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report 2014
Fachkräftebedarf und Fachkräftemangel
 BEF Basel Economic Forum 2014
 Anlass zur Masseneinwanderungsinitiative
©ruwebakommunikationag
Coop erhielt den
der Hans Huber Stiftung zur Förderung der
beruflichen Ausbildung.
Grossen Preis der
Berufsbildung 2013
Für eine Zukunft mit mehr Chancen.
Chantal W. (18), Lernende Kauffrau
Für eine Ausbildung
bei Coop gibts für
mich 3 gute Gründe.
• Coop bietet Abwechslung
in einem spannenden Arbeitsumfeld
• Ich werde während der Grundbildung
sehr gut betreut
• bietet verschiedene Personalangebote
und Vergünstigungen
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Interpharma
Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz
Petersgraben 35, Postfach, CH-4009 Basel
Telefon +41 (0)61 264 34 00, www.interpharma.ch
Aktuelle News zu den Themen Lebensqualität, Forschung, Volkswirtschaft und
Partnerschaft unter newsroom.interpharma.ch
Wissen ist unser Rohstoff, die Forschung
unsere Basis – darauf baut unser Erfolg
3
Inhalt
4 		 Zusammen an der Zukunft bauen – Johann N.Schneider-Ammann, Bundesrat
5 		 Arbeitskräfte und älter werdende Gesellschaft –Winfried Kretschmann,Ministerpräsident
		Baden-Württemberg
6 		 Vorworte der Regierungsräte Christoph Brutschin, BS; Dr. Urs Hofmann, AG;ThomasWeber, BL
9 		 Fachkräfteallianz Südwest – Marion Dammann,Landrätin Landkreis Lörrach
10 	 BEF Basel Economic Forum zu Fachkräftebedarf und Fachkräftemangel
18 	 Was können Unternehmen gegen Fachkräftemangel tun? – Barbara Gutzwiller,Arbeitgeber Basel
19 	 Bildung undWissen als Eckpfeiler der Schweizer Innovationskraft – Thomas Cueni,Interpharma
20 	 Auch der Detailhandel ist gefordert! – Nadine Gembler,Coop
21 	 Der Fachkräftemangel ist hausgemacht – Dr.h.c.Rudolf Strahm
22 	 ICT-Fachkräftemangel betrifft alle Branchen – Andreas Kaelin,ICTswitzerland
23 	 Das Gesundheitswesen steht vor personellen Herausforderungen – Hans Zeltner,Vereinigung
		 Nordwestschweizerischer Spitäler
24 	 Fachkräfteinitiative: nötig, aber limitiert in derWirkung – Dr.Patrik Schellenbauer,Avenir Suisse
25 	 Der Kampf um gut Ausgebildete wird sich verstärken – Prof.Dr.Rudolf Minsch,economiesuisse
26 	 AttraktiveWirtschaftsräume ziehen Fachkräfte an – IrisWelten,BaselArea
27 	 Masseneinwanderungsinitiative und mögliche Folgen für unsere Region – metrobasel
28 	 Wirtschaftsforum Fricktal 2014
29 	 metrobasel: Rückblick und Ausblick – Regula Ruetz,metrobasel
30 	 Werden Sie Mitglied
31 	 metrobasel: Partner, Beiräte undVorstand
Werden Sie Mitglied von metrobasel
Der Verein metrobasel als Plattform, Stimme und Akteur für die metropolitane
­Region Basel steht allen offen. Einwohnerinnen und Einwohner, Unterneh-
men, ­Verbände und Vereine, Gemeinden und weitere Gebietskörperschaften
sind willkommen und können sich engagieren. Weitere Informationen finden
Sie auf Seite 30.
Impressum
Der metrobasel report 2014 erscheint als Beilage in der bz Basel + bz
Basellandschaftliche Zeitung (Grossauflage), Neue Fricktaler Zeitung und
Gazette de la région (Delémont). Er wird in der Metropolitanregion Basel durch
zusätzliche Direktverteilung der Distriba, im Landkreis Lörrach durch die
Badische Zeitung und im Elsass durch Mediapost verteilt.
Druckauflage: ca. 301’000 Exemplare.
Geschäftsstelle
Aeschenvorstadt 4, Postfach,
4010 Basel
Tel. + 41 (0) 61 272 11 44
office@metrobasel.org
www.metrobasel.org
Redaktion, Realisation und Inserate
ruweba kommunikation ag, Riehen
Übersetzungen: dialogos, Regina Strübe
und François Morel-Fourrier,
Freiburg (D)
Druck: Swissprinters AG, Zofingen
4
Johann N. Schneider-Ammann
Bundesrat
Die Schweiz und insbesondere
dieWirtschaft stehen vor grossen
Herausforderungen.
Das Ja des Schweizer Stimmvolkes
zur Masseneinwanderungs-
Initiative und damit zur
Steuerung der Zuwanderung wird
uns noch einige Zeit beschäftigen.
Im Metropolitanraum Basel wird
man die Auswirkungen besonders
aufmerksam verfolgen. Das De-
partement fürWirtschaft, Bildung
und Forschung WBF setzt alles
daran, dem drohenden Fachkräf-
temangel mit wirksamen Mass-
nahmen zu begegnen.
Die Arbeitswelt befindet sich in einer
tiefgreifenden Umwälzungsphase.
Das bringt Risiken mit sich, aber auch
vielfältige Chancen. Die unaufhaltsamen
Wandlungsprozesse wie die demogra-
fische Alterung, der Strukturwandel und
der Fortschritt in der Produktionstech-
nologie entfalten gemeinsam eine Dy-
namik, welche sich durch die grenzüber-
schreitenden Auswirkungen zusehends
beschleunigt.
Es ist einleuchtend, dass bereits der
Versuch, sich diesen Entwicklungen
zu entziehen, zum Scheitern verurteilt
ist. Der wachsende Fachkräftebedarf
zeugt davon. Nicht nur die Schweiz ist
betroffen, sondern ebenso unsere Nach-
barländer. Angesichts der wachsenden
Turbulenzen auf dem Arbeitsmarkt
müssen Gesellschaft,Wirtschaft und Po-
litik gemeinsam handeln. Nur so können
die sich bietenden Chancen bestmög-
lich genutzt werden. Im Metropolitan-
raum Basel sind solche Möglichkeiten
besonders gut erkennbar. Dank dem
direkten Kontakt zu zwei der bedeu-
tendsten EU-Mitgliedsstaaten ergeben
sich unmittelbareWechselwirkungen.
Dabei wird offensichtlich: Zur Behebung
des drohenden Fachkräftemangels sind
nicht nur innovative Arbeitszeiten-,
Qualifizierungs- und Entlöhnungsmo-
delle gefragt, sondern auch neueWege
der Mitarbeitergewinnung und Perso-
nalführung, mehr Chancengleichheit für
Frauen sowie eine bessere Berücksichti-
gung der älteren Mitarbeitenden, deren
Zahl stetig zunimmt. Nur so lässt sich die
Zukunft der Arbeit positiv gestalten.
Auf der einen Seite stehen die Unter-
nehmen in der Pflicht, sich den neuen
Herausforderungen auf dem Arbeits-
markt zu stellen, wenn sie ihren wirt-
schaftlichen Erfolg wahren wollen. Auf
der anderen Seite wird von den Arbeit-
nehmenden ein hohes Mass an Eigen-
verantwortlichkeit in den Bereichen
Aus- undWeiterbildung erwartet. Dies
erfordert die Bereitschaft, immer wieder
in neue und bessere Qualifikationen zu
investieren.
Um die nötigen Rahmenbedingungen
zu schaffen, hat dasWBF in Zusam-
menarbeit mit den Kantonen und den
Sozialpartnern die Fachkräfteinitiative
lanciert. Diese soll dazu verhelfen, die
Fachkräftenachfrage vermehrt durch
in der Schweiz wohnhafte Personen
abzudecken, indem die bestehenden
Potenziale besser ausgeschöpft und die
Produktivität gesteigert werden.
Eine höhere Produktivität soll durch die
kontinuierliche Nach- und Höherquali-
fizierung der Erwerbstätigen und durch
Innovationen erreicht werden. Das
intensivere Ausschöpfen des Potenzials
von Frauen und älteren Arbeitneh-
menden soll hingegen soweit als mög-
lich eine quantitative Kompensation des
Fachkräfterückgangs ermöglichen und
damit die Abhängigkeit von der Zuwan-
derung reduzieren.
Zusammen an der Zukunft bauen
Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF
5
Der Fachkräftemangel ist in Baden-
Württemberg kein Zukunftsszenario
mehr, sondern bereits Realität und
macht sich vor allem in technischen
Bereichen bemerkbar: Der Fachkräfte-
monitor der baden-württembergischen
Industrie- und Handelskammern kon-
statiert, dass derzeit 146.000 dual ausge-
bildete technische Facharbeiter, 20.000
Ingenieure und 3.000 Informatiker
fehlen. Und auch im nicht-technischen
Sektor wird händeringend nach qualifi-
ziertem Personal gesucht: So fehlen uns
bereits jetzt rund 5.000 Pflegefachkräfte.
Und dieser Mangel wird ab 2020 – wenn
wir nicht aktiv dagegen vorgehen –
durch den demographischen Wandel
weiter verstärkt werden. Denn dann
gehen die geburtenstarken Jahrgänge
in den Ruhestand. Für das Exportland
Baden-Württemberg ist eine internatio-
nale Ausrichtung daher nicht nur unter
dem Gesichtspunkt von Absatzmärkten
bedeutend, sondern insbesondere auch
was Fachkräfte angeht. Denn um eine
langfristige Fachkräftesicherung zu er-
reichen, haben sich die Landesregierung
und alle in der Fachkräfteallianz organi-
sierten Partner unter anderem auch die
Förderung qualifizierter Zuwanderung
auf die Fahnen geschrieben.
Mit zehn regionalen und einem lan-
desweiten Welcome Center, die ein-
reisenden Fachkräften beispielsweise
bei der Wohnungsvermittlung und bei
Behördengängen helfen sollen, wollen
wir einen wichtigen Beitrag zu einer
echten Willkommenskultur in Baden-
Württemberg leisten. Denn nur wenn
sich die zu uns kommenden Fachkräfte
wohl-, wertgeschätzt und zu Hause füh-
len, werden sie auch dauerhaft bei uns
leben wollen. Die Landesregierung hat
daher den Aufbau der Welcome Cen-
ter 2014 mit rund zwei Millionen Euro
unterstützt.
Ein zentraler Baustein unserer Anstren-
gungen für eine gelebte Willkommens-
kultur in Baden-Württemberg ist, dass
die Landesregierung gleiche Teilha-
bechancen für alle bei uns lebenden
Menschen schafft. Es darf beispiels-
weise nicht länger sein, dass Kinder
mit Migrationshintergrund in unserem
Bildungssystem auf der Strecke bleiben.
Wir reformieren daher unser Schulsy-
stem, damit junge Menschen – ganz
gleich welcher Herkunft – ihre Potentiale
und Talente entfalten können. Chancen-
gerechtigkeit an unseren Schulen und
in unserer Gesellschaft muss zu einer
selbstverständlichen Realität werden.
Mit der Schweiz haben wir einen
wirtschaftsstarken Nachbarn vor
der Haustüre, der vor ähnlichen
Problemen steht. Auch hier ist der
Fachkräftemangel in vielenWirt-
schaftszweigen weitverbreitet. Die
knappe Entscheidung des Schwei-
zer Stimmvolks zugunsten der
«Masseneinwanderungsinitiative»
könnte diese Situation sogar noch
verschärfen, da sie die Personen-
freizügigkeit von Grenzgängern
einzuschränken droht. Als über-
zeugter Europäer undVerfechter
der Personenfreizügigkeit sehe ich
diese Entwicklung mit Sorge.
Das Ergebnis dieses Volksentscheids
ist aber ganz sicher kein Grund, die
erfolgreiche Zusammenarbeit mit der
Schweiz in Frage zu stellen. Wir wollen
uns vielmehr weiterhin in direkten Ge-
sprächen mit unseren schweizerischen
Kolleginnen und Kollegen austauschen,
uns aber auch in grenzüberschreiten-
den Gremien wie der Oberrheinkonfe-
renz, der Hochrheinkommission, der
Internationalen Bodenseekonferenz
sowie der Trinationalen Metropol-
region Oberrhein für den Erhalt der
Freizügigkeit einsetzen. Denn mit Blick
auf die in weiten Teilen Europas hohe
Arbeitslosigkeit und insbesondere die
Jugendarbeitslosigkeit bietet gerade
die Personenfreizügigkeit hervorra-
gende Perspektiven. So zum Beispiel
am Oberrhein: Baden-Württemberg
und das Elsass haben deshalb zusam-
men mit zahlreichen Partnern aus
Wirtschaft und Verwaltung 2013 eine
Rahmenvereinbarung über die grenz-
überschreitende Berufsausbildung
abgeschlossen.
Auszubildenden aus dem Oberrhein-
gebiet eröffnet sich damit die Möglich-
keit, den theoretischen Teil ihrer dualen
Ausbildung im Heimatland und damit
auch in der Muttersprache, und den
praktischen Teil im Nachbarland zu
absolvieren. So können wir gleichzeitig
die künftigen Grenzgänger ausbilden
und die Vorteile des bewährten dualen
Ausbildungsmodells für den Oberrhein
nutzen. Ein Modell, das sicherlich auch
für die Schweiz funktionieren könnte.
Arbeitskräftemangel und älter werdende Gesellschaft
Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg
6
Regierungsrat Christoph Brutschin
Vorsteher Departement für Wirtschaft,
Soziales und Umwelt
Die Region Basel ist ein erfolgreicher
Wirtschaftsstandort. Die Branchen-
struktur zeichnet sich aus durch einen
hohen Anteil an Unternehmen in
Regierungsrat Dr. Urs Hofmann
Vorsteher DepartementVolkswirtschaft
und Inneres
DerVolksentscheid vom 9. Februar
2014 zur Masseneinwanderungsinitia-
tive markiert eine grundlegende Zäsur.
Konnte dieWirtschaft ihren Fachkräf-
temangel bislang unbürokratisch auf
dem europäischen Binnenmarkt behe-
ben, soll nun die Politik fixe Kontingente
innovativen, zukunftsträchtigen und
globalisierten Tätigkeitsfeldern, welche
einem starken internationalen Wettbe-
werb ausgesetzt sind. Die Life-Sciences-
Industrie als herausstechendes Beispiel
weist mehr als 23’000 Arbeitsplätzen auf
– zum grössten Teil für gut qualifizierte
Arbeitskräfte. Damit das überdurch-
schnittliche Wertschöpfungspotenzial
dieser Branchen über die nächsten Jah-
re und Jahrzehnte erhalten und gezielt
weiter entwickelt werden kann, sind die
Unternehmen auf den Zugang zu gut
qualifizierten Fachkräften angewiesen.
Die Liberalisierung der Personenfreizü-
gigkeit hat im Kanton Basel-Stadt we-
sentlich zum Wirtschaftswachstum der
letzten Jahre beigetragen. Die Firmen
konnten und können die erforderlichen
Arbeitskräfte ungehindert auf dem
europäischen Markt rekrutieren, sie
waren aber ergänzend darauf angewie-
sen, weitere Fachkräfte und Kaderleute
der eigenen Firma aus der ganzen Welt
vorgeben. Der Ball liegt derzeit beim
Bund. Noch ist ungewiss, wie die Be-
schränkung der Zuwanderung per Ge-
setz geregelt werden soll. Doch bereits
klar ist, dass auch Grenzgängerinnen
und Grenzgänger von der Neuregelung
betroffen sein werden. Auf die Metro-
politanregion Basel im Dreiländereck
hat die Umsetzung der Initiative grosse
Auswirkungen. Die Einschränkung der
grenzüberschreitenden Mobilität würde
der wirtschaftlichen Entwicklung in den
grenznahen Nordwestschweizer Kan-
tonen und Gemeinden einen starken
Dämpfer versetzen.
Das aargauische Fricktal hat sich zu
einer sehr dynamischenWirtschaftsregi-
on entwickelt. Standortfaktoren wie die
gute Infrastruktur, die hohe Lebensqua-
lität und die steuerliche Attraktivität sind
dafür mitverantwortlich. Doch struktur-
bedingt hat es hier zu wenig hochquali-
fizierte Arbeitskräfte, es herrscht grosser
Fachkräftemangel. Deshalb passieren
nach Basel zu holen. Dies führte auch
dazu, dass der Bedarf an kontingen-
tierten Arbeitsbewilligungen für Dritt-
staatsangehörige in den letzten Jahren
kontinuierlich gestiegen ist.
Die Umsetzung der Masseneinwan-
derungsinitiative und die kommende
demografische Entwicklung drohen
nun die Weiterentwicklung der hiesigen
Firmen zu bremsen. Der Regierungs-
rat des Kantons Basel-Stadt setzt sich
daher sehr dafür ein, dass als erstes
das inländische Potenzial noch besser
ausgeschöpft wird, dass aber auch die
Personalrekrutierung aus dem Ausland
in gutem Umfang möglich bleibt. Den
Weiterbestand des Personenfreizügig-
keitsabkommens erachtet er als zen-
trales Element davon. Ferner müssen
allfällige Kontingente insbesondere
auch für Grenzgängerinnen und Grenz-
gänger, so ausgestaltet werden, dass der
Bedarf an Fachkräften ergänzend durch
die Anstellung von Personen aus dem
Ausland gedeckt werden kann.
rund 13’000 ausländische Beschäftigte
täglich die Fricktaler Rheingrenze.
Die geplante Beschränkung der Grenz-
gängerinnen und Grenzgänger wird
unweigerlich das Investitionsklima
hemmen – sowohl bei den Grossun-
ternehmen als auch bei den KMU. Aus
diesem Grund hat die Nordwestschwei-
zer Regierungskonferenz bereits im
Juni 2014 den Bundesrat aufgefordert,
den besonderen Bedürfnissen unserer
Wirtschaftsregion so weit wie möglich
Rechnung zu tragen.
Bis Höchstzahlen und Kontingente
definitiv eingeführt werden, bleibt uns
noch etwas Zeit.Verhindern müssen
wir auf alle Fälle, dass beim Aushandeln
der Kontingente die einzelnen Kan-
tone oder Branchen gegeneinander
ausgespielt werden. Dies würde unsere
Bemühungen der letzten Jahrzehnte
gefährden, den Metropolitanraum Basel
nachhaltig und gemeinsam dynamisch
zu gestalten.
Fachkräfterekrutierung – eine Herausforderung für die Region Basel
Paradigmenwechsel auf dem Arbeitsmarkt
7
Regierungsrat ThomasWeber
Vorsteher der Volkswirtschafts- und
Gesundheitsdirektion Basel-Landschaft
2030 fehlen der Schweiz so viele
Gesundheitsfachleute wie heute in
der stationären Versorgung arbeiten.
Die Stiftung Careum, die sich zukunfts-
orientiert mit Fragen der Bildung
und Systementwicklung im Gesund-
heitswesen beschäftigt, kommt zum
Schluss: Die Schweiz muss in den
nächsten 20 Jahren bis zu 190’000 neue
Arbeitskräfte im Gesundheitswesen
rekrutieren. Der Personalbedarf in
Alters- und Pflegeheimen dürfte am
stärksten zunehmen.
Welche Faktoren beeinflussen
die Annahmen:
•	 demografische Entwicklungen
	 (mehr Menschen mit erhöhtem
	Pflegebedarf).
•	 höheres Durchschnittsalter bei den 	
	 Pflegenden mit vielen
	 Pensionierungen in den nächsten 	
	 fünf bis zehn Jahren.
•	 geburtenschwache Jahrgänge, die 	
	 die Ausbildungszahlen reduzieren.
•	 erschwerter Zugang aus dem
	 Ausland aufgrund von zu
	 erwartenden Kontingenten.
Careum ortet drei Hauptursachen:
Pensionierungen, Drop-outs (Berufs-
aussteiger) und die erhöhte Nachfrage.
Lösungsansätze finden sich auf
mehreren Ebenen. Im Bildungsbereich
wäre es sinnvoll, die Ausbildungen auf
den enormen Bedarf auszurichten und
mehr Generalistinnen und Genera-
listen auszubilden.
Der Trend zu immer stärkerer Spezi-
alisierung und Fragmentierung der
Berufsbilder muss gebrochen wer-
den. Gefragt sind auch neue, besser
integrierte Formen der ambulanten
Versorgung. Zudem sollten wir den
Wiedereinstieg erleichtern und die
Zufriedenheit des Personals erhöhen.
Das Potential der älteren Arbeitskräf-
te kann noch besser genutzt werden.
Um die Attraktivität der Berufe im
Pflegebereich zu erhöhen, sollten die
Institutionen vermehrt flexible Arbeits-
zeiten anbieten. Durch eine aktive und
systematische Gesundheitsförderung
kann der Pflegebedarf gesenkt werden.
Mir ist es wichtig, dass die eigenverant-
wortlichen Gesundheitskompetenzen
der Bevölkerung entwickelt werden
und damit die Selbständigkeit auch der
älteren Menschen so lange als möglich
erhalten bleiben.
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9
Auch in unserer Region werden Fach-
kräfte knapper; nicht nur wegen der de-
mographischen Entwicklung, sondern
vielmehr infolge des stabilen konjunk-
turellen Wachstums. Unsere Region hat
eine der niedrigsten Arbeitslosenquo-
ten Deutschlands und steht ähnlich
wie die Kantone der Nordwestschweiz
an der Grenze zur Vollbeschäftigung.
Der Landkreis Lörrach ist durch eine
großeVielfalt gekennzeichnet: im Land-
kreis Lörrach leben ca. 25.000 Menschen
ohne deutsche Staatsangehörigkeit aus
über 130 verschiedenen Herkunftslän-
dern. Rechnet man weitere Personen
mit Migrationshintergrund wie z.B. be-
reits Eingebürgerte hinzu, so werden
die Zahlen der zugezogenen Menschen
wesentlich höher. Das Erwerbsper-
sonenpotenzial im Dreiländereck
wächst stets durch Zuwanderung und
kompensiert somit negative demo-
graphische Effekte. Die Wirtschafts-
struktur unseres Landkreises ist von
wenigen Großunternehmen sowie zahl-
reichen KMU geprägt. Insgesamt tragen
im Landkreis Lörrach fast 6.000 Betrie-
be zum wirtschaftlichen Wachstum bei.
Diese haben zunehmend Probleme bei
der Fachkräftegewinnung.
Dabei stellt der Wettbewerb um Fach-
kräfte mit der Schweiz eine besondere
Herausforderung dar. Zur Verbesse-
rung dieser Situation wurde 2013 die
Fachkräfteallianz Südwest von den
Landkreisen Lörrach und Waldshut
sowie 21 weiteren Partnern wie der
Arbeitsagentur, Kommunen, Staat-
lichem Schulamt, Kammern, der
Kreishandwerkerschaft, einigen Ge-
werkschaften, der Wirtschaftsför-
derung Südwest gegründet. Sie
koordiniert regionale Aktivitäten zur
Gewinnung und Qualifizierung von
Fachkräften und versteht sich als Aus-
tauschforum.
Derzeit bearbeitet die Fachkräfteal-
lianz Südwest mit drei Projektgrup-
pen relevante Schwerpunkte. Diese
beinhalten z.B. die Förderung einer
Willkommens- und Anerkennungs-
kultur, die Ermöglichung einer stär-
keren Teilhabe von Migrantinnen und
Migranten auf dem Arbeitsmarkt, die
Fachkräftegewinnung aus dem In-
und Ausland sowie die Gestaltung der
Übergangsphase zwischen Schule und
Beruf. Für die kommenden Jahre ste-
hen weitere Themenbereiche wie die
Steigerung der Frauenbeschäftigung,
die Nutzung des Potenzials Älterer und
die Weiterbildung Geringqualifizier-
ter im Mittelpunkt der Überlegungen.
Durch eine aktive Öffentlichkeitsarbeit
spricht die Fachkräfteallianz Südwest
nicht nur Unternehmen, sondern auch
Bürgerinnen und Bürger an, welche sich
auch unter www.fachkräfteallianz-süd-
west.de informieren können. Die Stärke
der Allianz liegt im Netzwerk der Partner
und dem gemeinsamen, koordinierten
Engagement, Fachkräfte für die Region
zu gewinnen.
Eine starke Partnerschaft:
Fachkräfteallianz Südwest
Eine regionale Allianz der Landkreise Lörrach und Waldshut um dem Fachkräftebedarf in unserer
Region gerecht zu werden.
Text: Marion Dammann
Marion Dammann, Landrätin Lörrach
10
Das Basel Economic Forum, kurz BEF,
ist das Wirtschaftsforum für die Metro-
politanregion Basel. Das BEF wurde 2013
vom Think Tank metrobasel initiiert und
erstmals im November 2014 veranstaltet.
Das jährlich stattfindende Wirtschafts-
forum soll einen Wissensaustausch er-
möglichen, neue Impulse setzen und
den Austausch zwischenWirtschaft,Wis-
senschaft, Politik, Verbänden und Bevöl-
kerung fördern. Am BEF sollen aktuelle
und für die Region relevante Themen
aufgenommen, beleuchtet und diskutiert
werden.
Das BEF Basel Economic Forum wird je-
weils von metrobasel organisiert. Träger
des erstmals durchgeführten Anlasses
zumThema «Fachkräftebedarf und Fach-
kräftemangel» sind der Arbeitgeberver-
band Basel und metrobasel.
«Der Wohlstand unserer trinationalen
Metropolitanregion basiert zu einem
grossen Teil auf der Verfügbarkeit von
hoch- und gut qualifizierten Fachkräf-
ten», brachte metrobasel Direktorin Re-
gula Ruetz die Aktualität des Themas bei
ihrer Begrüssung der BEF-Teilnehmen-
den im Stadtcasino Basel auf den Punkt.
InsbesonderedieinderRegionansässigen
exportorientierten Branchen wie die Life
Sciences, die Chemie, die Finanzbranche,
die Logistik und Investitionsgüterindust-
rie sind auf diese Fachkräfte angewiesen.
Diese Unternehmen tragen nicht nur
einen grossen Anteil zum Bruttoinland-
produkt der Schweiz bei; sie bieten auch
eine hohe Anzahl an Arbeitsplätzen in
der Region an. Aber nicht nur die global
tätigen Unternehmen sind auf Fachkräfte
angewiesen, auch die Universitäten und
Lehrinstitutionen, das Gesundheitswe-
sen, die Baubranche, und viele KMUs
kämen ohne diese Fachkräfte nicht aus.
In seiner Videobotschaft richtete Bun-
desrat Johann Schneider-Ammann einen
Appell an die Schweizer Unternehmer:
«Helft mit unser Land offen zu halten!»
Der Wirtschaftsminister äusserte sich
entsprechend klar, dass es die Zuwande-
rungvonqualifiziertenArbeitnehmenden
brauche. Es gelte gleichzeitig aber auch,
hiesige Potenziale zu identifizieren, um
einen guten Teil der Fachkräfte für die
Zukunft selbst aufzubauen. Dazu nannte
er vier Bereiche, in denen der Bundesrat
Handlungsbedarf sieht:
1. 	in der gezielten Aus- undWeiter-
	 bildung der einheimischen
	Arbeitskräfte
2. 	bei derVerbesserung derVerein-
	 barkeit von Beruf und Familie und 	
	 damit verbunden der Erhöhung des 	
	 Arbeitspensums teilzeitarbeitender 	
	Personen
3. 	bei derWeiterführung der
	 Erwerbstätigkeit bis zum Pensions-
	 alter und darüber hinaus
4. 	bei der Innovation, welche die 		
	 Schweiz fördern muss
Die Schweiz besitzt dafür bereits hervor-
ragende Voraussetzungen, stellte Gross-
ratspräsident Christian Egeler in seiner
Grussbotschaft im Namen der Stadt Basel
fest. Um dem Fachkräftemangel in Zu-
kunft verstärkt aus eigener Kraft heraus
zu begegnen, müsse jedoch unser dua-
les Bildungssystem unbedingt gestärkt
werden.
Denn politische Störfeuer wie Mas-
seneinwanderungs- und Ecopop-In-
itiative machen die Rekrutierung von
Arbeitskräften im Ausland nicht leichter,
ermahnte Teddy Burckhardt, Vizepräsi-
dent des Arbeitgeberverbands Basel.
