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Fax 030 47989800
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Redaktion: Madlen Brückner und Lars Dörfel
Satz und Layout: Jens Guischard

Alle Rechte vorbehalten.
© puriy-Reiseverlag, Berlin 2012

1. Auflage Dezember 2012
Inhaltsverzeichnis


Christos vom Baumwollfeld und wie ich lernte,                                4
vor Zugtoiletten zu schlafen
Claudia Clawien - Europa

Und action bitte                                                             5
Madlen Brückner - Afrika | Äthiopien

Safariexperten? Oder wie ein Angsthase die Nacht                             6
am Ngorongoro-Krater überlebte
Lars Dörfel - Afrika | Tansania

K50 to Hell                                                                  7
André Riediger - Afrika | Somalia

Die Bedeutungslosigkeit von Zeit oder wie lernte                             8
ich die wahre Entschleunigung kennen.
Ninette Brückner - Afrika | Malawi

Über die orthodoxe Verwendung von Mülltüten, dem                             9
verschwundenen Shlomo und der Herausforderung des
Dr. Shakshuka - eine Rundreise durch Israel
Theresa Schulz - Asien | Israel

Same same but different                                                     10
Jonathan Buttmann - Asien | Indien

Vom Rettungsboot ins indonesische Fernsehen                                 11
Lars Hanf - Asien | Indonesien

„Drive Baby Drive.“                                                         12
Anne Wenglarski - Australien

Lost in den Anden                                                           13
Ninette Brückner - Südamerika | Peru

Es kommt immer anders als man denkt                                         14
Lars Dörfel/ Madlen Brückner - Europa | Spanien, Südamerika | Argentinien

Shanghai                                                                    15
Nina Buttmann - Asien | China

Ecuador                                                                     17
Madlen Brückner - Südamerika | Ecuador
Europa


    Christos vom Baumwollfeld und wie ich lernte,
    vor Zugtoiletten zu schlafen
Claudia Clawien

                           Schlaftrunken öffnet sich erst mein ei-
                           nes, dann mein anderes Auge. Wo bin ich?
                           Ich schaue in die Gesichter zweier fins-
                           ter dreinblickender Typen in karottigen
                           Bundfaltenhosen und wild gemusterten
                           Hemden. Langsam fällt es mir wieder ein:
                           ich liege im Zug von irgendwo in Grie-
                           chenland nach irgendwo in Europa. Ge-
                           nauere Bestimmung: es ist das Jahr 1991
                           und ich fahre durch former Yugoslavia.
                           Panzer und Militär säumen die Zugstre-
                           cke. Ich schlafe wieder ein.


                           Es ist Sommer und es ist die Rückfahrt ei-
                           ner aufregenden Reise quer durch Europa
                           mit dem Interrail-Ticket.




4
Afrika | Äthiopien


„Und Action bitte ...“


Madlen Brückner

Auf die Schnelle sollte es noch ein Ausflug zu den Völkern des Omo-Tals sein. Güns-
tig und schnell – in 7 Tagen in eine andere Welt. Da wo Lendenschurz und Kalasch-
nikows beginnen, hört unsere Welt auf.


Da stehen wir nun völlig irritiert in einem lebenden Museum, in einer Filmkulisse,
wie sie nicht besser hätte nachgebaut werden können. Zwischen hochgewachse-
nen, bunt geschmückten und mit Lippentellerrn verzierten Menschen. Job oder All-
tag? Was ist gespielt, was wirklich? Meine Realität schmilzt unter der äthiopischen
Mittagssonne zu einem einzigen Film zusammen. Ich bin nicht mehr fähig, den
Auslöser des Fotoapparats zu drücken und ergebe mich stattdessen völlig der Auf-
führung, bis mich das Zerren an meinen Klamotten und Kratzen an meinen blo-
ßen Armen aus dieser Inszenierung reißt. Zuschauen erwünscht - durch die Linse.
Gegen Bares, versteht sich. Neu und Unverbraucht. Ich schaue weg.


Drei Tage später 100 Kilometer weiter, ein anderer Stamm, nicht minder bunt, aber
weniger geschäftstüchtig. Hier stehen wir inmitten einer Filmkulisse, die lebt. Nur
unser Jeep stellt sich irgendwo zwischen Turmi und Weyto inmitten des Niemands-
landes tot. Die Klappe fällt „und Action bitte“. Wir laufen in der glühenden Mittags-
hitze ohne Wasservorrat unter neugierigen Blicken einiger Hamer los...




                                                                                   5
Afrika | Tansania


    Safariexperten?


