Denn eine falsch be-
setzte Stelle kommt die Institution noch teurer zu stehen. Man kann
etwa zehn- bis zwanzigtausend Euro für eine Kündigung in der Probe-
zeit, bei höher dotierten Stellen sogar zwischen dreißig- bis vierzig-
tausend Euro veranschlagen. Nicht zu beziffern sind die „immateriel-
len Schäden“, die durch eine Fehlbesetzung entstehen: ein interner
und externer Vertrauensverlust, begonnene, abgebrochene, falsch
durchgeführte Projekte und Aufgaben, bei Führungskräften eventuell
schlecht geführte Abteilungen, die bei der nächsten Person erst einmal
verhalten und mit Ablehnung reagieren.
Wenn man vergleicht, dass öffentliche Institutionen für Dienst- und
Sachleistungen im Allgemeinen schon bei Kosten unter tausend Euro
drei Angebote einholen und bei höheren Summen europaweit aus-
schreiben müssen, erscheint die Nachlässigkeit, mit der sich manche
Institutionen an eine Person für die nächsten Jahre binden, geradezu
fahrlässig. Insofern sollte nach Möglichkeit ein geordnetes Auswahl-
verfahren stattfinden.
2.2 Die Stellenanzeige
Die Stellenanzeige ist immer auch eine Selbstdarstellung des Unter- Jede Stellenanzeige ist
nehmens. Um die Aufmerksamkeit von geeigneten Kandidatinnen und eine Selbstdarstellung
Kandidaten zu gewinnen und diese zu motivieren sich zu bewerben,
muss sie klar und ausführlich formuliert werden. Ebenso muss die
Beschreibung der zu besetzenden Stelle und der erwarteten Qualifika-
tionen eindeutig sein. Oft trifft man jedoch auf Allgemeinplätze oder
auf ein Anforderungsprofil, das schlichtweg „alles“ umfasst.
(M) Präzise Formulierung des Profils und der Bedingungen. Die Vor-
bereitung beginnt deshalb bereits, wenn der Arbeitgeber das Tätig-
keitsfeld darstellt und die Ausschreibung formuliert. Ebenfalls zu be-
rücksichtigen ist die Vergütung. Oftmals ist in öffentlichen Institutio-
nen durch den TVöD kein Spielraum gegeben. Man kann niemanden
mit jahrzehntelanger Erfahrung und umfassenden Kenntnissen erwar-
ten, wenn sich die Vergütung im unteren Segment befindet. D.h. eine
Stellenanzeige soll zwar die Idealbesetzung darstellen, gleichzeitig
aber realistische Bedingungen bieten.
3
4. I 1.4 Management spezial
Zeit- und Selbstmanagement
Die Elemente, die sich in einer Stellenanzeige finden sollten, sind
Folgende:
Logo/Firmenname
Mission Statement/Kurzbeschreibung (Auch dies ist eine Form
der Werbung!)
zu besetzende Position
gewünschter Eintrittstermin und ggf. Befristung (mit Begründung)
Aufgabenbeschreibung
gewünschte Voraussetzungen und Qualifikationen
Gehalt, Bewerbungsmodalitäten, Bewerbungsfrist
Anschrift oder E-Mail-Adresse für die Bewerbung, Ansprechpartner
Checkliste I 1.4-1 Stellenanzeige
2.3 Die Auswahl für das Bewerbungsgespräch
Eingangsbestätigung Wenn die Bewerbungen eingegangen sind, werden sie zunächst im
Personalbüro aufgenommen. Die Bewerber und Bewerberinnen erhal-
ten eine Eingangsbestätigung, die Bewerbungen werden in einer be-
stimmten Form dokumentiert und abgeheftet (dies ist oft der Moment,
in dem sehr schöne Bewerbungsmappen nicht mehr relevant sind).
Vorauswahl Nach Ablauf der Bewerbungsfrist (oder je nach Menge auch schon
vorher) gehen dann alle Bewerbungen zu den entsprechenden Ent-
scheidern. Es ist durchaus möglich, dass bereits eine Vorauswahl
durch die Personalstelle stattgefunden hat. Wenn die Anzahl jedoch
„überschaubar“ ist, sollten alle Bewerbungen zunächst von einer Per-
son gelesen und beurteilt werden.
Kriterienkatalog Zur Beurteilung der Bewerbungen empfiehlt es sich, Kriterien aufzu-
für die Beurteilung stellen, die sich an der Stellenanzeige orientieren. Dies betrifft die
geforderten Fachkenntnisse. Aber auch Punkte wie Teamfähigkeit,
Führungserfahrung etc. sowie eine kurze persönliche Einschätzung
sind wichtig. Meistens benötigt man zwei „Durchläufe“, da sich erst
im Laufe der Sichtung herauskristallisiert, was das Bewerberfeld tat-
sächlich hergibt. Ob die Bewertung in Form von kurzen Notizen,
Schulnoten oder anderen Kriterien erfolgt, ist unwesentlich. Es kommt
darauf an, dass alle Bewerbungen mit der gleichen Aufmerksamkeit
4