Fachkräftemangel – eine enorme
Herausforderung für die Region
Der Fachkräftemangel ist in der Schweiz eine grosse Herausforderung, welche sich in Zukunft
verstärken wird. metrobasel und der Arbeitgeberverband Basel widmeten dem Thema
am 17. November das erste Basel Economic Forum (BEF). Dabei wurde der Fachkräftemangel
umfassend beleuchtet und Lösungen präsentiert.
Text: Valentin Ade
Regula Ruetz, Direktorin metrobasel
Christian Egeler, Grossratspräsident, Kt. BS
Bundesrat Johann N. Schneider Ammann
11
Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Bonn 2012
Burckhardt ging über den Fachkräfte-
mangel hinaus und konstatierte, dass
wir mit Blick auf die kommenden Jahre
grundsätzlich einen Arbeitskräftemangel
haben werden. Doch gab er sich auch zu-
versichtlich: «Selbst wenn der Fachkräf-
temangel bereits Realität ist, könnte die-
ser mit überlegter Bildungspolitik und
sensibler Zuwanderungspolitik in den
nächsten Jahren nachhaltig abgewendet
werden.»
Der demografische Wandel
Nicht nur in unserem Land sieht sich
die Gesellschaft dem Problem des Fach-
kräftemangels ausgesetzt. Unser nördli-
cher Nachbar Deutschland steht vor der
gleichen Herausforderung, nur in einer
viel grösseren Dimension. Der BEF-
Keynotespeaker, Professor Dr. Dr. h.c.
Joachim Möller, beschäftigt sich seit Jah-
ren auf wissenschaftlicher Basis mit der
Thematik. Der Direktor des Instituts für
«Volkswirtschaften gewinnen durch
Einwanderung, insbesondere durch
Einwanderung von qualifizierten Fach-
kräften.DerAufbau von Barrieren wäre
rückwärtsgewandt und verkennt die
Fachkräftesicherung als eines der wich-
tigsten Zukunftsprobleme. Die Schweiz
würde sich und ihrer dynamischen
Wirtschaftsentwicklung auf groteske
Weise selbst Schaden zufügen.»
Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Möller
Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB)
der Forschungseinrichtung der Bunde-
sagentur für Arbeit in Nürnberg zeigte
die Auswirkungen der älter werdenden
Gesellschaft für Deutschland in den
nächsten Jahren auf. «Demografie ist
schlimmer als die Pest», zeichnete Möl-
ler einen dramatischen Vergleich.Wofür
die Pest ein Jahrhundert gebraucht hat-
te, schafft die Demografie innerhalb nur
einer Generation: Die Auslöschung eines
Drittels der arbeitsfähigen Bevölkerung.
Die Arbeitskraft der geburtenstarken
Jahrgänge der 50er- und 60er-Jahre wird
in den kommenden Jahren nicht adäquat
ersetzt. 1,3 bis 1,4 Geburten pro Frau im
Durchschnitt seit Jahrzehnten reichen
nicht aus, um eine Bevölkerung konstant
zu halten. Durch eine gleichzeitig linear
wachsende Lebenserwartung (zurzeit: 78
Jahre für Männer und 83 Jahre für Frau-
en) altert die Gesamtgesellschaft zudem
kontinuierlich. Dadurch werden in den
kommenden Jahren nicht nur die Sozial-
systeme unter Druck geraten. Es besteht
zudem auch die Gefahr, dass Fachkräfte
in bestimmten Branchen fehlen und so
zu einem Wegbrechen zentraler Wirt-
schaftszweige führen können. Ein Lö-
sungsansatz, so Professor Möller, ist die
Aktivierung von nicht ausgeschöpftem
Arbeitskräftepotenzial: Ältere Menschen
müssen länger im Arbeitsleben gehalten
werden und vor allem mehr Frauen für
den Arbeitsmarkt gewonnen werden.
«Das Problem der Fachkräftesicherung
aufgrund der demografischen Entwick-
lungwirdnichtimnationalenAlleingang
und schon gar nicht durch Abschottung
gelöst. Internationale Mobilität von Ar-
beitskräftenkanndiezuerwartendenUn-
gleichgewichte zumindest abmildern.»
Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Möller
Doch allein das hilft bei weitem nicht,
um den Arbeitskräfteschwund zu stop-
pen. Die Schweiz verzeichnet heute
schon die höchste weibliche Erwerbs-
beteiligung aller Länder der Organisati-
on für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (OECD). Es braucht
zusätzlich die Zuwanderung gut- und
hochqualifizierter Arbeitnehmer. Ein
dramatisches Beispiel: Deutschland
Herzlich willkommen zum ersten BEF Basel Economic Forum
Das regionale Durchschnittsalter
2010 (links) und 2030 (rechts) im Vergleich
12
bräuchte in den kommenden drei Jahr-
zenten alleine 400’000 Personen, die pro
Jahr netto in das Land einwandern, um
die Erwerbsbeteiligung gerade einmal
auf heutigem Niveau konstant zu halten.
Doch auch die Länder, aus denen die
meisten Einwanderer nach Deutschland
kommen (Polen, Bulgarien und Rumäni-
en), haben eine ähnliche demografische
Entwicklung.
Deshalb wird eine Zuwanderung von
qualifizierten Fachkräften aus europäi-
schen Staaten die erwerbstätige Bevölke-
rung auch in der Schweiz auf lange Sicht
nicht stabil halten können. Die Entwick-
lung der schrumpfenden Bevölkerung
vollzieht sich aber nicht überall im Land
gleich; das ist eine gute Nachricht für Ge-
biete wie die Metropolitanregion Basel.
«Grosse Städte mit dynamischen Wirt-
schaften verzeichnen Zuwanderung», so
Möller. Hier konzentrieren sich Bevölke-
rung sowie hochqualifizierte Fachkräfte
und zwar mit einem sich selbst verstär-
kenden Effekt. Dort wo attraktive Stand-
ortfaktoren für Arbeitnehmende herr-
schen, zieht es hochqualifizierte, junge
Menschen hin, die diese Region noch
innovativer und attraktiver für weitere
hochqualifizierte, junge Menschen ma-
chen. «Smart cities are getting smarter»,
fasste Professor Möller diese Entwick-
lung zusammen.
Längerfristige Einflüsse, Trends und
Strukturveränderungen auf dem Ar-
beitsmarkt sind dabei identifizierbar. Die
Nachfrage nach standardisierbaren sowie
verlagerbaren Routine- und produkti-
onsnahenTätigkeiten wird zurückgehen.
Interaktive Tätigkeiten mit Standortbe-
zug (Dienstleistungen), lokal vernetze,
hochspezialisierte sowie kreative und
wissensbasierte Tätigkeiten werden in
Zukunft noch stärker nachgefragt.
Personenfreizügigkeit seit den 90er
Jahren
Der zukünftige Bedarf an bestimmten
Tätigkeiten, Qualifikationen oder Be-
rufsgattungen in den kommenden 15, 20
oder 30 Jahren lässt sich allerdings selbst
für «smart cities» leider nicht detailliert
vorhersagen. Das machte der emeritier-
te Professor für Arbeitsökonomie an der
Universität Basel, Dr. George Sheldon,
deutlich. Zum Beispiel haben 70 Prozent
der IT-Fachkräfte in der Schweiz einen
IT-fremden Berufsabschluss und knapp
60 Prozent der Lehrabsolventen in der
Schweiz üben einen anderen als den einst
erlernten Beruf aus. Das stellt die Berufs-
bildungspolitik vor grosse Herausforde-
rungen und kann dazu führen, dass bei-
spielsweise heutige staatliche Kampagnen
für bestimmte Berufe in der Zukunft kon-
traproduktiv wirken können. «Langfristige
Prognosen zum Bedarf an spezifischen
Fachkräften, die in zehn bis 20 Jahren
gesucht sind, können nicht im Detail
gemacht werden», so Sheldon. Dagegen
lässt sich die hohe Treffsicherheit einer
Prognose nur zu Lasten der Präzision ih-
rer Aussagen erzielen.
Drei Trends sind jedoch absehbar: Die
globale Arbeitsteilung wird voranschrei-
ten, der bildungsintensive technische
Wandel und die Tertiarisierung der Be-
rufswelt (Zunahme hoher Bildungsab-
schlüsse) werden sich fortsetzen. Das
hat Folgen für die niedrig qualifizierten
Arbeitskräfte. Spielte bis 1970 angesichts
Vollbeschäftigung die Bildung eines Ar-
beitnehmers für die Beschäftigung eine
weniger grosse Rolle, lag die Arbeitslo-
sigkeit von Menschen ohne Schulab-
schluss im Jahr 2010 in der Schweiz um
den Faktor drei höher als für Personen
mit einem Studium oder einer Höhe-
ren Berufsbildung. Diese Entwicklung
hatte auch Auswirkungen auf die Zu-
wanderung von Arbeitskräften aus dem
Ausland. Kamen bis Mitter der 80er-
Jahre vor allem ungelernte Fachkräfte in
die Schweiz, sind es ab Mitte der 90er-
Jahre mehrheitlich hochqualifizierte
Quelle: IAB, Forschungsbereich A2 – Prognosen und Strukturanalysen
Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Möller
Nettozuwanderung von 400’000 Personen p.a.
13
Prof. em. Dr. George Sheldon
Quelle: B,S,S. (2014); Fachkräftemangel in der Schweiz - Ein Indikatorensystem zur Beurteilung der
Fachkräftenachfrage in verschiedenen Berufsfeldern, Bericht im Auftrag des SECO, Seite 19
(50 bis 60 Prozent). «Seit den 90er-Jahren
herrscht bereits Personenfreizügigkeit»,
merkteSheldonzudeman.DenndieKon-
tingente, die es damals noch gab, wurden
zu keinem Zeitpunkt voll ausgeschöpft.
Seit damals stieg der Bildungsstand der
Schweiz stark an. Bald werden 60 Prozent
der Erwerbstätigen in der Schweiz einen
tertiären Abschluss vorweisen.
Sheldon zog aus seinen Beobachtungen
folgende Konsequenzen: Angesichts der
Vielzahl von Unschärfen und prognos-
tischen Unsicherheiten bezüglich des
Fachkräftebedarfs, sollte das Bildungs-
system für hohe berufliche Flexibilität
sorgen. Deshalb soll in der (Aus-)Bildung
der Schwerpunkt auf dieVermittlung von
Kernkompetenzen gelegt werden, wel-
che den Zugang zu verschiedenen Beru-
fen ermöglichen. «Nicht Bildungswege,
sondern Bildungsziele und Leistungs-
anforderungen sind vorzugeben», so
Sheldon, damit verschiedene Qualifizie-
rungsprozesse zum gleichen Abschluss
führen können. Eine Modularisierung
von Bildungsgängen ermöglicht nach-
trägliche Korrekturen oder Ergänzun-
gen von bereits bestehenden Qualifi-
kationen. Zuletzt ist die Zuwanderung
fehlender Fachkräfte aus dem Ausland
aber unabdingbar. In der anschliessen-
den «nachgeforscht»-Runde mit Felix
Erbacher, Journalist, Autor und ehe-
maliger Wirtschaftschef der Basler Zei-
tung, plädierte Sheldon zudem für ein
Mehr an Berufsberatung, welche bereits
in den Schulen beginnen sollte. Und
Joachim Möller sprach sich dafür aus,
in Zukunft auch Personen die Chan-
ce einer Ausbildung zu geben, die
sich rein durch ihre schulischen Leis-
tungen nicht dafür qualifizieren
würden. Diese Lehrabgänger wür-
den sich später oft durch eine gro-
sse Treue und Loyalität gegenüber
dem Ausbildungsbetrieb erweisen.
Globaler Wettbewerb
Konkrete Zahlen zum Phänomen des
Fachkräftemangels in der Schweiz liefer-
te Dr.Wolfram Kägi, Geschäftsführer des
Basler Beratungsunternehmens B,S,S.
Insgesamt 36 Prozent der Schweizer Be-
schäftigten arbeiten in einem Berufsfeld
mitVerdacht auf Fachkräftemangel. Die-
ser ist in den Feldern Geschäftsleitung
(8,3 Prozent am Total der Beschäftigten)
und Gesundheitswesen (4,7 Prozent) be-
sonders gravierend. Im Bereich der Ge-
sundheit identifizierten Kägi und seine
Kollegen 25 verschiedene betroffene Be-
rufe. In zehn davon (40 Prozent) herrscht
bereits heute akuter Fachkräftemangel.
«Wir sagen schon lange, dass wir im Ge-
sundheitswesen ein Fachkräfteproblem
haben, die Studie zeigt das nun deutlich
auf», zittiert Kägi eine Mitarbeiterin der
Bundesverwaltung. In den vergange-
nen zehn Jahren fehlten in unserer Regi-
on insbesondere Naturwissenschaftler,
Ingenieure und Informatiker. Deshalb
verzeichnen wir in diesen Berufen eine
grössere Zuwanderung aus dem Ausland
als im gesamtschweizerischen Durch-
schnitt.
Breakout Session
Ausbildung ist ein langfristiger Prozess,
wohingegen offene Stellen möglichst
schnell besetzt werden müssen, zeigte
Joachim Möller in der Breakout Session
unter der Moderation von Kantonalban-
kenpräsident Professor Dr. Urs Müller
die Problematik auf. In Übergangspha-
sen kann es deshalb in der Wirtschaft
zu gravierenden Problemen kommen.
Denn wenn diese Fachkräfte hier nicht
erhältlich sind, würden die Unterneh-
men Standorte dorthin verlegen, wo sie
die geeigneten Fachkräfte in ausreichen-
der Anzahl vorfinden. Die Situation in
der Region würde zusätzlich verschärft,
wenn es sich dabei um nicht besetzbare
Stellen mit Hebelwirkung handelt, sprich
um Stellen, von welchen weitere Arbeits-
plätze abhängig sind. Ein genereller
Fachkräftemangel liegt in der Schweiz
noch nicht vor, allerdings herrscht be-
reits akuter Mangel in einigen Teilbe-
reichen. Mit Blick auf das Werben um
gut- und hochqualifizierte Arbeitskräfte
sagte Dr. NicoleWeiland-Jaeggi, CEO der
Labor- und Diagnostikunternehmen En-
dotell und Xenometrics: «Wir befinden
uns in einem globalenWettbewerb.» Das
würde bei der Schweizer Bevölkerung oft
nicht wirklich wahrgenommen.
Professor Theodor Sproll, Rektor der
dualen Hochschule in Lörrach lenkte
die Diskussion auf die weichen Stand-
ortfaktoren. Junge Leute sind heute gut
ausgebildet und hochmotiviert «aber sie
wollen nicht nur Geld verdienen, son-
dern sich auch selbst verwirklichen».
Auf das Job-Umfeld und auf die Bedürf-
nisse dieser jungen Leute achten einige
Arbeitgeber heute immer noch zu wenig.
Boris Kraft, Chief Visionary Officer des
Fachkräftemangel nach Berufsfeldern
14
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15
Breakout Session: Prof. Urs Müller, Prof. Joachim Möller, Dr. Nicole Weiland-Jaeggi, Prof. Theodor Sproll, Boris Kraft
IT-Unternehmens Magnolia Internati-
onal ging in seinen Aussagen insbeson-
dere auf die Aus- und Weiterbildung ein
und kritisierte in diesem Zusammen-
hang: «Es fehlt der Wille der Politik, die
IT Ausbildung in Basel zu stärken». Die
letzten zehn Arbeitnehmer, die er einge-
stellt hat stammen aus Vietnam. In der
Schweiz sei er froh, wenn er überhaupt
fünf gutqualifizierte Informatiker im Jahr
fände. Als stark exportorientiertes Un-
ternehmen in einer globalen Weltwirt-
schaft kann man auf der Hochpreisinsel
Schweiz nur dann bestehen, wenn man
innovativer ist, als die Konkurrenz aus
Ländern mit niedrigeren Preisstruktu-
ren, so Kraft. Leider bildet die Schweiz
dafür selber zu wenig IT-Spezialisten aus,
weshalb diese aus dem Ausland geholt
«Als stark exportorientiertes Unter-
nehmen in einer globalen Weltwirt-
schaft können wir in der Hochpreisinsel
Schweiz nur dann produzieren, wenn
wir innovativer sind, als die Konkurrenz
aus Ländern mit niedrigeren Preisstruk-
turen. Das geht nur über entsprechend
hoch qualifizierte Fachkräfte. Aber egal
wie viele Menschen die Schweiz ausbil-
det, die allermeisten Menschen werden
ausserhalb der Schweiz ausgebildet. Da-
her müssen wir umdenken – es ist nicht
die Schweiz, die attraktiv für Fachkräfte
ist. Es ist die Fachkraft, die attraktiv für
die Schweiz ist. Wir sollten alles daran
setzen, diese Menschen willkommen zu
heissen. Wir brauchen sie.» Boris Kraft
werden müssen. Hier braucht es unbe-
dingt ein Umdenken: «Es ist nicht die
Schweiz, die attraktiv für Fachkräfte ist.
Es ist die Fachkraft, die attraktiv für die
Schweiz ist», sagte Kraft. Deshalb muss
man alles daran setzen, diese Menschen
hier willkommen zu heissen. «Wir brau-
chen sie!» Mit Blick auf die Massenein-
wander-ungs- und Ecopop-Initiative
stellte Weiland-Jaeggi zudem grundsätz-
lich fest: «Ich will für meine Firmen die
qualifizierten Fachkräfte holen, die ich
brauche und nicht von der Politik ge-
bremst werden.» Ist das nicht möglich,
werden sich einige Unternehmen über-
legen, in andere Länder beispielsweise
nach Deutschland abzuwandern oder
einzelne Abteilungen ins Ausland zu
verlagern.
Staatliche Aufgaben
In gewissen Branchen der Wirtschaft
besteht heute ein akuter Fachkräfteman-
gel, da der Grossteil des Jobwachstums
dervergangenenachtJahreimstaatlichen
und parastaatlichen Sektor stattfand,
wieDr.BorisZürcher,LeiterderDirektion
für Arbeit im Staatssekretariat für
Wirtschaft, in seinem Refarat deut-
lich machte. Der Staat ist also primär
der Treiber des Fachkräftemangels
(beispielsweise im schon erwähnten
Gesundheitswesen), erst an zweiter
Stelle die private Wirtschaft. 2011 hat
der Bund eine Fachkräfteinitiative ge-
startet, um das Problem des Fachkräf-
temangels zu entschärfen. «Dabei ist es
aber nicht die Aufgabe des Bundes, Fach-
kräfte zurVerfügung zu stellen», monier-
te Zürcher. Der Staat ist lediglich dafür
verantwortlich, geeignete Rahmenbe-
dingung zu schaffen. Diesen Ball nahm
Rudolf Strahm, SP-Politiker und ehema-
liger Preisüberwacher, in seinem Vortrag
sogleich auf.
«Der Fachkräftemangel ist nicht gottge-
wollt, sondern liegt an Fehlsteuerungen
in der Bildungs- undWirtschaftspolitik».
Dr. h.c. Rudolf Strahm
InderMedizinkamenbeispielsweise4’000
Bewerber auf nur 1’100 Studienplät-
ze im Jahr 2011, gleichzeitig mussten
1’200 Ärzte aus dem Ausland rekrutiert
16
werden. Auch die Pflegelücke, die seit
zehn Jahren besteht, ist ein Fall von
Fehlsteuerung: 4’500 mehr Jugendliche
wollten nämlich im April dieses Jahres
eine Ausbildung in einem Pflegeberuf
machen, als dass es Ausbildungsplätze
gab. Hier sei der Staat gefragt, Abhilfe zu
schaffen, denn die Ausbildung in Medi-
zin und Pflege liegt in seiner Hand, so
Strahm. Auch der Mangel an qualifizier-
ten Arbeitskräften in den MINT-Berufen
(Mathematik, Informatik, Naturwissen-
schaften und Technik) ist aus Strahms
Sicht teilweise hausgemacht. Seit einer
Reform Mitte der 90er-Jahre seien die
Gymnasien in der Schweiz zu sprachen-
lastig, MINT-begabte Schüler würden
dadurch benachteiligt. Das führe an den
Universitäten zu einem Übergewicht der
geisteswissenschaftlichen Fächer (67 Pro-
zent im Schweizer Durchschnitt). «Wenn
sie die Universitäten sich selbst überlas-
sen,produzierensieamArbeitsmarktvor-
bei», monierte Strahm und plädierte für
Gegensteuer.
Dabei muss längst nicht jeder ein
Universitätsstudium absolvieren. Der
Trumpf der Schweiz liegt im Gegenteil
in der Höheren Berufsbildung (HBB).
Die meisten Fachkräfte im Land haben
keinen Universitäts- oder Fachhoch-
schulabschluss (15 Prozent), sondern
die HBB, die im Übrigen auch zur tertiä-
ren Ausbildung gezählt wird.Wie Strahm
feststellte, ist die HBB ist tragende Ausbil-
dungfürdieSchweizerKMU-Landschaft.
Sie erfolgt berufsbegleitend und bezieht
in praktischer Weise die neuesten Tech-
niken und Prozesse mit ein. Dies sorgt
für eine «skilled workforce» im Lande,
also Fachkräfte, die es verstehen, hoch
spezialisierteVerfahrenzuentwickelnund
anzuwenden. Auch deswegen besetzt
die Schweiz in internationalen Verglei-
chen stets die höchsten Plätze. Es gilt
Personalmanagern, die nicht aus
Ländern mit einer dualen Berufsausbil-
dung kommen, klar zu machen, dass die
Schweizer HBB einem Universitätsab-
schlussinnichtsnachstehtundmanchmal
sogar geeignetere Qualifikationen
vermittelt. Strahm sprach sich zudem
auch dafür aus, dass brachliegen-
de Potenzial an Fachkräften stärker
auszunutzen. Schul-, Studiums- und
Ausbildungs-Abbrecher, Frauen und
ältere Arbeitnehmer müssen wieder
oder länger für die Berufswelt gewon-
nen werden.
Schädliche Initiativen
Einer der um die Vorzüge der Schwei-
zer Berufsausbildung weiss, ist Dr.
Thomas Bösch, Head of Human Re-
sources Switzerland bei Novartis.
In Basel arbeiten beim Pharmaunterneh-
men Schweizer, Ausländer und Grenz-
gänger zu je einem Drittel. «Wenn wir
für den internationalen Markt produ-
zieren, brauchen wir diesen Mix», sagte
Bösch. Auch zwischen den Generationen
müsse die Mischung stimmen, um einen
optimalenWissensaustausch zu gewähr-
leisten. Um auch in Zukunft genügend
Fachkräfte zu bekommen investiert
Novartis, in den nächsten fünf Jahren 50
Millionen Franken in 25 Initiativen, um
junge Menschen für Naturwissenschaf-
ten zu begeistern. Bösch trat zudem dem
Vorurteil entgegen, dass Ausländer zu
Gunsten von gleichwertig ausgebildeten
Schweizern bevorzugt würden. «Die lo-
kale Verankerung ist ein Vorteil bei der
Rekrutierung», meinte Bösch. Die Inte-
gration von Ausländern dagegen ist teu-
er. Dennoch braucht ein international
agierender Konzern wie Novartis Zugriff
auf den Weltmarkt für hochqualifizierte
Fachkräfte. Bösch warnte in diesem Zu-
sammenhang auch vor der politischen
Einschränkung der Zuwanderung durch
Masseneinwanderungs- und Ecopop-
Initiative. Auch die Universität ist auf ein
Mehr an Fachkräften angewiesen, wie
Christoph Tschumi, Verwaltungsdirek-
tor der Universität Basel ausführte und
steht dabei wie Novartis im internatio-
nalen Wettbewerb um die besten Köpfe.
Von 2006 bis 2012 wuchs der Personal-
bestand der Universität von 30’609 auf
39’228 Personen und damit um 28 Pro-
zent. Der Ausländeranteil liegt heute bei
43,5 Prozent, der Frauenanteil bei 22,9
Prozent. Tschumi hob zudem die Qua-
lität der Schweizer Hochschulen hervor.
«Rund 80 Prozent der Schweizer Studie-
renden lernen hier an einer der welt-
weit Top-200-Universitäten». Der Ver-
waltungsdirektor bezog sich dabei auf
das angesehene Times Education World
University Ranking. Eine erfreuliche
Entwicklung ist, dass seit 2004 die tech-
nischenWissenschaften das stärkste Plus
an Studierenden in der Schweiz von 5,2
Prozent verzeichnen. Die Medizin (+3,8
Prozent) und die Naturwissenschaften
(+3,2 Prozent) haben ebenfalls zugelegt.
Mehr Ausbildungsplätze
Diese Entwicklung dürfte Dr. Peter Ei-
chenberger, CEO der St. Clara Gruppe
und des Claraspitals, freuen. Denn die
Spitalwelt der Nordwestschweiz ist mit
16’957 Beschäftigten der grösste Arbeit-
geber der Region. Zudem sei eine hervor-
ragende Gesundheitsversorgung ein we-
sentlicher Teil der Standort-Attraktivität
für multinationale Unternehmen und
Christoph Tschumi, Universität Basel; Andreas Kaelin, ICTswitzerland;
Dr. Peter Eichenberger, Claraspital; Felix Erbacher, Moderation
Dr. Thomas Bösch, Novartis
17
wohlhabende Einzelpersonen, meinte
Eichenberger. Dennoch zeigte er sich
besorgt um den ärztlichen und pflege-
rischen Nachwuchs. Rund 1’000 Ärzte
würden im Jahr in der Schweiz fehlen,
diese müssen aus dem Ausland rekru-
tiert werden. Der Trend lässt vermuten,
dass künftig doppelt so viele Ärzte und
Ärztinnen gebraucht werden, wie mo-
mentan an den sieben Medizinfakultä-
ten in der
«Dem Fachkräftemangel im Gesund-
heitswesen lässt sich durch die
Schaffung zusätzlicher Ausbildungs-
plätze wirksam begegnen.Ausbildungs-
stellen in Spitälern sind bei jungen
Menschen beliebt.Für Spitäler ist es loh-
nenswert, zusätzliche Ausbildungsplät-
ze zu schaffen.» Dr. Peter Eichenberger
Schweiz ausgebildet werden. Eine Kon-
sequenz der älter werden Gesellschaft
ist, dass bis 2020 mindestens 25’000
zusätzliche Fachleute gebraucht wer-
den. Dazu werden bis 2020 rund 60’000
Gesundheitsfachleute pensioniert, die
ersetzt werden müssen. Es müssen da-
her mehr Ausbildungsplätze geschaffen
werden. Eichenberger berief sich auf
eine Studie wonach 2’500 Betrieben, die
ausbilden, 1’000 Betriebe gegenüberste-
hen, die nicht ausbilden. Dabei erzielen
Lernende für die ausbildenden Betriebe
in der Schweiz schon während der Lehr-
zeit einen Nettonutzen. Wenn die fertig
ausgebildete Fachkraft nach der Lern-
zeit zudem im selben Betrieb beschäftigt
wird, amortisieren sich die Ausbildungs-
kosten ohnehin.
Ein enormes Beschäftigungswachs-
tum haben in den vergangenen Jah-
ren auch die Berufe des ICT-Bereichs
(Informations- und Kommunikati-
onstechnologie) wie Andreas Kaelin
Geschäftsführer ICTswitzerland und
Präsident der ICT-Berufsbildung
Schweiz zuletzt eindrucksvoll auf-
zeigte. Bis 2022 besteht allerdings ein
zusätzlicher Fachkräftebedarf von 87’000
Personen. 39’500 davon müssen über
Zuwanderung gedeckt werden, weswe-
gen die Masseneinwanderungs- und
Ecopop-Initiative auch für die ICT-
Branche eine Bedrohung darstellt. «Die
Schweiz «verzichtet» auf gut bezahlte
Arbeitsplätze», so Kaelin. Es besteht das
Risiko, dass Arbeitsplätze dauerhaft ins
Ausland verlegt werden müssen.
Studium ist kein Menschenrecht
Das erste BEF wurde mit einer Podi-
umsdiskussion abgeschlossen, welche
von der Journalistin und Medienwissen-
schaftlerin, Olivia Kühni, moderiert wur-
de. Dabei ging sie auf einzelne Aussagen
von Referenten und auf Ergebnisse des
Tages ein und stellte diese zur Diskus-
sion: «Wir haben eine Wirtschaft, die
grösser ist als das Arbeitskräftepotenzial
des Landes, weshalb die Personenfrei-
zügigkeit unabdingbar geworden ist»,
so Dr. Patrik Schellenbauer, Geschäfts-
leitungsmitglied von Avenir Suisse.