Lars Dörfel

Oder wie ein Angsthase die Nacht am Ngorongoro-Krater überlebte

Vierter Tag Safari, die Serengeti nun hinter mich gelassen und angekommen am
Rand des Ngorongoro Kraters. Dieser durch Bernhard und Michael Grzimek in
aller Welt berühmte Krater und Inbegriff vom Safari-Tourismus sollte nun der Hö-
hepunkt unserer fünftägigen Safari mit Startpunkt Arusha in Tansania werden.
Was fehlt mir nach vier Tagen nun noch auf der Strichliste des zufriedenen Safari-
touristen? Nashorn und Gepard, mal sehen ob morgen unsere Guides die ersehnten
Tiere vor die Kamera locken können. Jetzt aber erst mal das Zelt aufbauen und den
atemberaubenden Anblick auf das Innere des Kraters wirken lassen. Als wir aus
dem Geländewagen stiegen und den Zeltplatz überblickten bemerkte meine Rei-
separtnerin schnell, dass hier nicht viel Platz, Ruhe und Einsamkeit herrscht. Zelt
an Zelt, Safarigruppe an Safarigruppe und zwei Blätter fressende Elefanten am
Rande des Platzes umringt von neugierigen Touristen. Da wir zu einer der späte-
ren Gruppen gehörten, war nur noch wenig Platz inmitten des Zeltmeeres. Meine
Reisepartnerin, wie immer bekannt für ihren Sinn für echte Ruhe, suchte einen
Platz etwas den Hang herunter abseits der anderen Zelt, noch näher am Rand,
etwas einsamer. Unser Guide kam gleich hinterher und ermahnte uns wieder auf-
zuschließen, doch wir, oder eher sie, setzte sich durch. Ich blickte mich wie bereits
die Nächte zuvor um und wie immer kein Zaun, der Mensch von Tier trennte, und
diesmal auch keine weiteren Zelte in der unmittelbaren Nähe, die einem etwas Ver-
trauen gaben. Wie nur soll ich diese Nacht mit schwacher Blase im Zelt überstehen?




6
Afrika | Somalia


K50 to Hell


André Riediger

Es gibt Leute, die pendeln mit dem Auto oder Bus zur Arbeit, andere mit dem Flug-
zeug. Mein Arbeitsplatz war in Somalia. Eine Reise aus den Bars Nairobis zu den
Schauplätzen des postkolonialen und vom Bürgerkrieg zerstörten Somalias.


K50 – so heißt die Landepiste zwischen Merca und Mogadischu. Beide Städte sind
50 km von dort entfernt. Mogadischu, das ist die Hölle für Europäer. Sie war einst
eine blühende, multikulturelle Stadt am Meer, heute ist sie Kampfgebiet zwischen
Alschabab und somalischer „Regierung“. Merca – wäre dort nicht der Krieg durch-
gezogen, so könnte sie Stonetown auf Sansibar Konkurrenz machen.


Wie pendelt man zwischen zwei Welten? Erfahren Sie mehr über die Nacht vor
dem Abflug nach Somalia, meinen Workshop in Merca, das Leben mit Bodyguards
und Gewehrschüssen in der Nacht, die Rückkehr mit Fieber und einem Beinaheab-
sturz während des Fluges nach Nairobi.




                                                                                7
Afrika | Malawi


    Die Bedeutungslosigkeit von Zeit...


Ninette Brückner


... oder wie lernte ich die wahre Entschleunigung kennen.

Wer Afrika erkunden möchte, braucht Zeit und zwar sehr viel Zeit. Vor allem, wenn
man mit öffentlichen Bussen unterwegs ist. Dumm nur, wenn man die nicht hat
und sich auch keinen Mietwagen alleine leisten kann oder gar ein eigenes Fahrzeug
dabei hat. Aber da man ja auch eine andere Seite an sich selbst entdecken möchte
und neue Erfahrungen liebt, geht man eben das Abenteuer Afrika auch ohne die
genannten Komfortfahrzeuge an. Malawi ging ich nicht mehr als Afrika-Neuling
an. Benin lehrte mich bereits, was es heißt, mit öffentlichen Transportmitteln auf
dem Schwarzen Kontinent unterwegs zu sein. Busse im herkömmlichen Sinne, wie
ich sie aus Südamerika und Asien kannte – Fehlanzeige. Wie oft sehnte ich mich
nach den komfortablen Nachtbussen Lateinamerikas mit viel Beinfreiheit und eige-
nem Sitzplatz. Aber einen Vorteil gibt es dennoch in den Bussen Afrikas – ich muss
keinen Schlafsack an Bord nehmen, weil ich fast erfriere, nein, es ist kuschelig
heiß. Und das liegt nicht alleine an der tropischen Hitze, sondern an den Körpern
der afrikanischen Reisebegleiter, die sich an mich schmiegen. Wer hätte schon ge-
dacht, wie viele Menschen ein Kleinbus aufnehmen kann. Die Anzahl der Sitzplät-
ze korreliert nicht häufig mit der Anzahl der Mitreisenden. Jeder Mensch, der am
Straßenrand steht und einen Bus benötigt, wird aufgesammelt. Es handelt sich
hierbei ja um einen potentiellen Geldgeber. Und wo steht denn geschrieben, dass
ein Sitzplatz für genau einen Menschen hergestellt wurde? Purer Luxus. Außerdem
ist der Mensch ja bekanntermaßen ein Herdentier und sucht die Nähe zu anderen
Exemplaren seiner Spezies. So verbringt man die jeweilige Reise stundenlang auf
Tuchfühlung zu seinen Sitznachbarn. Auch der Fahrer soll nicht das Nachsehen
haben, so sucht auch er sich noch einen Mitfahrer, der mit ihm den Fahrersitz teilt.
Dieser Sitz ist allerdings nicht zum Relaxen gedacht, so dass der Fahrer den jungen
Mann sogleich in seine Aufgaben als Co-Fahrer einweist. Aufgabenteilung heißt die
Devise. Einer schaltet, der andere lenkt. So macht Fahren Spaß und erleichtert die
Arbeit ungemein.
Ich weiß, bis jetzt ist noch nicht ersichtlich, was das alles mit Entschleunigung zu
tun hat. Dies klingt alles eher nach Stress. Keine Angst, die Bedeutungslosigkeit
von Zeit taucht dann in meinem vollständigen Reisebericht auf.

