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Inhalt
 04    schwarz+weiß
 10    schwarz+weiß : Schwarz-Rot-Gold
 12    geteert und gefedert
 18    Hinter Gittern
 22    Das Papier mit Pinselkraft durchdringen – René Böll
 26    Für ein paar Meter Sicherheit: der Zebrastreifen
 28    Schneewittchen
 32    Mein liebster Schwarz-Weiß-Film
 36    Voodoo
 38    Das Kettensägenmassaker von Köln
 42    Musik in schwarz+weiß
 44    Ein Leben in Bildern – Der Trickfilmzeichner Dejan Rakas
 48    Tattoo
 50    Schwarz+Weiß-Gebäck
 52    Schwarzer Humor                                                         DESIGN
                                                                               Jürgen Bohl




Impressum
                                                                               TEXT
                                                                               Christa Becker (wenn mit cb gekennzeichnet),
                                                                               Dorothee Freitag, Brigitte Maser

                                                                               FOTO
 HERAUSGEBER                       REDAKTION                                   Claus Dieter Geissler, Elena Anna Rieser, Martin
 Jürgen Bohl                       Jürgen Bohl und Christa Becker              Bruner, Thomas Pieruschek, M.A.R.I.A., Frau Lueders,
 Roonstraße 96                                                                 gsch_art
 50674 Köln                        REDAKTIONELLE FRAGEN
 01 73 / 270 57 57                 01 73 / 270 57 57                           ILLUSTRATION
 juergen@bohldesign.de             info@magazinXY.de                           mayBix

 Christa Becker                    STAND                                       LEKTORAT
 Brabanter Straße 7                14. Juli 2006 – schwarz+weiß                Claudia Bergfried
 50674 Köln                                                                                                                           FOTO-QUELLEN
 02 21 / 517 871                   Ausführliche Informationen zum magazinXY,   ÖFFENTLICHKEITSARBEIT                                  www.photocase.com
 becker.christa@t-online.de        Impressum etc. unter www.magazinXY.de       Corinna König, Özgü Ülger                              (Seite 04 - 09, 28 - 29, 34 - 35, 36 - 39, 40 - 41, 48)


                                                                                                                                                                                                03
100 % SCHWARZ                                                                    cb


                                                  SCHWARZ ist die Farbempfindung beim Fehlen jeglicher optischer Reize. Es
                                                  ist immateriell, die Leere, der Tod. Es reflektiert nicht, es schluckt jedes Licht.
                                                  Seine Wirkung: ernst, sachlich, würdevoll und vornehm. Eine Grenzfarbe des
                                                  menschlichen Bewusstseins.

                                                  „Schwarz vor Augen“ drückt den Zustand der Ohnmacht aus. Melancholiker haben
                                                  „schwarzes Blut“. Pessimisten „sehen“ oder „malen alles schwarz“. Wer vergeblich
                                                  gewartet hat, „bis er schwarz“ wurde, kann sich anschließend vor Wut „schwarz
                                                  ärgern“.

                                                  Schwarz ist die Lieblingsfarbe von 8 % aller Deutschen, ebenso viele lehnen sie
                                                  ab. Es ist auch die Farbe des Verborgenen oder des Verbotenen: Schwarzarbeit,
                                                  Schwarzhandel, Schwarzbrennen, Schwarzfahren, schwarze Liste …


                                                  NUANCEN VON SCHWARZ
                                                  Brombeerschwarz, Ebenholzschwarz, Eisenschwarz, Höllenschwarz, Kaviar-
                                                  schwarz, Lakritzschwarz, Mohrenschwarz, Pechschwarz, Rabenschwarz, Samt-
                                                  schwarz, Teerschwarz, Trauerschwarz, etc.




Farbe 0 % Cyan 0 % Maganta 0 % Yellow 100 % Key
Foto Thomas Pieruschek – www.sombrero.at                                                                                                5
Farbe 0 % Cyan 0 % Maganta 0 % Yellow 0 % Key
                               Foto M.A.R.I.A.




                                                                                Als Summe aller Spektralfarben ist Weiß die
                                                                                vollkommenste Farbe. Es steht für Neutralität,
                                                                                Klugheit, Wahrheit ebenso wie für das Gute, den
                                                                                Glauben, die Ideale. Es ist jedoch auch die Farbe
                                                                                der Einsamkeit und Verlorenheit.




                                                                               100% Weiß
                                                                                Eine „weiße Weste“ ist ein Zeichen von Unschuld.
                                                                                                                                   cb



                                                                                Deren Symbol ist seit dem 19. Jahrhundert auch
                                                                                das weiße Brautkleid. Eine „weiße Nacht“ wurde
                                                                                schlaflos verbracht, der „weiße Tod“ wird durch
                                                                                Erfrieren hervorgerufen. Ein „weißer Flecken auf
                                                                                der Landkarte“ steht für ein noch unentdecktes
                                                                                Gebiet.

                                                                                3 % der Deutschen geben Weiß als Lieblingsfarbe
                                                                                an, nur 0,5 % lehnen sie ab. Menschen in Heilberu-
                                                                                fen tragen Weiß, um Sauberkeit zu vermitteln. In
                                                                                vielen Religionen sind die Priester in Weiß geklei-
                                                                                det; in der Katholischen Kirche ist es als liturgische
                                                                                Farbe den höchsten Feiertagen oder dem höchs-
                                                                                ten Amt vorbehalten.


                                                                                Nuancen von Weiß


blanc
                                                                                Alabasterweiß, Birkenrindenweiß, Diamantweiß,
                                                                                Gipsweiß, Käseweiß, Kreideweiß, Lilienweiß, Mar-
                                                                                morweiß, Mehlweiß, Reifweiß, Schimmelweiß,
                                                                                Schmutzigweiß, Winterweiß, Zahnweiß, etc.
                  r Unschuld
Weiß, die Farbe de

                                                                                                                                         7
28
 C




                                                                                 Foto: Elena Anna Rieser
80
Y
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 Y
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 Y
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 C
40
C
75 62 60 0
 CMYK
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                50 % Schwarz
100
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28 21 19 0 40
           K




                + 50 % Weiß
 CMYK
80
Y
100
 Y




                Die Farblehre bezeichnet Schwarz und Weiß als die „unbunten
40
 Y




                Farben“. Dennoch zählen sie zu den Urfarben der Menschen,
                und in den Sprachen aller Völker existieren Begriffe für sie.
80
M




                Die Kombination aus Weiß und Schwarz steht für Objektivität
100
 M




                und Intelligenz. Meist werden sie jedoch als Gegensätze ge-
                nannt, dann symbolisieren sie Ja und Nein, Tag und Nacht,
40
M




                Anfang und Ende, Gut und Böse, Gott und den Teufel.
80
C




                „Schwarz in Weiß verwandeln“, „einen weißen Raben suchen“
100




                und „einen Mohren weiß waschen“ haben die gleiche Be-
 C




                deutung: das Unmögliche versuchen. Ausdruck von Missgunst
40
C




                ist es, wenn man jemandem entweder nicht „das Weiße im
75 62 60 0




                Auge“ oder „das Schwarze unter den Fingernägeln“ gönnt.
 CMYK




                Im Urchristentum war Weiß die Farbe der Trauer, heute ist es
80
K




                fast in allen Kulturen Schwarz. Priester niederer Ränge nutzen
                schwarze Kleidung als Ausdruck ihrer Würde, der Papst hinge-
100
 K




                gen tritt stets in Weiß auf. cb
40
K
28 21 19 0
 CMYK




                                                                                    9
80
Y
0
Das magazinXY in Zeiten der WM




                                                                         Wer Brigitte Maser, die sich für diese Ausgabe
                           Damit meinte Jürgen Bohl, Initiator vom       um das Thema Zebrastreifen kümmerte, sonst
                       magazinXY, dass diejenigen, die sonst keine          im beruflichen oder privaten Umfeld erlebt,
                  Fußballspiele schauen, sich auch nicht plötzlich              konnte sie im Juni und Juli kaum wieder
    ß




              bei der WM dafür begeistern müssen. Trotz seiner              erkennen. Mit ihrem Krakeelen und Sprüche
  z+wei




                     Standhaftigkeit ließen sich „Ballkontakte“ nicht   klopfen hätte sie zum Mittelpunkt jeder Kneipe
                    ganz vermeiden, und so verbrachte er – eher                oder Highlight jeder Fanmeile avancieren
                  versehentlich – 20 Minuten Eröffnungsspiel und        können. Ein dezentes Outfit konnte ihr wirklich
                   60 Minuten Equador gegen Deutschland dann                niemand vorwerfen, wenn sie mit schwarz-
                      doch vor dem Fernseher. Bevor ihm weitere            rot-goldenem Käppi und „Deutschland wird
      r
schwa




                10 Minuten plus Nachspielzeit „den Rest geben“               Weltmeister 2006“-T-Shirt auf der Bildfläche
               konnten, wich er für 14 Tage Urlaub in eine relativ          erschien. Bei einem so patriotischen Auftritt
                fußballfreie Zone aus. Zuvor hatte er noch er bei        durften natürlich auch Tröte und Deutschland-
               eingefleischten Fans für ratlose Gesichter gesorgt,        Flagge nicht fehlen. Da bereits im September
                    mit der Frage nach dem Hit der Sportfreunde              die Vorbereitungsspiele für die nächste EM
               Stiller („54, 74, 90, 2006“): „Was singen die denn          beginnen, ist mit einer nachhaltigen Erholung
                                          da für komische Zahlen?“                              bei ihr kaum zu rechnen.
                                                                                                                      cb

                                                                                                                            11
*           geteert und gefedert cb
                              Täter Kim Schmitt Opfer Jürgen Bohl
                              Voyeur Claus Dieter Geissler




     Spricht man heute vom Teeren und Federn, so ist es metaphorisch
     gemeint. Dahinter steckt der Wunsch nach einer öffentlichen Äch-
     tung und empfindlichen Bestrafung. Obgleich seit vielen Jahrzehnten
     nicht mehr eingesetzt, ist der Begriff – wahrscheinlich aufgrund seiner
     Bildhaftigkeit – nach wie vor sehr präsent.

     Die erste Erwähnung geht auf die Kreuzzüge um 1190 zurück. Im
     Mittelalter war das Teeren und Federn als Ächtungsstrafe durchaus
     üblich, in den seltensten Fällen ging ein Gerichtsurteil voraus. Im
     Amerika der Pionierzeit erlebte die Form der Bestrafung eine Blütezeit:
     Falschspieler, Betrüger und Verräter wurden von der aufgebrachten
     Menge bis zur Taille entkleidet, mit Teer übergossen oder eingerieben
     und mit Federn überschüttet bzw. darin gewälzt.

