Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Rüth: Änderungen bei der Umsatzsteuer für Kultureinrichtungen in den Jahren 2010 und 2011
1. E Steuerrecht
E3 Die Besteuerung von Kulturdienstleistern
Änderungen bei der Umsatzsteuer für
Kultureinrichtungen in den Jahren 2010
und 2011
Dr. iur. Henning H. Rüth
Rechtsanwalt, Diplom-Finanzwirt (FH), Dr. iur., ist Senior Manager der Service
Line Indirect Tax Services von KPMG in Hamburg.
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Neue Grundregel 2
3. Grundstücksbezogene Umsätze 4 E
4. Kulturelle und ähnliche Umsätze sowie Messeumsätze 5 3.4
4.1 Allgemein 5 S. 1
4.2 Eintrittsberechtigungen 6
5. Nachweispflichten 6
6. Erklärungspflichten 7
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2. E Steuerrecht
E3 Die Besteuerung von Kulturdienstleistern
1. Einleitung
Mit Wirkung zum 01.01.2010 und teilweise zum 01.01.2011 sind auf Basis der
geänderten Mehrwertsteuersystemrichtlinie die Vorschriften zur Bestimmung des
Leistungsortes für sonstige Leistungen (Dienstleistungen) überarbeitet worden
(sog. VAT Package oder Mehrwertsteuerpaket). Diese Überarbeitung gilt als
größter Eingriff in das umsatzsteuerliche Regelwerk seit Einführung des EG-
Binnenmarktes im Jahre 1994. Die Neuregelung betrifft – soweit für Kulturein-
richtungen relevant – im Wesentlichen den § 3a UStG.
Dadurch haben sich die anzuwendenden Grundsätze in vielen Bereichen erheb-
lich verändert, sofern eine Leistung „über die Grenze“ (also zwischen Beteiligten
in verschiedenen Ländern) erfolgt. Bei sonstigen Leistungen ohne Auslandsbe-
rührung sowie bei Lieferungen im umsatzsteuerlichen Sinne haben sich keine
wesentlichen Neuerungen ergeben. Die Änderungen gelten aber ausschließlich im
Verhältnis zu solchen Leistungsempfängern, die selbst Unternehmer im umsatz-
steuerlichen Sinne sind. Für sonstige Leistungen an Nichtunternehmer (Privatper-
E sonen) ergeben sich im Ergebnis keinerlei Änderungen1, auch wenn sich durch
die Neuregelung die anwendbaren Normen innerhalb des § 3a UStG teilweise
3.4
verschoben haben.
S. 2
2. Neue Grundregel
Galt nach dem alten Recht die Grundregel, dass sonstige Leistungen, sofern nicht
eine Sonderregelung für die jeweilige Leistung zur Anwendung kommt, am Sitz
des leistenden Unternehmers erbracht wurden (§ 3a Abs. 1 alter Fassung bis
2009), so gilt seit 01.01.2010 – ebenfalls vorbehaltlich von Sonderregelungen –
der Sitz des Leistungsempfängers als Leistungsort, sofern der Leistungsemp-
fänger ein Unternehmer ist2 (§ 3a Abs. 2 UStG neuer Fassung seit 01.01.2010).
Folglich ist eine derartige Leistung, die von einer deutschen Kultureinrichtung an
einen ausländischen unternehmerischen Kunden erbracht wird, seit dem
01.01.2010 nicht mehr mit deutscher Umsatzsteuer abzurechnen, sondern ist in
Deutschland nicht steuerbar3. Welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen das im
Zielland hat, ist nicht einheitlich zu beantworten, sondern hängt vom Recht des
jeweiligen Ziellandes ab. Innerhalb der EU kann jedoch davon ausgegangen
werden, dass durch die sog. Umkehr der Steuerschuld (Reverse-Charge-System)
der Kunde die Besteuerung vorzunehmen hat. In diesem Fall hat ein Hinweis auf
den Übergang der Steuerschuld zu erfolgen, es ist auf der Rechnung aber weder
deutsche noch ausländische Steuer auszuweisen.
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3. E Steuerrecht
E3 Die Besteuerung von Kulturdienstleistern
Beispiel 1: Eine deutsche Kultureinrichtung erbringt Managementleistun-
gen an ein österreichisches Theater zur Überbrückung einer unerwarteten
Personalknappheit dort. Das österreichische Theater teilt der deutschen Kulturein-
richtung seine von der österreichischen Finanzverwaltung erteilte Umsatzsteuer-
Identifikationsnummer mit.
Lösung: Für Leistungen bis zum 31.12.2009 wäre eine Rechnung mit (grundsätz-
lich) 19 % deutscher Umsatzsteuer zu stellen gewesen. Für Leistungen seit dem
01.01.2010 ist eine Nettorechnung unter Hinweis auf Anwendung des Reverse-
Charge-Verfahrens (z.B.: Reverse charge – recipient is liable to tax) auszustellen.
Die steuerlichen Verpflichtungen in Österreich sind zwischen dem dortigen Thea-
ter und seinem zuständigen Finanzamt zu klären.