8
Asien | Israel


Eine Rundreise durch Isreal


Theresa Schulz


Über die orthodoxe Verwendung von Mülltüten, dem verschwunde-
nen Shlomo und der Herausforderung des Dr. Shakshuka
                                         Nach einem schweißtreibenden Aufstieg-
                                         zur Ruine der Festung Masada wurden
                                         wir nicht nur mit eisigen Windböen,
                                         sondern vor allem mit einem beeindru-
                                         ckenden Ausblick belohnt. Unwirkliche,
                                         endlose Mondlandschaft und das Tote
                                         Meer. Aus dieser Höhe – die Festung liegt
                                         auf ungefähr 30 Meter über Null, unser
                                         Ausgangspunkt En Gedi jedoch auf 417
                                         Meter – sah es aus, als ob das Wasser
verdunsten würde, da der Horizont völlig vernebelt war. Wie sich später heraus-
stellte, war dies bereits die mit Sand gefüllte Luft, die vom Sinai herübergeweht
wurde. Und in diesen Sandsturm fuhren wir auf dem Weg in die Wüste Negev
direkt hinein.


Die Sicht wurde immer schlechter, die Sonne kam längst nicht mehr durch die
staubige Luft. Nachdem wir uns am Vortag bei 30 Grad im Toten Meer hatten trei-
ben lassen, fühlten sich die 5 Grad, auf die die Temperaturen gefallen waren, umso
kälter an. ...und das bei Tag in der Wüste. Das hatte ich mir definitiv anders vor-
gestellt. In Mizpe Ramon wollte uns die Vermieterin unserer Lehmhütte, durch
die ein permanenter kalter Luftstrom zog, positiv stimmen: Es solle Regen geben,
vielleicht sogar schneien. Ach! Der Niederschlag würde die Luft vom Sand reini-
gen und wir könnten vielleicht am nächsten Tag den Meteoritenkrater sehen. Als
wir abends durch die Wüstenstadt spazierten, kam der angekündigte Regen – und
brauner Matsch fiel vom Himmel. Modder auf den Klamotten, Sand zwischen den
Zähnen, Schmutz auf der Haut...


Ob wir den Krater noch gesehen haben, steht in dem kleinen Bericht über meine
Rundreise durch Israel.


                                                                                    9
Asien | Indien


 Same same but different


Jonathan Buttmann

Ein halbes Jahr im Wahnsinn des Indischen Subkontinents oder
wie ich Indien lieben und hassen lernte
Ein halbes Jahr mit Rucksack und schmalem Budget durch das Indien der 90er. In
die Berge des Himalaya, an Palmenstrände, durch die Wüsten und Megalopolen.


Auf den Rücken von Mopeds und Kamelen, in Gepäcknetzen überfüllter Züge, auf
Booten und Busdächern oder in den Händen von Kamikaze-busdrivern. Von Gau-
nern, Heiligen, Lebenskünstlern, Hippies und Magiern...




10
Asien | Indonesien


Vom Rettungsboot ins indonesische Fernsehen


Lars Hanf

Meine Reisegeschichte beginnt auf den Banda-Inseln und führt auf die größtenteils
vom Dschungel bedeckte und für ihre farbenprächtige Vogelwelt bekannte Insel Se-
ram. Schon die Fahrt hat so ihre Höhepunkte: eine vollkommen überfüllte Fähre,
auf der es scheinbar keinen Platz zum Sitzen gibt bis wir die Rettungsboote entde-
cken; dann geht es mit ausschweifenden Wartezeiten mit Bus und Fähre weiter, ein
Traum für unsere Bus Crew, die die Zeit nutzt, um sich zu betrinken. Wir werden
dann scheinbar im Nirgendwo an einem Abzweig in den Dschungel abgesetzt und
müssen uns mit schwerem Gepäck auf einer Dschungelpiste bis zu unserem Ziel
quälen. Hier treffen wir auf ein indonesisches TV-Team und werden Hauptakteure
in einer Doku über den Manusela-Nationalpark. Dabei gehen wir auf erfolglose
Krokodiljagd, schlafen auf einer Plattform in den Baumkronen, genießen die ein-
zigartige Vogelwelt und lernen viel über deren Probleme und ….