     Anfang des 20. Jahrhunderts kam das Teeren und Federn aus der
     Mode. Das könnte einerseits daran liegen, dass Kriminelle zunehmend
     resozialisiert wurden. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass die
     dazu notwendigen Utensilien immer seltener greifbar waren …


12
Heißer Teer auf nackter Haut:
     Material und Wirkung
     Zum Einsatz kam meist Teer aus Fichtenholz,
     der zum Abdichten von Fässern, Dächern und
     Schiffen benötigt wurde. Ein schwarzes, zähflüs-
     siges und übel riechendes Gemisch, das bei
     ca. 60º C schmolz und somit zu Verbrennungen
     1. bis 2. Grades geführt haben dürfte.

     Die Folgen waren Rötungen und Schwellun-
     gen der Haut, Schmerzen und teilweise Blasen-
     bildung. Die Federn blieben im klebrigen Teer
     hängen; manchmal dauerte es Tage bis zur
     vollständigen Reinigung. Alle Erscheinungen
     waren jedoch vollständig reversibel, so dass es
     zu keinen bleibenden Schäden kam.


14
„The victim had a lot less
     fun than his tormentors.“
     („Das Opfer hatte erheblich weniger Spaß als seine Peiniger“)



     Das sollte beim Fotoshooting vermieden werden.
     Deshalb verwendete der „Peiniger“ in diesem
     Fall statt Teer das bekannte Aachener Pflümli,
     hergestellt aus Pflaumen, Säuerungsmittel, Zi-
     tronensäure und Gewürzen – und somit äußerst
     schmackhaft.

     Mehr dazu unter www.geteert und gefedert.de


16
Hinter
  Gittern                                Text Dorothee Freitag




                                                graugelben Dunstglocke über der Stadt. Zu   gewichen. Die medizinische Versorgung       Der weiße Blick nach Norden gerichtet, den
Ich war in Kap-                                 Fuß unterwegs schlägt die Luft bedrohlich   der Reichen, der Weißen, gehört zu den      europäischen Wurzeln entfremdet.
stadt.          Muss ich noch mehr              auf die Atemwege.                           besten der Welt, während keine 15 Minuten   Der schwarze Blick glasig vom Alkohol.
sagen. Abgefressene, Klebstoff vernebelte                                                   entfernt in den Townships die Menschen
Straßenkinder bedrohen einen für ein paar       Natürlich gibt es sie, die Macher und       an Unterernährung kranken, eine ganze       So ist man also in dieser merkwürdigen,
Cent mit verseuchten Küchenmessern. Sie         Mitmacher, zumindest die Nutznießer         Generation dort an Aids eingeht. Sicher,    afrikanischen Stadt mit seiner
hausen im Stadtzentrum in den Winkeln der       der Apartheid, deren Humanismus darin       mittlerweile gibt es Strom; das Elend       europäischen Hautfarbe kein Exot – es
Betonwüste aus Bürokomplexen und nie            bestand und irgendwie noch immer            ist beleuchtet. In diesem Land treffen
                                                                                                                                                  Die
                                                                                                                                        sei denn, man geht zu Fuß.
fertig gestellten, riesigen Straßenschneisen.   besteht, ihre schwarzen Angestellten        nicht erste und dritte Welt aufeinander
                                                                                                                                        Straßen sind
                                                                                                                                        voller Menschen,
Die Abgase liegen ohne Regen und vor            nicht geschlagen zu haben. Die politische   oder beeinflussen sich gar, sie leben
allem ohne Wind in einer blickdichten,          Ungleichheit ist der ökonomischen           haarscharf berechnet aneinander vorbei.




                                                                                                                                                                                 SW-19
doch keiner                                   die geschmacksverirrten Shopping Malls         Straussenei noch ein Spielzeugauto aus      Bilder. Diese unansehnliche Stadt ist so

ist weiß. Diese
                                              vor der Stadt. Künstlich aus dem Boden         Coladosen ist, sondern ein Absperrgitter.   herrlich gelegen. Ein Naturschauspiel
                                              gestampfte, mehrfach abgeschirmte
Freiheit gehört
                                                                                             Wie kann man hier bloß leben?               jagt das nächste; es ist selten windstill.
                                              Hochsicherheitskomplexe mit den                Doch schon der Name Mandela lässt
den Schwarzen.                                immer gleichen Läden, Geschäften und           nicht nur braune Augen glänzen. Die
                                                                                                                                         Aber ich – ich
                                                                                                                                         gehe zu Fuß.
Wer weiß ist, fährt Auto; mit Wegfahrsperre   Fressbuden. Wie das meist unmotorisierte       Menschen sind stolz auf ihr Land und
                                              Personal hier hinkommt, ist schlecht bis gar
                                                                                                                                          Ich bin
und Sicherheitscode versehen, immer                                                          dessen Wandel. Es wird viel gelacht,
                                              nicht organisiert. Für Weiße ist alles immer   in den Autos und auf den Straßen.
                                                                                                                                         Europäer.
vollkommen leer geräumt, um Einbrüche
zu verhindern. Mit diesem Auto verlässt       verriegelt und verrammelt. So bleibt das       Hoffnung und Zuversicht setzen Kräfte
man das Video überwachte, dick                Fazit, dass ein wirklich typisches Souvenir    frei, die Chancen sind da.Die Landschaft
ummauerte Eigenheim und begibt sich in        für diese Stadt weder ein bemaltes             besticht durch wundersame, urwüchsige




                                                                                                                                                                                      SW-21
D   as Papier mit
Pinselkraft durchdringen
Die Tuscharbeiten des René Böll




„Tiefschwarz bis hellgrau, hell und dunkel, nass und trocken, weich
und hart, glatt und zerklüftet (…) Das Konkrete wird abstrakt,
das Abstrakte wird konkret. Weitblick und Nahblick treffen sich,
verschmelzen im unendlichen Raum des weißen Xuan-Papiers.“




                                                                      Seite
So beschreibt die Sinologin und Verlegerin Anne Engelhardt-Ng die
Arbeiten des Kölner Künstlers René Böll, der seit 1972 die Materia-
lien Reispapier (so der europäische Begriff) und asiatische Tusche
in höchst eigener Weise miteinander verbindet. Anfangs – nach
eigenen Angaben – eher unbeholfen.
D          och die Beschäftigung mit der chinesischen
         Philosophie, das Interesse an deren großer
Maltradition und die zahlreichen Begegnungen mit
den Künstlern dieses Kulturraums veränderten ihn,
prägten ihn. Vermittelten ihm, dass Zeit ein relativer
Begriff ist. Dass Qi (frei übersetzt mit Kraft/Energie)
seinen eigenen Lauf hat. Und dass schwarze Tusche
Licht und Farbe erzeugen kann.

Heute spielt René Böll mit den Wellen des feuchten
Papiers ebenso wie er mit trockener Technik Kanten
und Risse erzeugt. Es ist gerade das Miteinander von
sanften und scharfen Elementen, von Bewegung
und Ruhe, von Yin und Yang, das seine Arbeiten
kennzeichnet. Und es ist die jahrzehntelange Übung,
die ihn vorab wissen lässt, wie das Ergebnis aussieht.
Vielmehr, wie es aussehen könnte, denn ein „gutes
Ende“ ist nie gewährleistet. Die Tuschmalerei,
die als Vollendung der chinesischen Kunst gilt,
gibt jedem Bild, jedem Pinselstrich nur eine
Chance. Korrekturen sind unmöglich. René Böll
spricht selbst von „70 Prozent Ausschuss“.

Die verbleibenden 30 Prozent haben ihn nicht
nur in Europa, sondern auch in China zu einem
anerkannten Maler gemacht: Bei einer Ausstel-
lung in Shenyen war er unter 200 Künstlern der
einzige aus einem anderen Kulturkreis.
FÜR EIN PAAR METER SICHERHEIT:                                                   Als erstes Land hat Großbritannien den Zebrastreifen (zebra crossing) 1951
                                                                                 gesetzlich festgeschrieben. In Deutschland hingegen wurde erst einmal

DER ZEBRASTREIFEN                                                                getestet. Und zwar in München. Am 8. Juli 1952 wurden die ersten 12 Zebrastrei-
                                                                                 fen auf westdeutschem Boden angelegt. Der Erfolg sprach für sich, und weitere
                                                                                 Städte folgten.

Wer kennt sie nicht, die großen, weißen, in Länge und Breite normierten Block-   Mit dem Ergebnis, dass die schwarzweiße Bodenmarkierung am 24. August 1953 in
streifen auf schwarzem Straßenasphalt. Genau die, die dem Fußgänger an unü-      die Straßenverkehrsordnung (StVO) aufgenommen wurde. „Fußgängerüberweg“
bersichtlichen und gefährlichen Fahrbahnstellen ohne Ampelanlage eine relative   oder „Querungsanlage“ heißt sie im schlichten Paragraphendeutsch.
Sicherheit beim Überqueren der Straße bieten sollen.
                                                                                 Trotz der Gesetzesvorgabe konnte die Verkehrssicherheit für Straßenpassanten nicht
Auf der Genfer Konferenz der Vereinten Nationen 1949 wurde erstmals              gewährleistet werden. Es wurde nachgebessert, und es wurde amtlich. Seit dem
der „Zebrastreifen“ in den Katalog internationaler Straßenverkehrszeichen        1. Juni 1964 haben – per Gesetz (StVO § 26) – Fußgänger und Rollstuhlfahrer an
aufgenommen. Zwar zum Wohle des Fußvolkes, jedoch ohne Rechtsver-                den Zebrastreifen absoluten Vorrang. Nur Herumsprechen muss es sich noch.
bindlichkeit für die einzelnen Staaten.




