Matthias Deloséa findet gesuchte Spezialisten und Führungspersonen für Unternehmen und Institutionen. Als erfahrener Headhunter widerspricht er der weit verbreiteten Ansicht, wonach Headhunting ein nicht nachhaltiger Rekrutierungsprozess sei. Im Interview erklärt er, wie man für Schlüsselpositionen jene Kandidatinnen und Kandidaten findet, die passen.
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S T R A T E G I E
Headhuntern wird oft unterstellt,
mit dem Abwerben von Mitarbeiten-
den die Kultur von Unternehmen zu
schädigen. Wie gehen Sie mit dieser
Aussage um?
Eine erfolgreiche Unternehmenskul-
tur ist geprägt durch das Vertrauen
gegenüber den Mitarbeitenden.
Und andererseits durch deren Ent-
wicklungsmöglichkeiten im Unter-
nehmen. Macht ein sogenannter
Headhunter einer potentiellen Kan-
didatin ein Angebot, wird sie es als
Kompliment annehmen. Sie wird
das Angebot jedoch ausschlagen,
wenn eine Weiterentwicklung inner-
halb des Unternehmens möglich ist
und die Umfeld-Situation stimmt.
Wie wichtig sind in solchen Situatio-
nen monetäre Anreize?
Spezialisten oder Führungspersonen
sindnichtalleindurchmonetäreAnreize
zueinemWechselzubewegen.DieEnt-
faltungsmöglichkeiten in einer neuen
Umgebung spielen eine viel wesentli-
chere Rolle. Wenn eine professionelle
und persönliche Weiterentwicklung in-
nerhalbderOrganisationnichtgegeben
ist, wird ein Wechsel für alle Beteiligten
zueinemGewinn.Denn:resignierteMit-
arbeitende bringen eine Unterneh-
menskulturnichtweiter.
Dennoch: Ein direkter Abwerbeversuch
am aktuellen Arbeitsplatz wird von
Unternehmen als störend empfunden.
Zugegeben: Es gibt auch schwarze
Schafe in der Branche. Diese spre-
chen meist auf breiter Front Personen
in Unternehmen an. Ein Grund dafür
ist oft die mengenorientierte interne
Benchmark. Unsere Erfahrung zeigt,
dass eine erfolgsorientierte Honorie-
rung adäquater wirkt. Professionelle
Headhunter sprechen sehr gezielt
potentielle Kandidatinnen und Kan-
didaten an, nachdem sie viel Zeit für
die Beschaffung von Information ein-
gesetzt haben. Diese Art vorzugehen,
garantiert auch die nötige Diskretion
im Search-Prozess und benötigt bei
den Zielpersonen nicht mehr als 30
Sekunden Aufmerksamkeit.
Wie kann eine Executive Search
Consulting garantieren, die passende
Person für eine Position zu finden?
Nach der direkten Ansprache – das In-
teresse potentieller Bewerber voraus
gesetzt – wird durch einen situativ zu-
sammengesetzten Expert-Board eine
Vorauswahl getroffen. Sie beruht auf
einer wissenschaftlich basierten Befra-
gungsmethode. Der Headhunter un-
terbreitet der Auftraggeberin mehrere
passende Kandidatinnen und Kandi-
daten. Die Auswahl trifft immer die
Auftraggeberin. Sie kann ihren Ent-
scheid durch ein vom Headhunting
unabhängiges Assessment validieren
lassen.AusunsererSichtsolltenSearch
und Assessment in jedem Fall unab-
hängig voneinander sein.
Treibt das Werben um Talente die
Lohnspirale an?
Bei der Suche nach Experten – in der
Regel Wissenschafter, Mediziner, Ma-
thematiker, Physiker, Biologen, Chemi-
ker, Informatiker und Führungsperso-
nen mit besonderer Fähigkeit zur
Kontextualisierung von interdisziplinä-
renWissensthemen – spielt die intrinsi-
sche Motivation eine viel gewichtigere
Rolle als monetäre Anreize. DieWissen-
schafter suchen nach einem Umfeld,
das Ihnen erlaubt, ihre Neugierde zu
befriedigen und ihre Kreativität nicht
einzuschränken. Dem Search-Experten
obliegtes,diesesherausforderndeUm-
feld mit den Auftraggebern zu skizzie-
ren und den passendenTalenten mög-
lichst attraktiv zu kommunizieren.
Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber
– welche Bedeutung hat sie heute?
Früher reichte es, einen Beruf zu erler-
nen oder ein Studium abzuschlie-
ssen, um bis zur Pensionierung mit ei-
ner durchgängigen Karrierelaufbahn
den Anforderungen zu genügen. Lo-
yalität gegenüber dem Unterneh-
men, Pünktlichkeit und Pflichtgefühl
waren wichtige tragendeWerte. Heu-
te stellt dieWissensgesellschaft ande-
re Ansprüche: Loyalität dem Auftrag
und Projekt gegenüber, Anpassungs-
fähigkeit, Flexibilität, Agilität, Kreativi-
tät und Self-learning sind gefragt.
Weshalb hat sich das geändert?
Die Produktzyklen sind kürzer. Entspre-
chend weisen auch die Lebensläufe
dieser gesuchten Talente mehr Brüche
und Verzweigungen auf. Beste Talente
zu finden und zu binden heisst, die in-
teressantesten und herausfordernds-
ten Aufgaben anbieten zu können.
HEADHUNTING KRITISCH HINTERFRAGT
Matthias Deloséa. Interview: Ueli Scheidegger
Matthias Deloséa findet gesuchte Spezialisten und Führungspersonen für Unternehmen und Institutionen. Als erfahrener
Headhunter widerspricht er der weit verbreiteten Ansicht, wonach Headhunting ein nicht nachhaltiger Rekrutierungspro-
zess sei. Im Interview erklärt er, wie man für Schlüsselpositionen jene Kandidatinnen und Kandidaten findet, die passen.
Matthias Deloséa
Berater & Partner
con.win Consulting
Gmbh
www.expertsearch.ch