                                                                               11
Südamerika | Peru


 Lost in den Anden


Ninette Brückner

Ich bin gern alleine auf Reisen. Für mich bedeutet das, keine Kompromisse einge-
hen zu müssen, machen zu können, worauf ich selbst Lust habe, viel offener neuen
Menschen gegenüber zu treten und vor allem Freiheit zu erleben. In Peru musste
ich allerdings schmerzlich erkennen, was Alleinsein noch bedeuten kann.
Es begann damit, dass ich alle Warnungen, die ich bezüglich der Höhenkrankheit
las, in den Wind schlug. Höhenkrankheit? Ach was. Ich bin doch nicht zum ersten
Mal im Hochgebirge unterwegs. Was kann denn schon in der Höhe passieren? Ich
habe meine Kindheit im Gebirge verbracht. Zwar nur Mittelgebirge, aber immer-
hin. Die höchste Erhebung des Thüringer Walds liegt noch unter 1000 Metern. Und
um ehrlich zu sein, habe ich mich in meiner Kindheit nie auf den Gipfel des höchs-
ten Berges begeben. Kindheit? Ja, die Kindheit, lang ist’s her. Eigentlich lebe ich
schon fast 20 Jahre eher in den topographischen Niederungen Deutschlands.
Wo ich wohne, gibt man schon einer 115 Meter-Erhebung den Namen Berg.
Aber ich besitze ja noch ein As im Ärmel, ich bin körperlich topfit und sportlich.
Das wäre ja gelacht. 5000 Meter ist doch geradezu ein Kinderspiel. Wir reden ja
hier nicht davon, dass ich den Mount Everest besteigen will. Und was die kleinen
Indio-Frauen können, kann ich doch schon lange. Zumal ich doch Unmengen an
Geld im Fitness-Studio lasse.
Zwei wichtige Komponenten bei dem Ausflug auf 5000 Meter Höhe vergaß ich al-
lerdings in meiner Euphorie, diese wundervolle Andenlandschaft zu erblicken.
Die Zauberwörter heißen Akklimatisierung und Gesundheit. Nun ja, mein Körper
strotzte nicht unbedingt vor Gesundheit. Mein Magen-Darm-Trakt revoltierte. Und
ich konnte es kaum erwarten, die Baumgrenze hinter mir zu lassen und im Schnee
zu stapfen. Im Schnee stapfen? Bin ich nicht etwa vor dem harten deutschen Win-
ter geflohen? Und hier in Peru freue ich mich nun auf Schnee und die verhassten
eiskalten Temperaturen? Egal, Peru ist ja nicht Deutschland, und das reicht doch
schon als Argument. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass mein
Ausgangspunkt am Vorabend auf Meereslevel lag, und meine Akklimatisierungs-
phase lediglich aus der Nachtbusfahrt nach Huaraz bestand.
Keine Angst, ich stürze nicht ab und muss ums Überleben in einer Gletscherspalte
kämpfen, aber um mein Leben bangte ich trotzdem.


12
Australien


„Drive Baby Drive.“


Anne Wenglarski

Australien* 3753 km + 800 km Great Ocean Road

Endlos lange Straßen. Unverschämte „Geradlinigkeit“ von Asphalt und roter Erde.
Immer und einfach nur geradeaus. Wer mit dem Auto quer durch den Kontinent
Australien reist, wird am Ende nicht viele Kurven gefahren sein. Dafür kann er
dann eine Fotosammlung „kunstvoll verrottender Autos am Straßenrand“ vorwei-
sen und energisch der Frage nachgehen, was man eigentlich macht, wenn einem
sein eigenes Automobil in dieser wunderschönen Einöde unterm Hintern versagt.
Denn Engel auf Rädern, vorzugsweise in gelben Overalls, sind hier nicht zu finden.
Aber gut so! Wir wollen schließlich das Abenteuer. Auf unserer abendlichen Suche
nach einer geeigneten Schlafstätte „Irgendwo im Nirgendwo“ gerate ich in dieser
Nacht an meine „+“ Fahrkünste.


Denn, die Könige der Truck-Welt sind erwacht. Riesige Geschöpfe, imposante Me-
talluniversen auf Rädern, in die Länge gezogene, eigene Welten, legal ohnehin, an
Konkurrenz nicht zu denken, auf den Straßen Australiens ist Stau ein Fremdwort.
Mit ihren bis zu 53 Metern Länge fügen sie sich elegant in die Landschaft ein und
verhindern auf noch viel elegantere Weise die Aussicht auf ALLES weiter vorne lie-




                                                                                  13
Australien




gende, welches, mit einbrechender Dunkelheit, zu einer undurchdringlichen Ein-
heit verschmilzt. Langsam erinnere ich mich schwach:
”Driving in Australia means having to know Australian traffic rules and regulati-
ons! and that means... drive on the left-hand side of the road.“


Mit der Dämmerung, die sich von „Jetzt“ auf „Gleich“ vollzog, kam dann die Lö-
sung. LICHT! Klingt Paradox, war aber ganz einfach. Ich habe nur etwas länger
dafür gebraucht, die Zeichen eines leidenschaftlichen Truckfahrers zu deuten. Und
mich in dieser Situation auf ungefähre „Wahrscheinlichkeitsrechnungen“ von Ge-
genverkehr meiner mathematisch hochbegabten Mitfahrer einzulassen, war nicht
drin. Immer wieder blinkten seine Rücklichter energisch auf. Besondere Aufmerk-
samkeit schenkte ich dabei seinem rechten Blinker.....der sich nun in monotoner
Regelmäßigkeit durch die Nacht blinkte. Was er mir damit sagen wollte, ist spätes-
ten „JETZT“ jedem klar. „DRIVE BABY DRIVE“.