Und obwohl ein Mangel an Hochquali-
fizierten herrscht, «brauchen wir auch
Angestellte, die einfachere Aufgaben
erledigen», sagte Monika Ribar, Vizeprä-
sidentin der SBB. Gemäss Nadine Gemb-
ler, Leiterin Personal und Ausbildung bei
Coop, ist auch der Detaillist mit seinen
rund 72’000 Mitarbeitenden aus 192 Na-
tionen «auf Gedeih und Verderb von der
Grundausbildung abhängig». Eine Mög-
lichkeit, um mehr junge Menschen statt
auf die Universität in eine Ausbildung zu
bringen, sieht der Chefredaktor undVer-
leger der Basler Zeitung, Markus Somm,
darin, den Zugang zur Universität zu be-
schränken. «Das Studium ist kein Men-
schenrecht», so Somm, «Bildung muss
als Investition angesehen werden.»
Das erste BEF machte bis zum Schluss
deutlich, dass der Fachkräftemangel für
einige Branchen bereits bittere Realität
ist und er in Zukunft sich noch verstär-
ken wir. Es wurde aber auch ein breiter
Strauss von Massnahmen aufgezeigt, wie
dagegen anzugehen ist.
Sorgen um Personal und Nachwuchs im ärztlichen und pflegerischen Bereich
Nadine Gembler, Coop; Markus Somm, BAZ; Olivia Kühni, Moderation; Monika Ribar, Vizepräsidentin der SBB;
Dr. Patrik Schellenbauer, Avenir Suisse; Dr. Boris Zürcher, SECO
18
Text: Barbara Gutzwiller
Was können die Unternehmen gegen
den Fachkräftemangel tun?
Eines ist klar: Einfach abzuwarten ist keine Lösung. Auch wenn gewisse äussere Rahmenbedingungen
gegeben sind, kann man trotzdem dem Fachkräftemangel begegnen, auch und gerade von innen
heraus.
Seit Jahren ist bekannt, dass der Wirt-
schaft aus demografischen Gründen
die Fachkräfte ausgehen. Zudem ist per
Volksabstimmung die Zuwanderung
ausländischer Arbeitskräfte beschränkt
worden.ZwaristnochkeinNotstandaus-
gebrochen, es wird aber laufend schwie-
riger werden, passende Mitarbeitende
zu finden. Die Unternehmen befinden
sich also in der Situation, dass sie um
die Besten auf allen Ebenen kämpfen
müssen und die Frage, was sie selber tun
können, um dem Fachkräftemangel zu
begegnen, stellt sich immer dringender.
Zunächst möchte ich auf die bekannten
Instrumente der Personalpolitik verwei-
sen,diedenBedürfnissenund Wünschen
der Mitarbeitenden entgegenkommen
und die vorausgesetzt werden: Wettbe-
werbsfähige Löhne, attraktive Arbeits-
bedingungen, gezielte Aus- und Weiter-
bildungsmassnahmen, die Möglichkeit
aufzusteigen und Vieles mehr. Neuere
Massnahmen, wie das betriebliche Ge-
sundheitswesen, die bessere Unterstüt-
zung bei der Vereinbarkeit von Beruf
und Familie – beispielsweise durch eine
möglichst flexible Arbeitszeitgestaltung
oder das Bereitstellen von Home Office
Möglichkeiten –, zusätzliche Angebote
beiderAltersvorsorgeundähnlichessind
ebenfalls hilfreich und können in vielen
Firmen noch ausgebaut werden.
Solche Firmen interne Angebote helfen
dabei, bestehende Arbeitskräfte an das
Unternehmen zu binden, wie auch neue
Fachkräftezufinden.Umjedochaufdem
Rekrutierungsmarkt bestehen zu kön-
nen, wird neuerdings auch auf die Not-
wendigkeit des sogenannten Employer
Brandings verwiesen. Mittels dieser aus
dem Marketing stammenden Massnah-
me soll eine Firma im Bewusstsein ihrer
Angestellten und der potenziellen Inter-
essenten wie eine Marke verankert und
als attraktiver Arbeitgeber wahrgenom-
men werden. Employer Branding wirkt
also sowohl nach innen, als auch nach
aussen. Funktionieren kann das aber
nur, wenn die Firmenmarke glaubwürdig
ist. Das heisst, was nach aussen darge-
stellt wird, muss nach innen auch gelebt
werden. Will sich eine Firma also unter
anderem mit ihrem besonders angeneh-
men Arbeitsklima positionieren, muss
sie dieses auch tatsächlich bieten. Wird
hingegen bekannt, dass beispielsweise
Mitarbeitende regelmässig unfreundlich
behandelt oder Zusagen nicht einge-
halten werden, läuft das Unternehmen
unweigerlich Gefahr, sehr rasch in den
SocialMediakritisiertundvoneinemgro-
ssen Publikum als unglaubwürdig wahr-
genommen zu werden. Der angestrebte
Effekt würde sich damit in sein Gegenteil
verkehren.
Möglicherweise tun sich global tätige
FirmenleichtersolcheMassnahmenein-
zuführen. Aber auch kleine und mittlere
Betriebe können sich besser positionie-
ren. Sie, sind sich dessen jedoch oft nicht
richtig bewusst. Die KMU können Anrei-
ze bieten, um benötigte Fachkräfte zu
gewinnen oder zu erhalten: Angefangen
beim ganz individuell formulierten Stel-
leninserat über die gezielte, persönliche
Talentförderung, einer fast familiären Ar-
beitsatmosphäre bis hin zum Aufzeigen
von Entwicklungspotenzial. Hilfreich
kann es dabei sein, sich fundiert mit den
modernen Methoden der Personaler-
haltung und -rekrutierung zu befassen
oder sich professionelle Unterstützung
zu holen.
Abschliessendmöchteichklarfesthalten,
dass beim Thema Fachkräftemangel die
Geschwindigkeit zählt: Nur wer rasch ge-
eignete Massnahmen ergreift, setzt sich
von der Konkurrenz ab und verbessert
dadurch seine Chancen beim Anwerben
und Binden der gesuchten Fachkräfte.
Barbara Gutzwiller, Direktorin Arbeitgeberverband Basel
19
Text: Thomas B. Cueni
Bildung und Wissen als Eckpfeiler der
Schweizer Innovationskraft
Die Schweiz gehört zu den wohlhabendsten Ländern der Welt. Dies liegt zu einem grossen Teil
an ihrem starken Bildungssystem und der Fähigkeit, international gesuchte Fachkräfte anzuziehen.
Beides gilt es, aus Sicht der Pharmaindustrie aber auch im Interesse der Gesamtgesellschaft durch
starke Rahmenbedingungen zu bewahren und zu fördern.
Einst als das Armenhaus Europas be-
zeichnet, gilt die Schweiz heute als
eine der führenden Volkswirtschaften
der Welt. Der Grund für diesen Wandel
reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhun-
derts zurück, als die Schweiz Massnah-
men einleitete, die zur Schaffung eines
starken Bildungssystems beitrugen.
Durch die Einführung der obligatori-
schen Schulpflicht, die Entwicklung des
Lehrlingswesens sowie die gleichzeitige
Hochschulförderung (wie z.B. der ETH
Zürich) verfolgte die Schweiz schon
früh das Ziel, die Qualität ihrer Produk-
te zu verbessern und damit ihre Wett-
bewerbsposition nachhaltig zu stärken.
Noch heute profitieren wir von dieser
weitsichtigen Bildungsförderung, gehört
doch die Schweiz dank ihres allgemein
hohen Ausbildungsniveaus zu den in-
novativsten und wirtschaftlich stärksten
Ländern der Welt.
Attraktiver Arbeitsort und Lebensraum
Die Innovationskraft der Schweiz ist
aber nicht nur dem starken Ausbil-
dungssystem geschuldet, sondern auch
der Fähigkeit des Landes, kluge Köpfe
anzuziehen und ihnen ein attraktives
Arbeits- und Lebensumfeld zu bieten.
Beispiele dafür gibt es viele: Unter den
zahlreichen Schweizer Nobelpreisträ-
gern befinden sich eine Reihe Forscher,
die erst im Verlauf ihres Lebens in unser
Land kamen und unserem Land zu welt-
weitem Ansehen verhalfen; darunter Al-
bert Einstein, Leopold Ruzicka, Vladimir
Prelog, Tadeus Reichstein oder Hermann
Staudinger.
Firmengründer, deren Arbeit bis heute
nachwirkt, zog das Land ebenfalls an: zu
dieser Gruppe gehören die Deutschen
Henri Nestlé, der den Nahrungs- und
Getränkekonzern Nestlé gründete, Karl
Albrecht Wander, Erfinder des Malzge-
tränks Ovomaltine, und der Österreicher
Carl Franz Bally, der die Schuhmarke
Bally aufbaute.
Auch in der jüngsten Wirtschaftsge-
schichte trugen Ausländer massgeblich
zum wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz
bei. Nicolas Hayek, der mit 21 Jahren
zusammen mit seiner Familie in die
Schweiz zog und die Schweizer Uhrenin-
dustrie rettete. Sein Innovationsgeist ver-
änderte auch das Selbstbild der Schweiz
und gab jungen Unternehmern den Mut,
Neues auszuprobieren und aus gewohn-
ten Denkschemata auszubrechen.
Ohne internationale Fachkräfte
geht es nicht
Pioniere allein reichen allerdings nicht,
um die Schweizer Wirtschaft zu stärken:
Ohne ausländische Arbeits- und Fach-
kräfte könnte die Schweiz gar nicht funk-
tionieren. Bereits heute arbeiten über
1 Million Menschen aus der EU in der
Schweiz und täglich pendeln zusätzlich
rund 260’000 Menschen aus Deutsch-
land, Frankreich, Italien und Österreich
in unser Land, vor allem in die grenzna-
hen Wirtschaftsmetropolen Basel und
Genf. Vor allem in der Spitalpflege, aber
auch im Bereich der Informatik und bei
technischen Berufen besteht schon al-
lein aufgrund des demografischen Wan-
dels ein Bedürfnis nach Offenheit auch
in der Zukunft.
Die Pharmaindustrie, die landesweit
direkt und indirekt über 170’000 Men-
schen beschäftigt, knapp 7 Prozent zum
Bruttoinlandprodukt beiträgt und mit
einem Exportanteil von über 30 Prozent
für das Gros der Schweizer Ausfuhren
verantwortlich ist, könnte heute ohne
Grenzgänger und hier ansässige Auslän-
der kaum auf dem gegenwärtig hohen
Niveau funktionieren.
Bildung bleibt zentral
Trotz der Tatsache, dass die Schweiz
auch künftig ohne ausländische Ar-
beitskräfte nicht auskommen kann, ist
es wichtig, laufend in die Bildung im
eigenen Land zu investieren. Zwar hat
sich seit 2001 vieles getan, und durch
die Schaffung neuer Fachhochschulen
konnte das allgemein hohe Bildungs-
niveau noch einmal gesteigert werden,
doch der technologische Wandel schrei-
tet rasant voran. Wenn die Schweiz
weiterhin ihre führende Innovations-
position halten will, muss sie gerade
die wissenschaftlichen Fächer breiter
fördern und auch mehr Frauen für die
Wissenschaft begeistern.
Thomas B. Cueni, Generalsekretär Interpharma
20
Gemessen an der Zahl der Beschäftigten
ist der Detailhandel in der Schweiz die
zweitwichtigste Branche des privaten
Sektors und mit 350’000 Angestellten
ein wichtiger Arbeitgeber für zahlrei-
che Menschen. Der Detailhandel hat in
den letzten Jahren eine beachtenswerte
Beschleunigung seiner Wertschöp-
fungsentwicklung erfahren und gilt als
Konjunkturstütze.
Die Branche ist geprägt von einem ho-
hen Angebot an Teilzeitstellen. Frauen
bilden dadurch häufig die Mehrheit
der Angestellten. Ebenso typisch ist
ein hoher Anteil an Ausländern (ins-
besondere auch Grenzgängern) und
an jungen Mitarbeitenden, deren El-
tern eingewandert sind. Auch wenn
die Branche in ihren klassischen Auf-
gabenbereichen wie dem Verkauf und
der Logistik in der Regel nicht auf
hochspezialisierte Know-how-Träger
angewiesen ist, sind wir dennoch ge-
fordert, umsichtig und aktiv den künfti-
gen Personalbedarf zu planen, um auch
weiterhin für unsere Kunden profes-
sionelle Dienstleistungen anbieten zu
können. Oft wird vergessen, dass sich
hinter der Warenpräsentation in den
Verkaufsstellen hochkomplexe Prozes-
se befinden, die von Fachspezialisten
entwickelt und gesteuert werden. Wir
beschäftigen allein bei Coop über 500
IT-Spezialisten - Tendenz steigend.
Ebenso leisten in unserer Unterneh-
mung beispielsweise Lebensmittel-
technologen und Laboranten wertvolle
Beiträge zur Qualitätssicherung und
Immobilienfachleute bewirtschaften
unser eindrückliches Immobilienport-
folio. Um unseren Nachwuchsbedarf
auch künftig sicherzustellen, setzen
wir bei Coop schon seit vielen Jahre
auf die Berufsbildung. Mit über 3200
Lernenden ist die Coop-Gruppe der
zweitgrösste Lehrstellenanbieter der
Schweiz. Wir betrachten die Lehre als
absolutes Erfolgsmodell, zu welchem
wir Sorge tragen müssen, denn über 90
Prozent unserer Führungspositionen
im Verkauf besetzen wir mit eigenen
Nachwuchsleuten. Die meisten von ih-
nen haben eine Grundbildung bei uns
abgeschlossen. Viele Lehrabgänger ab-
solvieren mit unserer Unterstützung
nach der Grundbildung eine höhere
Berufs- oder Fachprüfung und sichern
sich damit eine hervorragende Aus-
gangslage für weitere Karriereschritte.
Wohl in keiner andern Branche steht
die Karriereleiter für Lehrabgänger so
früh bereit wie im Detailhandel. Schon
drei Jahre nach Lehrende befinden sich
die meisten unserer Lehrabgänger in
einer Führungsposition, in welcher sie
erste Erfahrungen als Vorgesetzte sam-
meln können. Das Lehrstellenangebot
umfasst über 20 Grundbildungen: Vom
Informatiker über den Systemgastrono-
men bis zum Lebensmitteltechnologen
bieten wir attraktive Einstiegsmöglich-
keiten ins Berufsleben – begleitet von
über 30 vollamtlichen Lernendenbe-
treuern und ergänzt durch zahlreiche
interne Ausbildungen.
Die zurück gehende Zahl an Schulab-
gänger wird uns in den kommenden
Jahren herausfordern. Einerseits müs-
sen wir als Arbeitgeber auch den Famili-
en, die mit dem dualen Bildungssystem
der Schweiz noch nicht vertraut sind,
die Lehre als hervorragende Ausbil-
dung näher bringen und ihnen aufzei-
gen, wie viele Möglichkeiten den jun-
gen Menschen nach abgeschlossener
Grundbildung offen stehen. Es gilt da-
bei die äusserst vielseitige und «durch-
lässige» Schweizer Bildungslandschaft
zu propagieren. Andererseits müssen
wir als Arbeitgeber bei der Besetzung
unserer Lehrstellen neue Wege gehen
und uns darauf einstellen, dass sich
künftig möglicherweise nicht mehr in-
teressierte Jugendliche beim Unterneh-
men melden, sondern dass wir uns als
Unternehmen bei den Schulabgängern
«bewerben». Ein Prozess, der bereits
begonnen hat, und eine Haltungsände-
rung erfordert.
Text: Nadine Gembler
Auch der Detailhandel ist
gefordert!
Auf den ersten Blick scheint der Fachkräftemangel nur hochtechnologisierte Firmen und Arbeitgeber
mit einem grossen Anteil an Spezialisten zu betreffen. Von der demographischen Entwicklung sind
aber alle Arbeitgeber betroffen.
Nadine Gembler,
Leiterin Personal/Ausbildung Coop
21
Text: Dr. h.c. Rudolf Strahm, Ökonom, Ehm. Eidg. Preisüberwacher, Alt Nationalrat
«Fachkräftemangel» ist ein Alarmruf, der
für vieles herhalten muss: Zur Rechtfer-
tigung der Zuwanderung, zur Förderung
der Maturitätsquoten, zur Begründung
von mehr Finanzen für die Hochschu-
len. Wir haben nicht generell einen Aka-
demikermangel. Wir haben Lücken bei
bestimmten Berufen und Spezialisten.
Diese Ausbildungslücken sind weitge-
hend hausgemacht. Die zahlenmässig
am meisten gesuchten Fachleute in der
KMU-Wirtschaft sind übrigens nicht
Hochschulabsolventen, sondern Fach-
kräfte mit einer Höheren Berufsbildung,
also einer Berufslehre mit nachfolgen-
den Spezialisierungen.
Beispiel Ärztemangel
Hier einige Fallbeispiele für den
Fachkräftebedarf und für den drin-
genden bildungspolitischen Hand-
lungsbedarf.Wir haben einen eklatanten
Mangel an einheimischen Ärzten. Der
Grund ist der Numerus Clausus an den
Deutschschweizer Universitäten. Pro
Jahr melden sich rund 4’000 inländische
Maturanden für das Arztstudium. Doch
es gibt derzeit schweizweit nur 1’200 Stu-
dienplätze. Zwei von drei Studienbewer-
ber/innen werden abgewiesen. Gleich-
zeitig werden pro Jahr rund 1200 Ärzte im
Ausland rekrutiert. Die Zahl der Studien-
plätze müsste verdoppelt werden.
Beispiel Pflegepersonal
Der Mangel an Pflegefachpersonen ist
die Spätfolge einer mangelnden Aus-
bildung in den Spitälern. In den Jahren
1995 bis 2005 wurden jährlich nur 3’000
bis 4’000 Pflegefachpersonen ausgebil-
det. Doch der jährliche Bedarf beläuft
sich auf rund 7’000 Neuausgebildete. Die
Spitäler in der deutschen Schweiz haben
ihre Ausbildungstätigkeit jetzt ausge-
baut, aber es sind immer noch zu we-
nige. Nach dem Lehrstellenbarometer
haben im Jahr 2014 rund 4’500 Jugend-
liche, die eine Berufslehre in Gesundheit
(FaGe) oder in Betreuung (FaBe) ange-
strebt hatten, keine Lehrstelle gefun-
den. Dies ist ein eklatantes Versagen der
Spitäler und staatlichen Behörden.
Beispiel Ingenieure und Informatiker
Wir haben zu wenig Spezialisten in den
MINT-Fächern, also in Mathematik, In-
formatik, Naturwissenschaften, Tech-
nik. Die IT-Branche bildet zu wenige
Lehrlinge aus. Im akademischen Be-
reich gibt es zu wenig Jugendliche, die
ein Informatik- oder Ingenieurstudium
beginnen. Auch diese Fehlentwicklung
ist hausgemacht. Der Zugang zum Gym-
nasium und die gymnasiale Ausbildung
sind zu sprachlastig. Sprachnoten zählen
mehr.Wenn (vorwiegend männliche) Ju-
gendliche stark sind in Mathematik und
räumlichem Vorstellungsvermögen und
das Zeug zum Ingenieurstudium hätten,
schaffen sie den Zugang zum Gymnasi-
um nicht, wenn sie nicht auch in Fremd-
sprachen stark sind. Diese Einseitigkeit
führt dazu, dass zu wenig MINT-Spe-
zialisten ausbildet und gleichzeitig die
Fakultäten in geistes- und sozialwissen-
schaftlichen Fächern überrannt werden.
Fehlentwicklungen an der Uni
Letztes Jahr waren an den schweizeri-
schen Universitäten 9’400 Studierende
im Hauptfach Psychologie (80% Frauen),
4’500 in Politologie, 4’200 in Geschichte/
Kunstgeschichte, 2’600 in Kommunika-
tions- und Medienwissenschaften; - alles
interessante Fächer, aber oft nicht be-
rufsbefähigend. Gewiss finden die meis-
ten Absolventen/innen nach mehreren
Praktika eine Anstellung – man spricht
etwa von einer «Generation P». Oft be-
völkern sie dann die Verwaltungen mit
ihren wachsenden Stäben und neuen
Hierarchien und Zwischenhierarchien.
Bildungssystem steuern
Bislang hat man den Fachkräftebedarf
einfach «gelöst», indem man dank der
Personenfreizügigkeit das nötige Perso-
nal im Ausland rekrutierte. Nun ist die
Zeit gekommen, dass in der Bildung und
Ausbildung eine sanfte Steuerung ange-
gangen wird. Die Hochschulen wehren
sich aus standespolitischen Interessen
verständlicherweise gegen direkte Ein-
griffe. Aber mittels Steuerung mit Leis-
tungsaufträgen kann man das Bildungs-
system arbeitsmarktnäher, gerechter
und effizienter ausbauen. Es erleidet
dabei keinen Schaden.
Dr. h.c. Rudolf Strahm
Der Fachkräftemangel ist
hausgemacht
Der Alarmruf vom Fachkräftemangel wird oft missverstanden und missbraucht. Wir haben nicht ge-
nerell einen Akademikermangel. Sondern wir haben einen Mangel an bestimmten Spezialisten, weil
wir sie im Inland zu wenig ausbilden.
22
ICT-Fachkräftemangel betrifft alle
Branchen
ICT-Beschäftigte arbeiten in allen Branchen, steigern dort massgeblich die Produktivität und sind häufig
Innovationstreiber. Folglich sind alle Branchen und deren Akteure aufgefordert, die ICT-Fachkräfte-
knappheit zu bekämpfen.
Unser Alltag ist von Informations- und
Kommunikationstechnologie durch-
drun-gen.Wir kommunizieren schneller
und effizienter – per Handy, E-Mail oder
WhatsApp. Telefonbücher sind längst
tagesaktuell im Internet verfügbar.
Wenn wir mit dem Auto fahren, hält uns
das Fahrassistenzsystem in der Spur, er-
kennt Fussgänger im Gefahrenbereich
oder leitet eine Notbremsung ein. Im
Spital erstellt ein Computertomograph
ein 3D-Abbild unseres Körpers und
auch das Smartphone zeichnet neuer-
dings immer mehr Gesundheitsdaten
auf. Mit Blick auf die Energiewende
gilt es, die zeitliche Asynchronität von
Stromverbrauch und -produktion bes-
ser auszugleichen – auch hier werden
ICT-Lösungen im Hintergrund gefragt
sein. Doch wie kann der Innovations-
beitrag der Informati-ons- und Kom-
munikationstechnologie zum Wohl von
Wirtschaft und Gesell-schaft in Zukunft
gewährleistet bleiben?
Die alleinige Betrachtung der ICT-Bran-
che greift zur Beantwortung dieser Fra-
ge zu kurz, auch wenn hochinnovative
Basler Firmen wie Day (2010 an Adobe
verkauft) oder Magnolia hierzu wich-
tige Beiträge leisten. Stattdessen zeigt
das Berufsfeld ICT das wahre Ausmass
der Vernetzung, denn nur ein Drittel
der ICT-Beschäftigten arbeitet in der
eigentlichen ICT-Branche. Zwei Drittel
verteilen sich auf fast alle Branchen der
schweizerischen Volkswirtschaft. Zur
Illustration: Erwähnte Magnolia hat
in Basel 40 ICT-Beschäftigte während
Coop 600 ICT-Stellen anbietet.
Die zahlreichen Einsatzgebiete der ICT
haben zur Folge, dass das Beschäfti-
gungswachstum des ICT-Berufsfelds
im Schnitt jährlich 3.7% beträgt. Gab
es zum Höhepunkt der Dot-Com-Blase
schweizweit 140’000 ICT-Beschäftigte,
so sind es im Jahr 2013 bereits beinahe
200’000.
Angesichts dieses Wachstums ist es
offensichtlich, dass mehr Fachkräfte
benö-tigt werden. Die Frage nach dem
Ausmass, den benötigten Qualifika-
tionsni-veaus, den gefragten Berufen
usw. beantwortet die neueste Studie
der Firma Econlab im Auftrag von ICT-
Berufsbildung Schweiz / ICTswitzer-
land mit einem Zeithorizont bis 2022:
Von den benötigten 87’000 Fachkräften
sollte bis dahin die Hälfte eine Hoch-
schulabschluss aufweisen. Dank den Ar-
beitsmarkteintritten aus dem Bildungs-
system und der Migration resultiert eine
Lücke von «nur» noch 14’000 Personen;
je nach Ausgestaltung der Massenein-
wanderungsinitiative verdoppelt sich
aber der inländische Ausbildungsbe-
darf. Damit verfügt der ICT-Beruf über
grosses Potenzial: Wer eine Ausbildung
abschliesst hat sehr gute Berufspers-
pektiven in einem abwechslungsreichen
und gut bezahlten Tätigkeitsfeld.
Der Schlüssel zur Erschliessung dieses
Potenzials ist, trotz hohem Anteil an be-
nötigten Personen mit einem Tertiärab-
schluss, die Berufsbildung! Sie dient als
Zubringer zur höheren Berufsbildung
und zur Fachhochschule. Hier konnten
die Abschlusszahlen in den letzten fünf
Jahren um fast 20% gesteigert werden.
Gleichzeitig entspricht dies aber auch
fast dem Wachstum des Berufsfelds im
gleichen Zeitraum, d.h. weitere Lehr-
stellen sind nötig. Noch langfristiger ge-
dacht – insbesondere auch mit Blick auf
den Metropolitanraum Basel und des-
sen Branchenmix – ist eine Stärkung
der MINT-Fächer (Mathematik, Infor-
matik, Naturwissenschaft und Technik)
in der Schule dringend nötig, um auch
in Zukunft Innovationsweltmeister zu
bleiben.
Text: Andreas Kaelin, Geschäftsführer ICTswitzerland, Präsident ICT-Berufsbildung Schweiz
23
Text: Hans Zeltner
Das Gesundheitswesen steht
vor personellen Herausforderungen
Der demografische Wandel, Personalmangel und die politischen Einflussfaktoren stellen die Spitäler
vor neue und grosse Herausforderungen. Der Bedarf an Mitarbeitenden steigt, weil die Anzahl der
älteren und pflegebedürftigen Menschen stark zunimmt. Die neuen Fachkräfte müssen international
rekrutiert werden.
Es ist davon auszugehen, dass der Per-
sonalbedarf im Gesundheitswesen bis
2020 um rund 20% zunehmen wird.
Gemäss verschiedenen Studien, insbe-
sondere vom Bundesamt für Statistik,
dürfte die Population der über 65-Jähri-
gen bis 2020 um 400’000 Personen resp.
um 34% zunehmen, während jene im
erwerbsfähigen Alter (20- bis 65-Jähri-
ge) wahrscheinlich um lediglich 200’000
Personen resp. um 4% wachsen wird.
Demgegenüber ist dank den Fortschrit-
ten in der Medizin und in der Medizin-
technik eine Verbesserung des Gesund-
heitszustandes der älteren Bevölkerung
zu berücksichtigen. Die Spitäler haben
ihre Strukturen in der vergangenen Zeit
stetig verbessert und optimiert, was zu
einer Verkürzung der Hospitalisations-
dauer führt. Aber auch unter Berück-
sichtigung dieser Prämisse zeigt sich,
dass das Gesundheitswesen in Zukunft
einen erhöhten Bedarf an Fachkräften
benötigt.
Die politischen Entwicklungen beein-
trächtigen die Situation zusätzlich. Das
«Gesetzeskorsett» wird immer einen-
gender und der Handlungsspielraum
für die Gesundheitsinstitutionen da-
durch eingeschränkt. Die Annahme der
Volksinitiative «Gegen Masseneinwan-
derung» stellt die Spitäler, Kliniken und
Pflegeinstitutionen vor zusätzliche Pro-
bleme, da sie auf ausländisches Personal
angewiesen sind. Gemäss Bundesamt
für Statistik arbeiten im Gesundheitswe-
sen rund 185’000 Arbeitskräfte, wovon
32% des Gesundheitspersonals resp.
rund 59’000 Personen ausländischer
Herkunft sind. Aktuelle Beobachtun-
gen und Schätzungen für die Zukunft
zeigen, dass aufgrund der demografi-
schen Entwicklung und einer jährlichen
Dropout- und Fluktationsrate von ca.