                                                                                 G
                                                                                        Brigitte Maser (Text)
                                                                                        Claus Dieter Geissler (Foto)
                                                                                                                                                                      27
29
Schneewirttchen 2




                    Das komplette Märchen finden Sie unter www.magazinXY.de/Schneewittchen.htm   31
                                                                                                 31
MEIN FREUND HARVEY
             Die höchst subjektive Auswahl der Mitarbeiter vom magazinXY
                                                                                         Von einem Nervenarzt mit der Al-
                                                                                         lerweltsweisheit „Wir alle müssen
                                                                                         früher oder später der Wirklichkeit
                                                                                         ins Auge sehen“ konfrontiert, ant-
                                                                                         wortet Elwood P. Dowd: „Wissen Sie,
DIE FEUERZANGENBOWLE                                                                     ich habe mich mit der Wirklichkeit
                                                                                         40 Jahre abgeplagt, Doktor, und ich
UND HEINZ RÜHMANN?                                                                       bin glücklich, sie jetzt endlich
                                                                                         überwunden zu haben!“
Oder Heinz Rühmann und die Feu-
erzangenbowle? Es gibt Dinge, die
lassen sich einfach nicht trennen.                                                       Der ebenso gutmütige wie glückliche Privatier (dargestellt von James
Seit frühester Kindheit haben mich                                                       Steward) verdankt die Überwindung der Wirklichkeit einerseits seiner
Schauspieler und Film begleitet, da                                                      Vorliebe, in Bars „einen lüpfen“ zu gehen, und andererseits seinem
mein Vater leidenschaftlicher Fan ist. Ich habe vor allem mitgenommen, dass es           unsichtbaren Freund Harvey, einem 2,10 Meter großen Hasen. Um letzte-
die berühmte Feuerzangenbowle auch Silvester live zu Hause gab. Denn auch in             ren habe ich ihn schon als Kind beneidet. Dass ich damit nicht alleine
flüssiger Form ist sie sehr zu empfehlen.                                                stand, wurde mir als Erwachsene vielfach bestätigt.

Corinna König-Wildförster                                                                Wer – wenn auch nur für kurze Zeit – die Realität mal weit hinter sich
                                                                                         lassen möchte, dem sei diese wunderbare Komödie dringend empfohlen.
                                                                                         Danach kann man ja immer noch einen lüpfen gehen … Christa Becker
                                       Keine Schnitte oder Kameraakrobatik, keine
                                       unsinnigen Dialoge als Erklärung für den
                                       Zuschauer, keine Orchester füllende Musik und
                                        insbesondere – keine Farben. Weil man die
                                        Hitze so spürt, die Langeweile, das brütende
                                        Schweigen und die tote Zeit. Weil eine banale
                                         Geschichte – drei Typen brechen aus dem
                                         Gefängnis aus – so märchenhaft poetisch sein
                                         kann. Weil es so viele schöne Bilder gibt and
                                                                                            METROPOLIS
                                         because we all scream for ice cream.               von Fritz Lang. Denn in diesem
                                                                                            Stummfilm ist nicht die Hand-
                                         Down by Law (1986)                                 lung, hier ist jedes Bild insze-
                                         Regie: Jim Jarmusch – mit Tom Waits, John          niert. Er ist pure Fotografie.
                                         Lurie, Roberto Benigni

                                          Dorothee Freitag
                                                                                            Claus Dieter Geissler




                                                                                                                                                              33
Spontan fiel mir „Krieg der Knöpfe“ von
 ZEUGIN DER ANKLAGE                                                                              Yves Robert aus dem Jahr 1962 ein. Ein höchst amü-
 Das von Billy Wilder 1957 verfilmte Gerichtsdrama
                                                                                                 santer Film, der mit Charme, kindlichem Anarchis-
 ist Thriller und Komödie zugleich: die brillante Story
                                                                                                 mus und viel Witz die Absurdität des Krieges zeigt.
  fesselt durch die unerwarteten Wendungen, amüsiert
  durch wohldosierten Humor und besticht durch die
  beeindruckende Umsetzung der Darsteller (Marle-                                            Erzählt wird die Geschichte einer Dorffehde. Seit
  ne Dietrich, Charles Laughton, Tyrone Power). Ein                                          Generationen bekriegen sich die Jungen zweier ver-
   eindrucksvoller und erfreulicher Beweis, dass ein                                         feindeter französischer Dörfer, auch wenn mittler-
   Höchstmaß an Spannung auch ohne jede Menge                 weile keiner mehr weiß warum. Mit Witz und Einfallsreichtum kämpfen die Jungen
   Action und eine Vielzahl von Leichen möglich ist.          gegeneinander und nehmen den Ärger zu Hause billigend in Kauf. Bis die beiden
                                                              Anführer gemeinsam ins Internat gesteckt werden – und sich dort anfreunden.
   („Zeugin der Anklage“ ist eine Adaption der 1933
   erschienenen Krimi-Kurzgeschichte „Witness for             Doch der Krieg im Dorf geht nun an die nächste Jungengeneration, bis schließlich
    the Prosecution“ von Agatha Christie und wurde            der Kleinste in der Gruppe, Petit-Gibus, erkennt wie unsinnig diese Fehde ist: „Wenn
    als Bühnenstück am 28. Oktober 1953 im Winter             ich das gewusst hätte, wäre ich nicht mitgegangen“. Brigitte Maser
    Garden Theatre in London uraufgeführt.)

    Claudia Bergfried


Es ist „M – EINE STADT SUCHT EINEN
MÖRDER“. Der Film von Fritz Lang aus dem
Jahr 1931 ist ein Meilenstein und ein Klassiker. Peter
Lorre spielt die Rolle des psychopathischen Kin-
dermörders Hans Beckert unübertrefflich gut. Da
die Polizei ihn nicht fassen kann, schließt sich die




                                                             M
 Unterwelt mit den Landstreichern zusammen, jagt
 ihn und stellt ihn vor ein Tribunal, das aus „norma-                       eine Eltern hatten einen Fernseher von Philips: aus furniertem Holz, mit
 len Berufsverbrechern“ besteht. In seinem Plädoyer                         Drehköpfen und ohne Fernbedienung. Qualität gebaut für die Ewigkeit. Es
 offenbart Beckert seine Hilflosigkeit: „Immer muss                         dauerte zwei Minuten, bis das Bild erschien: Alles ohne Farbe – von Biene
 ich durch Straßen gehen und immer spür’ ich, es ist                        Maja über Doctor Snuggles bis hin zur Sesamstraße. Bis der Fernseher
 einer hinter mir her. Das bin ich selber! Manchmal          endlich seinen Geist aufgab. Mein liebster Schwarz-Weiß-Film? Begeisterung gleich Null.
  ist mir, als ob ich selbst hinter mir herliefe. Aber ich   Eher die Erinnerung an eine farblose Fernsehwelt mit Kinder-Idolen in schwarz-weiß.
  kann nicht. Kann mir nicht entkommen.“ So bleibt
  es dem Zuschauer überlassen, was er für schwarz            Ich liebe die Farbe im Film.
  oder weiß hält. Der Film ist ein Meisterwerk, das
  unter die Haut geht. Özgü Ülger                            Jürgen Bohl



                                                                                                                                                        35
oodoo ist schwarz. Zumindest für die meisten Europäer und
                                  Nordamerikaner. Es ist eine Naturreligion, die wahrscheinlich
                                  schon vor mehreren Tausend Jahren in Afrika entstand und
                    die durch den Sklavenhandel nach Amerika gelangte. In Haiti ist sie heute
                    offiziell anerkannt und im schwarzafrikanischem Benin sogar Staatsreligi-
                    on. Ihre Magie wird mit Rachezauber und Zombies ebenso in Verbindung
                    gebracht wie mit Tieropfern und Totenkult. Am bekanntesten sind die
                    Puppen, die aus Stoff, Wachs, Lehm oder Holz gefertigt und mit persönli-
                    chen Accessoires eines Menschen ausgestattet werden, um ihm – durch
                    Einsatz schwarzer Nadeln – Schmerzen und Schaden zuzufügen.

                    Voodoo ist auch weiß. Ebenso weiß wie die Köpfe der Nadeln, die –
                    eingesetzt bei denselben Puppen – Heilung bewirken oder ein glücklicheres
                    Leben bescheren. Den Rada-Loas, guten Gottheiten und spirituellen
                    Führern, werden Öle, Früchte und Blüten geopfert. Hilfsbedürftige wen-
                    den sich an die Houngans und Mambos: Weißmagier mit einem engen
Foto Frau Lueders
      Seite 36-37   Kontakt zu allmächtigen und übernatürlichen Wesen. Besessenheit ist im
                    Voodoo keine geistige Krankheit, sondern eine rituelle Vereinigung mit
                    den Göttern in einem Zustand der Trance.

                    Dass Voodoo für viele weiße Menschen die Aura einer schwarze Magie hat,
                    liegt in seiner Geschichte: Es war der Schutzschild der Sklaven, und ihre
                    Machthaber fürchteten die afrikanischen Mythen, Geister und Dämonen.
                    Die Furcht ist geblieben, obwohl die Naturreligion im Laufe ihrer Entwick-
                    lung stark vom Einfluss des Christentums oder des Islams geprägt wurde
                    und viele ihrer Elemente übernommen hat. cb
DASFOTOSERIE VON CLAUS DIETER GEISSLER KÖLN
          KETTENSÄGENMASSAKER VON
     EINE




     HABT EHRFURCHT VOR DEM BAUM.
     ER IST EIN EINZIGES GROSSES WUNDER,
     UND EUREN VORFAHREN WAR ER HEILIG.
     DIE FEINDSCHAFT GEGEN DEN BAUM
     IST EIN ZEICHEN DER MINDERWERTIGKEIT
     EINES VOLKES UND VON NIEDERER
     GESINNUNG DES EINZELNEN.
     Alexander Freiherr von Humboldt




38
DER BAUM IST BREIT, MEIN FREUND,
                   DER SCHATTEN GIBT UND KEINER
                   BRAUCHT DEN ANDERN
                   ZU VERDRÄNGEN.
                   Johann Wolfgang von Goethe




FRÜHJAHR 2006


KÖLN
RHEINUFERSTRASSE




                                                      41
Z




                                                                           Foto Elena Anna Rieser
k
a   01   Schwarzer Mann – Die Toten Hosen
    02   Schwarze Balalaika – Alexandra
    03   Schwarze Madonna – Bata Illic
    04   Der Schwarze Tod – Jan Tenner
    05   Schwarz – Tokio Hotel
    06   Schwarze Seite – Bushido
    07   Schwarzes Glas – Rammstein
    08   Schwarze Barbara – Heino
    09   Der schwarze Mann auf dem Dach – Manuela
    10   Schwarze Augen – André Rieu
    11   Du schwarzer Afghane – Wolfgang Ambros
    12   Schwarze Engel – Caterina Valente