14

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Puriy Leseproben UPDATE 25072012

  • 1. reise-verlag Geschichten vom Reisen Äthiopien Argentinien & Spanien Australien China Ecuador Griechenland Indien Indonesien Israel Malawi Peru Tansania Somalia
  • 2. reise-verlag Weichselstraße 6 10247 Berlin Tel. 030 47989789 Fax 030 47989800 www.puriy.de facebook.com/puriyreisen Redaktion: Madlen Brückner und Lars Dörfel Satz und Layout: Jens Guischard Alle Rechte vorbehalten. © puriy-Reiseverlag, Berlin 2012 1. Auflage Dezember 2012
  • 3. Inhaltsverzeichnis Christos vom Baumwollfeld und wie ich lernte, 4 vor Zugtoiletten zu schlafen Claudia Clawien - Europa Und action bitte 5 Madlen Brückner - Afrika | Äthiopien Safariexperten? Oder wie ein Angsthase die Nacht 6 am Ngorongoro-Krater überlebte Lars Dörfel - Afrika | Tansania K50 to Hell 7 André Riediger - Afrika | Somalia Die Bedeutungslosigkeit von Zeit oder wie lernte 8 ich die wahre Entschleunigung kennen. Ninette Brückner - Afrika | Malawi Über die orthodoxe Verwendung von Mülltüten, dem 9 verschwundenen Shlomo und der Herausforderung des Dr. Shakshuka - eine Rundreise durch Israel Theresa Schulz - Asien | Israel Same same but different 10 Jonathan Buttmann - Asien | Indien Vom Rettungsboot ins indonesische Fernsehen 11 Lars Hanf - Asien | Indonesien „Drive Baby Drive.“ 12 Anne Wenglarski - Australien Lost in den Anden 13 Ninette Brückner - Südamerika | Peru Es kommt immer anders als man denkt 14 Lars Dörfel/ Madlen Brückner - Europa | Spanien, Südamerika | Argentinien Shanghai 15 Nina Buttmann - Asien | China Ecuador 17 Madlen Brückner - Südamerika | Ecuador
  • 4. Europa Christos vom Baumwollfeld und wie ich lernte, vor Zugtoiletten zu schlafen Claudia Clawien Schlaftrunken öffnet sich erst mein ei- nes, dann mein anderes Auge. Wo bin ich? Ich schaue in die Gesichter zweier fins- ter dreinblickender Typen in karottigen Bundfaltenhosen und wild gemusterten Hemden. Langsam fällt es mir wieder ein: ich liege im Zug von irgendwo in Grie- chenland nach irgendwo in Europa. Ge- nauere Bestimmung: es ist das Jahr 1991 und ich fahre durch former Yugoslavia. Panzer und Militär säumen die Zugstre- cke. Ich schlafe wieder ein. Es ist Sommer und es ist die Rückfahrt ei- ner aufregenden Reise quer durch Europa mit dem Interrail-Ticket. 4
  • 5. Afrika | Äthiopien „Und Action bitte ...“ Madlen Brückner Auf die Schnelle sollte es noch ein Ausflug zu den Völkern des Omo-Tals sein. Güns- tig und schnell – in 7 Tagen in eine andere Welt. Da wo Lendenschurz und Kalasch- nikows beginnen, hört unsere Welt auf. Da stehen wir nun völlig irritiert in einem lebenden Museum, in einer Filmkulisse, wie sie nicht besser hätte nachgebaut werden können. Zwischen hochgewachse- nen, bunt geschmückten und mit Lippentellerrn verzierten Menschen. Job oder All- tag? Was ist gespielt, was wirklich? Meine Realität schmilzt unter der äthiopischen Mittagssonne zu einem einzigen Film zusammen. Ich bin nicht mehr fähig, den Auslöser des Fotoapparats zu drücken und ergebe mich stattdessen völlig der Auf- führung, bis mich das Zerren an meinen Klamotten und Kratzen an meinen blo- ßen Armen aus dieser Inszenierung reißt. Zuschauen erwünscht - durch die Linse. Gegen Bares, versteht sich. Neu und Unverbraucht. Ich schaue weg. Drei Tage später 100 Kilometer weiter, ein anderer Stamm, nicht minder bunt, aber weniger geschäftstüchtig. Hier stehen wir inmitten einer Filmkulisse, die lebt. Nur unser Jeep stellt sich irgendwo zwischen Turmi und Weyto inmitten des Niemands- landes tot. Die Klappe fällt „und Action bitte“. Wir laufen in der glühenden Mittags- hitze ohne Wasservorrat unter neugierigen Blicken einiger Hamer los... 5