16% jährlich etwa 10’000 ausländische
Arbeitskräfte benötigt werden. Die Spi-
täler, Kliniken und Pflegeinstitutionen
werden weiterhin der Ausbildung und
Optimierung der Organisationsstruktur
hohe Priorität zuordnen. Dabei braucht
es jedoch die Unterstützung von politi-
scher Seite.
Auch wenn alles daran gesetzt wird,
möglichst viel inländisches Personal
zu rekrutieren, ist es für die Versorgung
der Bevölkerung im medizinischen und
pflegerischen Bereich notwendig, wei-
terhin ausländische Gesundheitsfach-
kräfte einstellen zu können.
Die Spitäler, Kliniken und Pflegeinsti-
tutionen erhöhen soweit wie möglich
ihre Aus- undWeiterbildungsplätze und
sichern sich so nachhaltig den fachli-
chen Nachwuchs in der Spitalbranche
Schweiz. Sie verlängern die Berufsver-
weildauer beispielsweise durch Anpas-
sung der Arbeitsbedingungen für ältere
Mitarbeitende und Eltern. Zudem för-
dern sie den Quer- und Wiedereinstieg,
um das Inländerpotential optimal aus-
zuschöpfen.
Das Gesundheitswesen bietet ein viel-
seitiges Berufsbildungssystem mit rund
15 Gesundheitsberufen (Berufslehre,
Höhere Fachschulen und Fachschulen)
an. In den Gesundheitsbetrieben Basel-
Stadt und Baselland werden aktuell
rund 1’900 Lernende und Studierende
ausgebildet. Nähere Informationen zur
Aus- und Weiterbildung im Gesund-
heitswesen sind unter www.oda-ge-
sundheit.ch (E-Mail oda@odagbb.ch)
zu finden.
Hans Zeltner, Geschäftsführer, Vereinigung Nordwestschweizerischer Spitäler (VNS)
24
Text: Dr. Patrik Schellenbauer
Fachkräfteinitiative:
nötig, aber limitiert in der Wirkung
Das europapolitische Dilemma um die Umsetzung der MEI-Initiative rückt den chronischen Mangel an
einheimischen Fachkräften erneut ins Rampenlicht. Der Bund möchte ihn mit einer breit angelegten
Fachkräfteinitiative bekämpfen.
Fachkräftemangel ist allerdings kein
neues Phänomen, auch in den neunziger
Jahren beklagten sich 40% der befragten
Unternehmen über fehlendes Personal.
Von der Demografie ist diesmal keine
Linderung zu erwarten ist. Im Gegenteil:
Die Schweizer Erwerbsbevölkerung wird
ab dem Jahr 2021 zu schrumpfen begin-
nen. Die Referate und Debatten am Ba-
sel Economic Forum zeigten, dass die
Branchen und Interessengruppen mit
den ihnen zur Verfügung stehen Mitteln
intensiv an der Bewältigung der Perso-
nalknappheit arbeiten. Das ist legitim
und nötig.
Auf gesamtwirtschaftlicher Flughöhe
musste den Teilnehmern des BEF aller-
dings bewusst werden, dass das eigent-
liche Problem tiefer wurzelt. Auf den
kürzesten Nenner gebracht lautet es: der
anhaltende Erfolg der Schweiz als Pre-
mium-Standort im Herzen Europas hat
dazu geführt, dass die demographische
Basis des Landes nicht ausreicht, um die
Personalbedürfnisse der Firmen (und
leider nicht zu vergessen: des Staates) zu
befriedigen. Die Schweiz ähnelt einem
Stadtstaat ohne grosses Hinterland. Ge-
lingt es einer Branche, mehr Personal
aus dem Inland zu rekrutieren, werden
diese Arbeitskräfte anderswo fehlen.
Dieser Umstand ist der Grund für die
anhaltende Zuwanderung. Sie ist im
Wesentlichen noch immer eine «Pull-
Migration», ausgelöst durch den inländi-
schen Mangel. Das ist daran abzulesen,
dass der Zuwachs von Erwerbstätigen
auf dem Schweizer Arbeitsmarkt seit
2’000 (rund 800’000 Erwerbstätige) aus-
schliesslich aus dem Ausland gespeist
wurde, gleichzeitig aber keine grossflä-
chige Verdrängung Im Inland stattfand,
denn die Arbeitslosigkeit nahm nicht zu.
Die Fachkräfteinitiative des Bundes
kann die heimische Knappheit nicht
beheben, sondern bestenfalls mildern.
Schon letzteres wäre ein Erfolg. Mit ei-
ner Erwerbspartizipation von über 81%
schöpft die Schweiz ihren Arbeitskräf-
tepool nämlich heute schon aus wie
kaum ein anderes Land. Eine weitere
Erhöhung wird schwierig und teuer. Die
Erwartungen und Ziele sollten also nicht
zu hoch gesteckt werden. Das bedeutet
im Umkehrschluss, dass wir auch ins-
künftig auf Zuzug aus dem Ausland an-
gewiesen sein werden.
Neben den älteren Arbeitskräften sollen
es vor allem die Frauen richten. Aller-
dings haben letztere punkto Partizipa-
tion schon weit aufgeholt und werden
über kurz oder lang zu den Männern
aufschliessen. Auffallend ist hingegen
der hohe weibliche Teilzeitanteil mit oft
sehr tiefen Anstellungsgraden. Hier liegt
wohl am meisten «Potenzial» brach. Der
verspätete Aufbau der externen Kinder-
betreuung spielt hier zwar mit, ist aber
kaum der Hauptgrund für die tiefen Pen-
sen der Frauen.
Zum einen wird das Arbeitsangebot
durch das hohe Schweizer Lohnni-
veau selbst reduziert - auch bei den
Männern. Dies ist die erfreuliche Folge
des Erfolgs und von daher nicht zu än-
dern. Zum andern untergraben aber
massive implizite Progressionen auf
den «Zweiteinkommen» verheirateter
Frauen die Arbeitsanreize. Hierzu trägt
nicht nur die formelle Steuerprogres-
sion unter gemeinsamer Veranlagung
bei, sondern auch einkommensabhän-
gige Krippentarife und einige Aspekt der
Sozialpolitik. Nicht selten bleiben von
einem zusätzlich verdienten Franken
nur 20 Rappen oder noch weniger übrig.
An diesem Missstand sollte die Politik
arbeiten. Ziel muss es sein, dass der Staat
möglichst wenig in die individuellen
Lebenspläne der Menschen eingreift.
Dr. Patrik Schellenbauer, Geschäftsleitungsmitglied von Avenir Suisse
25
Prof. Dr. Rudolf Minsch,
Chefökonom economiesuisse
Text: Prof. Dr. Rudolf Minsch
Der Kampf um gut Ausgebildete wird
sich verstärken
Die Nachfrage in der Schweiz nach qualifizierten Arbeitskräften wird weiter anhalten. Dem kann man
mit Massnahmen im Inland begegnen. Aber ausreichen wird dies nicht. Auch international werden
Hochqualifizierte knapper.
Wirtschaftsvertreter wurden während
der Debatten um die Zuwanderungsini-
tiativen immer wieder mit den gleichen
Vorwürfen konfrontiert: Der «Fachkräf-
temangel» entpuppe sich bei näherem
Hinsehen als Märchen, denn man wür-
de einfach das inländische Arbeitskräf-
tepotenzial zu wenig ausnützen. Doch
wie gross ist dieses inländische Potenzial
wirklich?
Tatsächlich ist auf den ersten Blick kaum
einzusehen, weshalb die Personalver-
antwortlichen vieler Unternehmen sich
über den ausgetrockneten Arbeitsmarkt
beklagen, während es die Arbeitslosen-
quote einfach nicht schafft, längerfristig
unter 3 Prozent abzutauchen. Es sind
mehrere sich überlagernde Prozesse, die
hier ihre Wirkung entfalten. Der erste ist
ganz offensichtlich die demografische
Entwicklung. Der Anteil der Menschen
im arbeitsfähigen Alter entwickelt sich im
Verhältnis zum Anteil der Rentenbezüger
seit Jahrzehnten ungünstig. Der grösste
Sprung steht uns aber noch bevor, wenn
in 10 bis 15 Jahren die «Babyboomer» 65
werden. In manchen Jahren werden über
50’000 Menschen weniger in den Arbeits-
markt einsteigen als ihn verlassen.
Die Nachfrage nach Arbeitskräften wird
aber mindestens ebenso stark befeuert
durch den Strukturwandel in der Schwei-
zer Wirtschaft. Von einem Industrie- und
Bankenland haben wir uns innert weni-
ger Jahrzehnte zu einem innovationsori-
entierten Forschungs-, Produktions- und
Dienstleistungsstandort entwickelt. Und
als solcher stehen wir heute nicht mehr
nur mit den benachbarten Wirtschafts-
räumen in Konkurrenz, sondern mit den
wettbewerbsfähigsten Standorten der
ganzen Welt. Das bleibt nicht ohne Fol-
gen für unseren Arbeitsmarkt. Gefragt
sind heute immer häufiger Expertinnen
und Fachleute mit vertieften Kenntnissen
in Spezialgebieten. Das gilt für die For-
schung und die Medizin ebenso wie für
das Ingenieurwesen oder die IT-Branche.
Ausreichend viele Menschen mit solchem
Knowhow auf dem Schweizer Arbeits-
markt zu finden, ist längst zum Ding der
Unmöglichkeit geworden. Auch die Hoch-
schulen benötigen vermehrt ausländische
Forscherinnen und Forscher, damit sie
international wettbewerbsfähig bleiben
und ihre hohe Qualität halten können.
Selbstverständlich gibt es noch brachlie-
gende Potenziale in der Schweiz. Durch
konstante Weiterbildung können Arbeit-
nehmende heute bis zur Pensionierung
«up to date» bleiben. Mit flexibleren Ar-
beitszeiten und Teilzeitmodellen lassen
sich gut ausgebildete Inländerinnen mit
Sicherheit noch stärker in den Arbeits-
markt einbinden. Und mit der Erhöhung
der Anzahl Ausbildungsplätze beispiels-
weise in den Informatikberufen oder an
den medizinischen Fakultäten kann dem
Mangel ebenfalls entgegengewirkt wer-
den. Ja, das alles muss die Schweiz, müs-
sen die Arbeitgeber noch ausgeprägter
tun als heute. Doch ausreichen wird es
nicht. Eine Studie, welche die Universität
Basel kürzlich im Auftrag von economie-
suisse und dem Schweizerischen Arbeit-
geberverbanddurchgeführthat,zeigtdies
klar: Selbst wenn wir das Inlandpotenzial
voll ausschöpfen, fehlen der Schweiz bei
halbwegs konstanter Entwicklung bis
2030 allein im Gesundheits- und Pfle-
gebereich 140’000 Arbeitskräfte, weitere
40’000 in den Ingenieurberufen, 30’000
in Unterricht und Bildung... die Reihe
liesse sich fast beliebig fortsetzen.
Solche Langfristprognosen sind natürlich
mit einer gehörigen Portion Vorsicht zu
geniessen, denn künftige Entwicklungen
wie die Innovation oder die Erhöhung der
Produktivität lassen sich nun mal nicht
voraussehen. Es kommt auch nicht auf
die genaue Zahl an. Dennoch kann mit
Fug und Recht gesagt werden, dass der
Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräf-
ten in der Zukunft eher steigen als sinken
wird. Und bei einem ausgeschöpften in-
ländischen Potenzial können nun mal
nur Zugewanderte diese Lücke füllen.
Die Migration ist auch die einzige Mass-
nahme, mit der die Alterungskurve der
Bevölkerung nachhaltig beeinflusst wer-
den kann.
Und weil sich immer mehr Länder be-
reits heute vor dieselbe Herausforderung
gestellt sehen, betrifft der Mangel an
Gutqualifizierten nicht nur die Schweiz.
Bereits ist der Kampf um Talente Realität.
Firmen und Hochschulen buhlen welt-
weit um die Besten. Und dieser Kampf
wird sich noch verstärken. Die Schweiz
hat gute Karten, denn sie ist attraktiv.
Wir tun gut daran, die gut ausgebildeten
Zuwanderer – und ihre Kinder – nicht zu
vergraulen, sondern weiterhin mit offe-
nen Armen zu empfangen.
26
Text: BaselArea
Attraktive Wirtschaftsräume ziehen
Fachkräfte an
Welche Standortfaktoren tragen zur Attraktivität eines Wirtschaftsraums bei?
Dazu einige Gedanken aus Sicht der Wirtschaftsförderung.
Die Wirtschaftsförderungsorganisa-
tion BaselArea unterstützt Firmen in
der Region Basel sich anzusiedeln. Die
Organisation begleitet rund 100 Fir-
mengründungen pro Jahr und leistet
mit dem Steuersubstrat, Investitionen
und circa 800 Arbeitsplätzen einen
wichtigen Beitrag zur regionalen Wert-
schöpfung.
Damit der Wirtschaftsstandort Basel
weiterhin im Wettbewerb mit anderen
Ländern und Regionen besteht und
für ansiedlungswillige Unternehmen
attraktiv bleibt, braucht es stabile Rah-
menbedingungen. Eine massgebliche
Voraussetzung ist der einfache und
schnelle Zugang zu Fachkräften die vor
Ort sind oder die die Möglichkeit haben,
sich rasch und einfach niederzulassen.
Die Schweiz zeichnet sich gegenüber
dem Ausland besonders dadurch aus,
dass sie über ein solides Bildungssys-
tem mit ausgezeichneten Universi-
täten und Fachhochschulen verfügt.
Zusätzlich sichert das duale Berufs-
bildungssytem mit der kombinierten
Lehrlingsausbildung und Berufsschule
den ausgebildeten Nachwuchs in tech-
nischen, sozialen und administrativen
Berufen. Die zentrale Lage der Schweiz
garantiert den Zugriff auf einen grossen
Talent-Pool. So pendeln im Dreilände-
reck Deutschland-Frankreich-Schweiz
täglich 70’000 Grenzgänger in die Regi-
on Basel zum Arbeiten.
Speziell im Bereich Life Sciences posi-
tioniert sich die Region mit ihren Fach-
kräften in der Champions-League. So
hat die Region Basel mit 27’600 hoch-
qualifizierten Mitarbeitenden einen
fünffach grösseren Talente-Pool als
Zürich oder Genf. Die von BaselArea
angesiedelte US Firma Abbott AG, wel-
che im pharmazeutischen Produkte-
bereich in 130 Ländern tätig ist und
weltweit 70’000 Mitarbeiter beschäf-
tigt, davon 800 in der Schweiz sagt
dazu: «Der Standort Basel hat meine
persönlichen und beruflichen Erwar-
tungen übertroffen. Das soziale und
berufliche Umfeld ist wirklich hervor-
ragend. Zusammen mit der dynami-
schen Umgebung der Pharmaindust-
rie sind dies die Schlüsselfaktoren, um
Talente aus dem In- und Ausland an
den Hauptsitz nach Basel zu holen.»
Mike Warmuth, Senior Vice President,
Established Products Division.In der
Medizintechnik sowie in der Logistik
kann die Region ebenfalls auf Spezi-
alisten zurückgreifen. Über 7’500 gut
ausgebildete Fachkräfte mit Kenntnis-
sen in der maschinellen Bearbeitung
von Materialien, dem Bau von CNC-
Maschinen oder elektronischen Kom-
ponenten tragen dazu bei, dass die
Region Basel in dieser Branche wett-
bewerbsfähig bleibt und ausländische
Investoren anzieht. Die Region Basel
ist zudem ein beeindruckender Logis-
tikcluster: 16’000 Mitarbeitende arbei-
ten hier in 990 Unternehmen, die ei-
nen zentralen Hub für Im- und Export
von wertschöpfungsintensiven Gütern
und Produkten bilden. Es ist für einen
Wirtschaftsstandort wie die Region
Basel entscheidend einen Fachkräf-
temangel in Zukunft zu verhindern -
ansonsten büsst die Wirtschaftsregion
bei ihrer Standortqualität beträchtlich
ein. Die Konsequenz wäre, dass sich
neue Unternehmen aus dem In- und
Ausland nicht mehr in unserer Ge-
gend niederlassen. Sie würden andere
Wirtschaftsräume mit besseren Bedin-
gungen und Fachkräften bevorzugen,
um ihre Investions- und Expansions-
pläne umzusetzen. Geschäftsführerin
der BaselArea, Iris Welten meint dazu:
«Firmen brauchen Fachkräfte, um im
Wettbewerb gegenüber Mitbewerbern
zu bestehen und ihre Existenz zu si-
chern. Ansiedlungswillige Unterneh-
men bereichern den Wirtschaftsraum,
ergänzen die Wertschöpfungskette
einer Region und steigern die Attrak-
tivität eines Wirtschaftsstandortes. Sie
tragen zu einer gesunden und diversi-
fizierten Wirtschaft bei und somit zur
Sicherung und zu Wachstum des Wohl-
stand einer Region.»
Iris Welten, Geschäftsführerin BaselArea
27
Text: metrobasel
Die Masseneinwanderungsinitiative –
mögliche Folgen für unsere Region
Die Schweizer Stimmbevölkerung nahm am 9. Februar 2014 knapp die Masseneinwanderungs-
initiative an – nun ist der Bund gefordert. Erste Auswirkungen sind in der Region Basel bereits
spürbar: Die Wirtschaft investiert zurückhaltender und hochqualifizierte Fachkräfte überlegen sich
gut, ob sie in die Region ziehen möchten.
metrobasel organisierte in Zusammen-
arbeit mit economiesuisse und dem Ar-
beitgeberverband Basel am 26. August
den Anlass zur Masseneinwanderungs-
initiative. Regula Ruetz, Direktorin von
metrobasel eröffnete die Veranstaltung.
Sie wies auf die möglichen Folgen der
Masseneinwanderungsinitiative (MEI)
für die Schweiz hin. Ohne Zuwanderung
und die über 65’000 Grenzgänger hätten
wir in den nächsten Jahren schlichtweg
zu wenige Fachkräfte, welche die Wirt-
schaft in unserer Region dringend benö-
tigt. Damit verspielten wir einen wich-
tigen Standortfaktor: die Verfügbarkeit
von hochqualifizierten Fachkräften. Die
Schweiz verliere so an Attraktivität, wel-
che unseren Wohlstand garantiert.
Barbara Gutzwiller, Direktorin des Ar-
beitgeberverbands Basel, forderte eine
Umsetzung der MEI mit Augenmass.
Kurzaufenthalter und Grenzgänger soll-
tennichtkontingentiertwerden,dennbe-
reitsheutebestehe einFachkräftemangel
ingewissenBerufen.VonseitenderPolitik
und der Wirtschaft müsse das Potential
von inländischen Arbeitskräften besser
genutzt werden. Dafür brauche es aber
eine Verbesserung der Vereinbarkeit von
Beruf und Familie sowie die Förderung
der älteren Mitarbeitenden.Yves Rossier,
Staatssekretär im EDA, stellte die Umset-
zungsstrategie des Bundesrates vor. Die-
ser strebe eine konsequente und rasche
Umsetzungan,eineschnelleEinigungmit
der EU sei jedoch nicht zu erwarten, da
für diese die Personenfreizügigkeit nicht
verhandelbar sei. Die Unsicherheit für
die Wirtschaft dauere somit noch an, es
sei ebenfalls nicht auszuschliessen, dass
durch die Umsetzung der MEI sogar die
Bilateralen Verträge fallen könnten. Dies
würde einen herben Rückschlag für die
Schweiz bedeuten.
Das anschliessende Podium leitete Mir-
jam Jauslin, Chefredaktorin a.i. von Te-
lebasel. Es nahmen Staatssekretär Yves
Rossier, Luzi Stamm, SVP-Vizepräsident
und Nationalrat, Prof. Dr. Rudolf Minsch,
Chefökonomvoneconomiesuisse,Pascal
Brenneisen, Vizepräsident von science-
industries switzerland, Hansjürg Dolder,
Leiter des Amt für Wirtschaft und Arbeit
Basel-Stadt, Dr. Werner Kübler, Direktor
des Universitätsspitals Basel und Eduard
Schmied, Präsident Bauunternehmer
Region Basel daran teil. Das Podium dis-
kutierte die bereits eingetretenen und
zu erwartenden Auswirkungen der Mas-
seneinwanderungsinitiative für die Wirt-
schaft und unsere Region.
DiedurchdieAnnahmederInitiativeent-
standene Unsicherheit zeige sich bereits
durch die Zurückhaltung der Wirtschaft
bei Investitionen. Insbesondere interna-
tional tätige Firmen würden sich genau
überlegen, ob sie an einem Standort, wo
allenfalls die notwendigen hochqualifi-
zierten Fachkräfte nicht erhältlich seien,
weiter Gelder investierten. Viele Mitar-
beitende in der Forschung, welche für
unseren Innovationsstandort von gröss-
ter Bedeutung ist, seien zudem verunsi-
chert, ob ihre Arbeitsplätze auch in Zu-
kunftgesichertseienoderobsieallenfalls
ins Ausland verlagert würden.
Mit Kontingenten, in welchen auch die
Grenzgängereingeschlossenwären,wür-
denimGesundheitswesenvieleFachkräf-
te fehlen – sowohl Ärzte als auch Pflege-
personal.
SVP-Nationalrat und MEI-Befürworter
Luzi Stamm war der Überzeugung, dass
der Schweiz keine grossen Schwierigkei-
ten entstünden, Fachkräfte ins Land zu
holen. Die vor der Annahme der Perso-
nenfreizügigkeit bis 2007 geltende Rege-
lung mit Kontingentierungen habe auch
funktioniert.DiePodiumsteilnehmenden
äusserten grosse Bedenken im Blick auf
die verträgliche Umsetzung der MEI für
Wirtschaft und Gesundheitswesen. Ob
und wie diese überhaupt umgesetzt wer-
den könne, zeige sich in den nächsten
Monaten.
Engagierte Podiumsdiskussion: die Teilnehmenden äusserten grosse Bedenken wie die Initiative
verfassungskonform und ohne grosse negative Folgen für die Wirtschaft umgesetzt werden kann
Staatssekretär Yves Rossier
28
Text: metrobasel
Wirtschaftsforum Fricktal 2014:
Strategien, Trends und Visionen
Das diesjährige Wirtschaftsforum Fricktal, welches jährlich in Zusammenarbeit mit metrobasel im
September veranstaltet wird, befasste sich mit Visionen für die Region. Wo wird das Fricktal im Jahr
2050 wirtschaftlich stehen und wie wird es aussehen?
In seiner Begrüssung ging der Gastgeber
und Stadtamman von Rheinfelden, Fran-
coMazzi,aufbereitsimFricktaleingeleite-
teVisions-undVeränderungsprozesseein.
Im anschliessenden Gespräch mit Mir-
jam Jauslin, stv. Chefredaktorin von
Telebasel, legte die Direktorin von me-
trobasel, Regula Ruetz, dar, welche so-
genannten «Megatrends» – langfristige,
globale Veränderungen auf uns zukom-
men, welchen Einfluss die Wissensge-
sellschaft und der technische Fortschritt
auf die Gesellschaft haben werden und
wie wir idealerweise wohnen, arbeiten
und die Freizeit verbringen werden. Sie
erläuterte, wie die metrobasel Vision
2050 entstanden ist und wie wir von un-
serer Vergangenheit aber auch von Kul-
tur und Umfeld geprägt werden. Alterna-
tive Wohnformen, Communities, Home
office, intelligentes Pendeln, teilen statt
besitzen, den Rhein alsVerkehrsader und
Freizeitraum nutzen sowie vermehrt In-
novation fördern, waren nur einige der
angesprochenen Zukunftsvisionen.
Der Zukunftsforscher Dr. AndreasWalker
ging in seinem Referat auf neue Arbeits-
formen ein und Peter Riebli, Leiter der
Syngenta-Werke Nordwestschweiz, zeig-
te auf, wie die Welt mit einer Bevölke-
rung von fast zehn Milliarden Menschen
im 2050 ernährt werden kann.
Die Podiumsteilnehmenden diskutierten
möglicheVisionen und Strategien. Regula
Ruetz und Dr. Andreas Walker betonten,
dass Megatrends auch im Fricktal spür-
bar seien, das Leben im 2050 aber nicht
komplett anders sein werde als heute. Ei-
nig waren sich die Teilnehmenden, dass
sich zwar nicht alles ändern werde, dass
aber bereits heute Weichen für die Zu-
kunft von morgen gelegt werden müssen.
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SIND AUCH:
29
Text: Regula Ruetz
metrobasel –
Rückblick und Ausblick
metrobasel Projekte 2014/2015 und das BEF Basel Economic Forum.
Ein Blick zurück
Die diesjährige metrobasel Generalver-
sammlung vom 28. April 2014 durften
wir auf Einladung des CEO Ralph Hei-
nisch am Hauptsitz der Weleda AG in
Arlesheim durchführen. Seit Gründung
von metrobasel hatte Dr. Ingrid Duplain
während sieben Jahren denVerein präsi-
diert.NungabsiedasPräsidiumanihren
Nachfolger, Dr. Uwe Böhlke ab. Die Mit-
glieder verabschiedeten sie mit einem
warmen Applaus und hiessen Böhlke
als neuen Präsidenten herzlich willkom-
men. Sämtlichen Anträgen wurde zuge-
stimmt. ImAnschlussandieordentliche
GV informierte Andreas Sommer, CCO
vonWeleda,dieTeilnehmendenüberdas
Unternehmen Weleda und dessen Arz-
neimittel und Naturkosmetikprodukte.
Die Gäste durften nach einer Führung
durch den aussergewöhnlichen Pro-
duktionsbetrieb einen ausgezeichneten
Apéro riche geniessen, anregende Ge-
spräche führen, Netzwerke pflegen und
am Schluss eine grosszügig mit Weleda-
ProduktengefüllteTaschemitnachHau-
se nehmen.
Anlass zur Masseneinwanderungs-
initiative
Nach der Annahme der Masseneinwan-
derungsinitiative vom 9. Februar 2014
hat metrobasel einen Anlass zur Umset-
zung dieser Initiative und der Strategie
des Bundes initiiert und organisiert. Der
Anlass wurde von economiesuisse und
demArbeitgeberverbandBaselengagiert
unterstützt. Die drei Organisationen
wollten im Hinblick auf die Ecopop-In-
itiative aufzeigen, wie wichtig ausländi-
sche Fachkräfte für unsere Region sind.
StaatssekretärimEDAundChefdiplomat
der Schweiz, Yves Rossier, äusserte sich
in seinem Referat und auf dem Podium
offen zum Verhandlungsspielraum der
Schweiz. Mehr dazu lesen Sie auf Seite
27 dieses reports.
Monitoring
metrobasel ist zurzeit daran, ein Moni-
toring zu allen bisherigen metrobasel
Studien zu erstellen. Damit möchten wir
unsere Arbeit auf deren Wirkung im Ziel
überprüfenaberauchaufzeigen,wosich
seitunserenEmpfehlungenetwasverän-
derthatundwennja,inwelcheRichtung,
oder wo noch Handlungsbedarf besteht.
Diese grössere Arbeit werden wir im
nächstenJahrfinalisierenundvorstellen.
Erfolgreiches erstes BEF Basel
Economic Forum
Am 17. November 2014 fand das erste
BEF Basel Economic Forum statt. Das
BEFwurdevonmetrobasel2013initiiert,
geplant, organisiert und zusammen mit
dem Arbeitgeberverband Basel veran-
staltet. Das diesjährige Forum befasste
sichmitdemFachkräftebedarfundFach-
kräftemangel. Hochkarätige Referenten
und Podiumsteilnehmende gingen in
ihren interessanten Ausführungen auf
gesellschaftliche, wirtschaftliche und
politische Fragen ein und äusserten
sich zu möglichen Lösungsvorschlägen.
Mehr dazu auf den Seiten 10 – 17.
Beirat
metrobasel ist es gelungen, einen hoch-
karätigen Beirat ins Leben zu rufen. Die-
ser bringt wissenschaftliches Know-how
ein, innovatives Denken und ein gro-
sses Wissen zu den Herausforderungen
der Region. Der Beirat liefert Impulse
für kommende Studien und Projekte,
welche von metrobasel realisiert wer-
den sollen.