    01   Weiße Rosen aus Athen – Nana Mouskouri
    02   Ich schau den weißen Wolken nach – Lale Andersen
    03   Ganz in Weiß – Roy Black
    04   Weiße Rosen – Gitte Henning
    05   Drei weiße Tauben – EAV
    06   Nimm deine weiße Gitarre – Gert Timmerman
    07   Ich schick dir eine weiße Wolke – Julio Iglesias
    08   Weißer Rauch – Creme de la Creme
    09   Am weißen Strand von Helgoland – Niko
    10   Weiße Weihnachten – Heintje
                                                 b
    11   Das weiße Licht – Oomph!
    12                                   A
         Ein weißes Haus – Roger Whittaker
    13   Der Junge auf dem weißen Pferd – Marius Müller-Westernhagen




SCHWARZ +                                                                  43
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                                      Ein Der Trickfilmzeichner Dejan Rakas
                                          Leben in Bildern
                                      Die erste Szene: Ein Altbau in der     wigshafen einen Kontakt nach London.
                                      Kölner Südstadt. Im Flur stapeln       Bereits 14 Tage später sitzt Dejan Rakas
     „Der schlimmste Satz für         sich reihenweise Filmrollen bis hin    im Studio von Uli Meyer in London, wo
      einen Trickfilmzeichner:         zur ohnehin schon sehr hohen           gerade an einer Disney-Produktion gear-
      Mach einfach mal, die           Decke. Über einen verschachtelten      beitet wird. Daran ist er jedoch noch nicht
      Szene können wir ja             Gang gelangt man in ein kleines        beteiligt, stattdessen lernt er die „Basics“
      sonst wegschmeißen.“            Atelier, das – trotz seiner geringen
                                      Quadratmeterzahl – 2 PCs, eine
                                                                             und zeichnet hüpfende Bälle.

                        Dejan Rakas   Reprokamera, einen Zeichentisch        „Eigentlich beginnt jeder
                                      und ein großes Regal, gefüllt mit      Trickfilm in Schwarz-Weiß.“
                                      weiteren Filmrollen, VHS-Cassetten,
                                      CD-ROMs, DVDs und jeder Menge
                                      Papier. So könnte die Eingangsse-              Schnitt, hin ins Jahr 2006. Der
                                      quenz in einem Dokumentarfilm über            heute 32-jährige gewährt Einblicke.
                                      den Zeichner und Animator Dejan                Er erklärt wie ein Trickfilm entsteht.
                                      Rakas aussehen.                                 Dass also, wenn die Geschichte
                                                                                   und die Charaktere feststehen, das
                                      Dann eine Rückblende, hin                          Storyboard entwickelt wird: die
                                      zu den Anfängen: Man schreibt                 Länge und Auflösung der Szenen,
                                      das Jahr 1990, und in Deutschland              die Einstellungen, Blickwinkel und
                                      gibt es noch keine offizielle Aus-                  Kamerabewegungen. Egal, wie
                                      bildungsmöglichkeit zum Trickfilm-              farbenfroh und üppig das spätere
                                      zeichner. Was macht ein 16-jähriger,        Ergebnis sein wird, hier ist die Arbeit
                                      der gerade in diesem Metier seine                    auf ein karges Schwarz-Weiß
                                      Berufung zu finden glaubt? Er greift               reduziert. Und von hier aus wird
                                      sich das Buch „Die schönsten Filme             alles gesteuert: der „Fahrplan“ der
                                      von Walt Disney“, stellt darin fest,        die Filmbilder festlegt, welche Posen
                                      dass Andreas Deja, Chefzeich-                   die Figuren einnehmen, wie viele
                                      ner zahlreicher Produktionen, aus                      Ebenen – also Vorder- und
                                      Dinslaken stammt, ruft unbefangen                  Hintergründe – eine Szene hat,
                                      dessen Eltern an – und führt kurze           wo Spannung erzeugt wird und wo
                                      Zeit danach ein ca. 2-stündiges             Ruhe einkehren soll. Gearbeitet wird
                                      Gespräch mit L.A. Da seinem                     dann vom Groben ins Feine, von
                                      Ansprechpartner die Besessenheit              der Rough-Animation bis zur Rein-
                                      vom Medium Trickfilm bekannt ist,                zeichnung der Zwischenphasen.
                                      vermittelt er dem Fan aus Lud-
                                                                                                                    Seite
                                                                                                                    45
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                 Zweite Rückblende: In seiner „Ausbildung“ und in den Anfängen seiner
                 beruflichen Tätigkeit beschreitet Dejan Rakas den umgekehrten Weg, also
                 von der Feinarbeit bis hin zum Storyboard. Aus seinen längeren Aufenthal-
                 ten im Londoner Studio mit dem nötigen Rüstzeug ausgestattet, arbeitet
                 der 18-jährige als Zwischenphasenzeichner am Kinofilm „Asterix in Amerika“
                 mit. Auch bei „Werner 2“, „Bibi Blocksberg“ und „Benjamin Blümchen“ ist er
                 dabei. Er geht den klassischen Weg und steigt im Laufe der Zeit über den
                 Animationsassistenten auf in die Rough-Animation. Er wird zum Allrounder.

                 „Ich kannte in meiner Kindheit eher die Titel von
                  Filmen als die Namen von Pausensnacks.“

                 Wieder Schnitt in die Ge-                 Vor dem Abspann ein Ausblick:
                 genwart: Der Alltag ist hektisch.         Mehrere Kurzfilme hat Dejan Rakas
                 Die Produktion, an der er derzeit         bereits in Eigenproduktion mit
                 mitarbeitet, möchte 30 Sekunden           seinem Kompagnon Dominik Spitol
                 Film im Monat von ihm haben. Für          erstellt: Trailer für das Kinofestival
                 eine Sekunde werden mindestens            Short Cuts, einen Film für eine Tier-
                 12 Bilder benötigt, die dann doppelt      schutzorganisation, den Abspann
                 abgefilmt werden. Diese Bilder             zu einem finnischen Tango-Film.
                 bestehen oftmals aus 4 bis 5              Ein Serienprojekt ist in der Planung.
                 Schichten: Vorder- und Hinter-            Und ein Buch geht ihm seit ca. 10
                 gründe, die zu einer Einheit ver-         Jahren nicht aus dem Kopf – guter
                 schmelzen. Zeichnen und Malen im          Stoff für einen eigenen Film. cb
                 Akkord. Zwar ist der PC mittlerweile
                 ein gutes Hilfsinstrument, doch das       „Das Publikum
                 meiste entsteht in Handarbeit. Als er     wartet doch
                 ein Krokodil zeichnet, hört er parallel   wieder auf einen
                 die Sprachaufnahme vom Band.              klassischen Trick-
                 Dazu bewegt er seinen Mund, formt         film. Auf Bleistift-
                                                           Skizzen, die sich
                                                           bewegen.“
                 die Laute nach, bevor er sie auf sein
                 tierisches Objekt überträgt. Und
                 zwar mit zwei Bildern Vorlauf asyn-
                 chron, damit es für den Zuschauer
                 synchron wirkt.
                                                                          To be continued ...

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                                             Foto Martin Bruner
                                               Text Jürgen Bohl




      Gefühlvolle Linien – schmerzhafte Stiche –
         und Blumenornamente umranken liebevoll den Arm.

            Schattierte Vögel – eingestochen ins Fleisch –
         verfolgen jeden kleinsten Muskel.

             Funkelnde Sterne – schwarze Pigmente –
     wie Gestirne zwischen Leberflecken und weißer Haut.

         Süßlich riechende Rosen – tausende Nadelstiche –
               und emporsteigende Schlingpflanzen
                                 erschaffen eine Fabelwelt
                          aus Schwarz auf Weiß.
Foto Claus Dieter Geissler
Rezept + Gebäck Hildegard Berthold
Seite Fünfzig und Einundfünfzig      51
Schwarzer Humor




                  Der eine lacht, der andere ist empört – so lässt sich die Wirkung des Schwarzen Humors
                  bezeichnen. Doch wie definiert man ihn? Stellt er Verbrechen, Krankheit oder Tod in
                  paradoxen Bezügen verharmlosend dar? Behandelt er also ernste oder makabre Themen
                  in satirischer, ironischer oder grotesker Weise? Hat er eine Entlastungsfunktion, indem
                  man sich über etwas amüsiert, das sonst mit Tabus belegt ist oder Angst und Schrecken
                  verursacht? Entspricht er einer Denkstruktur, die die Normalität von einer abseits liegen-
                  den Perspektive betrachtet?

                  Ganz ehrlich, wen interessiert das? Die Hauptsache ist doch, es gibt etwas zu lachen.
                  Zwar nicht für jeden, schließlich sind die Geschmäcker verschieden. Doch wie hieß es
                  schon zu Zeiten des „alten Fritz“: Lieber einen guten Freund verloren als einen guten



Lachen am Rande
                  Witz unterdrückt.

                  Deshalb haben wir eine sehr persönliche Mischung aus dem Bereich des Schwarzen Hu-
                  mors zusammengestellt. Die kurzen Dialoge, Witze und Geschichten haben eines gemein-



 des Abgrunds?
                  sam: Wir konnten darüber lachen!


                  P.S.: Gäbe es einen „Weißen Humor“, so wäre eine Geschichte aus dem „Kleinen
                  Handbuch des Verhörens“ von Axel Hacke und Michael Sowa (Kunstmann Verlag,
                  2004, S.12.) dafür das beste Beispiel: Nach einer Lesung wird Hacke von einem Herrn
                  angesprochen, der ihm seine Version zu dem bekannten Gedicht (und Volksliedtext) von
                  Matthias Claudius’ „Der Mond ist aufgegangen“ zitiert. cb



                  Das Original:                                  Das „Verhörte“:
                  Der Wald steht schwarz und schweiget,          Der Wald steht schwarz und schweiget,
                  und aus den Wiesen steiget                     und aus dem Wiesen steiget
                  der weiße Nebel wunderbar.                     der weiße Neger Wumbaba.
Letzte Worte …                                                              VORSCHLÄGE FÜR TODESANZEIGEN
                  … des Metzgers: „Wirf mir mal das große Messer rüber.“
                  … der Prostituierten: „Ach, ist der niedlich!“
                                                                                              ODER GRABSTEINE:
                  … der Challenger-Crew: „Lasst mal die Frau ans Steuer!“
                                                                                                  DIE PUTZFRAU: Sie kehrt nie wieder.