  • 6. Afrika | Tansania Safariexperten? Lars Dörfel Oder wie ein Angsthase die Nacht am Ngorongoro-Krater überlebte Vierter Tag Safari, die Serengeti nun hinter mich gelassen und angekommen am Rand des Ngorongoro Kraters. Dieser durch Bernhard und Michael Grzimek in aller Welt berühmte Krater und Inbegriff vom Safari-Tourismus sollte nun der Hö- hepunkt unserer fünftägigen Safari mit Startpunkt Arusha in Tansania werden. Was fehlt mir nach vier Tagen nun noch auf der Strichliste des zufriedenen Safari- touristen? Nashorn und Gepard, mal sehen ob morgen unsere Guides die ersehnten Tiere vor die Kamera locken können. Jetzt aber erst mal das Zelt aufbauen und den atemberaubenden Anblick auf das Innere des Kraters wirken lassen. Als wir aus dem Geländewagen stiegen und den Zeltplatz überblickten bemerkte meine Rei- separtnerin schnell, dass hier nicht viel Platz, Ruhe und Einsamkeit herrscht. Zelt an Zelt, Safarigruppe an Safarigruppe und zwei Blätter fressende Elefanten am Rande des Platzes umringt von neugierigen Touristen. Da wir zu einer der späte- ren Gruppen gehörten, war nur noch wenig Platz inmitten des Zeltmeeres. Meine Reisepartnerin, wie immer bekannt für ihren Sinn für echte Ruhe, suchte einen Platz etwas den Hang herunter abseits der anderen Zelt, noch näher am Rand, etwas einsamer. Unser Guide kam gleich hinterher und ermahnte uns wieder auf- zuschließen, doch wir, oder eher sie, setzte sich durch. Ich blickte mich wie bereits die Nächte zuvor um und wie immer kein Zaun, der Mensch von Tier trennte, und diesmal auch keine weiteren Zelte in der unmittelbaren Nähe, die einem etwas Ver- trauen gaben. Wie nur soll ich diese Nacht mit schwacher Blase im Zelt überstehen? 6
  • 7. Afrika | Somalia K50 to Hell André Riediger Es gibt Leute, die pendeln mit dem Auto oder Bus zur Arbeit, andere mit dem Flug- zeug. Mein Arbeitsplatz war in Somalia. Eine Reise aus den Bars Nairobis zu den Schauplätzen des postkolonialen und vom Bürgerkrieg zerstörten Somalias. K50 – so heißt die Landepiste zwischen Merca und Mogadischu. Beide Städte sind 50 km von dort entfernt. Mogadischu, das ist die Hölle für Europäer. Sie war einst eine blühende, multikulturelle Stadt am Meer, heute ist sie Kampfgebiet zwischen Alschabab und somalischer „Regierung“. Merca – wäre dort nicht der Krieg durch- gezogen, so könnte sie Stonetown auf Sansibar Konkurrenz machen. Wie pendelt man zwischen zwei Welten? Erfahren Sie mehr über die Nacht vor dem Abflug nach Somalia, meinen Workshop in Merca, das Leben mit Bodyguards und Gewehrschüssen in der Nacht, die Rückkehr mit Fieber und einem Beinaheab- sturz während des Fluges nach Nairobi. 7
  • 8. Afrika | Malawi Die Bedeutungslosigkeit von Zeit... Ninette Brückner ... oder wie lernte ich die wahre Entschleunigung kennen. Wer Afrika erkunden möchte, braucht Zeit und zwar sehr viel Zeit. Vor allem, wenn man mit öffentlichen Bussen unterwegs ist. Dumm nur, wenn man die nicht hat und sich auch keinen Mietwagen alleine leisten kann oder gar ein eigenes Fahrzeug dabei hat. Aber da man ja auch eine andere Seite an sich selbst entdecken möchte und neue Erfahrungen liebt, geht man eben das Abenteuer Afrika auch ohne die genannten Komfortfahrzeuge an. Malawi ging ich nicht mehr als Afrika-Neuling an. Benin lehrte mich bereits, was es heißt, mit öffentlichen Transportmitteln auf dem Schwarzen Kontinent unterwegs zu sein. Busse im herkömmlichen Sinne, wie ich sie aus Südamerika und Asien kannte – Fehlanzeige. Wie oft sehnte ich mich nach den komfortablen Nachtbussen Lateinamerikas mit viel Beinfreiheit und eige- nem Sitzplatz. Aber einen Vorteil gibt es dennoch in den Bussen Afrikas – ich muss keinen Schlafsack an Bord nehmen, weil ich fast erfriere, nein, es ist kuschelig heiß. Und das liegt nicht alleine an der tropischen Hitze, sondern an den Körpern der afrikanischen Reisebegleiter, die sich an mich schmiegen. Wer hätte schon ge- dacht, wie viele Menschen ein Kleinbus aufnehmen kann. Die Anzahl der Sitzplät- ze korreliert nicht häufig mit der Anzahl der Mitreisenden. Jeder Mensch, der am Straßenrand steht und einen Bus benötigt, wird aufgesammelt. Es handelt sich hierbei ja um einen potentiellen Geldgeber. Und wo steht denn geschrieben, dass ein Sitzplatz für genau einen Menschen hergestellt wurde? Purer Luxus. Außerdem ist der Mensch ja bekanntermaßen ein Herdentier und sucht die Nähe zu anderen Exemplaren seiner Spezies. So verbringt man die jeweilige Reise stundenlang auf Tuchfühlung zu seinen Sitznachbarn. Auch der Fahrer soll nicht das Nachsehen haben, so sucht auch er sich noch einen Mitfahrer, der mit ihm den Fahrersitz teilt. Dieser Sitz ist allerdings nicht zum Relaxen gedacht, so dass der Fahrer den jungen Mann sogleich in seine Aufgaben als Co-Fahrer einweist. Aufgabenteilung heißt die Devise. Einer schaltet, der andere lenkt. So macht Fahren Spaß und erleichtert die Arbeit ungemein. Ich weiß, bis jetzt ist noch nicht ersichtlich, was das alles mit Entschleunigung zu tun hat. Dies klingt alles eher nach Stress. Keine Angst, die Bedeutungslosigkeit von Zeit taucht dann in meinem vollständigen Reisebericht auf. 8