Projekte 2015
Mit unseren Partnern und demVorstand
wird diskutiert, wie wir die verschiede-
nenvomBeiratvorgeschlagenenProjek-
teumsetzensollen.EingrösseresProjekt
befasst sich mit dem Thema «aging»,
dem sich ebenfalls das zweite BEF Basel
Economic Forum vom November 2015
widmen wird: www.baseleconomicfo-
rum.ch. Zudem werden wir ein sehr ak-
tuelles Thema rund um die Bilateralen
VerträgemitderEUaufnehmenundeine
breite Umfrage dazu starten.
Auch werden wir uns wiederum mit
den Standortfaktoren der Subregionen
von metrobasel befassen und selbst-
verständlich werden die Mitglieder und
Partner von metrobasel auch im kom-
menden Jahr zu verschiedenen interes-
santen Anlässen eingeladen sowie über
Newsmails zu den Aktivitäten von met-
robasel informiert.
Ihre Meinungen, Inputs und Ideen sind
uns wichtig. Bringen Sie sich bei metro-
basel ein und unterstützen Sie damit die
Bestrebungen von metrobasel, dass un-
sere Region auch in Zukunft wirtschaft-
lich erfolgreich sein wird und die hohe
Lebensqualität erhalten bleibt!
Regula Ruetz, Direktorin metrobasel
30
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welche Standortfaktoren für den Wohlstand unserer Region entscheidend sind und welche Veränderungen angestossen wer-
den müssen. Um darzulegen, welchen Herausforderungen wir uns stellen müssen, erarbeitet metrobasel Studien, veranstaltet
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metrobasel, Aeschenvorstadt 4, 4051 Basel
Konto 40-000061-4
BIC: BKBBCHBBXXX
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metrobasel report 2014

  • 1. report 2014 Fachkräftebedarf und Fachkräftemangel  BEF Basel Economic Forum 2014  Anlass zur Masseneinwanderungsinitiative ©ruwebakommunikationag
  • 2. Coop erhielt den der Hans Huber Stiftung zur Förderung der beruflichen Ausbildung. Grossen Preis der Berufsbildung 2013 Für eine Zukunft mit mehr Chancen. Chantal W. (18), Lernende Kauffrau Für eine Ausbildung bei Coop gibts für mich 3 gute Gründe. • Coop bietet Abwechslung in einem spannenden Arbeitsumfeld • Ich werde während der Grundbildung sehr gut betreut • bietet verschiedene Personalangebote und Vergünstigungen Finde deine Gründe unter www.coop.ch/grundbildung Interpharma Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz Petersgraben 35, Postfach, CH-4009 Basel Telefon +41 (0)61 264 34 00, www.interpharma.ch Aktuelle News zu den Themen Lebensqualität, Forschung, Volkswirtschaft und Partnerschaft unter newsroom.interpharma.ch Wissen ist unser Rohstoff, die Forschung unsere Basis – darauf baut unser Erfolg
  • 3. 3 Inhalt 4 Zusammen an der Zukunft bauen – Johann N.Schneider-Ammann, Bundesrat 5 Arbeitskräfte und älter werdende Gesellschaft –Winfried Kretschmann,Ministerpräsident Baden-Württemberg 6 Vorworte der Regierungsräte Christoph Brutschin, BS; Dr. Urs Hofmann, AG;ThomasWeber, BL 9 Fachkräfteallianz Südwest – Marion Dammann,Landrätin Landkreis Lörrach 10 BEF Basel Economic Forum zu Fachkräftebedarf und Fachkräftemangel 18 Was können Unternehmen gegen Fachkräftemangel tun? – Barbara Gutzwiller,Arbeitgeber Basel 19 Bildung undWissen als Eckpfeiler der Schweizer Innovationskraft – Thomas Cueni,Interpharma 20 Auch der Detailhandel ist gefordert! – Nadine Gembler,Coop 21 Der Fachkräftemangel ist hausgemacht – Dr.h.c.Rudolf Strahm 22 ICT-Fachkräftemangel betrifft alle Branchen – Andreas Kaelin,ICTswitzerland 23 Das Gesundheitswesen steht vor personellen Herausforderungen – Hans Zeltner,Vereinigung Nordwestschweizerischer Spitäler 24 Fachkräfteinitiative: nötig, aber limitiert in derWirkung – Dr.Patrik Schellenbauer,Avenir Suisse 25 Der Kampf um gut Ausgebildete wird sich verstärken – Prof.Dr.Rudolf Minsch,economiesuisse 26 AttraktiveWirtschaftsräume ziehen Fachkräfte an – IrisWelten,BaselArea 27 Masseneinwanderungsinitiative und mögliche Folgen für unsere Region – metrobasel 28 Wirtschaftsforum Fricktal 2014 29 metrobasel: Rückblick und Ausblick – Regula Ruetz,metrobasel 30 Werden Sie Mitglied 31 metrobasel: Partner, Beiräte undVorstand Werden Sie Mitglied von metrobasel Der Verein metrobasel als Plattform, Stimme und Akteur für die metropolitane ­Region Basel steht allen offen. Einwohnerinnen und Einwohner, Unterneh- men, ­Verbände und Vereine, Gemeinden und weitere Gebietskörperschaften sind willkommen und können sich engagieren. Weitere Informationen finden Sie auf Seite 30. Impressum Der metrobasel report 2014 erscheint als Beilage in der bz Basel + bz Basellandschaftliche Zeitung (Grossauflage), Neue Fricktaler Zeitung und Gazette de la région (Delémont). Er wird in der Metropolitanregion Basel durch zusätzliche Direktverteilung der Distriba, im Landkreis Lörrach durch die Badische Zeitung und im Elsass durch Mediapost verteilt. Druckauflage: ca. 301’000 Exemplare. Geschäftsstelle Aeschenvorstadt 4, Postfach, 4010 Basel Tel. + 41 (0) 61 272 11 44 office@metrobasel.org www.metrobasel.org Redaktion, Realisation und Inserate ruweba kommunikation ag, Riehen Übersetzungen: dialogos, Regina Strübe und François Morel-Fourrier, Freiburg (D) Druck: Swissprinters AG, Zofingen
  • 4. 4 Johann N. Schneider-Ammann Bundesrat Die Schweiz und insbesondere dieWirtschaft stehen vor grossen Herausforderungen. Das Ja des Schweizer Stimmvolkes zur Masseneinwanderungs- Initiative und damit zur Steuerung der Zuwanderung wird uns noch einige Zeit beschäftigen. Im Metropolitanraum Basel wird man die Auswirkungen besonders aufmerksam verfolgen. Das De- partement fürWirtschaft, Bildung und Forschung WBF setzt alles daran, dem drohenden Fachkräf- temangel mit wirksamen Mass- nahmen zu begegnen. Die Arbeitswelt befindet sich in einer tiefgreifenden Umwälzungsphase. Das bringt Risiken mit sich, aber auch vielfältige Chancen. Die unaufhaltsamen Wandlungsprozesse wie die demogra- fische Alterung, der Strukturwandel und der Fortschritt in der Produktionstech- nologie entfalten gemeinsam eine Dy- namik, welche sich durch die grenzüber- schreitenden Auswirkungen zusehends beschleunigt. Es ist einleuchtend, dass bereits der Versuch, sich diesen Entwicklungen zu entziehen, zum Scheitern verurteilt ist. Der wachsende Fachkräftebedarf zeugt davon. Nicht nur die Schweiz ist betroffen, sondern ebenso unsere Nach- barländer. Angesichts der wachsenden Turbulenzen auf dem Arbeitsmarkt müssen Gesellschaft,Wirtschaft und Po- litik gemeinsam handeln. Nur so können die sich bietenden Chancen bestmög- lich genutzt werden. Im Metropolitan- raum Basel sind solche Möglichkeiten besonders gut erkennbar. Dank dem direkten Kontakt zu zwei der bedeu- tendsten EU-Mitgliedsstaaten ergeben sich unmittelbareWechselwirkungen. Dabei wird offensichtlich: Zur Behebung des drohenden Fachkräftemangels sind nicht nur innovative Arbeitszeiten-, Qualifizierungs- und Entlöhnungsmo- delle gefragt, sondern auch neueWege der Mitarbeitergewinnung und Perso- nalführung, mehr Chancengleichheit für Frauen sowie eine bessere Berücksichti- gung der älteren Mitarbeitenden, deren Zahl stetig zunimmt. Nur so lässt sich die Zukunft der Arbeit positiv gestalten. Auf der einen Seite stehen die Unter- nehmen in der Pflicht, sich den neuen Herausforderungen auf dem Arbeits- markt zu stellen, wenn sie ihren wirt- schaftlichen Erfolg wahren wollen. Auf der anderen Seite wird von den Arbeit- nehmenden ein hohes Mass an Eigen- verantwortlichkeit in den Bereichen Aus- undWeiterbildung erwartet. Dies erfordert die Bereitschaft, immer wieder in neue und bessere Qualifikationen zu investieren. Um die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, hat dasWBF in Zusam- menarbeit mit den Kantonen und den Sozialpartnern die Fachkräfteinitiative lanciert. Diese soll dazu verhelfen, die Fachkräftenachfrage vermehrt durch in der Schweiz wohnhafte Personen abzudecken, indem die bestehenden Potenziale besser ausgeschöpft und die Produktivität gesteigert werden. Eine höhere Produktivität soll durch die kontinuierliche Nach- und Höherquali- fizierung der Erwerbstätigen und durch Innovationen erreicht werden. Das intensivere Ausschöpfen des Potenzials von Frauen und älteren Arbeitneh- menden soll hingegen soweit als mög- lich eine quantitative Kompensation des Fachkräfterückgangs ermöglichen und damit die Abhängigkeit von der Zuwan- derung reduzieren. Zusammen an der Zukunft bauen Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF
  • 5. 5 Der Fachkräftemangel ist in Baden- Württemberg kein Zukunftsszenario mehr, sondern bereits Realität und macht sich vor allem in technischen Bereichen bemerkbar: Der Fachkräfte- monitor der baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern kon- statiert, dass derzeit 146.000 dual ausge- bildete technische Facharbeiter, 20.000 Ingenieure und 3.000 Informatiker fehlen. Und auch im nicht-technischen Sektor wird händeringend nach qualifi- ziertem Personal gesucht: So fehlen uns bereits jetzt rund 5.000 Pflegefachkräfte. Und dieser Mangel wird ab 2020 – wenn wir nicht aktiv dagegen vorgehen – durch den demographischen Wandel weiter verstärkt werden. Denn dann gehen die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Für das Exportland Baden-Württemberg ist eine internatio- nale Ausrichtung daher nicht nur unter dem Gesichtspunkt von Absatzmärkten bedeutend, sondern insbesondere auch was Fachkräfte angeht. Denn um eine langfristige Fachkräftesicherung zu er- reichen, haben sich die Landesregierung und alle in der Fachkräfteallianz organi- sierten Partner unter anderem auch die Förderung qualifizierter Zuwanderung auf die Fahnen geschrieben. Mit zehn regionalen und einem lan- desweiten Welcome Center, die ein- reisenden Fachkräften beispielsweise bei der Wohnungsvermittlung und bei Behördengängen helfen sollen, wollen wir einen wichtigen Beitrag zu einer echten Willkommenskultur in Baden- Württemberg leisten. Denn nur wenn sich die zu uns kommenden Fachkräfte wohl-, wertgeschätzt und zu Hause füh- len, werden sie auch dauerhaft bei uns leben wollen. Die Landesregierung hat daher den Aufbau der Welcome Cen- ter 2014 mit rund zwei Millionen Euro unterstützt. Ein zentraler Baustein unserer Anstren- gungen für eine gelebte Willkommens- kultur in Baden-Württemberg ist, dass die Landesregierung gleiche Teilha- bechancen für alle bei uns lebenden Menschen schafft. Es darf beispiels- weise nicht länger sein, dass Kinder mit Migrationshintergrund in unserem Bildungssystem auf der Strecke bleiben. Wir reformieren daher unser Schulsy- stem, damit junge Menschen – ganz gleich welcher Herkunft – ihre Potentiale und Talente entfalten können. Chancen- gerechtigkeit an unseren Schulen und in unserer Gesellschaft muss zu einer selbstverständlichen Realität werden. Mit der Schweiz haben wir einen wirtschaftsstarken Nachbarn vor der Haustüre, der vor ähnlichen Problemen steht. Auch hier ist der Fachkräftemangel in vielenWirt- schaftszweigen weitverbreitet. Die knappe Entscheidung des Schwei- zer Stimmvolks zugunsten der «Masseneinwanderungsinitiative» könnte diese Situation sogar noch verschärfen, da sie die Personen- freizügigkeit von Grenzgängern einzuschränken droht. Als über- zeugter Europäer undVerfechter der Personenfreizügigkeit sehe ich diese Entwicklung mit Sorge. Das Ergebnis dieses Volksentscheids ist aber ganz sicher kein Grund, die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Schweiz in Frage zu stellen. Wir wollen uns vielmehr weiterhin in direkten Ge- sprächen mit unseren schweizerischen Kolleginnen und Kollegen austauschen, uns aber auch in grenzüberschreiten- den Gremien wie der Oberrheinkonfe- renz, der Hochrheinkommission, der Internationalen Bodenseekonferenz sowie der Trinationalen Metropol- region Oberrhein für den Erhalt der Freizügigkeit einsetzen. Denn mit Blick auf die in weiten Teilen Europas hohe Arbeitslosigkeit und insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit bietet gerade die Personenfreizügigkeit hervorra- gende Perspektiven. So zum Beispiel am Oberrhein: Baden-Württemberg und das Elsass haben deshalb zusam- men mit zahlreichen Partnern aus Wirtschaft und Verwaltung 2013 eine Rahmenvereinbarung über die grenz- überschreitende Berufsausbildung abgeschlossen. Auszubildenden aus dem Oberrhein- gebiet eröffnet sich damit die Möglich- keit, den theoretischen Teil ihrer dualen Ausbildung im Heimatland und damit auch in der Muttersprache, und den praktischen Teil im Nachbarland zu absolvieren. So können wir gleichzeitig die künftigen Grenzgänger ausbilden und die Vorteile des bewährten dualen Ausbildungsmodells für den Oberrhein nutzen. Ein Modell, das sicherlich auch für die Schweiz funktionieren könnte. Arbeitskräftemangel und älter werdende Gesellschaft Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg
  • 6. 6 Regierungsrat Christoph Brutschin Vorsteher Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt Die Region Basel ist ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort. Die Branchen- struktur zeichnet sich aus durch einen hohen Anteil an Unternehmen in Regierungsrat Dr. Urs Hofmann Vorsteher DepartementVolkswirtschaft und Inneres DerVolksentscheid vom 9. Februar 2014 zur Masseneinwanderungsinitia- tive markiert eine grundlegende Zäsur. Konnte dieWirtschaft ihren Fachkräf- temangel bislang unbürokratisch auf dem europäischen Binnenmarkt behe- ben, soll nun die Politik fixe Kontingente innovativen, zukunftsträchtigen und globalisierten Tätigkeitsfeldern, welche einem starken internationalen Wettbe- werb ausgesetzt sind. Die Life-Sciences- Industrie als herausstechendes Beispiel weist mehr als 23’000 Arbeitsplätzen auf – zum grössten Teil für gut qualifizierte Arbeitskräfte. Damit das überdurch- schnittliche Wertschöpfungspotenzial dieser Branchen über die nächsten Jah- re und Jahrzehnte erhalten und gezielt weiter entwickelt werden kann, sind die Unternehmen auf den Zugang zu gut qualifizierten Fachkräften angewiesen. Die Liberalisierung der Personenfreizü- gigkeit hat im Kanton Basel-Stadt we- sentlich zum Wirtschaftswachstum der letzten Jahre beigetragen. Die Firmen konnten und können die erforderlichen Arbeitskräfte ungehindert auf dem europäischen Markt rekrutieren, sie waren aber ergänzend darauf angewie- sen, weitere Fachkräfte und Kaderleute der eigenen Firma aus der ganzen Welt vorgeben. Der Ball liegt derzeit beim Bund. Noch ist ungewiss, wie die Be- schränkung der Zuwanderung per Ge- setz geregelt werden soll. Doch bereits klar ist, dass auch Grenzgängerinnen und Grenzgänger von der Neuregelung betroffen sein werden. Auf die Metro- politanregion Basel im Dreiländereck hat die Umsetzung der Initiative grosse Auswirkungen. Die Einschränkung der grenzüberschreitenden Mobilität würde der wirtschaftlichen Entwicklung in den grenznahen Nordwestschweizer Kan- tonen und Gemeinden einen starken Dämpfer versetzen. Das aargauische Fricktal hat sich zu einer sehr dynamischenWirtschaftsregi- on entwickelt. Standortfaktoren wie die gute Infrastruktur, die hohe Lebensqua- lität und die steuerliche Attraktivität sind dafür mitverantwortlich. Doch struktur- bedingt hat es hier zu wenig hochquali- fizierte Arbeitskräfte, es herrscht grosser Fachkräftemangel. Deshalb passieren nach Basel zu holen. Dies führte auch dazu, dass der Bedarf an kontingen- tierten Arbeitsbewilligungen für Dritt- staatsangehörige in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Die Umsetzung der Masseneinwan- derungsinitiative und die kommende demografische Entwicklung drohen nun die Weiterentwicklung der hiesigen Firmen zu bremsen. Der Regierungs- rat des Kantons Basel-Stadt setzt sich daher sehr dafür ein, dass als erstes das inländische Potenzial noch besser ausgeschöpft wird, dass aber auch die Personalrekrutierung aus dem Ausland in gutem Umfang möglich bleibt. Den Weiterbestand des Personenfreizügig- keitsabkommens erachtet er als zen- trales Element davon. Ferner müssen allfällige Kontingente insbesondere auch für Grenzgängerinnen und Grenz- gänger, so ausgestaltet werden, dass der Bedarf an Fachkräften ergänzend durch die Anstellung von Personen aus dem Ausland gedeckt werden kann. rund 13’000 ausländische Beschäftigte täglich die Fricktaler Rheingrenze. Die geplante Beschränkung der Grenz- gängerinnen und Grenzgänger wird unweigerlich das Investitionsklima hemmen – sowohl bei den Grossun- ternehmen als auch bei den KMU. Aus diesem Grund hat die Nordwestschwei- zer Regierungskonferenz bereits im Juni 2014 den Bundesrat aufgefordert, den besonderen Bedürfnissen unserer Wirtschaftsregion so weit wie möglich Rechnung zu tragen. Bis Höchstzahlen und Kontingente definitiv eingeführt werden, bleibt uns noch etwas Zeit.Verhindern müssen wir auf alle Fälle, dass beim Aushandeln der Kontingente die einzelnen Kan- tone oder Branchen gegeneinander ausgespielt werden. Dies würde unsere Bemühungen der letzten Jahrzehnte gefährden, den Metropolitanraum Basel nachhaltig und gemeinsam dynamisch zu gestalten. Fachkräfterekrutierung – eine Herausforderung für die Region Basel Paradigmenwechsel auf dem Arbeitsmarkt
  • 7. 7 Regierungsrat ThomasWeber Vorsteher der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion Basel-Landschaft 2030 fehlen der Schweiz so viele Gesundheitsfachleute wie heute in der stationären Versorgung arbeiten. Die Stiftung Careum, die sich zukunfts- orientiert mit Fragen der Bildung und Systementwicklung im Gesund- heitswesen beschäftigt, kommt zum Schluss: Die Schweiz muss in den nächsten 20 Jahren bis zu 190’000 neue Arbeitskräfte im Gesundheitswesen rekrutieren. Der Personalbedarf in Alters- und Pflegeheimen dürfte am stärksten zunehmen. Welche Faktoren beeinflussen die Annahmen: • demografische Entwicklungen (mehr Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf). • höheres Durchschnittsalter bei den Pflegenden mit vielen Pensionierungen in den nächsten fünf bis zehn Jahren. • geburtenschwache Jahrgänge, die die Ausbildungszahlen reduzieren. • erschwerter Zugang aus dem Ausland aufgrund von zu erwartenden Kontingenten. Careum ortet drei Hauptursachen: Pensionierungen, Drop-outs (Berufs- aussteiger) und die erhöhte Nachfrage. Lösungsansätze finden sich auf mehreren Ebenen. Im Bildungsbereich wäre es sinnvoll, die Ausbildungen auf den enormen Bedarf auszurichten und mehr Generalistinnen und Genera- listen auszubilden. Der Trend zu immer stärkerer Spezi- alisierung und Fragmentierung der Berufsbilder muss gebrochen wer- den. Gefragt sind auch neue, besser integrierte Formen der ambulanten Versorgung. Zudem sollten wir den Wiedereinstieg erleichtern und die Zufriedenheit des Personals erhöhen. Das Potential der älteren Arbeitskräf- te kann noch besser genutzt werden. Um die Attraktivität der Berufe im Pflegebereich zu erhöhen, sollten die Institutionen vermehrt flexible Arbeits- zeiten anbieten. Durch eine aktive und systematische Gesundheitsförderung kann der Pflegebedarf gesenkt werden. Mir ist es wichtig, dass die eigenverant- wortlichen Gesundheitskompetenzen der Bevölkerung entwickelt werden und damit die Selbständigkeit auch der älteren Menschen so lange als möglich erhalten bleiben. Versorgungslücke noch grösser als angenommen Wir danken den folgenden Unternehmen für ihre Unterstützung:
  • 8. Mehr über uns und unsere Produkte unter www.energiedienst.dewww.lonza.com LonzazähltzudenweltweitführendenAnbieternvonProdukten und Dienstleistungen für Pharma-, Gesundheits- und Life- Sciences-Unternehmen und ist mit ihrem Hauptsitz in Basel stark im Metropolitanraum Basel verankert. Näher als Sie denken Lonza AG, Münchensteinerstrasse 38, 4002 Basel, Schweiz Tel +41 61 316 81 11 – info@lonza.com
  • 9. 9 Auch in unserer Region werden Fach- kräfte knapper; nicht nur wegen der de- mographischen Entwicklung, sondern vielmehr infolge des stabilen konjunk- turellen Wachstums. Unsere Region hat eine der niedrigsten Arbeitslosenquo- ten Deutschlands und steht ähnlich wie die Kantone der Nordwestschweiz an der Grenze zur Vollbeschäftigung. Der Landkreis Lörrach ist durch eine großeVielfalt gekennzeichnet: im Land- kreis Lörrach leben ca. 25.000 Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit aus über 130 verschiedenen Herkunftslän- dern. Rechnet man weitere Personen mit Migrationshintergrund wie z.B. be- reits Eingebürgerte hinzu, so werden die Zahlen der zugezogenen Menschen wesentlich höher. Das Erwerbsper- sonenpotenzial im Dreiländereck wächst stets durch Zuwanderung und kompensiert somit negative demo- graphische Effekte. Die Wirtschafts- struktur unseres Landkreises ist von wenigen Großunternehmen sowie zahl- reichen KMU geprägt. Insgesamt tragen im Landkreis Lörrach fast 6.000 Betrie- be zum wirtschaftlichen Wachstum bei. Diese haben zunehmend Probleme bei der Fachkräftegewinnung. Dabei stellt der Wettbewerb um Fach- kräfte mit der Schweiz eine besondere Herausforderung dar. Zur Verbesse- rung dieser Situation wurde 2013 die Fachkräfteallianz Südwest von den Landkreisen Lörrach und Waldshut sowie 21 weiteren Partnern wie der Arbeitsagentur, Kommunen, Staat- lichem Schulamt, Kammern, der Kreishandwerkerschaft, einigen Ge- werkschaften, der Wirtschaftsför- derung Südwest gegründet. Sie koordiniert regionale Aktivitäten zur Gewinnung und Qualifizierung von Fachkräften und versteht sich als Aus- tauschforum. Derzeit bearbeitet die Fachkräfteal- lianz Südwest mit drei Projektgrup- pen relevante Schwerpunkte. Diese beinhalten z.B. die Förderung einer Willkommens- und Anerkennungs- kultur, die Ermöglichung einer stär- keren Teilhabe von Migrantinnen und Migranten auf dem Arbeitsmarkt, die Fachkräftegewinnung aus dem In- und Ausland sowie die Gestaltung der Übergangsphase zwischen Schule und Beruf. Für die kommenden Jahre ste- hen weitere Themenbereiche wie die Steigerung der Frauenbeschäftigung, die Nutzung des Potenzials Älterer und die Weiterbildung Geringqualifizier- ter im Mittelpunkt der Überlegungen. Durch eine aktive Öffentlichkeitsarbeit spricht die Fachkräfteallianz Südwest nicht nur Unternehmen, sondern auch Bürgerinnen und Bürger an, welche sich auch unter www.fachkräfteallianz-süd- west.de informieren können. Die Stärke der Allianz liegt im Netzwerk der Partner und dem gemeinsamen, koordinierten Engagement, Fachkräfte für die Region zu gewinnen. Eine starke Partnerschaft: Fachkräfteallianz Südwest Eine regionale Allianz der Landkreise Lörrach und Waldshut um dem Fachkräftebedarf in unserer Region gerecht zu werden. Text: Marion Dammann Marion Dammann, Landrätin Lörrach
  • 10. 10 Das Basel Economic Forum, kurz BEF, ist das Wirtschaftsforum für die Metro- politanregion Basel. Das BEF wurde 2013 vom Think Tank metrobasel initiiert und erstmals im November 2014 veranstaltet. Das jährlich stattfindende Wirtschafts- forum soll einen Wissensaustausch er- möglichen, neue Impulse setzen und den Austausch zwischenWirtschaft,Wis- senschaft, Politik, Verbänden und Bevöl- kerung fördern. Am BEF sollen aktuelle und für die Region relevante Themen aufgenommen, beleuchtet und diskutiert werden. Das BEF Basel Economic Forum wird je- weils von metrobasel organisiert. Träger des erstmals durchgeführten Anlasses zumThema «Fachkräftebedarf und Fach- kräftemangel» sind der Arbeitgeberver- band Basel und metrobasel. «Der Wohlstand unserer trinationalen Metropolitanregion basiert zu einem grossen Teil auf der Verfügbarkeit von hoch- und gut qualifizierten Fachkräf- ten», brachte metrobasel Direktorin Re- gula Ruetz die Aktualität des Themas bei ihrer Begrüssung der BEF-Teilnehmen- den im Stadtcasino Basel auf den Punkt. InsbesonderedieinderRegionansässigen exportorientierten Branchen wie die Life Sciences, die Chemie, die Finanzbranche, die Logistik und Investitionsgüterindust- rie sind auf diese Fachkräfte angewiesen. Diese Unternehmen tragen nicht nur einen grossen Anteil zum Bruttoinland- produkt der Schweiz bei; sie bieten auch eine hohe Anzahl an Arbeitsplätzen in der Region an. Aber nicht nur die global tätigen Unternehmen sind auf Fachkräfte angewiesen, auch die Universitäten und Lehrinstitutionen, das Gesundheitswe- sen, die Baubranche, und viele KMUs kämen ohne diese Fachkräfte nicht aus. In seiner Videobotschaft richtete Bun- desrat Johann Schneider-Ammann einen Appell an die Schweizer Unternehmer: «Helft mit unser Land offen zu halten!» Der Wirtschaftsminister äusserte sich entsprechend klar, dass es die Zuwande- rungvonqualifiziertenArbeitnehmenden brauche. Es gelte gleichzeitig aber auch, hiesige Potenziale zu identifizieren, um einen guten Teil der Fachkräfte für die Zukunft selbst aufzubauen. Dazu nannte er vier Bereiche, in denen der Bundesrat Handlungsbedarf sieht: 1. in der gezielten Aus- undWeiter- bildung der einheimischen Arbeitskräfte 2. bei derVerbesserung derVerein- barkeit von Beruf und Familie und damit verbunden der Erhöhung des Arbeitspensums teilzeitarbeitender Personen 3. bei derWeiterführung der Erwerbstätigkeit bis zum Pensions- alter und darüber hinaus 4. bei der Innovation, welche die Schweiz fördern muss Die Schweiz besitzt dafür bereits hervor- ragende Voraussetzungen, stellte Gross- ratspräsident Christian Egeler in seiner Grussbotschaft im Namen der Stadt Basel fest. Um dem Fachkräftemangel in Zu- kunft verstärkt aus eigener Kraft heraus zu begegnen, müsse jedoch unser dua- les Bildungssystem unbedingt gestärkt werden. Denn politische Störfeuer wie Mas- seneinwanderungs- und Ecopop-In- itiative machen die Rekrutierung von Arbeitskräften im Ausland nicht leichter, ermahnte Teddy Burckhardt, Vizepräsi- dent des Arbeitgeberverbands Basel. Fachkräftemangel – eine enorme Herausforderung für die Region Der Fachkräftemangel ist in der Schweiz eine grosse Herausforderung, welche sich in Zukunft verstärken wird. metrobasel und der Arbeitgeberverband Basel widmeten dem Thema am 17. November das erste Basel Economic Forum (BEF). Dabei wurde der Fachkräftemangel umfassend beleuchtet und Lösungen präsentiert. Text: Valentin Ade Regula Ruetz, Direktorin metrobasel Christian Egeler, Grossratspräsident, Kt. BS Bundesrat Johann N. Schneider Ammann
