Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Patrick S. Föhl: Kooperationen im öffentlichen Kulturbereich. Mit Zusammenarbeit Synergien ausschöpfen
1. Planung und Steuerung D 1.5
Strategie und Entwicklung
Kooperationen
im öffentlichen Kulturbereich
Mit Zusammenarbeit Synergien ausschöpfen
Patrick S. Föhl
Im Rahmen der anhaltenden Umstrukturierungsmaßnahmen und neuer Herausforderungen lässt
sich seit einigen Jahren eine verstärkte Zunahme von Kooperationen beobachten. Partnerschaften
können die Einrichtungen stärken, gemeinsam strukturelle, künstlerische oder finanzielle Heraus-
forderungen zu meistern. Dieser Aufsatz richtet sich in erster Linie an Manager von Kulturbetrie-
ben in allen Sparten.
Gliederung Seite
1. Kooperationen haben Konjunktur 2
2. Motive und Ziele 3
3. Formen der Zusammenarbeit 6
4. Kooperationsmanagement 10
4.1 Entscheidung: Strategische Analyse des Kooperationspotenzials 11
4.1.1 Analyse der eigenen Position 11
4.1.2 Analyse des Kooperationspotenzials und Chancen/Risiken 12
4.2 Partnerauswahl 13
4.2.1 Strategischer, fundamentaler, organisatorischer und kultureller Fit 14
4.2.2 Bestimmung der tatsächlichen Synergiepotenziale 15
4.3 Gestaltung: Verhandlung und Konfiguration 17
4.3.1 Kooperationsziel und Festlegung der Kooperationsfelder 17
4.3.2 Bestimmung der Kooperationsintensität und Festlegung der Abläufe 18
4.3.3 Kooperationsvertrag 19
4.4 Betrieb der Kooperation 19
4.4.1 Koordination und Steuerung 20
4.4.2 Integration 21
4.4.3 Kommunikations- und Informationsmanagement 22
4.4.4 Konfliktmanagement 23
4.4.5 Lernen und Anpassung 24
4.5 Beendigung der Kooperation 24
5. Resümee und Ausblick 25
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2. D 1.5 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
1. Kooperationen haben Konjunktur
Kooperationen sind „in“ Wie Friedrich Loock im Newsletter „Kultur – Management – Politik“
(Juni 2007) zu dieser Handbuchreihe treffend formuliert, sind Koope-
rationen „in“. Forscher in den USA gehen sogar soweit, dass sie das
21. Jahrhundert zum „age of alliances“ ausrufen. Sie sind davon über-
zeugt, dass der Grad der Kooperationsfähigkeit einer öffentlichen/
privaten Non-Profit-Einrichtung zukünftig über deren Existenz ent-
scheiden wird.1
Zunahme Kooperationen und Fusionen sind kein neues Phänomen in der deut-
von Zusammenarbeit schen Kulturlandschaft. Allerdings erlebt seit den 1990er Jahren auch
hier das Thema Zusammenarbeit einen großen Zuwachs in allen Spar-
ten.2 Einerseits werden die Grenzen für die Zusammenarbeit der Ein-
richtungen flexibler und können sich schnell verschieben. Andererseits
nimmt der Druck der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnis-
se zu. Dazu zählen z. B. die Sparzwänge der öffentlichen Hand, die
Auswirkungen des demographischen Wandels, aber auch das veränderte
Freizeit- und Rezeptionsverhalten der (potenziellen) Besucher. In diesen
Spannungsfeldern sehen sich besonders die Theater- und Opernhäuser
sowie die Museen und Bibliotheken, aber auch die Musikschulen und
soziokulturellen Zentren u. v. m. einem steigenden Veränderungsdruck
ausgesetzt. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, setzen die
Kulturpolitiker und Kulturschaffenden inzwischen vermehrt auf nach-
haltige Veränderungsmaßnahmen. Kooperationen zählen zu diesen Um-
strukturierungsprozessen, deren Intensität mit dem Formalisierungsgrad
und der Kooperationstiefe zunimmt. Allein die Kooperations- und Kon-
zentrationsstrategien der öffentlichen Gebietskörperschaften3 machen
deutlich, dass die Thematik weiterhin an Gewicht gewinnen wird. Im
Prinzip betreibt schon heute (fast) jede Kultureinrichtung mehrere Ko-
operationen, die allerdings in ihrer Wirkungsstärke und Ausprägung
sehr unterschiedlich sein können.
Merkmale Diese mannigfachen Ausprägungen spiegeln sich auch in der Vielfalt
existierender Definitionen und Interpretationen für Kooperationen
wider: „Bündnis“, „Allianz“, „Joint Venture“, „Strategische Allianz“,
„Kollaboration“ und „Partnerschaft“ sind nur einige Umschreibungen,
die für den Oberbegriff „Kooperation“ stehen, in ihrer Form jedoch
teilweise abgrenzbar sind. Im späteren Verlauf dieses Beitrages wer-
den die für den Kulturbereich zentralen Formen vorgestellt. Folgende
Merkmale machen Kooperationen im Kulturbereich generell aus:4
• Formalisierte Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehreren Part-
nern (zumeist vertraglich fixiert), die rechtlich selbstständig sind.
