Die Veröffentlichungen Edward Snowdens zur totalen Überwachung des Netzes durch verschiedene Geheimdienstorganisationen, wie die NSA oder GHCQ konfrontieren alle gesellschaftlichen Felder mit veränderten Ausgangsbedingungen. Während politische Debatten sich mit Fragen zur Freiheit und den Grundrechten befassen wird zudem die ökonomische Kontrolle des Netzes u.a. vor dem Hintergrund von Big Data thematisiert. Dabei wird schnell deutlich, dass solche Kontroll- und Überwachungssysteme in einem engen Zusammenhang mit Prozessen der Bildung, Identitätsentwicklung und des selbstbestimmten Lernens stehen: Medienpädagogik, Medienbildung und Mediendidaktik sind von diesen Systemen also im Kern betroffen.
Überwachung und Bildung - Entgrenzung im Kontext von Kontroll - und Priorisierungssystemen
1. Überwachung und Bildung
Entgrenzung im Kontext von Kontroll-
und Priorisierungssystemen
Prof. Dr. Stefan Iske – Universität Frankfurt
Dan Verständig – Universität Magdeburg
2. 1) Rückblick und Ausgangslage
2) Regulierung und Priorisierung
3) Bildung und Entgrenzung
4) Fazit
15. Priorisierung und Regulierung
Washington State Dept of Transportation
“No service should be stuck in a “slow lane”
because it does not pay a fee. That kind of
gatekeeping would undermine the level
playing field essential to the Internet’s
growth.”
whitehouse.gov/net-neutrality
21. Fazit
Regulierungs- und Priorisierungsmaßnahmen haben direkte
Auswirkungen auf Teilhabechancen.
Ambivalente Strukturen bzgl. Bildung, Subjekt und Digitale
Überwachung.
Politische und ökonomische Überwachung stellen
Medienpädagogik vor neue Herausforderungen, unter
veränderten Ausgangsbedingungen.
23. Literatur
Bogard, William (2012). Simulation and post-panopticism. In K. Ball, K. Haggerty & D. Lyon (Hg.), Handbook of
Surveillance Studies, S. 30-37. New York: Routledge.
Foucault, Michel (1977). Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Heydorn, Heinz-Joachim (1980). Zu einer Neufassung des Bildungsbegriffs. In: Heydorn; Bildungstheoretische
Schriften Band 3, S. 95-184. Frankfurt am Main: Syndikat.
Iske, Stefan u. Meder, Norbert (2010). Lernprozesse als Performanz von Bildung in den Neuen Medien. In K.
Hugger & M. Walber (Hg.), Digitale Lernwelten - Konzepte, Beispiele und Perspektiven, S. 21-37. Wiesbaden:
Springer VS.
Koenig, Christoph (2011). Bildung im Netz: Analyse und bildungstheoretische Interpretation der neuen
kollaborativen Praktiken in offenen Online-Communities. http://tuprints.ulb.tu-
darmstadt.de/2641/1/Dissertation_Christoph_Koenig_-_Bildung_im_Netz.pdf
Lüders, Jenny (2007). Ambivalente Selbstpraktiken. Eine Foucault’sche Perspektive auf Bildungsprozesse in
Weblogs. Bielefeld: Transcript.
Marotzki, Winfried (1990). Entwurf einer strukturalen Bildungstheorie: Biographietheoretische Auslegung von
Bildungsprozessen in hochkomplexen Gesellschaften. Weinheim: Deutscher Studienverlag.
Pariser, Eli (2011). The filter bubble. What the Internet is hiding from you. New York: Penguin Press.
