Global Automotive Consumer Study 2021 | Key Findings: Deutschland
EY-Heiligs-Blechle-Der-Glanz-ist-weg
1. Heilig’s Blechle, der Glanz
ist weg — die inneren Werte
sind relevant
Wie das autonome Fahren das Verhältnis des
Menschen zum Auto neu definiert
2.
3. Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant | 3
Schon bald
könnten selbstfahrende Autos auf den
Straßen zum Alltag gehören. Die Industrie
arbeitet unter Hochdruck an Fahrzeugen,
die ohne menschliches Eingreifen im Stra-
ßenverkehr unterwegs sind, und investiert
Milliarden in diese Zukunftstechnologie.
Es geht auch gar nicht mehr um die Frage,
ob das Roboterauto dem Menschen den
Spaß am Fahren verdirbt; je nachdem,
ob der Mensch lustvoll oder unlustvoll unter-
wegs ist, kann und soll er immer noch ent-
scheiden, ob er das Lenkrad — beispielsweise
im Stadtverkehr — aus der Hand gibt oder
noch selbst steuert, weil die aktuelle Fahr-
situation auf einer leeren Autobahn oder
über einen Alpenpass den Genuss der auto-
mobilen Freiheit ermöglicht.
4. | Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant4
Zukunftsszenarien: Wer hat das Steuer in der Hand?
Der Übergang bis hin zum autonomen Fahrzeug (AF) wird in mehreren Etappen verlaufen. Erst in über 20 Jahren ist damit
zu rechnen, dass autonome Fahrzeuge zum Alltag gehören.
Quelle: UN-Studie
„World Urbanization Prospects“, World Business Council for Sustainable Development, Factiva, Navigant Research, Cnet.com,
Analyse durch EY
1
Autonome
Parkflächen/
-plätze
2
Eigene Auto-
bahnspuren für
AFs
3
Vernetzte
Stadtzentren
5 bis 10 Jahre
• Kontrollierte Umgebun-
gen, in denen sich nur AFs
bewegen
• Moderater Einsatz von
Automatisierung
• Geringe bis mittlere Ge-
schwindigkeiten
10 bis 20 Jahre
• Weniger restriktive
Umgebungen
• Hoher Einsatz von
Automatisierung
• Mittlere bis hohe
Geschwindigkeiten
Über 20 Jahre
• Viele miteinander ver-
netzte Fahrzeuge; keine
Beschränkungen
• On-Demand-Mobilität
und -Fuhrparks
• Kundenspezifische
Privat-AFs
4
Öffentliche
AF-Verkehrs-
mittel
5
Erweiterte
AF-Autobahnen
6
Reines
AF-Ökosystem
5. Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant | 5
Auto ohne Fahrer: Wer steigt ein?
Möglichkeit, eingreifen zu können, ist wichtig
Es ist schon erstaunlich, wie aufgeschlossen die Menschen für
das Thema autonomes Fahren sind — und das, obwohl bislang
noch kaum ein Autofahrer überhaupt Erfahrungen damit gesam-
melt hat. Eine von EY durchgeführte Umfrage unter 1.000 Auto-
fahrern in Deutschland bestätigt diese Einschätzung: So können
sich mehr als vier von zehn Befragten vorstellen, dem Auto-
piloten das Steuer zu überlassen. Wenn sie in Notsituationen
zudem noch selbst eingreifen könnten, erhöht sich dieser Wert
sogar auf 66 Prozent. Und nur 12 Prozent der Befragten lehnen
es kategorisch ab, ein autonomes Fahrzeug als Fortbewegungs-
mittel zu nutzen. Dieser Vertrauensvorschuss gegenüber auto-
nomen Fahrzeugen wird vermutlich noch steigen, denn bei
jungen Autofahrern im Alter bis zu 45 Jahren könnten sich sogar
drei Viertel vorstellen, dem Roboter das Steuer zu überlassen —
bei den über 65-jährigen ist es lediglich jeder zweite.
Lässt man die technischen und rechtlichen Details zum auto-
nomen Fahren einmal außer Acht und beschäftigt sich mit der
eigentlichen Herausforderung hinter diesem Thema — dem
Verhältnis des Menschen zum Auto und damit dem Verhältnis
Mensch–Maschine — so wird die eigentliche Dimension erst deut-
lich. Hier geht es nicht um die Frage, ob Maschinen in Zukunft
den Menschen ersetzen und ihm die Arbeit wegnehmen und
damit Arbeitsplätze nachhaltig vernichten. Vielmehr geht es um
die Frage, in welchem Maße der Mensch bereit ist, sein Leben
einer Maschine anzuvertrauen.