  • 11. 11 Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Bonn 2012 Burckhardt ging über den Fachkräfte- mangel hinaus und konstatierte, dass wir mit Blick auf die kommenden Jahre grundsätzlich einen Arbeitskräftemangel haben werden. Doch gab er sich auch zu- versichtlich: «Selbst wenn der Fachkräf- temangel bereits Realität ist, könnte die- ser mit überlegter Bildungspolitik und sensibler Zuwanderungspolitik in den nächsten Jahren nachhaltig abgewendet werden.» Der demografische Wandel Nicht nur in unserem Land sieht sich die Gesellschaft dem Problem des Fach- kräftemangels ausgesetzt. Unser nördli- cher Nachbar Deutschland steht vor der gleichen Herausforderung, nur in einer viel grösseren Dimension. Der BEF- Keynotespeaker, Professor Dr. Dr. h.c. Joachim Möller, beschäftigt sich seit Jah- ren auf wissenschaftlicher Basis mit der Thematik. Der Direktor des Instituts für «Volkswirtschaften gewinnen durch Einwanderung, insbesondere durch Einwanderung von qualifizierten Fach- kräften.DerAufbau von Barrieren wäre rückwärtsgewandt und verkennt die Fachkräftesicherung als eines der wich- tigsten Zukunftsprobleme. Die Schweiz würde sich und ihrer dynamischen Wirtschaftsentwicklung auf groteske Weise selbst Schaden zufügen.» Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Möller Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Forschungseinrichtung der Bunde- sagentur für Arbeit in Nürnberg zeigte die Auswirkungen der älter werdenden Gesellschaft für Deutschland in den nächsten Jahren auf. «Demografie ist schlimmer als die Pest», zeichnete Möl- ler einen dramatischen Vergleich.Wofür die Pest ein Jahrhundert gebraucht hat- te, schafft die Demografie innerhalb nur einer Generation: Die Auslöschung eines Drittels der arbeitsfähigen Bevölkerung. Die Arbeitskraft der geburtenstarken Jahrgänge der 50er- und 60er-Jahre wird in den kommenden Jahren nicht adäquat ersetzt. 1,3 bis 1,4 Geburten pro Frau im Durchschnitt seit Jahrzehnten reichen nicht aus, um eine Bevölkerung konstant zu halten. Durch eine gleichzeitig linear wachsende Lebenserwartung (zurzeit: 78 Jahre für Männer und 83 Jahre für Frau- en) altert die Gesamtgesellschaft zudem kontinuierlich. Dadurch werden in den kommenden Jahren nicht nur die Sozial- systeme unter Druck geraten. Es besteht zudem auch die Gefahr, dass Fachkräfte in bestimmten Branchen fehlen und so zu einem Wegbrechen zentraler Wirt- schaftszweige führen können. Ein Lö- sungsansatz, so Professor Möller, ist die Aktivierung von nicht ausgeschöpftem Arbeitskräftepotenzial: Ältere Menschen müssen länger im Arbeitsleben gehalten werden und vor allem mehr Frauen für den Arbeitsmarkt gewonnen werden. «Das Problem der Fachkräftesicherung aufgrund der demografischen Entwick- lungwirdnichtimnationalenAlleingang und schon gar nicht durch Abschottung gelöst. Internationale Mobilität von Ar- beitskräftenkanndiezuerwartendenUn- gleichgewichte zumindest abmildern.» Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Möller Doch allein das hilft bei weitem nicht, um den Arbeitskräfteschwund zu stop- pen. Die Schweiz verzeichnet heute schon die höchste weibliche Erwerbs- beteiligung aller Länder der Organisati- on für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Es braucht zusätzlich die Zuwanderung gut- und hochqualifizierter Arbeitnehmer. Ein dramatisches Beispiel: Deutschland Herzlich willkommen zum ersten BEF Basel Economic Forum Das regionale Durchschnittsalter 2010 (links) und 2030 (rechts) im Vergleich
  • 12. 12 bräuchte in den kommenden drei Jahr- zenten alleine 400’000 Personen, die pro Jahr netto in das Land einwandern, um die Erwerbsbeteiligung gerade einmal auf heutigem Niveau konstant zu halten. Doch auch die Länder, aus denen die meisten Einwanderer nach Deutschland kommen (Polen, Bulgarien und Rumäni- en), haben eine ähnliche demografische Entwicklung. Deshalb wird eine Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften aus europäi- schen Staaten die erwerbstätige Bevölke- rung auch in der Schweiz auf lange Sicht nicht stabil halten können. Die Entwick- lung der schrumpfenden Bevölkerung vollzieht sich aber nicht überall im Land gleich; das ist eine gute Nachricht für Ge- biete wie die Metropolitanregion Basel. «Grosse Städte mit dynamischen Wirt- schaften verzeichnen Zuwanderung», so Möller. Hier konzentrieren sich Bevölke- rung sowie hochqualifizierte Fachkräfte und zwar mit einem sich selbst verstär- kenden Effekt. Dort wo attraktive Stand- ortfaktoren für Arbeitnehmende herr- schen, zieht es hochqualifizierte, junge Menschen hin, die diese Region noch innovativer und attraktiver für weitere hochqualifizierte, junge Menschen ma- chen. «Smart cities are getting smarter», fasste Professor Möller diese Entwick- lung zusammen. Längerfristige Einflüsse, Trends und Strukturveränderungen auf dem Ar- beitsmarkt sind dabei identifizierbar. Die Nachfrage nach standardisierbaren sowie verlagerbaren Routine- und produkti- onsnahenTätigkeiten wird zurückgehen. Interaktive Tätigkeiten mit Standortbe- zug (Dienstleistungen), lokal vernetze, hochspezialisierte sowie kreative und wissensbasierte Tätigkeiten werden in Zukunft noch stärker nachgefragt. Personenfreizügigkeit seit den 90er Jahren Der zukünftige Bedarf an bestimmten Tätigkeiten, Qualifikationen oder Be- rufsgattungen in den kommenden 15, 20 oder 30 Jahren lässt sich allerdings selbst für «smart cities» leider nicht detailliert vorhersagen. Das machte der emeritier- te Professor für Arbeitsökonomie an der Universität Basel, Dr. George Sheldon, deutlich. Zum Beispiel haben 70 Prozent der IT-Fachkräfte in der Schweiz einen IT-fremden Berufsabschluss und knapp 60 Prozent der Lehrabsolventen in der Schweiz üben einen anderen als den einst erlernten Beruf aus. Das stellt die Berufs- bildungspolitik vor grosse Herausforde- rungen und kann dazu führen, dass bei- spielsweise heutige staatliche Kampagnen für bestimmte Berufe in der Zukunft kon- traproduktiv wirken können. «Langfristige Prognosen zum Bedarf an spezifischen Fachkräften, die in zehn bis 20 Jahren gesucht sind, können nicht im Detail gemacht werden», so Sheldon. Dagegen lässt sich die hohe Treffsicherheit einer Prognose nur zu Lasten der Präzision ih- rer Aussagen erzielen. Drei Trends sind jedoch absehbar: Die globale Arbeitsteilung wird voranschrei- ten, der bildungsintensive technische Wandel und die Tertiarisierung der Be- rufswelt (Zunahme hoher Bildungsab- schlüsse) werden sich fortsetzen. Das hat Folgen für die niedrig qualifizierten Arbeitskräfte. Spielte bis 1970 angesichts Vollbeschäftigung die Bildung eines Ar- beitnehmers für die Beschäftigung eine weniger grosse Rolle, lag die Arbeitslo- sigkeit von Menschen ohne Schulab- schluss im Jahr 2010 in der Schweiz um den Faktor drei höher als für Personen mit einem Studium oder einer Höhe- ren Berufsbildung. Diese Entwicklung hatte auch Auswirkungen auf die Zu- wanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland. Kamen bis Mitter der 80er- Jahre vor allem ungelernte Fachkräfte in die Schweiz, sind es ab Mitte der 90er- Jahre mehrheitlich hochqualifizierte Quelle: IAB, Forschungsbereich A2 – Prognosen und Strukturanalysen Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Möller Nettozuwanderung von 400’000 Personen p.a.
  • 13. 13 Prof. em. Dr. George Sheldon Quelle: B,S,S. (2014); Fachkräftemangel in der Schweiz - Ein Indikatorensystem zur Beurteilung der Fachkräftenachfrage in verschiedenen Berufsfeldern, Bericht im Auftrag des SECO, Seite 19 (50 bis 60 Prozent). «Seit den 90er-Jahren herrscht bereits Personenfreizügigkeit», merkteSheldonzudeman.DenndieKon- tingente, die es damals noch gab, wurden zu keinem Zeitpunkt voll ausgeschöpft. Seit damals stieg der Bildungsstand der Schweiz stark an. Bald werden 60 Prozent der Erwerbstätigen in der Schweiz einen tertiären Abschluss vorweisen. Sheldon zog aus seinen Beobachtungen folgende Konsequenzen: Angesichts der Vielzahl von Unschärfen und prognos- tischen Unsicherheiten bezüglich des Fachkräftebedarfs, sollte das Bildungs- system für hohe berufliche Flexibilität sorgen. Deshalb soll in der (Aus-)Bildung der Schwerpunkt auf dieVermittlung von Kernkompetenzen gelegt werden, wel- che den Zugang zu verschiedenen Beru- fen ermöglichen. «Nicht Bildungswege, sondern Bildungsziele und Leistungs- anforderungen sind vorzugeben», so Sheldon, damit verschiedene Qualifizie- rungsprozesse zum gleichen Abschluss führen können. Eine Modularisierung von Bildungsgängen ermöglicht nach- trägliche Korrekturen oder Ergänzun- gen von bereits bestehenden Qualifi- kationen. Zuletzt ist die Zuwanderung fehlender Fachkräfte aus dem Ausland aber unabdingbar. In der anschliessen- den «nachgeforscht»-Runde mit Felix Erbacher, Journalist, Autor und ehe- maliger Wirtschaftschef der Basler Zei- tung, plädierte Sheldon zudem für ein Mehr an Berufsberatung, welche bereits in den Schulen beginnen sollte. Und Joachim Möller sprach sich dafür aus, in Zukunft auch Personen die Chan- ce einer Ausbildung zu geben, die sich rein durch ihre schulischen Leis- tungen nicht dafür qualifizieren würden. Diese Lehrabgänger wür- den sich später oft durch eine gro- sse Treue und Loyalität gegenüber dem Ausbildungsbetrieb erweisen. Globaler Wettbewerb Konkrete Zahlen zum Phänomen des Fachkräftemangels in der Schweiz liefer- te Dr.Wolfram Kägi, Geschäftsführer des Basler Beratungsunternehmens B,S,S. Insgesamt 36 Prozent der Schweizer Be- schäftigten arbeiten in einem Berufsfeld mitVerdacht auf Fachkräftemangel. Die- ser ist in den Feldern Geschäftsleitung (8,3 Prozent am Total der Beschäftigten) und Gesundheitswesen (4,7 Prozent) be- sonders gravierend. Im Bereich der Ge- sundheit identifizierten Kägi und seine Kollegen 25 verschiedene betroffene Be- rufe. In zehn davon (40 Prozent) herrscht bereits heute akuter Fachkräftemangel. «Wir sagen schon lange, dass wir im Ge- sundheitswesen ein Fachkräfteproblem haben, die Studie zeigt das nun deutlich auf», zittiert Kägi eine Mitarbeiterin der Bundesverwaltung. In den vergange- nen zehn Jahren fehlten in unserer Regi- on insbesondere Naturwissenschaftler, Ingenieure und Informatiker. Deshalb verzeichnen wir in diesen Berufen eine grössere Zuwanderung aus dem Ausland als im gesamtschweizerischen Durch- schnitt. Breakout Session Ausbildung ist ein langfristiger Prozess, wohingegen offene Stellen möglichst schnell besetzt werden müssen, zeigte Joachim Möller in der Breakout Session unter der Moderation von Kantonalban- kenpräsident Professor Dr. Urs Müller die Problematik auf. In Übergangspha- sen kann es deshalb in der Wirtschaft zu gravierenden Problemen kommen. Denn wenn diese Fachkräfte hier nicht erhältlich sind, würden die Unterneh- men Standorte dorthin verlegen, wo sie die geeigneten Fachkräfte in ausreichen- der Anzahl vorfinden. Die Situation in der Region würde zusätzlich verschärft, wenn es sich dabei um nicht besetzbare Stellen mit Hebelwirkung handelt, sprich um Stellen, von welchen weitere Arbeits- plätze abhängig sind. Ein genereller Fachkräftemangel liegt in der Schweiz noch nicht vor, allerdings herrscht be- reits akuter Mangel in einigen Teilbe- reichen. Mit Blick auf das Werben um gut- und hochqualifizierte Arbeitskräfte sagte Dr. NicoleWeiland-Jaeggi, CEO der Labor- und Diagnostikunternehmen En- dotell und Xenometrics: «Wir befinden uns in einem globalenWettbewerb.» Das würde bei der Schweizer Bevölkerung oft nicht wirklich wahrgenommen. Professor Theodor Sproll, Rektor der dualen Hochschule in Lörrach lenkte die Diskussion auf die weichen Stand- ortfaktoren. Junge Leute sind heute gut ausgebildet und hochmotiviert «aber sie wollen nicht nur Geld verdienen, son- dern sich auch selbst verwirklichen». Auf das Job-Umfeld und auf die Bedürf- nisse dieser jungen Leute achten einige Arbeitgeber heute immer noch zu wenig. Boris Kraft, Chief Visionary Officer des Fachkräftemangel nach Berufsfeldern
  • 14. 14 DIREKT ZU DEN SCHÖNSTEN STÄDTEN EUROPAS Ob Amsterdam, Barcelona oder Berlin, egal ob wegen ihrer Geschichte, ihrer Museen oder Kultur oder um einfach dort zu sein und einige Tage Neues zu erleben. Vom EuroAirport erreichen Sie 50 City-Destinationen bequem und direkt. www.euroairport.com à bientôt. bis bald.
  • 15. 15 Breakout Session: Prof. Urs Müller, Prof. Joachim Möller, Dr. Nicole Weiland-Jaeggi, Prof. Theodor Sproll, Boris Kraft IT-Unternehmens Magnolia Internati- onal ging in seinen Aussagen insbeson- dere auf die Aus- und Weiterbildung ein und kritisierte in diesem Zusammen- hang: «Es fehlt der Wille der Politik, die IT Ausbildung in Basel zu stärken». Die letzten zehn Arbeitnehmer, die er einge- stellt hat stammen aus Vietnam. In der Schweiz sei er froh, wenn er überhaupt fünf gutqualifizierte Informatiker im Jahr fände. Als stark exportorientiertes Un- ternehmen in einer globalen Weltwirt- schaft kann man auf der Hochpreisinsel Schweiz nur dann bestehen, wenn man innovativer ist, als die Konkurrenz aus Ländern mit niedrigeren Preisstruktu- ren, so Kraft. Leider bildet die Schweiz dafür selber zu wenig IT-Spezialisten aus, weshalb diese aus dem Ausland geholt «Als stark exportorientiertes Unter- nehmen in einer globalen Weltwirt- schaft können wir in der Hochpreisinsel Schweiz nur dann produzieren, wenn wir innovativer sind, als die Konkurrenz aus Ländern mit niedrigeren Preisstruk- turen. Das geht nur über entsprechend hoch qualifizierte Fachkräfte. Aber egal wie viele Menschen die Schweiz ausbil- det, die allermeisten Menschen werden ausserhalb der Schweiz ausgebildet. Da- her müssen wir umdenken – es ist nicht die Schweiz, die attraktiv für Fachkräfte ist. Es ist die Fachkraft, die attraktiv für die Schweiz ist. Wir sollten alles daran setzen, diese Menschen willkommen zu heissen. Wir brauchen sie.» Boris Kraft werden müssen. Hier braucht es unbe- dingt ein Umdenken: «Es ist nicht die Schweiz, die attraktiv für Fachkräfte ist. Es ist die Fachkraft, die attraktiv für die Schweiz ist», sagte Kraft. Deshalb muss man alles daran setzen, diese Menschen hier willkommen zu heissen. «Wir brau- chen sie!» Mit Blick auf die Massenein- wander-ungs- und Ecopop-Initiative stellte Weiland-Jaeggi zudem grundsätz- lich fest: «Ich will für meine Firmen die qualifizierten Fachkräfte holen, die ich brauche und nicht von der Politik ge- bremst werden.» Ist das nicht möglich, werden sich einige Unternehmen über- legen, in andere Länder beispielsweise nach Deutschland abzuwandern oder einzelne Abteilungen ins Ausland zu verlagern. Staatliche Aufgaben In gewissen Branchen der Wirtschaft besteht heute ein akuter Fachkräfteman- gel, da der Grossteil des Jobwachstums dervergangenenachtJahreimstaatlichen und parastaatlichen Sektor stattfand, wieDr.BorisZürcher,LeiterderDirektion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft, in seinem Refarat deut- lich machte. Der Staat ist also primär der Treiber des Fachkräftemangels (beispielsweise im schon erwähnten Gesundheitswesen), erst an zweiter Stelle die private Wirtschaft. 2011 hat der Bund eine Fachkräfteinitiative ge- startet, um das Problem des Fachkräf- temangels zu entschärfen. «Dabei ist es aber nicht die Aufgabe des Bundes, Fach- kräfte zurVerfügung zu stellen», monier- te Zürcher. Der Staat ist lediglich dafür verantwortlich, geeignete Rahmenbe- dingung zu schaffen. Diesen Ball nahm Rudolf Strahm, SP-Politiker und ehema- liger Preisüberwacher, in seinem Vortrag sogleich auf. «Der Fachkräftemangel ist nicht gottge- wollt, sondern liegt an Fehlsteuerungen in der Bildungs- undWirtschaftspolitik». Dr. h.c. Rudolf Strahm InderMedizinkamenbeispielsweise4’000 Bewerber auf nur 1’100 Studienplät- ze im Jahr 2011, gleichzeitig mussten 1’200 Ärzte aus dem Ausland rekrutiert
  • 16. 16 werden. Auch die Pflegelücke, die seit zehn Jahren besteht, ist ein Fall von Fehlsteuerung: 4’500 mehr Jugendliche wollten nämlich im April dieses Jahres eine Ausbildung in einem Pflegeberuf machen, als dass es Ausbildungsplätze gab. Hier sei der Staat gefragt, Abhilfe zu schaffen, denn die Ausbildung in Medi- zin und Pflege liegt in seiner Hand, so Strahm. Auch der Mangel an qualifizier- ten Arbeitskräften in den MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissen- schaften und Technik) ist aus Strahms Sicht teilweise hausgemacht. Seit einer Reform Mitte der 90er-Jahre seien die Gymnasien in der Schweiz zu sprachen- lastig, MINT-begabte Schüler würden dadurch benachteiligt. Das führe an den Universitäten zu einem Übergewicht der geisteswissenschaftlichen Fächer (67 Pro- zent im Schweizer Durchschnitt). «Wenn sie die Universitäten sich selbst überlas- sen,produzierensieamArbeitsmarktvor- bei», monierte Strahm und plädierte für Gegensteuer. Dabei muss längst nicht jeder ein Universitätsstudium absolvieren. Der Trumpf der Schweiz liegt im Gegenteil in der Höheren Berufsbildung (HBB). Die meisten Fachkräfte im Land haben keinen Universitäts- oder Fachhoch- schulabschluss (15 Prozent), sondern die HBB, die im Übrigen auch zur tertiä- ren Ausbildung gezählt wird.Wie Strahm feststellte, ist die HBB ist tragende Ausbil- dungfürdieSchweizerKMU-Landschaft. Sie erfolgt berufsbegleitend und bezieht in praktischer Weise die neuesten Tech- niken und Prozesse mit ein. Dies sorgt für eine «skilled workforce» im Lande, also Fachkräfte, die es verstehen, hoch spezialisierteVerfahrenzuentwickelnund anzuwenden. Auch deswegen besetzt die Schweiz in internationalen Verglei- chen stets die höchsten Plätze. Es gilt Personalmanagern, die nicht aus Ländern mit einer dualen Berufsausbil- dung kommen, klar zu machen, dass die Schweizer HBB einem Universitätsab- schlussinnichtsnachstehtundmanchmal sogar geeignetere Qualifikationen vermittelt. Strahm sprach sich zudem auch dafür aus, dass brachliegen- de Potenzial an Fachkräften stärker auszunutzen. Schul-, Studiums- und Ausbildungs-Abbrecher, Frauen und ältere Arbeitnehmer müssen wieder oder länger für die Berufswelt gewon- nen werden. Schädliche Initiativen Einer der um die Vorzüge der Schwei- zer Berufsausbildung weiss, ist Dr. Thomas Bösch, Head of Human Re- sources Switzerland bei Novartis. In Basel arbeiten beim Pharmaunterneh- men Schweizer, Ausländer und Grenz- gänger zu je einem Drittel. «Wenn wir für den internationalen Markt produ- zieren, brauchen wir diesen Mix», sagte Bösch. Auch zwischen den Generationen müsse die Mischung stimmen, um einen optimalenWissensaustausch zu gewähr- leisten. Um auch in Zukunft genügend Fachkräfte zu bekommen investiert Novartis, in den nächsten fünf Jahren 50 Millionen Franken in 25 Initiativen, um junge Menschen für Naturwissenschaf- ten zu begeistern. Bösch trat zudem dem Vorurteil entgegen, dass Ausländer zu Gunsten von gleichwertig ausgebildeten Schweizern bevorzugt würden. «Die lo- kale Verankerung ist ein Vorteil bei der Rekrutierung», meinte Bösch. Die Inte- gration von Ausländern dagegen ist teu- er. Dennoch braucht ein international agierender Konzern wie Novartis Zugriff auf den Weltmarkt für hochqualifizierte Fachkräfte. Bösch warnte in diesem Zu- sammenhang auch vor der politischen Einschränkung der Zuwanderung durch Masseneinwanderungs- und Ecopop- Initiative. Auch die Universität ist auf ein Mehr an Fachkräften angewiesen, wie Christoph Tschumi, Verwaltungsdirek- tor der Universität Basel ausführte und steht dabei wie Novartis im internatio- nalen Wettbewerb um die besten Köpfe. Von 2006 bis 2012 wuchs der Personal- bestand der Universität von 30’609 auf 39’228 Personen und damit um 28 Pro- zent. Der Ausländeranteil liegt heute bei 43,5 Prozent, der Frauenanteil bei 22,9 Prozent. Tschumi hob zudem die Qua- lität der Schweizer Hochschulen hervor. «Rund 80 Prozent der Schweizer Studie- renden lernen hier an einer der welt- weit Top-200-Universitäten». Der Ver- waltungsdirektor bezog sich dabei auf das angesehene Times Education World University Ranking. Eine erfreuliche Entwicklung ist, dass seit 2004 die tech- nischenWissenschaften das stärkste Plus an Studierenden in der Schweiz von 5,2 Prozent verzeichnen. Die Medizin (+3,8 Prozent) und die Naturwissenschaften (+3,2 Prozent) haben ebenfalls zugelegt. Mehr Ausbildungsplätze Diese Entwicklung dürfte Dr. Peter Ei- chenberger, CEO der St. Clara Gruppe und des Claraspitals, freuen. Denn die Spitalwelt der Nordwestschweiz ist mit 16’957 Beschäftigten der grösste Arbeit- geber der Region. Zudem sei eine hervor- ragende Gesundheitsversorgung ein we- sentlicher Teil der Standort-Attraktivität für multinationale Unternehmen und Christoph Tschumi, Universität Basel; Andreas Kaelin, ICTswitzerland; Dr. Peter Eichenberger, Claraspital; Felix Erbacher, Moderation Dr. Thomas Bösch, Novartis
  • 17. 17 wohlhabende Einzelpersonen, meinte Eichenberger. Dennoch zeigte er sich besorgt um den ärztlichen und pflege- rischen Nachwuchs. Rund 1’000 Ärzte würden im Jahr in der Schweiz fehlen, diese müssen aus dem Ausland rekru- tiert werden. Der Trend lässt vermuten, dass künftig doppelt so viele Ärzte und Ärztinnen gebraucht werden, wie mo- mentan an den sieben Medizinfakultä- ten in der «Dem Fachkräftemangel im Gesund- heitswesen lässt sich durch die Schaffung zusätzlicher Ausbildungs- plätze wirksam begegnen.Ausbildungs- stellen in Spitälern sind bei jungen Menschen beliebt.Für Spitäler ist es loh- nenswert, zusätzliche Ausbildungsplät- ze zu schaffen.» Dr. Peter Eichenberger Schweiz ausgebildet werden. Eine Kon- sequenz der älter werden Gesellschaft ist, dass bis 2020 mindestens 25’000 zusätzliche Fachleute gebraucht wer- den. Dazu werden bis 2020 rund 60’000 Gesundheitsfachleute pensioniert, die ersetzt werden müssen. Es müssen da- her mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden. Eichenberger berief sich auf eine Studie wonach 2’500 Betrieben, die ausbilden, 1’000 Betriebe gegenüberste- hen, die nicht ausbilden. Dabei erzielen Lernende für die ausbildenden Betriebe in der Schweiz schon während der Lehr- zeit einen Nettonutzen. Wenn die fertig ausgebildete Fachkraft nach der Lern- zeit zudem im selben Betrieb beschäftigt wird, amortisieren sich die Ausbildungs- kosten ohnehin. Ein enormes Beschäftigungswachs- tum haben in den vergangenen Jah- ren auch die Berufe des ICT-Bereichs (Informations- und Kommunikati- onstechnologie) wie Andreas Kaelin Geschäftsführer ICTswitzerland und Präsident der ICT-Berufsbildung Schweiz zuletzt eindrucksvoll auf- zeigte. Bis 2022 besteht allerdings ein zusätzlicher Fachkräftebedarf von 87’000 Personen. 39’500 davon müssen über Zuwanderung gedeckt werden, weswe- gen die Masseneinwanderungs- und Ecopop-Initiative auch für die ICT- Branche eine Bedrohung darstellt. «Die Schweiz «verzichtet» auf gut bezahlte Arbeitsplätze», so Kaelin. Es besteht das Risiko, dass Arbeitsplätze dauerhaft ins Ausland verlegt werden müssen. Studium ist kein Menschenrecht Das erste BEF wurde mit einer Podi- umsdiskussion abgeschlossen, welche von der Journalistin und Medienwissen- schaftlerin, Olivia Kühni, moderiert wur- de. Dabei ging sie auf einzelne Aussagen von Referenten und auf Ergebnisse des Tages ein und stellte diese zur Diskus- sion: «Wir haben eine Wirtschaft, die grösser ist als das Arbeitskräftepotenzial des Landes, weshalb die Personenfrei- zügigkeit unabdingbar geworden ist», so Dr. Patrik Schellenbauer, Geschäfts- leitungsmitglied von Avenir Suisse. Und obwohl ein Mangel an Hochquali- fizierten herrscht, «brauchen wir auch Angestellte, die einfachere Aufgaben erledigen», sagte Monika Ribar, Vizeprä- sidentin der SBB. Gemäss Nadine Gemb- ler, Leiterin Personal und Ausbildung bei Coop, ist auch der Detaillist mit seinen rund 72’000 Mitarbeitenden aus 192 Na- tionen «auf Gedeih und Verderb von der Grundausbildung abhängig». Eine Mög- lichkeit, um mehr junge Menschen statt auf die Universität in eine Ausbildung zu bringen, sieht der Chefredaktor undVer- leger der Basler Zeitung, Markus Somm, darin, den Zugang zur Universität zu be- schränken. «Das Studium ist kein Men- schenrecht», so Somm, «Bildung muss als Investition angesehen werden.» Das erste BEF machte bis zum Schluss deutlich, dass der Fachkräftemangel für einige Branchen bereits bittere Realität ist und er in Zukunft sich noch verstär- ken wir. Es wurde aber auch ein breiter Strauss von Massnahmen aufgezeigt, wie dagegen anzugehen ist. Sorgen um Personal und Nachwuchs im ärztlichen und pflegerischen Bereich Nadine Gembler, Coop; Markus Somm, BAZ; Olivia Kühni, Moderation; Monika Ribar, Vizepräsidentin der SBB; Dr. Patrik Schellenbauer, Avenir Suisse; Dr. Boris Zürcher, SECO