Reißmann, Wolfgang (2014). Mediatisierung – Kommerzialisierung – Ökonomisierung: sind aktuelle
Medienumgebungen Katalysatoren instrumentellen Denken und Handelns? Merz. medien+erziehung, 4, 58,
S. 9-16.
24. Folie Urheber URL
4 peaceful-jp-scenery flickr.com/photos/peaceful-jp-scenery/15295723912/
7-9 Ben Zvan flickr.com/photos/ben-zvan-photography/468487548/
9-12 dayna mason flickr.com/photos/daynoir/2180506627/
9, 14-15
Washington State Dept of
Transportation
flickr.com/photos/wsdot/4986563115/
16 96dpi flickr.com/photos/96dpi/5702348429/
17-20 Jiattison https://www.flickr.com/photos/jiathwee/2870629436/
Bildquellen
Notas del editor
Geburtstag des WWW
Rückblick auf 25 Jahre
Aber gleichzeitig: Berners-Lee warnt vor kritischen Entwicklungen
-> Transformationsprozessen des Internet, die im Konflikt stehen mit der Grundstruktur des WWW
(Internet und WWW nicht synonym)
Fokus des Vortrags: Regulierung u. Überwachung im Kontext von Gesellschaft, Internet, (Medien)Pädagogik
Nicht alle ziehen positive Bilanz zum 25 jährigen Geburtstag, das ist sicherlich auch darin
Nilay Patel: The internet is fucked (but we can fix it) http://www.theverge.com/2014/2/25/5431382/the-internet-is-fucked
Sascha Lobo: Abschied von der Utopie Die digitale Kränkung des Menschen http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/abschied-von-der-utopie-die-digitale-kraenkung-des-menschen-12747258.html
Aber auch in seiner Rede zur Lage der Nation auf der re:publica 14 am 6. Mai 2014 spricht er die Folgen verschiedener Entwicklungen an. https://www.youtube.com/watch?v=3hbEWOTI5MI
Was sind die Gründe für diese Einschätzungen?
Grundlagen für diese Einschätzung des Zustandes des Internet sind unterschiedliche, aber zusammenhängende Entwicklungsprozesse des Internet und des WWW:
z.B. hinsichtlich Fragen des Zugangs
Der Kontrolle
Und der Priorisierung – um einige, aber nicht alle Entwicklungen zu nennen.
Ökonomische und politische /geheimdienstliche Entwicklungen verwiesen werden.
für politische Kontrolle stehen die Veröffentlichungen des Whistleblowers Edward Snowden
für ökonomische Kontrolle stehen Aggregationszentren im Internet wie die BIG 4, (siehe http://www.lfm-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/nrw_digital/DK_Apple_Google_Facebook_Amazon.pdf )
Magnetisches Kraftfeld
Nach Foucault Disziplinierung und auch Selbstdisziplinierung.
Für gegenläufige Bewegung zur (ökonomisch-zentrischen) Kontrolle Open Educational Ressources (OER), Free Software, CopyLeft, Creative Commons, etc
Kontrolle und Lernen
(zurückliegend) MOODLE
(aktuell) MOOCs
(aktuell) Khan-Academy
Fokus auf Khan Academy als Beispiel: Zusammenhang von Ökonomisierung und Kontrolle
(mindestens) 2 unterschiedliche Nutzungsmodelle:
Freier Zugriff auf einzelne Lern-Lehrvideos
Durch Lehrenden konzipiertes Curriculum, zu dem sich Lernende (Schüler) anmelden
Lehrendenansicht: Bearbeitung eines Kurses / Curriculums durch einzelnen Lerner
Detaillierte Dokumentation von Lernprozessen und Lernaktivitäten
Ziel der Dokumentation: Support, Individuelle Förderung…
„Der Lehrende meint es ja nur gut mit dem Lernenden…“ ?
Gleichzeitig: Erziehung zur Mündigkeit?
Litt: „Führen oder Wachsenlassen“?
Es gibt mehrere Dimensionen der Priorisierung und Regulierung.
Neue Verflechtungen der Netze und Netzanbieter sowie der Inhalte und Inhalteanbieter sorgen für neue Herausforderungen in unterschiedlichen Bereichen.