B
                                                                                                  DER ZAHNARZT: Er hinterlässt eine schmerzliche Lücke.
       ei einem Unfall im Sägewerk verliert       „Herr Doktor, ich habe einen Knoten in
       ein Mann alle 10 Finger. Mit letzter       der Brust.“ „Mein Gott, wer macht denn          DOLLY BUSTER: Sie ist abgenippelt.
       Kraft schleppt er sich ins nächstge-       so was!“
legene Krankenhaus. Der Arzt fragt: „Haben
Sie denn Ihre Finger mitgebracht?“ Darauf         „Woran ist denn Ihr Mann gestorben?“
zuckt der Mann nur mit den Achseln. Der Arzt                                                  Es klingelt an der Haustür, ein kleines Mädchen öffnet. Der Besucher erklärt: „Wir sammeln
                                                  „An Grippe.“ „Na, dann war es ja glück-
bedrängt ihn weiter: „Sie müssen doch die                                                     für das Waisenhaus.“ Das Mädchen nickt und geht zurück ins Haus. Von innen ertönen zwei
                                                  licherweise nichts Ernstes.“
Finger mitbringen. Nach dem heutigen Stand                                                    Schüsse. Dann kommt die Kleine wieder zur Tür und sagt: „So Onkel, jetzt kannst du mich
der Medizin könnten wir sie doch direkt wie-                                                  mitnehmen.“
                                                  „Herr Doktor, der Simulant von Zimmer 7
der annähen.“ Darauf endlich die Antwort:         ist gestorben.“ „Also jetzt übertreibt er



                                                                                                S
„Ich konnte sie nicht aufsammeln!“                aber wirklich!“                                     teward zum Kapitän: „Wir haben         Ein Jäger zum anderen: „Ich habe Ihre
                                                                                                      einen blinden Passagier an Bord.“      Frau getroffen.“ Dessen Antwort: „Waid-
Zwei Schwaben auf Bergwanderung. Plötzlich stürzen sie ab in eine Gletscherspalte. Ca. 1              Kapitän: „Sofort über Bord werfen.“    mannsdank.“
Stunde später nahen die Retter. Die rufen den Unfallopfern zu: „Hier ist das Deutsche Rote    Es vergehen 10 Minuten. Der Steward
Kreuz.“ Tönt von unten die Antwort: „Mir gebet nix!“                                          kehrt zurück: „Und was machen wir jetzt        „Mama, ich bin jetzt 14. Darf ich jetzt end-
                                                                                              mit dem Hund?“                                 lich einen BH tragen?“„Nein, Manfred!“