  • 9. Asien | Israel Eine Rundreise durch Isreal Theresa Schulz Über die orthodoxe Verwendung von Mülltüten, dem verschwunde- nen Shlomo und der Herausforderung des Dr. Shakshuka Nach einem schweißtreibenden Aufstieg- zur Ruine der Festung Masada wurden wir nicht nur mit eisigen Windböen, sondern vor allem mit einem beeindru- ckenden Ausblick belohnt. Unwirkliche, endlose Mondlandschaft und das Tote Meer. Aus dieser Höhe – die Festung liegt auf ungefähr 30 Meter über Null, unser Ausgangspunkt En Gedi jedoch auf 417 Meter – sah es aus, als ob das Wasser verdunsten würde, da der Horizont völlig vernebelt war. Wie sich später heraus- stellte, war dies bereits die mit Sand gefüllte Luft, die vom Sinai herübergeweht wurde. Und in diesen Sandsturm fuhren wir auf dem Weg in die Wüste Negev direkt hinein. Die Sicht wurde immer schlechter, die Sonne kam längst nicht mehr durch die staubige Luft. Nachdem wir uns am Vortag bei 30 Grad im Toten Meer hatten trei- ben lassen, fühlten sich die 5 Grad, auf die die Temperaturen gefallen waren, umso kälter an. ...und das bei Tag in der Wüste. Das hatte ich mir definitiv anders vor- gestellt. In Mizpe Ramon wollte uns die Vermieterin unserer Lehmhütte, durch die ein permanenter kalter Luftstrom zog, positiv stimmen: Es solle Regen geben, vielleicht sogar schneien. Ach! Der Niederschlag würde die Luft vom Sand reini- gen und wir könnten vielleicht am nächsten Tag den Meteoritenkrater sehen. Als wir abends durch die Wüstenstadt spazierten, kam der angekündigte Regen – und brauner Matsch fiel vom Himmel. Modder auf den Klamotten, Sand zwischen den Zähnen, Schmutz auf der Haut... Ob wir den Krater noch gesehen haben, steht in dem kleinen Bericht über meine Rundreise durch Israel. 9
  • 10. Asien | Indien Same same but different Jonathan Buttmann Ein halbes Jahr im Wahnsinn des Indischen Subkontinents oder wie ich Indien lieben und hassen lernte Ein halbes Jahr mit Rucksack und schmalem Budget durch das Indien der 90er. In die Berge des Himalaya, an Palmenstrände, durch die Wüsten und Megalopolen. Auf den Rücken von Mopeds und Kamelen, in Gepäcknetzen überfüllter Züge, auf Booten und Busdächern oder in den Händen von Kamikaze-busdrivern. Von Gau- nern, Heiligen, Lebenskünstlern, Hippies und Magiern... 10
  • 11. Asien | Indonesien Vom Rettungsboot ins indonesische Fernsehen Lars Hanf Meine Reisegeschichte beginnt auf den Banda-Inseln und führt auf die größtenteils vom Dschungel bedeckte und für ihre farbenprächtige Vogelwelt bekannte Insel Se- ram. Schon die Fahrt hat so ihre Höhepunkte: eine vollkommen überfüllte Fähre, auf der es scheinbar keinen Platz zum Sitzen gibt bis wir die Rettungsboote entde- cken; dann geht es mit ausschweifenden Wartezeiten mit Bus und Fähre weiter, ein Traum für unsere Bus Crew, die die Zeit nutzt, um sich zu betrinken. Wir werden dann scheinbar im Nirgendwo an einem Abzweig in den Dschungel abgesetzt und müssen uns mit schwerem Gepäck auf einer Dschungelpiste bis zu unserem Ziel quälen. Hier treffen wir auf ein indonesisches TV-Team und werden Hauptakteure in einer Doku über den Manusela-Nationalpark. Dabei gehen wir auf erfolglose Krokodiljagd, schlafen auf einer Plattform in den Baumkronen, genießen die ein- zigartige Vogelwelt und lernen viel über deren Probleme und …. 11