Empfängt die deutsche Kultureinrichtung umgekehrt eine derartige Leistung von
einem im Ausland ansässigen Unternehmen, sollte vom Leistenden eine Netto-
rechnung ausgestellt werden unter Hinweis auf das Reverse-Charge-Verfahren
(wobei das Fehlen eines solchen Hinweises nicht dazu führt, dass das Reverse-
Charge-Verfahren nicht anwendbar wäre).
E
Beispiel 2: Eine österreichische Kultureinrichtung erbringt Management- 3.4
leistungen an ein deutsches Theater zur Überbrückung einer unerwarteten S. 3
Personalknappheit dort. Das deutsche Theater teilt der österreichischen Kultur-
einrichtung seine vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-
Identifikationsnummer mit.
Lösung: Für Leistungen bis zum 31.12.2009 wäre eine Rechnung mit (grundsätz-
lich) 20 % österreichischer Umsatzsteuer zu stellen gewesen. Für Leistungen seit
dem 01.01.2010 ist eine Nettorechnung unter Hinweis auf Anwendung des Re-
verse-Charge-Verfahrens (z.B.: Reverse charge – recipient is liable to tax) auszu-
stellen. Das deutsche Theater muss den Empfang der Leistung seinem Finanzamt
gegenüber anzeigen und die Steuer in Höhe von 19 % auf den Rechnungsbetrag
abführen. Sofern und soweit ein Vorsteuerabzugsrecht besteht (also insbesondere
soweit nicht steuerfreie Ausgangsumsätze erbracht werden4) kann dieser gleich-
zeitig geltend gemacht werden. Im Ergebnis kommt es also bei vollem Vorsteuer-
abzugsrecht zu einer vollständigen Entlastung von der Umsatzsteuer, bei nicht
bestehendem Vorsteuerabzugsrecht zu einer entsprechenden Belastung mit deut-
scher (statt bis 2009 mit österreichischer) Steuer.
Hinweis: Das Reverse-Charge-Verfahren gilt in Deutschland wie auch in einigen
anderen Mitgliedstaaten der EU ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze.
Sollte also die Leistung des ausländischen Leistenden in Deutschland einer Steu-
erbefreiung5 unterfallen, so ist er verpflichtet, sich in Deutschland umsatzsteuer-
lich registrieren zu lassen, um eine Rechnung über einen steuerfreien inländi-
schen Umsatz zu erklären, was in seine deutschen Umsatzsteuervoranmeldungen/
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4. E Steuerrecht
E3 Die Besteuerung von Kulturdienstleistern
Umsatzsteuerjahreserklärungen aufzunehmen wäre. Dies führt zwar nicht zu
einer Belastung mit mehr Umsatzsteuer, wohl aber zu einer Belastung mit Erklä-
rungspflichten und administrativem Aufwand. Für den inländischen Leistungs-
empfänger ergeben sich insofern keine zusätzlichen Verpflichtungen.
3. Grundstücksbezogene Umsätze
Für grundstücksgebundene Umsätze hat sich keine Veränderung durch die Neu-
regelungen ergeben. Folglich ist der Leistungsort nach wie vor dort, wo das je-
weilige Grundstück gelegen ist. Dies gilt unabhängig vom umsatzsteuerlichen
Status des Leistungsempfängers.
Beispiel 3: Ein Theater aus Passau mietet grenznah in Österreich Abstell-
flächen für den Fundus.
Lösung: Die Rechnung ist vom österreichischen Vermieter mit 10 % österreichi-
E scher Umsatzsteuer zu stellen.6
3.4
S. 4
Beispiel 4: Ein deutsches Theaterensemble bucht anlässlich einer Tournee
durch Großbritannien ein Kontingent Hotelzimmer in London.
Lösung: Die Rechnung des Hotels weist 20 % britische Umsatzsteuer aus.
Hinweis: In bestimmten Fällen kann es möglich sein, grundstücksgebundene
Leistungen insgesamt so in Leistungspakete einzubinden, dass die Grundstücks-
gebundenheit nicht mehr im Vordergrund steht. Dies kann etwa dann der Fall
sein, wenn an Stelle einer „nackten“ Immobilie ein Bündel an Leistungen er-
bracht wird. Dies kann als Gestaltung dann sinnvoll sein, wenn dadurch (etwa bei
fehlender Vorsteuerabzugsberechtigung des Leistungsempfängers) niedrigere
Steuersätze zur Anwendung kommen oder (bei bestehender Vorsteuerabzugsbe-
rechtigung) inländische statt ausländischer Vorsteuer anfällt, die leichter inner-
halb der Umsatzsteuervoranmeldungen/Umsatzsteuerjahreserklärung geltend
gemacht werden kann als in einem Vorsteuervergütungsverfahren im Ausland.
Derartige Überlegungen sollten aber in jedem Fall vorher eingehend auf ihre
steuerliche Tragfähigkeit untersucht und ggf. auch mit der Finanzverwaltung
abgestimmt werden.
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