Können Sie sich vorstellen, in einem autonomen
Fahrzeug unterwegs zu sein, das ohne menschlichen
Eingriff im Verkehr unterwegs ist?
■ Ja
■ Ja, vielleicht
■ Nein, unwahrscheinlich
■ Nein, auf keinem Fall
■ Weiß ich noch nicht
Angaben in Prozent
Und wenn Sie zur Not selbst eingreifen könnten?
■ Ja
■ Ja, vielleicht
■ Nein, unwahrscheinlich
■ Nein, auf keinem Fall
■ Weiß ich noch nicht
Angaben in Prozent
4 4
17
25
41
25
31
18
12
23
6. | Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant6
Sicherheit ist der wichtigste Treiber für die
Entwicklung autonomer Fahrzeuge
Einer der treibenden Faktoren für das autonome Fahren ist das Thema Sicherheit — die Vermeidung von Verkehrsunfällen und
letztlich von Verkehrstoten, und zwar durch die Ausschaltung des menschlichen (Fehler-)Faktors.
95 % Verkehrsunfälle
entstehen durch
menschliches
Versagen
8. häufigste Todes-
ursache weltweit:
Unfälle im Straßen-
verkehr
2-fache Zunahme
der Verspätungen
aufgrund von Staus
bis 2050
6,3 Milliarden:
Bis 2050 wird 70%
der Weltbevölkerung
in Städten leben
Trendindikatoren
Quelle: UN-Studie
„World Urbanization Prospects“, World Business Council for Sustainable Development, Factiva, Navigant Research, Cnet.com,
Analyse durch EY
95 8 2 6,3
7. Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant | 7
Bei über einer Million Toten im weltweiten
Straßenverkehr ist die Herausforderung,
Verkehrsunfälle gänzlich zu verhindern,
auch im 21. Jahrhundert immer noch groß —
trotz aller technischen Fortschritte seit der
Erfindung des Autos. Da können wir von den
autopilotierten Flugzeugen und mittlerweile
nahezu selbstständig fahrenden Zügen für das
Auto der Zukunft noch lernen. Auch wenn bei
einzelnen Flugzeugabstürzen oder schweren
Bahnunglücken gleich Dutzende Verkehrstoter
zu beklagen sind, so sprechen die weltweiten
Statistiken eine deutliche Sprache: Das Auto
ist immer noch das unsicherste — weil alleine
vom Menschen gesteuerte — Verkehrsmittel.
Insoweit reicht es also nicht aus, mittels
„künstlicher Intelligenz“ das menschliche
Hirn zu simulieren bzw. zu kopieren. Um der
Maschine vertrauen zu können, muss sie
besser sein als der Mensch — ohne Emotionen,
ohne Bewusstsein oder Kreativität, aber dafür
ausgestattet mit einer hundertprozentigen
Zuverlässigkeit, die sich nicht durch Ablen-
kung beeinflussen lässt.
Das Auto ist immer noch
das unsicherste — weil alleine
vom Menschen gesteuerte —
Verkehrsmittel.
8. | Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant8
Wer haftet bei einem Unfall?
Wenn etwas beim Roboterauto schiefgeht: Wer haftet? Und
wem gegenüber kann der Mensch seine Enttäuschung und sein
Wutgefühl ausdrücken? Ist es die Wut gegenüber dem Entwickler
des Autopiloten? Gegenüber dem Autohersteller? Dem Software-
programmierer? Beim Versagen von Menschen ist eben auch der
Mensch die Zielscheibe dieser Wut. Der Autopilot oder letztlich
die Maschine ist (bisher) gefühlslos, zeigt keine Reaktion oder
Aggression. Somit ist auch – anders als beim Menschen – keine
direkte Bestrafung der Maschine beim Versagen sinnvoll. Welche
Relevanz haben diese Überlegungen auf das Verhältnis zwischen
Mensch und Auto beim autonomen Fahren?
Viele offene Fragen
Wenn wir also das Steuer aus der Hand geben und dem Auto-
piloten die Verantwortung übertragen, geben wir die Kontrolle
über das weitere Geschehen an eine Maschine ab. Damit stellt
sich aber gleich die Frage, wie viel Fehlertoleranz wir dem
Roboterauto erlauben. Dabei hilft es, eine Trennlinie zwischen
überlebens- und nicht überlebensrelevanten Fehlern zu ziehen.