• Austausch (bzw. Einbringung) von Ressourcen, Wissen und Fähig-
keiten zwischen den Partnern.
• Entstehung auf freiwilliger Basis.
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3. Planung und Steuerung D 1.5
Strategie und Entwicklung
• Gemeinsames Ziel ist es, die – vorwiegend wirtschaftliche und
u. U. auch künstlerische – Position eines jeden Partners zu verbes-
sern bzw. zu erhalten.
• Im Vergleich zum Alleingang bestehen größere Chancen auf eine
Zielerreichung.
2. Motive und Ziele
Kooperationen zielen in erster Linie auf die Bündelung von Kompe- Motive
tenzen und monetären Ressourcen, ebenso wie auf die Optimierung
von Produktions- sowie Vertriebskosten. Außerdem können sie initi-
iert werden, um künstlerische Synergien freizusetzen, gemeinsames
Dachmarketing zu betreiben oder kreative Freiräume zu schaffen
(„systemische Intervention“) für die Aufnahme von neuen Strukturen,
Denkmustern, Systemen etc. (z. B. „voneinander lernen“).
Motive (Auswahl) Beispiele aus/für verschiedene/n Sparten
KÜNSTLERISCH/ERHALT KULTURELLER SUBSTANZ
Künstlerische Synergien • Temporäre Orchesterpartnerschaft für perso-
nalaufwendige Stücke (z. B. Bruckner, Mahler)
• Wanderausstellung (Zusammenarbeit Wis-
senschaftler und Zugriff auf größere Wissens-
und Sammlungsbestände)
• Zusammenarbeit Stadttheater und Freie Sze-
ne zur gegenseitigen Inspiration und Informa-
tion (z. B. Hildesheimer Modell)
• Repertoireerweiterung
Verbesserung der Reputation • Übernahme erfolgreicher Gastspiele bzw.
Wanderausstellungen
• Erhaltung des Angebots • Spartenerhalt trotz Spartenabbau (z. B. durch
Spartenaustausch)
KUNDEN
Erhöhung der Kundenzufriedenheit • Kombitickets (z. B. für verschiedene Museen)
• Gemeinsamer Kartenverkauf (z. B. zentrale
Theaterkasse)
• Informationen aus einer Hand: z. B. gemein-
sames Programmheft vieler/aller Kultureinrich-
tungen einer Stadt (Bsp.: Wuppertal)
• Gemeinsamer (Online-)Katalog (Bibliotheken
oder Museen)
• Angebotsvergrößerung und -verbesserung
• Zentrale Anlaufstelle für Fragen, Anmerkun-
gen und Beschwerden (z. B. Tourismusbüro
getragen durch mehrere Kultureinrichtungen)
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4. D 1.5 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
Motive (Auswahl) Beispiele aus/für verschiedenen Sparten
MITARBEITER
Neue Handlungsspielräume für engagierte Mitar- • Neue Aufgabenprofile durch die notwendige
beiter Koordination der Zusammenarbeit
Arbeitsplatzerhalt durch Synergien • Erhöhte Leistungsmotivation der Mitarbeiter
(Kooperation als Retter des Arbeitsplatzes;
muss entsprechend kommuniziert werden)
Steigerung der Teamfähigkeit • Konstruktive Auseinandersetzung mit den Ko-
operationspartnern
FINANZIERUNG/KOSTENREDUKTION/EXISITENZSICHERUNG
Effizienzsteigerung • Gemeinsame Herstellung von Bühnenbildern,
die in allen Partnerhäusern verwendet werden
können (Kostenreduktion)
• Gemeinsamer Einkauf (Erzielung höherer
Rabatte)
• Bündelung von Ressourcen und Kompeten-
zen zur Angebotsöffnung auf dem privaten
Markt (z. B. Restaurierungsabteilung)
• Gemeinsame Lagerräume, Logistik und Be-
stände (z. B. Fundus)
• Siehe unten „voneinander lernen“
Zugriff auf öffentliche Fördergelder • Das Land NRW fördert Theaterkooperationen
mit Projektmitteln
• Durch Kooperationen mit Einrichtungen im
EU-Ausland, können EU-Fördermittel einge-
worben werden (z. B. Wanderausstellung)
Zugriff auf private Fördergelder • Public Private Partnership (Bsp.: rd. 30 % der
Finanzierung für die Restaurierung des histo-
rischen Stammgebäudes der Herzogin Anna
Amalia Bibliothek in Weimar stammen aus pri-
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vaten Mitteln)
Publikumszuwachs • Erschließung neuer Besuchergruppen durch
Einbindung innovativer Partner (z. B. „Hildes-
heimer Modell“)
• Sparten- und Sektoren übergreifende Koope-
rationen (z. B. mit Schulen, Altenheimen, Mu-
sikschulen, Bürgerhäusern)
Vermeidung von Konkurrenz • Koordination der Spielpläne, u. a. zur Ver-
meidung von Doppelungen an einem Spieltag
(Bsp.: Stiftung Oper in Berlin)
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