Medienpädagogik: Teilhabechancen, Zugangsfragen und Nutzungsmöglichkeiten.
Dimensionen.
Zensur, Sperren, intransparente Eingriffe in den Datenverkehr, Angebotsgestaltung und Marktpositionierung einzelner Unternehmen.
Dies betrifft nicht nur Lern-Lehrkontexte, sondern das gesamte Netz.
Die Veröffentlichungen Edward Snowdens zur totalen Überwachung des Netzes durch verschiedene Geheimdienstorganisationen, wie die NSA oder GHCQ konfrontieren alle gesellschaftlichen Felder mit veränderten Ausgangsbedingungen. Während politische Debatten sich mit Fragen zur Freiheit und den Grundrechten befassen wird zudem die ökonomische Kontrolle des Netzes u.a. vor dem Hintergrund von Big Data thematisiert. Während diese Diskussionen vor allem Politik und Wirtschaft erreicht haben, wurden (medien)pädagogische Auseinandersetzung diesbezüglich nur sporadisch geführt. Dabei erwachsen aus diesem Problemfeld erneut Fragen zur Identitätsentwicklung sowie zur Handlungsautonomie des Subjekts.
(zum Überwachungsstaat nach Lyon)
Der Diskurs von Kontrolle und Überwachung wurde bereits ausführlich und vielerorts geführt (vgl. hierzu allgemein: Bentham, Foucault, Bauman, Lyon, Surveillance Studies, expliziti im Kontext der Bildungsforschung: Jenny Lüders 2007, Ambivalente Selbstpraktiken)
Zentral ist der menschliche Körper als Ort dessen, was als Subjekt bezeichnet wird.
Wir bewegen uns Online in unterschiedlichen Bereichen mit unterschiedlichen Grundannahmen und sozialen Regeln. Publika verändern sind und sind potenziell unabgeschlossen.
Dies hat direkte Auswirkungen auf das eigene Handeln und Prozesse der Reflexivität.
Wir sehen uns daher zwar nicht immer mit komplett neuen Problemstellungen konfrontiert, jedoch untern neuen Rahmenbedingungen. Diese gilt es zunächst systematisch zu analysieren.
Es ist also ein Spannungsverhältnis von Disziplin und (Selbst-)Kontrolle, was seine Komplexität erst im Bezug zum Subjekt entfaltet.
Mit Blick auf die Diskussionen zwischen Foucault und Deleuze lässt sich eine weitere Ebene einführen: (Von der Disziplinargesellschaft zur Kontrollgesellschaft – siehe Moocs vs. Universitäten)
Aktuell lassen sich Bildungs- und Subjektivierungsprozesse grundsätzlich in medienkulturellen Interaktionszusammenhängen vorfinden.
Diese Relation von Subjekt, Disziplin und Kontrolle ermöglicht es, komplexe Fragestellungen zu entwerfen. Reflexivität sowie das Verhältnis von Selbst- und Welt werden hierbei beeinflusst. Demzufolge ergeben sich auch für bildungstheoretische Fragen direkte Anschlusspunkte.
Die Frage nach einem mündigen Subjekt wurde bereits in Bezug auf die ambivalenten Selbstpraktiken nach Lüders deutlich. Das mündige Subjekt ist sich seiner Freiheit und dieses Widerspruchs bewusst und also in der Lage ist, auf eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse hinzuwirken. (vgl. Koenig 2011: 135)
An dieser Stelle scheint es notwendig, das Digitale in die Sprache einzuschließen und die medialen Rahmenbedingungen zu erfassen, um eine Mündigkeit und selbstbestimmte Handlungsfreiheit überhaupt erst in den Blick zu bekommen.
Vorschlag: In Anlehnung an Ricken den Subjektbegriff zur Selbstbeschreibung des Menschen erneut aufnehmen.
Rückbezug auf kritische Bildungstheorie.