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schwarz+weiß

  • 1.
  • 2. Inhalt 04 schwarz+weiß 10 schwarz+weiß : Schwarz-Rot-Gold 12 geteert und gefedert 18 Hinter Gittern 22 Das Papier mit Pinselkraft durchdringen – René Böll 26 Für ein paar Meter Sicherheit: der Zebrastreifen 28 Schneewittchen 32 Mein liebster Schwarz-Weiß-Film 36 Voodoo 38 Das Kettensägenmassaker von Köln 42 Musik in schwarz+weiß 44 Ein Leben in Bildern – Der Trickfilmzeichner Dejan Rakas 48 Tattoo 50 Schwarz+Weiß-Gebäck 52 Schwarzer Humor DESIGN Jürgen Bohl Impressum TEXT Christa Becker (wenn mit cb gekennzeichnet), Dorothee Freitag, Brigitte Maser FOTO HERAUSGEBER REDAKTION Claus Dieter Geissler, Elena Anna Rieser, Martin Jürgen Bohl Jürgen Bohl und Christa Becker Bruner, Thomas Pieruschek, M.A.R.I.A., Frau Lueders, Roonstraße 96 gsch_art 50674 Köln REDAKTIONELLE FRAGEN 01 73 / 270 57 57 01 73 / 270 57 57 ILLUSTRATION juergen@bohldesign.de info@magazinXY.de mayBix Christa Becker STAND LEKTORAT Brabanter Straße 7 14. Juli 2006 – schwarz+weiß Claudia Bergfried 50674 Köln FOTO-QUELLEN 02 21 / 517 871 Ausführliche Informationen zum magazinXY, ÖFFENTLICHKEITSARBEIT www.photocase.com becker.christa@t-online.de Impressum etc. unter www.magazinXY.de Corinna König, Özgü Ülger (Seite 04 - 09, 28 - 29, 34 - 35, 36 - 39, 40 - 41, 48) 03
  • 3. 100 % SCHWARZ cb SCHWARZ ist die Farbempfindung beim Fehlen jeglicher optischer Reize. Es ist immateriell, die Leere, der Tod. Es reflektiert nicht, es schluckt jedes Licht. Seine Wirkung: ernst, sachlich, würdevoll und vornehm. Eine Grenzfarbe des menschlichen Bewusstseins. „Schwarz vor Augen“ drückt den Zustand der Ohnmacht aus. Melancholiker haben „schwarzes Blut“. Pessimisten „sehen“ oder „malen alles schwarz“. Wer vergeblich gewartet hat, „bis er schwarz“ wurde, kann sich anschließend vor Wut „schwarz ärgern“. Schwarz ist die Lieblingsfarbe von 8 % aller Deutschen, ebenso viele lehnen sie ab. Es ist auch die Farbe des Verborgenen oder des Verbotenen: Schwarzarbeit, Schwarzhandel, Schwarzbrennen, Schwarzfahren, schwarze Liste … NUANCEN VON SCHWARZ Brombeerschwarz, Ebenholzschwarz, Eisenschwarz, Höllenschwarz, Kaviar- schwarz, Lakritzschwarz, Mohrenschwarz, Pechschwarz, Rabenschwarz, Samt- schwarz, Teerschwarz, Trauerschwarz, etc. Farbe 0 % Cyan 0 % Maganta 0 % Yellow 100 % Key Foto Thomas Pieruschek – www.sombrero.at 5
  • 4. Farbe 0 % Cyan 0 % Maganta 0 % Yellow 0 % Key Foto M.A.R.I.A. Als Summe aller Spektralfarben ist Weiß die vollkommenste Farbe. Es steht für Neutralität, Klugheit, Wahrheit ebenso wie für das Gute, den Glauben, die Ideale. Es ist jedoch auch die Farbe der Einsamkeit und Verlorenheit. 100% Weiß Eine „weiße Weste“ ist ein Zeichen von Unschuld. cb Deren Symbol ist seit dem 19. Jahrhundert auch das weiße Brautkleid. Eine „weiße Nacht“ wurde schlaflos verbracht, der „weiße Tod“ wird durch Erfrieren hervorgerufen. Ein „weißer Flecken auf der Landkarte“ steht für ein noch unentdecktes Gebiet. 3 % der Deutschen geben Weiß als Lieblingsfarbe an, nur 0,5 % lehnen sie ab. Menschen in Heilberu- fen tragen Weiß, um Sauberkeit zu vermitteln. In vielen Religionen sind die Priester in Weiß geklei- det; in der Katholischen Kirche ist es als liturgische Farbe den höchsten Feiertagen oder dem höchs- ten Amt vorbehalten. Nuancen von Weiß blanc Alabasterweiß, Birkenrindenweiß, Diamantweiß, Gipsweiß, Käseweiß, Kreideweiß, Lilienweiß, Mar- morweiß, Mehlweiß, Reifweiß, Schimmelweiß, Schmutzigweiß, Winterweiß, Zahnweiß, etc. r Unschuld Weiß, die Farbe de 7
  • 5. 28 C Foto: Elena Anna Rieser 80 Y 100 Y 40 Y 80 M 100 M 40 M 80 C 100 C 40 C 75 62 60 0 CMYK 80 K 50 % Schwarz 100 K 28 21 19 0 40 K + 50 % Weiß CMYK 80 Y 100 Y Die Farblehre bezeichnet Schwarz und Weiß als die „unbunten 40 Y Farben“. Dennoch zählen sie zu den Urfarben der Menschen, und in den Sprachen aller Völker existieren Begriffe für sie. 80 M Die Kombination aus Weiß und Schwarz steht für Objektivität 100 M und Intelligenz. Meist werden sie jedoch als Gegensätze ge- nannt, dann symbolisieren sie Ja und Nein, Tag und Nacht, 40 M Anfang und Ende, Gut und Böse, Gott und den Teufel. 80 C „Schwarz in Weiß verwandeln“, „einen weißen Raben suchen“ 100 und „einen Mohren weiß waschen“ haben die gleiche Be- C deutung: das Unmögliche versuchen. Ausdruck von Missgunst 40 C ist es, wenn man jemandem entweder nicht „das Weiße im 75 62 60 0 Auge“ oder „das Schwarze unter den Fingernägeln“ gönnt. CMYK Im Urchristentum war Weiß die Farbe der Trauer, heute ist es 80 K fast in allen Kulturen Schwarz. Priester niederer Ränge nutzen schwarze Kleidung als Ausdruck ihrer Würde, der Papst hinge- 100 K gen tritt stets in Weiß auf. cb 40 K 28 21 19 0 CMYK 9 80 Y 0
  • 6. Das magazinXY in Zeiten der WM Wer Brigitte Maser, die sich für diese Ausgabe Damit meinte Jürgen Bohl, Initiator vom um das Thema Zebrastreifen kümmerte, sonst magazinXY, dass diejenigen, die sonst keine im beruflichen oder privaten Umfeld erlebt, Fußballspiele schauen, sich auch nicht plötzlich konnte sie im Juni und Juli kaum wieder ß bei der WM dafür begeistern müssen. Trotz seiner erkennen. Mit ihrem Krakeelen und Sprüche z+wei Standhaftigkeit ließen sich „Ballkontakte“ nicht klopfen hätte sie zum Mittelpunkt jeder Kneipe ganz vermeiden, und so verbrachte er – eher oder Highlight jeder Fanmeile avancieren versehentlich – 20 Minuten Eröffnungsspiel und können. Ein dezentes Outfit konnte ihr wirklich 60 Minuten Equador gegen Deutschland dann niemand vorwerfen, wenn sie mit schwarz- doch vor dem Fernseher. Bevor ihm weitere rot-goldenem Käppi und „Deutschland wird r schwa 10 Minuten plus Nachspielzeit „den Rest geben“ Weltmeister 2006“-T-Shirt auf der Bildfläche konnten, wich er für 14 Tage Urlaub in eine relativ erschien. Bei einem so patriotischen Auftritt fußballfreie Zone aus. Zuvor hatte er noch er bei durften natürlich auch Tröte und Deutschland- eingefleischten Fans für ratlose Gesichter gesorgt, Flagge nicht fehlen. Da bereits im September mit der Frage nach dem Hit der Sportfreunde die Vorbereitungsspiele für die nächste EM Stiller („54, 74, 90, 2006“): „Was singen die denn beginnen, ist mit einer nachhaltigen Erholung da für komische Zahlen?“ bei ihr kaum zu rechnen. cb 11
  • 7. * geteert und gefedert cb Täter Kim Schmitt Opfer Jürgen Bohl Voyeur Claus Dieter Geissler Spricht man heute vom Teeren und Federn, so ist es metaphorisch gemeint. Dahinter steckt der Wunsch nach einer öffentlichen Äch- tung und empfindlichen Bestrafung. Obgleich seit vielen Jahrzehnten nicht mehr eingesetzt, ist der Begriff – wahrscheinlich aufgrund seiner Bildhaftigkeit – nach wie vor sehr präsent. Die erste Erwähnung geht auf die Kreuzzüge um 1190 zurück. Im Mittelalter war das Teeren und Federn als Ächtungsstrafe durchaus üblich, in den seltensten Fällen ging ein Gerichtsurteil voraus. Im Amerika der Pionierzeit erlebte die Form der Bestrafung eine Blütezeit: Falschspieler, Betrüger und Verräter wurden von der aufgebrachten Menge bis zur Taille entkleidet, mit Teer übergossen oder eingerieben und mit Federn überschüttet bzw. darin gewälzt. Anfang des 20. Jahrhunderts kam das Teeren und Federn aus der Mode. Das könnte einerseits daran liegen, dass Kriminelle zunehmend resozialisiert wurden. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass die dazu notwendigen Utensilien immer seltener greifbar waren … 12
  • 8. Heißer Teer auf nackter Haut: Material und Wirkung Zum Einsatz kam meist Teer aus Fichtenholz, der zum Abdichten von Fässern, Dächern und Schiffen benötigt wurde. Ein schwarzes, zähflüs- siges und übel riechendes Gemisch, das bei ca. 60º C schmolz und somit zu Verbrennungen 1. bis 2. Grades geführt haben dürfte. Die Folgen waren Rötungen und Schwellun- gen der Haut, Schmerzen und teilweise Blasen- bildung. Die Federn blieben im klebrigen Teer hängen; manchmal dauerte es Tage bis zur vollständigen Reinigung. Alle Erscheinungen waren jedoch vollständig reversibel, so dass es zu keinen bleibenden Schäden kam. 14
  • 9. „The victim had a lot less fun than his tormentors.“ („Das Opfer hatte erheblich weniger Spaß als seine Peiniger“) Das sollte beim Fotoshooting vermieden werden. Deshalb verwendete der „Peiniger“ in diesem Fall statt Teer das bekannte Aachener Pflümli, hergestellt aus Pflaumen, Säuerungsmittel, Zi- tronensäure und Gewürzen – und somit äußerst schmackhaft. Mehr dazu unter www.geteert und gefedert.de 16
  • 10. Hinter Gittern Text Dorothee Freitag graugelben Dunstglocke über der Stadt. Zu gewichen. Die medizinische Versorgung Der weiße Blick nach Norden gerichtet, den Ich war in Kap- Fuß unterwegs schlägt die Luft bedrohlich der Reichen, der Weißen, gehört zu den europäischen Wurzeln entfremdet. stadt. Muss ich noch mehr auf die Atemwege. besten der Welt, während keine 15 Minuten Der schwarze Blick glasig vom Alkohol. sagen. Abgefressene, Klebstoff vernebelte entfernt in den Townships die Menschen Straßenkinder bedrohen einen für ein paar Natürlich gibt es sie, die Macher und an Unterernährung kranken, eine ganze So ist man also in dieser merkwürdigen, Cent mit verseuchten Küchenmessern. Sie Mitmacher, zumindest die Nutznießer Generation dort an Aids eingeht. Sicher, afrikanischen Stadt mit seiner hausen im Stadtzentrum in den Winkeln der der Apartheid, deren Humanismus darin mittlerweile gibt es Strom; das Elend europäischen Hautfarbe kein Exot – es Betonwüste aus Bürokomplexen und nie bestand und irgendwie noch immer ist beleuchtet. In diesem Land treffen Die sei denn, man geht zu Fuß. fertig gestellten, riesigen Straßenschneisen. besteht, ihre schwarzen Angestellten nicht erste und dritte Welt aufeinander Straßen sind voller Menschen, Die Abgase liegen ohne Regen und vor nicht geschlagen zu haben. Die politische oder beeinflussen sich gar, sie leben allem ohne Wind in einer blickdichten, Ungleichheit ist der ökonomischen haarscharf berechnet aneinander vorbei. SW-19
