1. das recht auf das eigene bild
dr karl staudinger
kurs „engagement 2.0“
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2. § 78 Urheberrechtsgesetz
§ 78. (1) Bildnisse von Personen dürfen weder
öffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art,
wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch
berechtigte Interessen des Abgebildeten oder,
falls er gestorben ist, ohne die Veröffentlichung
gestattet oder angeordnet zu haben, eines nahen
Angehörigen verletzt würden.
...
3. nahe Angehörige
• Verwandte in auf- und absteigender Linie
– Eltern
– Kinder
– Großeltern
– Enkelkinder
• sowie der überlebende Ehegatte
• der/die eingetragene PartnerIn
4. Bildnisschutz unabhängig vom
Urheberrecht
• Bildnisschutz gilt ohne Rücksicht darauf, ob
die im Absatz 1 bezeichneten Schriften den
urheberrechtlichen Schutz dieses Gesetzes
genießen oder nicht
5. angeborenes Recht
• § 16 ABGB. Jeder Mensch hat angeborne,
schon durch die Vernunft einleuchtende
Rechte, und ist daher als eine Person zu
betrachten. Sclaverey oder Leibeigenschaft,
und die Ausübung einer darauf sich
beziehenden Macht, wird in diesen Ländern
nicht gestattet.
6. Privatsphäre vs Öffentlichkeit
• Artikel 8 EMRK: Jedermann hat Anspruch auf
Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner
Wohnung und seines Briefverkehrs.
• Artikel 10 EMRK: Jedermann hat Anspruch auf
freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die
Freiheit der Meinung und die Freiheit zum
Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder
Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und
ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. ..
7. berechtigte Interessen
• Schutz vor Missbrauch des eigenen Bildes
• Schutz vor Bloßstellung, Herabsetzung,
Entwürdigung
• Schutz davor, in einem negativen
Zusammenhang dargestellt zu werden
• auch: Schutz vor Missdeutungen
• nach objektivem Beurteilungsmaßstab
8. Beispiele aus i4j/1
• zulässig: Aufnahme öffentlicher Gebäude
oder von Landschaften und Personen sind
mit dabei, ohne das Hauptmotiv
darzustellen
• unzulässig: Personen in Privathäusern oder
–gärten
• zulässig: Fotos im öffentlichen Raum
(Vorsicht: nicht missdeutbar/Demobeispiel)
9. Beispiele aus i4j/2
• private Veranstaltungen (Parties,
Kindergartenfeste, Schulfeste):
- zulässig, wenn vorher angekündigt
- zulässig, wenn offenkundig, dass zum
Zweck der Veröffentlichung fotografiert
wird
• Einschränkung durch Hausherrn/-herrin
zulässig (explizit)
10. Beispiel i4j/3
• Schutz auch für Personen des öffentlichen
Lebens, sofern Privatsphäre
• kein Schutz wenn Zusammenhang mit
öffentlicher Tätigkeit
11. Rechtsprechung OGH
• Wer seine privaten Lebensumstände „öffentlich
gemacht" hat, indem er etwa ein Interview gibt, in
dem auch private Aspekte erörtert werden, oder
indem er sich „outet", kann sich nicht auf eine
Verletzung seiner Privatsphäre berufen, wenn
diese Umstände in der Öffentlichkeit weiter
erörtert werden. 4 Ob 150/08z, 4 Ob 233/08f
• Zusammenhang mit Outing erforderlich, andere
private Fotos bleiben geschützt.
12. gesellschaftliches Interesse
In der Rechtsprechung .. ist im Zusammenhang mit der
Veröffentlichung von Fotos und Artikeln und der
Interessenabwägung zwischen Art 8 EMRK und Art 10
EMRK danach zu unterscheiden, ob die
Veröffentlichungen nur dem Zweck dienten, die Neugier
eines bestimmten Publikums im Hinblick auf
Einzelheiten aus dem Privatleben einer bekannten
Person zu befriedigen, oder ob sie als Beitrag zu einer
Debatte von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse
angesehen werden können; in ersterem Fall gebietet die
freie Meinungsäußerung eine weniger weite Auslegung. 4
Ob 121/08k
13. Veröffentlichungsinteresse des
Mediums
• Die nach §78 UrhG gebotene Interessenabwägung
zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Abgebildeten und
dem Veröffentlichungsinteresse des Mediums als Ausfluss
der freien Meinungsäußerung fällt bei einem im Kern
wahren Sachverhalt gewöhnlich zugunsten des Mediums
aus. 4 Ob 105/07f
14. höchstpersönlicher
Lebensbereich (1)
• Der höchstpersönliche Lebensbereich stellt den
Kernbereich der geschützten Privatsphäre dar und ist daher
einer den Eingriff rechtfertigenden Interessenabwägung
regelmäßig nicht zugänglich. Dieser höchstpersönliche
Kernbereich ist nicht immer eindeutig abgrenzbar, es ist
aber davon auszugehen, dass jedenfalls die Gesundheit,
das Sexualleben und das Leben in und mit der Familie
dazu gehören.