  • 18. 18 Text: Barbara Gutzwiller Was können die Unternehmen gegen den Fachkräftemangel tun? Eines ist klar: Einfach abzuwarten ist keine Lösung. Auch wenn gewisse äussere Rahmenbedingungen gegeben sind, kann man trotzdem dem Fachkräftemangel begegnen, auch und gerade von innen heraus. Seit Jahren ist bekannt, dass der Wirt- schaft aus demografischen Gründen die Fachkräfte ausgehen. Zudem ist per Volksabstimmung die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte beschränkt worden.ZwaristnochkeinNotstandaus- gebrochen, es wird aber laufend schwie- riger werden, passende Mitarbeitende zu finden. Die Unternehmen befinden sich also in der Situation, dass sie um die Besten auf allen Ebenen kämpfen müssen und die Frage, was sie selber tun können, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, stellt sich immer dringender. Zunächst möchte ich auf die bekannten Instrumente der Personalpolitik verwei- sen,diedenBedürfnissenund Wünschen der Mitarbeitenden entgegenkommen und die vorausgesetzt werden: Wettbe- werbsfähige Löhne, attraktive Arbeits- bedingungen, gezielte Aus- und Weiter- bildungsmassnahmen, die Möglichkeit aufzusteigen und Vieles mehr. Neuere Massnahmen, wie das betriebliche Ge- sundheitswesen, die bessere Unterstüt- zung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie – beispielsweise durch eine möglichst flexible Arbeitszeitgestaltung oder das Bereitstellen von Home Office Möglichkeiten –, zusätzliche Angebote beiderAltersvorsorgeundähnlichessind ebenfalls hilfreich und können in vielen Firmen noch ausgebaut werden. Solche Firmen interne Angebote helfen dabei, bestehende Arbeitskräfte an das Unternehmen zu binden, wie auch neue Fachkräftezufinden.Umjedochaufdem Rekrutierungsmarkt bestehen zu kön- nen, wird neuerdings auch auf die Not- wendigkeit des sogenannten Employer Brandings verwiesen. Mittels dieser aus dem Marketing stammenden Massnah- me soll eine Firma im Bewusstsein ihrer Angestellten und der potenziellen Inter- essenten wie eine Marke verankert und als attraktiver Arbeitgeber wahrgenom- men werden. Employer Branding wirkt also sowohl nach innen, als auch nach aussen. Funktionieren kann das aber nur, wenn die Firmenmarke glaubwürdig ist. Das heisst, was nach aussen darge- stellt wird, muss nach innen auch gelebt werden. Will sich eine Firma also unter anderem mit ihrem besonders angeneh- men Arbeitsklima positionieren, muss sie dieses auch tatsächlich bieten. Wird hingegen bekannt, dass beispielsweise Mitarbeitende regelmässig unfreundlich behandelt oder Zusagen nicht einge- halten werden, läuft das Unternehmen unweigerlich Gefahr, sehr rasch in den SocialMediakritisiertundvoneinemgro- ssen Publikum als unglaubwürdig wahr- genommen zu werden. Der angestrebte Effekt würde sich damit in sein Gegenteil verkehren. Möglicherweise tun sich global tätige FirmenleichtersolcheMassnahmenein- zuführen. Aber auch kleine und mittlere Betriebe können sich besser positionie- ren. Sie, sind sich dessen jedoch oft nicht richtig bewusst. Die KMU können Anrei- ze bieten, um benötigte Fachkräfte zu gewinnen oder zu erhalten: Angefangen beim ganz individuell formulierten Stel- leninserat über die gezielte, persönliche Talentförderung, einer fast familiären Ar- beitsatmosphäre bis hin zum Aufzeigen von Entwicklungspotenzial. Hilfreich kann es dabei sein, sich fundiert mit den modernen Methoden der Personaler- haltung und -rekrutierung zu befassen oder sich professionelle Unterstützung zu holen. Abschliessendmöchteichklarfesthalten, dass beim Thema Fachkräftemangel die Geschwindigkeit zählt: Nur wer rasch ge- eignete Massnahmen ergreift, setzt sich von der Konkurrenz ab und verbessert dadurch seine Chancen beim Anwerben und Binden der gesuchten Fachkräfte. Barbara Gutzwiller, Direktorin Arbeitgeberverband Basel
  • 19. 19 Text: Thomas B. Cueni Bildung und Wissen als Eckpfeiler der Schweizer Innovationskraft Die Schweiz gehört zu den wohlhabendsten Ländern der Welt. Dies liegt zu einem grossen Teil an ihrem starken Bildungssystem und der Fähigkeit, international gesuchte Fachkräfte anzuziehen. Beides gilt es, aus Sicht der Pharmaindustrie aber auch im Interesse der Gesamtgesellschaft durch starke Rahmenbedingungen zu bewahren und zu fördern. Einst als das Armenhaus Europas be- zeichnet, gilt die Schweiz heute als eine der führenden Volkswirtschaften der Welt. Der Grund für diesen Wandel reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhun- derts zurück, als die Schweiz Massnah- men einleitete, die zur Schaffung eines starken Bildungssystems beitrugen. Durch die Einführung der obligatori- schen Schulpflicht, die Entwicklung des Lehrlingswesens sowie die gleichzeitige Hochschulförderung (wie z.B. der ETH Zürich) verfolgte die Schweiz schon früh das Ziel, die Qualität ihrer Produk- te zu verbessern und damit ihre Wett- bewerbsposition nachhaltig zu stärken. Noch heute profitieren wir von dieser weitsichtigen Bildungsförderung, gehört doch die Schweiz dank ihres allgemein hohen Ausbildungsniveaus zu den in- novativsten und wirtschaftlich stärksten Ländern der Welt. Attraktiver Arbeitsort und Lebensraum Die Innovationskraft der Schweiz ist aber nicht nur dem starken Ausbil- dungssystem geschuldet, sondern auch der Fähigkeit des Landes, kluge Köpfe anzuziehen und ihnen ein attraktives Arbeits- und Lebensumfeld zu bieten. Beispiele dafür gibt es viele: Unter den zahlreichen Schweizer Nobelpreisträ- gern befinden sich eine Reihe Forscher, die erst im Verlauf ihres Lebens in unser Land kamen und unserem Land zu welt- weitem Ansehen verhalfen; darunter Al- bert Einstein, Leopold Ruzicka, Vladimir Prelog, Tadeus Reichstein oder Hermann Staudinger. Firmengründer, deren Arbeit bis heute nachwirkt, zog das Land ebenfalls an: zu dieser Gruppe gehören die Deutschen Henri Nestlé, der den Nahrungs- und Getränkekonzern Nestlé gründete, Karl Albrecht Wander, Erfinder des Malzge- tränks Ovomaltine, und der Österreicher Carl Franz Bally, der die Schuhmarke Bally aufbaute. Auch in der jüngsten Wirtschaftsge- schichte trugen Ausländer massgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz bei. Nicolas Hayek, der mit 21 Jahren zusammen mit seiner Familie in die Schweiz zog und die Schweizer Uhrenin- dustrie rettete. Sein Innovationsgeist ver- änderte auch das Selbstbild der Schweiz und gab jungen Unternehmern den Mut, Neues auszuprobieren und aus gewohn- ten Denkschemata auszubrechen. Ohne internationale Fachkräfte geht es nicht Pioniere allein reichen allerdings nicht, um die Schweizer Wirtschaft zu stärken: Ohne ausländische Arbeits- und Fach- kräfte könnte die Schweiz gar nicht funk- tionieren. Bereits heute arbeiten über 1 Million Menschen aus der EU in der Schweiz und täglich pendeln zusätzlich rund 260’000 Menschen aus Deutsch- land, Frankreich, Italien und Österreich in unser Land, vor allem in die grenzna- hen Wirtschaftsmetropolen Basel und Genf. Vor allem in der Spitalpflege, aber auch im Bereich der Informatik und bei technischen Berufen besteht schon al- lein aufgrund des demografischen Wan- dels ein Bedürfnis nach Offenheit auch in der Zukunft. Die Pharmaindustrie, die landesweit direkt und indirekt über 170’000 Men- schen beschäftigt, knapp 7 Prozent zum Bruttoinlandprodukt beiträgt und mit einem Exportanteil von über 30 Prozent für das Gros der Schweizer Ausfuhren verantwortlich ist, könnte heute ohne Grenzgänger und hier ansässige Auslän- der kaum auf dem gegenwärtig hohen Niveau funktionieren. Bildung bleibt zentral Trotz der Tatsache, dass die Schweiz auch künftig ohne ausländische Ar- beitskräfte nicht auskommen kann, ist es wichtig, laufend in die Bildung im eigenen Land zu investieren. Zwar hat sich seit 2001 vieles getan, und durch die Schaffung neuer Fachhochschulen konnte das allgemein hohe Bildungs- niveau noch einmal gesteigert werden, doch der technologische Wandel schrei- tet rasant voran. Wenn die Schweiz weiterhin ihre führende Innovations- position halten will, muss sie gerade die wissenschaftlichen Fächer breiter fördern und auch mehr Frauen für die Wissenschaft begeistern. Thomas B. Cueni, Generalsekretär Interpharma
  • 20. 20 Gemessen an der Zahl der Beschäftigten ist der Detailhandel in der Schweiz die zweitwichtigste Branche des privaten Sektors und mit 350’000 Angestellten ein wichtiger Arbeitgeber für zahlrei- che Menschen. Der Detailhandel hat in den letzten Jahren eine beachtenswerte Beschleunigung seiner Wertschöp- fungsentwicklung erfahren und gilt als Konjunkturstütze. Die Branche ist geprägt von einem ho- hen Angebot an Teilzeitstellen. Frauen bilden dadurch häufig die Mehrheit der Angestellten. Ebenso typisch ist ein hoher Anteil an Ausländern (ins- besondere auch Grenzgängern) und an jungen Mitarbeitenden, deren El- tern eingewandert sind. Auch wenn die Branche in ihren klassischen Auf- gabenbereichen wie dem Verkauf und der Logistik in der Regel nicht auf hochspezialisierte Know-how-Träger angewiesen ist, sind wir dennoch ge- fordert, umsichtig und aktiv den künfti- gen Personalbedarf zu planen, um auch weiterhin für unsere Kunden profes- sionelle Dienstleistungen anbieten zu können. Oft wird vergessen, dass sich hinter der Warenpräsentation in den Verkaufsstellen hochkomplexe Prozes- se befinden, die von Fachspezialisten entwickelt und gesteuert werden. Wir beschäftigen allein bei Coop über 500 IT-Spezialisten - Tendenz steigend. Ebenso leisten in unserer Unterneh- mung beispielsweise Lebensmittel- technologen und Laboranten wertvolle Beiträge zur Qualitätssicherung und Immobilienfachleute bewirtschaften unser eindrückliches Immobilienport- folio. Um unseren Nachwuchsbedarf auch künftig sicherzustellen, setzen wir bei Coop schon seit vielen Jahre auf die Berufsbildung. Mit über 3200 Lernenden ist die Coop-Gruppe der zweitgrösste Lehrstellenanbieter der Schweiz. Wir betrachten die Lehre als absolutes Erfolgsmodell, zu welchem wir Sorge tragen müssen, denn über 90 Prozent unserer Führungspositionen im Verkauf besetzen wir mit eigenen Nachwuchsleuten. Die meisten von ih- nen haben eine Grundbildung bei uns abgeschlossen. Viele Lehrabgänger ab- solvieren mit unserer Unterstützung nach der Grundbildung eine höhere Berufs- oder Fachprüfung und sichern sich damit eine hervorragende Aus- gangslage für weitere Karriereschritte. Wohl in keiner andern Branche steht die Karriereleiter für Lehrabgänger so früh bereit wie im Detailhandel. Schon drei Jahre nach Lehrende befinden sich die meisten unserer Lehrabgänger in einer Führungsposition, in welcher sie erste Erfahrungen als Vorgesetzte sam- meln können. Das Lehrstellenangebot umfasst über 20 Grundbildungen: Vom Informatiker über den Systemgastrono- men bis zum Lebensmitteltechnologen bieten wir attraktive Einstiegsmöglich- keiten ins Berufsleben – begleitet von über 30 vollamtlichen Lernendenbe- treuern und ergänzt durch zahlreiche interne Ausbildungen. Die zurück gehende Zahl an Schulab- gänger wird uns in den kommenden Jahren herausfordern. Einerseits müs- sen wir als Arbeitgeber auch den Famili- en, die mit dem dualen Bildungssystem der Schweiz noch nicht vertraut sind, die Lehre als hervorragende Ausbil- dung näher bringen und ihnen aufzei- gen, wie viele Möglichkeiten den jun- gen Menschen nach abgeschlossener Grundbildung offen stehen. Es gilt da- bei die äusserst vielseitige und «durch- lässige» Schweizer Bildungslandschaft zu propagieren. Andererseits müssen wir als Arbeitgeber bei der Besetzung unserer Lehrstellen neue Wege gehen und uns darauf einstellen, dass sich künftig möglicherweise nicht mehr in- teressierte Jugendliche beim Unterneh- men melden, sondern dass wir uns als Unternehmen bei den Schulabgängern «bewerben». Ein Prozess, der bereits begonnen hat, und eine Haltungsände- rung erfordert. Text: Nadine Gembler Auch der Detailhandel ist gefordert! Auf den ersten Blick scheint der Fachkräftemangel nur hochtechnologisierte Firmen und Arbeitgeber mit einem grossen Anteil an Spezialisten zu betreffen. Von der demographischen Entwicklung sind aber alle Arbeitgeber betroffen. Nadine Gembler, Leiterin Personal/Ausbildung Coop
  • 21. 21 Text: Dr. h.c. Rudolf Strahm, Ökonom, Ehm. Eidg. Preisüberwacher, Alt Nationalrat «Fachkräftemangel» ist ein Alarmruf, der für vieles herhalten muss: Zur Rechtfer- tigung der Zuwanderung, zur Förderung der Maturitätsquoten, zur Begründung von mehr Finanzen für die Hochschu- len. Wir haben nicht generell einen Aka- demikermangel. Wir haben Lücken bei bestimmten Berufen und Spezialisten. Diese Ausbildungslücken sind weitge- hend hausgemacht. Die zahlenmässig am meisten gesuchten Fachleute in der KMU-Wirtschaft sind übrigens nicht Hochschulabsolventen, sondern Fach- kräfte mit einer Höheren Berufsbildung, also einer Berufslehre mit nachfolgen- den Spezialisierungen. Beispiel Ärztemangel Hier einige Fallbeispiele für den Fachkräftebedarf und für den drin- genden bildungspolitischen Hand- lungsbedarf.Wir haben einen eklatanten Mangel an einheimischen Ärzten. Der Grund ist der Numerus Clausus an den Deutschschweizer Universitäten. Pro Jahr melden sich rund 4’000 inländische Maturanden für das Arztstudium. Doch es gibt derzeit schweizweit nur 1’200 Stu- dienplätze. Zwei von drei Studienbewer- ber/innen werden abgewiesen. Gleich- zeitig werden pro Jahr rund 1200 Ärzte im Ausland rekrutiert. Die Zahl der Studien- plätze müsste verdoppelt werden. Beispiel Pflegepersonal Der Mangel an Pflegefachpersonen ist die Spätfolge einer mangelnden Aus- bildung in den Spitälern. In den Jahren 1995 bis 2005 wurden jährlich nur 3’000 bis 4’000 Pflegefachpersonen ausgebil- det. Doch der jährliche Bedarf beläuft sich auf rund 7’000 Neuausgebildete. Die Spitäler in der deutschen Schweiz haben ihre Ausbildungstätigkeit jetzt ausge- baut, aber es sind immer noch zu we- nige. Nach dem Lehrstellenbarometer haben im Jahr 2014 rund 4’500 Jugend- liche, die eine Berufslehre in Gesundheit (FaGe) oder in Betreuung (FaBe) ange- strebt hatten, keine Lehrstelle gefun- den. Dies ist ein eklatantes Versagen der Spitäler und staatlichen Behörden. Beispiel Ingenieure und Informatiker Wir haben zu wenig Spezialisten in den MINT-Fächern, also in Mathematik, In- formatik, Naturwissenschaften, Tech- nik. Die IT-Branche bildet zu wenige Lehrlinge aus. Im akademischen Be- reich gibt es zu wenig Jugendliche, die ein Informatik- oder Ingenieurstudium beginnen. Auch diese Fehlentwicklung ist hausgemacht. Der Zugang zum Gym- nasium und die gymnasiale Ausbildung sind zu sprachlastig. Sprachnoten zählen mehr.Wenn (vorwiegend männliche) Ju- gendliche stark sind in Mathematik und räumlichem Vorstellungsvermögen und das Zeug zum Ingenieurstudium hätten, schaffen sie den Zugang zum Gymnasi- um nicht, wenn sie nicht auch in Fremd- sprachen stark sind. Diese Einseitigkeit führt dazu, dass zu wenig MINT-Spe- zialisten ausbildet und gleichzeitig die Fakultäten in geistes- und sozialwissen- schaftlichen Fächern überrannt werden. Fehlentwicklungen an der Uni Letztes Jahr waren an den schweizeri- schen Universitäten 9’400 Studierende im Hauptfach Psychologie (80% Frauen), 4’500 in Politologie, 4’200 in Geschichte/ Kunstgeschichte, 2’600 in Kommunika- tions- und Medienwissenschaften; - alles interessante Fächer, aber oft nicht be- rufsbefähigend. Gewiss finden die meis- ten Absolventen/innen nach mehreren Praktika eine Anstellung – man spricht etwa von einer «Generation P». Oft be- völkern sie dann die Verwaltungen mit ihren wachsenden Stäben und neuen Hierarchien und Zwischenhierarchien. Bildungssystem steuern Bislang hat man den Fachkräftebedarf einfach «gelöst», indem man dank der Personenfreizügigkeit das nötige Perso- nal im Ausland rekrutierte. Nun ist die Zeit gekommen, dass in der Bildung und Ausbildung eine sanfte Steuerung ange- gangen wird. Die Hochschulen wehren sich aus standespolitischen Interessen verständlicherweise gegen direkte Ein- griffe. Aber mittels Steuerung mit Leis- tungsaufträgen kann man das Bildungs- system arbeitsmarktnäher, gerechter und effizienter ausbauen. Es erleidet dabei keinen Schaden. Dr. h.c. Rudolf Strahm Der Fachkräftemangel ist hausgemacht Der Alarmruf vom Fachkräftemangel wird oft missverstanden und missbraucht. Wir haben nicht ge- nerell einen Akademikermangel. Sondern wir haben einen Mangel an bestimmten Spezialisten, weil wir sie im Inland zu wenig ausbilden.
  • 22. 22 ICT-Fachkräftemangel betrifft alle Branchen ICT-Beschäftigte arbeiten in allen Branchen, steigern dort massgeblich die Produktivität und sind häufig Innovationstreiber. Folglich sind alle Branchen und deren Akteure aufgefordert, die ICT-Fachkräfte- knappheit zu bekämpfen. Unser Alltag ist von Informations- und Kommunikationstechnologie durch- drun-gen.Wir kommunizieren schneller und effizienter – per Handy, E-Mail oder WhatsApp. Telefonbücher sind längst tagesaktuell im Internet verfügbar. Wenn wir mit dem Auto fahren, hält uns das Fahrassistenzsystem in der Spur, er- kennt Fussgänger im Gefahrenbereich oder leitet eine Notbremsung ein. Im Spital erstellt ein Computertomograph ein 3D-Abbild unseres Körpers und auch das Smartphone zeichnet neuer- dings immer mehr Gesundheitsdaten auf. Mit Blick auf die Energiewende gilt es, die zeitliche Asynchronität von Stromverbrauch und -produktion bes- ser auszugleichen – auch hier werden ICT-Lösungen im Hintergrund gefragt sein. Doch wie kann der Innovations- beitrag der Informati-ons- und Kom- munikationstechnologie zum Wohl von Wirtschaft und Gesell-schaft in Zukunft gewährleistet bleiben? Die alleinige Betrachtung der ICT-Bran- che greift zur Beantwortung dieser Fra- ge zu kurz, auch wenn hochinnovative Basler Firmen wie Day (2010 an Adobe verkauft) oder Magnolia hierzu wich- tige Beiträge leisten. Stattdessen zeigt das Berufsfeld ICT das wahre Ausmass der Vernetzung, denn nur ein Drittel der ICT-Beschäftigten arbeitet in der eigentlichen ICT-Branche. Zwei Drittel verteilen sich auf fast alle Branchen der schweizerischen Volkswirtschaft. Zur Illustration: Erwähnte Magnolia hat in Basel 40 ICT-Beschäftigte während Coop 600 ICT-Stellen anbietet. Die zahlreichen Einsatzgebiete der ICT haben zur Folge, dass das Beschäfti- gungswachstum des ICT-Berufsfelds im Schnitt jährlich 3.7% beträgt. Gab es zum Höhepunkt der Dot-Com-Blase schweizweit 140’000 ICT-Beschäftigte, so sind es im Jahr 2013 bereits beinahe 200’000. Angesichts dieses Wachstums ist es offensichtlich, dass mehr Fachkräfte benö-tigt werden. Die Frage nach dem Ausmass, den benötigten Qualifika- tionsni-veaus, den gefragten Berufen usw. beantwortet die neueste Studie der Firma Econlab im Auftrag von ICT- Berufsbildung Schweiz / ICTswitzer- land mit einem Zeithorizont bis 2022: Von den benötigten 87’000 Fachkräften sollte bis dahin die Hälfte eine Hoch- schulabschluss aufweisen. Dank den Ar- beitsmarkteintritten aus dem Bildungs- system und der Migration resultiert eine Lücke von «nur» noch 14’000 Personen; je nach Ausgestaltung der Massenein- wanderungsinitiative verdoppelt sich aber der inländische Ausbildungsbe- darf. Damit verfügt der ICT-Beruf über grosses Potenzial: Wer eine Ausbildung abschliesst hat sehr gute Berufspers- pektiven in einem abwechslungsreichen und gut bezahlten Tätigkeitsfeld. Der Schlüssel zur Erschliessung dieses Potenzials ist, trotz hohem Anteil an be- nötigten Personen mit einem Tertiärab- schluss, die Berufsbildung! Sie dient als Zubringer zur höheren Berufsbildung und zur Fachhochschule. Hier konnten die Abschlusszahlen in den letzten fünf Jahren um fast 20% gesteigert werden. Gleichzeitig entspricht dies aber auch fast dem Wachstum des Berufsfelds im gleichen Zeitraum, d.h. weitere Lehr- stellen sind nötig. Noch langfristiger ge- dacht – insbesondere auch mit Blick auf den Metropolitanraum Basel und des- sen Branchenmix – ist eine Stärkung der MINT-Fächer (Mathematik, Infor- matik, Naturwissenschaft und Technik) in der Schule dringend nötig, um auch in Zukunft Innovationsweltmeister zu bleiben. Text: Andreas Kaelin, Geschäftsführer ICTswitzerland, Präsident ICT-Berufsbildung Schweiz
  • 23. 23 Text: Hans Zeltner Das Gesundheitswesen steht vor personellen Herausforderungen Der demografische Wandel, Personalmangel und die politischen Einflussfaktoren stellen die Spitäler vor neue und grosse Herausforderungen. Der Bedarf an Mitarbeitenden steigt, weil die Anzahl der älteren und pflegebedürftigen Menschen stark zunimmt. Die neuen Fachkräfte müssen international rekrutiert werden. Es ist davon auszugehen, dass der Per- sonalbedarf im Gesundheitswesen bis 2020 um rund 20% zunehmen wird. Gemäss verschiedenen Studien, insbe- sondere vom Bundesamt für Statistik, dürfte die Population der über 65-Jähri- gen bis 2020 um 400’000 Personen resp. um 34% zunehmen, während jene im erwerbsfähigen Alter (20- bis 65-Jähri- ge) wahrscheinlich um lediglich 200’000 Personen resp. um 4% wachsen wird. Demgegenüber ist dank den Fortschrit- ten in der Medizin und in der Medizin- technik eine Verbesserung des Gesund- heitszustandes der älteren Bevölkerung zu berücksichtigen. Die Spitäler haben ihre Strukturen in der vergangenen Zeit stetig verbessert und optimiert, was zu einer Verkürzung der Hospitalisations- dauer führt. Aber auch unter Berück- sichtigung dieser Prämisse zeigt sich, dass das Gesundheitswesen in Zukunft einen erhöhten Bedarf an Fachkräften benötigt. Die politischen Entwicklungen beein- trächtigen die Situation zusätzlich. Das «Gesetzeskorsett» wird immer einen- gender und der Handlungsspielraum für die Gesundheitsinstitutionen da- durch eingeschränkt. Die Annahme der Volksinitiative «Gegen Masseneinwan- derung» stellt die Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen vor zusätzliche Pro- bleme, da sie auf ausländisches Personal angewiesen sind. Gemäss Bundesamt für Statistik arbeiten im Gesundheitswe- sen rund 185’000 Arbeitskräfte, wovon 32% des Gesundheitspersonals resp. rund 59’000 Personen ausländischer Herkunft sind. Aktuelle Beobachtun- gen und Schätzungen für die Zukunft zeigen, dass aufgrund der demografi- schen Entwicklung und einer jährlichen Dropout- und Fluktationsrate von ca. 16% jährlich etwa 10’000 ausländische Arbeitskräfte benötigt werden. Die Spi- täler, Kliniken und Pflegeinstitutionen werden weiterhin der Ausbildung und Optimierung der Organisationsstruktur hohe Priorität zuordnen. Dabei braucht es jedoch die Unterstützung von politi- scher Seite. Auch wenn alles daran gesetzt wird, möglichst viel inländisches Personal zu rekrutieren, ist es für die Versorgung der Bevölkerung im medizinischen und pflegerischen Bereich notwendig, wei- terhin ausländische Gesundheitsfach- kräfte einstellen zu können. Die Spitäler, Kliniken und Pflegeinsti- tutionen erhöhen soweit wie möglich ihre Aus- undWeiterbildungsplätze und sichern sich so nachhaltig den fachli- chen Nachwuchs in der Spitalbranche Schweiz. Sie verlängern die Berufsver- weildauer beispielsweise durch Anpas- sung der Arbeitsbedingungen für ältere Mitarbeitende und Eltern. Zudem för- dern sie den Quer- und Wiedereinstieg, um das Inländerpotential optimal aus- zuschöpfen. Das Gesundheitswesen bietet ein viel- seitiges Berufsbildungssystem mit rund 15 Gesundheitsberufen (Berufslehre, Höhere Fachschulen und Fachschulen) an. In den Gesundheitsbetrieben Basel- Stadt und Baselland werden aktuell rund 1’900 Lernende und Studierende ausgebildet. Nähere Informationen zur Aus- und Weiterbildung im Gesund- heitswesen sind unter www.oda-ge- sundheit.ch (E-Mail oda@odagbb.ch) zu finden. Hans Zeltner, Geschäftsführer, Vereinigung Nordwestschweizerischer Spitäler (VNS)
