1. Der Countdown zur Party! das persoenliche 7-Tage-Mailing!
7-6-5-4-3-2-1-0 wo ist nur diese verflixte Circusjacke?
Wir haben uns auf die Suche nach diesem handgenaehten
Meisterstueck gemacht und sind fuendig geworden!
Seht selbst hier den wundervollen REVIEW der Reise!
SIEBEN
TAGE
ZIRKUS
JACKE
2. sieben.
Ich habe mich verlaufen. Doch die Gegend kommt mir bekannt vor.
Irgendwie. Hier war ich schon einmal. In anderer Form. Etwas ausge-
füllter fühlte ich mich auch. Naja. Scheint so als wäre ich erstmal auf
mich gestellt. Sich als einfach Zirkusjacke durchzuschlagen ist nicht
immer leicht. Ich kann kaum ein Navi oder iPhone bedienen. (Diesen
Android-Kram fasse ich eh nicht an.) Leute fragen kommt auch
komisch rüber. Die reagieren immer seltsam. Als hätten sie noch
nie eine frei schwebende Zirkusjacke gesehen, die sprechen kann.
Rennen weg und schreien. Rufen irgendwas von „Zauberei“ oder
„Versteckte Kamera“. Ich nenne das Diskriminierung! Ich prangere
das an! Da muss sich noch eine Menge tun!
Aber alles auf Anfang. Irgendwoher kenne ich das hier. Jetzt weiß
ich es wieder: Officeparty! Das war großartig! Was haben wir da ge-
feiert. Und wer nicht alles dabei war! Die Leute, mit denen ich immer
am meisten zu tun hatte. Leute, die mir wichtig waren und sind. Ich
hab die Bilder noch vor mir. Viel Musik, viele Buntes, viel Spaß! Und
es sah immer so vollkommen anders aus als sonst!
3. sechs.
Die Nachrichten
Hannover. Eine herrenlose Zirkusjacke vor der Staatskanzlei sorgte
am Freitagmorgen für einige Irritationen. Das Bombenräumkom-
mando wurde verständigt und die Staatskanzlei evakuiert. Der neue
Ministerpräsident Stephan Weil äußert sich: „Die terroristische
Bedrohung durch eine Zirkusjacke ist nicht zu unterschätzen. Da
sollte man nicht mit spaßen.“ Wie die Zirkusjacke dorthin gelangte,
ist weiterhin unklar. Einige Zeugen wollen in den späten Abendstun-
den einen gewissen Geschäftsführer eines nicht näher benannten
Landesjugendrings gesehen haben, doch dies gilt nicht als gesichert.
Da nach HAZ-Informationen die Einstellung eben dieses Geschäfts-
führers zu den Printmedien allgemein eher kritisch ist, nehmen wir
die vorangegangene rufschädigende Behauptung trotzdem mit auf.
Als letzten Akt dieser skurillen Angelegenheit bleibt noch zu erwäh-
nen, dass die Jacke auf dem Weg in das Landeskriminalamt spurlos
verschwand.
4. fünf.
„Die Jacke. DIE Jacke.
hurz.
Ist schön. Ist schön.
hurz.
Die Jacke. DIE Jacke.
hurz.
Wird nie vorübergehn.“
Dieses Textartefakt wird zurückdatiert auf Samstag, den 09.03.2013.
Durch unsere Spektral-Chemische-Haar-Wissenschafts-Anomalie-
Breitenanalyse (SCHWAB) konnten wir das extakte Datum extra-
hieren und Ihnen hier auf der REpubblica 2087 präsentieren. Das
Textartefakt fällt somit in das Jahr des Zusammenbruch des Gesell-
schaftssystems Ende 2013, der seinen Auslöser, wie wir alle wissen,
in Hannover hatte. Danach wurde die neue, herrschaftsfreie und
jugendgerechte neXTtokratie errichtet, wie wir sie heute kennen.