Ein fehlerhafter Bankautomat oder eine falsch produzierende
Maschine mögen zwar ärgerlich sein, sind aber nicht überlebens-
relevant. Nun übergeben wir unser höchstes irdisches Gut — die
Gesundheit und das Leben des Menschen — an Bits und Bytes,
wohl wissend, dass wir enttäuscht werden müssen, denn eine
vollkommene Sicherheit gibt es im Leben nie.
Bei einem Flugzeug, das mit einem Autopiloten gesteuert wird,
ist es überlebensrelevant, dass dieser Autopilot funktioniert;
denn wir sind der Maschine voll ausgeliefert. Beim Autofahren,
das eben nicht hinter einer verschlossenen Cockpittür erfolgt,
ist der Mensch auf Schlagabtausch mit der Maschine unterwegs,
d. h., ein Unfall ist direkt und hautnah erlebbar.
9. Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant | 9
54
Prozenterwarten durch autonomes Fahren einen
besseren Verkehrsfluss,
48
Prozentmehr Sicherheit.
0 % 20 % 40 % 60 %
Besseren Verkehrsfluss
Mehr Sicherheit
Verbrauchs- und
Emissionsreduzierung
Mehr Komfort
Zeit für andere Dinge
54
48
40
32
31
Welche Vorteile sehen Sie bei autonomen Fahrzeugen?
Angaben in Prozent
Mehrfachnennungen möglich
0 % 20 % 40 % 60 %
Spaß am Fahren geht
verloren
Ungeklärte Haftungsfragen
bei Unfällen
Zu unsicher
Fehlende Kapazitäten für
Datenmengen
58
46
44
28
Welche Probleme sehen Sie bei autonomen Fahrzeugen?
Angaben in Prozent
Mehrfachnennungen möglich
58
Prozentbefürchten, dass der Spaß am
Fahren verloren geht,
46
Prozentgehen von ungeklärten Haftungs-
fragen bei Unfällen aus.
Vorteile und Nachteile für die Fahrer
Über Jahrzehnte war das Auto vom Design und vom Antriebs-
strang emotional geprägt — umgangssprachlich, aber auch
empfindend kann man das, wozu das Automobil für Generatio-
nen von Menschen mutierte, als „Heilig’s Blechle“ bezeichnen.
Der Mensch und das Auto sind eine nahe Beziehung eingegan-
gen, weil das Auto für den Menschen einen Wert darstellte, den
es zu beschützen galt. Kein Kratzer durfte den Glanz des Autos
beeinträchtigen. Viele erinnern sich an die traditionellen Pflege-
handlungen an Wochenenden, die dem allerliebsten Auto zuteil
wurden, um den Wert dieses schutzbedürftigen individuellen
Fortbewegungsmittels zu erhalten.
Aber wie sieht es mit „Heilig’s Blechle“ in der Zukunft aus?
Tendenzen hin zu integrierten Mobilitätskonzepten wie
Carsharing führen zu einer „Entfremdung“ zwischen dem
Menschen und der Maschine Auto oder auch zu einer Abstra-
hierung des innigen Verhältnisses. Letztlich findet damit eine
Devaluierung des Automobils statt. Demgegenüber muss sich
die Beziehung zwischen Mensch und Automobil hin zu einer
vertrauensvollen Beziehung entwickeln — gerade wenn die
Kontrolle an den Autopiloten abgegeben wird. Somit entsteht
durch das autonome Fahren ein völlig neuartiges Verhältnis
zwischen Mensch und Automobil.
10. | Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant10
Quelle: Analyse EY
* Zur Konnektivität zählt die Vernetzung zwischen Fahrzeugen und Mobilgerät, zwischen verschiedenen Fahrzeugen,
zwischen Fahrzeug und Infrastruktur sowie zwischen Fahrzeug und dem Zuhause.