15. höchstpersönlicher
Lebensbereich (2)
• Der Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereiches soll
sich nach dem Willen des Gesetzgebers mit dem des
Privat- und Familienlebens im Sinne von Art 8 MRK
decken, wobei der EGMR den Begriff des Privat- und
Familienlebens sehr weit versteht.
• ... umfasst .. auch Gegebenheiten der sogenannten
„Privatöffentlichkeit", das heißt privates Handeln in
öffentlichen Räumen, das aber doch in abgegrenzten
Bereichen stattfindet, die eine gewisse Vertraulichkeit
vermitteln und die bei objektiver Betrachtung nicht für die
Anteilnahme einer unbegrenzten Öffentlichkeit bestimmt
sind.
16. kein absolutes Verbot
• Der EGMR räumt der Funktion der Presse in einer
demokratischen Gesellschaft einen besonders hohen
Stellenwert ein. Verbote und Beschränkungen in der Wahl
der Darstellungsmittel der Presse hält er nur bei Vorliegen
besonderer Gründe mit Art 10 MRK für vereinbar. Auf
keinen Fall begründe der Bildnisschutz ein absolutes
Verbot der Bildveröffentlichung (EGMR vom 11. 1. 2000,
MR 2000, 221).
17. Zusammenhang der
Veröffentlichung (1)
• Es macht einen erheblichen Unterschied aus, ob der Kläger
im Rahmen eines Fernsehinterviews, in welchem er selbst
zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung nehmen
kann, auftritt oder ob sein Bild in einem Artikel verwendet
wird, in dem über neonazistische Aktivitäten von Beamten
berichtet und ein gegen ihn in diesem Zusammenhang
eingeleitetes Disziplinarverfahren und seine guten
Kontakte zu einem namentlich genannten Neonazi erwähnt
werden. Wenn sich der Kläger von einer Mitarbeiterin der
Beklagten abbilden ließ, hat er damit noch nicht einer
Veröffentlichung des Bildes in einem Artikel zugestimmt,
auf dessen Inhalt er keinen Einfluß nehmen konnte. 4 Ob
115/97h
18. Zusammenhang der
Veröffentlichung (2)
• Eine Verletzung berechtigter Interessen kann auch dann
vorliegen, wenn ein Bild in einem derartigen
Zusammenhang veröffentlicht wird, daß damit dem
Abgebildeten (Politiker) eine politische Auffassung
unterstellt wird, die er in Wahrheit nicht teilt oder sogar
ausdrücklich ablehnt und bekämpft.
19. nur nebenbei nicht negativ
• Dabei kommt es auch auf den Zusammenhang der
Veröffentlichung an (Text). Die Veröffentlichung ist etwa
dann zulässig, wenn die Abbildung nicht in einem
negativen Konnex erfolgt und auch nicht mit
kommerziellen Absichten (Werbung). Dabei kommt es
zwar nicht auf das subjektive Empfinden des Abgebildeten
an, die Judikatur ist aber bei dieser Beurteilung ziemlich
streng. ... in Zweifelsfällen immer die Zustimmung der
Abgebildeten einzuholen, bevor man Personenbilder ins
Internet stellt, es wäre denn, die Personen werden nur
nebenbei mit abgebildet und nicht in einem negativen
Zusammenhang dargestellt.
20. Zusammenhang/Zustimmung
• Durch das protestlose Hinnehmen der Anfertigung von
Aufnahmen wird schlüssig höchstens nur die Zustimmung
zur Veröffentlichung von Lichtbilder im Zusammenhang
mit diesem aktuellen Ereignis erteilt. - "Frustrierte
Jungwähler".
21. Zustimmung/Werbezwecke
• Die Verwendung des Bildes einer Person zu
Werbezwecken kann auch dann, wenn der Gegenstand für
den geworben wird, nichts Anstößiges enthält, eine
Verletzung berechtigter Interessen der abgebildeten Person
bedeuten ("Kinderdorf"). 4 Ob 327/80
22. schutzwürdige Interessen
• Die Prüfung, ob berechtigte Interessen des Abgebildeten
verletzt werden, ist darauf abzustellen, ob die geltend
gemachten Interessen des Abgebildeten bei objektiver
Prüfung des einzelnen Falles als schutzwürdig anzusehen
sind.