Mit den Beiträgen im ‚no goldfish‘ Marketingblog begleiten wir unsere Leser regelmäßig auf der Reise durch die Marketingwelt. Wir erforschen alte und neue Welten, entdecken Ungeheuer, spannen den Bogen zwischen Theorie und Praxis und stellen komplexe Sachverhalte verständlich dar. Es darf gestaunt, geschrien, gegrübelt und gelächelt werden.
In unserem Marketingliteraturexperiment auf Slideshare möchten wir Worte mit Bildern anreichern und das Ganze taschenfreundlich verpacken.
Der Artikel "Werte und Taten" gehört der Kategorie "Customer Relationship Management" an und befasst sich mit dem Thema "Loyalitätsprogramme".
3. Eine Ehefrau, die zu ihrem Ehemann steht, obwohl dieser öffentlich an den Pranger
gestellt wird. Ein Fan, der seinem Star einen Ausrutscher verzeiht. Ein Freund, der
bleibt, auch wenn man gerade sein Fahrrad gegen die Wand gefahren hat. Sie alle
verbindet ein traditionsreicher Begriff. Einer, der einem ständigen Wandel
unterworfen ist, im Kern aber gleich bleibt. Anständig, treu, ergeben. Eben: loyal.
Loyalität, das ist ein Gefühl von Vertrauen und Zugehörigkeit, das auf gemeinsamen
Werten basiert, ein Gefühl, das nicht erzwungen werden kann. Ihr Beweis gilt in
guten wie in schlechten Zeiten, unausgesprochen und selbstverständlich. Loyalität,
das ist ein unbestechlicher Bund, den auch Unternehmen versuchen, für sich zu
nutzen. Kunden sollen langfristig zu einem halten. Nur, wie kann das bewerkstelligt
werden?
In Frankreich, wo der Begriff „loyal“ in einem Jahrhundert zwischen Aufklärung und
Revolution zuerst gesichtet wurde, hätte es sicherlich fremdartig gewirkt. Doch heute
sind wir er!nderisch und kühn. Loyalität kann herunter von einem verstaubten
Podest, wo sie neben langjährigen Dienstverhältnissen und streitenden Herrscher-familien
ein biederes Dasein führte. Hinein in die Zukunft, in der man Loyalität
institutionalisieren kann: In einem Ge"echt aus Anreizen und Belohnungen, soll ein
Loyalitätsprogramm Teil der Lösung sein.
Eigenheiten eines Loyalitätsprogramms:
Du, ich und die anderen
Ein Unternehmen schließt sich einer externen Plattform an. Der Plattformbetreiber
bringt Partnerunternehmen zusammen und ein Bonusprogramm macht die
jeweiligen Produkte schmackhaft: Der Kunde sammelt beim Einkaufen Punkte und
wenn er genügend Punkte gesammelt hat, wird er mit Prämien, Gutscheinen und
goldenen Schlössern belohnt. Vorübergehend ist der Kunde einer Marke gegenüber
treu, doch bleibt er das auch wenn ein Unternehmen aus dem Programm aussteigt?
Loyal ist man genaugenommen nur gegenüber seiner Sammelkarte.
Nur ich und du
Ein Unternehmen startet sein eigenes Loyalitätsprogramm, bei dem ein Kunde an die
eigene Marke und sie alleine gebunden werden soll. Gemeinsame Werte werden
erörtert und gegenseitige Erwartungen festgehalten. Im Falle von Starbucks heißt es
schlicht, die Liebe, die der Kunde schenkt, zu erwidern (Starbucks Rewards – in
Englisch: https://www.starbucks.com/card/rewards).