Vom „heiligen Blechle“ zum Autopiloten —
die veränderte Beziehung zwischen Mensch und Auto
Wurde bislang das „Blechle“ vom
Menschen beschützt, so muss das
Auto heute den Menschen beschützen,
nämlich fehlerfrei funktionieren. Das
Auto wird damit zum „Best Budii“ des
Menschen, zuverlässig, vertrauensvoll
und damit (subjektiv) sicher. Diese Um-
kehrung des Beziehungsverhältnisses
zwischen Mensch und Auto bedeutet
auch eine Änderung der Sichtweise auf
die Maschine Auto: Es geht nicht mehr
um den äußeren Glanz wie Design oder
Antriebsstrang, sondern vielmehr um
die inneren Werte eines Automobils
wie Sicherheit, Zuverlässigkeit, aber
auch Konnektivität. Diesen Wandel von
der reinen „äußeren“ Produktorientie-
rung hin zu einer „inneren“ Nutzenori-
entierung wie Funktionalität haben an-
dere Branchen bereits durchgemacht.
=
+
+
Kontrolle
durch
den Fahrer
Kontrolle
durch
das Fahrzeug
Konnektivität
S0 S1 S2 S3 S4
Stufen des
autonomen
Fahrens
Niedrig Hoch
11. Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant | 11
Automobilindustrie steht vor einem grundlegenden Wandel
Die Zukunft des Automobils mitgestalten
Man erinnere sich nur an den Paradigmenwechsel in der Musik-
industrie: Mit der Einführung der CD und später des Internet-
downloads hat die Schallplatte ausgedient — die Musik selbst ist
aber geblieben. Verändert haben sich jene, welche die Musik
an den Musikfan liefern. Wer hier die Veränderung hin zu einer
Nutzerorientierung nicht frühzeitig erkannt oder mitgestaltet
hat, ist (als Hardwareproduzent einer überholten Schallplatte)
untergegangen. Der Automobilindustrie steht dieser in der Regel
schmerzhafte Transformationsprozess noch bevor.
Das autonome Fahren beschreibt letztlich ein völlig neues
Spannungsverhältnis zwischen Mensch und Auto: Die Relationen
zwischen Freiheit, Vernunft und Leben verschieben sich. Die
Vernunft sagt uns als Autofahrer, dass wir maximal 30 Stunden-
kilometer fahren sollten, um Unfälle oder sogar Verkehrstote
zu vermeiden — also Leib und Leben zu schützen. Der automo-
bile Freiheitsdrang suggeriert aber Fahrgeschwindigkeiten von
teilweise über 200 Stundenkilometern, wodurch Menschenleben
hochgradig gefährdet werden. Letztlich gehen wir als Autofahrer
stets Kompromisse ein, bei dem das Ziel der Weg ist, beispiels-
weise schnell das Zuhause zu erreichen. Autonomes Fahren in
seiner Vollendung bedeutet letztlich: Der Weg ist das Ziel, da
der Weg irrelevant wird, weil der so fortbewegte Mensch den
Nutzen des Weges hat, indem er den Weg und damit die Fortbe-
wegung für andere Aktivitäten wie Lesen, Arbeiten oder Schlafen
verwenden kann. Somit findet letztlich eine Entschleunigung
bzw. Verschiebung auf der Tageszeit-, Arbeitszeit- oder Freizeit-
ebene statt.
Welche Auswirkung hat dies aber für eine seit 129 Jahren
etablierte Automobilindustrie, insbesondere für die Automobil-
hersteller? Letztlich bedeutet der Wandel hin zum autonomen
Fahren, dass die Autobauer — symbolisch gesprochen — das
Steuer aus der Hand geben, aber weiterhin noch „in charge“ für
das Automobil bleiben (müssen). Die Automobilindustrie muss
also das „Steuern ohne Steuer oder auch Lenkrad“ zu ihrem
Geschäftsmodell machen, um den inneren Wert des Automobils
gegenüber dem bisherigen glanzvollen Design und Antriebs-
strang für den Mobilitätskunden der Zukunft erlebbarer zu
machen. Damit sind neue Kompetenzen, aber auch neue Ko-
operationen zwischen Autobauern und Unternehmen außerhalb
der Automobilindustrie gefragt.
Hier ist die Automobilindustrie bereits gut unterwegs. Nahe-
zu monatlich werden neue Kooperationen zwischen Automobil-
herstellern oder Automobilzulieferern und Unternehmen aus
der IT- bzw. Internetindustrie bekannt gegeben. Gab es in der
Vergangenheit noch Berührungsängste oder sogar Vorbehalte
gegenüber einer engen Zusammenarbeit, so wird heute immer
mehr die Win-win-Situation für beide Seiten erkannt. Größte
Herausforderung bleiben natürlich die unterschiedlichen Ent-
wicklungszyklen zwischen einer traditionell langfristig ausgerich-
teten Automobilindustrie und einer eher schnelllebigen — stets
in einer Art „Betazyklus“ agierenden — IT- oder Internetbranche;
da wird noch viel Synchronisationsarbeit von beiden Seiten
notwendig sein, um letztlich — wie bei einem Orchester — ein
perfektes Zusammenspiel erzielen zu können.
12. | Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant12
Rinspeed „Budii“ definiert die Mensch-Maschine-Beziehung neu:
Die Vision des autonomen Fahrens wird schon bald zur Reali-
tät werden und die Beziehung des Menschen zum Automobil
grundlegend verwandeln. Während in den Forschungszentren
der Automobilindustrie noch fieberhaft an technischen Lösungen
gearbeitet wird, sind Vordenker wie die Schweizer Ideenfabrik
Rinspeed bereits dabei sich konkrete Gedanken zu machen, wie
der automatisierte Individualverkehr das Auto und das System
Mensch-Maschine verändern wird. Dabei muss es neben konzep-
tionellen Umwälzungen auch um ethische und gesellschaftliche
Fragen gehen.
Bauten bislang Roboter in den Fabriken dieser Welt Autos
lediglich zusammen, so reicht im neuen Concept Car „Budii“ des
Schweizer Auto-Visionärs Frank M. Rinderknecht die Maschine
dem Menschen nun im wahrsten Sinne des Wortes die Hand:
Wollen die Insassen im selbstfahrenden Elektromobil auf einer
kurvenreichen Landstraße oder im Gelände einfach Spaß haben,
dann übergibt ein Roboterarm ganz nach Wunsch dem Fahrer
oder dem Beifahrer das Lenkrad und damit das Kommando. Die
sensitive 7-Achs-Einheit der Augsburger Marktführers Kuka dient
aber nicht nur als Lenksäule. Sie ermöglicht theoretisch unend-
lich viele Einstellmöglichkeiten: Beim automatisierten Fahren im
täglichen Pendler-Verkehr verstaut sie beispielsweise das Volant
raumsparend in der Mitte oder sie dient als Ablagetisch oder
zuvorkommender Butler. Möglich macht dies die einzigartige und
multiredundante „Steer-by-Wire“-Technologie von Paravan.
Für die Automobil-Denkschmiede Rinspeed ist der Roboter-
arm im „Budii“ Sinnbild und Denkanstoss zugleich. Rinspeed-
Boss Rinderknecht formuliert es so: „Beim selbstfahrenden Auto
geht es in den kommenden zwei Dekaden um mehr als die Lösung
technischer Probleme und juristischer Fragen. Wir müssen die
Beziehung zwischen Mensch und Maschine neu definieren, aber
auch Fragen um Verantwortung, Toleranzen und Erwartungs-
haltungen in den Raum stellen.“ Autonomes Fahren eröffne
zweifellos die Chance den Verkehr menschenfreundlicher zu
gestalten und die Zahl der Verkehrsunfälle weltweit zu senken.
„Aber auch die beste Technik wird nicht perfekt sein, obgleich
sie fehlerfreier als der Mensch agieren wird. Das werden wir
akzeptieren müssen“, findet der Chef der Schweizer Auto-
13. Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant | 13
mobil-Denkschmiede Rinspeed. „Wir sollten kein blindes, aber
ein gesundes Vertrauen in die neuen Fähigkeiten der Hard- und
Software entwickeln.“
„Künftig wird das Auto dasselbe tun wie wir: Es wird täglich dazu-
lernen und dadurch die komplexen Anforderungen des modernen
Individualverkehrs immer besser meistern.“ Dazu wird „Budii“
Informationen aus seiner Umwelt und die eigenen „Erfahrungen“
sowie die anderer Fahrzeuge entlang seiner Route berücksichti-
gen. Das Langzeitresultat ist ein kognitiver und intuitiver Auto-
pilot. Wie ein solcher guter „Freund auf Rädern“ aussehen könnte
haben die Schweizer der Weltöffentlichkeit auf dem Genfer Auto-
salon 2015 mit dem transurbanen SUV „Budii“ gezeigt.
14. | Heilig’s Blechle, der Glanz ist weg — die inneren Werte sind relevant14
Jetzt gilt es für alle Beteiligten,
sich den Herausforderungen dieses
Wandels zu stellen.