  • 11. doch keiner die geschmacksverirrten Shopping Malls Straussenei noch ein Spielzeugauto aus Bilder. Diese unansehnliche Stadt ist so ist weiß. Diese vor der Stadt. Künstlich aus dem Boden Coladosen ist, sondern ein Absperrgitter. herrlich gelegen. Ein Naturschauspiel gestampfte, mehrfach abgeschirmte Freiheit gehört Wie kann man hier bloß leben? jagt das nächste; es ist selten windstill. Hochsicherheitskomplexe mit den Doch schon der Name Mandela lässt den Schwarzen. immer gleichen Läden, Geschäften und nicht nur braune Augen glänzen. Die Aber ich – ich gehe zu Fuß. Wer weiß ist, fährt Auto; mit Wegfahrsperre Fressbuden. Wie das meist unmotorisierte Menschen sind stolz auf ihr Land und Personal hier hinkommt, ist schlecht bis gar Ich bin und Sicherheitscode versehen, immer dessen Wandel. Es wird viel gelacht, nicht organisiert. Für Weiße ist alles immer in den Autos und auf den Straßen. Europäer. vollkommen leer geräumt, um Einbrüche zu verhindern. Mit diesem Auto verlässt verriegelt und verrammelt. So bleibt das Hoffnung und Zuversicht setzen Kräfte man das Video überwachte, dick Fazit, dass ein wirklich typisches Souvenir frei, die Chancen sind da.Die Landschaft ummauerte Eigenheim und begibt sich in für diese Stadt weder ein bemaltes besticht durch wundersame, urwüchsige SW-21
  • 12. D as Papier mit Pinselkraft durchdringen Die Tuscharbeiten des René Böll „Tiefschwarz bis hellgrau, hell und dunkel, nass und trocken, weich und hart, glatt und zerklüftet (…) Das Konkrete wird abstrakt, das Abstrakte wird konkret. Weitblick und Nahblick treffen sich, verschmelzen im unendlichen Raum des weißen Xuan-Papiers.“ Seite So beschreibt die Sinologin und Verlegerin Anne Engelhardt-Ng die Arbeiten des Kölner Künstlers René Böll, der seit 1972 die Materia- lien Reispapier (so der europäische Begriff) und asiatische Tusche in höchst eigener Weise miteinander verbindet. Anfangs – nach eigenen Angaben – eher unbeholfen.
  • 13. D och die Beschäftigung mit der chinesischen Philosophie, das Interesse an deren großer Maltradition und die zahlreichen Begegnungen mit den Künstlern dieses Kulturraums veränderten ihn, prägten ihn. Vermittelten ihm, dass Zeit ein relativer Begriff ist. Dass Qi (frei übersetzt mit Kraft/Energie) seinen eigenen Lauf hat. Und dass schwarze Tusche Licht und Farbe erzeugen kann. Heute spielt René Böll mit den Wellen des feuchten Papiers ebenso wie er mit trockener Technik Kanten und Risse erzeugt. Es ist gerade das Miteinander von sanften und scharfen Elementen, von Bewegung und Ruhe, von Yin und Yang, das seine Arbeiten kennzeichnet. Und es ist die jahrzehntelange Übung, die ihn vorab wissen lässt, wie das Ergebnis aussieht. Vielmehr, wie es aussehen könnte, denn ein „gutes Ende“ ist nie gewährleistet. Die Tuschmalerei, die als Vollendung der chinesischen Kunst gilt, gibt jedem Bild, jedem Pinselstrich nur eine Chance. Korrekturen sind unmöglich. René Böll spricht selbst von „70 Prozent Ausschuss“. Die verbleibenden 30 Prozent haben ihn nicht nur in Europa, sondern auch in China zu einem anerkannten Maler gemacht: Bei einer Ausstel- lung in Shenyen war er unter 200 Künstlern der einzige aus einem anderen Kulturkreis.
  • 14. FÜR EIN PAAR METER SICHERHEIT: Als erstes Land hat Großbritannien den Zebrastreifen (zebra crossing) 1951 gesetzlich festgeschrieben. In Deutschland hingegen wurde erst einmal DER ZEBRASTREIFEN getestet. Und zwar in München. Am 8. Juli 1952 wurden die ersten 12 Zebrastrei- fen auf westdeutschem Boden angelegt. Der Erfolg sprach für sich, und weitere Städte folgten. Wer kennt sie nicht, die großen, weißen, in Länge und Breite normierten Block- Mit dem Ergebnis, dass die schwarzweiße Bodenmarkierung am 24. August 1953 in streifen auf schwarzem Straßenasphalt. Genau die, die dem Fußgänger an unü- die Straßenverkehrsordnung (StVO) aufgenommen wurde. „Fußgängerüberweg“ bersichtlichen und gefährlichen Fahrbahnstellen ohne Ampelanlage eine relative oder „Querungsanlage“ heißt sie im schlichten Paragraphendeutsch. Sicherheit beim Überqueren der Straße bieten sollen. Trotz der Gesetzesvorgabe konnte die Verkehrssicherheit für Straßenpassanten nicht Auf der Genfer Konferenz der Vereinten Nationen 1949 wurde erstmals gewährleistet werden. Es wurde nachgebessert, und es wurde amtlich. Seit dem der „Zebrastreifen“ in den Katalog internationaler Straßenverkehrszeichen 1. Juni 1964 haben – per Gesetz (StVO § 26) – Fußgänger und Rollstuhlfahrer an aufgenommen. Zwar zum Wohle des Fußvolkes, jedoch ohne Rechtsver- den Zebrastreifen absoluten Vorrang. Nur Herumsprechen muss es sich noch. bindlichkeit für die einzelnen Staaten. G Brigitte Maser (Text) Claus Dieter Geissler (Foto) 27
  • 15. 29
  • 16. Schneewirttchen 2 Das komplette Märchen finden Sie unter www.magazinXY.de/Schneewittchen.htm 31 31
  • 17. MEIN FREUND HARVEY Die höchst subjektive Auswahl der Mitarbeiter vom magazinXY Von einem Nervenarzt mit der Al- lerweltsweisheit „Wir alle müssen früher oder später der Wirklichkeit ins Auge sehen“ konfrontiert, ant- wortet Elwood P. Dowd: „Wissen Sie, DIE FEUERZANGENBOWLE ich habe mich mit der Wirklichkeit 40 Jahre abgeplagt, Doktor, und ich UND HEINZ RÜHMANN? bin glücklich, sie jetzt endlich überwunden zu haben!“ Oder Heinz Rühmann und die Feu- erzangenbowle? Es gibt Dinge, die lassen sich einfach nicht trennen. Der ebenso gutmütige wie glückliche Privatier (dargestellt von James Seit frühester Kindheit haben mich Steward) verdankt die Überwindung der Wirklichkeit einerseits seiner Schauspieler und Film begleitet, da Vorliebe, in Bars „einen lüpfen“ zu gehen, und andererseits seinem mein Vater leidenschaftlicher Fan ist. Ich habe vor allem mitgenommen, dass es unsichtbaren Freund Harvey, einem 2,10 Meter großen Hasen. Um letzte- die berühmte Feuerzangenbowle auch Silvester live zu Hause gab. Denn auch in ren habe ich ihn schon als Kind beneidet. Dass ich damit nicht alleine flüssiger Form ist sie sehr zu empfehlen. stand, wurde mir als Erwachsene vielfach bestätigt. Corinna König-Wildförster Wer – wenn auch nur für kurze Zeit – die Realität mal weit hinter sich lassen möchte, dem sei diese wunderbare Komödie dringend empfohlen. Danach kann man ja immer noch einen lüpfen gehen … Christa Becker Keine Schnitte oder Kameraakrobatik, keine unsinnigen Dialoge als Erklärung für den Zuschauer, keine Orchester füllende Musik und insbesondere – keine Farben. Weil man die Hitze so spürt, die Langeweile, das brütende Schweigen und die tote Zeit. Weil eine banale Geschichte – drei Typen brechen aus dem Gefängnis aus – so märchenhaft poetisch sein kann. Weil es so viele schöne Bilder gibt and METROPOLIS because we all scream for ice cream. von Fritz Lang. Denn in diesem Stummfilm ist nicht die Hand- Down by Law (1986) lung, hier ist jedes Bild insze- Regie: Jim Jarmusch – mit Tom Waits, John niert. Er ist pure Fotografie. Lurie, Roberto Benigni Dorothee Freitag Claus Dieter Geissler 33
  • 18. Spontan fiel mir „Krieg der Knöpfe“ von ZEUGIN DER ANKLAGE Yves Robert aus dem Jahr 1962 ein. Ein höchst amü- Das von Billy Wilder 1957 verfilmte Gerichtsdrama santer Film, der mit Charme, kindlichem Anarchis- ist Thriller und Komödie zugleich: die brillante Story mus und viel Witz die Absurdität des Krieges zeigt. fesselt durch die unerwarteten Wendungen, amüsiert durch wohldosierten Humor und besticht durch die beeindruckende Umsetzung der Darsteller (Marle- Erzählt wird die Geschichte einer Dorffehde. Seit ne Dietrich, Charles Laughton, Tyrone Power). Ein Generationen bekriegen sich die Jungen zweier ver- eindrucksvoller und erfreulicher Beweis, dass ein feindeter französischer Dörfer, auch wenn mittler- Höchstmaß an Spannung auch ohne jede Menge weile keiner mehr weiß warum. Mit Witz und Einfallsreichtum kämpfen die Jungen Action und eine Vielzahl von Leichen möglich ist. gegeneinander und nehmen den Ärger zu Hause billigend in Kauf. Bis die beiden Anführer gemeinsam ins Internat gesteckt werden – und sich dort anfreunden. („Zeugin der Anklage“ ist eine Adaption der 1933 erschienenen Krimi-Kurzgeschichte „Witness for Doch der Krieg im Dorf geht nun an die nächste Jungengeneration, bis schließlich the Prosecution“ von Agatha Christie und wurde der Kleinste in der Gruppe, Petit-Gibus, erkennt wie unsinnig diese Fehde ist: „Wenn als Bühnenstück am 28. Oktober 1953 im Winter ich das gewusst hätte, wäre ich nicht mitgegangen“. Brigitte Maser Garden Theatre in London uraufgeführt.) Claudia Bergfried Es ist „M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER“. Der Film von Fritz Lang aus dem Jahr 1931 ist ein Meilenstein und ein Klassiker. Peter Lorre spielt die Rolle des psychopathischen Kin- dermörders Hans Beckert unübertrefflich gut. Da die Polizei ihn nicht fassen kann, schließt sich die M Unterwelt mit den Landstreichern zusammen, jagt ihn und stellt ihn vor ein Tribunal, das aus „norma- eine Eltern hatten einen Fernseher von Philips: aus furniertem Holz, mit len Berufsverbrechern“ besteht. In seinem Plädoyer Drehköpfen und ohne Fernbedienung. Qualität gebaut für die Ewigkeit. Es offenbart Beckert seine Hilflosigkeit: „Immer muss dauerte zwei Minuten, bis das Bild erschien: Alles ohne Farbe – von Biene ich durch Straßen gehen und immer spür’ ich, es ist Maja über Doctor Snuggles bis hin zur Sesamstraße. Bis der Fernseher einer hinter mir her. Das bin ich selber! Manchmal endlich seinen Geist aufgab. Mein liebster Schwarz-Weiß-Film? Begeisterung gleich Null. ist mir, als ob ich selbst hinter mir herliefe. Aber ich Eher die Erinnerung an eine farblose Fernsehwelt mit Kinder-Idolen in schwarz-weiß. kann nicht. Kann mir nicht entkommen.“ So bleibt es dem Zuschauer überlassen, was er für schwarz Ich liebe die Farbe im Film. oder weiß hält. Der Film ist ein Meisterwerk, das unter die Haut geht. Özgü Ülger Jürgen Bohl 35
  • 19. oodoo ist schwarz. Zumindest für die meisten Europäer und Nordamerikaner. Es ist eine Naturreligion, die wahrscheinlich schon vor mehreren Tausend Jahren in Afrika entstand und die durch den Sklavenhandel nach Amerika gelangte. In Haiti ist sie heute offiziell anerkannt und im schwarzafrikanischem Benin sogar Staatsreligi- on. Ihre Magie wird mit Rachezauber und Zombies ebenso in Verbindung gebracht wie mit Tieropfern und Totenkult. Am bekanntesten sind die Puppen, die aus Stoff, Wachs, Lehm oder Holz gefertigt und mit persönli- chen Accessoires eines Menschen ausgestattet werden, um ihm – durch Einsatz schwarzer Nadeln – Schmerzen und Schaden zuzufügen. Voodoo ist auch weiß. Ebenso weiß wie die Köpfe der Nadeln, die – eingesetzt bei denselben Puppen – Heilung bewirken oder ein glücklicheres Leben bescheren. Den Rada-Loas, guten Gottheiten und spirituellen Führern, werden Öle, Früchte und Blüten geopfert. Hilfsbedürftige wen- den sich an die Houngans und Mambos: Weißmagier mit einem engen Foto Frau Lueders Seite 36-37 Kontakt zu allmächtigen und übernatürlichen Wesen. Besessenheit ist im Voodoo keine geistige Krankheit, sondern eine rituelle Vereinigung mit den Göttern in einem Zustand der Trance. Dass Voodoo für viele weiße Menschen die Aura einer schwarze Magie hat, liegt in seiner Geschichte: Es war der Schutzschild der Sklaven, und ihre Machthaber fürchteten die afrikanischen Mythen, Geister und Dämonen. Die Furcht ist geblieben, obwohl die Naturreligion im Laufe ihrer Entwick- lung stark vom Einfluss des Christentums oder des Islams geprägt wurde und viele ihrer Elemente übernommen hat. cb