  • 24. 24 Text: Dr. Patrik Schellenbauer Fachkräfteinitiative: nötig, aber limitiert in der Wirkung Das europapolitische Dilemma um die Umsetzung der MEI-Initiative rückt den chronischen Mangel an einheimischen Fachkräften erneut ins Rampenlicht. Der Bund möchte ihn mit einer breit angelegten Fachkräfteinitiative bekämpfen. Fachkräftemangel ist allerdings kein neues Phänomen, auch in den neunziger Jahren beklagten sich 40% der befragten Unternehmen über fehlendes Personal. Von der Demografie ist diesmal keine Linderung zu erwarten ist. Im Gegenteil: Die Schweizer Erwerbsbevölkerung wird ab dem Jahr 2021 zu schrumpfen begin- nen. Die Referate und Debatten am Ba- sel Economic Forum zeigten, dass die Branchen und Interessengruppen mit den ihnen zur Verfügung stehen Mitteln intensiv an der Bewältigung der Perso- nalknappheit arbeiten. Das ist legitim und nötig. Auf gesamtwirtschaftlicher Flughöhe musste den Teilnehmern des BEF aller- dings bewusst werden, dass das eigent- liche Problem tiefer wurzelt. Auf den kürzesten Nenner gebracht lautet es: der anhaltende Erfolg der Schweiz als Pre- mium-Standort im Herzen Europas hat dazu geführt, dass die demographische Basis des Landes nicht ausreicht, um die Personalbedürfnisse der Firmen (und leider nicht zu vergessen: des Staates) zu befriedigen. Die Schweiz ähnelt einem Stadtstaat ohne grosses Hinterland. Ge- lingt es einer Branche, mehr Personal aus dem Inland zu rekrutieren, werden diese Arbeitskräfte anderswo fehlen. Dieser Umstand ist der Grund für die anhaltende Zuwanderung. Sie ist im Wesentlichen noch immer eine «Pull- Migration», ausgelöst durch den inländi- schen Mangel. Das ist daran abzulesen, dass der Zuwachs von Erwerbstätigen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt seit 2’000 (rund 800’000 Erwerbstätige) aus- schliesslich aus dem Ausland gespeist wurde, gleichzeitig aber keine grossflä- chige Verdrängung Im Inland stattfand, denn die Arbeitslosigkeit nahm nicht zu. Die Fachkräfteinitiative des Bundes kann die heimische Knappheit nicht beheben, sondern bestenfalls mildern. Schon letzteres wäre ein Erfolg. Mit ei- ner Erwerbspartizipation von über 81% schöpft die Schweiz ihren Arbeitskräf- tepool nämlich heute schon aus wie kaum ein anderes Land. Eine weitere Erhöhung wird schwierig und teuer. Die Erwartungen und Ziele sollten also nicht zu hoch gesteckt werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir auch ins- künftig auf Zuzug aus dem Ausland an- gewiesen sein werden. Neben den älteren Arbeitskräften sollen es vor allem die Frauen richten. Aller- dings haben letztere punkto Partizipa- tion schon weit aufgeholt und werden über kurz oder lang zu den Männern aufschliessen. Auffallend ist hingegen der hohe weibliche Teilzeitanteil mit oft sehr tiefen Anstellungsgraden. Hier liegt wohl am meisten «Potenzial» brach. Der verspätete Aufbau der externen Kinder- betreuung spielt hier zwar mit, ist aber kaum der Hauptgrund für die tiefen Pen- sen der Frauen. Zum einen wird das Arbeitsangebot durch das hohe Schweizer Lohnni- veau selbst reduziert - auch bei den Männern. Dies ist die erfreuliche Folge des Erfolgs und von daher nicht zu än- dern. Zum andern untergraben aber massive implizite Progressionen auf den «Zweiteinkommen» verheirateter Frauen die Arbeitsanreize. Hierzu trägt nicht nur die formelle Steuerprogres- sion unter gemeinsamer Veranlagung bei, sondern auch einkommensabhän- gige Krippentarife und einige Aspekt der Sozialpolitik. Nicht selten bleiben von einem zusätzlich verdienten Franken nur 20 Rappen oder noch weniger übrig. An diesem Missstand sollte die Politik arbeiten. Ziel muss es sein, dass der Staat möglichst wenig in die individuellen Lebenspläne der Menschen eingreift. Dr. Patrik Schellenbauer, Geschäftsleitungsmitglied von Avenir Suisse
  • 25. 25 Prof. Dr. Rudolf Minsch, Chefökonom economiesuisse Text: Prof. Dr. Rudolf Minsch Der Kampf um gut Ausgebildete wird sich verstärken Die Nachfrage in der Schweiz nach qualifizierten Arbeitskräften wird weiter anhalten. Dem kann man mit Massnahmen im Inland begegnen. Aber ausreichen wird dies nicht. Auch international werden Hochqualifizierte knapper. Wirtschaftsvertreter wurden während der Debatten um die Zuwanderungsini- tiativen immer wieder mit den gleichen Vorwürfen konfrontiert: Der «Fachkräf- temangel» entpuppe sich bei näherem Hinsehen als Märchen, denn man wür- de einfach das inländische Arbeitskräf- tepotenzial zu wenig ausnützen. Doch wie gross ist dieses inländische Potenzial wirklich? Tatsächlich ist auf den ersten Blick kaum einzusehen, weshalb die Personalver- antwortlichen vieler Unternehmen sich über den ausgetrockneten Arbeitsmarkt beklagen, während es die Arbeitslosen- quote einfach nicht schafft, längerfristig unter 3 Prozent abzutauchen. Es sind mehrere sich überlagernde Prozesse, die hier ihre Wirkung entfalten. Der erste ist ganz offensichtlich die demografische Entwicklung. Der Anteil der Menschen im arbeitsfähigen Alter entwickelt sich im Verhältnis zum Anteil der Rentenbezüger seit Jahrzehnten ungünstig. Der grösste Sprung steht uns aber noch bevor, wenn in 10 bis 15 Jahren die «Babyboomer» 65 werden. In manchen Jahren werden über 50’000 Menschen weniger in den Arbeits- markt einsteigen als ihn verlassen. Die Nachfrage nach Arbeitskräften wird aber mindestens ebenso stark befeuert durch den Strukturwandel in der Schwei- zer Wirtschaft. Von einem Industrie- und Bankenland haben wir uns innert weni- ger Jahrzehnte zu einem innovationsori- entierten Forschungs-, Produktions- und Dienstleistungsstandort entwickelt. Und als solcher stehen wir heute nicht mehr nur mit den benachbarten Wirtschafts- räumen in Konkurrenz, sondern mit den wettbewerbsfähigsten Standorten der ganzen Welt. Das bleibt nicht ohne Fol- gen für unseren Arbeitsmarkt. Gefragt sind heute immer häufiger Expertinnen und Fachleute mit vertieften Kenntnissen in Spezialgebieten. Das gilt für die For- schung und die Medizin ebenso wie für das Ingenieurwesen oder die IT-Branche. Ausreichend viele Menschen mit solchem Knowhow auf dem Schweizer Arbeits- markt zu finden, ist längst zum Ding der Unmöglichkeit geworden. Auch die Hoch- schulen benötigen vermehrt ausländische Forscherinnen und Forscher, damit sie international wettbewerbsfähig bleiben und ihre hohe Qualität halten können. Selbstverständlich gibt es noch brachlie- gende Potenziale in der Schweiz. Durch konstante Weiterbildung können Arbeit- nehmende heute bis zur Pensionierung «up to date» bleiben. Mit flexibleren Ar- beitszeiten und Teilzeitmodellen lassen sich gut ausgebildete Inländerinnen mit Sicherheit noch stärker in den Arbeits- markt einbinden. Und mit der Erhöhung der Anzahl Ausbildungsplätze beispiels- weise in den Informatikberufen oder an den medizinischen Fakultäten kann dem Mangel ebenfalls entgegengewirkt wer- den. Ja, das alles muss die Schweiz, müs- sen die Arbeitgeber noch ausgeprägter tun als heute. Doch ausreichen wird es nicht. Eine Studie, welche die Universität Basel kürzlich im Auftrag von economie- suisse und dem Schweizerischen Arbeit- geberverbanddurchgeführthat,zeigtdies klar: Selbst wenn wir das Inlandpotenzial voll ausschöpfen, fehlen der Schweiz bei halbwegs konstanter Entwicklung bis 2030 allein im Gesundheits- und Pfle- gebereich 140’000 Arbeitskräfte, weitere 40’000 in den Ingenieurberufen, 30’000 in Unterricht und Bildung... die Reihe liesse sich fast beliebig fortsetzen. Solche Langfristprognosen sind natürlich mit einer gehörigen Portion Vorsicht zu geniessen, denn künftige Entwicklungen wie die Innovation oder die Erhöhung der Produktivität lassen sich nun mal nicht voraussehen. Es kommt auch nicht auf die genaue Zahl an. Dennoch kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass der Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräf- ten in der Zukunft eher steigen als sinken wird. Und bei einem ausgeschöpften in- ländischen Potenzial können nun mal nur Zugewanderte diese Lücke füllen. Die Migration ist auch die einzige Mass- nahme, mit der die Alterungskurve der Bevölkerung nachhaltig beeinflusst wer- den kann. Und weil sich immer mehr Länder be- reits heute vor dieselbe Herausforderung gestellt sehen, betrifft der Mangel an Gutqualifizierten nicht nur die Schweiz. Bereits ist der Kampf um Talente Realität. Firmen und Hochschulen buhlen welt- weit um die Besten. Und dieser Kampf wird sich noch verstärken. Die Schweiz hat gute Karten, denn sie ist attraktiv. Wir tun gut daran, die gut ausgebildeten Zuwanderer – und ihre Kinder – nicht zu vergraulen, sondern weiterhin mit offe- nen Armen zu empfangen.
  • 26. 26 Text: BaselArea Attraktive Wirtschaftsräume ziehen Fachkräfte an Welche Standortfaktoren tragen zur Attraktivität eines Wirtschaftsraums bei? Dazu einige Gedanken aus Sicht der Wirtschaftsförderung. Die Wirtschaftsförderungsorganisa- tion BaselArea unterstützt Firmen in der Region Basel sich anzusiedeln. Die Organisation begleitet rund 100 Fir- mengründungen pro Jahr und leistet mit dem Steuersubstrat, Investitionen und circa 800 Arbeitsplätzen einen wichtigen Beitrag zur regionalen Wert- schöpfung. Damit der Wirtschaftsstandort Basel weiterhin im Wettbewerb mit anderen Ländern und Regionen besteht und für ansiedlungswillige Unternehmen attraktiv bleibt, braucht es stabile Rah- menbedingungen. Eine massgebliche Voraussetzung ist der einfache und schnelle Zugang zu Fachkräften die vor Ort sind oder die die Möglichkeit haben, sich rasch und einfach niederzulassen. Die Schweiz zeichnet sich gegenüber dem Ausland besonders dadurch aus, dass sie über ein solides Bildungssys- tem mit ausgezeichneten Universi- täten und Fachhochschulen verfügt. Zusätzlich sichert das duale Berufs- bildungssytem mit der kombinierten Lehrlingsausbildung und Berufsschule den ausgebildeten Nachwuchs in tech- nischen, sozialen und administrativen Berufen. Die zentrale Lage der Schweiz garantiert den Zugriff auf einen grossen Talent-Pool. So pendeln im Dreilände- reck Deutschland-Frankreich-Schweiz täglich 70’000 Grenzgänger in die Regi- on Basel zum Arbeiten. Speziell im Bereich Life Sciences posi- tioniert sich die Region mit ihren Fach- kräften in der Champions-League. So hat die Region Basel mit 27’600 hoch- qualifizierten Mitarbeitenden einen fünffach grösseren Talente-Pool als Zürich oder Genf. Die von BaselArea angesiedelte US Firma Abbott AG, wel- che im pharmazeutischen Produkte- bereich in 130 Ländern tätig ist und weltweit 70’000 Mitarbeiter beschäf- tigt, davon 800 in der Schweiz sagt dazu: «Der Standort Basel hat meine persönlichen und beruflichen Erwar- tungen übertroffen. Das soziale und berufliche Umfeld ist wirklich hervor- ragend. Zusammen mit der dynami- schen Umgebung der Pharmaindust- rie sind dies die Schlüsselfaktoren, um Talente aus dem In- und Ausland an den Hauptsitz nach Basel zu holen.» Mike Warmuth, Senior Vice President, Established Products Division.In der Medizintechnik sowie in der Logistik kann die Region ebenfalls auf Spezi- alisten zurückgreifen. Über 7’500 gut ausgebildete Fachkräfte mit Kenntnis- sen in der maschinellen Bearbeitung von Materialien, dem Bau von CNC- Maschinen oder elektronischen Kom- ponenten tragen dazu bei, dass die Region Basel in dieser Branche wett- bewerbsfähig bleibt und ausländische Investoren anzieht. Die Region Basel ist zudem ein beeindruckender Logis- tikcluster: 16’000 Mitarbeitende arbei- ten hier in 990 Unternehmen, die ei- nen zentralen Hub für Im- und Export von wertschöpfungsintensiven Gütern und Produkten bilden. Es ist für einen Wirtschaftsstandort wie die Region Basel entscheidend einen Fachkräf- temangel in Zukunft zu verhindern - ansonsten büsst die Wirtschaftsregion bei ihrer Standortqualität beträchtlich ein. Die Konsequenz wäre, dass sich neue Unternehmen aus dem In- und Ausland nicht mehr in unserer Ge- gend niederlassen. Sie würden andere Wirtschaftsräume mit besseren Bedin- gungen und Fachkräften bevorzugen, um ihre Investions- und Expansions- pläne umzusetzen. Geschäftsführerin der BaselArea, Iris Welten meint dazu: «Firmen brauchen Fachkräfte, um im Wettbewerb gegenüber Mitbewerbern zu bestehen und ihre Existenz zu si- chern. Ansiedlungswillige Unterneh- men bereichern den Wirtschaftsraum, ergänzen die Wertschöpfungskette einer Region und steigern die Attrak- tivität eines Wirtschaftsstandortes. Sie tragen zu einer gesunden und diversi- fizierten Wirtschaft bei und somit zur Sicherung und zu Wachstum des Wohl- stand einer Region.» Iris Welten, Geschäftsführerin BaselArea
  • 27. 27 Text: metrobasel Die Masseneinwanderungsinitiative – mögliche Folgen für unsere Region Die Schweizer Stimmbevölkerung nahm am 9. Februar 2014 knapp die Masseneinwanderungs- initiative an – nun ist der Bund gefordert. Erste Auswirkungen sind in der Region Basel bereits spürbar: Die Wirtschaft investiert zurückhaltender und hochqualifizierte Fachkräfte überlegen sich gut, ob sie in die Region ziehen möchten. metrobasel organisierte in Zusammen- arbeit mit economiesuisse und dem Ar- beitgeberverband Basel am 26. August den Anlass zur Masseneinwanderungs- initiative. Regula Ruetz, Direktorin von metrobasel eröffnete die Veranstaltung. Sie wies auf die möglichen Folgen der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) für die Schweiz hin. Ohne Zuwanderung und die über 65’000 Grenzgänger hätten wir in den nächsten Jahren schlichtweg zu wenige Fachkräfte, welche die Wirt- schaft in unserer Region dringend benö- tigt. Damit verspielten wir einen wich- tigen Standortfaktor: die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Fachkräften. Die Schweiz verliere so an Attraktivität, wel- che unseren Wohlstand garantiert. Barbara Gutzwiller, Direktorin des Ar- beitgeberverbands Basel, forderte eine Umsetzung der MEI mit Augenmass. Kurzaufenthalter und Grenzgänger soll- tennichtkontingentiertwerden,dennbe- reitsheutebestehe einFachkräftemangel ingewissenBerufen.VonseitenderPolitik und der Wirtschaft müsse das Potential von inländischen Arbeitskräften besser genutzt werden. Dafür brauche es aber eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Förderung der älteren Mitarbeitenden.Yves Rossier, Staatssekretär im EDA, stellte die Umset- zungsstrategie des Bundesrates vor. Die- ser strebe eine konsequente und rasche Umsetzungan,eineschnelleEinigungmit der EU sei jedoch nicht zu erwarten, da für diese die Personenfreizügigkeit nicht verhandelbar sei. Die Unsicherheit für die Wirtschaft dauere somit noch an, es sei ebenfalls nicht auszuschliessen, dass durch die Umsetzung der MEI sogar die Bilateralen Verträge fallen könnten. Dies würde einen herben Rückschlag für die Schweiz bedeuten. Das anschliessende Podium leitete Mir- jam Jauslin, Chefredaktorin a.i. von Te- lebasel. Es nahmen Staatssekretär Yves Rossier, Luzi Stamm, SVP-Vizepräsident und Nationalrat, Prof. Dr. Rudolf Minsch, Chefökonomvoneconomiesuisse,Pascal Brenneisen, Vizepräsident von science- industries switzerland, Hansjürg Dolder, Leiter des Amt für Wirtschaft und Arbeit Basel-Stadt, Dr. Werner Kübler, Direktor des Universitätsspitals Basel und Eduard Schmied, Präsident Bauunternehmer Region Basel daran teil. Das Podium dis- kutierte die bereits eingetretenen und zu erwartenden Auswirkungen der Mas- seneinwanderungsinitiative für die Wirt- schaft und unsere Region. DiedurchdieAnnahmederInitiativeent- standene Unsicherheit zeige sich bereits durch die Zurückhaltung der Wirtschaft bei Investitionen. Insbesondere interna- tional tätige Firmen würden sich genau überlegen, ob sie an einem Standort, wo allenfalls die notwendigen hochqualifi- zierten Fachkräfte nicht erhältlich seien, weiter Gelder investierten. Viele Mitar- beitende in der Forschung, welche für unseren Innovationsstandort von gröss- ter Bedeutung ist, seien zudem verunsi- chert, ob ihre Arbeitsplätze auch in Zu- kunftgesichertseienoderobsieallenfalls ins Ausland verlagert würden. Mit Kontingenten, in welchen auch die Grenzgängereingeschlossenwären,wür- denimGesundheitswesenvieleFachkräf- te fehlen – sowohl Ärzte als auch Pflege- personal. SVP-Nationalrat und MEI-Befürworter Luzi Stamm war der Überzeugung, dass der Schweiz keine grossen Schwierigkei- ten entstünden, Fachkräfte ins Land zu holen. Die vor der Annahme der Perso- nenfreizügigkeit bis 2007 geltende Rege- lung mit Kontingentierungen habe auch funktioniert.DiePodiumsteilnehmenden äusserten grosse Bedenken im Blick auf die verträgliche Umsetzung der MEI für Wirtschaft und Gesundheitswesen. Ob und wie diese überhaupt umgesetzt wer- den könne, zeige sich in den nächsten Monaten. Engagierte Podiumsdiskussion: die Teilnehmenden äusserten grosse Bedenken wie die Initiative verfassungskonform und ohne grosse negative Folgen für die Wirtschaft umgesetzt werden kann Staatssekretär Yves Rossier
  • 28. 28 Text: metrobasel Wirtschaftsforum Fricktal 2014: Strategien, Trends und Visionen Das diesjährige Wirtschaftsforum Fricktal, welches jährlich in Zusammenarbeit mit metrobasel im September veranstaltet wird, befasste sich mit Visionen für die Region. Wo wird das Fricktal im Jahr 2050 wirtschaftlich stehen und wie wird es aussehen? In seiner Begrüssung ging der Gastgeber und Stadtamman von Rheinfelden, Fran- coMazzi,aufbereitsimFricktaleingeleite- teVisions-undVeränderungsprozesseein. Im anschliessenden Gespräch mit Mir- jam Jauslin, stv. Chefredaktorin von Telebasel, legte die Direktorin von me- trobasel, Regula Ruetz, dar, welche so- genannten «Megatrends» – langfristige, globale Veränderungen auf uns zukom- men, welchen Einfluss die Wissensge- sellschaft und der technische Fortschritt auf die Gesellschaft haben werden und wie wir idealerweise wohnen, arbeiten und die Freizeit verbringen werden. Sie erläuterte, wie die metrobasel Vision 2050 entstanden ist und wie wir von un- serer Vergangenheit aber auch von Kul- tur und Umfeld geprägt werden. Alterna- tive Wohnformen, Communities, Home office, intelligentes Pendeln, teilen statt besitzen, den Rhein alsVerkehrsader und Freizeitraum nutzen sowie vermehrt In- novation fördern, waren nur einige der angesprochenen Zukunftsvisionen. Der Zukunftsforscher Dr. AndreasWalker ging in seinem Referat auf neue Arbeits- formen ein und Peter Riebli, Leiter der Syngenta-Werke Nordwestschweiz, zeig- te auf, wie die Welt mit einer Bevölke- rung von fast zehn Milliarden Menschen im 2050 ernährt werden kann. Die Podiumsteilnehmenden diskutierten möglicheVisionen und Strategien. Regula Ruetz und Dr. Andreas Walker betonten, dass Megatrends auch im Fricktal spür- bar seien, das Leben im 2050 aber nicht komplett anders sein werde als heute. Ei- nig waren sich die Teilnehmenden, dass sich zwar nicht alles ändern werde, dass aber bereits heute Weichen für die Zu- kunft von morgen gelegt werden müssen. DIE GRÖSSTE SCHWEIZER DRUCKEREI IST AUCH IHR PARTNER FÜR PREMEDIA UND VERLAGSSERVICES. Das Erstellen von Medien beginnt bei uns schon lange vor dem Druck. Und geht weit darüber hinaus. Denn als innovatives Unternehmen optimieren wir nicht nur Abläufe, sondern bauen unser Dienstleistungsangebot ständig aus. Nicht zuletzt, um die elektronische und die gedruckte Welt schneller und enger miteinander zu vernetzen. Perfektionieren auch Sie Ihre Abläufe, wir helfen Ihnen gerne dabei. www.swissprinters.ch WIR HEISSEN ZWAR SWISSPRINTERS, ABER WIR SIND AUCH:
  • 29. 29 Text: Regula Ruetz metrobasel – Rückblick und Ausblick metrobasel Projekte 2014/2015 und das BEF Basel Economic Forum. Ein Blick zurück Die diesjährige metrobasel Generalver- sammlung vom 28. April 2014 durften wir auf Einladung des CEO Ralph Hei- nisch am Hauptsitz der Weleda AG in Arlesheim durchführen. Seit Gründung von metrobasel hatte Dr. Ingrid Duplain während sieben Jahren denVerein präsi- diert.NungabsiedasPräsidiumanihren Nachfolger, Dr. Uwe Böhlke ab. Die Mit- glieder verabschiedeten sie mit einem warmen Applaus und hiessen Böhlke als neuen Präsidenten herzlich willkom- men. Sämtlichen Anträgen wurde zuge- stimmt. ImAnschlussandieordentliche GV informierte Andreas Sommer, CCO vonWeleda,dieTeilnehmendenüberdas Unternehmen Weleda und dessen Arz- neimittel und Naturkosmetikprodukte. Die Gäste durften nach einer Führung durch den aussergewöhnlichen Pro- duktionsbetrieb einen ausgezeichneten Apéro riche geniessen, anregende Ge- spräche führen, Netzwerke pflegen und am Schluss eine grosszügig mit Weleda- ProduktengefüllteTaschemitnachHau- se nehmen. Anlass zur Masseneinwanderungs- initiative Nach der Annahme der Masseneinwan- derungsinitiative vom 9. Februar 2014 hat metrobasel einen Anlass zur Umset- zung dieser Initiative und der Strategie des Bundes initiiert und organisiert. Der Anlass wurde von economiesuisse und demArbeitgeberverbandBaselengagiert unterstützt. Die drei Organisationen wollten im Hinblick auf die Ecopop-In- itiative aufzeigen, wie wichtig ausländi- sche Fachkräfte für unsere Region sind. StaatssekretärimEDAundChefdiplomat der Schweiz, Yves Rossier, äusserte sich in seinem Referat und auf dem Podium offen zum Verhandlungsspielraum der Schweiz. Mehr dazu lesen Sie auf Seite 27 dieses reports. Monitoring metrobasel ist zurzeit daran, ein Moni- toring zu allen bisherigen metrobasel Studien zu erstellen. Damit möchten wir unsere Arbeit auf deren Wirkung im Ziel überprüfenaberauchaufzeigen,wosich seitunserenEmpfehlungenetwasverän- derthatundwennja,inwelcheRichtung, oder wo noch Handlungsbedarf besteht. Diese grössere Arbeit werden wir im nächstenJahrfinalisierenundvorstellen. Erfolgreiches erstes BEF Basel Economic Forum Am 17. November 2014 fand das erste BEF Basel Economic Forum statt. Das BEFwurdevonmetrobasel2013initiiert, geplant, organisiert und zusammen mit dem Arbeitgeberverband Basel veran- staltet. Das diesjährige Forum befasste sichmitdemFachkräftebedarfundFach- kräftemangel. Hochkarätige Referenten und Podiumsteilnehmende gingen in ihren interessanten Ausführungen auf gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Fragen ein und äusserten sich zu möglichen Lösungsvorschlägen. Mehr dazu auf den Seiten 10 – 17. Beirat metrobasel ist es gelungen, einen hoch- karätigen Beirat ins Leben zu rufen. Die- ser bringt wissenschaftliches Know-how ein, innovatives Denken und ein gro- sses Wissen zu den Herausforderungen der Region. Der Beirat liefert Impulse für kommende Studien und Projekte, welche von metrobasel realisiert wer- den sollen. Projekte 2015 Mit unseren Partnern und demVorstand wird diskutiert, wie wir die verschiede- nenvomBeiratvorgeschlagenenProjek- teumsetzensollen.EingrösseresProjekt befasst sich mit dem Thema «aging», dem sich ebenfalls das zweite BEF Basel Economic Forum vom November 2015 widmen wird: www.baseleconomicfo- rum.ch. Zudem werden wir ein sehr ak- tuelles Thema rund um die Bilateralen VerträgemitderEUaufnehmenundeine breite Umfrage dazu starten. Auch werden wir uns wiederum mit den Standortfaktoren der Subregionen von metrobasel befassen und selbst- verständlich werden die Mitglieder und Partner von metrobasel auch im kom- menden Jahr zu verschiedenen interes- santen Anlässen eingeladen sowie über Newsmails zu den Aktivitäten von met- robasel informiert. Ihre Meinungen, Inputs und Ideen sind uns wichtig. Bringen Sie sich bei metro- basel ein und unterstützen Sie damit die Bestrebungen von metrobasel, dass un- sere Region auch in Zukunft wirtschaft- lich erfolgreich sein wird und die hohe Lebensqualität erhalten bleibt! Regula Ruetz, Direktorin metrobasel
  • 30. 30 Aini fir alli.Aini fir alli. bz Basel. Tagtäglich meine Zeitung. Jetzt abonnieren: 058 200 55 05 oder www.bzbasel.ch Werden Sie Mitglied metrobasel ist der Think Tank und die neutrale Plattform für die Metropolitanregion Basel. Unser Ziel ist es aufzuzeigen, welche Standortfaktoren für den Wohlstand unserer Region entscheidend sind und welche Veränderungen angestossen wer- den müssen. Um darzulegen, welchen Herausforderungen wir uns stellen müssen, erarbeitet metrobasel Studien, veranstaltet Diskussionsplattformen und Anlässe - wie z.B. das BEF Basel Economic Forum - und sensibilisiert eine breite Bevölkerung über Kommunikationskanäle – wie beispielsweise dem metrobasel report . Mit Ihrem Beitrag unterstützen Sie die Zielsetzungen und Projekte von metrobasel und helfen mit, dass unsere Region auch in Zukunft so erfolgreich ist wie heute. Es gilt, Innovationsfähigkeit, bestmögliche Bildung, gute Arbeitsplätze, Wohlstand und Lebensqualität nicht nur zu erhalten sondern auch zu fördern. Werden Sie Mitglied bei metrobasel und nehmen Sie an Informations- und Networking-Anlässen teil!  Gönnerbeitrag ab CHF 50, oder CHF (ohne statutarische Gegenleistungen)  Ich möchte Einzelmitglied werden und bezahle CHF (mindestens CHF 100)  Ich möchte Premiummitglied werden und mich bei Projekten aktiv einbringen (Mitgliederbeitrag für Einzelpersonen ab CHF 1’000)  Ich möchte eine Firmen-/Verbands-/Organisationsmitgliedschaft eingehen.Bitte senden Sie mir Unterlagen dazu  Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf Beiträge und Leistungen für Mitglieder, Basis- oder Projektpartner (Unternehmen und Organisationen) finden Sie unter www.metrobasel.org oder fordern Sie die Unterlagen an: info@metrobasel.org oder 061/272 11 44. Name/Vorname: Evtl. Firma/Funktion: Strasse/Nr.: Wohnort: Evtl. Mailadresse: Bitte senden Sie uns Ihre Rückmeldung per E-Mail/Scan an info@metrobasel.org oder per Fax an 061/272 11 42. Für die Überweisung eines Gönner- oder Mitgliederbeitrages auf folgendes Konto danken wir Ihnen herzlich. Einzahlung für: Basler Kantonalbank, 4002 Basel Zugunsten von: CH22 0077 0016 5495 1441 7 metrobasel, Aeschenvorstadt 4, 4051 Basel Konto 40-000061-4 BIC: BKBBCHBBXXX