Einige Unklarheiten bleiben sind noch nicht abschließend geklärt:
Wer trug die Jacke? Warum gerade eine Zirkusjacke? Sicher ist, dass
diese besagte Zirkusjacke auf einer Feier epischen Ausmaßes einige
Tage später getragen wurde. Ganz sicher ist auch, dass es sich um
die Zirkusjacke handelt, welche die Revolution auslöste, als sie als
Symbol des Widerstandes vor dem Sozialministerium aufgehängt
wurde.
5. vier.
“Zwei mal Drei macht Vier, widdewiddewitt und Drei macht Neune.
Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt.”
Eins ist sicher: Pippi Langstrumpf hat im Landesamt für Soziales,
Jugend und Familie gearbeitet. Immer voller Tatendrang und alles...
Jetzt müsste Pipi nur noch rechnen könne, dann wäre die Festan-
stellung sicher! Als Zirkusjacke habe ich ja jetzt die letzten Tage
schon einiges erlebt, aber diese Erkenntnis kommt doch unverhofft.
Gleichzeitig aber macht Pippi sich die Welt, wie sie ihr gefällt. Kommt
mir auch bekannt vor und spricht zumindest für eine Teilzeitbeschäf-
tigung beim Landesjugendring Niedersachsen. Ein weiteres Indiz
für eine Anstellung beim LJR ist auch das “kunterbunte Haus”, man
denke an die orangenen Türrahmen. Sie hat auch ein “Äffchen und
ein Pferd”, die ich allerdings noch nicht gesehen habe. Tiere eher
sowieso nicht in der Geschäftstelle oder dem Landesamt. Außer
einem kleinen Hund. Und zählen Eichhörnchen?
6. drei.
Kunst.
Bildende Kunst am besten noch. „Kann das weg?“ „Nein, das ist
Kunst!“, brülle ich jedem entgegen. Kaum hängt man mal kurz vorm
Museum ab, wird man schon wieder angepöbelt. Hans, ich sage
dir eins: das Zirkusjackendasein ist in unserer Gesellschaft kein
leichtes! Aber Faulheit gehört doch auch dazu, oder? Einfach mal ab-
hängen... Ok, im Moment übertreibe ich es auch wirklich ein bisschen
und hänge ständig irgendwo ab.
Wir zwei wären hier aber sehr gut aufgehoben: Kunst soll provozie-
ren, inspirieren, zum Denken anregen, Standpunkte klar machen, die
Welt erklären. Das können wir! Wie 2006, als das Jahr der Jugend
hier zu Ende ging. Das war ein toller Abschluss! Diesem Kurt Schwit-
ters, dem, wenn ich das richtig verstanden habe, das Museum offen-
sichtlich gehört, hätte das gut gefallen! Aber der hat sich ja nicht
blicken lassen... Dafür waren ja aber der Professor Dr. Rauschenbach
und die Mechthild da. Das war ein Spaß! Hach, ich komm schon wie-
der ins plaudern. Oh, ich merke gerade, von hier aus kann man ja den
Maschsee sehen. Ich gehe mal eine kleine Runde planschen.
7. zwei.
Das Kochrezept.
Man nehme eine handvoll Mitarbeiter, eine Mittagspause und ein
Rathaus. Hinzu fügt man etwas Zeit, frische Luft und eine Prise
Unterhaltung. Das ganze würzt man mit schönem Wetter und ein
paar Schritten zu Fuß und heraus kommt: Die Kantine! Das mag jetzt
etwas schlecht abgeschmeckt klingen aber: Besser den Spatz in
der Hand, als die Taube im Kochtopf. Wenn es mal eine Taube wäre,
möchte man fast sagen! Wir haben Dioxin, EHEC, Gammelfleisch,
verschimmelten Mais und Pferdefleisch mitgemacht. Und das waren
nur die letzten 5 Skandale. Vielleicht war dies die weiseste Entschei-
dung, die du jemals getroffen hast: Nie auch nur einen Fuß in die
Kantine gesetzt zu haben!
Aber zurück zum Positiven. Architektonisch gesehen ist das Rathaus
echt eine Wucht! Dieser eklektizistische Stil, viel schöner als dieser
Klotz von Museum gestern. Hier kann man die Aussicht genießen,
den Kopf frei kriegen. Von oben gesehen liegt einen Hannover zu
Füßen. Ganz so, wie wir es sonst auch gewohnt sind!