  • 20. DASFOTOSERIE VON CLAUS DIETER GEISSLER KÖLN KETTENSÄGENMASSAKER VON EINE HABT EHRFURCHT VOR DEM BAUM. ER IST EIN EINZIGES GROSSES WUNDER, UND EUREN VORFAHREN WAR ER HEILIG. DIE FEINDSCHAFT GEGEN DEN BAUM IST EIN ZEICHEN DER MINDERWERTIGKEIT EINES VOLKES UND VON NIEDERER GESINNUNG DES EINZELNEN. Alexander Freiherr von Humboldt 38
  • 21. DER BAUM IST BREIT, MEIN FREUND, DER SCHATTEN GIBT UND KEINER BRAUCHT DEN ANDERN ZU VERDRÄNGEN. Johann Wolfgang von Goethe FRÜHJAHR 2006 KÖLN RHEINUFERSTRASSE 41
  • 22. Z Foto Elena Anna Rieser k a 01 Schwarzer Mann – Die Toten Hosen 02 Schwarze Balalaika – Alexandra 03 Schwarze Madonna – Bata Illic 04 Der Schwarze Tod – Jan Tenner 05 Schwarz – Tokio Hotel 06 Schwarze Seite – Bushido 07 Schwarzes Glas – Rammstein 08 Schwarze Barbara – Heino 09 Der schwarze Mann auf dem Dach – Manuela 10 Schwarze Augen – André Rieu 11 Du schwarzer Afghane – Wolfgang Ambros 12 Schwarze Engel – Caterina Valente 01 Weiße Rosen aus Athen – Nana Mouskouri 02 Ich schau den weißen Wolken nach – Lale Andersen 03 Ganz in Weiß – Roy Black 04 Weiße Rosen – Gitte Henning 05 Drei weiße Tauben – EAV 06 Nimm deine weiße Gitarre – Gert Timmerman 07 Ich schick dir eine weiße Wolke – Julio Iglesias 08 Weißer Rauch – Creme de la Creme 09 Am weißen Strand von Helgoland – Niko 10 Weiße Weihnachten – Heintje b 11 Das weiße Licht – Oomph! 12 A Ein weißes Haus – Roger Whittaker 13 Der Junge auf dem weißen Pferd – Marius Müller-Westernhagen SCHWARZ + 43
  • 23. Foto gsch_art Ein Der Trickfilmzeichner Dejan Rakas Leben in Bildern Die erste Szene: Ein Altbau in der wigshafen einen Kontakt nach London. Kölner Südstadt. Im Flur stapeln Bereits 14 Tage später sitzt Dejan Rakas „Der schlimmste Satz für sich reihenweise Filmrollen bis hin im Studio von Uli Meyer in London, wo einen Trickfilmzeichner: zur ohnehin schon sehr hohen gerade an einer Disney-Produktion gear- Mach einfach mal, die Decke. Über einen verschachtelten beitet wird. Daran ist er jedoch noch nicht Szene können wir ja Gang gelangt man in ein kleines beteiligt, stattdessen lernt er die „Basics“ sonst wegschmeißen.“ Atelier, das – trotz seiner geringen Quadratmeterzahl – 2 PCs, eine und zeichnet hüpfende Bälle. Dejan Rakas Reprokamera, einen Zeichentisch „Eigentlich beginnt jeder und ein großes Regal, gefüllt mit Trickfilm in Schwarz-Weiß.“ weiteren Filmrollen, VHS-Cassetten, CD-ROMs, DVDs und jeder Menge Papier. So könnte die Eingangsse- Schnitt, hin ins Jahr 2006. Der quenz in einem Dokumentarfilm über heute 32-jährige gewährt Einblicke. den Zeichner und Animator Dejan Er erklärt wie ein Trickfilm entsteht. Rakas aussehen. Dass also, wenn die Geschichte und die Charaktere feststehen, das Dann eine Rückblende, hin Storyboard entwickelt wird: die zu den Anfängen: Man schreibt Länge und Auflösung der Szenen, das Jahr 1990, und in Deutschland die Einstellungen, Blickwinkel und gibt es noch keine offizielle Aus- Kamerabewegungen. Egal, wie bildungsmöglichkeit zum Trickfilm- farbenfroh und üppig das spätere zeichner. Was macht ein 16-jähriger, Ergebnis sein wird, hier ist die Arbeit der gerade in diesem Metier seine auf ein karges Schwarz-Weiß Berufung zu finden glaubt? Er greift reduziert. Und von hier aus wird sich das Buch „Die schönsten Filme alles gesteuert: der „Fahrplan“ der von Walt Disney“, stellt darin fest, die Filmbilder festlegt, welche Posen dass Andreas Deja, Chefzeich- die Figuren einnehmen, wie viele ner zahlreicher Produktionen, aus Ebenen – also Vorder- und Dinslaken stammt, ruft unbefangen Hintergründe – eine Szene hat, dessen Eltern an – und führt kurze wo Spannung erzeugt wird und wo Zeit danach ein ca. 2-stündiges Ruhe einkehren soll. Gearbeitet wird Gespräch mit L.A. Da seinem dann vom Groben ins Feine, von Ansprechpartner die Besessenheit der Rough-Animation bis zur Rein- vom Medium Trickfilm bekannt ist, zeichnung der Zwischenphasen. vermittelt er dem Fan aus Lud- Seite 45
  • 24. Foto gsch_art Zweite Rückblende: In seiner „Ausbildung“ und in den Anfängen seiner beruflichen Tätigkeit beschreitet Dejan Rakas den umgekehrten Weg, also von der Feinarbeit bis hin zum Storyboard. Aus seinen längeren Aufenthal- ten im Londoner Studio mit dem nötigen Rüstzeug ausgestattet, arbeitet der 18-jährige als Zwischenphasenzeichner am Kinofilm „Asterix in Amerika“ mit. Auch bei „Werner 2“, „Bibi Blocksberg“ und „Benjamin Blümchen“ ist er dabei. Er geht den klassischen Weg und steigt im Laufe der Zeit über den Animationsassistenten auf in die Rough-Animation. Er wird zum Allrounder. „Ich kannte in meiner Kindheit eher die Titel von Filmen als die Namen von Pausensnacks.“ Wieder Schnitt in die Ge- Vor dem Abspann ein Ausblick: genwart: Der Alltag ist hektisch. Mehrere Kurzfilme hat Dejan Rakas Die Produktion, an der er derzeit bereits in Eigenproduktion mit mitarbeitet, möchte 30 Sekunden seinem Kompagnon Dominik Spitol Film im Monat von ihm haben. Für erstellt: Trailer für das Kinofestival eine Sekunde werden mindestens Short Cuts, einen Film für eine Tier- 12 Bilder benötigt, die dann doppelt schutzorganisation, den Abspann abgefilmt werden. Diese Bilder zu einem finnischen Tango-Film. bestehen oftmals aus 4 bis 5 Ein Serienprojekt ist in der Planung. Schichten: Vorder- und Hinter- Und ein Buch geht ihm seit ca. 10 gründe, die zu einer Einheit ver- Jahren nicht aus dem Kopf – guter schmelzen. Zeichnen und Malen im Stoff für einen eigenen Film. cb Akkord. Zwar ist der PC mittlerweile ein gutes Hilfsinstrument, doch das „Das Publikum meiste entsteht in Handarbeit. Als er wartet doch ein Krokodil zeichnet, hört er parallel wieder auf einen die Sprachaufnahme vom Band. klassischen Trick- Dazu bewegt er seinen Mund, formt film. Auf Bleistift- Skizzen, die sich bewegen.“ die Laute nach, bevor er sie auf sein tierisches Objekt überträgt. Und zwar mit zwei Bildern Vorlauf asyn- chron, damit es für den Zuschauer synchron wirkt. To be continued ... Seite 46
  • 25. 48 Foto Martin Bruner Text Jürgen Bohl Gefühlvolle Linien – schmerzhafte Stiche – und Blumenornamente umranken liebevoll den Arm. Schattierte Vögel – eingestochen ins Fleisch – verfolgen jeden kleinsten Muskel. Funkelnde Sterne – schwarze Pigmente – wie Gestirne zwischen Leberflecken und weißer Haut. Süßlich riechende Rosen – tausende Nadelstiche – und emporsteigende Schlingpflanzen erschaffen eine Fabelwelt aus Schwarz auf Weiß.
  • 26. Foto Claus Dieter Geissler Rezept + Gebäck Hildegard Berthold Seite Fünfzig und Einundfünfzig 51
  • 27. Schwarzer Humor Der eine lacht, der andere ist empört – so lässt sich die Wirkung des Schwarzen Humors bezeichnen. Doch wie definiert man ihn? Stellt er Verbrechen, Krankheit oder Tod in paradoxen Bezügen verharmlosend dar? Behandelt er also ernste oder makabre Themen in satirischer, ironischer oder grotesker Weise? Hat er eine Entlastungsfunktion, indem man sich über etwas amüsiert, das sonst mit Tabus belegt ist oder Angst und Schrecken verursacht? Entspricht er einer Denkstruktur, die die Normalität von einer abseits liegen- den Perspektive betrachtet? Ganz ehrlich, wen interessiert das? Die Hauptsache ist doch, es gibt etwas zu lachen. Zwar nicht für jeden, schließlich sind die Geschmäcker verschieden. Doch wie hieß es schon zu Zeiten des „alten Fritz“: Lieber einen guten Freund verloren als einen guten Lachen am Rande Witz unterdrückt. Deshalb haben wir eine sehr persönliche Mischung aus dem Bereich des Schwarzen Hu- mors zusammengestellt. Die kurzen Dialoge, Witze und Geschichten haben eines gemein- des Abgrunds? sam: Wir konnten darüber lachen! P.S.: Gäbe es einen „Weißen Humor“, so wäre eine Geschichte aus dem „Kleinen Handbuch des Verhörens“ von Axel Hacke und Michael Sowa (Kunstmann Verlag, 2004, S.12.) dafür das beste Beispiel: Nach einer Lesung wird Hacke von einem Herrn angesprochen, der ihm seine Version zu dem bekannten Gedicht (und Volksliedtext) von Matthias Claudius’ „Der Mond ist aufgegangen“ zitiert. cb Das Original: Das „Verhörte“: Der Wald steht schwarz und schweiget, Der Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget und aus dem Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar. der weiße Neger Wumbaba.
  • 28. Letzte Worte … VORSCHLÄGE FÜR TODESANZEIGEN … des Metzgers: „Wirf mir mal das große Messer rüber.“ … der Prostituierten: „Ach, ist der niedlich!“ ODER GRABSTEINE: … der Challenger-Crew: „Lasst mal die Frau ans Steuer!“ DIE PUTZFRAU: Sie kehrt nie wieder. B DER ZAHNARZT: Er hinterlässt eine schmerzliche Lücke. ei einem Unfall im Sägewerk verliert „Herr Doktor, ich habe einen Knoten in ein Mann alle 10 Finger. Mit letzter der Brust.“ „Mein Gott, wer macht denn DOLLY BUSTER: Sie ist abgenippelt. Kraft schleppt er sich ins nächstge- so was!“ legene Krankenhaus. Der Arzt fragt: „Haben Sie denn Ihre Finger mitgebracht?“ Darauf „Woran ist denn Ihr Mann gestorben?“ zuckt der Mann nur mit den Achseln. Der Arzt Es klingelt an der Haustür, ein kleines Mädchen öffnet. Der Besucher erklärt: „Wir sammeln „An Grippe.“ „Na, dann war es ja glück- bedrängt ihn weiter: „Sie müssen doch die für das Waisenhaus.“ Das Mädchen nickt und geht zurück ins Haus. Von innen ertönen zwei licherweise nichts Ernstes.“ Finger mitbringen. Nach dem heutigen Stand Schüsse. Dann kommt die Kleine wieder zur Tür und sagt: „So Onkel, jetzt kannst du mich der Medizin könnten wir sie doch direkt wie- mitnehmen.“ „Herr Doktor, der Simulant von Zimmer 7 der annähen.“ Darauf endlich die Antwort: ist gestorben.“ „Also jetzt übertreibt er S „Ich konnte sie nicht aufsammeln!“ aber wirklich!“ teward zum Kapitän: „Wir haben Ein Jäger zum anderen: „Ich habe Ihre einen blinden Passagier an Bord.“ Frau getroffen.“ Dessen Antwort: „Waid- Zwei Schwaben auf Bergwanderung. Plötzlich stürzen sie ab in eine Gletscherspalte. Ca. 1 Kapitän: „Sofort über Bord werfen.“ mannsdank.“ Stunde später nahen die Retter. Die rufen den Unfallopfern zu: „Hier ist das Deutsche Rote Es vergehen 10 Minuten. Der Steward Kreuz.“ Tönt von unten die Antwort: „Mir gebet nix!“ kehrt zurück: „Und was machen wir jetzt „Mama, ich bin jetzt 14. Darf ich jetzt end- mit dem Hund?“ lich einen BH tragen?“„Nein, Manfred!“