4. Fremdgehen lohnt sich doch
Als Gegenwind zu den global agierenden Kaffee-Riesen begegnen acht lokale Cafés in
Singapur dem Thema Loyalität mit einem Paradox. Sie fordern dazu auf, durch
Illoyalität Treue zu zeigen. Hierzu bekommt der Kunde eine „disloyalty card“. Bei jedem
Besuch in einem der Cafés sammelt er dann Punkte. Zum Schluss gibt es ein
kostenloses Getränk von dem Café, das als erstes besucht wurde. Die Agentur Antics
(http://anticsstudios.com/) beweist, dass ein Loyalitätsprogramm, von denen es
inzwischen gefühlt mehr gibt als Lady Gaga Fans, keinesfalls einfallslos sein muss.
Ich weiß alles über Dich
Loyalitätsprogramme erlauben es dem Unternehmen, Daten über einen Kunden zu
sammeln. Alle Transaktionen werden entweder in einem System oder, im Falle von
Kleinstunternehmen, im Kopf eines Eigentümers gespeichert. Zumindest sollten sie
das, mit Verlaub und im gesetzlichen Rahmen. Doch wenn die Daten, die der Kunde
freiwillig überlässt, nicht verknüpft und genutzt werden, dann sollte man die Kosten
für ein Loyalitätsprogramm lieber gleich abschreiben. Denn wie kann ich als Kunde
jemandem vertrauen, der mir immer noch nach Hannover schreibt, obwohl ich ihn
ängst gebeten habe, meine Post nach Leipzig zu schicken? Wie, wenn jemand
behauptet meine Telefonnummer nicht zu haben, obwohl ich sie in meinem
Online-Pro!l sehen kann? Hört da auf der anderen Seite überhaupt jemand jemals
zu? Der achtlose Umgang mit Daten begründet einen Vertrauensbruch und gefährdet
jede Beziehung.
Klassengesellschaft
Loyalitätsprogramme appellieren häu!g an den Ehrgeiz empor zu steigen und
schaffen Klassengesellschaften. Ob „Privilege Club", „Privilege Executive", „Privilege
Elite" bei Europcar oder „wichtig“, „wichtiger“, „größenwahnsinnig“ im Tante Emma
Laden. Dem Kunden wird transparent gemacht, wo er sein könnte, wenn er sich einer
Marke voll und ganz widmen würde. Kundensegmentierung ist eine wichtige M
aßnahme, schließlich stehen einem Unternehmen nur begrenzte Mittel zur Verfügung.
Doch nicht jeder fühlt sich in einer Klassengesellschaft wohl und die Wahl der
Segmente, in die man seine Kunden öffentlich einteilt, kann darüber entscheiden,
ob ein Kunde dazu gehören möchte oder nicht.
5. Unterwegs
Weil so viele Unternehmen um das Treuegelöbnis der Kunden buhlen, sammeln sich
im Geldbeutel viele potenzielle Treuebeweise. Technische Lösungen wie die von
CardMobili (http://www.cardmobili.com/) verhindern, dass der Kunde aus
Platzmangel fremd geht. Eine mobile Applikation erlaubt es Kunden eines
Partnerunternehmens über sein Mobiltelefon an die Treueanreize zu kommen. Die
Interaktion eröffnet neue Möglichkeiten und spricht auch Zielgruppen an, die den
Begriff „smart“ nur noch in Verbindung mit einem Telefon bringen.
Letztendlich...
Ein Loyalitätsprogramm ist ein Werkzeug. Wie bei jedem anderen Werkzeug, emp!ehlt
sich die Prüfung: Kann ich damit umgehen? Oder werde ich gegebenenfalls damit
Schaden anrichten? Möchte ich mit diesem Werkzeug wirklich jemanden langfristig an
mich binden? Wie passt so ein Programm zu meiner Strategie? Was ist der Wert, der
den Kunden dazu bringt, mir gegenüber loyal zu sein?
Vor allem dann, wenn nichts mehr für die Ewigkeit ist
(http://www.no-gold!sh.de/2012/05/alterungsprozesse/), zählt Vertrauen und jemand,
der in guten wie in schlechten Zeiten zu einem steht.
6. no-gold!sh.de
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