8. eins.
versprochen ist versprochen.
Endlich angekommen im Zentrum der Macht beschloss er, auf eigene
Faust weiterzumachen. Den Polizisten am Eingang hatte er noch ein
Schnippchen schlagen können. „Wir sind noch mal für den Wahl-O-
Mat hier...“, hatte er dem Wachmann lakonisch entgegen geschleu-
dert. Nun aber setzte er sich von seinen Begleitern ab und steuerte
auf das Zimmer zu. Politik war nicht seins, was aber nicht hieß, dass
er nicht wusste, wie man Politiker-innen für sich nutzbar machen
konnte. Es gab immer Mittel und Wege. Und seit 20 Jahren lief es
jetzt immer gleich ab, ohne das jemals jemand etwas irgendetwas
bemerkt hätte. Sozialminister und -ministerinnnen kommen und
gehen, aber wer den Ministerpräsidenten auf seiner Seite hatte, dem
konnte nichts passieren. Außerdem: Versprochen ist versprochen.
Aus dem Augewinkel sah er, dass der Plenarsaal bereits gut gefüllt
war. Einmal rechts abgebogen, zweimal links und schon stand er kurz
vor seinem Zimmer. Der MP ahnte nichts und ging sich noch kurz
einen Kaffee holen. Er wusste diese Chance zu nutzen und schob ele-
gant den USB-Stick in den Rechner. Die Disketten früher hatten mehr
Ärger gemacht. Die Datei „Antrittsrede.doc“ war schnell ersetzt.
Nach 34 Sekunden hatte er das Zimmer wieder verlassen. Zwanzig
Minuten später hielt der MP seine Rede vor dem Plenum und, vor al-
lem, vor den Kameras. Ziemlich zu Beginn. Absatz fünf. Zitat: „Auch
in dieser Legislaturperiode wird das Jugendförderungsgesetz nicht
angetastet. Die Jugendarbeit in Niedersachsen ist eine der besten in
Deutschland. Kreativ, engagiert und mutig wird dort hervorragende
Arbeit geleistet. Dieses Erfolgsmodell werden wir auch weiterhin mit
einer soliden Grundförderung und zusätzlichen Förderprogrammen
unterstützten! Seesterne aller Länder, vereinigt euch!“
Es hatte mal wieder geklappt.
9. null.
Der Tag der Tage. Ein Zirkuszelt. Null. Was will der Dichter uns damit
sagen?
“Party!” Das ist die kurze Antwort.
Die lange Antwort: Das Ende einer Reise, die vor 7 Tagen mit der
Jacke begann. Die Jacke hatte offensichtlich Spaß an den einzelnen
Stationen und Dir geht es da hoffentlich ganz ähnlich, mit deinen
Lebensstationen. “Jedem Ende wohnt auch ein Anfang inne”, wird
gemeinhin gesagt. “Und jedem Anfang wohnt auch ein Zauber inne”,
sagt Hermann Hesse. Ende - Anfang - Zauber. Und was könnte man
besser verbinden als Zauber und Zirkus? Da schließt sich doch der
Kreis! Die Manege ist frei. Eine runde Sache. Die Tore geöffnet. Die
Zukunft ist frei.
Oh, was … ist, argh! Ey, … lass mich … ! Mensch!?! Die Jacke möchte
noch mal kurz was sagen:
“Lass Dich nicht irritieren Hans. Die drücken schon wieder auf
die Tränendrüse! Das können wir denen nicht durchgehen lassen!
Obwohl... Dieses einmal mal vielleicht... Wasauchimmer! Ich bin echt
`ne Menge rumgekommen in den letzten Tagen. Viel gesehen, viel
erlebt, aber heute Abend DAS Highlight! Ich bin ja auch nur partiell
in Kenntnis gesetzt worden, aber was man so hört: Es wird die Party
des Jahrhunderts. Mal locker! Also, vielleicht sehen wir uns ja heute
Abend wieder. Bis dahin gilt: Forget Me Not!”