  • 12. Südamerika | Peru Lost in den Anden Ninette Brückner Ich bin gern alleine auf Reisen. Für mich bedeutet das, keine Kompromisse einge- hen zu müssen, machen zu können, worauf ich selbst Lust habe, viel offener neuen Menschen gegenüber zu treten und vor allem Freiheit zu erleben. In Peru musste ich allerdings schmerzlich erkennen, was Alleinsein noch bedeuten kann. Es begann damit, dass ich alle Warnungen, die ich bezüglich der Höhenkrankheit las, in den Wind schlug. Höhenkrankheit? Ach was. Ich bin doch nicht zum ersten Mal im Hochgebirge unterwegs. Was kann denn schon in der Höhe passieren? Ich habe meine Kindheit im Gebirge verbracht. Zwar nur Mittelgebirge, aber immer- hin. Die höchste Erhebung des Thüringer Walds liegt noch unter 1000 Metern. Und um ehrlich zu sein, habe ich mich in meiner Kindheit nie auf den Gipfel des höchs- ten Berges begeben. Kindheit? Ja, die Kindheit, lang ist’s her. Eigentlich lebe ich schon fast 20 Jahre eher in den topographischen Niederungen Deutschlands. Wo ich wohne, gibt man schon einer 115 Meter-Erhebung den Namen Berg. Aber ich besitze ja noch ein As im Ärmel, ich bin körperlich topfit und sportlich. Das wäre ja gelacht. 5000 Meter ist doch geradezu ein Kinderspiel. Wir reden ja hier nicht davon, dass ich den Mount Everest besteigen will. Und was die kleinen Indio-Frauen können, kann ich doch schon lange. Zumal ich doch Unmengen an Geld im Fitness-Studio lasse. Zwei wichtige Komponenten bei dem Ausflug auf 5000 Meter Höhe vergaß ich al- lerdings in meiner Euphorie, diese wundervolle Andenlandschaft zu erblicken. Die Zauberwörter heißen Akklimatisierung und Gesundheit. Nun ja, mein Körper strotzte nicht unbedingt vor Gesundheit. Mein Magen-Darm-Trakt revoltierte. Und ich konnte es kaum erwarten, die Baumgrenze hinter mir zu lassen und im Schnee zu stapfen. Im Schnee stapfen? Bin ich nicht etwa vor dem harten deutschen Win- ter geflohen? Und hier in Peru freue ich mich nun auf Schnee und die verhassten eiskalten Temperaturen? Egal, Peru ist ja nicht Deutschland, und das reicht doch schon als Argument. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass mein Ausgangspunkt am Vorabend auf Meereslevel lag, und meine Akklimatisierungs- phase lediglich aus der Nachtbusfahrt nach Huaraz bestand. Keine Angst, ich stürze nicht ab und muss ums Überleben in einer Gletscherspalte kämpfen, aber um mein Leben bangte ich trotzdem. 12
  • 13. Australien „Drive Baby Drive.“ Anne Wenglarski Australien* 3753 km + 800 km Great Ocean Road Endlos lange Straßen. Unverschämte „Geradlinigkeit“ von Asphalt und roter Erde. Immer und einfach nur geradeaus. Wer mit dem Auto quer durch den Kontinent Australien reist, wird am Ende nicht viele Kurven gefahren sein. Dafür kann er dann eine Fotosammlung „kunstvoll verrottender Autos am Straßenrand“ vorwei- sen und energisch der Frage nachgehen, was man eigentlich macht, wenn einem sein eigenes Automobil in dieser wunderschönen Einöde unterm Hintern versagt. Denn Engel auf Rädern, vorzugsweise in gelben Overalls, sind hier nicht zu finden. Aber gut so! Wir wollen schließlich das Abenteuer. Auf unserer abendlichen Suche nach einer geeigneten Schlafstätte „Irgendwo im Nirgendwo“ gerate ich in dieser Nacht an meine „+“ Fahrkünste. Denn, die Könige der Truck-Welt sind erwacht. Riesige Geschöpfe, imposante Me- talluniversen auf Rädern, in die Länge gezogene, eigene Welten, legal ohnehin, an Konkurrenz nicht zu denken, auf den Straßen Australiens ist Stau ein Fremdwort. Mit ihren bis zu 53 Metern Länge fügen sie sich elegant in die Landschaft ein und verhindern auf noch viel elegantere Weise die Aussicht auf ALLES weiter vorne lie- 13
  • 14. Australien gende, welches, mit einbrechender Dunkelheit, zu einer undurchdringlichen Ein- heit verschmilzt. Langsam erinnere ich mich schwach: ”Driving in Australia means having to know Australian traffic rules and regulati- ons! and that means... drive on the left-hand side of the road.“ Mit der Dämmerung, die sich von „Jetzt“ auf „Gleich“ vollzog, kam dann die Lö- sung. LICHT! Klingt Paradox, war aber ganz einfach. Ich habe nur etwas länger dafür gebraucht, die Zeichen eines leidenschaftlichen Truckfahrers zu deuten. Und mich in dieser Situation auf ungefähre „Wahrscheinlichkeitsrechnungen“ von Ge- genverkehr meiner mathematisch hochbegabten Mitfahrer einzulassen, war nicht drin. Immer wieder blinkten seine Rücklichter energisch auf. Besondere Aufmerk- samkeit schenkte ich dabei seinem rechten Blinker.....der sich nun in monotoner Regelmäßigkeit durch die Nacht blinkte. Was er mir damit sagen wollte, ist spätes- ten „JETZT“ jedem klar. „DRIVE BABY DRIVE“. 14